DER BIEBRICHER - Gerich
DER BIEBRICHER - Gerich
DER BIEBRICHER - Gerich
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Eine Woche vor der Wahl:<br />
Bundespräsidentenkandidat Joachim Gauck bei Henkell<br />
Über lauten und ausdauernden<br />
Applaus durfte sich Joachim<br />
Gauck, von SPD und Grünen<br />
vorgeschlagener Kandidat für<br />
das Amt des Bundespräsidenten,<br />
am 24. Juni im Marmorsaal<br />
bei Henkell freuen. Er hatte<br />
dort auf Einladung der Stiftung<br />
„Daheim im Heim“ aus seinem<br />
Buch „Winter im Sommer -<br />
Frühling im Herbst“ vorgelesen<br />
und dazu Erklärungen über sein<br />
Leben und seine Ansichten zu<br />
Deutschland gegeben.<br />
Der 1940 geborene Gauck<br />
wuchs in Mecklenburg-Vorpommern<br />
auf und musste als<br />
Elfjähriger erleben, wie sein<br />
Vater „abgeholt“ und in ein<br />
Arbeitslager nach Sibirien geschickt<br />
wurde. Seine Familie<br />
blieb mehr als zwei Jahre lang in<br />
Ungewissheit über sein Schicksal.<br />
Gauck weiß die Freiheit und<br />
Demokratie in der Bundesrepublik<br />
Deutschland daher besonders<br />
zu schätzen. Und er versteht<br />
auch, was in den Köpfen<br />
vieler Ex-DDR-Bürger vorgeht,<br />
die sich damals mit dem Erreichbaren<br />
arrangierten und die<br />
Trauer über das Unerreichbare<br />
unterdrückten. „Wir erklärten<br />
das Unnormale zur Normalität“,<br />
erläuterte er den mehr als 200<br />
Gästen der Stiftung. Selbst sein<br />
Vater, dem die Familie 1955<br />
nach der Rückkehr aus Sibirien<br />
den Umzug von Rostock nach<br />
Hamburg vorschlug, wollte seine<br />
Heimat nicht verlassen. „Soll<br />
6 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / JULI 2010<br />
doch der Honecker lieber ins<br />
Saarland zurückgehen“, meinte<br />
dieser später. Und auch Joachim<br />
Gauck persönlich, dessen drei<br />
ältesten Kinder Ende der 1980er<br />
Jahre nach Westdeutschland<br />
ausreisten, blieb lieber in seiner<br />
Heimat und unterstützte<br />
schließlich die friedliche Revolution.<br />
Weil er sich jedoch auch<br />
während seines Lebens in der<br />
DDR mit der westdeutschen<br />
Demokratie auseinandergesetzt<br />
hatte, konnte sie ihn nicht<br />
enttäuschen. „Freiheit ist für<br />
mich Verantwortung“, erklärte<br />
Gauck. „Unser Gemeinwesen<br />
hängt mit dem einzelnen Bürger<br />
zusammen“, sagte er und<br />
zeigte sich begeistert über das<br />
vielfältige soziale, kirchliche und<br />
kulturelle Engagement im Land,<br />
das in eigener Verantwortung<br />
durch Vereine und Verbände<br />
organisiert werde.<br />
Ein Beispiel dafür lieferte die<br />
Gastgeberin des Abends auf<br />
Henkellsfeld, die gemeinnützige<br />
Stiftung „Daheim im Heim“.<br />
Ihre Geschichte begann mit<br />
dem Mauerfall im Oktober 1989<br />
und der Wiedervereinigung<br />
der beiden deutschen Staaten<br />
ein Jahr später. Als besonders<br />
traurige Hinterlassenschaft des<br />
„real existierenden Sozialismus“<br />
erwies sich die Situation<br />
der älteren, behinderten und<br />
pfl egebedürftigen Menschen,<br />
die in 1 400 stark sanierungsbedürftigen<br />
und zur Hälfte ab-<br />
Joachim Gauck präsentierte sich seinem Publikum in der Sektkellerei<br />
Henkell als außergewöhnlich charismatische Persönlichkeit.<br />
rissreifen Heimen untergebracht<br />
waren. Auf Initiative der ehemaligen<br />
Bundesministerin für<br />
Familie und Senioren, Hannelore<br />
Rönsch, wurde nach dreijähriger<br />
Vorbereitungszeit 1993<br />
„Daheim im Heim“ ins Leben<br />
gerufen. Vorrangiges Ziel in den<br />
Anfangsjahren der Stiftung war<br />
es, einen Beitrag für menschenwürdigere<br />
Lebensverhältnisse<br />
in den Alten- und Pfl egeheimen<br />
der neuen Bundesländer zu<br />
leisten. Heute sind Bemühungen<br />
um Menschen mit Demenz<br />
Kernaufgabe der Stiftung. Die<br />
Stiftungseinlage hatte damals<br />
Tengelmann-Chef Erivan Haub<br />
zur Verfügung gestellt, der<br />
ebenso wie viele Mitglieder des<br />
Wiesbadner Lions Clubs unter<br />
den Gästen des Abends auf<br />
Henkellsfeld weilte.<br />
Stiftung „Daheim im Heim“<br />
Internet: www.daheim-im-heim.de<br />
Spendenkonten:<br />
Kto.-Nr. 0127706600, BLZ 51080060, Commerzbank AG Wiesbaden<br />
Kto.-Nr. 026236000, BLZ 51070021, Deutsche Bank AG Wiesbaden<br />
(sst)<br />
FRANK HENNIG