WER ZULETZT LACHT
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ARENA:: HELD<br />
FLEISCH IST MEIN GEMÜSE Ein Leben<br />
zwischen Flaschenbier, Hackbällchen und<br />
Camel ohne. Weiber? Fehlanzeige. Selbst<br />
wenn die wollten, klappte es nie richtig. Den<br />
jungen Heinz Strunk verkörpert Maxim Mehmet<br />
Garant für ein zufriedenes Publikum:<br />
An der Nordseeküste von Klaus und<br />
Klaus. Mit glamourösem Rock’n’Roll-<br />
Leben hat Strunks Dasein so viel gemein<br />
wie ein Roberto-Blanco-Medley<br />
mit Pink Floyds The Dark Side Of The<br />
Moon. „Weiber“, erinnert er sich, „waren<br />
totale Fehlanzeige, denn mit ihrem<br />
Sozialprestige bewegen sich Tanzmucker<br />
ungefähr auf dem Niveau von Aushilfskellnern.“<br />
1997 schmeißt ihn der patriarchalische<br />
Bandleader nach zwölf Jahren ohne weitere<br />
Erklärung raus. Strunk zieht nach<br />
Hamburg, auf die richtige Seite der Elbe,<br />
wo die Sonne heller zu strahlen scheint<br />
und sein Leben ein wenig an Fahrt gewinnt.<br />
Zusammen mit Rocko Schamoni<br />
und Jacques Palminger gründet er das<br />
Komik-Kollektiv Studio Braun. Die<br />
aberwitzigen Telefonstreiche des Trios<br />
werden schnell Kult, Geld verdienen<br />
lässt sich damit nicht. „Keine unserer<br />
CDs hat sich mehr als 6000 Mal<br />
verkauft“, erzählt Strunk. Er heuert<br />
deshalb als Radiomoderator bei FM4<br />
und Radio Fritz an, erhält sogar seine<br />
eigene Call-in-Show beim Musikkanal<br />
Viva. Doch alle seine Sendungen werden<br />
nach kurzer Zeit wegen Erfolglosigkeit<br />
wieder eingestellt.<br />
Strunk ist 40, deprimiert und hat<br />
keine Ahnung, was er mit seinem Leben<br />
anfangen soll. Also beginnt er an<br />
einem Buch zu arbeiten. In Fleisch<br />
ist mein Gemüse beschreibt er die<br />
skurrilen Jahre, in denen er sich mit<br />
Tiffanys durch die Provinz muckte.<br />
Weder der Rowohlt Verlag noch der<br />
Autor glauben an den Erfolg. „Zwar<br />
war das Thema Tanzmusik in der Gegenwartsliteratur<br />
noch unbeackertes<br />
Brachland“, sagt Strunk, „mit mehr<br />
als 1000 verkauften Exemplaren habe<br />
ich dennoch nicht gerechnet.“<br />
Aus 1000 werden 260.000. Zeitweilig<br />
steht der Roman auf Platz drei in<br />
der Amazon-Bestenliste, und sein Autor<br />
sitzt plötzlich bei Stefan Raab auf<br />
dem Sofa. Ganz unverhofft hat Strunk<br />
mit Fleisch ist mein Gemüse einen<br />
der komischsten Romane der Gegenwart<br />
geschrieben. Seine Methode: Im<br />
Gegensatz zu anderen autobiografisch<br />
gefärbten Werken wie Tommy Jauds<br />
Vollidiot oder Benjamin von Stuckrad<br />
Barres Soloalbum versucht er erst gar<br />
nicht, sich selbst als sympathischen<br />
Antihelden zu präsentieren. Er ist einfach<br />
nur Antiheld. Strunks Komik<br />
liegt in der brachialen Ehrlichkeit,<br />
mit der er sein unspek ta kuläres Leben<br />
und die Welt, in der es stattfindet,<br />
schildert. Diese wird unter seinem mikroskopischen<br />
Blick zwar um kein<br />
bisschen weniger versöhnlich, erscheint<br />
aber auf einmal unglaublich<br />
lachhaft. Sein Humor ist subtil,<br />
nordisch trocken und um vieles intelligenter<br />
als alles, womit sich deutsche<br />
Comedy-Nasen im TV produzieren.<br />
Der Musiker und Autor Sven<br />
Regener (Herr Lehmann) hat einmal<br />
gesagt, dass einem jeder leid tun müsse,<br />
der Strunks Buch nicht gelesen hat.<br />
Der Hamburger Regisseur und Grimme-<br />
Preisträger Christian Görlitz (Freier<br />
Fall) wollte nicht zu diesen Menschen<br />
gehören, las und wusste sofort: „Das<br />
ist ein Kinostoff.“<br />
TIFFANYS<br />
Mitte rechts:<br />
Der junge Heinz<br />
Strunk (l.) mit<br />
Bandleader bei<br />
einem ihrer<br />
Auftritte<br />
STUDIO BRAUN<br />
Rechts unten:<br />
Das Komik-<br />
Kollektiv Studio<br />
Braun. Großartige<br />
Telefonstreiche,<br />
aber<br />
leider erfolglos<br />
Am 17. April startet seine Verfilmung<br />
in den deutschen Kinos. Zwölf<br />
Jahre Tiffanys, gelungen eingedampft<br />
auf 97 Minuten. Kein Klamauk, keine<br />
weitere dieser deutschen Komödien,<br />
in denen atemlos ein Gag dem anderen<br />
hinterherhechelt. Sondern ein<br />
ehrlicher Film mit einem großartigen<br />
Maxim Mehmet in der Rolle des<br />
Heinz Strunk. Nur das Happy End<br />
wird Fans des Buches verwirren. Ein<br />
Ende, das dem Roman nicht wirklich<br />
gerecht wird, aber stellvertretend<br />
steht für die glückliche Wendung im<br />
Leben des inzwischen 45-jährigen<br />
Heinz Strunk.<br />
Der sitzt mittlerweile neben seiner<br />
neuen Freundin Yvonne an der Hotelbar,<br />
trinkt sein sechstes Glas Champagner<br />
und wirkt überaus zufrieden.<br />
Nach ihrem Freund befragt, während<br />
der kurz raus ist, sagt Yvonne: „Ich<br />
liebe ihn.“ Und nach kurzem Zögern:<br />
„Schreiben Sie das bitte. Ich habe ihm<br />
das nämlich noch nie gesagt.“<br />
Text: Tobias Pützer<br />
Fotos: PR (3), Privat<br />
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