SKIP - Das Kinomagazin Februar 2012
SKIP - Das Kinomagazin Februar 2012 - SKIP 2.0: Hier findest du SKIP - Das Kinomagazin zum online Durchblättern. Deine Lieblingskinozeitschrift als Print-Magazin gibts natürlich auch - ab sofort gratis in deinem Kino, bei Thalia und in den Bank Austria-Fi
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▶l Film<br />
Es ist KriEg, und da ist alles erlaubt.<br />
Wer mit so einem Satz als Prämisse<br />
durchs Leben geht, vor dem sollte sich jeder<br />
in Acht nehmen. genau das ist auch die Absicht<br />
von Marisa (Alina Levshin). Sie ist<br />
zwanzig, sie sieht gut aus, und sie ist rechtsradikal.<br />
Zwischen den Schlüsselbeinen hat<br />
sei ein Hakenkreuz tätowiert, auf ihrer<br />
Schulter steht Skingirl. Und wer ihr in die<br />
Quere kommt und schief schaut, wird plattgemacht.<br />
Marisa hasst Ausländer, Linke, Polizisten,<br />
Juden, neger. Sie ist, was ihr geliebter<br />
naziopa immer von ihr wollte, damals, als<br />
er sie mit sandgefülltem rucksack trainieren<br />
ließ, um ihre Widerstandskraft zu stählen:<br />
eine Kriegerin.<br />
Wo Marisa lebt, in einer Kleinstadt im Osten<br />
Deutschlands, da ist sie mit ihrer einstellung<br />
schon Mainstream. Und wenn sie mit ihrer<br />
neonaziclique in der Schnellbahn Ausländer<br />
fertigmacht, während ein Kumpel mit der<br />
Handykamera filmt, schauen die meisten<br />
weg. Auch die Polizei. nur Marisas Freund,<br />
den sie so sehr begehrt, dass es wehtut, den<br />
hat es erwischt: Der ist jetzt hinter gittern.<br />
Und dann kommt ein neues Mädchen zur<br />
gruppe: Svenja ist 16 und wird von ihrem<br />
Vater terrorisiert, weil sie heimlich raucht.<br />
Sie findet die jungen rechtsradikalen cool,<br />
die am Baggersee grillen, kiffen, saufen und<br />
Ausländer schikanieren.<br />
Marisa ist genervt von der neuen, haut zor-<br />
084 sKiP FEbruar<br />
Jung, weiblich, rechtsradikal:<br />
Die großartige alina lEvshin<br />
spielt in DaviD WnEnDts<br />
Spielfilmdebüt eine nazibraut,<br />
deren Weltbild auf den Kopf<br />
gestellt wird. Brutal ehrlicher,<br />
brandaktueller Thriller über eine<br />
ganz normale neonaziclique.<br />
Kriegerin<br />
nig ab. Und als ihr zwei junge Asylwerber in<br />
die Quere kommen, ihre fremde Herkunft<br />
deutlich erkennbar an Hautfarbe, Haarfarbe,<br />
Akzent, da geht es mit ihr durch: Sie fährt<br />
die beiden mit dem Auto nieder, einfach so.<br />
Keiner hat den Unfall bemerkt, keiner bringt<br />
Zusammenschlagen oder verarzten? Als die junge<br />
Rechtsradikale Marisa (Alina Levshin) einen jungen<br />
Ausländer kennenlernt, klingen die gebrüllten Naziparolen<br />
ihrer Freunde auf einmal nur mehr hohl.<br />
sie damit in Verbindung. Und doch hat sich<br />
etwas in Marisa verschoben: Mit einem Mal<br />
bringt sie ihren Zorn auf die Welt nicht mehr<br />
in einklang mit dem, was sie erlebt, die Parolen<br />
halten der Konfrontation mit der realität<br />
nicht stand. Doch für einen Ausstieg ist<br />
es längst zu spät ...<br />
Dem blutjungen regisseur David Wnendt<br />
gelingt mit Kriegerin das Seltene: ein Milieu<br />
realistisch, unverblümt und mit Sachverstand<br />
zu porträtieren, vor dem alle anderen zurückschrecken.<br />
Die Anziehungskraft einer<br />
vereinfachenden Weltsicht, die klare Trennlinien<br />
zwischen „uns“ und „denen“ zieht, ist<br />
in Kriegerin offensichtlich: Angeregt von Begegnungen<br />
mit Jugendlichen im ehemaligen<br />
Ostdeutschland, zeigt Wnendt in seinem<br />
Film Jungnazis als Verlorene, Verwirrte, ohne<br />
jede Perspektive; kein straff organisierter<br />
Verein im gleichschritt, sondern eine raue<br />
Horde brutaler Typen. Kriegerin ist ein Film,<br />
der eine klare Haltung bezieht. Und diese<br />
Haltung ist dringend notwendig. mm<br />
▶l 24 02 <strong>2012</strong><br />
Thriller. OT: Kriegerin. Deutschland 2011.<br />
länge: 100 Min. buch & regie: David Wnendt.<br />
Kamera: Jonas Schmager. SchniTT: Andreas<br />
Wodraschke. muSiK: Johannes repka. PrOduK-<br />
TiOn: eva Marie Martens, Alexander Martens.<br />
darSTeller: Alina Levshin, Jella Haase, Sayed<br />
Ahmad Wasil Mrowat, gerdy Zint, Lukas Steltner.<br />
Verleih: Lunafilm.