SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012
SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012 - SKIP 2.0: Hier findest du SKIP - Das Kinomagazin zum online Durchblättern. Deine Lieblingskinozeitschrift als Print-Magazin gibts natürlich auch - ab sofort gratis in deinem Kino, bei Thalia und in den Bank Aust
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▶lFilm EXKLUSIV-INTERVIEW<br />
FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2)<br />
HANS WEINGARTNER<br />
HANS WEINGARTNER, 1970 in Vorarlberg geboren,<br />
ist Spezialist für die fi lmische Erforschung des seelischen<br />
und gesellschaftlichen Notstands. <strong>SKIP</strong> traf ihn zum<br />
Vieraugengespräch in seiner Wahlheimat Berlin.<br />
QUERSUMME<br />
<strong>SKIP</strong>: Wie hat Sie diese Geschichte gefunden?<br />
HANS WEINGARTNER: Gut gestellt, die Frage. Meistens sagt<br />
mans ja umgekehrt – und in diesem Fall stimmt die Version<br />
wirklich. Es war auch nicht unkompliziert, die Geschichte kam<br />
aus verschiedenen Richtungen. Einerseits wollte ich was Soziales<br />
machen, weil sich Deutschland gerade extrem auseinanderdividiert.<br />
Deutschland geht den amerikanischen Weg, das bekommt<br />
man in Österreich vielleicht gar nicht so mit. Es werden immer<br />
mehr Billigjobs eingeführt und Sozialleistungen gekürzt.<br />
Alles, um Deutschland „wettbewerbsfähig“ zu halten. Bei der<br />
Recherche war ich ein paar Wochen mit einem Gerichtsvollzieher<br />
unterwegs, der die Leute auf die Straße setzt, die wirklich ganz<br />
unten gelandet sind. Ich wollte eigentlich einen Film über<br />
Gerichtsvollzieher machen, aber dann hat mich das Schicksal der<br />
Betroffenen so bewegt, dass ich mir dachte, ich mach das jetzt<br />
aus deren Perspektive. Es geht letztendlich um jemanden, der<br />
zu sensibel und nicht fit genug ist, um im Wettbewerbskampf<br />
der modernen Arbeitswelt mitzuhalten.<br />
Hauptdarsteller Peter Schneider schafft perfekt die<br />
schwierige Gratwanderung zwischen zu übertrieben und<br />
zu distanziert …<br />
<strong>Das</strong> ist immer die Gefahr, wenn Wahnsinn dargestellt werden<br />
soll. <strong>Das</strong> ist für jeden Schauspieler natürlich ein Fest, dann<br />
packt der richtig aus und gibt Gas, das hat dann aber meistens<br />
nichts mit der Realität zu tun. Peter hat sehr viel recherchiert,<br />
war auch in verschiedenen Psychiatrien, und ist wochenlang als<br />
Martin Blunt durch Leipzig gelaufen, um zu schauen, wie die<br />
Leute auf ihn reagieren.<br />
„Man darf nicht mehr einfach nur existieren,<br />
man muss immer was leisten.“<br />
Im Film beginnt dieser Martin Blunt, im Wald, beim<br />
Selber-Sachen-machen, sich selbst wiederzufi nden.<br />
Was bedeutet für dich das Zurück-zur-Natur-Prinzip?<br />
Ein Rückschritt kann auch eine Selbstfi ndung sein. Natürlich<br />
können wir jetzt nicht alle in die Wälder zurück und dort in<br />
Hütten leben. Aber darum gehts auch gar nicht, in einem Film<br />
gehts ja nicht um konkrete Handlungsanleitungen. Genausowenig<br />
gehts mir darum, dass jetzt die Jugend der Welt loszieht<br />
und in Villen einbricht wie in Die fetten Jahre sind vorbei. Es<br />
geht um die grundsätzlichen Fragen, die dabei aufgeworfen<br />
werden. Ich fi nds schön, wenn der Film dazu anregt, darüber<br />
nachzudenken: „Wer bin ich eigentlich – bin ich noch ich selbst<br />
oder ein Zivilisationsprodukt? Und wie sehr lasse ich mich<br />
eigentlich beurteilen?“ Man wird ja permanent permanent beurteilt von<br />
morgens bis abends. Inzwischen nicht mehr allein allein in der<br />
Realität sondern sondern auch noch auf Facebook. Facebook. Man<br />
defi niert sich ja auch hauptsächlich über seine<br />
Funktion. Man darf nicht mehr einfach nur<br />
existieren, man muss immer immer was leisten.<br />
Diese Funktionalisierung ist inzwischen inzwischen<br />
schon eine Selbstverständlichkeit<br />
geworden.<br />
Du als Filmemacher bist da ja noch<br />
exponierter. Du wirst ja gewissermagewissermaßen<br />
von Berufs wegen beurteilt.<br />
<strong>Das</strong> habe ich mittelweile gelernt, zu trennen.<br />
Wenn du etwas über meine meine Filme sagst,<br />
sagst du damit nicht unbedingt auch etwas etwas<br />
über mich. ▶l GINI BRENNER<br />
Wir sind alle Piraten?<br />
Nein, das sind wir<br />
nicht! Die coole Augenklappe<br />
ist nicht<br />
etwa ein politisches<br />
Statement – Hans<br />
Weingartner durchlitt<br />
gerade eine<br />
heftige Bindehautentzündung.