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SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012

SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012 - SKIP 2.0: Hier findest du SKIP - Das Kinomagazin zum online Durchblättern. Deine Lieblingskinozeitschrift als Print-Magazin gibts natürlich auch - ab sofort gratis in deinem Kino, bei Thalia und in den Bank Aust

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▶lFilm EXKlUSiV-iNtErViEW<br />

foto: Polyfilm<br />

GiLLEs paQUEt-BrEnnEr<br />

mit seinem brillant inszenierten,<br />

bewegenden<br />

Drama Sarahs Schlüssel<br />

geriet der französische<br />

filmemacher GiLLEs<br />

paQUEt-BrEnnEr, 38,<br />

erstmals in den Blickpunkt<br />

eines internationalen<br />

Kinopublikums. SKiP traf<br />

ihn in Paris.<br />

WIDERSTAND<br />

IST ZEITLOS<br />

sKip: War es schwierig, diesen Film nach ihren Vorstellungen<br />

zu verwirklichen?<br />

GillES PaQUEt-BrENNEr: in frankreich haben wir eine starke<br />

tradition des autorenfi lms – anders als in den USa, wo die<br />

Produzenten nach kommerziellen aspekten sehr viel mitreden.<br />

<strong>Das</strong> ist bei uns nicht so der fall. Die Schwierigkeit lag hier eher<br />

darin, das Geld überhaupt aufzutreiben. ich hatte das Glück,<br />

dass ich die filmrechte für das Buch schon kurz nach dessen<br />

Erscheinen erworben hatte, als es noch kein weltweiter<br />

Bestseller war – später hätte ich sie mir wohl nicht mehr leisten<br />

können. Und mittlerweile ist Sarahs Schlüssel an den US-Kinokassen<br />

sogar Nr. 1 unter den fremdsprachigen filmen!<br />

Wird die Geschichte in Frankreich sehr kontroversiell<br />

aufgenommen? schließlich gehts um die schuld der<br />

eigenen Leute …<br />

im Gegensatz zur weit verbreiteten meinung sind die franzosen<br />

manchmal aufgeschlossener, als man denkt (lacht). Vor 25 oder<br />

30 Jahren wäre das natürlich noch ganz anders gewesen.<br />

Nach dem Krieg war die Situation in frankreich nicht einfach,<br />

es ging darum, eine aussöhnung herbeizuführen unter den<br />

Widerständlern, den Kollaborateuren, den Kommunisten, den<br />

Überlebenden des holocausts etc. Und deshalb hat man lange<br />

Zeit diese themen gemieden und lieber so getan, als wären wir<br />

alle in der resistance gewesen. als alain renais 1955 Nacht<br />

und Nebel drehte, schlug noch die Zensur zu, als er in einer<br />

Szene einen französischen Gendarmen zeigte, der direkt am<br />

abtransport der Juden beteiligt war. alles im Zusammenhang<br />

mit dem Vichy-regime war also wirklich lange Zeit ein echtes<br />

tabu. aber heute ist das nicht mehr der fall. Die ältere<br />

Generation ist – zumindest zum teil – sehr dankbar dafür,<br />

wie dieses thema in unserem film angesprochen wird.<br />

Und das junge Publikum erfährt teilweise erstmals davon,<br />

dass die französische Polizei damals tatsächlich französische<br />

Kinder festgenommen hat. Viele wissen zum Beispiel nicht,<br />

dass Sammellager existierten, wo franzosen in französischen<br />

Polizeiuniformen leute drangsaliert und in Züge verfrachtet<br />

haben, die direkt ins KZ fuhren.<br />

„<strong>Das</strong> Vichy-Regime war in Frankreich<br />

lange Zeit ein echtes Tabu. Lieber hat<br />

man so getan, als wären wir alle in der<br />

Resistance gewesen.“<br />

Dafür hört man so wie bei uns wohl auch in Frankreich<br />

umso öfter stimmen, die meinen, man solle diese<br />

themen „endlich ruhen lassen“.<br />

„… und nach vorne blicken“, genau. Dieser Standpunkt ist<br />

in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet, man will das<br />

alles unter den teppich kehren und wegschauen. aber in<br />

Wirklichkeit funktioniert das so nicht. Die Geschichte hat<br />

uns wiederholt gelehrt, dass man sich mit ihr auseinander-<br />

setzen muss, um nicht immer wieder die gleichen fehler<br />

zu begehen. Und ich denke, das ist auch das zentrale<br />

thema des filmes: Unser eigenes Verhältnis zur Geschichte,<br />

zu unserer identität. ▶l Kurt Zechner<br />

sKip märz 093

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