27.03.2012 Aufrufe

SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012

SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012 - SKIP 2.0: Hier findest du SKIP - Das Kinomagazin zum online Durchblättern. Deine Lieblingskinozeitschrift als Print-Magazin gibts natürlich auch - ab sofort gratis in deinem Kino, bei Thalia und in den Bank Aust

SKIP - Das Kinomagazin, Ausgabe März 2012 - SKIP 2.0: Hier findest du SKIP - Das Kinomagazin zum online Durchblättern. Deine Lieblingskinozeitschrift als Print-Magazin gibts natürlich auch - ab sofort gratis in deinem Kino, bei Thalia und in den Bank Aust

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

▶lFilm EXKLUSIV-INTERVIEW<br />

FOTOS: THIMFILM<br />

ROBERT GUÉDIGUIAN<br />

ZUR SACHE!<br />

L’art pour l’art ist seine Sache<br />

nicht: Auch wenn ROBERT<br />

GUÉDIGUIANS Filme wunderbar<br />

unterhaltsam daherkommen,<br />

die politische Message dahinter<br />

ist ihm ein wesentliches Anliegen.<br />

<strong>SKIP</strong> traf ihn in Paris.<br />

<strong>SKIP</strong>: In Ihren Filmen erzählen Sie von Humanismus,<br />

vom Guten im Menschen. Fällt Ihnen das bei den<br />

gegenwärtigen sozialen Entwicklungen nicht immer<br />

schwerer, selbst noch an das zu glauben, was Ihre<br />

Geschichten vermitteln?<br />

ROBERT GUÉDIGUIAN: Wenn Sie Zeitung lesen, stellen Sie<br />

fest, dass viele schöne und viele schreckliche Dinge passieren<br />

– so würde ich diese Frage an einem Tag mit Ja, am nächsten<br />

mit Nein beantworten. Vom italienischen Philosophen<br />

Antonio Gramsci gibt es einen Satz, den ich wirklich mag:<br />

Der menschliche Wille ist optimistisch, die menschliche<br />

Intelligenz pessimistisch, und wir müssen versuchen,<br />

das Gleichgewicht zu fi nden.<br />

Ist es in den letzten Jahren schwieriger geworden, Filme<br />

mit politischer Message zu fi nanzieren?<br />

<strong>Das</strong> Wichtigste an Filmen ist, dass sie Geld einbringen. Message<br />

oder nicht ist nicht so wichtig, Hauptsache, sie funktionieren<br />

– wenn ein Filmemacher erfolgreiche Filme dreht, ist es den<br />

Produzenten ganz egal, um was es geht (lacht). Sicher werden<br />

manche in Zeiten wie diesen eher auf Realitätsfl ucht setzen.<br />

Aber ich persönlich habe seit Marius et Jeanette, der ein<br />

schöner Erfolg war – 1997 war das –, keine Probleme mehr,<br />

Filme fi nanziert zu bekommen. Ich bin aber auch sehr bescheiden<br />

mit meinen Budgets.<br />

In Der Schnee am Kilimandscharo muss die Hauptfi gur<br />

eines Tages feststellen, dass sie sich im Zuge ihres<br />

berufl ichen und privaten Werdeganges immer mehr von<br />

ihren sozialistischen Idealen wegbewegt hat. Kennen Sie<br />

das von sich selbst?<br />

Nein, ich glaube, damit könnte ich nicht umgehen, wenn ich so<br />

werden würde. Es gibt aber andere Dinge aus meinem Leben,<br />

die ich im Film verwendet habe: der Einbruch zum Beispiel.<br />

Als ich bei einem Freund zu Besuch war, wurde dort tatsächlich<br />

eingebrochen. Wir waren alles linke Aktivisten und fragten uns,<br />

warum die denn ausgerechnet uns überfi elen, wo wir uns doch<br />

für die Armen einsetzen!<br />

Haben Sie den Einbrechern so vergeben wie im Film?<br />

Ich habe sie nie getroffen. Ich würde gern glauben, dass ich<br />

mich so verhalten würde wie meine Filmfi gur, aber ich weiß<br />

nicht, ob ich das könnte.<br />

Inwieweit ist für Sie das Filmemachen auch eine Frage<br />

der sozialen Verantwortung?<br />

Wissen Sie, mein Vater war Hafenarbeiter in Marseille –<br />

genau dort, wo der Film spielt, als Jugendlicher habe ich auch<br />

manchmal dort gejobbt. Und während er dort angestellt war,<br />

hatte er nicht weniger als 36 Arbeitsunfälle. <strong>Das</strong> wurde einfach<br />

in Kauf genommen. Mir gefällt die Vorstellung, dass ich meine<br />

Filme für ihn mache, dass ich für ihn spreche und für alle die,<br />

die keine Stimme haben, weil sie im Gegensatz zu mir nicht die<br />

Möglichkeit bekommen haben, zu studieren. Und über diese<br />

Menschen Filme zu machen, das ist mehr als Verantwortung,<br />

das ist Schicksal. ▶l KURT ZECHNER<br />

Robert Guédiguian,<br />

58, lebt und arbeitet<br />

in Marseille.<br />

Cineasten lieben<br />

ihn für seine<br />

gesellschaftskritischen,<br />

aber nie<br />

humorfreien<br />

Charakterstudien<br />

wie Marius et<br />

Jeanette (1997),<br />

Die Stadt frisst<br />

ihre Kinder (2000)<br />

oder Letzte Tage<br />

im Elysée (2005).<br />

„Ich möchte meine Filme für die machen, die selber keine Stimme haben.“<br />

<strong>SKIP</strong> MÄRZ 097

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!