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<strong>SCHRIFTEN</strong> <strong>DER</strong> <strong>BAAR</strong>


I Schriflcn <strong>de</strong>r Saar 31176


<strong>SCHRIFTEN</strong><br />

<strong>de</strong>s<br />

Vereins für Geschichte<br />

und Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />

in Donaueschingen<br />

XXXI. Band - 1976<br />

Selbstverla g <strong>de</strong>s Verein fü r Geschichte und Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />

7710 Donaueschingen 1976


Ge sa m t~ chriftl e itun g : Günther Reichelt<br />

Schriftleitung für h i~ tori sc h e Beiträge: Karl S. Ba<strong>de</strong>r<br />

Die Autoren sind für <strong>de</strong>n Inhalt ihrer Arbeit selbst verantwortlich<br />

ISSN 0340-4765<br />

Druck und Klischees : Müll er- Druck, 7730 Villingen/ Schwa rz wald<br />

Printed in G ermany


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Hermann Wieser<br />

von Karl S. Ba<strong>de</strong>r<br />

Kuno Moser<br />

von H e r ben Cord es<br />

Dr. F ritz Reinhold<br />

von Karl Kwas nitsc hk a<br />

Die Riedbaar - ihre Biotope und ihr Bestand bedrohter Vögel<br />

von Fe 1 i x Z i n k e und G ü n t h e r R e ich e I t<br />

Der Reiter von Hüfingen -<br />

Notizen z u einem alamannischen A<strong>de</strong>lsgrab auf <strong>de</strong>r Baar<br />

von Gerhard Fingerlin<br />

Die Orte im Achdo rfer Tal<br />

zwischen <strong>de</strong>n Herrschaften Fürstenberg und Kloster Sr. Blasien<br />

von Paul Willimski<br />

Die strategische o<strong>de</strong>r " Kanonenbahn" Immendingen-Waldsh ut<br />

von R e im a r Zeller<br />

Ein Kartenman uskript aus <strong>de</strong>r Stridbeck-Offizin<br />

von Orro Stochdorph<br />

N ocrui<strong>de</strong>n (Eulen falter) <strong>de</strong>r Baar<br />

von H e l mut H e r r man n<br />

Der Türnleberg zwischen Schwenningen und Bad Dürrheim,<br />

eine keltische Burganlage aus <strong>de</strong>r Hallstattzeit<br />

von Otto Benzing<br />

Die Struktur <strong>de</strong>s Bildungswesens im Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

in statistischer und infrastrukturell er Sicht<br />

von M a rrin Schmie<strong>de</strong>berg<br />

Untersuchungen zur Nie<strong>de</strong>rschlagsverteilung auf <strong>de</strong>r Baar<br />

nach hydrologischen Halbjahren<br />

von O lev K o ha<br />

Zwei Briefe <strong>de</strong>s Bergrats von Althaus in Dürrheim<br />

an Professor Alexan<strong>de</strong>r Braun in Karlsruhe<br />

von Ga s ton Mayer<br />

Buch bes p rech ungen<br />

7<br />

10<br />

12<br />

14<br />

53<br />

67<br />

76<br />

86<br />

93<br />

110<br />

11 6<br />

125<br />

129<br />

133<br />

Vereinsnachrichten<br />

Vereinschronik 1974-1976<br />

Anschriften <strong>de</strong>r Verfasser<br />

139<br />

143


6<br />

Vorwort<br />

D er 31. Band unserer Schriften liegt in einem neuen Gewand vor Ihnen. Nicht euerungssucht<br />

war <strong>de</strong>r Grund für diese Verän<strong>de</strong>rung, son<strong>de</strong>rn eine gan z nüchterne überlegung.<br />

Einmal waren wi r gezwungen, rationeller mit unserem Raum um zugehen. Vo r die Wahl gestellt,<br />

entwe<strong>de</strong>r das Schreibmaschinen-M anuskripr, selbst im ü ffset-Verfahren drucken zu<br />

lassen o<strong>de</strong>r mit neuen Schriftty pen und größerem Satzspiegel einen besseren Nutzeffekt zu<br />

erreichen, entschlossen w ir uns zu letzterem. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite sollte die Bilddokumentation<br />

unserer " Schriften" nicht beschnitten wer<strong>de</strong>n. Machen doch gera<strong>de</strong> die Abbildungen<br />

einen wesentlichen Reiz unserer Veröffentlichungen aus, ganz davon abgesehen, daß sie eine<br />

unersetzli che Info rmationsquell e darstellen. Sv kam uns <strong>de</strong>r naheliegen<strong>de</strong> G edanke, di eses<br />

schon durch eine entsprechen<strong>de</strong> U mschlagges taltung auszudrücken. Warum soll te ein seriöser<br />

Verein ni cht auch auf die Wirksamkeit seiner äußeren Darstellungsform bedacht sein ?<br />

So ist ein schmuckes klei nes Buch über die Baar daraus gewor<strong>de</strong>n, selbständig und doch<br />

ein G li ed in <strong>de</strong>r langen Reihe unserer laufe n<strong>de</strong>n "Schriften". Darauf spielt auch die letzte<br />

U mschl agseite an.<br />

Wir hätten allerdings <strong>de</strong>n neuen Band ni cht allein mit unse ren Mitteln drucken können.<br />

Aus unseren Mi tglie<strong>de</strong>rbeiträgen können wir nur etwa 65% <strong>de</strong>r Druckkosten, Bin<strong>de</strong>arbeiten,<br />

Versandkosten bes treiten . So m ußten wi r betteln gehen. Für Druckko tenzuschüsse dürfe n<br />

w ir hiermit danken :<br />

<strong>de</strong>r Stadt Blumberg (DM 500,-),<br />

<strong>de</strong>r Stadt Hüfingen (DM 500,-),<br />

<strong>de</strong>m Landkreis Schwarzwald -Baar (DM 500,- ),<br />

<strong>de</strong>m Bund N atur- und U m weltschutz Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (DM 500,-),<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgemei nschaft U mweltschutz Schwarzwald-Baar-H euberg (DM 300,-).<br />

Wir danken <strong>de</strong>n genannten Stellen sehr herzlich. Sie haben dazu beigetragen, daß die<br />

nunmehr seit über 170 Jahren von Mitglie<strong>de</strong>rn unseres Vereins uneigennützig geleistete Forschungsarbeit<br />

zur Kenntnis <strong>de</strong>r Baar ein weiteres Mal einer breiteren öffentlichkeit zugänglich<br />

w ird .<br />

A n unsere Mitglie<strong>de</strong>r und Freun<strong>de</strong> richten wir auf diesem Wege noch einmal die Bitte,<br />

sich nach Möglichkeit ebenfa lls an einer Spen<strong>de</strong> zu beteiligen, damit auch die H erausgabe<br />

eines weiteren Ban<strong>de</strong>s bald möglich sein wird.<br />

Für Vorstand und Redaktionsausschu ß:<br />

D r. E. Huber<br />

Prof. Dr. G. Reichelt


7<br />

Hennann Wieser<br />

(1897-1976)<br />

Mit Hennann Wieser, F. F. Archivar i. R., ist am 20. April 1976 in Donaueschingen<br />

einer <strong>de</strong>r Stillen im Lan<strong>de</strong> von uns gegangen. Obwohl seit Jahren lei<strong>de</strong>nd, hatte er sich<br />

seine geistige Frische bis in die letzten Lebenswochen bewahrt und noch immer regen Anteil<br />

an unserem Verein und an seiner geliebten Arbeitsstätte im Fürstlichen Archiv genommen, die<br />

ihm in einem Zeitraum von nahezu 60 Jahren zu einer Art geistiger Heimat gewor<strong>de</strong>n war.<br />

Fast ebenso lang gehörte er unserem Verein als Mitglied, seit 1923 als <strong>de</strong>ssen Rechner und als<br />

Mitglied <strong>de</strong>s weiteren Vorstan<strong>de</strong>s an. Anläßlich <strong>de</strong>r Feier seines hun<strong>de</strong>rtjährigen Bestehens<br />

ernannte ihn <strong>de</strong>r Verein zum Eh r enmitglied - eine mehr als nur förmlich verdiente<br />

Ehrung, wenn man be<strong>de</strong>nkt, wie er mit ganz beson<strong>de</strong>rer Umsicht und Treue <strong>de</strong>m Verein<br />

gedient und diesen zusammen mit <strong>de</strong>n jeweiligen Vorsitzen<strong>de</strong>n durch zwei Kriegs- und<br />

Nachkriegszeiten hindurchgeführt hat.<br />

Am 3. Januar 1897 in Möhringen als Sohn eines angesehenen und tüchtigen Schreinermeisters<br />

geboren, besuchte Wieser zunächst die Volksschule seines Heimatorts und sodann<br />

das Gymnasium Donaueschingen bis zur Obersekundareife im Sommer 1915 . Als "Auswärtiger"<br />

hatte er täglich, vom damals äußersten Rand <strong>de</strong>s Einzugsgebietes her, eine beschwerliche<br />

und, zumal im ersten Kriegsjahr, mitunter stünnische Hin- und Rückfahrt zu<br />

bestehen; in <strong>de</strong>r teilweise etwas wil<strong>de</strong>n Schar dieser Zuzügler und Zugfahrer wirkte er als<br />

besänftigen<strong>de</strong>s Element. ach<strong>de</strong>m ihn Archivrat Dr. Tumbült schon als Sekundaner zu<br />

Schreibarbeiten im Archiv herangezogen hatte, trat Wieser als Volontär <strong>de</strong>r Archivlaufbahn<br />

in die Dienste <strong>de</strong>s Hauses Fürstenberg. Doch wur<strong>de</strong> diese Tätigkeit alsbald für mehrere<br />

Jahre unterbrochen, da er zum Kriegsdienst einberufen wur<strong>de</strong>. Schwer verwun<strong>de</strong>t und zeitweilig<br />

vermißt, kehrte er endlich in die Heimat zurück, um zunächst bei einer staatlichen<br />

Abwicklungsstelle in Karlsruhe beschäfti gt zu wer<strong>de</strong>n. 1920 konnte er auf Betreiben<br />

Tumbülts in das Archiv zurückkehren. Daß die schwieri gen Zeitverhältnisse die F. F. Kammer<br />

zwangen, ihn als Rechnungssekretär ein zusetzen, erwies sich für Wieser als beson<strong>de</strong>rer<br />

Glücksfall; <strong>de</strong>nn hier gewann er, in die Archivregistratur bereits bestens ein geführt, einen<br />

überblick in <strong>de</strong>n gesamten Gang einer komplizierten stan<strong>de</strong>sherrlichen Verwaltung. In <strong>de</strong>n<br />

engeren Archivdienst zurückversetzt durchlief er hier, seit 1932 als Archivobersekretär,<br />

1936 Archivinspektor, 1943 Archivoberinspektor, eine geradlinige Laufbahn, die 1954 mit<br />

<strong>de</strong>r Ernennung zum F. F. Archivar ihren Höhepunkt erreichte. Dazwischen hatte er seinem<br />

Jahrgang entsprechend aber nochmals Wehrdienst zu leisten; als Zahlmeister d. R ., zuletzt<br />

im Rang eines Stabsintendanten, geriet er am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s zweiten Weltkrieges in französische<br />

Kriegsgefangenschaft. Im April 1946 konnte ihm mit Zustimmung <strong>de</strong>r Besatzungsmacht das<br />

Archiv zur treuhän<strong>de</strong>rischen Verwaltung im wesentlichen unversehrt übergeben wer<strong>de</strong>n.<br />

Hermann Wieser war ein vorbildlicher Archivar. Nicht nur daß er "sein" Archiv mit<br />

<strong>de</strong>ssen noch aus <strong>de</strong>r kameralistischen Epoche stammen<strong>de</strong>n Einteilung bis in die hintersten<br />

Grün<strong>de</strong> kannte: er sah seine Aufgabe zunächst und vor allem darin, die Funktion eines<br />

Generalregistrators zu erfüllen und <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Registratur unentbehrliche Hilfe zu<br />

gewähren. Damit Hand in Hand ging die Betreuung <strong>de</strong>r Archivbenützer sowohl im engeren<br />

wissenschaftlichen Sektor als auch überall dort, wo - mitunter sehr anspruchsvolle -<br />

Familienforscher und an<strong>de</strong>re Interessenten guten Rat und sehr viel Zeit in Anspruch nahmen.<br />

Mit Umsicht und nie erlahmen<strong>de</strong>r Ger.luld hat er Jahr für Jahr schriftliche und mündliche<br />

Auskünfte erteilt.<br />

Das so erlangte große Wissen für eigene literarische Arbeiten auszuwerten, trug er eher<br />

Be<strong>de</strong>nken, und es bedurfte mitunter freundschaftlicher Anregung, ihm ein auf ihn zugeschnittenes<br />

Thema so ans H erz zu legen, daß er selbst zur Fe<strong>de</strong>r griff. Die Zahl <strong>de</strong>r in Druck<br />

gelangten Arbeiten Wiesers ist daher, gemessen an seinem stupen<strong>de</strong>n Fachwissen, eher be-


schei<strong>de</strong>n geblieben. Neben einer Reihe von Artikeln, die er aus <strong>de</strong>r Archivarbeit heraus und<br />

in <strong>de</strong>ren Interesse für Tageszeitungen zu liefern hatte, sind vor allem Arbeiten zu nennen,<br />

die sich mit <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Fürstenberg-Archivs zu beschäftigen hatten .·Eine in Donaueschingen<br />

veranstaltete Tagung <strong>de</strong>r Archivpfleger zwang Wieser, einem lebhaft interessierten<br />

Fachkreis über die eigene Erfahrungswelt zu berichten; daraus ist sei ne nützliche und längst<br />

unentbehrlich gewor<strong>de</strong>ne übersicht über "Das Fürst!. Fürstenberg. Archiv" (Mittei lungen<br />

für die Archiv- und Registraturpflege in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg IfI, 1954, S. 18 H.) hervorgegangen.<br />

Zurückzugreifen ist seitens <strong>de</strong>r am Archiv Tätigen und <strong>de</strong>r über Archivbaugeschi<br />

chte Forschen<strong>de</strong>n immer wie<strong>de</strong>r auf die in unseren "Schriften" (XXV, 1960, S. 223 H. )<br />

erschienene eindringliche Studie über "Das Fürstlich Fürstenbergische Archiv zu Donaueschingen",<br />

<strong>de</strong>ren Untertitel ("Ein Beitrag zur Baugeschichte") das Anliegen <strong>de</strong>s Verfassers<br />

aufzeigt: aus minutiöser Auswertung <strong>de</strong>r Quellen heraus ein Bild von <strong>de</strong>r für seine Zeit ganz<br />

ungewöhnlichen Errichtung <strong>de</strong>s Donaueschinger Archivgebäu<strong>de</strong>s, ein Spiegelbild zugleich<br />

<strong>de</strong>r hohen Bewertung <strong>de</strong>s Archivs in einem absolutistischen Kleinstaat <strong>de</strong>s minieren 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

zu geben. Als archivalischen Gelegenheitsfund veröffentlichte Wieser, ebenfalls<br />

in unseren "Schriften" (XXVI, 1966, S. 175 H.), die Miszelle " Heimführung und Hochzeitsmahl<br />

anläßlich <strong>de</strong>r Verheiratung <strong>de</strong>r Gräfin Ursula zu Fürstenberg mit <strong>de</strong>m Grafen Claudius<br />

von Neuenburg". Zum Sammelwerk " Joseph von Lassberg, Mittler und Sammler" ( 1955)<br />

trug er mit einer genealogisch-historischen Arbeit "Der Donaueschinger Zweig <strong>de</strong>r Familie<br />

Lassberg" (5. 51/64 mit Stammtafel) bei; für <strong>de</strong>nselben Sammelband fertigte er - wie auch Zl..<br />

an<strong>de</strong>ren Veröffentlichungen aus <strong>de</strong>m Archiv - das schätzenswerte Register. Aber weit größer<br />

ist die Zahl <strong>de</strong>r Fun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Publikation er neidlos an<strong>de</strong>ren überließ.<br />

In Donaue chingen, <strong>de</strong>r Stadt, die ihm nun längst zur Wahlheimat gewor<strong>de</strong>n war, lebte<br />

Hermann Wieser zusammen mit seiner Frau und lange auch mit seinen Schwiegereltern im<br />

eigenen Haus, still und zurückgezogen, aber niemals untätig und keineswegs <strong>de</strong>n Kontakt mit<br />

<strong>de</strong>r menschlichen Umwelt scheuend. Als Mitglied ve rschie<strong>de</strong>ner Vereine, von <strong>de</strong>nen insbeson<strong>de</strong>re<br />

die "Lie<strong>de</strong>rtafel" genannt sei, war er, <strong>de</strong>r sich nie in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund drängte,<br />

geschätzt und beliebt. Gern gesehen war er im Kreise <strong>de</strong>r Archi vare, <strong>de</strong>ren Tagungen zu<br />

besuchen ihm Pflicht und Freu<strong>de</strong> zugleich war. Als Kreisarchivpfleger für <strong>de</strong>n alten Landkreis<br />

Donaueschingen vermochte er seine archivalische Erfahrung auch fachlichen Laien weiterzugeben.<br />

über Ehrungen seitens <strong>de</strong>s Fürstlichen Hauses und <strong>de</strong>s Staates mag er sich, auch wenn<br />

er <strong>de</strong>rlei nicht suchte, in <strong>de</strong>r häuslichen Stille gefreut haben. Ehren und Dank hat er vielfach<br />

verdient. Dank nicht zuletzt für alles, was er für <strong>de</strong>n Verein für Geschichte und aturgeschichte<br />

<strong>de</strong>r Baar im Laufe eines langen, trotz häufigeren Erkrankungen glücklichen Lebens<br />

getan hat.<br />

Karl s. Ba<strong>de</strong>r<br />

9


10<br />

Kuno Moser<br />

( 191 0- 1975)<br />

Am 22. Juni 1975 verstarb unser langjähriges Beiratsmitglied Kuno Moser an <strong>de</strong>n Fo lgen<br />

innere r Ve rl etzungen , die er bei einem Flugzeugabsturz in <strong>de</strong>r ähe von Pfo rz heim erlitten<br />

hatte.<br />

Seine Schwarzwäl<strong>de</strong>r H eimat und seine freun<strong>de</strong> verl o ren in ihm eine Persönlichkeit,<br />

die in einem kurzen achruf zu umreißen kaum gelingen kann. Sein en Lebenslauf chro nologisch<br />

a u fz uzeichnen bedarf es dagegen nur weniger D aten .<br />

D e r Verstorbe ne hat fas t ausschließlich in seiner H eimatgem ein <strong>de</strong> Unterkirnach gelebt.<br />

D o rt, im J ahre 1910 als So hn d es " Rößle-W irtes" Moser geboren , verbrachte er seine Kindheit,<br />

besuchte die D o rfsch ule und anschließend d ie weiterführen<strong>de</strong>n Schulen in Villingen und<br />

Schwenningen und ging in die Leh re <strong>de</strong>r Feintechnik bei <strong>de</strong>r Firma Ki enzle-Apparatebau ,<br />

Villingen . D anach ab o lvierte er noch einige Semester an <strong>de</strong>r T echnischen Hochschule in<br />

ß erlin . Zu Anfang d es Krieges grün<strong>de</strong>te er einen Betrieb <strong>de</strong>r Fei ntechnik in Unterkirnach,<br />

d en cr in d er achkriegszeit zu einem be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Unternehmen ausbaute. Im Jahre 1940<br />

-chloß e r die Ehe mit Mechthild Färber; 1966 zog e r sich aus <strong>de</strong>m aktiven G eschäftsleben<br />

z urüc k. Abe r ni cht, um in einen beschaulichen Ruhestand zu gehen , son<strong>de</strong>rn um sich endlich<br />

unbelastet von beruflichen Verpflichtungen ganz aktiv und ausschließlich sein en persönli chen<br />

Interessen und eigungen widmen zu können.<br />

Ein kn3ppes halbes Jahr vor seinem T o<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n ihm vo n <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Unterkirnach<br />

die Ehre n b ürgerrechte verliehen . Es war A usdruck <strong>de</strong>s D ankes ni cht all ein für Kuno M oser<br />

als U nte rnehmer, son<strong>de</strong>rn auch für sein e lan gjährige T äti gkeit als Gemein<strong>de</strong>rat und dafür, d3ß<br />

er sein em H eimatdorf sch lichtweg d urch sei ne Persönlichkeit 7um Beste n gedient hat.<br />

ein ganzes Leben war überschattet von einer schweren Krankheit, d ie beson<strong>de</strong>rs in<br />

seine r Jugend längere San3toriumsa ufe nthalte erfo r<strong>de</strong>rte. Aber d iese Kran kheit prägte ihn<br />

ganz beson<strong>de</strong>r , w ußte er doch gera<strong>de</strong> die langen Zwangspausen immer positi v zu nutzen ,<br />

sein Wissen z u erweitern und sich mit <strong>de</strong>n Dingen 311 gemein ausein a.n<strong>de</strong>rzusetzen .<br />

Zeit seines Lebens scheute er we<strong>de</strong>r Kosten noch Zeit, das arürliche, Ursprüngli che<br />

und Schöne in seiner enge ren und wei teren Umgebung zu fö r<strong>de</strong>rn und zu bew ahren . Diese<br />

enge Ve rb un<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>r H eimat und <strong>de</strong>m Geschick <strong>de</strong>r M enschen in d ieser<br />

Gq~e n d b r3chte es mit sich, daß er sich von frühester Jugend schon für all es inte ressierte, was<br />

ihn umgab. Selbst engsten F reun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verstorbenen fäl lt es heute noch sch wer, di ese Pe r­<br />

sönlichkeit umfassend zu begreifen .<br />

Im R ahmen dieses N achrufes gilt es, das An<strong>de</strong>nken an <strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rer <strong>de</strong>r H eimatfo r­<br />

schung w achzuhalte n. Kuno Moser w3 r nicht nur im Beirat <strong>de</strong>' " <strong>Baarverein</strong>s", son<strong>de</strong>rn unter<br />

an<strong>de</strong>rem Mitglied d es " H eim3l- und Geschichtsverein s Villingen" und Beirat <strong>de</strong>s" För<strong>de</strong>rkreises<br />

für die ur- und frühgeschi chrliche Fo rschung in Ba<strong>de</strong>n e. V.". Diese Ve rei ne be<strong>de</strong>uteten<br />

ihm sehr viel. U m gekehrt e rhielten aber auch sie von <strong>de</strong>m Ve rstorbenen m anche inte res­<br />

S311[e Anregungen. Soweit es ihm seine G esundheit eriJubte, l13hm er an Vo rträgen und<br />

Exkursio ne n teil und ergänzte dann die e ranstaltungen immer durch umfassen<strong>de</strong> Diskussionen<br />

. Es g3b kaum ein Pro blem , welches ihn nicht beschäfti gte; und sein unbändiger Drang,<br />

hinter di e geheimsten D inge d e Lebens zu kommen, hat ihm o ft in seiner Krankheit weite r­<br />

geho lien , ihm neuen Lebensmut gegeben und ih n zu neuen U nternehmungen angespo rnt.<br />

N 3ch einer langen schweren Lungenentz ündung genesen, faßte er di e I<strong>de</strong>e, <strong>de</strong>r Magdalencnbcrg<br />

in Villingen müsse doch endlich wissenschaftlich untersucht und <strong>de</strong>r ungute<br />

Zustand, durch die Ausgr3bungen frühere r J ahre bedingt, beseitigt wer<strong>de</strong>n . Dank seiner persönlichen<br />

Beziehungen zu <strong>de</strong>n einschlägigen Kreisen gelang es ihm mit viel G eduld, persönli.:her<br />

Initiative und finanziell en Opfern, die Offentlichkeit für diese I<strong>de</strong>e zu gewinnen . Die<br />

drei Jahre dauern<strong>de</strong>n Ausgrabungen w ur<strong>de</strong>n zum aufsehenerregendsten E reign is in <strong>de</strong>r


11<br />

frühgeschichtlichen Forschung unseres südwest<strong>de</strong>utschen Raumes. Durch diese Ausgrabungen<br />

wur<strong>de</strong> Kuno Moser mit <strong>de</strong>r Dendrochronologie bekannt. Die einmalige und faszinieren<strong>de</strong><br />

Möglichkeit, anhand <strong>de</strong>s <strong>de</strong>ndrochronologischen Kalen<strong>de</strong>rs H o lzstücke aufgrund <strong>de</strong>r Struktur<br />

ihrer J ahresrin ge bis um ca. 60C v. Chr. exakt zu datieren und das Klima dieser ve rschi e­<br />

<strong>de</strong>nen Perio<strong>de</strong>n ablesen zu können, begeisterten ihn so sehr, daß er alle ihm zur Verfügung<br />

stehen<strong>de</strong>n Kräfte mobilisierte, diesen Kalen<strong>de</strong>r erstmalig lückenlos im Großformat samt<br />

Film- und Anschauungsmaterial in einem von ihm gestalteten Raum <strong>de</strong>s Franziskanermuseums<br />

<strong>de</strong>r Stadt Villingen <strong>de</strong>r interessierten Offentlichkeit darzustellen. Die mustergültige Einrichtung<br />

eröffnet ein Forschungsfeld für zahlreiche Probleme unseres Raumes wei t über <strong>de</strong>n<br />

ursprünglichen Anstoß hinaus. Tragisch und für alle unfaßbar war es dann, daß er nach<br />

Vollendung dieser sich selbst gestell ten Aufgabe bei <strong>de</strong>r Erledigung einer letz ten Verpflichtung<br />

auf <strong>de</strong>m Flug z u <strong>de</strong>m Dendrochronologen Ernst H o llstein nach Trier tödlich verunglückte.<br />

Das H auptan li egen <strong>de</strong>s Verstorbenen war, möglichst viele Men chen aus ihrem Alltagstrott<br />

herauszuholen, ihnen die Natur und ihre Zusammenhänge näher zu bringen und damit<br />

auch manches Geheimnis zu lüften. Für diese Anliegen hat er gelebt und ist er schlu ßendlich<br />

auch gestorben.<br />

Allen, die ihn gekannt haben, wi rd er sicherlich unvergeßlich bleiben.<br />

H erben Cor<strong>de</strong>s


12<br />

Dr. Fritz Reinhold<br />

( 19 11 - 1976 )<br />

achmittags am 4. April 1976 wur<strong>de</strong> Forstdirektor Dr. Fritz Reinhold jäh aus <strong>de</strong>m<br />

Leben geri ssen . Erst einen Tag von einern mehrmals verschobenen Urlaub zurückgekehrt,<br />

starb er nur 8 Monate vor seiner Z uruhesetzung an einem H erzinfarkt.<br />

Dr. Reinho ld wur<strong>de</strong> am 2. 11. 19 11 in Dres<strong>de</strong>n geboren. Nach <strong>de</strong>m Abitur studierte er<br />

von 1930 bis 1934 an <strong>de</strong>r forstlichen Hochschule in Tharandt. Vo n 1934 bis zu einer im<br />

ovember 1939 erfo lgten Ei nberufung z um Kriegsdienst war er als Forstreferendar und<br />

Fo rstassessor im Sächsischen Staatsforstdienst bzw. am Reichsforstamt und hier seinen eigungen<br />

entsp rechend an <strong>de</strong>r Zentralstelle für forstliche Vegetationskartierung tätig. Während<br />

<strong>de</strong>s Krieges mehrfach verwun<strong>de</strong>t und ausgezeichnet, geriet er als H auptmann d . R . im Mai<br />

1945 in Kriegsgefangenschaft , aus welcher er im ovember <strong>de</strong>s gleichen Jahres nach Bad<br />

Dürrheim entlassen wur<strong>de</strong>, wo er mit sein er do rt inzwischen untergekommenen Familie zusammentraf.<br />

och während <strong>de</strong>s Krieges hatte er sich in TIlarandt habilitiert und auch für<br />

W aldbau und Forstgeschichte ei ne Dozentur erhalten.<br />

Am I. 8. 1946 trat Dr. Reinhold in <strong>de</strong>n Fürstlich Fürstenbergischen Forstdienst, wo er<br />

z unächst in <strong>de</strong>r Forsteinrichtung, bei <strong>de</strong>r Standortskartierung und dienstvertretend im Forstamt<br />

H e ili genberg täti g war. 194 7 wur<strong>de</strong> er z ur Forstdirektion als Referent berufen, wozu<br />

späterdie Funktion <strong>de</strong>s ständigen Stell vertn:ters <strong>de</strong>s Leiters <strong>de</strong>r Forstdirektion hinzukam.<br />

Dr. Rcinholds berufliche I nteressen waren sehr vielseitig. E r war ein ausgezeichneter<br />

Fachm:lIln auf <strong>de</strong>m Gebiete <strong>de</strong>r forstlichen Vegetation kun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Standortskun<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s<br />

\Xf.lldbaues. Diesen wissenschaftli chen Fachgebieten widmete er sich bereit während seiner<br />

forstlichen Ausbildung und während sein es späteren beruflichen Wer<strong>de</strong>ganges, so daß sehr<br />

viele sein er Veröffentlichungen sich mit diesen Wis ensgebieten beschäftigen und internationale<br />

Anerkennung fan<strong>de</strong>n. Vorn 1. 2. 1962 bis 15. 7. 1965 erhielt er einen eh ren<strong>de</strong>n Ruf zur<br />

Ausübung <strong>de</strong>r Lehrtäti gkeit ein es Pro fessors für Waldbau an <strong>de</strong>r chilenischen Universität<br />

Valdivia.<br />

Auch in Fragen <strong>de</strong>r fo rstlichen Buchführung, <strong>de</strong>r Einheitsbewertung, <strong>de</strong>s Steuerrechts,<br />

<strong>de</strong>r Waldwertschätz ung und d es Grundstücksverkehrs wur<strong>de</strong>n sein Rat und seine umfassen<strong>de</strong>n<br />

Kenntn isse gerne in Anspruch genommen, und die zahlreichen Mitgliedschaften in fach ­<br />

li chen Gremien bezeugen sein fundiertes Wissen.<br />

Als Mensch mit einer hervorragen<strong>de</strong>n Allgemeinbildung und von universellem Wissen<br />

war Dr. Rei nho ld in seinem Wesen immer beschei<strong>de</strong>n und ausgeglichen. Er besaß die Gabe<br />

<strong>de</strong>s Zuhörenkönnens, und er war gegenüber <strong>de</strong>n Sorgen und öten seiner Ko ll egen und Mit­<br />

:lrbeiter stets aufgesch lossen . Seine schweren Verwundungen und Gesundheitsschä<strong>de</strong>n als<br />

f o lgen sein e Kriegsdienstes trug er mit bewun<strong>de</strong>rnswerter Tapferkeit.<br />

Der Verei n für Ge 'chichte und aturge chichte <strong>de</strong>r Baar ve rdankt <strong>de</strong>m Verstorbenen<br />

eine rq';l" Mitarbeit und vie le w ichtige Veröffentlichungen.<br />

Ka rl K was nitschka


IJ<br />

Die Dresdner Hei<strong>de</strong>. Diss. 1937.<br />

Veröffentlichungen von Dr. hitz Reinhold<br />

Versuch einer Einteilung und Obersicht <strong>de</strong>r narü rlichen Fichtenwäl<strong>de</strong>r (Piceion exelsae) Sachsens, Tharandter<br />

Fo rstI . Jahrb. 90, 1939, S. 229-271.<br />

Die ßestockung <strong>de</strong>r kursächsischen Wäl<strong>de</strong>r im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt, Dres<strong>de</strong>n 1942, 140 S.<br />

D as Waldbil d Frankreichs. Z . Wcltforstwirtsch. 8, 1942 .<br />

Das Waldbild Ru ssland s. Z. Weltfo rstwirtSch. 9, 1942/ 43 , S. 56 1-646.<br />

Ergebnisse vegetationskund licher Untersuchungen im Erzgebirge, <strong>de</strong>n angrenzen<strong>de</strong>n Gebirgen und im nordsächsischen<br />

H ei<strong>de</strong>gebiet. Forstwiss. Centralbl. u. Tharandter Forstl. Jb. 95, 1944 .<br />

KRENN, K. und F. RE IN HOLD:<br />

Durchforstungskriterien <strong>de</strong>r wichtigsten Holz.rten . Schriftenreihe d. Bad . Fo rst!. Versuchsanstalt, 5, Freiburg<br />

194 7, 25 S.<br />

Zusammensetzung und Aufbau eines natürl ichen Eichen-Buchenwal<strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>r Baar.<br />

Forstwiss. CentraJbl. 1949. S. 691 -698.<br />

Standort und Ertragsleistung.<br />

Allgem. Fo r tzeitschrift, 511950, S. 433 -435.<br />

Basaltmehl als forstliches Düngemittel. Don.ueschin gen 1952, 46 S.<br />

R BNER, K. unter Mitwirkung von F. REI HOLD:<br />

Die pflanzengeographischen Grundlagen <strong>de</strong>s Waldbaues. 4. Aufl. Ra<strong>de</strong>beul und Berlin 1953 . Seite 165, 178,<br />

179, 227, 281, 306, 456, 544.<br />

RUß ER, K. und F. REIN HOLD:<br />

Das natürliche Waldbild Europas . Is Grundlage für einen europäischen Waldbau . 1953 . Hamburg und<br />

Berlin, 288 S.<br />

Das natürliche Waldbild <strong>de</strong>r Baar und <strong>de</strong>r angrenzen<strong>de</strong>n Landschaften.<br />

Schriften <strong>de</strong>s Verein für Geschichte und aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar, Don. uesch in gen. Heft 2411956, 5. 224-268.<br />

Quellen zur Geschichte <strong>de</strong>r Waldnutzung im Fü rstentum Fürstenberg.<br />

Schriften <strong>de</strong>s Vereins für Gesch ichte und aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar. Heft 2811970, S. 279-308.


14<br />

Die Riedbaar<br />

Laubgehö lzc<br />

~ (Eichen, Bu chen, Eschen)<br />

Naddfo rsten<br />

1.0..0..0.\ (Fichte, Ki efer)<br />

~<br />

[53<br />

Auengebüsch<br />

(Weid en, Erlen, Pappel n)<br />

H albtro ~ kenr a en<br />

mit Weißdorn, Schlehen<br />

G I:ltlhaf erwicsen- -ßirkenmoor<br />

0 ... Acker-Komplex und Wei<strong>de</strong>n bruch<br />

Kohldistel - Pfe ifcn-<br />

Röh richte und<br />

[ll] ~rl ~ \Vicsrn - Komplex<br />

Großseggen rie<strong>de</strong>r<br />

SM<br />

Klei nseggen rie<strong>de</strong>r<br />

~ ( "" flachmoore) ~ .Stillgewässcr<br />

mmI<br />

bergangsmoon:<br />

7. T. abgerorft<br />

D<br />

gestö n e und besie<strong>de</strong>lte<br />

Flächen<br />

Faule Wiesen - Augrund<br />

Hüfingen - Donaueschinger Ried<br />

a) Espenspitze - Großes Ried<br />

b) Riedseen - Wuhrhä lzcr<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Hinterricd - Millclmeß<br />

Birken/ Unterhö lzer<br />

Uppen - Donauschlingen<br />

Abb. I : Die rea le Vegetation <strong>de</strong>r Ricdbaar un d d ie wichti gstcn Feuchtgebiete.<br />

Aus technischen G rün<strong>de</strong>n mÜS'lcn die Farbabbildungen in <strong>de</strong>r gezeigten Reihenfolge. abweichend von <strong>de</strong>r<br />

nannalen aufste igen<strong>de</strong>n umerie run g. gebracht wcrdl'll; wir bitten um Verständnis.


Die Riedbaar -<br />

ihre Biotope und ihr Bestand bedrohter Vögel<br />

15<br />

von Felix Zinke und Günther Reichelt<br />

mit 36 Abbildungen<br />

Fotonachweis: Abb. 2- 16: G. REIC H ELT, Abb. 34: A. SE ITZ, alle üb rigen: R. KALB .<br />

I . Einleitung<br />

Die Riedbaar zwischen Donaueschingen und <strong>de</strong>m Geisinger Trichter ist <strong>de</strong>r letzte<br />

zusammenhängend verbliebene Rest einer ökologisch noch einigermaßen intakten Landschaft<br />

zwischen <strong>de</strong>m Schwarzwaldrand und <strong>de</strong>m Albtrauf von nationaler Be<strong>de</strong>utung.<br />

Diesen Rang erhält sie nicht nur wegen ihres unverwechselbaren Landschaftscharakters,<br />

son<strong>de</strong>rn vor allem als ökologische Ausgleichs- und Regenerationsfläche, in welcher zahlreiche<br />

sonst seltene o<strong>de</strong>r sogar weltweit vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzen arten<br />

eines ihrer letzten Refugien gefun<strong>de</strong>n haben.<br />

Auf die absolute Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit di eser Landschaft ist nicht<br />

nur von Seiten <strong>de</strong>r Naturschützer, son<strong>de</strong>rn auch von Planungsgremien <strong>de</strong>r Region<br />

Schwarzwald-Baar-H euberg immer wie<strong>de</strong>r hingewiesen wor<strong>de</strong>n. Trotz<strong>de</strong>m ist das Gebiet<br />

weiterhin und sogar verstärkt bedroht durch Maßnahmen <strong>de</strong>s Straßenbaus, <strong>de</strong>r Flurbereinigung,<br />

<strong>de</strong>r Siedlungserweiterung, <strong>de</strong>r fals ch verstan<strong>de</strong>nen Aufforstung und durch zunehmen<strong>de</strong><br />

Verdrahtung <strong>de</strong>r Landschaft.<br />

Zuletzt hat die ARBEITSGEMEINSCHAFT UMWELTSCHUTZ SCHWARZ­<br />

WALD-<strong>BAAR</strong>-H EUBERG (1976) in einer Dokumentation auf die Be<strong>de</strong>utung und Bedrohung<br />

<strong>de</strong>r Riedbaar hingewiesen. Hier soll nun eine breitere öffentlichkeit darüber<br />

unterrichtet wer<strong>de</strong>n, welche Vogelarten und welche ihrer Lebensstätten ganz konkret betroffen<br />

si nd. Bezügli ch <strong>de</strong>r bedrohten Vogelarten legen wir die " Rote Liste" <strong>de</strong>s Europa­<br />

Rates (s. DEUTSCHER BUND FüR VOGELSCHUTZ, 1973) zugrun<strong>de</strong>. Wir stützen<br />

uns auf die systematischen Beobachtungen <strong>de</strong>r Brutvorkommen, <strong>de</strong>r Zug- und Rastfrequenzen<br />

sowie <strong>de</strong>s ü berwinterungstrends <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Voge/arten in <strong>de</strong>r Riedbaar<br />

während <strong>de</strong>r letzten 6 Jahre (FELIX ZI KE), sowie auf die pflanzensoziologische Kartierung<br />

<strong>de</strong>s Gebietes im Maßstab 1 : 25000, welche bis 1975 ergänzt wur<strong>de</strong> und in vereinfachter<br />

Form vorgelegt wird (GONTH ER REICHELT).<br />

Die Verfasser hegen die H offnun g, daß ihr Beitrag geeignet ist, die Riedbaar als un ­<br />

ersetzliches Natur- und Kultur<strong>de</strong>nkmal <strong>de</strong>utlich zu machen und die Schaffung eines weiträumigen<br />

Schutzgebietes zwischen Pfohren und G~tmadin ge n längs <strong>de</strong>r Donau einerseits<br />

und <strong>de</strong>m berei ts bestehen<strong>de</strong>n Naturschutzgebiet Birken-Unterhölzer sowie <strong>de</strong>m Gebiet<br />

Hinterried-Mittelmeß-Oesterwiesen an<strong>de</strong>rerseits durch weitere Argumente zu beschleunigen.<br />

1. Allgemeine Vo rbemerkungen<br />

11. Die Vegetationskomplexe als Biotope<br />

Die Aufnahme <strong>de</strong>r Biotope erfolgte auf pflan zensoziologischer G rundlage. Kartiert<br />

wur<strong>de</strong>n die Pflanzengesellschaften im Range von Assoziationen, teilweise auch von Subassoziati<br />

o nen. Dennoch erscheint es un zweckmäßig, diese Kartierung für die hier vordringliche<br />

Problematik unverän<strong>de</strong>rt zu übernehmen. Daher wur<strong>de</strong>n die Pflanzengesell ­<br />

schaften zu solchen Komplexen zusammengefaßt, die als Systeme weitgehend ähnlichen<br />

öko logischen Gefüges für die Vogelarten unmittelbare Be<strong>de</strong>utung haben. Auf diesen überlegungen<br />

beruht die Darstellung <strong>de</strong>r Abb. 1. Die Signaturen wur<strong>de</strong>n dabei so gewählt, daß


16 I·cli, Zinke / Günther Reidlclt<br />

die trockenen und fri schen Stando rte <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Äcker mit Punktsignaturen<br />

erscheinen, während die für unsere Problematik besond ers wichtigen Feuchtgebiete mit<br />

Strichsignaturen dargestellt wer<strong>de</strong>n, wobei die Dichte <strong>de</strong>r Striche weitgehend <strong>de</strong>m Bod enwasserdargebo<br />

t entspricht. Allerd in gs wi rd d ieses Prinzip bei <strong>de</strong>n o ffenen Gewässern aus<br />

techn is.:hen Grün<strong>de</strong>n ve rlassen .<br />

Die Betrachtung <strong>de</strong>r Abb. 1 läßt erkennen, welchen großen Umfang d ie Feuch tflächen<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Ri edbaar ei nnehmen. D arin beruht das öko logische Kapital d ieser Landschaft.<br />

:tch <strong>de</strong>m Inventar ihrer Vegetati o nskomplexe und übrigen Landschaftselemente<br />

eq.;eben s ich di e fo lgen<strong>de</strong>n T eill andschaften :<br />

I. Faule Wiesen - Augrund (no rdöstlich Do naueschingen)<br />

2. Hüfingen - Do naueschi nger Ried (östlich-s üdöstlich Do naueschingen)<br />

a) E penspitze - Großes Ried<br />

b) Riedseen - Wuhrhö lzer<br />

3. Hinterried - Mittelmcß (no rdöstlich Pfohren)<br />

4. Birken - Unterhö lzer (östlich Pfohren)<br />

5. Uppen - Donauschlingen (zwi schen Pfohren und N eudingen)<br />

Ihnen gemein sam ist, daß sie fast ausschließlich gebo rene Feuchtflächen sind mit<br />

grundwasserbeeinfluß ten Bö<strong>de</strong>n und daß Wäl<strong>de</strong>r im Landschaftsbild völli g zurücktreten,<br />

jedoch räumlich und funktio nell ko rrespo ndieren. Innerh alb di eses Rahmens variieren aber<br />

di e Bi o tope nach Art und U mfang beträchtlich, so daß die T eillandschaften vo n durchaus<br />

unterschiedlicher Be<strong>de</strong>utung für di e Vogelarten si nd.<br />

Eine kurze Vorstellung d er Biotope und ihrer Besatzung mag das ver<strong>de</strong>utlichen.<br />

1 D ie Biotopc<br />

,1) Fl id~gcw:i . ser mi t ferbc\\·uchs<br />

D ie: Do n,lu ~c lb ~t 'llwic: d ie: ,ahlrcichcn G räben <strong>de</strong>r Ricdbaa r zeichnen sich aus d u rch<br />

'·l'r\chi l,d ellc ~ u b !ll cr s e l) fLIIl /.cngöcll sc l1.l ftc n einc rsei ts und Rö hrichtgescll schaftcn längs<br />

.In U fe r ,lndcrl'r ~ei t,.<br />

In <strong>de</strong>r Do nau wechseln vegetatio nsarme Stellen-.IJlit solchen, die üppige U n t e r ­<br />

W:1 sse rrase n o<strong>de</strong>r S c hwimmbl a ttd ec k e n tragen (Abb. 2). DieFlut-Hahnenfuß- Rasen<br />

(Ranu/leulus fluiltlns) bevorzuge n strö mungs intensi ve Flußstrec ken. Langsamer fli eßen<strong>de</strong><br />

Abschnitte sind vo n Laichkrautgesellschaften besied elt; darin ko mmen POlamogeton pecti­<br />

/latus, P. perfoliatus und P. crispus häufi g vo r. Sie zeigen sowo hl Schlamm bö<strong>de</strong>n als auch<br />

- im Zusammenhang damit - starke Eutro phierung an. Im G egensatz dazu wac hsen in<br />

<strong>de</strong>n schnell fließen<strong>de</strong>n Bächen im Bereich <strong>de</strong>r kalkreichen Kar tquellen nahe <strong>de</strong>r Gutterquelle<br />

das Dichte L:tichkraU[ (P. <strong>de</strong>nsus) und das stattliche Quellgras (Calabrosa aquatiea).<br />

üppig sind di e uferbegl eiten<strong>de</strong>n PFlan zen gese ll schaften ausgebil<strong>de</strong>t. D er Schwa<strong>de</strong>n<br />

(Glyeeria maxima und G . fluitans) wächst noch im Gewässer selbst. Ein mehr o<strong>de</strong>r<br />

weniger dichter G ürtel von Sc hilfrö hri c ht o<strong>de</strong>r Rohrglanzgras (Phalaris arundinaeea)<br />

säumt vo r allem die Donau auf lan ge Strecken. Beso n<strong>de</strong>rs ausgeprägt und ausge<strong>de</strong>hnt sind<br />

,lber die Gro ßse ggenrö hri c ht e . Wasser-Ampfer (Rumex aquatieus), Teich-Ampfe r<br />

(R. hy drolapathum), Gelbe Sch, ertlilie (Iris pseudacorus), Kalmus (Acorus calamus), Blutwei<strong>de</strong>rich<br />

(LYlhrum saliea ria) und die G roßseggen Ca rex gracilis. C. acutifo rmis, C. elata<br />

und C. eaeSpilOStl bil<strong>de</strong>n zuweilen schulterhohe Rö hrichte an <strong>de</strong>n seichten Uferpartien<br />

od er in <strong>de</strong>n flurmul<strong>de</strong>n, wo sie auch beson<strong>de</strong>rs umfangreich wer<strong>de</strong>n .<br />

Die natürlichen Uferdämllle tragen H oc h s taud e n sä um e , in <strong>de</strong>nen das Mäh<strong>de</strong>süß<br />

(Filipendula ulmaria) vorherrscht, aber auch <strong>de</strong>r ulllpf-Srorchschnabel (Geranium<br />

palustre), <strong>de</strong>r Blaue SWnllhut (Aconilum napellum), Wald -Engelwurz (Angeliea silvestris)<br />

und <strong>de</strong>r Große Baldrian (Valerianu officinalis) wachsen. Hier fin<strong>de</strong>n sich auch die Res[e<br />

- od er Vo rposten - d.: W eichho lz- Auenwal<strong>de</strong> mit Weid en büschen o<strong>de</strong>r -Bäumen


Die Ricdbaar 17<br />

<strong>de</strong>r Silberwei<strong>de</strong> (5alix alba), Bruchwei<strong>de</strong> (5. fragilis), Purpurwei<strong>de</strong> (5. purpurea), Korbwei<strong>de</strong><br />

(5. v iminalis) und ihrer Bastar<strong>de</strong>.<br />

Dieser Biotop beherbergt Rohrsänger in beachtlicher Siedlungsdichte. Zwergtauener,<br />

Krickente, Knäkente, Reiherente und Wasserralle unternahmen und unternehmen dort<br />

z. T. erfolgreiche Brutversuche. Wi e<strong>de</strong>rho lt wu r<strong>de</strong>n übersommerungen o<strong>de</strong>r sogar Ansiedlungsversuche<br />

d er Beutelmeise beobachtet. Bemerkenswert sind auch die zahlreichen<br />

und artenreichen Sumpf- und Wasservogelansammlungen während <strong>de</strong>r Zugzeiten im<br />

H erbst und Früh ja h r.<br />

Die geschil<strong>de</strong>rten Biotope sind in <strong>de</strong>r Teillandschaft "Uppen-Donauschlingen" zwischen<br />

pfohren und Gutmadingen beson<strong>de</strong>rs markant.<br />

b) Stau nasse his wechselfeuchte Wei<strong>de</strong>wiesen und Quellsümpfe<br />

In <strong>de</strong>n Teilbecken <strong>de</strong>r Riedbaar "Faul e Wiesen-Aubach" und " Riedseen" sowie in <strong>de</strong>n<br />

Gewannen " Brühl" und "Großbündt"


Abb. 2: Donau bei euding,·n. Fluthahncnfuß-Gesellschaft und Schwa<strong>de</strong>n-Röhricht. Das Ufer wird von Wei<strong>de</strong>n­<br />

Auengebüsch gesäumt, am linken Ufer ist ein Hochstau<strong>de</strong>n-Saum entwickelt.<br />

Abb. 3: .1'hvil.·~~n und Röhridltt ,udlid, dn FluhpldllC" in <strong>de</strong>n (;~\\'.lnnen .,Fauk· \X'iöcn" unu "t\ubac.:h" .<br />

Hinu:n di ...· KI.'upl'rhi.i~~1 nördlidl pfohrcil.


Abb. 4: preiren~ras- \'.;·ic,~ mit drill Farn atlan7un~c. Redlls da'·on ßach-Ndkwurl.<br />

Abb. S:<br />

Davallseggen-Sumpf mit ßreitblättrigem Wollgras. ßreitblättrigem Knabenkraut und Kuckucks-Lichtnelke.


20 Fdix Zinke I Günther Rei chelr<br />

Bahnlinie um die Gunerquelle sind stark z urückgegangen durch unifonnieren<strong>de</strong> Landwirtschaft<br />

(Abb. 5). Frühlings- Enzian (Centiana verna) , Breitblättriges und Geflecktes Knabenkraut<br />

(Daaylorhiza majalis, D . maculata) erinnern an die früher hier vorhan<strong>de</strong>ne Fülle<br />

interessJnter Arten , zu <strong>de</strong>r außerhJlb <strong>de</strong>s Gebietes, aber noch in <strong>de</strong>r R iedbaar, die Mehlprimel<br />

und das Fleischrote Knabenkraut treten. Erwähnt sei nochmals das nicht eben häufige<br />

Quellgras (Catabrasa aquatica) in <strong>de</strong>n Gräben (KRAUSE, 1974) ..<br />

Der hi er dargestellte Lebensraum bietet bevorzugte Refugien für Graureiher und<br />

Weißstorch. Darüber hinaus brüten dort Kiebitz und Großer Brachvogel. Viele Kl einvogelarten<br />

wie Schafstelze, Wiesen pieper, Baumpieper, Feldschwirl, Braunkehlchen, Grauammer<br />

und Rohrammer sind ebenfalls anzutreffen.<br />

c) ie<strong>de</strong>r- und übergangsmoore verschie<strong>de</strong>ner Stadien<br />

Die ehemals weitläufigen übergangsmoore im Gebiet " Birken- nterhölzer" und<br />

"Hinterried-Mittelmeß" (3 und 4 in Abb. I) ind leid er durch Torfstich in ihrer Ursprünglichkeit<br />

zerstört wor<strong>de</strong>n (Abb. 6). übrig blieben aber genügend interessante Flächen mit<br />

RegenerJti onsstadien in <strong>de</strong>n Stichen selb t und Degradationsstadien in <strong>de</strong>r Umgebung <strong>de</strong>r<br />

trockengefallenen Stichrän<strong>de</strong>r. So ist z. B. im Mittelmeß ein Areal von über 1,5 qkm auf<br />

das Sukzessionsstadium <strong>de</strong>r Fbchmoore o<strong>de</strong>r sogar d er Großseggenröhrichte zurückgefallen<br />

(Abb. 7). An<strong>de</strong>rer eit wur<strong>de</strong> das ur ·prünglich waldfreie Sphagnum-Moor am Unterhölzer<br />

vorzeitig durch Entwässerung in die Verwaldungsstufe versetzt, ohne das Stadium<br />

echter H ochmoorbildung ganz erreicht z u haben.<br />

Aus <strong>de</strong>m verwirren<strong>de</strong>n 10saik <strong>de</strong>r hi er auf kleinstem RJume wechseln<strong>de</strong>n Pflanzen­<br />

~esellschaften soll en einige lypische, funk tionell einheitliche Biotope herausgegriffen und<br />

kurz charakterisiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Verwaldungskomplex (vg l. Abb. I, Abb. 8) besteht im Kern aus Moorbirken<br />

und Waldkicfern. Dazwischen liegen auch größere Flächen von Torfmoosen, die tei lweise<br />

weiter wachsen. Die Sch lenken we rd en von Sphagnum cuspidatum, die Bulten meist von Sph.<br />

rubeflum gebil<strong>de</strong>t. Let7.tere sind oft von Moosbeeren (Oxyeoeeus paluslris) überwoben<br />

(Abb. 9). Randlieh gruppieren sich die meist halbkuge ligen Büsche von Ohrchenwei<strong>de</strong>,<br />

Grauwei<strong>de</strong>, Lorbeerwei<strong>de</strong> und Fa ulbaum (Rhamnus frangula).<br />

In diesem Biotop (vgl. Abb. 10, 11 ) sind Hei<strong>de</strong>lerche, Baumpieper, euntöter und<br />

Fitislaubsänger bezei chnen<strong>de</strong> Formen.<br />

Westlich und o r allem nordwestlich schließen sich mehr o<strong>de</strong>r weniger verhei<strong>de</strong>te<br />

Degradationsstadien <strong>de</strong>r ehemaligen Moore an, die jedoch immer wie<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n ständig<br />

nassen Torflöchern unterbrochen wer<strong>de</strong>n. Physiognomi ch herrschen Pfeifengras<br />

(Molinia coerulea) und Rasenschmiele (Desehampsia caespitosa) vor. Dazwischen wachsen<br />

,tber Juch die niedrigen, vom Rehwild verbissenen Büsche <strong>de</strong>r hoch seltenen Strauchbirke<br />

(Bctula humilis), ein echtes G lazialre li kt auf <strong>de</strong>r Baar (KRAUSE, 1970). Während in Torflöchern<br />

und Gräben R ö hricht~ aus Rohr-Glanzgras (Phala ris arundinaeea), Wasser­<br />

Ampfer (Rumex aquatieus) , Gilbwei<strong>de</strong>rich (Lysimachia v ulgaris) und Schnabel-Segge<br />

(Ca/·ex raslrata) sie<strong>de</strong>ln, haben s i~h an an<strong>de</strong>ren gestö rten Stellen H ochstau<strong>de</strong>nflächen mit<br />

Mähdt'süß und Wald- Engelwurz eingestellt. Dazwischen ·treben lockere Gebüsche von<br />

Ohrchen- und Grauwei<strong>de</strong> auf (Abb. 1 I). Demgegenüber sind die tro c kengefallenen<br />

F I äc h e n oberhalb <strong>de</strong>r Stichkanten zwar auch von Pfeifengras beherrscht, doch breiten<br />

sich ;.1lIf <strong>de</strong>n ze itw~i se pulvertrockenen Torfen Trockenzeiger wie <strong>de</strong>r Thymian (Thymus<br />

pulegioi<strong>de</strong>s) - bevo rzugt auf Ameisenhaufen -, <strong>de</strong>r Torf-Schwingel (Festuca ovina lurfosa<br />

) und das Mausöhrchen (Hicracium pilose/la) aus. An<strong>de</strong>rerseits blüht hier <strong>de</strong>r Frühlin<br />

gs- Enzian (Centiana vema), und Mäh<strong>de</strong>süß, Schlangen- Knöterich, Bach-Nelkwurz sowie<br />

Wald- Engelwurz bezeugen Untergrundfeuchtigkeit.<br />

In diesem kleinmorpho logisch recht differenz ierten G elän<strong>de</strong> si nd Wiesenpieper,


Die Ricdbaar 2 1<br />

Baumpieper, Feldschwi rl , Sumpfrohrsänge r, Dorn grasm ücke, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen,<br />

Grauammer und Rohrammer C haraktervögel teilweise seltener Verbreitung.<br />

Rebhuhn, Wachtel, Wachtelkönig und die Bekassine fi n<strong>de</strong>n hier großflächige Reviere. Vor<br />

allem haben auch die in beac htlichen Zahlen durchziehen<strong>de</strong>n und überwintern<strong>de</strong>n, teilweise<br />

sogar übersommern<strong>de</strong>n Sumpfohreul en und Ko rn weihen dort ih re traditionellen<br />

Sch lafplätze.<br />

Beson<strong>de</strong>rs im "Mittelmeß" nehmen di e R öh r ich t e größeres Au maß an. Breitblättriger<br />

Rohrko lben und Froschlöffel (A lisma plantago) bil<strong>de</strong>n bezeichnen<strong>de</strong> G ruppen. Das Schnabelseggen-<br />

Ried mit Carex rostrata enthält H er<strong>de</strong>n von Sumpf- und Sch lank-Segge (C acutifonnis<br />

und C gracilis), Blutwei<strong>de</strong>rich und Mäh<strong>de</strong>süß. Beson<strong>de</strong>rs im H erbst fa ll en die<br />

hohen braunen Stau<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Wasser-Ampfers auf (Abb. 7).<br />

Am Ran<strong>de</strong>, jedoch auch zwischen di esen hochständigen Röhrichten <strong>de</strong>hnen sich auch<br />

Kl e in seggenri e <strong>de</strong>r aus.<br />

Hier liegen nun die regelmäßigen Brutplätze von Stockente, Krickente, Wasserralle,<br />

Kiebitz und Bekassine. Gelegentlich sie<strong>de</strong>ln auch Brachvogel und Knäkente hier. Zur<br />

N ahrungssuche verweilen dort Weißstorch, Rohrweihe und Ko rn weihe. Dazu kommen so<br />

typische Kleinvögel wie Wiesenpieper, Feldschwirl, Rohrammer und manchmal die Schafstelze<br />

.<br />

d) Die künstlichen Weiher und Seen<br />

Von <strong>de</strong>n mittelalterlich aufgesta uten Fischweihern ist in <strong>de</strong>r Riedbaar nur noch <strong>de</strong>r<br />

U nterhölzer Weiher erhalten (Abb. 12). Dieses mesotrophe bis eu trope Gewässer ist vor<br />

allem im Westen und Nor<strong>de</strong>n von mo<strong>de</strong>llhaft schö nen Verlandungsgürteln gesäumt, an<br />

welche sich im Südwesten und Sü<strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>ngebüsche und Eichengehölz anschließen. Es<br />

ist sowohl ein breitflächiges Schilfröhricht entwickelt, als auch, vor allem im N o rdwesten,<br />

ein ausge<strong>de</strong>hntes Großseggenröhricht mit Sumpf- und Steifsegge (Carex acutiformis und<br />

C. elata), Igelkolben (5parganium erectum) und Schmal blättrigem Rohrkolben (Typha<br />

angustifolia). Das anschließen<strong>de</strong> Wei<strong>de</strong>ngebüsch enthält Bruch-, Lorbeer- und Purpur­<br />

Wei<strong>de</strong>n .<br />

Hier haben sich bislang noch ziemli ch stö rungsfreie optim ale Rast- und Nistplätze<br />

für Rallen und Schwimmvögel ergeben. Erfolgreiche Brurversuche haben dort Haubentaucher,<br />

Zwergtaucher, Zwergro hrdommel, Schnatterente, Krickente, Knäkente, Reiherente,<br />

Wasserralle und Tüpfelsumpfhuhn unternommen. übersommerungen von Rothai -<br />

taucher, Rohrweih e und Beutelmeise wur<strong>de</strong>n beobachtet. Au f die individuenreichen Teichrohrsänger-<br />

und Ro hrammerbes tän<strong>de</strong> sei hingewiesen .<br />

An zahlreichen Stellen sind im Bereich <strong>de</strong>r Kiesschüttungen von Brigach und Breg<br />

Baggerseen entstan<strong>de</strong>n (Abb.I3). Scho n wird vo n ein er " Seenplatte" gesprochen . Soweit<br />

sie still gelegt sind , haben sich ei nerseits vielfach gesch lossene Röhrich te mit Breitblättrigem<br />

Ro hrkolben entwickelt; an<strong>de</strong>rerseits bestehen auch flache Kies-Sandufer, die nur von kurzlebigen<br />

Zwergbinsen-Gesellschaften (Nanocyperion) bes ie<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Auch an <strong>de</strong>n noch in<br />

Erweiterung begriffenen Seen stellen sich zunehmend Verlandungs röhrichte ein , <strong>de</strong>nen aber<br />

auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Abräumungszone breite Kiesflächen gegenüberl iegen.<br />

Hier sind wertvolle Wasservogel rastplätze für Tauchenten, Säger und Möwenanen<br />

entstan<strong>de</strong>n. Ansiedlungsten<strong>de</strong>nzen wurd: n bei Zwergtaucher, Kn äkente, Reiherente und<br />

WJsserralle, vor allem am unteren (Pfohren) und oberen Ri edsee (Hüfingen) beobachtet.<br />

A usreichen<strong>de</strong> istmöglichkeiten fin<strong>de</strong>n do n Flußregenpfeifer, Flu ßuferläufer und - ve r­<br />

mutlich - Brachpieper.<br />

Auf di e seltene Gelegenheit, die Sukzession auch <strong>de</strong>r Wasserpflanze n verfolgen zu<br />

kö nnen , soll nur hingewiesen wer<strong>de</strong>n.


Abb. 6: Torf"ich im :-"Iiuelml'i, um 1%0.<br />

Abb. 7: Die ab~"wrften IlJd,,'n IIn Mitlcl111d\ h.tben ,ich IU all,~cdchnten Grollsc);gcn Ri;hriehlen entwickelt.


Abb. 8: Blick über das Schnabelseggen- Röhricht uer abgetorften Flächen <strong>de</strong>s Unterhölzer Birkenmoores zum Verwaldungskomplex.<br />

Dahinter <strong>de</strong>r Unterhölzer Wald mit adclforsten und Eichen- Buchenbestän<strong>de</strong>n.<br />

Abb. 9: Die Bulten aus Rötlichem Bleichmoos und Aufrechtem fraucnhaarmoos weruen \"On Moosbeeren<br />

überwoben.


24 Fdix Zinke I Günther Rcichclt<br />

e) Halbtrockenrasen und Gebüsche <strong>de</strong>r Keuperhügel<br />

Oberhalb und unterhalb pfohren sind süd- und südwestexponierte Hänge entlang<br />

<strong>de</strong>r Keuperstufe vorhan<strong>de</strong>n, die trockene Fettwiesen (A rrhenatheretum brometosum) o<strong>de</strong>r<br />

auch Halbtrockenrasen (Mesobrometum) tragen. Sie sind mit lockerem Gebüsch aus Weißdorn<br />

und Schlehe bestan<strong>de</strong>n. Lei<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n neuerdings Na<strong>de</strong>lmonokulturen angelegt, womit<br />

wichtige Biotope nachteilig verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n .<br />

Hier treten Hei<strong>de</strong>lerche, Baumpieper, Neuntöter, Domgrasmücke, Braunkehlchen,<br />

Schwarzkehlchen und Grauammer auf. Außer<strong>de</strong>m sind dort in <strong>de</strong>r Umgebung brüten<strong>de</strong><br />

Greifvogelarten aktiv. Diese thermikför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Gelän<strong>de</strong>schwellen ziehen Bussard- und<br />

Milanpaare, manchmal sogar rasten<strong>de</strong> Adler an.<br />

f) Komplex frischer bis trockener Wiesen und Äcker<br />

In <strong>de</strong>n letzten Jahren sind in <strong>de</strong>r Riedbaar zunehmend geborene Wiesenbö<strong>de</strong>n unter<br />

<strong>de</strong>n Pflug genommen wor<strong>de</strong>n . Wir lassen hier unerörtert, ob dieses vom bo<strong>de</strong>nkundlichen<br />

wie vom kleinklimatischen Aspekt aus beurteilt, auf Dauer sinnvoll ist. Wir registrieren,<br />

daß die intensiver bewirtschafteten Flächen <strong>de</strong>s genannten Komplexes nur <strong>de</strong>n anpassungsfähigeren<br />

Kulturfolgern unter <strong>de</strong>n Vögeln Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Immerhin liegen<br />

hier die Jagd reviere von Bussard , Milanen, Weihen, Falken und gelegentlich sogar<br />

Adlern, die auch Lauerpositionen in Form von Scheunengiebeln, Büschen und Baumgruppen<br />

fin<strong>de</strong>n. Ferner li egen in diesem Bereich die Paarungs- und Fortpflanzungsareale von<br />

Rebhuhn, Wachtel, Kiebitz und Feldlerche. Schließlich sind dort Brutstätten von<br />

Turmfalke und Schleiereule in <strong>de</strong>n Feldscheunen zu uchen.<br />

Ill. Die konkreten Bedrohungen<br />

I . Verkehrsentwicklung<br />

Die beschriebenen Biotope erfahren durch <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Umgehungsstraße (B 27) im<br />

Westteil <strong>de</strong>s Gebietes bereits erhebliche Beeinträchtigungen und Zerstörungen. Vor allem<br />

Abb. 14 :<br />

Wertvolle Röhridllbc\tänd" ",enkn 7u~eschüttet.


Die Riedbaar 25<br />

ist ein T eil <strong>de</strong>r owohl wissenschaftli ch als auch als Refugium gleicherm aßen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

aßflächen im Bereich <strong>de</strong>r Kalk-Aufstoßquellen als ve rlo ren z u betrachten (Abb. 14).<br />

W eit größere - und nicht mehr hinzunehmen<strong>de</strong> - Schä<strong>de</strong>n wird di e geplante eutrassierung<br />

<strong>de</strong>r B 31 Hüfingen - Teilhof anrichten.<br />

Einmal be<strong>de</strong>utet bereits die weitere Zerschn eidung <strong>de</strong>s Rieds eine Verkleinerung <strong>de</strong>r<br />

zusammenhängen<strong>de</strong>n Regeneratio nsflächen bis zum wahrscheinlichen Verlust ihrer Funktio<br />

nsfähigkeit. Sodann wer<strong>de</strong>n ni cht nur durch di e Straße selbst, son<strong>de</strong>rn vor allem durch<br />

<strong>de</strong>n beim Bau erfor<strong>de</strong>rlichen Maschineneinsatz unkontro ll ierbare und im Ausmaß nicht<br />

vorhersehbare Zerstörungen <strong>de</strong>s Bewuchses auf <strong>de</strong>n seitlichen Flächen verursacht<br />

( KRAUSE, 1974).<br />

E ntschei<strong>de</strong>nd ist aber, daß <strong>de</strong>r seit Jahrhun<strong>de</strong>rten traditio nelle Schlafplatz <strong>de</strong>r Saatgänse<br />

z wischen pfo hren und eudingen vom völligen Verlust bedroht ist. Nicht nur, daß<br />

d ie gepllnte D o naubrücke <strong>de</strong>n bisher ungestö rten Schlafplatz gefährlich einengt; son<strong>de</strong>rn<br />

es sind vor allem von <strong>de</strong>n Stö rungen während <strong>de</strong>s Baues <strong>de</strong>r Brücke lei<strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Abwan<strong>de</strong>rungen z u erwarten .<br />

2. Verdrahtung <strong>de</strong>r Landschaft<br />

B ~s h e r war die Riedbaa r bis auf eine H ochspannungs leitung von Verdrahtung frei.<br />

Jetzt ist eine "Energiestraße" aus zwei parallelen, bis zu 64 m hohen G ittermastreihen<br />

über die Immenhöfe, durch das Mittelmeßmoor, östlich an pfohren vo rbei und durch die<br />

Riedbaar nach Sumpfohren bzw. zur Länge im Bau. Abgesehen von <strong>de</strong>r optischen Zerstörung<br />

<strong>de</strong>r Landschaft, die in einem G utachten von Prof. ROSSOW (1975) hervorgehoben<br />

wird, ist lei<strong>de</strong>r auch mit einer höheren Sterberate bei <strong>de</strong>n e in s trc~ i c h e n <strong>de</strong> n Wasservögeln z u<br />

rechnen . Das wirkt sich vor all em bei ebel, Schneetreiben und starker Luft bewegu ng aus.<br />

D er Bau eines im Zuge <strong>de</strong>r Ba hnstromleitung Vill ingen-Ko nstanz vo r ~ c sc h e ne n Um pan n­<br />

werkes an <strong>de</strong>r D o nau bei pfohren wird die Saatgänse wahrscheinlich nachhaltig beeinträchtigen<br />

.<br />

3. Entwässerungen und Begrad igungen<br />

[m Zuge von Flurbereinigungen, aber auch beim Straßenbau und bei <strong>de</strong>r Anlage <strong>de</strong>s<br />

Golfplatzes wur<strong>de</strong>n und wer<strong>de</strong>n Feuchtflächen <strong>de</strong>r Ri edbaa r entwässert. Es soll hier nicht<br />

näher auf die kleinklimatisch und bo<strong>de</strong>nkundlich nachteiligen Folgen einer Entwässerung<br />

organischer aßbö<strong>de</strong>n eingegangen wer<strong>de</strong>n (vgl. hierzu SC H EFFER und SC HAC HT­<br />

SC HABEL, 1952, S. 2 14, und ELLENBERG , 1963, S. 450). Auch auf di e abnehmen<strong>de</strong><br />

Dürreres istenz und die G rundwasserabsenkung soll nur hingewiesen wer<strong>de</strong>n (vgl. HOL­<br />

Z[ GER und MIC KLEY, 1974). Wir warnen vor allem davor, daß mit z unehmen<strong>de</strong>r<br />

Entwässerung und mit zunehmen<strong>de</strong>m Ackerbau die Riedbaar ihre Funktio nsfähigkeit als<br />

ö kologische Regenerationsfläche und auch als Ausgleichsraum ve rl iert. ahezu alle <strong>de</strong>r<br />

hier erwähnten Vogelarten bed ürfen <strong>de</strong>r aßfl äc hen entwe<strong>de</strong>r als Brutplätze o<strong>de</strong>r als<br />

ahrungsgrundlage. D er Rückgang vieler Arten, insbeson<strong>de</strong>re z . B. <strong>de</strong>s Weißsto rchs, ist<br />

hauptsächlich verursacht o<strong>de</strong>r doch mitverursacht wor<strong>de</strong>n durch Entwässerungen (fHIE L­<br />

C KE, 1974, S. 30/ 3 1). Man macht sich noch immer zu weni g klar, daß mit <strong>de</strong>r Entwässerung<br />

auch ein e Verringerung <strong>de</strong>s pflanzlichen Artenbestan<strong>de</strong> no twendig verbun<strong>de</strong>n<br />

ist (RE IC H ELT, 1966, S. 68), daß damit weiter zwangs läufig di e Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Tierartenbe<br />

tan<strong>de</strong>s fo lgt und daß damit ebenso zwangsläufig die Stö ranfä lligkeit <strong>de</strong>s gesamten<br />

ö ko logischen Systems langfri sti g zunimmt; letztlich sogar zum Scha<strong>de</strong>n für die Landwirtschaft.<br />

N euerdings wer<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r zunehmend Bachbegrad igungen vorgenommeri . D ie Wirkungen<br />

auf das La ndschaftsbild zeigt Abb. 16 am Beispiel <strong>de</strong>r Musel bei m Fischerho f.<br />

Viel schlimmer aber sind die Folgen für <strong>de</strong>n Landschaftshaushalt. Daß solche Begradi -


Abb. 10 : Die vom Pfeifen!;r.s beher .. chtc Moorflächcam Untcrhöl7cr/ Birken ist von Moorbirken- Faulbaum-Gcbüsch<br />

dur~h!t~{zl.<br />

Abb. 11: In <strong>de</strong>n abgetorftcn Fbchcn <strong>de</strong>s Moores kommt Pionier-Gebüsch aus Ohrchen-Wei<strong>de</strong>n . Grau-Wei<strong>de</strong>n und<br />

Strauch-Birken auf.


Abb. 12:<br />

ntnhöl7n Weiher mit Röhricht- und LJi.:hkrJut~ürr"1.<br />

Abb. 13:<br />

Baggersee " Im Winkel" nllt schmalem Röhrichtgürrel und Weidcn-Auengebüsch (meist Si lber-Wei<strong>de</strong>n).


Abb. 15:<br />

Tn)llbluTll4..'n - B ~H: hdi'h .. ·I-\V i4.·'t.· tllll 1')60.<br />

Ahb. 16 : HeuLt.: .. ind dUfI.:h Enrw:i"\st.'rungell und<br />

Bt..·~r.1J i~ lIn~c..'n \\ l.'rt \ olk' NaHg\?'bil'tC! \t:rlor('ngegJng,,:n .<br />

;'; U Il;';l'1l d .lS ahr u n~',lngl'bot fü r Sum pf- und Wasservögel nicht gera<strong>de</strong> begünsti gen,<br />

hed:1rf keill l' r B e ~ r li nd un g. Daß <strong>de</strong>r En<strong>de</strong>rfolg für d ie Land wi rtschaft fragli ch sein kann ,<br />

l)c' k~l'n H O LZ I GER und M IC KL EY ( 1974).<br />

4 . \\feitere Gefährdungen<br />

D il' b",s()Jl <strong>de</strong>rs im R,llIme Pfohren geübte Praxis, staunas,e Bo<strong>de</strong>Olm ul<strong>de</strong>n mit Ba u­<br />

'chutt und H umus ,1lIfzufül len. vernichtet diese ökolo~isch wertvollen Fl ächen und damit<br />

dil' ll'bl'll,mi.i~lichkeil für viel e Arten, <strong>de</strong>ren Wert frt'ilich nicht nach Mark u lld Pfennig<br />

hl'rl'chnl't werdcn k:1l1ll.<br />

A u rrors lun gsmaßnahml'n im Bereich <strong>de</strong>r Keuperstufe bei pfohren mit Fichten<br />

und D o uglasien sin d unter <strong>de</strong>m h ier betrachteten Gesichtspunkt ebenso schädlich wie die<br />

im Berci ch <strong>de</strong>r Wuhrhölzcr vorgenommenen Fichtenpflanz ul1 gen auf <strong>de</strong>m Standort ein es<br />

noch vor wcnigen J ah ren intakten Birkenmoores. Die ö ko logische Verarmung reicht wesentlich<br />

ti efer als die all enfa ll s sofort sichtbare optische Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Landschaftsb<br />

il <strong>de</strong>s durch M o notOni e.<br />

Die auffall en<strong>de</strong> Z unahme <strong>de</strong>s An ge l s p o rtb e tri e b es erstreckt sich praktisch auf a ll e<br />

Gewässer. D amit ist eine erhebliche Stö rung <strong>de</strong>r Vögel ve rbun<strong>de</strong>n. Eine UnterschutzsteIlung<br />

einiger W asserfl ächen im Bereich <strong>de</strong>r Riedseen und auch entlang <strong>de</strong>r Do nau - min<strong>de</strong>stens<br />

z w ischen pfo hren und G utn1.ld ingen - erscheint uns unabdingbar.<br />

Sehr bedauerli ch ist es w ... iterhin. daß die Do nau immer wi e<strong>de</strong>r rü c k s i c ht s los au f<br />

Wasser vöge l be jagt wird. Das gleiche gilt für <strong>de</strong>n Unterhö lzer Weiher. Einmal wirkt<br />

sich bereits die Beunruhigung nachteili g auf die Vogelbestän<strong>de</strong> aus (KAISER, 1975;<br />

W ISWESS ER, 1974). Sodann haben die aufge tö rten Trupps im systematischen Beschuß<br />

keine Ausweichmögli chkei ten . Die Folge sind bezeichnen<strong>de</strong> Begrenzungen <strong>de</strong>r Bestands-


Die Riedbaar 29<br />

enrwicklung auf Grund tiefer Schockprägungen. H äufig sind Abwan<strong>de</strong>rungen ganzer Verbän<strong>de</strong><br />

während <strong>de</strong>r jag<strong>de</strong>n im Spätherbst zu registrieren. Nur bei <strong>de</strong>n anpassu ngsfähi gen<br />

Stockenten kommt das nicht so erkennbar zum Ausdruck (s. NOWAK, 1975, S. 75). Als<br />

wirklich ve ranrwo rtungslo muß hier bezeichnet wer<strong>de</strong>n, daß G roßjag<strong>de</strong>n bei Nebel<br />

abgehalten wer<strong>de</strong>n. Der Abschuß von 2 Singschwänen und das Anschweißen eines weiteren<br />

Altvogels durch fürstliche j äger am 12. I. 1974 hat zum Erlöschen dieses traditionellen<br />

überwinterungsplatzes gefü hrt, <strong>de</strong>r über jahrhun<strong>de</strong>rte bestand.<br />

G roße Sorgen macht auch die übernutzung <strong>de</strong>r Riedseen durch E rh o lun gss<br />

u ehe nd e. Es scheint, daß sich die Veranrwortlichen in Gemein<strong>de</strong>n und Kreis nicht im<br />

Klaren si nd über ihre Verpflichtung zur Ordnung in <strong>de</strong>r Landschaft. Es ist dringend notwendig,<br />

an <strong>de</strong>n Riedseen bestimmte Schutzzonen auszuweisen und zu überwachen. So<br />

richtig es ist, daß <strong>de</strong>r Mensch ein Recht auf Erholung hat, so norwendig ist es auch,<br />

Mitverantwortung für vom Aussterben bedrohte Mitkreaturen zu übernehmen, die zu<strong>de</strong>m<br />

beredte Indikatoren für die zunehmen<strong>de</strong> Bedrohun g <strong>de</strong>r Lebens~rund l age n <strong>de</strong>s Menschen<br />

durch <strong>de</strong>n Menschen selbst si nd .<br />

I V. Die Bestandsentw icklung <strong>de</strong>r bedrohten Vogelarten<br />

1. A llgemeine Vorbemerkungen<br />

Wie einleitend bemerkt, umspannen die systematischen Beobachtungen <strong>de</strong>n Zeitraum<br />

von 1970 bis 1975. Die Beschreibung soll nun in <strong>de</strong>r Weise erfolgen, daß zunächst die<br />

Status-Kurzfolmel angegeben wird. Es folgen Beobachtungen über Brutbestand und Brutverdacht,<br />

sodann die Mittelwerte <strong>de</strong>r Bestan<strong>de</strong>sgrößen wäh rend bei<strong>de</strong>r Zugzeiten, ferner<br />

Mittelwerte zur überwinterung, schließlich Angaben zur übersommerung und zur Mauser.<br />

Wo es nötig scheint, folgen zusätzliche Bemerkungen.<br />

2. Die Entwicklung <strong>de</strong>r Arten in <strong>de</strong>r Riedbaar<br />

H a u ben t a u e he r (Podiceps cristatus)<br />

Regelmäßiger Brutvogel und Durchzügler, gelegentl ich auch Wintergast. Seit 1969<br />

brütet ein Paar am Unterhölzer Weiher. Etwa 8 Exemplare im März/ April, 20 im Oktober/<br />

Dezember. überwinterung unregelmäßig, je nach Gefrörnis stehen<strong>de</strong>r Gewäs er. Mauser<br />

am unteren Riedsee (pfohren) und U nterh ölzer Weiher (1-4 Exemplare). Die Ansiedlung<br />

könnte bei Vermin<strong>de</strong>rung von Stö rungen an <strong>de</strong>r Donau oberhalb Neudingen (Schutzzone<br />

nöti g!) begünstigt wer<strong>de</strong>n.<br />

R o thal s t a u che r (Podiceps griseigena)<br />

Unregelmäßiger D urchzügler und Sommergast. 1973<br />

hölzer Weiher. Schwingenmauser in Rohrkolbenbestän<strong>de</strong>n<br />

gust-Deka<strong>de</strong>.<br />

1 adultes Exemplar am Untervon<br />

2. Juli-Deka<strong>de</strong> bis 2. Au-<br />

Zw e r g ta ucher (Podiceps ruficollis)<br />

Regelmäßiger Brutvogel an allen meso- bis eutrophen Gewässern mit Unterwasserrasen.<br />

8-10 Paare am Unterhölzer Weiher, 6-8 Paare auf <strong>de</strong>r Donau (Pfohren-Gutmadingen),<br />

3 Paare auf unterem Riedsee ab 1974. 60 Exemplare im März/ April , 100 von September<br />

bis D ezember, vorwiegend auf <strong>de</strong>r D onau. überwinterung je nach Vereisungs grad<br />

40-90 Exemplare.<br />

G ra u re i her (Ar<strong>de</strong>a cinerea), Abb. 18<br />

Regelmäßiger Brutvogel. Die Bestandsenrwicklung zeigt Abb. 17. Es wer<strong>de</strong>n offenbar<br />

2 getrennte Horstplätze im Unterhölzer Wald angeflogen, doch scheint sich lei<strong>de</strong>r 1976<br />

eine Umsiedlung zu voll ziehen. Zu <strong>de</strong>n Zugzeiten wur<strong>de</strong>n März/ April 10- 15 Tiere


Abb. 20:<br />

Rot~r 1\1ilal1 mit J"I1~


Abb. 30:<br />

Erpel <strong>de</strong>r Moorentc.<br />

Abb. 3 1:<br />

Kiebitz brütend.


32 Fdi, Zin ke / Günther Reiche"<br />

beobachtet, während sich die H erbstfrequenzen im Beobachtungszeitraum wie folgt entwickelten:<br />

7; 14 ; 13; 25; 37 Exemplare. In normalen Wintern überwintern 2 Exemplare. In<br />

<strong>de</strong>n letzten bei<strong>de</strong>n Wintern (73/ 74 und 74/ 75) waren Gruppen von 8- 12 Ind ividuen zu<br />

beobachten.<br />

5<br />

Paare<br />

' - ' /<br />

/"-./<br />

19 70 72<br />

GRAU REJHER<br />

76<br />

Abb. 17:<br />

I3c>lJnoncl1lwi.:klun g beim Graurciha 1970· 1976.<br />

Als Ursache für <strong>de</strong>n auffälligen Zuwachs mögen u. a. die beschleunigten Kleinsäugerzyklen<br />

(mil<strong>de</strong> Winter?) infrage kommen.<br />

Pur pur r e i h er (A r<strong>de</strong>a purpurea)<br />

Unregelmäßiger, spärlicher Durchzügler. 1-2 Individuen von Anfang Mai bis Mitte<br />

Juni. Bevorzugt wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ckungsreiche Buchten am Unterhölzer Weiher und <strong>de</strong>r Donau<br />

(Pfohrcn-Gutmadingen).<br />

Zwergrohrdommel (lxobrychus minutus)<br />

Unregelmäßiger Brutvogel. 1969 brütete Paa r am Unterhölzer Weiher, wohl die<br />

höchste Ansiedlung Mitteleuropas (674 m NN). Währs:nd <strong>de</strong>r Zugzeiten nur wenige Feststellungen.<br />

Geschlossene, großflächi ge re Röhrichte könnten die Regeneration <strong>de</strong>s in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />

stark geschrumpften Bestan<strong>de</strong>s begünstigen.<br />

Saatgans (Anser Jabalis rossicus), Abb. 21<br />

Regelmäßiger, in abnehmen<strong>de</strong>r Zahl vorkommen<strong>de</strong>r Wintergasi. In <strong>de</strong>n Zugzeiten ziehen<br />

spo radisch meist abgetriebene Populationen bei Wetterstürzen nach Westen. Die in <strong>de</strong>r<br />

Baar von September bis Dezember bzw. von Januar bis Februar eintreffen<strong>de</strong>n Sippen<br />

wer<strong>de</strong>n in ihrer zahlenmäßigen Enrwicklung in Abb. 22 dargestellt.<br />

Der Abzug erfolgt jeweils in <strong>de</strong>r 1./2. März<strong>de</strong>ka<strong>de</strong>, nach kälteren Wintern im vo ri ­<br />

gen Jahrzehnt erst in <strong>de</strong>r I. April<strong>de</strong>ka<strong>de</strong>. Behin<strong>de</strong>rte Individuen verharren bisweilen bis<br />

Mitte Mai .<br />

Als Asungsplätze wer<strong>de</strong>n überrieselte Flächen, staunasse Bo<strong>de</strong>nmul<strong>de</strong>n und auch<br />

Stoppelacker- und Wintersaatflächen angenommen. Beson<strong>de</strong>re Gefährdung erwächst <strong>de</strong>r<br />

Art durch die Einengung ihres Aktionsbereiches infolge <strong>de</strong>r Verkehrsnetzverdichtung. Ob<br />

ein Einfluß chemischer Präpa rate z. B. während <strong>de</strong>r Düngungen am Rückgang <strong>de</strong>s Bestan<strong>de</strong>s<br />

mitbeteili gt ist, bleibt zunäc hst ungeklärt.<br />

W e iß s torc h (Ciconia ciconia), Abb. 19<br />

Regelmäßige r, heute spärli cher Brutvogel. Derzeit nur 1-2 Horstplätze in pfohren<br />

und Neudingen. Die Enrwicklung <strong>de</strong>r Horstplätze seit 1920 (unter Rückgriff auf K .


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Abb. 21:<br />

Saatgänse im Kenenflug am Unterhöl,,-cr.<br />

WACKER, 1928) zeigt Abb. 23 . Zugfeststellungen beziehen sich auf gelegentliche EinzeItiere<br />

o<strong>de</strong>r kleine Gruppen. Im Sommer bleiben 2-4, meist verpaarte Tiere (z. T. fortpflanzungsunfähig<br />

infolge Pestizidwirkung in <strong>de</strong>n überwinterungsgebieten?). Das in pfohren<br />

sie<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Paar war 1974 mit 4, 1975 mit 3 und 1976 mit 4 Jungen recht erfolgreich. Zur<br />

Begünstigung weiterer Ansiedlungen wäre die Erhaltung von Naßwiesen unerläßlich.<br />

Horste<br />

150<br />

100<br />

5 0<br />

\ JAN-MÄRZ<br />

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5<br />

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WEISS-STORCH<br />

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192030 1,0 50 60 70<br />

Abb. 23:<br />

Zahl <strong>de</strong>r besetzten Ho rste <strong>de</strong>s Weiß-Sto rches<br />

in <strong>de</strong>r Bau .<br />

SAATGANS<br />

70 11. 72 73 71, 75<br />

71 72 73 71, 75 76<br />

Abb. 22:<br />

Rastfreq uenzen <strong>de</strong>r Saatgans im Dezember und von<br />

Jan uar-Män zwischen 1970 und 1976.<br />

J Schriflen <strong>de</strong>r B.ar 31/76


34 I·('!ix Zinke Günther Rl'icheh<br />

Schwarzstorch (Ciconia nigra)<br />

Ehemali ger Brutvogel, <strong>de</strong>r nach WAC KER (1928) im Wuhrholz horstete. Zwischen<br />

August und September sind regelmäßig 1-2 Tiere zu Gast. Sie halren sich, wenn stö rungsfrei,<br />

in <strong>de</strong>n Feuchtflächen am Mittelmeß, Birken/Unterhölzer und Faule Wiesen (Flu g­<br />

platz!) auf. Mit <strong>de</strong>r geplanten Flugplatzerweiterung wür<strong>de</strong>n die Riedflächen im Gewann<br />

,,Faule Wiesen" in Wegfall kommen.<br />

Singsc h wa n (Cygnus cygnus), Abb. 24<br />

Unregelmäßiger spärlicher Wintergast. Zwischen 1942 und 1946 beobachtete<br />

WACKER ( 1960) wie<strong>de</strong>rholt 8- 11 Exemplare. D ie höchsten Beobachtungsdaten betreffen<br />

die Monate März/April. Nach <strong>de</strong>m Polarwinter 1962/63 wur<strong>de</strong>n 5 adulte und 3 juvenile<br />

T iere auf <strong>de</strong>r Brigach (Marbach) und Donau beobachtet. 1m letzten Jahrzehnt wur<strong>de</strong> regelmäßig<br />

ein traditionell einfl iegen<strong>de</strong>s Paar nachgewiesen, das zuweilen erbrütete jungvögel<br />

mitführte. Seit <strong>de</strong>r Zersplitterung <strong>de</strong>r Familie durch fürstliche jäger im Januar 1974 keine<br />

Wahrnehmungen mehr.<br />

P fe i fe n te (Anas penelope)<br />

Alljährlicher Durchzügler und Wintergast. Im März wer<strong>de</strong>n durchschnittlich 20 Individuen,<br />

im Oktober/ ovembcr 30 beobachtet. Der Oberwinterungstrend korrespondiert<br />

wohl mit <strong>de</strong>n Wetterbedingungen an <strong>de</strong>n traditionellen Liegeplätzen an ord- und O stseeküste.<br />

In <strong>de</strong>n frostreichen Perio<strong>de</strong>n zwischen 1950 und 1960 wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Riedbaar 150-<br />

250 Exemplare gezählt. 1m mil<strong>de</strong>n Trockenwinter 1971 / 72 nur 20 Tiere. 1m Ganzen ergibt<br />

sich seit<strong>de</strong>m ein <strong>de</strong>utlicher Anstieg: 1972 173, 45 Exemplare; 1973/ 74 , 40; 1974/ 75, 55;<br />

1975/ 76, 80 Exemplare.<br />

Schnatterente (Anas sIrepera)<br />

Sporadischer Brutvogel. 1974 1-2 Brutpaare am Unterhölzer Weiher, 1976 2 erfolgreiche<br />

Bruten (6; 5) ebendort und bei N eudingen. Alljährlicher Durchzügler; von August<br />

bis November 1971 wur<strong>de</strong>n 30 Tiere gezählt, in <strong>de</strong>n fol gen<strong>de</strong>n Jah ren 10, 20, 10 und 15<br />

Exemplare.<br />

Der Oberwinterungstrend ist in <strong>de</strong>n letzten 2 Jahren auf 6- 10 Exemplare angewachsen .<br />

Abb. 24:<br />

Singschwäne.


Die Riedbaar 35<br />

Krickente (Anas CTecca)<br />

Regelmäßiger, spärlicher Brutvogel, alljährlicher Durchzügler und Wintergast. 3-5<br />

Paare brüten am Unterhölzer Weiher, in Torfstichgruben <strong>de</strong>s Mittelmeß-Moores und bei<br />

Birken-Unterhölzer sowie auf <strong>de</strong>r Donau oberhalb Neudingen. Im Mittel <strong>de</strong>r Jahre 1970-<br />

75 w ur<strong>de</strong>n als Durchzügler registriert: 10-20 August/September, 50-90 OktoberlNovember<br />

und 20-40 Exemplare März/ April. Ungewöhnliche Abweichungen davon hängen - wie<br />

übrigens auch bei <strong>de</strong>r Schnatterente - vom Schlickflächenangebot ab.<br />

Die Winterergebnisse schwanken je nach Gefrörniszustand und Wasserstand zwischen<br />

30 und 80 Individuen.<br />

Stockente (Anas platyrhynchos)<br />

H äufiger Brutvogel, indi vi duenreicher Durchzügler und Mausergast sowie in größerer<br />

Zahl verharren<strong>de</strong>r Uberwinterer.<br />

Mit rund 200 Brutpaaren sind weitgehend alle Nischen <strong>de</strong>s Wetlandgebietes <strong>de</strong>r Riedbaar<br />

besetzt. Als mittlere Durchzugsfrequenzen ergaben ~ich für September/Oktober 900,<br />

November/ Dezember 1300 und März/ April 400 Exemplare. Die im Frühjahr eingesch<br />

ränkte Rastfrequenz wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Gruppen ergibt sich daraus, daß zonale Verbän<strong>de</strong> bereits<br />

verpaart si nd. Im Winter bleiben je nach Vereisungsgrad und Schneelage zwischen 600 und<br />

1200 Exemplare in <strong>de</strong>r Riedbaar. Große Verbän<strong>de</strong> sammeln sich ab En<strong>de</strong> Juni, vorzugsweise<br />

in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>ckungsreichen Buchten <strong>de</strong>s Unterhölzer Weihers, zum Zweck <strong>de</strong>r Schwingen-<br />

und Kleingefie<strong>de</strong>rmauser. Durchschnittlich wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r I . Junihälfte 200 Tiere gezählt,<br />

die bis zur 2. Augusthälfte auf etwa 800 Exemplare anwachsen.<br />

S pie ß e nt e (A nas acuta)<br />

Alljährlicher Durchzügler, sporadischer Wintergast. Die beobachteten Werte schwanken<br />

beträchtlich, wohl im Zusammenhang mi t <strong>de</strong>m Angebot zusagen<strong>de</strong>r Rastflächen (Uberschwemmungsfl<br />

ächen, heraustreten<strong>de</strong> Laichkraut-Fluthahnenfuß-Flächen in <strong>de</strong>n Gewässern<br />

). Im Frühjahr wur<strong>de</strong>n zwischen 3 und 21 Exemplare gezählt. Im OktoberlNovember<br />

zwischen 10 und 41 Exemplare, wobei sich für die Herbsrfrequenzen ei ne wachsen<strong>de</strong><br />

Ten<strong>de</strong>nz abzeichnet.<br />

überwintern<strong>de</strong> Tiere wur<strong>de</strong>n in kleinen Trupps von 3-7 Exemplaren beobachtet.<br />

K n ä k e n t e (Anas querquedula)<br />

Unregelmäßiger Brutvogel und alljährlicher Durchzügler. Zusagen<strong>de</strong> Standorte <strong>de</strong>r<br />

sporadisch brüten<strong>de</strong>n 2-5 Paare sind <strong>de</strong>r Unterhölzer Weiher, die Donau oberhalb Neudingen<br />

und die Torfstichgruben im Gebiet Mittelmeß und Birken/ Unterhölzer. Auch 1976<br />

war ein e Brut (6) erfolgreich . An Durchzüglern wur<strong>de</strong>n 1963 im April/Mai etwa 70 Exemplare<br />

gezählt. Im Jahr 1972 ergaben sich im Mittel 25 (maximal 36) Tiere für März, 36<br />

(maximal 55) E~em pl a r e für April und 35 (maximal 52) für August.<br />

Löffel e nte (Anas clypeata)<br />

Sicherer Brutvogel und alljährlicher Durchzügler. Ein Ansiedlungsversuch und<br />

übersommerung wur<strong>de</strong>n bei 2 Paaren am Unterhölzer Weiher 1975 beobachtet. Vermutlich<br />

erfolgte Gelegeverlust bei raschem Anstieg <strong>de</strong>s Wasserspiegels, En<strong>de</strong> Juni. 1976 2 erfolgreiche<br />

Bruten (8; 5) ebendort und bei Neudingen.<br />

Während die Zahlen <strong>de</strong>r Durchzügler im Frühjahr stark, nämlich zwischen 3-5<br />

( 1970/ 71 ) und etwa 20 ( 1973), schwanken, liegt die Herbstfrequenz im langjährigen<br />

Durchschnitt bei 15-25 Tieren.


36 reli. ZinkclGiilllhcr Rci chdl<br />

Tafelente (Aythya ferina)<br />

Traditioneller Durchzügler und Wintergast bei anwachsen<strong>de</strong>n T ruppstärken .<br />

Die fo lgen<strong>de</strong> Tabelle faßt die beobachteten Frequenzen für die Z ugzeiten und die<br />

überwinterung zusammen (Mi ttelwerte; Maximalwerte in Klammern):<br />

Mär7 / April Scpl./Oktobcr Winter (Dcz.lFcbr.)<br />

1970 6 ( 11 ) 30 ( 48) 10 ( 17)<br />

1971 6 ( 10) 70 ( 100) 30 ( SO)<br />

1972 35 (SO) 30 ( SO) 15 ( 30)<br />

1973 30 (SO) SO ( 80) 40 ( 70)<br />

1974 30 (55) 30 ( 60) 40 ( 80)<br />

1975 40 (70) 110 (2 10) 70 ( ISO)<br />

Diese auffa llen<strong>de</strong> Zunahme hängt wohl mit ein er Arealerweiterung <strong>de</strong>r Art zusammen<br />

(vermehrtes und verbessertes Biotopangebot durch Intensivierung <strong>de</strong>s Kiesabbaus?) sowie<br />

mit einer Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rwege und Entstehung neuer Winterquartiere (Zusa m­<br />

menhang mi t Dreissensia-Explosion im Bo<strong>de</strong>nsee?).<br />

M oo rente (Aythya nyroca), Abb. 30<br />

Zunehmend auftreten<strong>de</strong>r, z uweilen auch überwintern<strong>de</strong>r GastvogeI.<br />

Seit 1972 wer<strong>de</strong>n regelm äßig zu bei<strong>de</strong>n Zugzeiten 1-3 Exemplare am Unterhölzer<br />

Weih er und auf <strong>de</strong>r Donau oberh alb Neudingen beobachtet, die mit <strong>de</strong>n Tafelenten­<br />

Trupps ve rgesell schaftet sind. Auch die überwintern<strong>de</strong>n Tiere <strong>de</strong>r Jahre 1974/ 75 und 1975/<br />

76 wur<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Liegeplätzen <strong>de</strong>r Tafelenten beobachter.<br />

R e ih e r e n t e (Aythya f uligula)<br />

Regelmäßiger Brutvogel und Durchz ügler, Abb. 25.<br />

197 1 wur<strong>de</strong> erstmals ein brutverdächtiges Paar (Donau unterha lb Donauesch ingen)<br />

beobachtet. 1972 brüteten 5 Paa re, davon waren 2 Paa re mit 4 bzw. 7 Jungen erfolgreich<br />

(Do nau o berhalb Neudingen und oberhalb Pfohren). Ein Ansiedlungsversuch erfolgte am<br />

oberen Riedsee (Wuhrho lz), wur<strong>de</strong> aber durch N aherholu ngsve rkeh r vereitelt. 1973 b rüte-<br />

Abb. 25:<br />

~l ä nn l' hc:n<br />

<strong>de</strong>f Rcihrrc llrc.


Die Ri edbaar 37<br />

ten 5 Paare, davon 4 erfolgreich mit 5, 4, 4 und 6 Jungen (wegen zunehmen<strong>de</strong>m Angelspo<br />

rt oberhalb pfohren konzentrierte sich die Bruttätigkeit auf die Donau unterhalb<br />

Pfohren). 1974 brüteten 7 Paare, davon 3 erfolgreich mit 4, 3 und 7 Jungen (Donau oberhalb<br />

Neudingen). 1975 brüteten 13 Paare, davon 2 erfolgreich mit 6 und 3 Jungen (unterer<br />

Riedsee), 3 mit 3, 4 und 6 Jungen (Donau oberhalb Neudingen) und I Paar mit 6 Jungen<br />

am Unterhölzer Weih er. 1976 erbrachte 6 erfolgreiche Bruten, davon 3 an <strong>de</strong>r unteren<br />

Brigach.<br />

Die zugphänologische Entwicklung streut ähnlich wie bei <strong>de</strong>r Tafelente bei insgesamt<br />

nur rund 60% <strong>de</strong>r dortigen Frequenzen. Maximal wur<strong>de</strong>n 1975 etwa 150 Exemplare gezählt.<br />

Nur wenige Tiere überwintern bei uns, doch stei gt die Zahl bei ausbleiben<strong>de</strong>r Vereisung<br />

ähnlich wie bei <strong>de</strong>r Tafelente ab Januar wie<strong>de</strong>r an.<br />

Bergen t e (Aythya marila)<br />

Alljährlicher Durchzügler mit stark schwanken<strong>de</strong>n Zahlen in Korrelation zu nordöstlichen<br />

Kaltluftströ mungen. Bevorzugte ahrungsgrün<strong>de</strong> sind die Riedseen. Im November<br />

1975 wur<strong>de</strong>n 12- 14 Exemplare beobach tet.<br />

Ei<strong>de</strong>re n te (Somateria. mollissima), Abb. 26<br />

Alljährlicher Durchzügler auf <strong>de</strong>r Baar seit <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rmuschel-Ausbreitung im<br />

Bo<strong>de</strong>nsee. Angenommen werd en alle tiefgründigen Tauchenten-Liegeplätze, vorzugsweise<br />

die Baggerseen. Registriert wur<strong>de</strong>n 197 1 (Sept./OktOber) 2 Exemplare; 1973 (Nov./Dezember)<br />

7; 1974 (Nov./Dezember) 2 und 1975 (Nov./Dezember) 1 Exemplar.<br />

Sch e ll en t e (Bucephala clangula)<br />

Regel mäßiger Durchzügler und Wintergast.<br />

Je nach Witterungseinfluß sind die Einflugsergebnisse unterschiedlich. So wur<strong>de</strong>n 1971<br />

durchschnittlich 10 Exemplare (max. 26) im O ktOberlNovember, 1975 8 Exempl are<br />

(max. 17) im November/ Dezember gezählt. Befl ogen wer<strong>de</strong>n ebenfalls alle größeren<br />

Wasserfl ächen. Als Ruhepl ätze sind die sich ständig aus<strong>de</strong>hnen<strong>de</strong>n Baggerseen hervorzuheben.<br />

Abb. 26:<br />

Weibchen<br />

<strong>de</strong>r Ei<strong>de</strong>rente.


38 J'clix Zinke / Gunthcr Rei cheh<br />

Gän sesäge r (Mergus merganser)<br />

Brutvogel im achbargebiet (Wutach) sowie periodisch auftreten<strong>de</strong>r Durchzügler und<br />

- allerdings im Bestand zurüc kgehen<strong>de</strong>r - Winterga t.<br />

Die durchz iehen<strong>de</strong>n Gänsesäger halten sich nur kurz fri sti g in <strong>de</strong>r Riedbaar auf, wo hl<br />

w eil grö ße re, stö rungsfreie Liegeplätze auf ausge<strong>de</strong>hnten Wasserflächen bislang fehlten .<br />

D er fo rt chreiten<strong>de</strong> Kiesabbau kö nnte hier, auch wegen <strong>de</strong>s wahrscheinlich wachsen<strong>de</strong>n<br />

ahrungsangebo ts ( f-i schgrün<strong>de</strong> !), eine Verbesserung bringen .<br />

I n d en Beobachwngsjahren wur<strong>de</strong>n im M ärz/April zwi 'chen I und 5 Exemplare und<br />

Im ovembe r/ D ezem ber 1- 11 Exempl are registriert.<br />

Im Durchschnitt <strong>de</strong>r W inter 1969/ 70 - 1973/ 74 überw interten 3-5 Exemplare, in <strong>de</strong>n<br />

J ahren danach <strong>de</strong>utlich weniger. Das <strong>de</strong>ckt sich mit <strong>de</strong>m Trend <strong>de</strong>r Zugfrequenzen , wo<br />

ab 1974 nur noch 1-2 Tiere beobachtet w ur<strong>de</strong>n.<br />

S c h e ll a dl e r (Aquila danga)<br />

Selte ner Durchz ügler und Wintergast in klein säugerreichen J ahren. In <strong>de</strong>r Riedbaar<br />

ve rblieb en I bis 2 Exemplare vo m 7. 12 . 74 -20. I. 75. Bevo rzugte Jagdreviere bo ten die<br />

entlegenen T eilfläehen zwischen pfohren und Gutmad ingen und Immenhö fe-Mirrelmeßl1terhö<br />

lzer. Zur ächtigung w ur<strong>de</strong>n wo hl alte Baumbestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Unterhölzer Wal<strong>de</strong>s<br />

ange fl ogen .<br />

Sc h r e i a di e r (Aquila pommarina)<br />

Spä rliche r, jedoch regelmäßiger Durchz ügler.<br />

ach weise liegen vor für die Mo nate Mä rz/April bzw . August/September, im mil<strong>de</strong>n ,<br />

kleinsäu gerreichen W inter 1974/ 75 auch vom Februa r. Die Jagdreviere sind alle störungsarmen<br />

F reiflächen. Es w ur<strong>de</strong>n krei en<strong>de</strong> Tie re (21. 4.73; 15.2. 75; 22.3.75) und lauernd<br />

e (6. 2. 75; 6.4. 75; 14.9. 75) beobachtet, vo rzugsweise im Gebiet Faule Wiesen-Aubach<br />

und d en östlich anschließen<strong>de</strong>n Keuperhügeln bis zum Mittelmeß. E ine Beobachtung bez.ieht<br />

sich sogar auf die Brutz.eit : Am 25. 6. 72 wur<strong>de</strong> ein jagen<strong>de</strong>s Exemplar im R aum<br />

Sump fo hren- eudingen gesehen .<br />

Z \V e r g a die r (Hieraaetus pennatus)<br />

Vereinzelt , in d en letzten J ah ren jedoch w ie<strong>de</strong>rho lt einfliegen<strong>de</strong>r Irrgast.<br />

Diese m editerra ne H artlaubgehö lze und W ald steppen besie<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Spezies rekrutiert<br />

sich w o hl zum eist a us mitteleuro päischen Gefangenschaftsflüchtlingen. Daher erklären sich<br />

die unpassen<strong>de</strong>n , außerhalb <strong>de</strong>r Z ugzeit li egen<strong>de</strong>n Daten. Jewe il s I Exemplar wur<strong>de</strong> am<br />

6 . 7. 73, a m 16. 6. 74 und am 2./3. 8. 75 in bzw. nahe <strong>de</strong>n Baumgruppen an <strong>de</strong>r D o nau<br />

7.wische n Donauesch ingcn und pfohren gesehen, davon eines auf frisch gem ähten Wiesen<br />

Heuschrecken fangend.<br />

M ä u s ebu ssa rd (Buteo huteo)<br />

Brutvogel in a llen höhe ren Gehö lzen und aufgelockerten Waldungen , alljährlicher<br />

Brutvo gel und O berwinterer.<br />

Während d


Oie R iedb>ar 39<br />

mul<strong>de</strong> befli egt. 1975 w ur<strong>de</strong> noch En<strong>de</strong> April ein Altvogel im Gebiet Hinterried-Mittelmeß<br />

beobachtet.<br />

R o t e r Mil a n (Milv us milvus), A bb. 20<br />

Verbreiteter Brutvogel, zykl ischer Rast- und Mauservogel mit zunehmen<strong>de</strong>r Oberwinterungsten<strong>de</strong>nz<br />

.<br />

Die Bruten erfo lgen in <strong>de</strong>n größeren Altholzbes tän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s G roßraumes. Angenäherte<br />

Zahlen :<br />

Unterhölzl"r Wald/ Ritter>lieg<br />

Linge Geisin~l' n / Für s lenber g<br />

Wuhrhö lzer<br />

Be"'hen wald<br />

A.lwner Kap!"<br />

min<strong>de</strong>sten, S Paare<br />

ca. b Paar~<br />

('3. 4 P ~l.Jr('<br />

(,J. 4 Pa .. lrt.'<br />

(3. 4 Paar!:<br />

N ahrungsrev iere <strong>de</strong>r Brutvögel sind die gewässernahen Zonen, abgemähte Wiesen<br />

(H eusc hrecken und Kleinsäuge r) und offene Müll<strong>de</strong>ponien (Sammelplätze mausern<strong>de</strong>r<br />

Po pulati o nen).<br />

[ 01 M ärz/ April rasten d urchschnittlich 10- 15 T iere (reine Zugbeobachtungen), im<br />

O ktober/ N ovember wer<strong>de</strong>n 40 gezählt, davon etwa 30 D urchzügler. Seit 197 1/ 72 sind auffä<br />

lli ge Ten<strong>de</strong>nzen zur überwinterung zu bemerken. So wur<strong>de</strong>n 1974/ 75 zwischen 20 und<br />

25 Ro tmilane gezählt. Bevorz ugte Reviere sind die Do nauaue zwischen pfo hren und Gutmadingen<br />

(kranke Fische, ve rl etzte Wasservögel), kleinsäugerreiche Fluren und die Müllp<br />

lätze. Die N ächtigungsbereiche befin<strong>de</strong>n sich im Wuhrholz und im Berchenwald . Am<br />

Hüfinger Müllplatz rasten im August min<strong>de</strong>stens 40 mausern<strong>de</strong> Rotmilane.<br />

S c h warze r M i la n (Milvus migrans)<br />

Brutvogel, Rast- und Mauservogel, jedoch keine überwinteru ng.<br />

Brüten<strong>de</strong> Paare:<br />

Unterhö lzer Wa ld / Rittl"r>l ieg<br />

L:in~e Geisingcn/ Für>lenber!;<br />

Wuhrholz<br />


40 Fdix Zinke/ Günther Reichelt<br />

Unterhölzer Birkenried sowie das Schwin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r großflächigen Hochstau<strong>de</strong>nrie<strong>de</strong>r durch<br />

" Kultivierung" .<br />

Die in Abb. 27 wie<strong>de</strong>rgegebenen Frequenzen beruhen vornehmlich auf systematischen<br />

Schlafplatzzählungen. Spärliche Einflüge erfolgen bereits En<strong>de</strong> August bis Anfang September.<br />

J ungvögel erscheinen bis zur 2./3. Oktober<strong>de</strong>ka<strong>de</strong>, Weibchen ziehen in <strong>de</strong>r 1./2. 0-<br />

vember<strong>de</strong>ka<strong>de</strong> zu und die erwachsenen Männchen in <strong>de</strong>r 3. November- bis I. Dezember<strong>de</strong>ka<strong>de</strong>.<br />

Besucht wer<strong>de</strong>n alle waldlosen Flächen, namentlich Stoppelfel<strong>de</strong>r und kurzrasige<br />

Wiesenflächen <strong>de</strong>r Baar-H ochmul<strong>de</strong>.<br />

30 - Exemplare KORNWEIHE<br />

20<br />

S<br />

APRJULOKT A J<br />

11970 11971<br />

j'J\ '\<br />

0 A<br />

11972<br />

lO­<br />

A./"-<br />

;-' \<br />

J 0 A J<br />

11973<br />

.//<br />

r\<br />

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..... -.~'- .j \ I<br />

,~ .<br />

0 A J 0 A J 0<br />

119 7~ 11975<br />

. \<br />

Die ebenfall s in Abb. 27 verzeichneten Winterbe tän<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Schlafplätzen<br />

Faule Wiesen/ Aubach (südlich Flugplatz!), Hinterried/ Mittelmeß und Birken/ Unterhölzer<br />

ennittelt.<br />

Zu ergänzen ist, daß zu <strong>de</strong>n brutverdächtigen Paa ren auch alljährlich 1-2 meist juvenile<br />

Tiere übersommern. Da vorzugsweise großfl ächige Mäh<strong>de</strong>süß- Engelwurz-Gesellschaften<br />

.115 Schlafplätze angenommen wer<strong>de</strong>n, sollten di ese geschützt wer<strong>de</strong>n.<br />

Schlangenadler (C ircaelHs gal/icus)<br />

Gelegentlicher Durchzügler, sel tener Sommergast.<br />

achweise dieser wärmclicben<strong>de</strong>n, spät wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Adlerart erfolgten jeweils in <strong>de</strong>r<br />

I. Junihälfte <strong>de</strong>r Jahre 1974 und 1975; doch wur<strong>de</strong> ein el> achsenes Tier auch noch am<br />

3. und 9. 8. 1975 gesehen.<br />

Die Einzeltiere wur<strong>de</strong>n kreisend und jagend (Bli ndschleichen, Zaunei<strong>de</strong>chsen), einmal<br />

(g. 6. 7-+ ) über 4 Stun<strong>de</strong>n lang beobachter. Anziehungspunkte waren die Keuperhügel bei<br />

pfohren und <strong>de</strong>r Damm nordwestlich <strong>de</strong>s Neudinger Müllplatzes sowie das Gebiet Birkenl<br />

Ulllcrhölzer. Die ächtigungsgebicte sind im Unterhölzcr Waldi Rinerstieg z u suchen.<br />

R oh r \\' e i he (Circus aerugillosus)<br />

Regelmäßiger Durchzügler und ge legentlicher Sommerga5t.<br />

Größere Ansammlungen rastenda Ro hrwcihen bildt:n sich überwiegend in <strong>de</strong>n Sommer-<br />

und H erbstmonaten. Die Daten da Abb. 28 beruhen auf <strong>de</strong>r Kontrolle bevorzugter<br />

RuhepLi t7c in <strong>de</strong>n ächtigung_zentren. Erfahrungsgem äß wer<strong>de</strong>n die höch ten Anzah len<br />

in <strong>de</strong>r I . und 2. September<strong>de</strong>ka<strong>de</strong> erreicht; aber schon En<strong>de</strong> Juli bis Mitte August erfolgt<br />

ein Einflug junger Vögel und stark vermauserter adulter Tiere, während von Mitte August<br />

bis 1itte September vorwiegend adulte W eibchen und einjährige Juvenile folgen. Den<br />

Schluß m.lchen ab Mitte September die Jdulten Männchen. Der Heimzug im Frühjahr er-'<br />

folgt vergleichsweise beschleunigt in fo lge <strong>de</strong>r Paarungs bereitschaft und <strong>de</strong>r Bindung <strong>de</strong>r<br />

Tiere .ln traditionelle BrulpJ:it7.e.


Die Riedbaar<br />

41<br />

10 Ex emp l are <strong>de</strong>r ROHRWEI HE<br />

8<br />

6<br />

2<br />

'\ . /\<br />

r\ ( \ /\ (\ /\ I (\ /-\<br />

APRJUL OKT I A<br />

1970 7T<br />

J<br />

o I A J<br />

72<br />

o I A J<br />

73<br />

Abb. 28: Ra*\l l frc..'q uc..'nzen und Obl'r~omll1l..·run~ dt.'r Rohnvc..·ih t~ \"on 1970- 1975.<br />

/\<br />

.<br />

F\ /\ r/<br />

o I ~ J 0 I ~ J 0 I<br />

Bevorzugte Jagdreviere sind die gewässernahen Bereiche um die Donau von Donaueschingen<br />

bis Gutmadingen, <strong>de</strong>r Unterhölzer Weiher und <strong>de</strong>r untere Riedsee (Pfohren).<br />

Bei überdurchschnittlicher Kleinsäugerdichte wer<strong>de</strong>n alle Freifläc hen bejagt. Als N äc htigungszentren<br />

dienen die Röhrichtgü rtel <strong>de</strong>s Unterhölzer Weihers sowie di e hochstau<strong>de</strong>nreichen<br />

Gesellschaften <strong>de</strong>r Riedflächen im Hinterried/Mittei meß, Birken/Unterhölzer,<br />

Faule Wiesen/ Aubach.<br />

D er erstmalige übersommerungsnachweis bezieht sich auf I adultes Weibchen und ein<br />

einjähriges Exemplar ( 1975) im Gebiet BirkenlUnterhölzer und Mittelmeß.<br />

F j sc h a d ie r (pandion haliaetus)<br />

All jährlicher, regelmäßige r D urchzügler in bei<strong>de</strong>n Zugperio<strong>de</strong>n. Von 1970 bis 1975<br />

ist m it leichten Schwankungen ein Ansteigen <strong>de</strong>r Erfassungswen e von 2 auf 5 Exemplare<br />

in bei<strong>de</strong>n Zugzeiten (März/ Mai bzw. August/O ktober) zu verzeichnen; das ist jedoch als<br />

Folge z unehmend ziel gerichteter, konzentrischer Beobac htungen zu <strong>de</strong>uten.<br />

Traditionelle Fischgrün<strong>de</strong> sind <strong>de</strong>r U nterhölzer Weiher und die Donauschl ingen<br />

unterhalb eudingen (max im al 3 Exemplare, darunter ei n Paa r). Nächtigun gsmöglichkeiten<br />

bieten die störungsfreien A ltho lzbestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Unterhölzer Wal<strong>de</strong>s.<br />

B a u m fa I k e (Falco subbuteo)<br />

Verbreiteter aber nicht seh r häufiger Brutvogel <strong>de</strong>r benachbarten Wald gebiete, <strong>de</strong>r das<br />

U ntersuchungsgebiet jedoch regelm äßig beim Insektenfangflug frequentiert.<br />

Besiedlungsgebiete liegen in <strong>de</strong>n Waldrandgebieten <strong>de</strong>s Albtraufs und in Lichtungen<br />

umliegen<strong>de</strong>r Waldstücke o<strong>de</strong>r Feldgehölzen :<br />

Unterhö lzcr/ RilterstieglWartenberg<br />

Albtrauf Baldingen/ Geisingen<br />

Al btrauf Geisingen/ Fürstenber!;<br />

Wuhrho lz<br />

ßerchcnw.ld<br />

Aascna Kapf<br />

CJ. 4 Paare<br />

ca. 3 Paa re<br />

ca. 2 Paa re<br />

ca. 2 Paare<br />

I Paa r(?)<br />

ca. 2 Paare<br />

Nicht selten wer<strong>de</strong>n geschlossene lnsektenschwärnle über Verlandungszonen und<br />

Riedflächen bis in die späte D ämmerung von 3 o<strong>de</strong>r mehr Baumfalken heimgesucht;<br />

später im Jahr auch über G etrei <strong>de</strong>flächen. Typisch sind auch Falkenansammlungen in <strong>de</strong>n<br />

Mai- bis Juniwochen an <strong>de</strong>n thermikbegünsti gten T rockenhügeln <strong>de</strong>r Baa r-H ochmul<strong>de</strong>. Von<br />

10- 11 Uh r und 14- 16 Uhr kan n man zuwe il en 8- 14 Tiere beobachten.<br />

W a nd e rfa lk e (Falco peregrinus), Abb. 29<br />

Benachbarter Brutvogel und regelmäßige r Wintergast.<br />

Periodische, jedoch nur ve reinzelte Feststellun gen im August/ September von J ung-


Abb. 29 :<br />

W.lI1dcrf.\lkc.<br />

vögeln in <strong>de</strong>r ähe größerer Wasscrvogelansammlungen. Alljährlich verharren 1- 2 erwachsene<br />

Falken (max. 3 adultc, 1 juveniler) und bevorz ugen je nach Witrerungsverhältnissen<br />

<strong>de</strong>s Winters Wasscrvogelliegepbtze o<strong>de</strong>r Müll<strong>de</strong>ponien .<br />

1 L'r li n ra I k l ' ( /:'dco co/ulIIbdrillsj<br />

Kq,cll1l:iEiger Durl' h"üglcr und Willlerga'l.<br />

[)ci nur geringen Ab\n~ il'lllingen wer<strong>de</strong>n durch,chnittlich im Mär7 2-3 und im Oktoher/<br />

'\ l\'elll bcr 3-5 FeSI 'lellun gcn ge l roffen. A ueh iSI die bcrwinterungsfrequcnz mit<br />

durch,chnittlich 2-3 (m ,lx. -I ) LxcmplJren , eit 1969 '70 bis 1975/76 z iemlich ko nstant.<br />

\\' ichtigc Kc\·icrc si nd I\llillpl:it7c, in schncearmcn Wintern vielfach toppeIfeI<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r<br />

gl'düngll' Wiesl'n . Ab ,Khlqu.lnicre dienen Gehöl7C und aufgclo


Tu r m fa I k e (Falco tinnunculus)<br />

Die Riedbaar 43<br />

Verbreiteter und häufiger Brutvogel, In fast allen Flurtypen auftreten<strong>de</strong>r Durchzügler<br />

und Wintergast.<br />

Die brutbio logischen Beziehungen <strong>de</strong>s anpassungsfähigen, zivi lisationstoleranten Turmfalken<br />

umfa sen ein weites Feld. Ausreichen<strong>de</strong> istmöglichkeiten bieten Feldscheunen,<br />

Ein zelbäume, Pappelpflanzungen, lichte Gehölze, lockere Waldsäume und nischenreiche<br />

Gemäuer alter Gebäu<strong>de</strong>.<br />

Folgen<strong>de</strong> Brutplätze, vielfach Ko lo ni en, wur<strong>de</strong>n notiert:<br />

Gruirpark/ Grufrkirche eudi ngen c • . Paa re<br />

Ort,gebier eudingen<br />

Paar<br />

Ortsgeb icr GUlmadingen<br />

Onsgebiel N o hren<br />

Ortsgebier Sumpfohren<br />

Paare<br />

3- 5 Paare<br />

3 Paa re<br />

Schlo ßpark Donaucschingen<br />

(,- g Paa re<br />

Unre rhö lzer Wald/ Riuerslieg<br />

10- J3 Paare<br />

Unrerhö lzer Weih er (Rand) ~ Paa re<br />

Wuhrhö lzer<br />

12- J3 Paare<br />

Ried v. Allmendshofen bis Pfohren 6- 8 Paare<br />

Riedbaar v. Pfohren bis G unllad in ge n 6- 8 Paa re<br />

Sumpfohrener Ried<br />

7- 8 Paa re<br />

ImmenhöfelMinelmeß/ Birken<br />

5- 7 Paare<br />

Ankenbuckl Flugpl alz/ Kapfwald mind. J3 Paare<br />

Natürlich sind diese Zahlen je nach <strong>de</strong>r nahrungsöko logischen Basis <strong>de</strong>utlichen<br />

Schwankungen unterwo rfen. Optimal waren 1971 - 1972 und 1974- 1975, worauf sich obige<br />

Erfassungen stützen .<br />

Die Frequenzen <strong>de</strong>r Zugbewegungen <strong>de</strong>s Turmfalken schwanken stark . Brutergebnisse<br />

unter <strong>de</strong>m E influß schwanken<strong>de</strong>r Klein säugerdichte ein erseits, starke nachhaltige Frosteinbrüche<br />

in <strong>de</strong>n nördlicher gelegenen Winterquartieren an<strong>de</strong>rerseits owie Verän<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rrouten spielen hier mit. So bewegen sich die mittleren Werte im März/April<br />

zwischen 20 und 50 und im Oktober/ o \'ember zwischen 40 und 80 Exemplaren. W ährend<br />

im Früh jahr etwa 60°/., Jungvögel dabei sind , erreichen diese im H erbst etwa 80°/".<br />

Der überwinterungstrend gleicht hinsichtlich <strong>de</strong>r Schwankungen und d eren Ursachen<br />

<strong>de</strong>m von Mäusebussard und Kornweihe. Die Zahlen schwanken zwischen 50-60 Exemplaren<br />

( 19 70/ 7 1; 197 1/ 72 ) und 8- 15 ( 1973/ 74); 1974/ 75 wur<strong>de</strong>n sogar 80 Tiere gezählt.<br />

Wa s s e r r a ll e (Rallus aquaticus)<br />

Mäßig häufi ger Brurvogel aller rö hrichtreicher Gewässer und Nie<strong>de</strong>rmoore mIt<br />

Schlickflächen. Auch an<strong>de</strong>re Verlandungsgesellschaften wer<strong>de</strong>n angenommen. Spo radische<br />

\Vintervorkommem in <strong>de</strong>ckungsreichen, frostsicheren Wassergräben.<br />

Schwerpunkte <strong>de</strong>r Besiedlung liegen in schilf- und rohrkolbenreichen Ufersäumen,<br />

wobei Schlickflächen nicht unbedingt frei, jedoch auch nicht z u tief unter Wasser liegen<br />

dürfen.<br />

Derzeitige BrutpIatze sind :<br />

Unterhö lzer Weih er<br />

Unlere r Riedsee (pfo hren)<br />

Donau o berhalb pfohrener Bnicke<br />

Donau Neudingen-Gurmadingen<br />

Do nau Pfo hren-Neudingen<br />

Neudinger Mühlenkanal<br />

T o rfslichgrube Sumpfohrcner Ried<br />

Unte rh ö lzer/ Birken<br />

Minelmeß<br />

Kar lquellen nahe D o naueschingen<br />

ca_<br />

Paare<br />

3 Paare<br />

1-2 Paare<br />

6 Paa re<br />

6-7 Paare<br />

2 Paare<br />

1-2 Paa re<br />

3-5 Paare<br />

4-5 Paare<br />

Paare


44 Feli x Zinke/ Günther Reichelt<br />

Geschlossene E rfassungs reihen wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Wasserrallen fehlen infolge <strong>de</strong>r unauffälligen<br />

Tagesrhythmik und <strong>de</strong>r im August/ September mangeln<strong>de</strong>n Lautaktivität weitgehend<br />

(auch auf Klangattrappen erfolgt nur ge ringe Reaktio n). Ein erstes konstantes Wintervorkommen<br />

wur<strong>de</strong> 1974/ 75 registriert, als sich 5-6 Exemplare am schilfreichen Ufersaum <strong>de</strong>r<br />

Donau oberhalb <strong>de</strong>r eudinger Staustufe aufhielten.<br />

Tü p f e I s u m pfh u h n (Porzana porzana)<br />

Spärlicher Brutvogel und all jährlicher Durchzügler.<br />

Die Ansiedlungsbereitscha.ft di eser Art beschränkt sich auf Verlandungsgesellschaften;<br />

in trockencn J ahren wer<strong>de</strong>n auch die bultreichen Großseggenbestän<strong>de</strong> angenommen. Die<br />

Ansiedlung an neuen Brutplätzen wird wahrscheinlich gehemmt durch interspez ifi sc he<br />

Ko nkurrenz zur Wasserralle.<br />

Folgen<strong>de</strong> Brutreviere wur<strong>de</strong>n ernlittelt :<br />

Umerhö lze r Weiher<br />

Do n, " oberhalb Neudin ~e n<br />

Do nau oberhalb Pfohren<br />

ca. 1-2 Paare<br />

1 Paar<br />

1 Paar<br />

Bezügli ch <strong>de</strong>r Zugüberwachung sei auf di e Wasserrall e verwiesen. Aushebungen kleiner,<br />

fl ach er, mit Grundwasser erfü llter Vertiefungen in landwirtschaftlich wenig genutzten<br />

Teilflächen kö nnten nach Entwicklung entsprechen<strong>de</strong>r Vegetation ei ne dichtere Streuung<br />

dieser Art bewirken .<br />

Kl ei n es Sumpfhuhn (Porzanaparva)<br />

Sehr seltener Brutvogel (?) und alljährlicher spärlicher Durchzügler.<br />

Vo n Mai bis Juli 1973 wur<strong>de</strong>n 3 Tiere balzend bzw. warnend am Unterhölzer Weiher<br />

beobachtet. Auf <strong>de</strong>m Zuge wur<strong>de</strong>n 1974 und 1975 auf <strong>de</strong>r Donau südL pfohren bzw. am<br />

unteren Ried see je 1 Exempl ar En<strong>de</strong> August registriert.<br />

Wa ch telk ö ni g (C rexcrex)<br />

Nur noch spärlicher, im letzten Jahrzehnt verbreiteter Brutvogel, <strong>de</strong>r als Entfaltungsund<br />

Fortpflanzungsa reale vor all em wechselfeuchte, hochgrasige, extensiv gen utzte Wiesen<br />

(nicht selten Pfeifengraswiesen) beanspru ht.<br />

Folgen<strong>de</strong> Beobachtungscrgebnisse (Zahl d er Reviere):<br />

1970 197 1 1?72 1973 19 74<br />

Mittell11dl<br />

13 i rk


Te i c h h u h n (GallinuLa chloropus)<br />

D ie Riedbaar 45<br />

Verbreiteter und häufi ge r Brutvogel, möglicherweise auch Jahresvogel ; wohl auch<br />

regelmäßiger Durchzügler und alljährlicher Wimergast.<br />

Hinsichtlich <strong>de</strong>s Brutbiotops verhält sich das Teichhuhn wie die Wasserralle. Doch<br />

fin<strong>de</strong>t die Art auch bereits in gewässernahem Wei<strong>de</strong>nunterholz und <strong>de</strong>ckungsreichen, verwachsenen<br />

überhängen<strong>de</strong>n Ufe rböschungen ausreichend geschützte Ansiedlungsmöglichkeiten.<br />

Häufiger als an<strong>de</strong>re Rallenarten nimmt das Teichhuhn di e Nahrung (Insektenlarven,<br />

treiben<strong>de</strong> Samen) sc hwimmend auf, wechselt aber auch auf nahe Äcker o<strong>de</strong>r Kulturwiesen<br />

zur Äsung über.<br />

D erzeit streut die regionale Populatio n wie folgt:<br />

Unterhölzer Weiher<br />

Unterer Riedsee (Proh ren)<br />

Oberer Riedsec (Hüringen)<br />

Schloßpark Donaueschingcn<br />

Donau oberhalb Prohren<br />

Donau Prohren- eudingen<br />

eudinger Mühlenkanal<br />

Birkenried (Torfstichgruben)<br />

Mittelmeß<br />

Karst'lue llen o beres Donauricd<br />

Sumprohrener Ried<br />

ca. 12 Paa re<br />

5 r aare<br />

3 Paare<br />

25 Paa re<br />

16 Paare<br />

10 Paare<br />

8 Paa re<br />

Paare<br />

Paa re<br />

8- 10 Paare<br />

5 Paare<br />

Auch im Win ter wird d ie Art vorwiegend In <strong>de</strong>n frostsicheren Fließgewässern und<br />

Teichen <strong>de</strong>s Schloßparks angetroffen. Es mag sich weitgehend um Wimergäste han<strong>de</strong>ln,<br />

wobei <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r überwintern<strong>de</strong>n Jungvögel bemerkenswert hoch ist. So wur<strong>de</strong>n bei<br />

einer Zählung am 25. I. 1976 auf <strong>de</strong>r Donau von Donaueschin gen bis G utmadingen 112<br />

Exemplare, davon 73 Jungvögel, und im Schloßpark 37 Exemplare, davon 2 1 juvenile,<br />

gezählt.<br />

Ki e bit z (Vanellus vanellus), Abb. 31<br />

Verbreiteter Brutvogel mit verän<strong>de</strong>rlicher Besiedlungsdichte und Streuung sowie all ­<br />

jährlicher Durchzügler und spärlich verharren<strong>de</strong>r Wintergast mit zunehmen<strong>de</strong>r Ten<strong>de</strong>nz.<br />

D er Kiebi tz ist bezüglich seines Fortpflanzungsbiotops relativ anpassungsfähig. Er<br />

nimmt in <strong>de</strong>n ersten Märzwochen gern dunkelgetönte Äcker und staunasse Wiesen an,<br />

später auch locker bewachsene Ru<strong>de</strong>ral- und Kiesflächen. Beson<strong>de</strong>rs günsti ge Brutbedingungen<br />

bieten sich offenbar nach schneereichen Wintern und nie<strong>de</strong>rschlags reichen Aprilwochen<br />

mit hohem Anteil staunasser Wiesen. Im übrigen gehen die Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s<br />

brüten<strong>de</strong>n Bestan<strong>de</strong>s während <strong>de</strong>s Untersuchungszeitraumes aus Abb. 32 hervor.<br />

Die Rastfrequenzen hängen von <strong>de</strong>n Witterungsbedingungen ab. Größere Verbän<strong>de</strong><br />

rasten bei Wetterstürzen (Regenfälle, starkes Schneetreiben, N ebel) und ausreichen<strong>de</strong>m<br />

Angebot staunasser o<strong>de</strong>r überschwemmter Wiesen von Februar bis Mitte April. Bei län gerem<br />

H ochdruckeinfluß find et hingegen überwiegend ein kaum wahrnehmbarer Höhenzug<br />

720 Brutpaare <strong>de</strong>s KIEBITZ (versch. Revi ere)<br />

700<br />

80<br />

60<br />

40~~~;s::j==t5f~1<br />

20 2<br />

7970 77 72 73<br />

7<br />

2<br />

74<br />

7<br />

75<br />

Abb. 31:<br />

B~~[a n dl.·scn(\"i~klung beim Kiebirz.<br />

I Allmembho fcn X'uhrhölzcr<br />

2 D ona ue s~h ingc n / P fohrcn<br />

Unterer Ri cdscc/ Pfohren<br />

rrnhrcn /GutmaJ in ~cn<br />

5 ~littclmc ß<br />

(, Birken/ U nterhö l7c r<br />

7 Flu~pl.1tz l Aub.lCh


46 Fc!ix Zinke/ Günther ReicheI.<br />

(N o nstopflug) statt. Der Wegzug koppelt sich vielfach mit regionalen Mauserverbän<strong>de</strong>n<br />

von Mitte August bis Anfang September (ca. 70% Jungvögel ) und erreicht zunehmen<strong>de</strong><br />

Werte oftmals bis En<strong>de</strong> November. Ei ne Neigung z u ausgeprägtem Rastverhalten ist dann<br />

im Gegensatz zum Frühjahr zu erkenn en. Aus Platzmangel se ien die <strong>de</strong>tai llierten Zugbeobachtungen,<br />

die sehr verschie<strong>de</strong>ne Tei lräume umfassen, hier nur kurso risch zusammengestellt:<br />

M aximale Größe <strong>de</strong>r Verbän<strong>de</strong> pro Tei lraum (ohne Aufsch lü sselung)<br />

FrühjJh r<br />

Herbst<br />

197 1 SO 220·300<br />

1972 100·200 300<br />

1973 300· 500 300<br />

1974 500 100-600<br />

1975 100-400 200·600<br />

W interbeo bachtungen erw iesen sich als Folgeerscheinungen <strong>de</strong>s mil<strong>de</strong>n Winters 1974/<br />

75. Im Mittelmeß und <strong>de</strong>r unteren Riedbaar wur<strong>de</strong>n dabei 8-20 Exemplare beobachtet.<br />

Die Ermittlungen von Mauserbestän<strong>de</strong>n zeigt die fol gen<strong>de</strong> Tabelle (Jungvögel 111<br />

Klamme rn):<br />

1970 19 71 1972 1973 1974 1975<br />

Ri"dbJ,lr OS - (>roh r~n 180 (75 ) 11 5 (40) 11 0 (40) 225 ( 100) 11 0 (45 ) 150 (60)<br />

Pfohrcn-G utm:.H.lingL' 11 67 (28) 60 (25 ) 40 ( 12 ) 70 ( 32) 85 (38) 125 (40)<br />

t>lill"lm"ß/ Birken 7 ~ (30) 52 (30) 35 ( 10) 60 ( 25) 35 ( 11 ) 63 (25)<br />

1·lu l-:pb.7- A,lsen 160 (70) 111 (40) 87 (30) 130 ( 80) 83 (35) 160 (55 )<br />

Die Beobachtungen <strong>de</strong>r Mauserbestän <strong>de</strong> und regionalen ] ungvogeltrupps erfolgten<br />

7.wischen Anfang Juli bis Mine Augu t.<br />

Sand r egen pfci f n (Charadriu s hiaticula), Abb. 33<br />

Alljäh rlich , ve rstärkt in <strong>de</strong>r Wegzug perio<strong>de</strong> einfliegen<strong>de</strong>r Gastvogel.<br />

Die Art bevorz ugt die Kiesfl ächen und Waschschli ckflächen an <strong>de</strong>n Riedseen zwischen<br />

.-\hh. 33:<br />

S.lndn.·gl>npfl:' ifl.'r.


Die Riedbaar 47<br />

<strong>de</strong>n Wuhrhölzern. N ennenswerte Bewegungen konzentrieren sich auf <strong>de</strong>n Zeitraum von<br />

Mitte August bis En<strong>de</strong> September. So wur<strong>de</strong>n 1973 2-5 Exemplare, 1974 2-4 und 1975<br />

3-4 Tiere beobachtet.<br />

F lußrege np fei fe r (Charadrius dubius)<br />

Potentieller Brutvogel und Rastvogel in bei<strong>de</strong>n Zugperio<strong>de</strong>n.<br />

Ansiedlungsversuche wur<strong>de</strong>n immer wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Ru<strong>de</strong>ralflächen und Abtragungszonen<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Kiesgruben unternommen. Die Entfaltung <strong>de</strong>r Art wird wohl durch<br />

<strong>de</strong>n ungeregelten Strom <strong>de</strong>s N aherholungsverkehrs verhin<strong>de</strong>rt . Reviertreue und balzen<strong>de</strong><br />

sowie warnen<strong>de</strong> Ein zelpaa re wur<strong>de</strong>n im April 1972 und Mai 1975 beobachtet.<br />

Alljährlich ras ten Durchzügler im Bereich <strong>de</strong>r Baggerseen, aber auch auf Kies- und<br />

Schlammablagerunge n von Flüssen owie auf <strong>de</strong>n Hahnenfuß-Teppichen <strong>de</strong>r Donau. In<br />

Jahren erhöhter Einflu gsbewegungen können während <strong>de</strong>r ganzen Brutzeit (Mai/Juni)<br />

rekognoszieren<strong>de</strong> Altvögel (ein zeln o<strong>de</strong>r in Paa ren), zuweilen kleinere Trupps unverpaaner<br />

Vögel und im Juli auch lockere, gemischte Verbän<strong>de</strong> von Alt- und Jungvögeln (Zwischenzügler)<br />

beobachtet wer<strong>de</strong>n. Im August folgt ein nicht zu übersehen<strong>de</strong>r Altvogelzug, <strong>de</strong>m<br />

sich im September ein Jungvogelzug anschließt. An verschie<strong>de</strong>nen Stellen zwischen <strong>de</strong>m<br />

M önchweiler Weiher (nördlich Villingen), <strong>de</strong>m Kjrnbergsee und <strong>de</strong>n Baggerseen an <strong>de</strong>n<br />

Wuhrhö lzern wur<strong>de</strong>n jeweils zwischen 1 und 14 Exemplaren beobachtet.<br />

Go I d r e ge n p fe i fe r (Pluv ialis apricarica)<br />

Regelmäßiger, mit Schwerpunkt im Frühjahr auftreten<strong>de</strong>r Ras tvogel mit meist geringer<br />

Verweildauer; ge legentlich mit O berwinterungsten<strong>de</strong>nz.<br />

Als ahrungs- und Rastbiotope wer<strong>de</strong>n, oft in Gesellschaft von Kiebitzen, staunasse<br />

W iesen und gedüngte Kulturwiesen, seltener (im H erbst) Äcker und Schlickplätze (als<br />

Ruheplätze) angeflogen. Während in wa rmen, trockenen März- und Aprilwochen konzentrierte<br />

Beobachtungen fehlen (so z. B. 1971 und 1972), wur<strong>de</strong>n 1973 und 1975 mehrfach<br />

zwi schen 6 und 16 Exemplaren in <strong>de</strong>r Riedbaar (Mittelmeß, Pfohren/Neudingen,<br />

Flugplatz DS) registriert. G eschlossene Beobachtungsreih en ergaben sich ab Mitte Oktober<br />

nach wie<strong>de</strong>rholten Wetterstürzen 1975; dabei wur<strong>de</strong>n jeweils 3-6 Exemplare vorwiegend<br />

auf Ackerflächen und staunassen Wiesen gesehen. Eine reine Winterbeobachtung bezieht<br />

sich auf di e Zeit zwi schen 11 . I . 76 und 23. 2. 76 ( I Exemplar zwischen pfohren und Gutmad<br />

in ge n).<br />

B e k ass i n e (Gallinago gallinago)<br />

Z yklisch sie<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>r Brutvogel , <strong>de</strong>r jedoch auf <strong>de</strong>n Umkreis <strong>de</strong>r Flachmoore (Mittelmeß/<br />

Birken/ Unterhölzer) beschränkt ist; regelmäßig zu bei<strong>de</strong>n Zugzeiten verweilen<strong>de</strong>r<br />

Gastvogel und in wechseln<strong>de</strong>r Zahl verharren<strong>de</strong>r Oberwinterer.<br />

Vo r 1960 war die Bekassine in <strong>de</strong>r ganzen Riedbaar verbreitet und brütete in und an<br />

Flutrinnen und staunassen Bo<strong>de</strong>nmul<strong>de</strong>n. Seit <strong>de</strong>r intensiveren landwirtschaftlichen<br />

Nutzung ist sie auf seggenreiche Flachmoorkomplexe und Torfstichrän<strong>de</strong>r beschränkt.<br />

E ine übersichr über die Zahl <strong>de</strong>r Reviere gibt folgen<strong>de</strong> Tabelle:<br />

1970<br />

197 1 1972 . 1973<br />

1974 1975<br />

MiucLmeß/ Birken<br />

Donauricd Donaucschingen<br />

Donauried cudingcn<br />

6<br />

6<br />

7 11<br />

Schwankungen <strong>de</strong>r Frequenz während <strong>de</strong>r Zugzeiten hängen ab vom An gebot geeigneter<br />

Feuchtbiotope sowie von <strong>de</strong>n Witterungsbedingungen . Im Frühjahr kommt es bei


48 J7di x Zinke/ Günther Reiche i!<br />

Wetterstürzen zuweilen z um Zugstau. Maximal wer<strong>de</strong>n im F rühjahr und H erbst 50-60<br />

E xemplare auf staunassen Wiesen und Oberschwemmungs flächen angetroffen .<br />

Er tmal im Winter 1974/ 75 überwinterte ein stattlicher Bestand von etwa 20 Bekass i­<br />

nen in d er Riedbaar oberhalb N eudingen an <strong>de</strong>n seichten Buchten <strong>de</strong>r Donau und staunassen<br />

Wiesen . So nst überwintern nur 1-3 Exemplare an lokalklimatisch begünstigten , teilw<br />

eise eisfreien Abwasserkanälen o<strong>de</strong>r -gräben.<br />

Gro ß e r Brac h voge l (N umenius arquala), Abb. 34<br />

Unregelmäßiger, in <strong>de</strong>n letz ten 3 Jahren :wnehmen<strong>de</strong>r, spärlicher Brutvogel und all ­<br />

jährlicher, verein zelter Durchzügler.<br />

Brutbiologisch ist <strong>de</strong>r Brachvogel im Untersuchungsgebi et fast ausschließlich auf<br />

ständig feuchte, schl ickreiche und lockere Kleinseggenrasen und seggenreiche Sukzess ionsstadi<br />

en in fl achen Senken fixie rt. Somit können sc ho n ge rin gfügige Verän<strong>de</strong>rungen d es<br />

W asserhaushalts (z. B. durch Entwässerungen) ein gänzliches Ausbleiben dieses Vogels<br />

bedingen. Dies umso mehr, als er bei uns an <strong>de</strong>r ve rtikalen Ausbreitungsgrenze sei nes<br />

Siedlungsgroßraumes liegt.<br />

Vo r 1960 war er ein relati v periodischer Brurvogel im Mirtelmeß ( I Paar) und auf <strong>de</strong>r<br />

Ri edbaa r im G ebier F lugpl atz-Aasen ( 1-2 P aa re). D anach ergaben sich zumeist nur spo radische<br />

und lückenhafre N ach weise, und in <strong>de</strong>n Trockenjahren 1971 und 1972 blieb die Art<br />

auf <strong>de</strong>r Riedbaar gänz lich aus. 1973 wur<strong>de</strong>n am 23. 4. je I Paar balzend im Mirteimeß , im<br />

Unrerhö lzer/Birkenried und unrerhalb N eudingen beobachter; weitere Aufzeichnungen<br />

über balzen<strong>de</strong> Brach vögel bis zum 20. 5. 73 betreffen die gleichen T eilgebiete. Am 27. 5. 73<br />

ergaben sich Hinweise auf Jungvögel durch Lock- und Wamlaure im Mirtelmeß und o berhalb<br />

eudingen , und zwischen 22. 6. und 15 . 7. 1973 wur<strong>de</strong> ein Paar mit 3 Jungvögeln<br />

auf abgemähten Wiesen <strong>de</strong>r Ri edbaar o berhalb N eudingen beobachret. 1974 wur<strong>de</strong>n En<strong>de</strong><br />

Abb. 34 :<br />

Großer Brachvogel.


Die Riedbaar 49<br />

März bis April 3 Paare registriert, und vom I. 6. - 7. 7. liegen 4 Beobachtungen von<br />

Paaren mit Jungvögeln oberhalb von Neudingen und vom Mittelmeß vor. 1975 wur<strong>de</strong>n<br />

sowohl oberhalb als auch unterhalb von Neudingen, ferner im Ried bei Donaueschingen,<br />

balzen<strong>de</strong> Paare zwischen 16. 3. und 6. 4. festgestellt. Am I. Mai wur<strong>de</strong>n 5-6 Exemplare<br />

erregt warnend und <strong>de</strong>m die gesamte Riedbaar überfluten<strong>de</strong>n lärmen<strong>de</strong>n Ausflugsbetrieb<br />

weichend, später nochmals 4 Exemplare rufend und nach ordosten abstreichend, beobachtet.<br />

Noch in <strong>de</strong>n darauffolgen<strong>de</strong>n Tagen und Wochen konnte das letzte verbliebene<br />

Paar bis zum 29. 6. 75 im weiteren Umkreis <strong>de</strong>s Brutplatzes oberhalb Neudingen gesehen<br />

wer<strong>de</strong>n; Fortpflanzungsaktivität fehlte allerdings, wohl infolge Abklingens <strong>de</strong>r endogenen<br />

Paarungs- und Fortpflanzungsphase nach Unterbrechung <strong>de</strong>r schon fortgeschrittenen Legetätigkeit<br />

(Legebeginn: 3. April-Deka<strong>de</strong>!) durch pemlanente Störungen.<br />

Zugfeststellungen blieben im letzten Jahrzehnt rar. Lediglich En<strong>de</strong> September 1975<br />

wur<strong>de</strong>n über Hüfingen 50-70 ziehen<strong>de</strong> Exemplare durch Dr. v. LINTIG festgestellt. Hingegen<br />

wur<strong>de</strong>n ausgeprägte und bemerkenswert regelmäßig rasten<strong>de</strong> Trupps von 10-25<br />

Exemplaren meist in Gesellschaft von Kiebitzen und Goldregenpfeifem auf überschwemmten<br />

Wiesen während <strong>de</strong>r 60er Jahre in <strong>de</strong>r gesamten Ritdbaar im Frühjahr registriert<br />

(März/ April 1962- 1964).<br />

Regenbrachvo ge l (Numenius phaeopus)<br />

Wie<strong>de</strong>rholt auftreten<strong>de</strong>r, spärlicher Durchzügler. Zwischen 1973 und 1975 liegen von<br />

Mitte April bis Anfang Mai Beobachtungen von einzelnen Tieren o<strong>de</strong>r Paaren aus <strong>de</strong>r<br />

ganzen Riedbaar vor, wobei als Rastbiotope neben <strong>de</strong>n Aktionsbereichen <strong>de</strong>s Großen<br />

Brachvogels auch Ackerflächen aufgesucht wur<strong>de</strong>n.<br />

U f e r s c h n e p fe (Limosa limosa)<br />

Regelmäßiger spärlicher Durchzügler, potentieller Brutvogel.<br />

1973 und 1974 ( I. und 29. 4. bzw. 31. 3.) wur<strong>de</strong>n 1 bzw. 2 Paare balzend in <strong>de</strong>r<br />

Riedbaar (Riedseen/ Wuhrholz und oberhalb pfohren) gesehen. ur bei Zunahme staunasser<br />

Flächen, die aber künstlich und großflächig erfolgen müßte, bestün<strong>de</strong> die Möglichkeit<br />

einer Ansiedlung.<br />

Dunkler Wasserläufer (Tringa erythropus), Abb. 35<br />

R o t schen kel (Tringa totanus)<br />

Regelmäßiger Durchzügler in wechseln<strong>de</strong>n Anzahlen. Auf Schlick- und Kiesflächen<br />

<strong>de</strong>r Donau unterhalb von Donaueschingen sowie in überschwemmten Bo<strong>de</strong>nmul<strong>de</strong>n und<br />

<strong>de</strong>n Waschschlickflächen am Wuhrholz wur<strong>de</strong>n 1970 11 Tiere (3. 5.), 1971 8 Exemplare<br />

( 13.8.-15. 9.), 1973 10 (9. 8.-3. 9.) und 1974 nochmals 15 Exemplare ( 11. 8.-10.9.) festgestellt.<br />

Alljährlicher Durchzügler bei unbeständigem Rastverhalten.<br />

Während <strong>de</strong>s Frühjahrzuges wer<strong>de</strong>n von Anfang bis Mitte Mai in allen Jahren Trupps<br />

von 3 bis maximal 20 Tieren beobachtet. überschwemmte Flutrinnen, die Schlick- und<br />

Kiesbänke <strong>de</strong>r Donau unterhalb von Donaueschingen und diejenigen an <strong>de</strong>n Riedseen, aber<br />

auch die Hahnenfuß-Teppiche in <strong>de</strong>r Donau und staunasse Wiesen dienten als ahrungsund<br />

Rastbiotope. 1971 wur<strong>de</strong>n auch Rotschenkel während <strong>de</strong>s Herbstzuges ( 10. 8.-3. 9.,<br />

4 Exemplare) registriert.<br />

Grünschenkel (Tringa nebularia)<br />

Alljährlicher Durchzügler in unterschiedlicher Zahl.<br />

An <strong>de</strong>n gleichen Biotopen wie bei <strong>de</strong>r vorigen Art wur<strong>de</strong>n 111 bei<strong>de</strong>n Zugzeiten 111<br />

; s..·hr;f,cn <strong>de</strong>r l!aar J 1/ 76


50 Fdix Zinke/Günther Re ichelt<br />

Abb. 35: Dunkler Wasserläufer.<br />

al len Jahren zwischen 4 und 22 Exempl are beobachtet. Die Frühjahrsbeobachtungen erqrecken<br />

sich von En<strong>de</strong> April bis Mitte Mai; rasten<strong>de</strong> Trupps <strong>de</strong>s H erbstzuge wur<strong>de</strong>n<br />

bereits ab 14 .7. ( 1974) bis Anfang September festgestellt.<br />

Waldwasserläufer (Tringa ochropHs)<br />

Periodischer, mäßig häufiger Durchzügler.<br />

Die Art wird in allen Jahren in ziemlich konstanter Individ uenzahl auf allen typischen<br />

Limicolen-Rastplätzen, jedoch mit <strong>de</strong>utlicher Preferenz an mehr o ligotrophen Kiesufern<br />

und Spülsäumen (Baggerseen! ) angetroffen. Kl ei ne Trupps von 2-5 Tieren, 1973 und 1975<br />

auch von 4-9 Tieren, ind die Regel. Die Zugkulmination liegt beständig zwischen <strong>de</strong>r 1. und<br />

2. April- Deka<strong>de</strong> bzw. im Wegzug zwischen <strong>de</strong>r 3. Juli- und l. August-D eka<strong>de</strong>.<br />

Bruchwasscrläufer (Tringa g/areo/a)<br />

Zyklisch auftreten<strong>de</strong>r und neben <strong>de</strong>m Flußuferl äufer am individuenreichsten einfliegen<strong>de</strong><br />

Wasserläuferart.<br />

hir das Auftreten dieser Art ~ind nach allen Beobachtungen taunasse, überschwemmte<br />

Wiesen einerseits (hohe ie<strong>de</strong>rschl äge!) und frei liegen<strong>de</strong> submerse Pflanzenteppiche<br />

an<strong>de</strong>rerseits (niedrige Wasserstän<strong>de</strong>!) nö ti g. Die Torfstichbereiche von Mittelmeß und<br />

ßirken/ Unterhö I7.er. die Donau und ihr Uferbereich sowie d ie Baggerseen sind die bevorzugten<br />

Rastplätze. Die Frequenzspannen liegen zwischen 2 und 5 Tieren in schwachen<br />

Jahren ( 1972, 1974) und 8-20 Tieren in guten Jahren (1970, 197 1, 1973, 1975). Die Kulmination<br />

<strong>de</strong>s H eilll7.uge~ fällt auf die I. Mai-Deka<strong>de</strong>. Auf <strong>de</strong>m W egzug erfolgt <strong>de</strong>r maxi male<br />

Einflug <strong>de</strong>r Altvögel in <strong>de</strong>r 2. Juli-Deka<strong>de</strong>, während <strong>de</strong>r verstärkte Jungvogelzug in <strong>de</strong>r<br />

3. August- Deka<strong>de</strong> anläuft.<br />

F lu ßufe rl ä ufer (Tringa hypoleucus)<br />

Regelmäßiger, in hohen In dividuenzahlen einfliegen<strong>de</strong>r Durchzügler und potentieller<br />

Brutvogel.<br />

Ansied lungsversuche wur<strong>de</strong>n 1972 und 1975 im Uferbereich <strong>de</strong>s Oberen Riedsees auf<br />

Standorten mit leh migem Feinkies und im Bereich schütteren Binsenbewuchses (}uncus<br />

effusus) b eobachtet, doch konnte ein Bruterfo lg wegen <strong>de</strong>s starken Naherholungsverkehrs<br />

über die Maiwochen hinaus lei<strong>de</strong>r nicht festgestellt wer<strong>de</strong>n.


Die Riedbaar 51<br />

bb. Jr,:<br />

Flu t>ufe rl:iufn.<br />

Die Rastbiotope entsprechen weitgehend <strong>de</strong>njenigen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Limicolenarten; doch<br />

nimmt <strong>de</strong>r Flußuferläufer auch mit schmalen, oft auch steilen Ufersäumen vorlieb. Er ist<br />

somit von Wasserstandsschwankungen ni cht sehr abhängig. Trippelnd pickt er stets angespülte<br />

Insektenlarven auf.<br />

In <strong>de</strong>n Beobachtungsjahren trat er im Frühjahr mit jeweils 3-9 Exemplaren weniger<br />

häufig auf als beim Wegzug, wo in allen Jahren zwischen 4 und 25 Tiere registriert wer<strong>de</strong>n<br />

konnten. Der Frühjahrszug konzentriert sich auf die Zeit zwischen 3. April- und 3. Mai­<br />

Deka<strong>de</strong>; <strong>de</strong>r Herbstzug beginnt mit <strong>de</strong>r I. Juli-Deka<strong>de</strong> und en<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r 3. September­<br />

Deka<strong>de</strong>.<br />

Zwergstrandläufer (Calidris minuta)<br />

Zyklischer, mäßig häufiger Durchzügler.<br />

Als Rast- und Nahrungs reviere wur<strong>de</strong>n kiesige und sandige Uferbereiche von Donau<br />

und Riedseen, Spülsäume und submerse Pflanzenteppiche festgestellt. Wie bei an<strong>de</strong>ren<br />

Calidris-Arten ermöglicht <strong>de</strong>r Heimzug in <strong>de</strong>r 3. ApriJ- bis 3. Mai-Deka<strong>de</strong> nur sporadische<br />

und inviduenarme Beobachtungen; auch beim Haupteinflug von Mitte August bis Mitte<br />

September ergeben sich nur beschränkte Möglichkeiten, <strong>de</strong>n zugphänologischen Ablauf zu<br />

erfassen. Beim Wegzug wur<strong>de</strong>n alljährlich 3-5 Tiere registriert, während beim Heirnzug nur<br />

1971 und 1975 jeweils 1-2 bzw. 2-5 Exemplare festgestellt wer<strong>de</strong>n konnten .<br />

Te m m i n c k s t ra nd I ä u fe r (Calidris temminckii)<br />

Alljährlicher, spärlicher Durchzügler. Er bevorzugt schlick reiche Nahrungsquellen<br />

stärker als <strong>de</strong>r Zwergstrandläufer. Der Einflugszeitraum Liegt zwischen <strong>de</strong>r 3. Juli- und<br />

2. August-Deka<strong>de</strong>. Frühjahrsbeobachtungen erfolgen selten. In <strong>de</strong>n letzten Jahren sind<br />

durchschnittlich 2-4 Exemplare registriert wor<strong>de</strong>n.<br />

Alp e n s t ra n cl I ä u fe r (Calidris alpina)<br />

Periodischer Zuggast, häufigste Strandläufer-Art.<br />

Wie schon <strong>de</strong>r Zwergstrandläufer sucht diese Art die Rastbiotope sowohl <strong>de</strong>r Tringaals<br />

auch <strong>de</strong>r Calidris-Arten auf. Die Haupteinflugszeit liegt jeweils zwischen <strong>de</strong>r 3. April­<br />

Deka<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r 2 . Mai-Deka<strong>de</strong> bzw. zwischen I. und 3. September-Deka<strong>de</strong>. Auch hier


52 h ·li, Zink" / Gulllher Reichch<br />

wer<strong>de</strong>n beim Frühjahrszug allj ährlich 2-5 Tiere, beim H erbstzug durchschnittlich mehr,<br />

nämlich 4-8 od er m ehr ( 1975: 8- 12) Tiere an <strong>de</strong>n Ufern <strong>de</strong>r Baggerseen o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r<br />

Do nau o berhalb Pfo hren festgestellt.<br />

Si c h e ls tra ndl ä ufe r ( alidrisferruginea)<br />

Unregelmäßig, z u weilen aber im Rahmen größerer [nva ionen einrliegen<strong>de</strong>r Durch­<br />

/.ügler. Als Rastbiotope ko mmen vorzugsweise Schlickbänke und sandige Spülsäume <strong>de</strong>r<br />

Baggerseen aber auch die U fer und die U m gebung <strong>de</strong>r Donau unterhalb von Donaueschingen<br />

infrage. Die Beobachtungen beziehen ~ i c h auf die Jahre 1972 und 1975, wobei jeweils<br />

2-4 Tie re fes tges tellt w ur<strong>de</strong>n.<br />

S a nd e rlin g (Calidrisalba)<br />

U n regelmäßiger, spärl icher Durchz ügler.<br />

Auf d en Kies- und Schwemmschlickfl ächen <strong>de</strong>r Baggerseen wur<strong>de</strong>n jeweils zwi schen<br />

AnfJ ng und En<strong>de</strong> September in dcn Jahren 197 1- 1973 1-2 Exemplare registriert.<br />

V. Schrifttum<br />

ARIII' ITSC; 1' 1\ 11·1 SCII A 1·'1' MW Fl TSClI UT Z SC II WA RZWA I D- IIAAR-H EUßERG:<br />

Zur nt.:dl'UWIl).: und BI..·Jr()hun~ d~, J)un.luril't.h Iwi,chcn lJon:tut: ... ("hin~cn und <strong>de</strong>m \Xla n enbc:r~. A I ~ ~ t skr.<br />

H'f' iciLihigt. 12 Sl'itl.'n. I)on.\w:,chingen, FcbruJr 1976.<br />

D!-lJTSCH I· K ßUND FUR VOG I' iSCl IUTL: Die ,n Ihdcn - Würltembcr~ gdahr<strong>de</strong>ten Vogela,,"n ("Rote Liste").<br />

\Valhlingen. 1973.<br />

1' 1.11· IHKG. H .: Ve~;''1. \ ' n~dkund""h,' Biblind1l'k . Bd . 1I\i l dJ - Vcrl.l~ ohn e O n und Jah r ( 197;).<br />

\\'AC l\.1 R. K .: 1).1' \ \ irk\HllT11t.·n dt." \X...·il,l·1l ~ l' ..·lhl..· .. in Jn B.lJ.r. S,-"hr. J. Ih .u . H . 10 S. 16 1- 182. Don.1Uöl:hin ­<br />

" CI) 11.1' 7<br />

\\ ' r\C~ 1 R. ~ .': B'·Ilr .I~l' IU' \ ·,,~ ,· I1.lUn .1 '111 ~)u"I\ );d,i ,'( dn lJon.lu und <strong>de</strong>, Neck.Ir'. S,hr. d. ß a.tr. H . 1S. S. 59·111.<br />

I )lll1.1l11..·,( hin~t.· n 19hO .<br />

\\'!";\\'I·SS I R. \\'.: S.l.H g.lIl 'I.' II1l l)hl'rl..'l1 l )on.lUt,ll. 1 111 ungt.·\\llhnl' l:"ht.·.. bl;· r \\'intt.·rlln~"'gt.·bit·{. .. 1Jt.'r D I..·U l ,(h~<br />

j.l);""·. 2( .. J~ . 11 . 24. ~ . 12XO 1 2 ~ 2. l'r4.


Der Reiter von Hüfingen.<br />

Notizen zu emern alamannischen A<strong>de</strong>lsgrab auf <strong>de</strong>r Baar<br />

von Gerhard Fingerlin<br />

mit 15 Abbildungen<br />

Die archäologische Erforschung <strong>de</strong>s frühen Mittelalters, genauer <strong>de</strong>r Merowingerzeit,<br />

hat in <strong>de</strong>n letzten Jahren durch die Auffindung fürstlich ausgestatteter Gräber in fast allen<br />

Teilen Deutschlands große Fortschritte gemacht. Nicht wenige Fragen mußten im Licht dieser<br />

Ent<strong>de</strong>ckungen überprüft und neu beantwortet wer<strong>de</strong>n, manche scheinbar gut fundierte<br />

Forschungsmeinung war angesichts neuartiger Fun<strong>de</strong> und Beobachtungen nicht mehr zu<br />

halten. Das gilt für Probleme <strong>de</strong>r Zeitbestimmung, aber auch für überlegungen zur Wirtschafts-<br />

und Sozialgeschichte dieser Perio<strong>de</strong>, für die Rekonstruktion kultureller Zusammenhänge<br />

o<strong>de</strong>r politischer Strukturen. Es bestätigte sich eine alte Erfahrung <strong>de</strong>r Archäologie, daß<br />

in <strong>de</strong>r Zusammensetzung solcher außergt:wöhnlichen Grabinventare, in <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren<br />

Qualität o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r unterschiedlichen Herkunft einzelner Stücke für die kulturgeschichtliche<br />

Auswertung beson<strong>de</strong>rs gute Voraussetzungen gegeben sind. So bil<strong>de</strong>te lange Zeit das 1653 im<br />

belgischen Tournai gefun<strong>de</strong>ne Grab <strong>de</strong>s F rankenkönigs C hil<strong>de</strong>rich, Vater <strong>de</strong>s späteren<br />

Reichsgrün<strong>de</strong>rs Chlodwig, <strong>de</strong>n einzigen sicheren Anhaltspunkt für die Chronologie <strong>de</strong>r<br />

Merowingerzeit. Fun<strong>de</strong> au skandinavischen Königsgräbern erlaubten zum erstenmal, eine<br />

Verbindung zwischen kulturellen Entwicklungen in ord- und Mitteleuropa herzustellen.<br />

Als 1959 in Saint-Denis bei Paris ein Steinsarkophag geöffnet wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r die Bestattung <strong>de</strong>r<br />

" reginae Arnegundis", ei ner ebenfalls fränkischen H errscherin enthielt, verän<strong>de</strong>rten die dabei<br />

geborgenen Fun<strong>de</strong> ganz entschei<strong>de</strong>nd die Vorstellungen, die man sich bis dahin über Entstehungsgeschichte<br />

und Begi nn <strong>de</strong>s sogenannten zweiten germanischen Tierstils gemacht<br />

hatte. Ähnlich be<strong>de</strong>utsam für die Kenntnis vorkarolingischer Kunstübung erwies sich ein<br />

Frauengrab königlichen Ranges im Kölner Dom (1959), <strong>de</strong>ssen außeror<strong>de</strong>ntlich kostbare<br />

Beigaben <strong>de</strong>n N achweis einer selbständigen fränkischen Hofkunst lieferten. An<strong>de</strong>re Gräber in<br />

Köln und aus <strong>de</strong>r weiteren Umgebung (Morken 1955, Krefeld-Gellep 1962), ermöglichten es,<br />

"die be o n<strong>de</strong>re und be<strong>de</strong>utsame Aufgabe darzustellen, die <strong>de</strong>m Rheinland in <strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rten <strong>de</strong>s übergangs von <strong>de</strong>r Antike zum Mittelalter zugefallen ist" (0. DOP­<br />

PELFELD).<br />

Weit von <strong>de</strong>n damaligen Zentren <strong>de</strong>r politischen Macht sind die Feststellungen beschei<strong>de</strong>ner,<br />

die sich aus Ent<strong>de</strong>ckungen dieser Art ziehen lassen. Sie erwei en sich jedoch<br />

immer noch als geeignet, eine Fundlandschafr, in diesem Fall einen größeren Teil <strong>de</strong>s alamanni<br />

schen Siedlungsraums, in einem ganz neuen Licht ers.:heinen zu la sen. Denn auch hier, im<br />

Südwesten Deutschlands, hat <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Jahren kostbare Grabin ventare frei ­<br />

gegeben , Bestatrungen von Männern und Frauen <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Alamannen im 6. und 7. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

führen<strong>de</strong>n Schicht, di e sich in manchem von <strong>de</strong>n Gräbern <strong>de</strong>r fränkischen Arisrokratie<br />

unterscheid en . Zwar läßt sich wie dort die Orientierung am königlichen Vorbild<br />

erkennen, das Bemühen in Tracht, Bewaffnung, Lebensgewohnheiten und Totenbrauchtum<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s "Stan<strong>de</strong>sgemäßen" zu bleiben. An<strong>de</strong>rerseits kamen in diesem Land, das seit<br />

jeher im überschneidungsbereich versch ie<strong>de</strong>n ter Einfl üsse lag, auch in dieser Zeit an<strong>de</strong>re<br />

Kräfte in Spiel. Immer bestand eine Offnung nach Sü<strong>de</strong>n, und es sind vor allem die Beziehungen<br />

nach Itali en, fried liche und kriegerische, die sich im Grabgut <strong>de</strong>s hia ansässigen A<strong>de</strong>ls<br />

wi<strong>de</strong>rspiegeln. Die schriftliche überlieferung gibt dafür wenigstens skizzenhaft <strong>de</strong>n ge­<br />

~chic htli che n Hintergrund . Am Anfang steht <strong>de</strong>r Versuch, nach <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rlage gegen Chlodwig<br />

(496 n . Chr.), das weitere fränkische Vordringen durch ein Schutzbündnis mit <strong>de</strong>m ostgotischen<br />

Italien aufzuhalten (Theo<strong>de</strong>rich, 506 n. Chr.). Schon ein halbes Jahrhun<strong>de</strong>rt später,<br />

nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Ostgotenkönig Witigis das alamannische Land an die Franken abgetreten hatte<br />

(537 n. Chr.), zieht ein überwiegend alamannisches H eer, (unter eigenen H erzögen zwar,<br />

53


54 Gerhard Fingerlin<br />

doch in fränkischem Auftrag) über die Alpen, um in die Kämpfe zwischen Byzanz und <strong>de</strong>n<br />

Goten einzugreifen. Abmannien war zu einem Teil <strong>de</strong>s fränki schen Reiches gewor<strong>de</strong>n und<br />

blieb es auch trOtz mancher Schwächeperio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Zentralgewalt, die fü r entfernt liegen<strong>de</strong><br />

Randgebiete oft weitgehen<strong>de</strong> Selb tändigkeit zurückbrachten. Wenn auch durch die vom<br />

Kö nigshaus geför<strong>de</strong>rte Missio nstäti gkeit im 7. Jahrhun<strong>de</strong>rt auf religiösem und kulturellem<br />

Gebiet <strong>de</strong>r reichsfränkische Einfl uß gestä rkt wur<strong>de</strong>, ve rl o r doch <strong>de</strong>r Kontakt mit <strong>de</strong>m jetzt in<br />

weilen Teilen von <strong>de</strong>n L a n ~v bard e n beherrschten I ta lien nichts vo n seiner Be<strong>de</strong>utung. Vi elfach<br />

einbezogen in die langwierigen Kämpfe zwischen diesem Vo lk und <strong>de</strong>n Franken unterhielten<br />

die Alamannen auß.:r<strong>de</strong>m, wi e auch die ö dich benachbarten Bajuwaren, über die<br />

Alpenpässe intensive H an<strong>de</strong>bbcziehungen , die langobardisches und byzantinisc hes Kulturgut<br />

ins Land brachten. Offensichtlich war es <strong>de</strong>r einheimische A<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r in sei nem Verlangen<br />

nach gehobener Lebensführung und in ~e in em Bedürfni ~ nach glanzvoller Repräsentation<br />

diese Verbindungen inten>iv geför<strong>de</strong>rt hat. M ög li c h er wei~e war es ogar für die en Personenkreis<br />

wich ti g, ,lUch beim Erwerb von kostb:t ren S c hmuck ~ tü cken, Waffen, Reitausrüsrun gen<br />

o <strong>de</strong>r Trinkgefäßen nicht unmittelbar vom fränkischen Kö nigshof und <strong>de</strong>m darr gepflegten<br />

Kunsthandwerk abhängig z u sein .<br />

\ ,


Ocr R eiH~ r von Hüfingen 55<br />

Ein beinahe klassisches Beispiel für die Ausstattung eines solchen Adligen, gemischt aus<br />

einheimischen und südländischen Elementen, liefert das 1966 an <strong>de</strong>r "Gierhal<strong>de</strong>" in Hüfingen<br />

gefun<strong>de</strong>ne Kammergrab, das im Jahrzehnt zwischen 600 und 610 n. ehr. angelegt wur<strong>de</strong>.<br />

Trotz starker Beraubung in antiker Zeit li eß sich doch aus <strong>de</strong>n Resten weitgehend rekonstruieren<br />

, was <strong>de</strong>r hier beigesetzte, noch jüngere Mann auch im Tod als sein Eigentum beanspruchen<br />

konnte. Sein hoher Rang ergibt sich allerdings nicht nur aus <strong>de</strong>r Reichhaltigkeit und<br />

<strong>de</strong>r Qualität seiner Beigaben. Entsprechen<strong>de</strong> H inweise können wi r auch <strong>de</strong>m G rabbau und<br />

<strong>de</strong>r Lage seines Grabes auf einem kleinen Son<strong>de</strong>rfriedhof entnehmen (Abb. I). Solche Familiengruppcn<br />

außerhalb <strong>de</strong>r großen Orrsfriedhöfe lassen sich im 6. und 7. Jahrhun<strong>de</strong>rt bei<br />

allen germanischen Stämmen nachweisen. Immer fin<strong>de</strong>n sich darin wenigstens einzelne Bestattungen<br />

mit hervorragen<strong>de</strong>m Inventar, an<strong>de</strong>re Gräber sind ärmlich o<strong>de</strong>r beigaben los,<br />

viell eicht ein Indiz für <strong>de</strong>n in diesen Kreisen allmählich Fuß fassen<strong>de</strong>n christlichen Glauben.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls stehcn hinter solchen geson<strong>de</strong>rten Grablegen immer ad li ge Familien, die ihre Trennung<br />

von <strong>de</strong>r dörflichen Gemei nschaft (Herrenhöfe), die Beson<strong>de</strong>rheit ihrer Situation auch in<br />

<strong>de</strong>r Anlage <strong>de</strong>r Gräber zum Ausdruck brin~en wollen. Auf ähnliche Vorstellungen läßt auch<br />

<strong>de</strong>r Bau einer großen Grabkammer sch ließen, wie sie in Hüfingen aus massiven Eichenbohlen<br />

gefügt und mit einem Giebeldach abge<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong> (Abb. 2-4). Ein solcher unterirdischer<br />

Raum erfor<strong>de</strong>rte nicht nur ein en hohen Arbeitsaufwand, er bot auch reichlich Platz für die<br />

Unterbringung von Möbeln, Kleidung, Tafelgeschirr und Hausgerät - Beigaben, die immer<br />

auf einen hochgestellten Perso nenkreis beschränkt geblieben sind.<br />

Abb. 2


Der Reiter von Hüfingen 57


58 Gerhard Fin gerlin<br />

T atsächlich wird die Reichhaltigkeit d es im Hüfin ger Kammergrab nie<strong>de</strong>rgelegten Inventars<br />

nur in wenigen gleichzeiti gen Gräbern <strong>de</strong>s alamanni ehen G ebi ets erreicht. Auf sieben<br />

verschied ene Sach gruppen lassen sich die ein zel nen Fun<strong>de</strong> ve rtei len : Bewaffnung, Reitausrüstung,<br />

Trachtzubehö r, Geräte, G efäße, Mobiliar und Speisebeigaben. Leid er haben die<br />

Beraubung und unglückli che Umstän<strong>de</strong> bei d er Ent<strong>de</strong>ckung dazu geführt, daß über die Lage<br />

<strong>de</strong>r G egenstän<strong>de</strong> im Grab kein e genauen Angaben mögli ch sind. Im we entliehen wur<strong>de</strong>n aber<br />

Waffen und Trachtzubehö r - dabei ei n Spo rn - am Kö rper <strong>de</strong>s To ten gefun<strong>de</strong>n. Gefäße,<br />

Mo biliar und an<strong>de</strong>re T eile <strong>de</strong>r Reitausrüstung lagen im freien Raum zwisc hen Sarg und<br />

Kammerwän<strong>de</strong>n .


Der Reiter von Hüfingen<br />

S9<br />

Geht man davon aus, daß ein ursprünglich vorhan<strong>de</strong>ner Schild von <strong>de</strong>n Grabräubern<br />

entnommen wur<strong>de</strong>, liegt annähernd komplette Bewaffnung vor. Allerdings feh len mit Sicherheit<br />

Helm und Panzer, die aber ohnehin zu <strong>de</strong>n größten Seltenheiten gehören und offenbar<br />

nur von Königen, Fürsten und Heerführern getragen wur<strong>de</strong>n. Der Hüfinger Reiter besaß ein<br />

zweischneidiges Langschwert, die sogenannte Spatha, ei ne kürzere einschneidige Hiebwaffe<br />

(<strong>de</strong>n Sax), eine Lanze und einen leichteren Wurfspeer,<br />

vielleicht für die Jagd. Alle Waffen blieben<br />

nur in Bruchstücken erhalten (Abb. S). Sie sind von<br />

guter Qualität, die Spathaklinge damasziert und damit<br />

beson<strong>de</strong>rs elastisch und wi<strong>de</strong>rstandsfähig, <strong>de</strong>r Griff<br />

in einfacher Silbereinlegearbeit verziert. Im Vergleich<br />

mit <strong>de</strong>n e<strong>de</strong>lsteinbelegten Goldgriffschwertern älterer<br />

Zeit, die gera<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Alamannen verbreitet waren,<br />

wirkt diese Bewaffnung beschei<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>rs ist <strong>de</strong>r<br />

Gürtel zu beurteilen, von <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r Rahmen einer<br />

mit Gold- und Silberfä<strong>de</strong>n eingelegten (tauschierten)<br />

Schnalle erhalten hat (Abb. 6-7). Schon die äußerst<br />

seltene Verwendung von Golddraht für solche Einlegearbeiten<br />

gibt diesem Stück einen beson<strong>de</strong>ren<br />

Wert, <strong>de</strong>r durch die exzellente handwerkliche Ausführung<br />

bestätigt wird. Ein zweiter Gurt mit silbertauschierten<br />

Besatzstücken, wahrscheinlich für die<br />

Spatha, und Bronzebeschläge von <strong>de</strong>n Riemen <strong>de</strong>r<br />

Le<strong>de</strong>rschuhe vervollständigen das Bild, das wir uns<br />

von <strong>de</strong>r Tracht machen können (Abb. 6). Selbstverständlich<br />

läßt sich die Kleidung nicht mehr beurteilen,<br />

we<strong>de</strong>r im Material, da keine Stoffreste erhalten<br />

blieben, noch im Zuschnitt. Die sicher unvollständig<br />

überlieferte Ausstattung mit Geräten: Kamm, Messer<br />

und Schleifstein bietet nichts Ungewöhnliches und<br />

fin<strong>de</strong>t sich ähnlich auch in einfachen Inventaren. Dagegen<br />

ist die Beigabe mehrerer Gefäße aus verschie<strong>de</strong>nen<br />

Materialien eine im adligen Milieu weitverbreitete<br />

Sitte. Zu Tongefäß, Holzeimer und Holzteller<br />

tritt hier ein massiv gegossenes Bronzebecken (Abb. 8-<br />

8a), das aus einer Werkstatt <strong>de</strong>s Mittelmeergebietes<br />

stan1mt. Gefäße dieser Art, die in ihren Herkunfrslän<strong>de</strong>rn<br />

teilweise kirchlichen Zwecken gedient haben,<br />

zählten nördlich <strong>de</strong>r Alpen zu <strong>de</strong>n größten Kostbarkeiten<br />

und waren damit einem kleinen Kreis vermögen<strong>de</strong>r<br />

Leute vorbehalten. Wahrscheinlich han<strong>de</strong>lt<br />

es sich dabei teilweise um erbeutete Stücke, was ihren<br />

Wert sicher noch steigerte. Gera<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Alamannen<br />

wissen wir, daß sie im Gegensatz zu <strong>de</strong>n<br />

durchweg schon christlichen Franken auf ihren ltalienzügen<br />

die Kirchen nicht geschont haben.<br />

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Abb. 5<br />

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60 Gcrhard Fingertin<br />

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Abh. 7


61<br />

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Abb.


62 Gcrhard Fingerlin<br />

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3 b<br />

Abb. 'I


D er Rei[er von Hüfingen 63<br />

Zu <strong>de</strong>n Zeugnissen <strong>de</strong>r heimischen Kultur gehören dagegen die Möbelstücke, Rundtisch<br />

und Stuhl, von <strong>de</strong>nen lei<strong>de</strong>r nur gerin ge Res te geborgen wer<strong>de</strong>n konnten (Abb. 9). Aus <strong>de</strong>n<br />

wegen ihrer vorzüglichen Erhaltung berühmten Gräbern von Oberflacht bei Tutdingen kennen<br />

wir vollständig erhaltene Stücke, die uns das alarnannische Drechsler- und Schreinerhandwerk<br />

auf beachtlicher H öhe zeigen (Abb. 10). Davon ist bei <strong>de</strong>m Hüfinger Mobiliar, das noch<br />

durch einen Holzkasten mit Schiebe<strong>de</strong>ckel (Abb. 9) ergänzt wird, nicht allzuviel zu erkennen.<br />

Immerhin belegen die erhaltenen Teile eine reichhaltige Ausstattung, die man nur wegen<br />

<strong>de</strong>r feh len<strong>de</strong>n Bettstatt nicht als regelrechte Zimmereinrichtung bezeichnen kann. Die Bestimmung<br />

<strong>de</strong>r Holzarten ließ eine sorgfältige und zweckentsprechen<strong>de</strong> Auswahl <strong>de</strong>s Materials<br />

erkennen: die run<strong>de</strong> Tischplatte bestand aus Eschenholz, <strong>de</strong>r Stuhl aus Ahorn, <strong>de</strong>r vielleicht<br />

als kleine Truhe verwen<strong>de</strong>te Holzkasten aus Rotbuche.<br />

Abb. IO<br />

Als wertvollste Stücke, wohl schon zu Lebzeiten <strong>de</strong>s Besitzers, müssen die bei<strong>de</strong>n<br />

figürlich verzierten Silberscheiben gelten (Abb. 11 ), die in <strong>de</strong>r Laubschüttung (?) <strong>de</strong>s Kammerbo<strong>de</strong>ns<br />

lagen und wahrscheinlich nur <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Grabräubern entgangen sind. Sie<br />

gehörten zum Besatz ei nes Pfer<strong>de</strong>geschirrs, von <strong>de</strong>m außer<strong>de</strong>m noch ein kleiner, in germanischem<br />

Tierstil verzierter Riemenverteiler (Abb. 12) und mehrere bronzene Beschlagplättchen<br />

vorhan<strong>de</strong>n sind. Bei<strong>de</strong> Silberscheiben sind in gleicher Technik mit Hilfe eines Bildmo<strong>de</strong>ls aus<br />

dickem Blech getri eben. Ursprünglich saßen sie wohl auf einer eisernen Grundplatte, mit <strong>de</strong>r<br />

sie durch eine Ran<strong>de</strong>infassun g aus Bronzeblech verbun<strong>de</strong>n waren . Wie das Ganze auf <strong>de</strong>n<br />

Riemen <strong>de</strong>s Zaumzeuges befestigt wur<strong>de</strong>, läßt sich nicht mehr erkennen. Ungewöhnlich und<br />

im alamannischen Milieu fremdartig sind di e Motive, die wir aufbei<strong>de</strong>n Scheiben fin<strong>de</strong>n und als<br />

die ältesten christlichen Darstellungen auf süd<strong>de</strong>utschem Bo<strong>de</strong>n bezeichnen können . Hier sind<br />

sie allerdings nicht ent tan<strong>de</strong>n, so wenig wie das schon besprochene Bronzebecken mit seinem<br />

im Bo<strong>de</strong>nteil eingeritzten Kreuz. Ein<strong>de</strong>utig weisen die Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r thronen<strong>de</strong>n Muttergottes<br />

mit <strong>de</strong>m Jesuskind und <strong>de</strong>s über eine menschenköpfige Schlange stürmen<strong>de</strong>n Lanzenreiters<br />

auf die christlich-byzantinische Welt <strong>de</strong>s Sü<strong>de</strong>ns. Stilistische Ei nzelheiten führen uns nach<br />

Italien als wahrscheinlichem Entstehungsland . Die Motive selbst waren im Mittelmeerraum<br />

weit verbreitet und zählten zu <strong>de</strong>n Grundthemen <strong>de</strong>r kirchlichen Kunst.<br />

Nicht sicher zu beantworten ist die F rage nach <strong>de</strong>n Wegen, auf <strong>de</strong>nen eine so wertvolle<br />

Reitausrüstung in die H än<strong>de</strong> ihres letzten Besitzers gelangte. Han<strong>de</strong>l möchte man beinahe<br />

ausschli eßen. Eher schon ist an ei ne politisch motivierte Ehrengabe zu <strong>de</strong>nken, vielleicht aber<br />

auch einfach wie<strong>de</strong>r an ein Beutesrück, das <strong>de</strong>r Hüfinger Reiter auf einem ltalienzug von<br />

einem Offizier <strong>de</strong>r byzantinischen Armee gewonnen hat. Dafür könnte die Inschrift auf<br />

einer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Scheiben sprechen, die zwar nicht vollständi g ist, aber nur als Name eines<br />

früheren Eigenrümers ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n kann . Solche Kennzeichnungen sind vor allem im<br />

militäri schen Bereich üblich und haben dort eine lange Tradition. In je<strong>de</strong>m Fall be<strong>de</strong>utet die


64 Gerhard Fingcrlin<br />

Ah!> 11


Der Reiter von Hüfingen 65<br />

Darstellung <strong>de</strong>r Muttergottes und eines Reiterheiligen auf <strong>de</strong>n Zierplatten eines Pfer<strong>de</strong>geschirrs,<br />

daß sich <strong>de</strong>r ursprüngliche Besitzer, mit Sicherheit ein Christ, unter <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>r<br />

im Bild beschworenen Mächte stellte. Für <strong>de</strong>n aJamannischen Adligen, an <strong>de</strong>n diese kostbaren<br />

Scheiben übergingen, hatten diese Bil<strong>de</strong>r nich t unbedingt die gleiche Be<strong>de</strong>utung. Immerhin<br />

hat er seiner Ausrüstung einen "germanisch" verzierten Sporn und Beschläge hinzugefügt,<br />

die mit ihren stilisierten Tierköpfen (Abb. 12- 13) bestimmt nicht christlich interpretiert<br />

wer<strong>de</strong>n dürfen. Wir können allerdings auch nicht ausschließen, daß ein Mann dieses<br />

Ranges, königlich-fränkischem Vorbild verpflichtet, auch schon mit <strong>de</strong>r Vorstellungswelt <strong>de</strong>s<br />

neuen Glaubens vertraut war. Mehr als 100 Jahre waren seit <strong>de</strong>r Taufe Chlodwigs verflossen,<br />

und in die Lebenszeit <strong>de</strong>s Hüfinger Reiters datieren wir heute die Gründung <strong>de</strong>s Bistums<br />

Konstanz. Aus Gräbern <strong>de</strong>r gleichen Generation sind Goldkreuze bekannt gewor<strong>de</strong>n, die<br />

je<strong>de</strong>n Zweifel ausschließen, <strong>de</strong>r hier jedoch bleibt, verstärkt durch <strong>de</strong>n Nachweis eines<br />

Feuers am offenen Grab. Auch eine kleine Grabkirche hätte man erwarten dürfen. Christliche<br />

Motive beweisen also in diesem Fall nicht unbedingt christliche Vorstellungen . Der Hüfinger<br />

Reiter mag im Bild <strong>de</strong>s Lanzenträgers auch einen heidnischen Gon );esehen haben, einen<br />

Heros vielleicht o<strong>de</strong>r auch sein Abbild, gerüstet und siegreich, wie es adligem Selbstverständnis<br />

zu allen Zeiten entsprach.<br />

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Abb. 12<br />

Wie schon eingangs betont, erfassen wir mit diesem Reitergrab ein für die Landschaft und<br />

ihren A<strong>de</strong>l kennzeichnen<strong>de</strong>s Inventar, das durch <strong>de</strong>n Reichtum und die Vielseitigkeit seiner<br />

Fun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Stand unserer Erkenntnisse beträchtlich erweitert und in <strong>de</strong>r archäologischen wie in<br />

<strong>de</strong>r historischen Diskussion dieser Perio<strong>de</strong> neue Akzente setzt. Nicht zuletzt gibt eine Ent<strong>de</strong>ckung<br />

dieser Art Anstoß zu lan<strong>de</strong>sgeschichtlichen überlegungen. Der Nachweis einer<br />

A<strong>de</strong>lsfamilie überördicher Be<strong>de</strong>utung rückt Ortschaft und Umland in ein neues Licht. Es<br />

erscheint kaum als Zufall, daß Jahrhun<strong>de</strong>rte zuvor an gleicher Stelle ein römisches Kastell<br />

errichtet wor<strong>de</strong>n war, daß wenig später die karolingische Pfalz von Neudingen an <strong>de</strong>r Donau<br />

eine politische Schwerpunktbildung im gleichen Raum anzeigt. Offensichtlich waren in<br />

römischer, merowingischer und karolingischer Zeit ähnliche Gesichtspunkte für die Entstehung<br />

solcher Positionen maßgebend. Hier trifft eine wahrscheinlich schon in <strong>de</strong>r Vorgeschichte<br />

begangene Donaustraße mit <strong>de</strong>r Straße vom Schweizer Mittelland in <strong>de</strong>n Neckarraum<br />

zusammen. Wahrscheinlich fand die Ost-West-Verbindung noch eine Fortsetzung über <strong>de</strong>n<br />

Schwarzwald bis ins Oberrheintal, so daß Hüfingen als Kreuzungspunkt wichtiger Verkehrslinien<br />

angesprochen wer<strong>de</strong>n muß. Eine in <strong>de</strong>r Merowingerzeit hier ansässige Familie <strong>de</strong>s<br />

höheren A<strong>de</strong>ls ist kaum ohne einen Bezug zu diesen Fernverbindungen <strong>de</strong>nkbar. Naheliegend<br />

'; Schriften <strong>de</strong>r Baar } 1/76


66 G erhard Fingerlin<br />

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erscheint vielmehr ein e Kontrollfunktion, die in königlichem o<strong>de</strong>r herzoglichem Auftrag<br />

w3h rgenommen w ur<strong>de</strong>. A<strong>de</strong>lsgräber an and eren strategisch wichtigen Punkten verstärken die<br />

Vermutung, daß w ir hier die Spuren eines Systems erfassen, mit <strong>de</strong>s en Hilfe im alamannisehen<br />

Raum Herrschaft ausgeübt wur<strong>de</strong>.<br />

M it <strong>de</strong>m Hüfinger Kammergrab I, mit ein em ein z igen N eufund also, w ird ein bisher unbekannter<br />

militärischer, politischer und wirtschaftlicher Schwerpunkt sichtbar, <strong>de</strong>r die Besied<br />

lung <strong>de</strong>r umgeben<strong>de</strong>n L3ndschaft und ihre Geschichte im frühen Mittelalter wohl entschei<strong>de</strong>nd<br />

bestimmt hat.<br />

Ein e ausführliche Veröffentlichung dieses A<strong>de</strong>lsgrabes ist schon 1974 ersch ienen: G. FINGERLIN, Ein alamannisches<br />

Reitcrgrab aus Hüfingen. In: Studien zur vor- und fruh geschichtlichen Archäologie. Festschrift für<br />

Joachim Wemer zum 65. Geburtstag. Tei l II Fruhminelaltcr, S. 59 1-628, 11 Abbildungen, 6 Tafeln . Fun<strong>de</strong> heute<br />

im Lan<strong>de</strong>smuseum Karlsruhc.


67<br />

Die Orte im Achdorfer Tal<br />

zwischen <strong>de</strong>n<br />

Herrschaften Fürstenberg und Kloster St. Blasien<br />

von Paul Willimski<br />

mit 1 Abbildung<br />

Im Jahre 1065 war das Kloster St. Blasien durch das Immunitätsprivileg Kaiser Heinrichs<br />

VI. von <strong>de</strong>r grafschaftlichen Rechtssprechung befreit wor<strong>de</strong>n. Aber im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />

hatte das Gotteshaus durch Ankauf und durch Schenkungen viele neue Gebiete erworben, fü r<br />

die dieses Privileg nicht zutraf. Dazu geh0cten auch die Ortschaften Achdorf, überachen,<br />

die aus <strong>de</strong>m Besitz Schaffhauser Bürger im Jahre 1409, und die Dörfer Aselfingen, Eschach<br />

und Opferdingen, die als ehemalige Teile <strong>de</strong>r Herrschaft Blumegg in <strong>de</strong>n Jahren 1448 und<br />

1457 an das Kloster St. Blasien gelanj!ten.<br />

Die Verwaltung <strong>de</strong>r klostereigenen Gebiete war straff organlsien. D~rübe r erfahren wir<br />

aus <strong>de</strong>n Studien von HUGO OTT über die Geschichte <strong>de</strong>s Klosters St. Blasien im H ohen und<br />

Späten Mittelalter I ) fo lgen<strong>de</strong>s: "Der Klosteramtmann <strong>de</strong>s Amtes Villingen übt seine jurisdiktionellen<br />

Befugnisse in straffer Ordnung aus. Die zwölf Fronhofmeier <strong>de</strong>s Amtes Vi llingen<br />

wer<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Vorbereitung <strong>de</strong>r Dinggerichte beauftragt. Auf <strong>de</strong>n Gerichten obliegt ihnen<br />

die Aufgabe die Rü gen vorzutragen. Je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r zwölf Meierhöfe hat die Qualität eines ,Dinghofes'<br />

. Die Dinggerichte wur<strong>de</strong>n im Wechsel auf <strong>de</strong>n einzelnen Meierhöfen abgehalten."-<br />

[n <strong>de</strong>m Dingro<strong>de</strong>l <strong>de</strong>s Klosters, auf <strong>de</strong>n sich OTI beruft, wird auch <strong>de</strong>r Dinghof Achdo<br />

rf als herrschaftlicher Meierhof erwähnt. 1m Laufe <strong>de</strong>r Zeit - etwa um 1500 - stellte das<br />

Kloster die Eigenbewirtschaftung <strong>de</strong>s AchJorfer Meierhofes ein. Die zu diesem Hofe gehören<strong>de</strong>n<br />

Wiesen und Fel<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n an Achdorfer Einwohner zu Lehen und Zinslehen gegeben.<br />

Die Verwaltungs- und Gerichtsbefugnis e <strong>de</strong>s ehemaligen Dinghofmeiers wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m<br />

jeweiligen Achdorfer Ortsvogt übertragen, <strong>de</strong>r in sein er Eigenschaft als Vogt <strong>de</strong>s ehemaligen<br />

Verwaltungs- und G erichtsbezirkes <strong>de</strong>s Achdorfer Fronhofes <strong>de</strong>n Zusatztitel "Stabhalter"<br />

führte und im I amen <strong>de</strong>s " Ortsgerichts Achdorf" , wie das ehemalige Achdorfer Dinggericht<br />

ab 1500 ge nannt wur<strong>de</strong>, Gerichtssitzungen - allerdings nur noch für die Bewohner <strong>de</strong>s<br />

Tales - vorbereiten mußte. Außer<strong>de</strong>m hatte er das Recht, rkun<strong>de</strong>n, Kauf- und Tauschverträge<br />

<strong>de</strong>r Talbewohner zu beglaubigen 2).<br />

Zu <strong>de</strong>n Gerichtssirzungen in Achdorf e r ~chien als VorsitLen<strong>de</strong>r von dieser Zeit an nicht<br />

mehr <strong>de</strong>r Amtsvorgesetzte <strong>de</strong>s ehemalige n Amtes Villingen, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Obervogt <strong>de</strong>s<br />

Obervogteiamtes Ewattingen. Darüber erfahren wir aus Gerichtsurteilen aus <strong>de</strong>n Jahren 1491<br />

bis 1791 3 ).<br />

Durch Vergleiche dieser Urteile konnte festgestellt wer<strong>de</strong>n, daß die Vögte <strong>de</strong>r einzeln en<br />

Talorte gleichzeitig Geschworene <strong>de</strong>s Ortsgerichts Achdorf waren. Angelegenheiten, die nur<br />

<strong>de</strong>n jeweiligen Talort betrafen, kamen nicht vor das "Achdorfer Gericht", son<strong>de</strong>rn unterstan<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Verwaltung <strong>de</strong>s betreffen<strong>de</strong>n Orts vogts und seinen Geschworenen.<br />

Die Rechtssprechun g bei Zivil- und Verwaltungsfragen, soweit sie die Ortschaften<br />

Achdorf, Oberachen, Aselfingen, Eschach und Opferdingen betrafen, sowie die Aburteilung<br />

von Vergehen aller Art und die Ahndung kl einerer Verbrechen wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n fürstenbergi ­<br />

schen Regierungs- und Gerichtsstellen keineswegs in Frage ges tellt. Aber die fürstenbergischen<br />

Juristen - beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Obervogt in Blumberg - wehrten ich mit Recht dagegen,<br />

wenn es sich bei <strong>de</strong>n Aburteilungen um Fäll e han<strong>de</strong>lte, die nach <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Verbrechens vo r<br />

das Landgericht gehörten. Denn die Talorte gehörten nach wie vor <strong>de</strong>r fürs tenbergischen<br />

Landgrafschaft Baar an. irgend war durch Reichsbeschlu ß da~ Ausschei<strong>de</strong>n di eser O rte au<br />

<strong>de</strong>m Verband <strong>de</strong>r Landgrafschafr vcrfü!!( ,,'o r<strong>de</strong>n.


Die Talortc auf <strong>de</strong>r großen L3I;d,afcl Jer Baar um 161 0 o<strong>de</strong>r 1618 . Die Ortsansichten entsprechen weitgehend <strong>de</strong>m<br />

l.Hs:ichlil."hen Jama!igcn Zustand . Au(h die Bt:waldungsverhältnissc wer<strong>de</strong>n sogar hinsichtlich <strong>de</strong>r Baunlancn zutreffend<br />

,br);estellt. (Originalgröße)


Achdo rfer Tal 69<br />

Die Grafen von Fürstenberg pochten immer wie<strong>de</strong>r auf ihre lanc.lgrafs(haftlichen Rechte;<br />

d ie jeweiligen Abte <strong>de</strong>s Gotteshauses St. Blasien aber wandten sich immer wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Kaiser und baten um Privilegien, die sie auch erhielten.<br />

In ei ner Urkun<strong>de</strong> vom 24. Februar 1431 - also zu einer Zeit, da nur ein Teil <strong>de</strong>r Talorte<br />

schon <strong>de</strong>m Kloster gehörte - bestätigte <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche König Sigmund alle Privilegien <strong>de</strong>s<br />

Klosters St. Blasien. Diese Urkun<strong>de</strong> war in Nürnberg ausgefertigt wor<strong>de</strong>n 4 ).<br />

In einer an<strong>de</strong>ren Urkun<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m gleichen Datum, Nürnberg, 24. Februar 1431 , erklärt<br />

König Sigmund "die <strong>de</strong>m Abt und Konvent von St. Blasien an ihren Leuten, Vögten, Städten<br />

und Gerichten gegen die kaiserlichen Privilegien zugefügten Eingriffe für nichtig" und hefiehlt<br />

<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> genannten Grafen - darunter auch <strong>de</strong>r Graf von Fürstenberg - <strong>de</strong>m<br />

Kloster wie<strong>de</strong>r zu seinen Rechten zu verhdfen 5 ).<br />

Am meisten klagte das Kloster, daß fürstenbergische Polizeistreifen - meist von Blumberg<br />

aus - ins Achdorfer Tal eindrangen, um Untertanen <strong>de</strong>s Klosters, c.lie in <strong>de</strong>n Talorten<br />

wohnten, ohne Voranzeige ihres Vorhabens und ohne Genehmigung <strong>de</strong>s sankt blasianischen<br />

Obervogtes in Ewattingen festzunehmen und mit Gewalt vor das Landgericht nach Geisingen<br />

zu verschleppen.<br />

Das Haus Fürstenberg sowie das Kloster St. Blasien erkannten, daß c.lie Unklarheit n<br />

über die Rechtsbefugnisse bei<strong>de</strong>r Herrschaften geklärt wer<strong>de</strong>n mußten, um die unerfreulichen<br />

Zwistigkeiten und Reibereien aus <strong>de</strong>r Welt zu schaffen.<br />

So schloß das Haus Fürstenberg mit <strong>de</strong>m Gotteshaus St. Blasien am 9. August 1535 ein er:<br />

Vertrag, <strong>de</strong>r am 5. September 1603 erneuert wur<strong>de</strong> 6). In diesen Verträgen beschlossen die bei<strong>de</strong>n<br />

Parteien unter an<strong>de</strong>rem, was die Talorte betrifft, folgen<strong>de</strong>s:<br />

I. Das Fürstenbergische Landgericht kann auf Anrufen <strong>de</strong>r Parteien wi<strong>de</strong>r die sankt blasianisehen<br />

Untertanen Ladung zur Gerichtsverhandlung erkennen, rechtliche Prozesse in Gang<br />

bringen und durch arntliche Boten vollziehen lassen. Daneben aber ist es <strong>de</strong>m Kloster unbenommen,<br />

nach Ausweis seiner kaiserlichen Freiheiten gerichtlich exceptionem fori<br />

<strong>de</strong>clinatoriam vorzubringen, die Remission, welche dann in bürgerlichen Sachen geschehen<br />

soll, zu begehren, um die Erkenntnis zu gewinnen, ob die Sachen, darum die<br />

Untertanen <strong>de</strong>s Gotteshauses zum Landgericht gela<strong>de</strong>n sind, zu Recht bestehen.<br />

2. Die Grafen zu Fürstenberg wollen hinfort gegen die st. blasianischen Untertanen zu<br />

Aselfingen, Opferdingen, Eschach, Achdorf und Ubrachen (Uberachen) in bez ug auf<br />

gefängliches Einziehen alle unverweisliche Beschei<strong>de</strong>nheit geb rauchen, dagegen will das<br />

Kloster seine strafbaren Untertanen daselbst (in <strong>de</strong>n Talorten) nicht mehr aus <strong>de</strong>r Landgrafschaft<br />

gefänglich abführen, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>m 1534 in Achdorf erbauten Gefängnis züchtigen<br />

lassen. (Vor diesem Zeitpunkt ließ das Gotteshaus seine straffälligen und verurteilten<br />

Untertanen in einem Gefängnis seines Gebietes, aber außerhalb <strong>de</strong>r Landgrafschaft die<br />

Strafen verbüßen.)<br />

3. Der Ehebruch, er geschehe von verehelichten o<strong>de</strong>r ledigen Manns- und Weibspersonen,<br />

wird in <strong>de</strong>n Talorten von <strong>de</strong>n Grafen zu Fürstenberg bestraft. Die "Verfellung <strong>de</strong>r<br />

Jungfernschaft" wird im ersten und zweiten Fall, wenn nichts an<strong>de</strong>res hinzukommt, vom<br />

Kloster, im dritten Fall aber vom Landgericht bestraft. (Bestraft wur<strong>de</strong>n die Männer, die<br />

einer Jungfrau die Unschuld nahmen.)<br />

Trotz dieses Vertrages kam es in <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Jah ren und Jahrzehnten immer wie··<br />

<strong>de</strong>r zu übergriffen <strong>de</strong>r fürstenbergischen Behör<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Talorten. Darüber berichten uns<br />

Urkun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Jahren 1575 bis 1628, die uns im Generallan<strong>de</strong>sarchiv in Karlsruhe überliefert<br />

sind 7).<br />

Aus <strong>de</strong>r Vielzahl <strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Gotteshauses St. Blasien in <strong>de</strong>m oben erwähnten<br />

Zeitraum mögen nur zwei nachstehend auf,;ezeigt wer<strong>de</strong>n:<br />

In ei nem Schreiben <strong>de</strong>s Abtes und <strong>de</strong>s Konvents von St. Blasien vom 25. September 1575<br />

an <strong>de</strong>n Landgrafen zu Fürstenberg erhebt das Gotteshaus dagegen Einspruch, daß das


70 raul Willimski<br />

Fürstenbergische Landgericht ohne Benachrichtigung <strong>de</strong>r zuständigen DienststeLle <strong>de</strong>s Klosters<br />

die Untertanen Adam Melchior und Balthasar Gailinger aus Eschach durch Polizisten,<br />

die in s Achdorfer Tal einged rungen seien, zum Landgericht nach Geisingen hätten entführen<br />

lassen. In diesem Protesrschreiben beruft sich das Stift St. Blasien auf das ihm im Jahre 1431<br />

von König Sigmund gewährte Privileg. Daraufhin nahm das Landgericht seine Ladung <strong>de</strong>r<br />

Genannten zum Gericht zurück und ließ die bei<strong>de</strong>n Eschacher Bürger wie<strong>de</strong>r frei .<br />

Im J ahre 1628 wur<strong>de</strong> Martin Schütz aus <strong>de</strong>m Tal vor das fürstenbergische Landgericht<br />

befohlen. Auch in diesem Fall erhob St. Blasien Einspruch und hatte Erfolg damit.<br />

Als das Kloster im Jah re 16 12 die Reichsunmittelbarkeit erlangte, war aber in keiner<br />

Urkun<strong>de</strong> erwähnt wor<strong>de</strong>n, daß die Ortschaften <strong>de</strong>r ehemaligen Herrschaft Blumegg, die<br />

Sr. Blasien, wie bereits erwähnt, käuflich erworben hatte und die ei n Bestandteil <strong>de</strong>r Landgrafschaft<br />

Baar waren, nunmeh r <strong>de</strong>r Hohen Gerichtsbarkeit <strong>de</strong>s Reichsstifres unterstellt seien.<br />

Seit 161 2 gingen aber die fürstenbergischen Behör<strong>de</strong>n mit aller Vorsicht vor, wenn es sich darum<br />

han<strong>de</strong>lte, einen Bürger <strong>de</strong>r Talorte vor das Landgericht nach Geisingen zu la<strong>de</strong>n. Sie benachri<br />

chtigten zumeist zuvor da Obervogteiamt <strong>de</strong>s Gotteshauses in Ewattingen und baten um<br />

Auslieferung <strong>de</strong>r Beschuldigten. Aber trotz<strong>de</strong>m kam es hin und wie<strong>de</strong>r immer noch vor, daß<br />

die <strong>de</strong>m Landgericht Geisingen zugeordneten Polizeio rgane - meistens von Blumberg ausin<br />

die Talorte eindrangen und <strong>de</strong>n beschuldigten Bürger mit Gewalt zur Aburteilung vor das<br />

Landgericht schleppten. Dagegen protestierten die Beamten <strong>de</strong>s Freien Reichsstiftes Sr. Blas ien<br />

zu Recht und meist mit Erfolg. Aus mehreren Urkun<strong>de</strong>n erfahren wir, daß es <strong>de</strong>r fürstenbergischen<br />

Regierung nach <strong>de</strong>m Jahre 1612 gar nicht recht war, wenn sich ihre Beamten<br />

übergriffe auf das Gebiet <strong>de</strong>s Freien Reichsstifres St. Blasien erl aubten 8).<br />

Bei <strong>de</strong>n Streitigkeiten zwischen <strong>de</strong>m Gotteshaus St. Blasien und <strong>de</strong>m Hause Fürstenberg<br />

als Inhaber <strong>de</strong>r Grafschaftsrechte auf <strong>de</strong>r Baa r ging es jedoch nicht nur um die Ausübung <strong>de</strong>r<br />

H ohen Gerichtsbarkeit und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen Po lizeiaufgaben, son<strong>de</strong>rn auch um an<strong>de</strong>re<br />

Rechte, beson<strong>de</strong>rs aber um d ie Forstgerechtigkeit. Vo r rund dreihun<strong>de</strong>rt Jahren gab es in <strong>de</strong>n<br />

Wäld ern auf <strong>de</strong>n Gemarkungen <strong>de</strong>r Talorte so viele Wölfe, daß sie zu einer Landplage wur<strong>de</strong>n.<br />

Das erfahren wir aus Aktennotizen und Verhandlungsproroko ll en <strong>de</strong>s fürstenbergisc hen<br />

Obervogteiamtes Blumberg und <strong>de</strong>s Amtes Hüfingen aus <strong>de</strong>m Jahre 1685. Der für die Talo rte<br />

zuständi ge Obervogt <strong>de</strong>s Gotteshauses in Ewattingen erteilte <strong>de</strong>n Ortsvögten von Achdorf,<br />

überachen, Aselfingen, Eschach und Opferdingen die Genehmigun g, die Wölfe abschi eßen<br />

zu lassen. Da dieses Recht, Jagdgenehmigungen zu erteilen, aber ein Teil <strong>de</strong>r Forstgerechtigkeit<br />

war, die für alle Talorte nur <strong>de</strong>m Landgrafen zustand, kam es zu einem P rotestschreiben<br />

<strong>de</strong>s Blumberger Obervogres an <strong>de</strong>n Obervogt in Ewattingen. Um in dieser Angelegenhei t für<br />

d ie Zukunft Klarheit zu ~ c haffen , kamen die Beamten <strong>de</strong>s Landgrafen und <strong>de</strong>s Klosters noch<br />

im gleichen Jahr zu Verhandlunge n zusammen. Bei dieser Aussprache verwiesen die landgräfli<br />

chen Abgeordneten darauf, daß die Forstgerechtigkeit als ein Regal nur <strong>de</strong>n Landgrafen<br />

zustehe. Das Gotteshaus St. Blasien habe daher kei nerlei Berechtigung, die Erlaubnis zum<br />

Abschießen <strong>de</strong>r Wö lfe zu erteilen, auch wenn die Talo rte zum H errschafrsgebi et <strong>de</strong>s Klosters<br />

gehörten. Um aber <strong>de</strong>r Wolfsplage zu begegnen, verpflichtete sich die fürstenbergische Delegatio<br />

n - d ie Verhandlungen wur<strong>de</strong>n in Blumberg gefüh rt - dafür zu sorgen, daß die fürstenbergischen<br />

Jäger die Wö lf.: im Achdorfer Tal, auf <strong>de</strong>m Buch- und auf <strong>de</strong>m Eichberg absch ießen<br />

wür<strong>de</strong>n.<br />

Damit war dieser Streitfall zwischen <strong>de</strong>m Hause Fürstenberg und <strong>de</strong>m Gotteshaus<br />

St. Blas ien vorerst berei ni gt. Aber nur vo rerst, <strong>de</strong>nn immer und immer wie<strong>de</strong>r kam es zu<br />

Streitfällen bezüglich <strong>de</strong>r Auslegung <strong>de</strong>s Forstrechtes.<br />

Alljährlich strömten vor <strong>de</strong>r Emtezeit - beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n achtstun<strong>de</strong>n - ganze<br />

Scharen von Rehen vom Buch- und vom Eichberg ins Tal hinab und wei<strong>de</strong>ten dort auf <strong>de</strong>n<br />

Fruchtfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Talbewohner. Der durch das Wild angerichtete Scha<strong>de</strong>n war beträchtlich.<br />

Daß das wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Wild nicht abgeschossen wer<strong>de</strong>n durfte, war allen Talbewohnem bekannt.


Achdorfer Tal 7 1<br />

Daher vertrieben Männer, die von <strong>de</strong>n Ortsvögten dazu <strong>de</strong>n Auftrag erhalten hanen, durch<br />

das sogenannte "Blindschießen" das Wild. Beim Blindschießen wur<strong>de</strong> in die Luft geschossen.<br />

Die fürstenbergischen Verwaltungsbeamten - an ihrer Spitze <strong>de</strong>r Obervogt in Blumberg<br />

- protestierten heftig gegen dieses Blindschießen und verlangten von <strong>de</strong>n sankt blasianisehen<br />

Verwalrungsbehör<strong>de</strong>n, daß sie es umgehend zu verbieten hätten. Außer<strong>de</strong>m seien die<br />

Männer aus <strong>de</strong>n Talorten, die dieses Blindschießen durchgeführt hätten und weiter durchführen<br />

wür<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n fürstenbergischen Gerichten zu r Aburteilung zu überstellen.<br />

Das Obervogteiamt <strong>de</strong>s Klosters in Ewaningen stellte sich hinter seine Untertanen in <strong>de</strong>n<br />

Talorten und erklärte in einem Schreiben an <strong>de</strong>n fürstenbergischen Obervogt in ßlumberg, das<br />

"Blindschießen" sei keine "Wilddieberei", es ei notwendig, um die heranreifen<strong>de</strong> Frucht vor<br />

<strong>de</strong>m wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wild zu schützen 9 ) .<br />

Die Streitigkeiten wegen <strong>de</strong>s Blindschießens begannen im Juni 1659 und zogen sich bis in<br />

das Jahr 1660 hinein. Im Juni 1659 drangen fjjrstenbergische Jäger von Blumberg aus nachts<br />

in das Gebiet <strong>de</strong>r Talorte ein , und obgleich ii! auf <strong>de</strong>m Territorium <strong>de</strong>s Freien Reichsstiftes 10)<br />

nichts z u suchen hatten, paßten sie auf, wer da "blind schieße". Als Christoph Baumann,<br />

<strong>de</strong>r Schmied, und Jacob Haug, bei<strong>de</strong> wohnhaft in Achdorf, nachts mit ihren Gewehren beim<br />

Blindschießen unterwegs waren, wur<strong>de</strong>n sie von zwei fürstenbergischclI Jägern, bei <strong>de</strong>nen<br />

sich auch <strong>de</strong>r fürstenbergische Beamte Wolf aus Hüfingen befand, gesteIIr. Man nahm <strong>de</strong>n<br />

bei<strong>de</strong>n Achdorfer Bürgern die "Flinten" ab und schrieb ihre Namen auf. Darauf beschwerte<br />

sich <strong>de</strong>r Ewattinger Obervogt Weißer beim Kloster Sr. Blasien. Der Abt sch rieb einen Brief<br />

an <strong>de</strong>n fürstenbergischen Obervogt in Blumberg. In seinem Schreiben meinte <strong>de</strong>r Abt unter<br />

an<strong>de</strong>rem, seine Untertanen wür<strong>de</strong>n nicht wil<strong>de</strong>m, son<strong>de</strong>rn sieh nur gegen die Beschädigung<br />

ihrer Frucht durch das Wild wehren. Die Talbewohner seien eit Jahrhun<strong>de</strong>rten, ja schon z u<br />

Zeiten, als sie als Zugehörige <strong>de</strong>r H errschaft Blumegg noch gar nicht zum Reichsstift Sr. Blasien<br />

gehörten, berechtigt gewesen, "wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Vieh mit Rohren und Hun<strong>de</strong>n zu wehren".<br />

Der Obervogt und seine Jäger sollten sich nicht "als Richter ei ner Sache aufspielen, die rec htlich<br />

nicht anfechtbar" sei. Das Schreiben war vom 1. Juli 1659 datier( 9 ). Am 8. August 1659<br />

erhielt <strong>de</strong>r Prälat <strong>de</strong>s Klosters Sr. Blasien in sei ner Eigenschaft als Leiter <strong>de</strong>r Verwaltung <strong>de</strong>s<br />

Reichsstiftes die Antwort <strong>de</strong>r fürstenbergischen Verwaltung. Das Schreiben war unterzeichnet<br />

mit: " Rat und Oberamtleute <strong>de</strong>r Landgrafschaft Baar".<br />

In diesem Schreiben erklärten die verantwortlichen Beamten <strong>de</strong>r Landgrafschaft, daß das<br />

Haus Fürstenberg in <strong>de</strong>r gesamten Landgrafschaft die " Hohe Landgerichtliche und Forstli<br />

che Obrigkeit" innehabe. ie könnten es nicht dul<strong>de</strong>n, daß, wie festgestellt, allnächtlich bis<br />

zu 20 Mann aus <strong>de</strong>n Talorten mit Gewehren über Fel<strong>de</strong>r und Wiesen gingen und das Wild mit<br />

Schießen vertreiben wür<strong>de</strong>n. Sie hätten viel zu lange zugeschaut und erst versucht, gutwilli g<br />

auf die Talbewohner einzure<strong>de</strong>n . Das sei ohne Erfolg geblieben. Jetzt wür<strong>de</strong>n die fürstenbergischen<br />

Jäger je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n sie beim Blindschießen o<strong>de</strong>r mit einer Flinte auf <strong>de</strong>m Feld o<strong>de</strong>r<br />

im Wald erwischen wür<strong>de</strong>n, mit ins Fürstenbergische hinübernehmen.<br />

Der EWlnin ger Obervogt C lcmenz Wei{~ meinte in seiner schriftlichen Erwi<strong>de</strong>rung, daß<br />

das ~lindschießen kein Eingriff in die Forstgerechtigkeit <strong>de</strong>r Landgrafschafr darstelle. Es gehe<br />

doch chließlich nur darum, "die Talbewohner vor Scha<strong>de</strong>n an ihren Feldfrüchten zu bewahren".<br />

Das Obervogteia'llt Blumberg und die an<strong>de</strong>ren fürstenbergischen Dienststellen (Hüfingen)<br />

blieben bei ihrer Ansicht: "Den Talbewohnern ist das nächtliche Schießen zur Wildvertreibung<br />

zu verbieten" .<br />

och ein volles Jahr schrieben sich die bei<strong>de</strong>n Obervögte von Ewaningen und von<br />

Blumberg aus Briefe in dieser Angelegenheit. Je<strong>de</strong>r beharrte auf se inem Rech t und behauptete,<br />

er könne nicht an<strong>de</strong>rs entschei<strong>de</strong>n. Sie täten nur das, "was sie vor Gott und ihrer Herr chaft<br />

zu verantworten hätten". Die Dummen waren die Talbewohner. Trotz aller Proteste <strong>de</strong>s<br />

Reichsstiftes drangen die fürstenbergischen Jäger ins Achdorfer Tal ein und nahmen <strong>de</strong>n<br />

Blindschießern die Gewehre ab. Sie zu verhaften, dazu fehlte ihnen nun <strong>de</strong>r Mut, da sie eine


72 Pau l Willimski<br />

Klage <strong>de</strong>s Reichsstifres beim kaiserlichen Reichskammergericht bzw. <strong>de</strong>m H ofgericht in Ro ttweil<br />

verhin<strong>de</strong>rn wollten.<br />

So blieb alles beim aiten! Die T albewohner vertrieben mit Blindschießen das Wild von<br />

ihren Fel<strong>de</strong>rn und achteten dabei, daß ie von <strong>de</strong>n fürstenbergischen Jägern nicht erwischt<br />

wur<strong>de</strong>n . Die fürstenbergi ehen Jäger aber scheuten sich, Gewalt anzuwen<strong>de</strong>n, wenn sie einmal<br />

Glück hatten, einen Blind -chießer zu erwischen . Sie ließen es dann dabei bewen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>m<br />

Ertappten die Flinte abz unehmen.<br />

Die Gemein<strong>de</strong>n Opferdingen und Eschach, die in die Mühle nach Achdorf gebannt<br />

waren , stellten beim Kloster St. Blasien im Jah re 1705 <strong>de</strong>n Antrag, für diese bei<strong>de</strong>n Orte in<br />

Eschach eine neue Mühle zu errichten, da die Straße nach Achdorf beson<strong>de</strong>rs im Winter<br />

schlecht z u befahren sei. Ein Müller war schon gefun<strong>de</strong>n. Er hi eß Andreas Schmidt. Da<br />

Kloster erteilte dazu die Genehmigun g, zumal dieses Recht auch <strong>de</strong>n Grundherren zustand .<br />

Im Jahre 1706 war die Mühle erbaut; noch im gleichen Jahr begann <strong>de</strong>r Müller mit <strong>de</strong>m Betrieb.<br />

un tand aber die Mühle auf einer F läche, die einstmals Waldbo<strong>de</strong>n war, jedoch scho n<br />

vor rund einhun<strong>de</strong>rt Jahren - all erdings ohne Genehmigung <strong>de</strong>r fürstenbergischen Fo rstbehö<br />

r<strong>de</strong>n - gero<strong>de</strong>t wu r<strong>de</strong>. ach Ansicht <strong>de</strong>r landgräflichen Verwaltung unterstand also<br />

diese Fläche immer noch <strong>de</strong>r Forstgerechtigkeit, die all ein und unbestritten <strong>de</strong>m H ause<br />

Fürstenberg zustand. Dieses ebiet war nach Ansicht <strong>de</strong>r fürstenbergischen Behö r<strong>de</strong>n<br />

"Waldfläche", auch wenn darauf keine Bäume mehr stan<strong>de</strong>n. Sie durfte nicht ohne fü rstenbergische<br />

Genehmigung bebaut wer<strong>de</strong>n. Die Behör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Landgrafs haft, di e erst vo n d er<br />

Errichtung <strong>de</strong>r Mühle erfuhren, als sie bereits in Betrieb war, erh o ben Einspruch in Ewattingen<br />

und schickten gleichzeiti g ein en berittenen Jäger nach Eschach, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m "Bestandsmüller<br />

Schmidt" bei einer Strafandrohung von 100 T alern verbot, weiterhin zu mahlen . D er Müller<br />

aber, d er sich <strong>de</strong>n fürstenbergischen Behö r<strong>de</strong>n nicht verpflichtet fühlte und sich auf die ihm<br />

vom Gotteshaus St. Blasien erteilte Mahl genehmigun g berief, ging wei terhin seinem Mahlhandwerk<br />

nach. Vo rerst reagierten die fürstenbergisc hen Behör<strong>de</strong>n darauf nicht, und all e<br />

Bürge r im Tal glaubten , man habe sich auf fürstcnbergischer Seite mit <strong>de</strong>m Mühlenbau und<br />

<strong>de</strong>r Inbetriebnahme d er Müh!.: abgefun<strong>de</strong>n. Aber am 14 . Augu t 1709 fi elen Beamte <strong>de</strong>r<br />

fürstenbergischen Verwaltunh in Blumberg in die Eschacher Mühle ein und "zerstörten alle<br />

1 ühl engcräte mit Beilen und Ax ten, darunter auch das Wasserrad". Sie erklärten gleichzeiti g<br />

<strong>de</strong>r empörten Bürgerschaft, di e Zeuge <strong>de</strong>r Zerstörung war, "die Mühle sei wi<strong>de</strong>rrechtlich<br />

crb'lUt wor<strong>de</strong>n". D as H aus Fürstenberg habe dazu ke ine Genehmigung erteilt, und das<br />

Kloster St. Blasien habe ke in e Berechtigung, eine solche Baugenehmigung z u erteil en .<br />

och am gleichen Tage böchwerten sich <strong>de</strong>r Vogt von Achdorf in sei ner Eigenschaft als<br />

"Srabh3lter <strong>de</strong>s Kl osters in Tal" sowie di e Geschworenen all er T alo rte schriftlich beim<br />

1:.w.lltinger Obervogteiamt. Der Ewattin ger Obervogt berichtete um gehend nach St. Blasien<br />

weiter. In diesem Schreiben <strong>de</strong>s Obervogts hieß es unter an<strong>de</strong>rem: .,Alles ist ruiniert. Auch<br />

ein \V J s~e r graben wur<strong>de</strong> 7er,tÖn und auch die Bäume umgehauen" 11 ).<br />

Das Frei e Reichssti ft St. Blasien li eß sich d iesen übergriff nicht gefall en und verklagte die<br />

fü rstenbergische Regierun g. Es kam zu einem Prozeß vor <strong>de</strong>m Ro ttwei ler H ofgericht. Dort<br />

wur<strong>de</strong> festgestellt, daß die fü rstenbergischen Beamten "im übereifer gehan<strong>de</strong>lt hätten". Der<br />

C hef <strong>de</strong>s H auses Fürstenberg erklärte sich bercit , <strong>de</strong>m Kloster fü r die Zerstö rungen an <strong>de</strong>r<br />

Mühle eine Scha<strong>de</strong>nssummc zu zahlen. Ocr Bctrag, <strong>de</strong>r erst nach <strong>de</strong>m Gerichtsurteil von ei·ner<br />

unparteiischen Ko mmiss ion ge chätzr und festgesetzt wur<strong>de</strong>, ist uns in se in er H öhe lei<strong>de</strong>r<br />

nicht liberliefert. Das Kloster li eß :Iuf seine Kostcn <strong>de</strong>m Müller all e beschädigten Gebäu<strong>de</strong>teile<br />

und Geräte ersetzen . Das Gericht hatte weiter entschie<strong>de</strong>n , daß <strong>de</strong>r Müller weitermahlen<br />

dürfe 11 J. Da~egen erhob die iürstlich-fürstenbergische Regierung kein e E inwän<strong>de</strong>.<br />

Um die Zwisti gkei ten zwischen <strong>de</strong>m Freien Reichsstift SJnkt Bla ien und <strong>de</strong>m H ause<br />

Fürstenberg endlich für ein en längeren Zei tr:lUm zu beseitigen, kamen die Räte <strong>de</strong>r Landgrafschaft<br />

(im Bereich d es Fürstentums Fürstenberg) und <strong>de</strong>s Rei chsstiftes zu Verhandlungen


Achdo rfer Tal 73<br />

zusammen, die sich, unterbrochen durch mehrere Pausen, vom 30. Juni 1723 bis zum Jahre<br />

1724 hinzogen.<br />

In <strong>de</strong>n Jahren 1695- 1697 hatte <strong>de</strong>r damalige Rep räsentant <strong>de</strong>s Löffinger Zweiges, Landgraf<br />

earl Egon zu Fürstenberg, beim Kloster Sr. Blas ien Darlehen aufgenommen. Die Gesamtsumme<br />

betrug 4000 G ul<strong>de</strong>n. " Wegen an<strong>de</strong>rer wichtiger Ausgaben", so heißt es in ein em<br />

Schreiben <strong>de</strong>s Fürsten Joseph Ernst zu Fürstenberg als Erbe <strong>de</strong>s Landgrafen vom 25. Mai 1724<br />

an <strong>de</strong>n Abt <strong>de</strong>s Reichsstiftes Sr. Blasien, "konnte das Darlehen vorerst nicht zurückgezahlt<br />

wer<strong>de</strong>n". Mit <strong>de</strong>n angewachsenen Zinsen betrug die Gesamtschuld <strong>de</strong>s H auses Fürstenberg,<br />

die es beim Kloster Sr. Blasien hatte, im Jahre 1724 insgesamt 2 1283 Gul<strong>de</strong>n und 15 Kreuzer.<br />

Bei <strong>de</strong>n Verhandlungen um die Beseitigung <strong>de</strong>r Zwistigkeiten zwischen <strong>de</strong>m Kloster<br />

Sr. Blasien und <strong>de</strong>m H ause Fürstenberg kamen die Fü rstenberger Beamten am 30. Juni 1723<br />

und am 26. Mai 1724 auch auf diese Schuld <strong>de</strong> ~ H auses Fürstenberg zu sprechen. Sie machten<br />

<strong>de</strong>n Vo rschlag, gegen eine weitere Stundung <strong>de</strong>s Darl ehens ohne wei tere Verzinsung, "die<br />

umstrittene Gerichtsbarkeit und die Rechte <strong>de</strong>r Landgrafen 13) in <strong>de</strong>n Talorten , ausgenommen<br />

die H ohe und ie<strong>de</strong>re Jagdbarkeit und <strong>de</strong>n f orstbann" , auf fünfzig Jahre <strong>de</strong>m Gotteshaus<br />

Sr. Bl as ien zu verpfän<strong>de</strong>n 14 ) .<br />

Im G enerallan<strong>de</strong>sarchiv Karlsruhe ist uns ferner eine Quittung <strong>de</strong>s Fürsten frobenius<br />

Ferdinand von Fürstenberg-Meßkirch vom I. Juli 172 4 überliefert, aus <strong>de</strong>r hervorgeht, daß<br />

das Haus Fürstenberg für 20000 Gul<strong>de</strong>n als Kaufschilling - so heißt es in <strong>de</strong>r Quittung­<br />

"seine Rechlt in <strong>de</strong>n sogenannten Talorten an <strong>de</strong>r Wutach - Achdorf, Oberachen, Aselfingen,<br />

Opferdingen und Eschach - für fünfzig Jahre an Sr. Blasien verpfän<strong>de</strong>t hat" 15).<br />

Der Pfandschafrsvertrag lief im Jahre 1774 ab. Man war aber auf bei<strong>de</strong>n Seiten interessiert,<br />

ihn zu ern euern. Gleichzeitig wollte man <strong>de</strong>n zu erneuern<strong>de</strong>n Vertrag noch in einigen<br />

Punkten verbessern . Mit <strong>de</strong>n Verhandlungen begann man am 25. Juli 1780. Die führen<strong>de</strong>n<br />

Köpfe d er fürstenbergischen Delegation waren <strong>de</strong>r Geheime Rat und Regierung präsi<strong>de</strong>nt<br />

Kar! Freiherr von Laßberg sowie die H ofräte Lenz und SchGrer. Für das Reichssti ft St. Blas ien<br />

verh an<strong>de</strong>lten <strong>de</strong>r G eheim e Rat und Kanzler H err vo n Lempenbach und <strong>de</strong>r Rats- und Landschreiber<br />

H err von Gerbert.<br />

Am 11 . September 1780 kamen die bei<strong>de</strong>n Delegationen zu einem Ergebnis. Darüber<br />

erfahren wir aus <strong>de</strong>m Verhandlungsproroko ll fo lgen<strong>de</strong>s: 16)<br />

I. Man war fest entschlossen, die Anno 1724 vereinbarte pfandschaft für di e Talorte Achdo<br />

t-f, Oberachen , Aselfingen, Opferdingen und Eschach "gänzlich zu berichtigen und <strong>de</strong>n<br />

gefaßten E ntschluß ins rein e zu bringen".<br />

2. Strittig war bei <strong>de</strong>r Verhandlung, di e in Schluchsee geführt wur<strong>de</strong>, das Steuerwesen. Dieses<br />

war bei <strong>de</strong>r Vertragsschließung Anno 1724 ausgekl ammert wor<strong>de</strong>n. Nun wur<strong>de</strong> man sich<br />

auch darüber einig.<br />

3. Man war jetzt auf bei<strong>de</strong>n Seiten entschlossen, auch die an<strong>de</strong>ren Probleme, die zwischen<br />

<strong>de</strong>m Hause Fürstenberg und <strong>de</strong>m Reichsstift bestan<strong>de</strong>n, zu klären und zu regeln. So zum<br />

Beispiel das seit langem umstrittene Kirchenrechnungswesen zu Lempach, Mauehen und<br />

Oberwangen. Man wollte in dieser Angelegenheit eine gütliche Lösung fin<strong>de</strong>n .<br />

4. Man einigte ich ferner über die Abgrenzungen <strong>de</strong>r Rechte zwischen <strong>de</strong>n Pfarreien Bettmaringen<br />

und Oberwangen.<br />

Aber die Hauptpunkte <strong>de</strong>r Verhandlung und <strong>de</strong>s beabsichtigten erneuerten Pfandschafrsvertrages<br />

waren nach wie vor die Rechte und Gerechtigkeiten in <strong>de</strong>n Talorten. Das Gotteshaus<br />

Sr. Blas ien bestand als Lan<strong>de</strong>sherr auf <strong>de</strong>r Ausübung <strong>de</strong>r H ohen Gerichtsbarkeit in <strong>de</strong>n<br />

Talorten. Es berief sich dabei auf seine P.eichsunmittelbarkeit se it 1612 . Mit <strong>de</strong>r Ausübung<br />

dieses Rechtes waren nach <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s Schwäbischen Kreises Patrouillen durch<br />

berittene Polizei posten verbun<strong>de</strong>n, auf die das Kloster als Lan<strong>de</strong>s herr keineswegs verzichten<br />

wollte. Es hatte sich lange dagegen gewehrt, daß die Patrouillenritte im Gebiet <strong>de</strong>r Talorte<br />

durch fürstenbergische Jäger durchgeführt wur<strong>de</strong>n.


74 Paul Willim,ki<br />

Das Haus Fürstenberg wollte im erneuten Pfandschaftsvertrag verbindlich festgelegt<br />

wissen, daß es weiterhin das volle Jagdrecht in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Talorte ausüben könne und<br />

dürfe. Die D orfvögte <strong>de</strong>r Talo rte, die durch eine Delegati on bei <strong>de</strong>n Verhandlungen, soweit sie<br />

die T alo rte betrafen , vertreten waren, wiesen auf die Schä<strong>de</strong>n hin, die, wie schon im vorigen<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt, auf ih ren Fel<strong>de</strong>rn durch das wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Wild angerichtet wor<strong>de</strong>n waren, und verlangten,<br />

daß sie das Recht erhielten, wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Wild durch Blindschießen zu vertreiben. Die<br />

Vertreter <strong>de</strong>s H auses Fü rstenberg lehnten diesen Antrag entschie<strong>de</strong>n ab, versprachen aber, alles<br />

zu tun, d amit die fürstenbergischen Jäger durch Abschießen <strong>de</strong>s Wil<strong>de</strong>s die T albewohner<br />

von weiteren Schä<strong>de</strong>n bewahren wür<strong>de</strong>n.<br />

Im ovember 1780 war <strong>de</strong>r erneuerte Pfandschaftsvertrag unter Dach und Fach. Aus<br />

kulturhistorischen Grün<strong>de</strong>n wird er nachstehend im W o rtlaut w ie<strong>de</strong>rgegeben. Zum besseren<br />

Verständn is <strong>de</strong>s T extes w u r<strong>de</strong> nur an ein zelnen Stellen die Orthograph ie geän<strong>de</strong>rt 16), 17).<br />

"Der ern euerte Pfandschaft vertrag zwischen <strong>de</strong>m H ochfürsrlichen Haus Fürstenberg<br />

und <strong>de</strong>m H ochfürstli chen Reich sti ft St. Bl asien. - Kund und z u wissen sei hi ermit: Demnach<br />

zwischen <strong>de</strong>m Hochfürstlichen Haus Fürstenberg und <strong>de</strong>m H ochfürstlichen Reichsstift<br />

St. Blasien auf <strong>de</strong>m Schwarzwald 7.ur Beibehaltung guter nachbarlicher Beziehung und zur<br />

Beendigung wegen einiger Rechte und Gerechtigkeiten erwachsenen Spänne und Irrungen am<br />

30. Juni 1723 ein gütli cher Vertrag und Pfandschaftsrezeß errichtet und vermöge <strong>de</strong>sselben<br />

von seiten <strong>de</strong>s Hochfür t1i chen H auses Fürstenberg all e in obbenannten Ortschaften (die Talo<br />

rte) innegehabten Rech te p fa ndschaftsweise an das Reichsstift St. Blasien abgetreten wor<strong>de</strong>n<br />

sind, haben sich die Parteien vereint und ve rglichen, die Pfandschaft von 1723 zu prolo ngieren<br />

und zwar auf die Art und Weise wie hernach folgt:<br />

Erstens wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m H ochfürs rli chen Haus Fü rstenberg die ihm in <strong>de</strong>n Talo rten<br />

- Achdorf, Oberachen, Aselfi ngen, Eschach und Opferdingen - zustehen<strong>de</strong> Jura und G e­<br />

rechtigkeiten mit alleiniger Ausnahme <strong>de</strong>r Hohen und <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>ren Jagdbarkeit, die beim<br />

H ochfürsrli chen H aus Fürstenberg verbleibt, <strong>de</strong>m H ochfürsrli chen Reichsstift St. Blasien auf<br />

eine weitere Zei t von dreißig Jahren, nämlich mit Juni 1803 endigend, pfandrechrlich überlassen<br />

, <strong>de</strong>rmaßen, d aß es bei allen Artikeln und Klause ln <strong>de</strong>s vorausgegangenen Vertrages verbleibt.<br />

Zweitens bleibt <strong>de</strong>r Pfandschilling bei d er Summe, die schon Anno 1753 in H öhe von<br />

zwanzigtausend Gul<strong>de</strong>n erl egt wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Drittens steht <strong>de</strong>m H ochfürstlichen H aus Fürstenberg erst mit Verfluß <strong>de</strong>r prolongierten<br />

Pfa ndschafts jahre frei, nach ein er vo rgängigen halb jährigen Aufkündigung <strong>de</strong>n Pfandschilling<br />

an heim zu zahlen und die verpfän<strong>de</strong>te Jura wie<strong>de</strong>rum an sich zu z iehen. Also kann gleichergestalten<br />

d as Hochfürsrliche Reichsstift erst mit Ausgang <strong>de</strong>r dreißigjährigen Prolongation<br />

nach gleichmäßig vorgängiger halbjähriger Kündigung die Rückzahlung <strong>de</strong>s Pfandschillings<br />

verlangen .<br />

W enn aber v iertens nach ve rfl ossener Pfandschaftszeit die Aufkündigun g we<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m<br />

einen no ch <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Teil ~esc h e hcn wür<strong>de</strong>, so soll alsdann die Pfandschaft auf ein weitere<br />

Jahr hinaus prolongiert sein , mithin die unterbleiben<strong>de</strong> Aufkündigung keinem Teil zum Nachteil<br />

gereichen.<br />

Fiillfte175 hat das H ochfürstli chc Reidlsstift St. Blasien 7U E~chac h wie<strong>de</strong>rum das in Zerfall<br />

sich befun<strong>de</strong>ne Kapbncih.,u 1 S) erneuert und w ill es mit <strong>de</strong>r Kapelle von einer Mauer umfangen<br />

lassen. Wenn aber <strong>de</strong>r Pbtz für Kapell e und Kaplaneihaus n.lch Erlöschen <strong>de</strong>s Pfandschaftsvertrages<br />

wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>m Haus Fürstenberg zufallen wird, so gibt das H ochfürstliche<br />

Haus jetz t schon das Versprechen, daß Kapelle und Kaplaneihaus weiterhin nur <strong>de</strong>m Kloster<br />

Sr. Blasien verbindlich seien .<br />

Sechstens: Obgleich sich im PFandschait vertrag das H ochfürsdiche Haus Fürstenberg<br />

die Jagdbarkeit vorbeh.llten hat. so verz.ichtet es <strong>de</strong>nnoch darauf, bei Kirchweihen in <strong>de</strong>n<br />

Talonen d.ls ,.Standgeld" 19) ,,·ie bisher üblich, an die fürstenbergischell Jäger z u zahlen. Dem


Achdorfcr Tal 75<br />

Hochfürstlichen Reichsstift ist es nicht verwehrt, nunmehr das Geld von sich aus einzuziehen<br />

und z u verrechnen.<br />

Zu wahrer Bekundung <strong>de</strong>ssen, was nun beschlossen ist, haben von seiten <strong>de</strong>s Hochfürstlichen<br />

Hauses Fürstenberg <strong>de</strong>r regieren<strong>de</strong> Fürst und Herr Joseph Wenceslav und von seiten<br />

<strong>de</strong>s Hochfürsdichen Reichsstiftes Sr. Blasien <strong>de</strong>r regieren<strong>de</strong> Abt Herr Martin, Hochfürstliche<br />

Gna<strong>de</strong>n, neben <strong>de</strong>m Herrn Dekan und <strong>de</strong>m gesamten Lö blichen Kapitel zwei gieichlautend<br />

verfaßte Dokumente, die je<strong>de</strong>m Teil zugestellt wur<strong>de</strong>n, eigenhändi g unterschrieben und ihre<br />

fürstliche Insiegel darauf drucken lassen.<br />

So geschehen, <strong>de</strong>n 7. in Donaueschingen und <strong>de</strong>n 9. in Sr. Blasien im Monat November<br />

im eintausendsiebenhun<strong>de</strong>rtundachtzigsten Jahr. ,Joseph Wenzel, Fürst zu Fürstenberg<br />

Martin, Abt und Fürst'. "<br />

Damit waren die Streitigkeiten zwi~chel1 <strong>de</strong>m H ause Fürstenberg und <strong>de</strong>m Freien<br />

Reichsstift au <strong>de</strong>m Wege geräumt. Wenn es in einzelnen Fällen noch zu Reibungen zwischen<br />

<strong>de</strong>m fürstenbergischen Obervogt in Billmberg und <strong>de</strong>m Obervogl <strong>de</strong>s Reichsstiftes in Ewattingen<br />

kam, so waren das unbe<strong>de</strong>ute~ld e Fälle, die dadurch zu erklären waren, daß <strong>de</strong>r damalige<br />

fürstenbergische Obervogt in Blumberg <strong>de</strong>n erneuerten Pfandschaftsvertrag nur ung'enügend<br />

kannte. In allen diesen Fälien wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r " übereifrige Obervogt" vor. <strong>de</strong>r fürstenbergischen<br />

Regierung in seine Schranken gewiesen. Zu einer weiteren Erneuerung <strong>de</strong>s Vertrages<br />

kam es nicht. Mit d em übergang sowohl <strong>de</strong>r fürstenbergischcr. Lan<strong>de</strong> ais auch <strong>de</strong>s Gebietes<br />

<strong>de</strong>s Freien Reichsstiftes an das Großherzogturn Ba<strong>de</strong>n waren die Probleme ein für alle Male<br />

gelöst.<br />

E rläute run g en<br />

F.r.A. = Fürstl ich rür.slL'n b('rg i ~l·ht's Archiv Dun .lllL'~chinh(.·n<br />

C.LA. = Cenerallandcsarchiv Karbruhe<br />

I) Veröff. d . Komm. r. geseh. Landc> kundc Bd .-Wllbf\. 2 7 , S. 28, 1963<br />

2) C. L.A. Abrlg. 229<br />

3) C.LA.229125570-26 57;<br />

4) C.LA. r. 678, S.if.", und Klö;rcr, KUlI\' . 48<br />

5) C.LA. Kai,"r- und KÖllIg>urkun<strong>de</strong>n Nr. 703<br />

6) f.F.A . Bist. B88 Lat. 1 Vol. VII<br />

7) C.LA.129/ 26568<br />

8) F.I'. A. A E 3 Vo l. III<br />

9) F.F. A. Cist. 88 01. VII<br />

10) Freies Reichsstif. sei . 16 12<br />

11) C. L A.229/26563<br />

12) C. L A.229/26564<br />

J 3) Ocr rürsl 7U h.irstc nb er~ \yar glL',d17c..'itig L J.lld~ r-;lf dt'r 13.1.1r.<br />

14) C. L. A. Pfa ndrecht, Kom. 98<br />

15) C.LA. Pfandrecht, Kon\'. 9H<br />

16) C.LA. Pbndn,cllt, Kml\. %<br />

17) C.L.A. PLtndrecht, !-- o,1'. 9h<br />

lS ) Kin:hlidl war Lsd1J...:h cJJIll:d .. eine Fihall I..lcf PLlr"I..·; ~htnltdr!n;' : l.'"n, iJ,r l - lIr~l l u Für .... t L"n lu:r~ \.\ 11 P.llrLtn.ll,III,'!T<br />

sowohl <strong>de</strong>f Plarrc,j Munc..h:ifinscn. dit, ~\UI f:ir ... tl..·nbt q.:.i-;I..'h('TP T .: r!""ihJrtUm IJ.~ , .11 ... ,lU l.·O Jer K.lpl.l:1C'i 1 .... ~ ·I Lll..h. Jll<br />

au f dl'm Gt·bil'[ dl' .... K,('ich ........ ti !l l· .., ~t. öl .... iL'll lJt! ,<br />

19) StanJgl..'ld =- dil' Gl'bi.lhr. dl~ d!1.' Sch.1u .... ll'lIer lI~J ~ 1.1I11..i11..'1 lwi " irl. :1 \\ l'ih ..'11 lum J\u!'\I.:Ih-n l11 n' r I.\l.lnlll' eml ;llHt I'<br />

lll 11 f~tL'n.


76<br />

Die strategische o<strong>de</strong>r "Kanonenbahn ce<br />

Immendingen - Waldshut<br />

von Reimar Zeller<br />

mit 7 Abbildungen<br />

Seit Jahren beschäftigt sich eine zunehmend breitere Offentlichkeit mit <strong>de</strong>r am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Baar liegen<strong>de</strong>n Eisenbahnverbindunt; von Immendingen (Hintschingen) nach Waldshut. Vor<br />

allem <strong>de</strong>r geplante Rückbau <strong>de</strong>r 1955 für <strong>de</strong>n Personenverkehr stillgelegten Bahnstrecke hat<br />

Eisenbahnhistoriker, Umweltschützl'r, Frem<strong>de</strong>nverkehrsunternehmungen und nicht zuletzt<br />

die anliegen<strong>de</strong>n Kommunen auf <strong>de</strong>n Plan gerufen. Gerne sähe man sie unter Denkmalschutz<br />

gestellt und als "Muse umsbahn" <strong>de</strong>m Zugriff nüchtern kalkulieren<strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong>n entzogen.<br />

Der einstmals strategische Zweck hat ihr <strong>de</strong>n Beinamen "Kanonenbahn" eingebracht, und<br />

wegen ihrer zahlreichen Windu ngen und Schleifen die Fützener Wanne hinauf auf die Höhe<br />

<strong>de</strong>s Aitrachtales bei Zollhaus-Blumberg hat sie <strong>de</strong>r Volksmund auch " Sauschwänzle-Bahn"<br />

getauft. Den technisch Interessierten, aber auch <strong>de</strong>n Heimatkundler, muß es reizen, <strong>de</strong>r<br />

Geschichte dieser Bahnlinie nachzugehen, zumal sie, einst als Nebenstrecke geplant, doch zu<br />

<strong>de</strong>n aufwendigsten Bahnkonstruktionen <strong>de</strong>s 1870/7 1 neu ent tan<strong>de</strong>nen Deutschen Reiches<br />

gehörte. Als am 20. Mai 1890 nach kaum zweijähriger Bauzeit die feierliche Einweihung<br />

erfolgte, wußte je<strong>de</strong>rmann , daß hinter diesem technisch kühnen Bauvorhaben die Reichsmilitärverwaltung,<br />

genauer <strong>de</strong>r Große Generalstab in Berlin , stand. " Preußen" sagte man<br />

damals und nicht so seh r: "das Reich" ! Es gin g um nichts Geringeres, als eine Verbindung <strong>de</strong>s<br />

eben erst erworbenen Lan<strong>de</strong>s Elsaß- Lothringen mit <strong>de</strong>n südlichen Teilen <strong>de</strong>s Reiches zu<br />

schaffen. Es galt, unter Umgehung <strong>de</strong>r Schweizerischen Kantone Schaffhausen und Basel, das<br />

Großherzogturn Ba<strong>de</strong>n mit sei nen Garnisonen und Munitionsfabriken und darüber hinaus di e<br />

Königreiche Württemberg und Bayern mit <strong>de</strong>m Elsaß, insbe on<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>r Festung Belfort<br />

zu verbin<strong>de</strong>n. Bisher mußte auf einer Länge von 28 Kilometer immer wie<strong>de</strong>r schweizerisches<br />

Gebiet durchfahren wer<strong>de</strong>n. Immerhin hatte <strong>de</strong>r Badische Staat 1852 mit <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft einen Staatsvertrag betreffend <strong>de</strong>r Weiterführung <strong>de</strong>r Badischen Eisenbahnen<br />

über schweizerisches Gebiet abge ch lossen, in<strong>de</strong>m auch Krisenfälle geregelt waren. Als<br />

aber 187 1 im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Reich ausgerufen wur<strong>de</strong>, tauchten für die<br />

Verrrags partner nicht mehr zu übersehen<strong>de</strong> Schwierigkeiten auf. In einer Denkschrift <strong>de</strong><br />

Bun<strong>de</strong>srates an <strong>de</strong>n Reichskanzler Bismarck aus <strong>de</strong>m Jahre 1885 heißt es:<br />

" Die bestehen<strong>de</strong> Eisenbahnverbindung zwischen <strong>de</strong>n südlichen Teilen <strong>de</strong>s Elsaß und<br />

<strong>de</strong>s Großherzogtums Ba<strong>de</strong>n einerseits und <strong>de</strong>n übrigen südlichen Teilen <strong>de</strong>s Reichs<br />

an<strong>de</strong>rerseits, nämlich die Bahnlinien: Mühlhausen-Sr. Ludwig-Leopoldshöhe-Basel­<br />

Waldshut-Singen-Konstanz, sowie Zell-Schopfheim-Lörrach-Basel durchschnei<strong>de</strong>n<br />

die schweizerischen Kantone Basel und Schaffhausen.<br />

Der wegen H erstellung dieser Bahnen zwischen <strong>de</strong>m Großherzogturn Ba<strong>de</strong>n und<br />

<strong>de</strong>r schweizerischen Eidgenossenschaft abgeschlossene Vertrag, betreffend die Weiterführung<br />

<strong>de</strong>r badischen Eisenbahnen über schweizerisches Gebiet, vom 27. Juli<br />

1852 behält im Artikel 38 <strong>de</strong>r schweizerischen Bun<strong>de</strong>sregierung, sowie <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n<br />

Kantonsregierungen das Recht vor, das Eigentum und <strong>de</strong>n Selbstbetrieb einer<br />

o<strong>de</strong>r sämtlicher auf ihrem Gebiete befindlichen Bahnstrecken, nach vorausgegangener<br />

fünf jähriger Kündigung, jedoch keineswegs vor Ablauf eines fünfundzwanzigjährigen<br />

Betriebes an sich zu ziehen. Bezüglich <strong>de</strong>r Fortsetzung <strong>de</strong>r Bahn von<br />

Waldshut nach <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nsee ist im Artikel 6 <strong>de</strong>s Vertrages vom 30 . Dezember 1858,<br />

und zwar in Abän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Bestimmungen im Artikel 38 <strong>de</strong>s Hauptverrrages vom<br />

27. Juli 1852 das Recht <strong>de</strong>s Rückkaufs nicht vor Ablauf eines fünfzigjährigen


Kanonenbahn<br />

77<br />

BLUMBERG-<br />

I<br />

,<br />

I<br />

,<br />

\<br />

789,6<br />

...<br />

~B \ l.lmeg


78 Reimar Zeller<br />

Hervor7.uheben ist, daß diese Bahnstrecken, soweit sie auf schweizerischem Geb<br />

iete liegen, für <strong>de</strong>utsche Militärtransporte nicht frei benutzbar sind. Es haben zwar<br />

früher zwischen <strong>de</strong>m Großherzogtum Ba<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Schweiz Abmachungen stattgefun<strong>de</strong>n,<br />

welche eine bedingte Benutzung <strong>de</strong>r Bahn zur Durchführung <strong>de</strong>utscher<br />

Truppen durch die schweizerischen Gebietsteile gestatten. Diese Abmachungen<br />

haben aber später Modifikationen erlitten, durch welche jene Befugniß <strong>de</strong>rart<br />

eingeschränkt ist, daß ihr eine praktische Be<strong>de</strong>utung nicht mehr beigelegt wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Auch wenn diese Einschränkun gen im Wege erneuter Verhandlungen mit<br />

<strong>de</strong>r Schweiz beseitigt wer<strong>de</strong>n könnten, wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r letzteren immer das Recht vorbehalten<br />

wer<strong>de</strong>n müssen, die Transporte zu untersagen, sobald das rnteresse ihrer<br />

Sicherheit o<strong>de</strong>r Neutralität solches zu erfor<strong>de</strong>rn sch iene. Für kriti sche Zeiten wäre<br />

also ein <strong>de</strong>rartiges Vertragsrecht immerhin illusorisch."<br />

Der hier z iti erte Auszug brachte die Illilitärpo litische Konsequenz zu Tage, daß im<br />

Erstarken <strong>de</strong>s nati onalstaatli chen Denkens das Reich , o<strong>de</strong>r Preußen, sich bei seinen kühnen<br />

Unternehmungen, Soldaten und Waffen o hne Ei nsichtnahme <strong>de</strong>r Schweiz hin und her<br />

schieben zu können, nicht die Flügel ${utzen lassen durfte. Man hatte ohnehin Präze<strong>de</strong>nz fälle<br />

z u verzeichnen, die be<strong>de</strong>nkl ich die eidgenössische Empfindlichkei t gegen je<strong>de</strong> Bevormundung<br />

durch das Reich signalisierte. So wur<strong>de</strong> einem badischen Bezirksarzt seine gesundheitspo li zeiliche<br />

Tätigkeit auf <strong>de</strong>m Basler Bahnhof brüsk untersagt. Damit hatte die Maus <strong>de</strong>n Elefanten<br />

gekit7.elt. Die Badische Lan<strong>de</strong>szeitung in ihrer !\usgabe vom 7. September 1884 bemerkte z u<br />

diesem Vorfall:<br />

" Die H andhabung <strong>de</strong>r Bahnpolizei, zu <strong>de</strong>r ga nz zweif 1I0s auch die Gesundheitspolizei<br />

3uf <strong>de</strong>r Bahn gehört, ist <strong>de</strong>r badischen Bahnverwalrung im Artikel 24 <strong>de</strong>s<br />

Vertrages .\Usdrückli ch zugestand en. übrigens ist es bereits Gegenstand <strong>de</strong>r So rge<br />

dn Reichsregierung gewor<strong>de</strong>n, di e Möglichkeit <strong>de</strong>rartiger Konflikte für die Zukunft<br />

abzuschnei<strong>de</strong>n. "<br />

Denkschrift und Zeitungsnotiz legen die Frage nahe, was wir <strong>de</strong>nn an Urkun<strong>de</strong>n und<br />

Akten aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>:> Baues <strong>de</strong>r Kanonenbahn noch besitzen. Das Generallan<strong>de</strong>sarchiv in<br />

Sll..·i nfuH .lm 13.111l1hoi Fut Lcn


Kanonenbahn 79<br />

Karlsruhe verfügt über 5 Aktenhefte und einige Pläne, sowie über Photomaterial, aus <strong>de</strong>m<br />

einige Bil<strong>de</strong>r hier zum Abdruck gelangt sind. D ie Akten <strong>de</strong>r ehemaligen Preußischen Armee<br />

aus dieser Zeit und beson<strong>de</strong>rs zur strategischen Bah nlinie H intschingen-Waldshut sind nach<br />

Mitteilung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarchivs (Militärarchiv) F reiburg 1945 durch Kriegsei nwirkung vernichtet<br />

wor<strong>de</strong>n . Bliebe noch <strong>de</strong>r Hinweis auf die eisenbahn- und bautechnischen Akten, wie sie<br />

bei <strong>de</strong>r Eisenbahndirektion Karls ruhe vo rliegen. D a diese Ko nvolute wissenschaftlich no ch<br />

nicht archiviert si nd und für eisenbahnhistorische Forschungen erst erschlossen wer<strong>de</strong>n<br />

müßten, muß es bei di esem Hinweis bleiben . An Veröffentl ichungen für ein breiteres Publikum<br />

wären an dieser Stelle beson<strong>de</strong>rs zu nennen: ALBERT KUNTZEMüLLER: "Die Badischen<br />

Eisenbahnen" (1953).<br />

Zur Vorges hichte <strong>de</strong>r Kano nenbahn fin <strong>de</strong>t sich im Generallan<strong>de</strong>sarchi v ein Dokument,<br />

das in umfassen<strong>de</strong>r Weise die militärpo litischen Aspekte dieses Eisenbahnbaues sichtbar<br />

macht. Es ist zugleich ein interessanter Beleg dafür, wie sehr die Po li tik <strong>de</strong>r Militärs seit <strong>de</strong>n<br />

Grün<strong>de</strong>rjahren d ie zivile Wirtschaft stimul ierten. Es han<strong>de</strong>lt si.:h bei diesem Do kument um<br />

ein Schreiben <strong>de</strong>s Präs i<strong>de</strong>nten d es Großherzoglichen Fi nanLmin;.reriums, <strong>de</strong>s Geheim en Rat<br />

ElIstätter, an d en Präs id enten <strong>de</strong>s Großherzoglichen Staatsministeriums, H ern. S~13 r ~ mini s t e r<br />

Turban, in Sachen einer direkten Verbindung zwischen d em Oberelsaß und <strong>de</strong>n süd<strong>de</strong>utSChen<br />

Hinterlan<strong>de</strong>n. Vo raufgegangen war, daß <strong>de</strong>r preuß ische G eschäftsträge r am H of zu Karlsruhe<br />

"im Interesse <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverteid igung" und daher streng vertraulich im Auftrag <strong>de</strong>s Reichsministeriums<br />

<strong>de</strong>s InnerenlBeriin in Sachen Schweizer Umgehungs bahn vorstellig gewor<strong>de</strong>n<br />

war. Zum besseren Verständnis di eses D o kumentes sei noch darauf hingewiesen, daß Berlin<br />

bereits seit Jahren d ie totale Erfass un g aller transportablen schmalspurigen Ro lI -För<strong>de</strong>r­<br />

Industrie und Feldbahnen im R eich angeordnet hatte, um sie "eventuell iür mili täri ehe<br />

Zwecke nutzbar z u machen". D er Krieg 1870/ 7 1 hatte zum erstenmal das H eraufkommen <strong>de</strong>r<br />

mo<strong>de</strong>rnen Massen- und Materialschlacht sichtbar wer<strong>de</strong>n lassen , ei ne Konsequenz wi e sie<br />

schlicßli .: h heute zur d rohen<strong>de</strong>n Vernichtun g J es Kontinents, ja <strong>de</strong>r gesam ten Er<strong>de</strong> gefüh rt<br />

hat. Hier also im \'oll ständige n \Vorrlaut das SLhreiben vom 12. 7. 1884 :<br />

"Der Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Gro ßherzoglichen Finanzministeriums an Sein e Excell enz <strong>de</strong>n<br />

Talübe rgang bei Fülzcn


80 Rci mar Zcllcr<br />

Präsi<strong>de</strong>nten d es G roßherzogli chen Staatsministeriums, Herrn StaatsministerTurban.<br />

Eurer Excell enz beehre ich mich auf die sehr geschätzte Zuschrift vo m I. d . M . in<br />

Betreff <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Kö ni glich Preußischen interimistischen G eschäftsträger H errn<br />

von Bülow über H erstellung ein er direkten E isenbahnverbindung zwischen <strong>de</strong>m<br />

Oberelsaß und <strong>de</strong>m süd<strong>de</strong>utschen Hinterlan<strong>de</strong> gemachten vertraulichen Mitteilungen,<br />

nach<strong>de</strong>m ich vo n d em GeneraldirektO r <strong>de</strong>r Großherzo glichen Staatseisenbahnen<br />

~ in e gutächrliche Äußerung über <strong>de</strong>n Gegenstand erhoben habe, Fo lgen<strong>de</strong>s ergebenst<br />

m itzurheil en :<br />

W enn z ur Umgehung d er KantO ne Basel un d Schaffh ausen d ie Ausführung <strong>de</strong>r d rei<br />

badischen E iscnbahnstrecken Leopo ldshöhe- Lö rrach, Scho pfhcim -Wehr-Wall bach<br />

und W eizen- H intschingen als z unächst erfo r<strong>de</strong>rlich bezeichnet wi rd, so wer<strong>de</strong> ich<br />

annehmen dürfen, d aß hi ern, it nur ganz all gemein die Richtung <strong>de</strong>r fragli chen<br />

Bahnen ange<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n soll , während noch einer näheren technischen Prüfung<br />

vorzubehalten wä re, o b nicht mit R ücksicht auf vorhan<strong>de</strong>ne Terrainschwierigkeiten<br />

in <strong>de</strong>m ein en, o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Fall Abweichungen vo n <strong>de</strong>n erwähnten Anschlußpunkten<br />

sich empfehl en wür<strong>de</strong>n .<br />

Einer direkten Verbindung Leopo ldshöhe-Lörrach stehen nach <strong>de</strong>n ö rtlichen Verhältnissen<br />

erhebliche technische Sch wierigkeiten nicht entgegen. Bei einer Länge von 6,3<br />

Kilometer und ein er Maximalsteigun g von I % wür<strong>de</strong> zur Umgehung <strong>de</strong>s schweizer<br />

Gebietes ein Tunnel durch <strong>de</strong>n Tüllinger Berg von un gefähr ein Kilo meter Länge<br />

erfo r<strong>de</strong>rli ch und die Bahn nach ein er ganz summarischen Schätzung um die Summe<br />

vo n 2000000 M. z u erstellen sein.<br />

W a di e beid en an<strong>de</strong>rn Richtunge n betrifft , so sind hierüber scho n in frühern Zeiten<br />

Vo runtersuchungen ge macht wor<strong>de</strong>n, welche hinsichtlich <strong>de</strong>r technischen Verhältni<br />

sse eine ausreichen<strong>de</strong> ßeurtheilung zulassen. 1m Jahr 1846 hat die Gr. Oberdirekti<br />

o n <strong>de</strong>s Was~ l r- und Srraßenbaues durch <strong>de</strong>n verstOrbenen Gr. Oberbaurath Sauerbeck<br />

UntcrsUl hungen d.lrüber anstellen lassen , ob nicht eine Verbindung <strong>de</strong>r badischen<br />

Rheinbahn mit <strong>de</strong>m o beren Rheinthal m it U m gehung <strong>de</strong>s Basler G ebi etes


Kanonenbahn 81<br />

auszuführen sei, um geeigneten Falls <strong>de</strong>r Badischen Regierung bei <strong>de</strong>n damaligen<br />

Unterhandlungen mit <strong>de</strong>m Kanton Basel eine unabhängige Position zu verschaffen.<br />

Der genannte Techniker hat seine Studien über verschie<strong>de</strong>ne Richtungen erstreckt<br />

und ist dabei zu <strong>de</strong>m Ergebniß gelangt, daß eine Linie z wischen Schopfheim und<br />

Wehr, abgesehen von <strong>de</strong>n außeror<strong>de</strong>ntlich hohen Kosten, wegen <strong>de</strong>r hier nicht z u<br />

umgehen<strong>de</strong>n Steigung von 3% ausgeschlossen bleiben müsse, und daß nur eine Verbindung<br />

von Lörrach aus über Bromba.:h, Hagenbach und Degerfel<strong>de</strong>n nach Rheinfel<strong>de</strong>n<br />

empfohlen wer<strong>de</strong>n könnte. Leu:tere wür<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m bei <strong>de</strong>n Ministerialsakten<br />

befindlichen Gutachten Sauerbecks von Brombach an eine Steigung von 1 : 67 o<strong>de</strong>r<br />

1,5% auf 1,4 Stun<strong>de</strong>n erhalten ;<strong>de</strong>rdie bei<strong>de</strong>n Thälertrennen<strong>de</strong>Gebirgsrücken wäre mit<br />

einem Tunnel von 1500 Fuß Länge zu durchstechen, worauf die Linie mit ganz glei ­<br />

chem GefälI auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Seite nach Degerfel<strong>de</strong>n in das Rheintal hinab zu führen<br />

wäre. Die Verbindungsbahn Lörrach-Rheinfel<strong>de</strong>n mit einer Gesammtlänge von 3,5<br />

Stun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> damals in <strong>de</strong>n Baukosren auf 1.380.000 Gul<strong>de</strong>n veranschlagt.<br />

Für die Verbindung <strong>de</strong>s Wurachthale mir J


82 Reimar Zell er<br />

aufweist, welche für die Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r Bahn von ganz beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung<br />

sind. Auch <strong>de</strong>n militärischen Interessen dürfte diesel be aus diesem Grun<strong>de</strong> am<br />

Besten entsprechen, namentlich wenn zum Anschluß an die Württembergische Bahn<br />

noch eine direkte Verbindung von Donaueschingen nach Schwenningen hergestellt<br />

wür<strong>de</strong>. Der Bauaufwand für die Strecke Weizen-Donaueschingen ist nach eingehen<strong>de</strong>n<br />

Vorarbeiten, welche in <strong>de</strong>n Jahren 1876 und \877 gemacht wur<strong>de</strong>n, auf<br />

ungefähr 11 .200.000 M. veranschlagt wor<strong>de</strong>n.<br />

Für die engem badischen Lan<strong>de</strong>s- und Verkehrsinteressen haben die von <strong>de</strong>r Militärbehör<strong>de</strong><br />

bezeichneten Linien, wenn von <strong>de</strong>r strategischen Wichtigkeit abgesehen<br />

wird, entwe<strong>de</strong>r gar keine o<strong>de</strong>r nur ganz untergeordnete Be<strong>de</strong>utung .. . "<br />

Das Memorandum <strong>de</strong>s Finanzpräsi<strong>de</strong>nten schließt mit einer ausführlichen Darstellung<br />

<strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong>n Unrentabilität <strong>de</strong>r projektierten Bahnlinien vor allem im Blick auf <strong>de</strong>n<br />

zivilen Verkehr und schlägt schließlich vor, daß die Finanzierun g <strong>de</strong>s vollen Anlagekapitals<br />

unter Verzicht auf Verzinsung und Tilgung allein aus <strong>de</strong>r Reichskasse zu erfolgen habe.<br />

Allenfalls über die Betriebs- und Unterhaltungskosten wollte man mit sich re<strong>de</strong>n lassen . Die<br />

einzelnen Bun<strong>de</strong>sstaaten <strong>de</strong>s Reiches waren damals noch sorgsam darauf bedacht, die bun<strong>de</strong>sstaatlichen<br />

Hoheitsrechte gewahrt zu wissen, das be<strong>de</strong>utete, daß <strong>de</strong>r Bahnbetrieb administrativ<br />

Karlsruhe unterstellt bleiben sollte und nicht etwa Berlin. Die Akten je<strong>de</strong>nfalls zeigen eine<br />

sehr lebhafte Korrespon<strong>de</strong>nz zwischen Reich und Bun<strong>de</strong>sland, in <strong>de</strong>r die bahnrechtlichen<br />

Implikationen <strong>de</strong>r zu erbauen<strong>de</strong>n strategischen Linie zur Sprache kommen. Die Frage war,<br />

wie <strong>de</strong>r Artikel 4\ <strong>de</strong>r Reichsverfassung, die \871 mit <strong>de</strong>r Zustimmung aller Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r<br />

beschlossen wor<strong>de</strong>n war, in unserem Falle seine Anwendung fin<strong>de</strong>:<br />

Artikel 41: "Eisenbahnen, welche im Interesse <strong>de</strong>r Verteidigung Deutschlands o<strong>de</strong>r<br />

im Interesse <strong>de</strong>s gemeinsamen Verkehrs für notwendig erachtet wer<strong>de</strong>n, können<br />

kraft eines Reichsgesetzes auch gegen <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rspruch <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sglie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren<br />

Gebiet die Eisenbahnen durchschnei<strong>de</strong>n, unbescha<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>shoheitsrechte für<br />

Rechnung <strong>de</strong>s Reiches angelegt o<strong>de</strong>r an Privatunternehmer zur Ausführung konzessioniert<br />

und mit <strong>de</strong>m Exprobriatsionsrechte ausgestattet wer<strong>de</strong>n."<br />

Epfcnhofcr Talübergang


Kanonenbahn 83<br />

Die politische und finanzielle Brisanz <strong>de</strong>s Bahnbaus war immerhin so erheblich, daß die<br />

Großherzoglichen Präsidialbehör<strong>de</strong>n nicht allein darüber entschei<strong>de</strong>n wollten; die Stän<strong>de</strong> und<br />

Parteien im Landtag sollten die Verantwortung mit übernehmen . Die Zentrumspartei und<br />

die Deutschfreisinnigen zum Beispiel waren sich in scharfer Zurückweisung allzuweitgehen<strong>de</strong>r<br />

Reichskompetenzen einig. Lieber wollte man selber zahlen und dafür dann auch Herr im<br />

eigenen Hause bleiben. Was nun <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Anschlußlinien in die Königreiche Wü~temberg<br />

und Bayern (Donautal-Sigmaringen-Memmingen) anbetraf, so zeigten diese Län<strong>de</strong>r zum Teil<br />

verschie<strong>de</strong>ne Interessenlagen: Württemberg erhoffte sich davon eine Belebung <strong>de</strong>r Wirtschaft,<br />

Bayern bezeichnete die preußische Initiative als "kriegstreiberisch".<br />

Was nun letztlich <strong>de</strong>n Ausschlag für die Trassierung Weizen-Hintschingen gab, unter<br />

Außerachtiassung <strong>de</strong>r Wutachtallinie über Achdorf-Opferdingen, läßt sich aus <strong>de</strong>n Akten <strong>de</strong>s<br />

Generallan<strong>de</strong>sarchives nicht ersehen. - Nicht unerwähnt bleiben darf das Verhalten <strong>de</strong>r<br />

Bevölkerung. Da war zunä~hst die Unmöglichkeit, die Terrainsondierung als touristisches<br />

o<strong>de</strong>r geologisches Unternehmen zu tarnen. Uns sind die Namen <strong>de</strong>r Militärs, die Berlin in die<br />

stillen Täler <strong>de</strong>r Baar entsandte, noch aktenkundig. Es konnte nicht ausbleiben, daß die<br />

Lokalblätter alsbald <strong>de</strong>n Zweck <strong>de</strong>r Flurbegehungen auf<strong>de</strong>ckten . Es bil<strong>de</strong>ten sich Bürgerinitiativen,<br />

die alle darauf drängten, daß ja nur die Trassierung <strong>de</strong>r Bahn durch das eigene Tal<br />

und Kirchspiel erfolge, versprach man sich doch davon wirtSchaftlichen Aufschwung. War<br />

nicht bis zur Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r industrielle und commerzielle Aufschwung <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>rjahre an<br />

diesen Kommunen vorübergegangen? Nach<strong>de</strong>m nun in wachsen<strong>de</strong>m Maße auch Amtspersonen<br />

<strong>de</strong>s badischen Staates an diesen Bürgerversammlungen teilnahmen und bei <strong>de</strong>r Abfassung<br />

von Resolutionen und Petitionen sich beteiligten, sah sich Staatsminister Turban in<br />

Karlsruhe genötigt, an die Amtsvorstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r beteiligten Bezirke klare Weisung auf Zurückhaltung<br />

in dieser Sache ergehen zu lassen: Unter <strong>de</strong>m 26. September 1884 schreibt er:<br />

"Die Nachricht über die Seitens <strong>de</strong>s Reichsamts für die Verwaltung <strong>de</strong>r Reichseisenbahnen<br />

unternommene Fertigung von Vorarbeiten über gewisse schweizerisches<br />

Gebiet umgehen<strong>de</strong> Bahnverbindungen im südwestlichen Theile <strong>de</strong>s Großherzogtums<br />

hat da und dort ein lebhaftes Interesse <strong>de</strong>r betheiligten Gemein<strong>de</strong>n für die<br />

Erstellung <strong>de</strong>r fraglichen Bahnanlagen hervorgerufen, welches in öffentlichen Besprechungen<br />

und selbst in <strong>de</strong>r Bildung von örtlichen Komites zur Behandlung <strong>de</strong>r<br />

Angelegenheit bereits Ausdruck gefun<strong>de</strong>n hat. Wie mir zur Kenntnis gekommen, ist<br />

an <strong>de</strong>n einen und an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>r Herrn Amtsvorstän<strong>de</strong> nicht nur eine Einladung zur<br />

Antheilname an diesen Besprechungen ergangen, son<strong>de</strong>rn es soll auch theilweise die<br />

Absicht bestehen, <strong>de</strong>nselben <strong>de</strong>n Eintritt in diese Komites und damit eine förmliche<br />

Betheiligung an <strong>de</strong>ren Vorgehen anzusinnen. Ich halte es <strong>de</strong>shalb für angezeigt, <strong>de</strong>n<br />

Großhl. Amtsvorstand zu seinem Benehmen in vertraulicher Weise darauf aufmerksam<br />

zu machen, daß es bei <strong>de</strong>r in Re<strong>de</strong> stehen<strong>de</strong>n Angelegenheit sich wesentlich um<br />

ein Interesse <strong>de</strong>s Reiches han<strong>de</strong>lt, daß die davon mittelbar berührten Interessen <strong>de</strong>s<br />

Lan<strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r Gr. Regierung vertreten wer<strong>de</strong>n, und soweit Interessen rein lokaler<br />

Be<strong>de</strong>utung in Frage stehen, es aus mehrfachen Grün<strong>de</strong>n sich nicht empfiehlt, die<br />

letzteren in beson<strong>de</strong>rem Maße zu betonen o<strong>de</strong>r gar in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund zu stellen.<br />

Eine solche Verschiebung <strong>de</strong>r An gelegenheit könnte aber daraus abgeleitet und die<br />

Haltung <strong>de</strong>r Gr. Regierung in einer schließlich sogar für die örtlichen Wünsche<br />

nachtheiligen Weise durchkreuzt wer<strong>de</strong>n, wenn Bezirks- und an<strong>de</strong>re Komites sich in<br />

die Sache einmischen o<strong>de</strong>r gar die Herrn Amtsvorstän<strong>de</strong>, wenn auch nicht dienstlich,<br />

doch immerhin unter <strong>de</strong>m Einfluße ihrer ~m tli chen Stellung, an solchen örtlichen<br />

Agitationen sich betheiligen. Ich muß es <strong>de</strong>shalb als geboten bezeichnen, daß dieselben<br />

je<strong>de</strong>r aktiven Antheilnahme an <strong>de</strong>n bezeichneten Bestrebungen, sofern ihnen<br />

eine solche angesonnen wer<strong>de</strong>n sollte, sich enthalten.<br />

Hochachtungsvoll<br />

gez. Turban"


84 Reimar ZelJer<br />

Mit o<strong>de</strong>r ohne lokalpatriotische Aktivitäten, in <strong>de</strong>r Sache en tschie<strong>de</strong>n letztlich allein die<br />

Belange <strong>de</strong>r Militärs. Immerhin wur<strong>de</strong> ein e r aus <strong>de</strong>r Bevölkerung mit großherzoglichen<br />

Gna<strong>de</strong>n belohnt, ein Gastwirt nämlich, <strong>de</strong>r für die Belieferung <strong>de</strong>r neuzuersteIlen<strong>de</strong>n Bahnhofsgaststätten<br />

<strong>de</strong>n Titel eines "Großherzoglichen H ofliferanten" führen durfte. Eine kleine,<br />

aber sehr bezeichnen<strong>de</strong> sprachliche Beobachtung sei hier am Ran<strong>de</strong> vermerkt: während bei<br />

allen Verhandlungen "Herren", " H ochwohlgeborene" und "Excellenzen" miteinan<strong>de</strong>r sprachen<br />

und korrespondierten, wird in <strong>de</strong>n Akten, die die Ernennung <strong>de</strong>s Großherzoglichen<br />

H oflieferanten zum Gegenstand haben, mit peinlicher Genaui gkeit eben immer nur von<br />

einem " Mann" gesprochen. Wie auch immer, im Jahre 1888, also im Drei-Kaiser-Jahr, wur<strong>de</strong><br />

nach langjährigen Vorverhandlungen (über die Vergabe <strong>de</strong>r Gel<strong>de</strong>r mußte ja auch das Bun<strong>de</strong>sparlament<br />

und <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srat in Berl:n beschl;eßen) mit <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Kanonenbahn begonnen.<br />

Mehr als 6000 Arbeiter erstellten im zweijäh ri gen Ein atz in Tag- und Nachtschicht die strategisei1<br />

für das Reich scheinbar so wichtige Bahnlinie. "Scheinbar" <strong>de</strong> halb - und hier greifen<br />

wir vor - weil in <strong>de</strong>r Praxis, also im Ernstfall , die "Sauschwänzle-Bahn" ohne je<strong>de</strong> militärische<br />

Be<strong>de</strong>utung blieb. Denn im ersten Weltkrieg erfolgte <strong>de</strong>r Angriff auf die Alliierten ja bekanntlich<br />

über <strong>de</strong>n rechten Flügel <strong>de</strong>s Reiches, und im zweiten Weltkrieg diente sie ledi gli ch<br />

als Entlas tungsbahn für Urlauberzüge von und nach Frankreich. Man geht nicht fehl zu behaupten,<br />

daß unsere Kanonenbahn viel eher <strong>de</strong>m "Feind" Nutzen brachte, <strong>de</strong>nn nach bei<strong>de</strong>n<br />

Weltkriegen rollte unermeßliches Beute- und Reparationsmaterial über ihre Schienen. Militärisch<br />

gesprochen: <strong>de</strong>r Schuß gin g nach hinten los! Zur Melancholie, o<strong>de</strong>r zur H eiterkeit, zu<br />

was auch immer <strong>de</strong>r Betrachter beim Anblick <strong>de</strong>r Kano nenbahn veranlaßt wer<strong>de</strong>n mag, auch<br />

auf <strong>de</strong>m zivilen Sektor konnte man mit dieser so elegant in die Jura- Landschaft geschnittenen<br />

Eisenbahnlinie keinen Staat machen: sie war von Anfang an und blieb es bis zu ihrer endgültigen<br />

Stillegung chro ni sch <strong>de</strong>fizitär. Sollte sie einmal <strong>de</strong>n rechtlichen Status ei ner "Museumsbahn"<br />

bekommen, so muß man sagen, daß sie diesen von Anfang an verdient hätte. Dessen<br />

ungeachtet gehörte eine Bahnreise von Waldshut nach Immendingen zum reizvoll ten, was<br />

die <strong>de</strong>utschen Ei enbahnen zu bieten hatten . Das Schweben über <strong>de</strong>r Wutach bei Blumegg­<br />

Lausheim, die Einfahrt in <strong>de</strong>n Kreiskehrtunnel (<strong>de</strong>r einzige übrigens in Deutschland), in <strong>de</strong>m<br />

WU(3chübergang


Kanonenbah n 85<br />

die Trasse auf einer Länge von 1,7 Kilometer 15 Meter Höhe gewinnt, <strong>de</strong>r Anblick <strong>de</strong>s Mühlenbachtales,<br />

die Brückenfahrten über Fützen hinweg durch lange Schleifen nach Epfenhofen<br />

hinauf und endlich <strong>de</strong>r letzte Tunnel durch die Ottilien-H öhe <strong>de</strong>s Buchberges über Zollhaus<br />

hinaus ins Aitrachtal hinein, war allemal eine Reise wert! - übrigens wur<strong>de</strong> sie bahntechnisch<br />

1932 endgültig zur Nebenbahn <strong>de</strong>gradiert und dieses gegen <strong>de</strong>n Jahre anhalten<strong>de</strong>n<br />

Protest <strong>de</strong>r lokalen Behör<strong>de</strong>n und einheimischen Bevölkerung. " Nebenbahn" - so wur<strong>de</strong>n<br />

die Protestieren<strong>de</strong>n beruhigt - hieße ja nicht V e rri~ge run g <strong>de</strong>s Zugverkehrs, son<strong>de</strong>rn be<strong>de</strong>utete<br />

lediglich die Umwandlung aller beschrankten Bahnübergänge in unbeschraokte. Das hieß<br />

auch, daß alle Bahnwartshäuschen vom Bahnpersonal geräumt wur<strong>de</strong>n und fortan Pensionären<br />

zur Verfügung stan<strong>de</strong>n. Natürlich benötigte das Dritte Reich für seinen " Totalen Si eg"<br />

unsere Kanonenbahn, aber sie erschien <strong>de</strong>m Führer im totalen Untergang immerhin so unwichtig,<br />

daß sie <strong>de</strong>m Sprengungsbefehl aller Brücken und Tunnels entging. 1955 schließlich<br />

schien mit ihrer völli gen Stillegung ihr En<strong>de</strong> gekommen, aber 1964/65 weckte sie die Bun<strong>de</strong>swehr<br />

noch einmal für 10 Jahre aus ih rem Dornröschen-Zustand . Mit fast 5 M illionen D M aus<br />

<strong>de</strong>m Verteidigungshaushalt wur<strong>de</strong> sie wie<strong>de</strong>r flott gemacht, d. h. die Brücken gestrichen,<br />

Signale und Weichen gefettet, Brandstreifen gero<strong>de</strong>t und die Tunnels von Steinschlägen gesäubert.<br />

1974 verlo r auch di e Bun<strong>de</strong>swehr ihr Interesse; die Elektrifizierung <strong>de</strong>r Schwarzwaldbahn<br />

hatte ihren strategischen Wert ein für allemal überflüssig gemacht. Jetzt droht ihr<br />

<strong>de</strong>r Rückbau. Aber sollte sie jetzt, nach Erledigung ihres martialisch-militärischen Zweckes,<br />

nicht endgültig für einen fri edlichen "zurüc kgebaut" wer<strong>de</strong>n? Für das Landschaftsereignis<br />

Baar wäre <strong>de</strong>r Verlust dieses Eisenbahn-Denkmals schmerzlich und unersetzlich.<br />

Anmerkung <strong>de</strong>r Redaktion:<br />

Für die G enehmigung zum Druck <strong>de</strong>r Abbildungen danken wir <strong>de</strong>m Badischen General ­<br />

lan<strong>de</strong>sarchi v Karlsruhe.<br />

Schnfttum und Quellen<br />

Amtsblatt <strong>de</strong>r Reichsbahnd irektion Kar! ruhe Nr. 49, 10. 5. 1932 (Umwand lung <strong>de</strong>r Strecke Hintschingen-O berlauch<br />

ri ngen in eine Nebenbahn).<br />

Badische Lan<strong>de</strong>szeitung Nr. 213, 7. 9. 1884.<br />

Badische Staatsbahn-Verwaltung: Die U mgehungsb:1.hn en, 2 B<strong>de</strong>. o. O n , 1890.<br />

Kommission für geschichtliche Lan<strong>de</strong>sk un<strong>de</strong> in Ba<strong>de</strong>n- Wümernbeq:; (Hrsg.) : H istorischer Atlas von Badcn·Würnemberg,<br />

Stuttgan 1972. Darin: Entwicklung <strong>de</strong>s Eisenbahnnetzes.<br />

KUNTZE M üLLER, A. : Die Bad ischen Eisenbahnen, Karlsruhe 1953.<br />

Akten <strong>de</strong>s Badischen Generallan<strong>de</strong>sarchi vs:<br />

Republik Ba<strong>de</strong>n, Staatsministerium Reichssachen Ei senbahnen, Jahr 1882· 192 7, Abt. 23311 1501 Vol. 17 und<br />

Vo l. 1/ 20.<br />

Denkschrift <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srathes 1885 zum Nachtragshaushalt <strong>de</strong>s Reiches. B ei l a~e zu Anlage IV, S. 16.


86<br />

Ein Kartenmanuskript<br />

aus <strong>de</strong>r Stridbeck -Offizin<br />

von Otto Stochdorph<br />

mit 3 Abbildungen<br />

Ruthardt Oehme zur Vollendung <strong>de</strong>s 75. Lebensjahres gewidmet<br />

OEHME ( 1961 ) und RE IC H E LT ( 1970) erwähn en ein Konvolut von handgezeichneten<br />

Kartenblättem , das in <strong>de</strong>n Bestän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r F. F. Bibliothek Donaueschingen als Nr. 398 a<br />

erscheint und vor rd . 90 Jahren in München angekauft wor<strong>de</strong>n ist. Die meisten dieser<br />

Blätter, nämlich 24, gehören nach Karteninhalt und Kartenschnitt zusammen und sind<br />

Ausschnine aus einer Karte <strong>de</strong>s Schwäbischen Kreises, während 3 Blätter Entwürfe zu einer<br />

Karte <strong>de</strong>s Kraichgaues enthalten und je 1 Blatt <strong>de</strong>n Donaueschinger Rau m und <strong>de</strong>n von<br />

Wiesensteig darstellt. OEHME chreibt di ese Blätter ei ner noch nicht i<strong>de</strong>ntifizierten Kartographenschule<br />

zu; REICHEL T datiert sie auf die Zeit um 1680 und weist auf die D iskrepanz<br />

zwischen fomlal fortschrittlicher und inhaltlich unvollkommener Darstellung hin . Im fol gen<strong>de</strong>n<br />

soll auf die 24 zusammengehören<strong>de</strong>n Blätter näher ein gegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

Be


Karte Stridbeck-Offizin 87<br />

dieses wohl En<strong>de</strong> 1704 erschienenen Werkes mit 24 Blatt in 6 queren Streifen (f. - L) und<br />

4 senkrechten Reihen (8. - 11.); das Germanische Museum Nürnberg verwahrt ein weiteres<br />

Exemplar, das auch noch <strong>de</strong>n Querstreifen ,m.' umfaßt und <strong>de</strong>ssen 28 Blätter zu einer großen<br />

Karte zusammengeklebt sind. Den vom Stuttgarter Exemplar erfaßten Raum begrenzen die<br />

Onslagen von Schwäb. Gmünd, Vohburg (Donau), Bad Tölz und Bad Waldsee.<br />

Es überlappen sich einerseits D.8. + E.8. mit f.8 ., g.8. und h.8., an<strong>de</strong>rerseits F.9. + F.to.<br />

mit i.9. + i.IO. In <strong>de</strong>n überlappungsbereichen <strong>de</strong>"ken sich die seitlichen Begrenzungen <strong>de</strong>r<br />

Blätter und die Ortslagen. Die bei C.7. und D.6. erwähnte Randunterteilung fin<strong>de</strong>t sich bei<br />

<strong>de</strong>r Oberschwabenkarte auf <strong>de</strong>n Seitenrän<strong>de</strong>rn wie<strong>de</strong>r und ist hier als Einteilung nach Breitenminuten<br />

beziffert. Danach beträgt die Aus<strong>de</strong>hnung eines Blattes in <strong>de</strong>r N-S-Richtung bei <strong>de</strong>r<br />

Oberschwabenkarte 12 Breitenminuten, bei :',98 a 15 Breitenminuten. Der Blattschnitt ist<br />

jeweils in die vollen Breitengra<strong>de</strong> eingespannt, die somit bei <strong>de</strong>r Oberschwabenkarte in je 5,<br />

bei 398 a in je 4 Querschichten unterteilt sind. Geht man von <strong>de</strong>m Annäherungswen von 2 : 3<br />

für das Verhältnis von Längengrad zu Breitengrad im süd<strong>de</strong>utschen Raum aus, so ergibt sich<br />

aus <strong>de</strong>m Seitenverhältnis von 3 : 4, daß je<strong>de</strong>s Blatt von 398 a sich über 30' Länge und 15' Breite<br />

erstreckt. Die Abgrenzung von jeweils 30 Längen- und t5 Breitenminuten fin<strong>de</strong>t sich nach<br />

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Abb. I


88 Ouo SlOchdorph<br />

BONACKER auch schon bei <strong>de</strong>r Karte "Tabula nova Circuli Franconici .. ", die Gg.<br />

Christoph Eimmart d . J. 1690 in Nürnberg herausgebracht hat; mit <strong>de</strong>r gleichen Unterteilung<br />

ist <strong>de</strong>r Blanschnitt <strong>de</strong>r Karte<strong>de</strong>s Deutschen Reiches 1 : 100 000 (ab 1878) ausgelegt.<br />

Im Kartenbild haben die Bl ätter von 398 a mit <strong>de</strong>r Oberschwabenkarte die schon von<br />

E . D. HAUBER ( 1724) erwähnte Eigentümlichkeit gemeinsam, daß Städte vielfach mit einer<br />

meist bei Merian entliehenen Vedute dargestellt wer<strong>de</strong>n. Ähnlich ist <strong>de</strong>r württembergische<br />

Kriegsrat Andreas Kieser gelegentlich bei seinem Forstkartenwerk verfahren, das nach <strong>de</strong>m<br />

Holländischen Erbfolgekrieg in Angriff genommen wur<strong>de</strong>.<br />

Al s Kartenmaßstab ergibt sich für 398 a und dieOberschwabenkarteetwa 1 : 140000.<br />

Die Oberschwabenkarte trägt <strong>de</strong>n H erkunftsvermerk: " A UGSPURG/]ohann Stridbeck<br />

Junior fecit et Excudit / C um G ratia et Privilegio Sacrae Caesareae Majestatis." Sie<br />

stammt somit aus <strong>de</strong>r von Johann Stridbeck Vater und Sohn in <strong>de</strong>r Zeit um 1700 in Augsburg<br />

betriebenen Offizin. In einer ei ngehen<strong>de</strong>n Darstellung von Leben und Werk dieser bei<strong>de</strong>n<br />

Kupfe rstecher hat J . H . BI L LER ( 1) auf Aktenunterlagen eines Schuldhaftverfahrens gegen<br />

Joh . Stridbeck d. Aelt. hingewiesen, die im Stadtarchiv Augs burg verwahrt wer<strong>de</strong>n. Sie<br />

enth'lh CI1 .HI h handschriftliche Eingaben <strong>de</strong>s älteren Stridbeck, die mit <strong>de</strong>n Blättern <strong>de</strong>r<br />

Gruppe I <strong>de</strong>s Werkes 398a verglichen wur<strong>de</strong>n. Aus <strong>de</strong>m Vergleich ergibt sich, daß die H andschrift<br />

<strong>de</strong>r Ortsnamen auf <strong>de</strong>n Blättern <strong>de</strong>r Gruppe I die von Johann Stridbeckd. Aelt. ist.<br />

Die H andschrift <strong>de</strong>r Gruppe 1 I läßt sich nicht mit <strong>de</strong>r gleichen Zuverlässigkeit einordnen.<br />

Am ehesten könnten noch nachträgliche Eintragungen auf Blatt C.7. (s. u.) zu <strong>de</strong>r Handschrift<br />

von Joh. Stridbeck jun. auf seinen Berliner Skizzen aus <strong>de</strong>m Jahr 1690 passen.<br />

Auf vielen Stadtgrundrissen und Veduten aus <strong>de</strong>r Stridbeck'schen Offizin ist <strong>de</strong>r seitliche<br />

Rand für Erläuterungen usw. ausgenützt. Auch Blatt D .6. trägt auf <strong>de</strong>r einen Schmalseite ei ne<br />

Bemerkung in <strong>de</strong>r H andschrift von Joh. Stridbeck d . Aelt., die ein en originellen Beitrag zum<br />

Problem <strong>de</strong>r Ortsnamen behandlung in <strong>de</strong>r Kartographie darstellt:<br />

"Für besser hielte ich, man schriebe <strong>de</strong>n Namen nicht hinein, son<strong>de</strong>rn machte auf<br />

bei <strong>de</strong>n Seiten große Spatia und zeigte dann nur mit Buchstaben in je<strong>de</strong>m Feld <strong>de</strong>n<br />

Orth an und schriebe daneben zu als zum Exempel a Studgard (B.3) a Eslingen<br />

(:C.4) und so fortan, so bliebe besser Platz zum corri gieren und kann man gleich<br />

sehen, was in je<strong>de</strong>m Feld corrigirt und supplirt wor<strong>de</strong>n."<br />

Joh. Stridbeck d . Aelt. war seinen Lebensumstän<strong>de</strong>n nach niemals in <strong>de</strong>r Lage, Karten<br />

nach eigener Erkundung zu entwerfen. So wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Stridbeck'schen Offizin in <strong>de</strong>r<br />

damals all gemein üblichen Weise Karten durch Ab- und Umzeichnen an<strong>de</strong>rer Karten entworfen.<br />

Die Bestimmung <strong>de</strong>r Vorlagen für eine solche Karte und ihre Datierung ist, selbst<br />

wenn <strong>de</strong>r ursprüngliche Entwurf und sein AutOr i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n können, in vielen Fällen<br />

problematisch, weil die Zahl <strong>de</strong>r "Zwischenhändler" unsicher ist.<br />

Die Blätter <strong>de</strong>r Gruppe 1 haben in <strong>de</strong>n hyd rographischen Grundlagen enge Beziehungen<br />

zu <strong>de</strong>r Karte <strong>de</strong>s Schwäbischen Kreises von Paul Wille, übertreffen aber die e Karte in <strong>de</strong>r<br />

Zahl <strong>de</strong>r Ortslagen , die, soweit nicht bei Wille vorgegeben, Beziehungen zu <strong>de</strong>r " Tabula<br />

Geographica Ducatus Würtemberg" von Abraham H öltzl in ihren verschie<strong>de</strong>nen Fassungen<br />

erkennen lassen.<br />

Paul W ille aus Chur in Rhaetien (Paulus Willius C uriensis Rhaeticus) war Ingenieuroffi<br />

zier im Dienst <strong>de</strong>r Reichsstadt U lm. Seine Karte "Circulus Suevicus cum incorporatis et<br />

adjacentibus regionibus, principat:, abb:, comit:, terri tO riis et urbibus" ist von 1689 datiert;<br />

sie wur<strong>de</strong> von Joh. Ulrich Kraus gestochen und von <strong>de</strong>m U lmer Buchdrucker Matthae us<br />

Wagner verlegt. N . <strong>de</strong> Fer brachte 1703 ei nen achstich heraus. OEHME beurteilt sie als<br />

selbständigen Entwurf. Sie reicht im Nor<strong>de</strong>n von Saarlouis über H ei<strong>de</strong>lberg bis Altdorf, im<br />

O sten von Altdorf über München bis lnnsbruck, im Sü<strong>de</strong>n von Innsbruck über Zürich bis<br />

Po ntarlier, im Westen von Pontarlier knapp an Epinal vorbei bis Saarlouis. Der Mittelpunkt<br />

liegt bei Tübingen. Sie ist im Maßstab von etwa 1 : 600000 gehalten. Mit <strong>de</strong>n Randwerten <strong>de</strong>r


Abh.2


90 Orto 5tochdorph<br />

Wille-Karte von 49°25' im Nor<strong>de</strong>n und 28°8' - 28°15' im Westen stehen die durch Rückrechnung<br />

zu bestimmen<strong>de</strong>n Randwerte <strong>de</strong>s 398a- und Oberschwaben-Netzes von 49°30' bzw.<br />

49°48' und 28°10' in ausreichen<strong>de</strong>m Maße in Einklang.<br />

Die "Tabula Geographica Ducatus Würtemberg" wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>m österreichischen<br />

Exulanten Abraham Höltzl aus <strong>de</strong>n Blättern <strong>de</strong>r "Chorographia" Gadners entwickelt. Ihre<br />

erste Ausfertigung ist <strong>de</strong>m Herzog Johann Friedrich v. Wttbg. (1608-1628) gewidmet, die<br />

zweite 1630 von Höltzl und Rauscher herausgegeben. Der Stuttgarter Buchdrucker und Verleger<br />

Johann Weyrich Rösslin besorgte 1659 eine dritte Ausgabe, von <strong>de</strong>r ein Nachstich 1694<br />

von N. <strong>de</strong> fer herausgebracht und 1703 neu aufgelegt wur<strong>de</strong>. Höltzls Karte enthält außer <strong>de</strong>m<br />

kartographischen Leitfossil <strong>de</strong>r Teufelsbrücke bei Oberensingen, die von Nachstechern getreulich<br />

übernommen wur<strong>de</strong> (HUTTENLOCHER), auch eine symbolische Darstellung von<br />

Bauarbeiten bei diesem Dorf, vielleicht eine Anspielung auf <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>s dortigen "äußeren"<br />

Schlosses durch H. Schickhardt um 1620.<br />

Die nachweisbaren Beziehungen zu <strong>de</strong>n Karten von Wille und Gadner/Höltzl besagen<br />

nun aber nicht notwendigerweise, daß die Blätter <strong>de</strong>r G ruppe T in <strong>de</strong>r Stridbeck'schen Offizin<br />

kompiliert wur<strong>de</strong>n. P. Wille hatte als ulmischer lngenieuroffizier zweifellos gute Beziehungen<br />

zu <strong>de</strong>n Ulmer Militärkarrographen in Diensten <strong>de</strong>s Schwäbischen Kreises und <strong>de</strong>r Markgrafen<br />

von Ba<strong>de</strong>n-Durlach und von Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n (SCHÄFER) und könnte in sei ner Karte <strong>de</strong>s<br />

Schwäbischen Kreises ein "Kriegstheater" (GRENACHER) aus <strong>de</strong>m Holländischen Erbfo<br />

lgekrieg (1672 - 1678) o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re militärkartographische Unterlagen verwertet haben .<br />

Darauf läßt z. B. die Einzeichnung <strong>de</strong>r vergleichsweise unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n OrtSchaften Oberhausen<br />

und Sickingen NW Hechingen schließen, in keiner an<strong>de</strong>ren zeitgenössischen Karte<br />

wie<strong>de</strong>rzufin<strong>de</strong>n und kaum an<strong>de</strong>rs als mit Erkundung im Gelän<strong>de</strong> zu erklären.<br />

über Beziehungen zu Militärkartographen in Diensten <strong>de</strong>s Schwäbischen Kreises und<br />

<strong>de</strong>r Markgrafen von Ba<strong>de</strong>n-Durlach bzw. Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n hat aber offenbar auch das Haus<br />

Stridbeck verfügt. Der Plan von Memmingen, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Stridbeck'schen Nachlaß in die<br />

"Force d 'Europe" von G. Bo<strong>de</strong>nehr (Nr. 108) überging, hat offensichtlich die gleiche Vorlage<br />

wie zwei handgezeichnete Pläne von Memmingen ba<strong>de</strong>n-ba<strong>de</strong>n'scher Provenienz (SCHÄFER<br />

Nr. 528 u. 529). Und <strong>de</strong>r einzige Kartenzeichner, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n von Joh. Stridbeck jun. heraus­<br />

~egebenen und verlegten Ka rren und Plänen <strong>de</strong>r "Curieusen Staats- und Kriegstheater" und<br />

später <strong>de</strong>s "Atlas curieux" namentlich vermerkt wird, ist Johann Jacob Baumgarren, von <strong>de</strong>m<br />

eine 1708 / 9 entworfene Karre <strong>de</strong>r Ettlinger Linie in <strong>de</strong>n ba<strong>de</strong>n-durlachischen Bestän<strong>de</strong>n<br />

stammt (SCHÄFER Nr. 433) und <strong>de</strong>r nach E. D. HAUBER (1727) bis 1707 zum Stab <strong>de</strong>s<br />

Markgrafen Ludwig Wilhe1m von Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>s Türkenlouis, gehörr hatte. Außer <strong>de</strong>r<br />

Version, daß die Wille- Karte im Hause Stridbeck durch übernahme von Ortslagen aus <strong>de</strong>r<br />

Gadner/ Höltzl-Karre zum Kartenbild <strong>de</strong>r Gruppe I erweitert wor<strong>de</strong>n sei, kommt also auch<br />

noch in frage, daß die Blätter <strong>de</strong>r Gruppe I die Kopie einer militärkartographischen Arbeit<br />

sein könnten, die P. Wille aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Geheimhaltung nur verkleinert und auszugsweise<br />

wie<strong>de</strong>rgeben durfte und die später nach Wegfall <strong>de</strong>r Geheimhaltun gspflicht in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Hauses Stridbeck geriet.<br />

Die kartographischen Grundlagen <strong>de</strong>r Blätter <strong>de</strong>r G ruppe II <strong>de</strong>s Konvo lutes 398a si nd<br />

viel weniger <strong>de</strong>utlich. Sehr wahrscheinlich sind die Blätter nicht au <strong>de</strong>r Wille-Karre abge-­<br />

leitet; das Blatt L.9. liegt auch zum größten Teil außerhalb von ihr. In Ziffern verschlüsselte<br />

H errschaftsangaben in <strong>de</strong>r Markgrafschaft Burgau erinnern an die Karte von J . A. Rauch,<br />

an<strong>de</strong>re tOpographische Ein zelheiten lassen sich auf Philipp Apian zurückverfolgen.<br />

Die Datierung <strong>de</strong>s Konvolutes 398 a ist nur annäherungs- und vermutungsweise möglich.<br />

Auf Blatt S.5. erscheint gegen über Philippsburg <strong>de</strong>r Eintrag: " Neu Schanz" . Die linksrh<br />

einische Brückenkopfbefestigung gegenüber Philippsburg wur<strong>de</strong> gemäß <strong>de</strong>m Vertrag von<br />

Rijswijk 1698 von <strong>de</strong>n F ranzosen geschleift. 1703 vermel<strong>de</strong>t Markgraf Ludwig Wilhe1m von<br />

Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Kaiser über Philippsburg: " ... wo ich begriffen bin, ein e neue Schanz


92 Ouo Stochdorph<br />

anzulegen" (NOPP). Dies ergibt für unsere überlegungen als Terminus post quem das Jahr<br />

1703. - Auf Blatt C.7. sind die Ortsnamen " Linegk" und "Kirnberg" vertauscht. Ein solcher<br />

Irrtum ist zunächst schwer verständlich und auch aus <strong>de</strong>m Kartenbild <strong>de</strong>r Wille-Karte nicht<br />

abzuleiten. Auf <strong>de</strong>m Nachstich <strong>de</strong>r Karte durch <strong>de</strong> Fer 1703 sind aber d ie bei<strong>de</strong>n Ortssignaruren<br />

und die bei<strong>de</strong>n Ortsnamen so angeordnet, daß man unschwer "Lineck" auf <strong>de</strong>n Positionskreis<br />

darüber statt auf die Burgsignatur rechts davon und "Kirnberg" auf die Burgs ignatur<br />

darunter und nicht auf <strong>de</strong>n Positi o nskreis links beziehen kann. Wenn <strong>de</strong>r Fehler auf Blatt C.7.<br />

darauf beruht, daß <strong>de</strong>r Bearbeiter für d ie Eintragung <strong>de</strong>r Ortsnamen sich auf die <strong>de</strong> Fer-Karte<br />

verließ, ergibt sich ebenfalls als Terminus post quem das Jahr 1703 .<br />

Schließlich fallen auf Blatt C.7. handsch ri ftl iche achträge auf. Bei Murrhardt, das weitab<br />

von <strong>de</strong>r Murr liegt, ist vermerkt: " ist herüb(er) zu trag(en)". Bei <strong>de</strong>r Hausburg (Hunnenburg,<br />

3,5 km 0 Murrhardt) steht: "ist ruiniert und öt mehr zu sehen". "Fürstenbach" (aus<br />

<strong>de</strong>r Gadner/ H ö ltzl- Karte) ist verbessert in "Fornsbach". Auf <strong>de</strong>r Rückseite von Blatt C. 7.<br />

steht in einer für Joh. Stridbeck sen. ungewohnten (BILLER 2) Diktion : ,, 1. d(as) ausgelassene<br />

zu supplieren. 2. die orthographie zu verbessern. 3. die herrschaft od(er) d(as) ius terri tori i zu<br />

ad;ungieren. 4. die grän zen zu <strong>de</strong>signieren ."<br />

Warum wur<strong>de</strong> für die beson<strong>de</strong>rs sorgfältige Ausführung eines Blattes <strong>de</strong>r Gruppe II<br />

gera<strong>de</strong> das Blatt mit <strong>de</strong>r Gegend um Murrhardt ausgewählt? In Murrhardt war 1711 - 17 12<br />

Jo h . Majer Abt und Prälat, <strong>de</strong>r soeben seine Karte "Ducatus Wunenbergici .. <strong>de</strong>lineatio" bei<br />

J . B. H omann in Druck gegeben hatte und gleichermaßen über Ortskenntnisse wie über<br />

wissenschaftli che Diktion verfügt haben dürfte. Gehen die Korrekturen im Kartenbild und<br />

die Bemerkungen auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>s Blattes C.7. etwa auf Anregungen Joh . Ma;ers<br />

zurück? Hat vielleicht Joh. Stridbeck jun. seine Rückkehr von Frankfurt nach Augsburg<br />

( 1711 ) dazu benützt, über Murrhardt zu reisen und Jo h . Majer aufzusuchen? Ist das Konvolut<br />

398a <strong>de</strong>shalb erhalten geblieben, wei l das H aus Stridbeck <strong>de</strong>n Plan zu einer " Vo rstellung <strong>de</strong>s<br />

Schwäbischen Kreises in miteinan<strong>de</strong>r übereintreffen<strong>de</strong>n Tabellen" o<strong>de</strong>r wie <strong>de</strong>r Titel sonst<br />

hätte lau ten sollen, mit Rücksicht auf das bevorstehen<strong>de</strong> Erscheinen <strong>de</strong>r Karte von Jo h.<br />

Ma;er ni cht weiter verfolgt hat ?<br />

Anmerkung<br />

I) D ie nadHräglich ei ngezeichneten Orte liegen all e auf <strong>de</strong>m Territorium <strong>de</strong>r Grafschaft H ohenlohe- euensteincuenstein<br />

o<strong>de</strong>r nahe seiner Grenze. GrafWolfgangJulius zu H ohenlohe·Neuenstein ( 1622- 1698) war bis zu seiner<br />

Verwundung im Jah r 1664 Generalfeldmarschall <strong>de</strong>s Römischen Reiches. Als Kartograph war im Hohenlohischen<br />

cl,lmals G . C. JunI; tätig. Sind die Einrr3gungcn auf Blatt B.7. einer Karte von G . C. Jung entnommen, die Graf<br />

Wolf~ang Jul ius zur Vcrfü~un~ gestellt hatte?<br />

Schriftll.m<br />

BI LI .LR. J . H .: l. .. b,·n uncl W"rk <strong>de</strong>r Kupi,·"techer Joh.nn Stridbeck Vater und Sohn . In: ll,eatrum <strong>de</strong>r Vornehm>!en<br />

Kirchen I"\\' . in l\lunchen. Faksimikdruck. München 1966.<br />

BILLER , J . H .: Persönlich e Mittei lung. 1975.<br />

BONA ·KLR . W.: Grundrill <strong>de</strong>r fr;;nkischcn K.lrtographi,· <strong>de</strong>, 16. unJ 17. Jahrh. ,'vIJinfrän kische Heile 33. Würzbur):<br />

1959.<br />

GR!' ACH I' R, 1'. : Die Anf:ing,· <strong>de</strong>r l\ lilitlrk.HtogrJphi,· am Oberrhein. B.lsl", Ze'tsc hr. f. Geseh. u. Alten . 56/7.<br />

13.1,,·1 1957/ 58.<br />

HA ß L· R. 1' . D .: er>uch einer Hislori,· <strong>de</strong>r l anJ char«'n u,\\'. Ulm 1724.<br />

HA ß I' R, F . D . : 'üt7licher Discours .. Zus,,,,, us\\'o Im 1727.<br />

HUTTF lOCHER. F.: Die Anf:inge <strong>de</strong>r Geo~raphi,' In Wurltemberg. Festschrift flir C. Uhlig. Ohrin~en 1932 .<br />

:-.JOPP, H .: Geschieht" <strong>de</strong>r Stadt unJ eh,'maligen RCJ


Noctui<strong>de</strong>n (Eulenfalter) <strong>de</strong>r Baar<br />

93<br />

von Helmut Herrmann<br />

mit 33 Abbildungen<br />

Die Eulenfalter fliegen meist in <strong>de</strong>r Dunkelheit, nur wenige auch am Tage. In unserem<br />

Raum sind es hauptsächlich kleine bis mittelgroße Schmetterlinge. Große Arten sind selten.<br />

Der Körper <strong>de</strong>r Noctui<strong>de</strong>n ist in <strong>de</strong>r Regel gedrungen. Der Thorax (Brust) ist betont<br />

kräftig. Dem kleinen Kopf sitzen große Augen auf, die bei vielen Arten nachts Licht reflektieren.<br />

Diese Faktoren mögen dazu beigetragen haben, sie mit <strong>de</strong>n Nachtgreifen zu vergleichen<br />

und auch ihnen <strong>de</strong>n Namen "Eulen" zu geben.<br />

Der Körper dieser Eulenfalter ist dicht wollig behaart. Die Färbung <strong>de</strong>r Flügel ist - jedoch<br />

nicht bei allen Arten - dunkel. So sind diese Schmetterlinge gut an das kühlere Nachtklima<br />

angepaßt.<br />

Sind die Flügel, vor allem die Hinterflügel bunt, han<strong>de</strong>lt es sich um eine Wamtracht:<br />

Wird ein ruhen<strong>de</strong>r Falter von einem Insektenfresser angegriffen, spreizt er blitzschell seine<br />

Vor<strong>de</strong>rflügel nach vorne. So kommen plötzlich die bunten Hinterflügel zum Vorschein wie<br />

bei <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>nsbän<strong>de</strong>rn. Der Angreifer wird erschreckt und läßt von seinem Opfer ab, o<strong>de</strong>r<br />

das Opfer fliegt rasch ab.<br />

Die Noctui<strong>de</strong>n unterschei<strong>de</strong>n<br />

sich von an<strong>de</strong>ren Nachtschmetterlingen<br />

in einigen Punkten. So ist dies vor<br />

allem die Zeichnung <strong>de</strong>r Vor<strong>de</strong>rflügel.<br />

Sie hat neben Bin<strong>de</strong>n, Schattierungen<br />

und Punkten drei für diese Familie<br />

charakteristische Merkmale: die Zapfen-,Ring-<br />

und ierenmakel(Abb.l).<br />

Allerdings können manchmal die eine<br />

o<strong>de</strong>r die an<strong>de</strong>re, dann und wann auch<br />

alle drei fehlen.<br />

In <strong>de</strong>r Ruhestellung sind bei <strong>de</strong>n<br />

meisten Arten die Flügel dachartig<br />

über <strong>de</strong>m Leib zusammengelegt. Einige<br />

Arten aber tragen sie auch flach<br />

über <strong>de</strong>m Körper.<br />

Ringmakel<br />

I<br />

I<br />

I<br />

Nierenmakel<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

...<br />

Abb. l<br />

Rechter Vor<strong>de</strong>rflügel einer Noctui<strong>de</strong>.<br />

"- ..... ......<br />

Zapfenmakel<br />

In etwa 25-jähriger Beobachtungs- und Sammeltätigkeit im Gebiet <strong>de</strong>r Baar und <strong>de</strong>r unmittelbar<br />

angrenzen<strong>de</strong>n Landschaften habe ich die nachstehend aufgeführten Arten festgestellt.<br />

Die Reihenfolge entspricht FORSfER-WOHLFAHRT: "Schmetterlinge Mitteleuropas"<br />

, Band 4. Die jeweils <strong>de</strong>m Namen vorgesetzte Zahl entspricht <strong>de</strong>r Nummer <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n<br />

Art aus diesem Band.<br />

Die angegebenen Maße beziehen sich auf die Länge von Kopf bis Flügelen<strong>de</strong>. bei <strong>de</strong>n Präparaten von Kopf bis<br />

Hinterleibsen<strong>de</strong>.


94 Helmut Herrmann<br />

Abb.2<br />

O,hropleur.l plectJ 9 i\chJorf. 2 1. 5. 7 1. ,'3. 1.5 ,m.<br />

Abb.3<br />

octlla prunub.lc;;? . Schwcnningcn. 4. 7.68. ca. 3,5 on.<br />

Abb.4<br />

Anaplectoi<strong>de</strong>s prasinac1, Ach dorf, 26. 7. 71.ca. 3cm.<br />

Abb.5<br />

Raupev. Mamestra pisi , Tiefenried, 3. 9. 66, ca. 4cm.


Eu lenfalter <strong>de</strong>r Baar 95<br />

Abb.6<br />

Tholera<strong>de</strong>cimalis« , Ramberg, 31 . 8. 72,c,. 3em.<br />

Abb.7<br />

Orthosiagraeilisd', Sehwenningen, 7. 4. 72,ca. 2em.<br />

Abb.8<br />

O rthosiaineert.d'. Sehwcnningen, 17.4. 74, ca. 2em.<br />

Abb. 9<br />

Orthosiagothica «. Schwenningen, 16.4. 66,ca. 2em.


96 Helmut H errmann<br />

Abb . IO<br />

Phlogophlo rameticulosa 9, Schwenningen, 27. 10. 67,<br />

ca. 4,Scm.<br />

Abb.1 1<br />

Mormo maurad. Ronweil, 7. 8 50. ca. 3.5('m .


Eulenfalter <strong>de</strong>r Baar<br />

97<br />

Abb. 12<br />

Mythimna impura 9. Schwcnninger Moos,24. 8. 68,<br />

ca. 4 cm .<br />

Abb.13<br />

Amphipyra pyrami<strong>de</strong>a9, Kaltern ,28. 7.69,<br />

ca.3cm.<br />

Abb.14<br />

Apamca lithoxylca 9 , H üfingerWald, 13. 8.67,<br />

ca.2,Scm<br />

Abb. 15<br />

Athetispalust ris cf, Schwcnningcr Moos, 30. 5. 64,<br />

ca. I,5 cm.<br />

7 Sc hri ftt:n <strong>de</strong>r Ba,lr 3 1/ 76


9S<br />

Helmut H errmann<br />

Abb.16<br />

uculliJ betue l" 9. Hoehemmingen. 4. 8. 73. ca.l,Sem.<br />

Abb. 17<br />

ucullia verbaseid,c. \. 2. 5. 72,ca. 3cm.<br />

Abb. 18<br />

Xy lcna vClusta d . Achdorf. 8. 4. 72 . ca. 3,5 em.<br />

F.upsilia travers. f. brunnea 9 . Aehdorf, 19. 3. 72,<br />

ca. 2 ,3 cm.


Eulenfalter <strong>de</strong>r Baar<br />

99<br />

Abb. 20<br />

Agrochola liruracf.Sehwenningen. 14.9. 72. ea. I,S em.<br />

Abb.21<br />

Ra u pe v. Diloba eaeru leocephala. Ram berg, 30. 5. 66,<br />

ca .3cm.<br />

Abb. 22<br />

Acronieta leporina f. grisea cf • Schwenningen. 14. 6. 68.<br />

ca. 2,5 cm.<br />

Abb.23<br />

Apatele psi , e. I. I. 6. 73. ca. 2,5 em.


100 Helmut Herrmann<br />

Abb.24 Abb. 25<br />

Pharctra rumieis(j'.e. 1. 18.8. 72.< • . 2.5 el11 . Eust rotia uncul'9 ,Schwenninger Moos, 10.7.72,<br />

ca.l ,3cm.<br />

Abb. 26<br />

Autograph. bractea O· , Hörnckapf, I. 7. 73, ca. 2,5 cm.<br />

Abb.27<br />

Plusiaehrysitisd Aehdorf, 19. 8.73,


Eulenfalter <strong>de</strong>r Baar 101<br />

Abb.28<br />

Catocala fraxini d'. Rottweil. 12.8. SO,ca. Sem.<br />

Abb.29<br />

Catocala nuptad' , Schwenningen, 11. 9. 49,ca. 4cm.


102<br />

Helmul Herrmann<br />

Abb.30<br />

Dysgoniaalgiraej',e.1. 22. 7.60,<br />

ea.2.3em.<br />

Abb.31<br />

Callistcgemi 9 . Ran<strong>de</strong>n , 14.5.60,<br />

ca.l,7cm.<br />

Abb. 32<br />

Seoliopleryx libatrix9' Schwenninger Moos, 23. 10.70.<br />

ca.2,5cm.<br />

Abb. 33<br />

Lyr;cphila vici,c 9 . OSlcrberg, 6. 6. 65, ca. 2em.


1. UNTERFAMILIE: NOCTUINAE<br />

Eulenfalter <strong>de</strong>r Baar<br />

647 Euxoa nigricans, Gersten-Eule, 1 cf 19. 8. 1973, Achdorf, an Licht<br />

Euxoa nigricans f. rubricans 1 cf 11. 8. 1955, Schwenningen, an Licht<br />

656 Scotia cinerea, Aschgraue Eule, je 1 cf 31. 5. 1953, Kriegertal bei Engen, 24. 5. 1964,<br />

2.6. 1969, Talmühle/Engen, an Licht<br />

659 Scotia segetum, Saat-Eule, erscheint regelmäßig, nicht selten, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

660 Scotia clavis, Rin<strong>de</strong>ngraue Eule, I cf 1. 7. 1950, 19 3. 7. 1950,Rottweil, an Licht<br />

661 Scotia exclamtionis, Ausrufungszeichen, Gemeine Gras-Eule, häufig, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

663 Scotia ipsilon, Ypsilon-Eule, erscheint nicht je<strong>de</strong>s Jahr, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

677 Ochropleura plecta, Cichorien-Eule, je I d 13 . 9. 1970 und 21. 5. 1971, Achdorf, an<br />

Licht (Abb. 2)<br />

68 7 Rhyacia lucipeta, Huflattich-Eule, I cf 19.9. 1960, Schwenningen, an Licht<br />

700 Noctua pronuba, Hausmutter, Sauerampfer-Eule, Saumband, meist regelmäßig und<br />

nicht selten, Wan<strong>de</strong>rfalter, (Abb. 3)<br />

701 Noctua orbona, Kl. Band-Eule, 19 1. 9. 1962, Trossingen, I cf 3. 8. 1975, Achdorf,<br />

an Licht<br />

703 NoctuaJimbriata, Saum-Eule, 19 9.8.1950, Rottweil, an Licht, 1 9 15.7.1965 e. l.,<br />

Raupe v. Ramberg an Cypripedilum calceolus, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

704 Noctua janthina, Aronstab-Eule, 8. 8. und 10. 8. 1950, 1 cf 19 Rottweil, an Licht<br />

19 1. 9.1967, lcf 8.8.1958, Rottweil, an Licht<br />

712 Graphiphora augur, Wahrsager, I cf 2. 7. 1966, Schwenninger Moos<br />

717 Paradiarsia punicea, Purpurfarbige Erd-Eule, I Cf 15.5. 1956, Eichberg<br />

720 Lycophotia porphyrea, Weißgea<strong>de</strong>rte Hei<strong>de</strong>kraut-Eule, I Cf 6. 7. 1955, Schwenningen,<br />

19 e. I. 8. 7. 1967, Raupe an Hei<strong>de</strong>kraut, Schwenninger Moos<br />

724 Diarsia brunnea, Braune Primel-Eule, je I Cf 17. und 26 . 7. 1971 , Achdorf, an Licht,<br />

19 28 . 8. 1971, Umgebung Achdorf, am Wald rand auffliegend<br />

725 Diarsia rubi, Brombeer-Eule, I 9 31. 8. 1962, Schwenningen, an Licht<br />

732 Amathea c-nigrum, Schwarzes C, nicht selten, aber nicht regelmäßig, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

733 Amathes ditrapezium, Gänseblumen-Eule, 19 21. 7. 1972, Achdorf, an Licht<br />

734 Amathes triangulum, Dreieck-Eule, 1 d 15. 7. 1955, Osterberg, nachts an Gentiana<br />

lutea<br />

735 Amathes ash'Worthiee ssp. can<strong>de</strong>larum, Kerzen-Eule, lcf 10. 7. 1971, Achdorf, an<br />

Licht<br />

736 Amathes baja, Unscheinbare Lila-Eule, 1 d 12. 8. 1950, Rottweil, 19 16. 8. 1960,<br />

Schwenningen, 19 6. 8. 1970, Achdorf, aUe an Licht<br />

741 Amathes xanthographa, Verän<strong>de</strong>rliche Saat-Eule, nicht sehr häufig, kommt ans Licht,<br />

fliegt auch tags<br />

744 Phalaena typica, Gespenst-Eule, nicht häufig, abends gern an Lonicera und Lilium<br />

martagon. Tagsüber hält sich <strong>de</strong>r Falter gern an dunklen Stellen auf, z. B. unter<br />

S~einen, Brettern u. dgl. Manchmal fliegt das d auch am Tage.<br />

746 Anaplectoi<strong>de</strong>s prasina, Lauchgrüne Eule, 19 4. 7. 1968, Schwenningen, an Licht,<br />

I d 15 . 7. 1955, nachts an Gentiana lutea, Icf 26. 7. 1971, Achdorf, an Licht<br />

(Abb. 4)<br />

747 Cerastis rubricosa, Rötelfarbige Labkraut-Eule, I cf 10. 4. 1970, Schwenningen, an<br />

Licht<br />

749 Mesogona acetosellae, Hasenklee-Eule, I Cf 14. 9. 1953, Schwenningen in Mauerspalte,<br />

es hatte diese Nacht Reif<br />

2. UNTERFAMILIE: HADENINAE<br />

751 Anarta myrtilli, Hei<strong>de</strong>-Eule, 19 e. I. 10. 6. 1966, Raupe v. Schwenninger Moos<br />

103


104 Helmut Herrmann<br />

758 Polia bombycina, Fremdling, I 9 18 . 6. 1959, Schwenningen, an Licht<br />

760 Polia nebulosa, ebel-Eule, nicht sehr häufig, bei<strong>de</strong> Geschl echter kommen ans Licht<br />

762 Paehetra sagittigera, Besenstrauch- Eule, erscheint regelmäßig, jedoch nicht häufi g,<br />

bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen ans Licht<br />

768 HeLiophobus retieuLata, Seifenkraut-Eule, nicht sehr häufig<br />

770 Mamestra brassieae, H erz- o<strong>de</strong>r Kohl-Eule, sehr häufig und regelmäßig<br />

77 \ Mamestra persieariae, Flohkraut-Eule, nicht selten<br />

Mamestra persieariae f. aeeipitrina, ganz schwarz, I cl 4. 7. 1965, Umgebung Unterbaldingen,<br />

an Fichtenstamm<br />

774 Mamestra thalassina, Pfriemen-Eule, nicht selten, manchen Jahren jedoch fehlend<br />

775 Mamestra suasa, Zuckerrüben-Eule, I cl 26. 8. 1955, Schwenningen, I cl 11 . 7. 1970,<br />

H egaublick, bei<strong>de</strong> an Licht<br />

776 Mamestra splen<strong>de</strong>ns, Speyerer-Eule, I 9 22. 7. 1954 , Schwenningen, an Licht, I cl<br />

e. 1., I. 7. \956, Schwenningen<br />

777 Mamestra oleraeea, Gemüse-Eule, ni cht häufig, in manchen Jahren feh lend,<br />

779 Mamestra pisi, E rbsen-Eule, häufi g und regelmäßig, (Abb. 5, Raupe)<br />

795 H a<strong>de</strong>na compta, Weißbindige Nelken-Eule, nicht häufig<br />

803 Lasionycta nana, Zahn-Eul e, 19 3. 7. 1965 , Umgebung E ngen, an Knautia<br />

806 Cerapteryx graminis f. trieupsis, Gras-Eule, nicht häufi g, 1970 allerdings zahlreich<br />

im Wutachgebiet und auf <strong>de</strong>m Feldberg, dort am Tage niedrig über <strong>de</strong>r Vegetation<br />

fliegend<br />

808 Tholera <strong>de</strong>cimalis, Lolch-Eule, nicht häufig, bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen ans Licht<br />

(Abb. 6)<br />

809 Panolis flammea, Kiefern-Eule, I cl 28. 4. 1963, bei Geisingen, am Tage fliegend<br />

8 17 Orthosia graeilis, Schlank-Eule, nicht häufig, (Abb. 7)<br />

8 18 O rthosia stabiLis, E<strong>de</strong>lkastanien-E ule, 16. und 19 . 4.1 968 je cl , Schwenningen, an<br />

Licht<br />

8 \9 Orthosia ineerta, C hamäleon-Eul e, häufig (A bb. 8)<br />

820 Orthosia munda, Pflaumen-Eul e, I cl 27. 4. 197 1, Achdorf, I cl 4. 4. 1972,<br />

Schwenningen, jeweils an Licht<br />

82 1 Orthosia gothiea, Gotische Eule, nicht all jährlich, 1964 war ein beson<strong>de</strong>r starkes<br />

Flugjahr, kommt ans Licht (Abb. 9)<br />

825 Mythimna turea , Türkische Eule, I 8. 8. 1970, Wutachmühle, an Licht<br />

826 Mythimna conigera, Zapfenträgerin , nicht se lten, am Tage gern an rotblühen<strong>de</strong>n<br />

Disteln und Flockenblumen, kommt auch ans Licht<br />

827 Mythimna ferrago , Stein- Eule, I cl 29. 6. 1968 , Schwenningen, an Licht<br />

828 Mythimna albipuncta, Weißpunkt-Eule, nicht häufi g, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

829 Mythimna vitellina, Dotter-Eul e, 1 Cf 10. 10. 1960, Schwenningen, am Licht<br />

833 Mythimna impura, Seggen-Eule, nicht häufig, kommt ans Licht (Abb. 12)<br />

834 Mythimna pallens, Kräuter-Eule, ni cht häufig, kommt ans Licht<br />

837 Mythimna I-album, Weißes LI 8. 9. 1949, Rottwei l, an Licht, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

J . UNTERFAMILIE: AMPHIPYRINAE<br />

853 Amphipyra py rami<strong>de</strong>a, Pyrami<strong>de</strong>n-Eule, e. I. 5. 7. 1959, Raupe v. Umgebung<br />

E ngen , I cl 18.9. 197 1, Umgebung AselJingen. (A bb. 13)<br />

857 Amphipyra tragopoginis, Graue Glanz-Eule, je I 26.8. und 19 . 9. 1960, Schwenningen,<br />

an Licht, I cl 10 . 10. 1966, Schwenninger Moos<br />

858 Mormo maura, Schwarzes O r<strong>de</strong>nsband, I cl 7. 8. 1950, Rottweil, in einer dunklen<br />

Ecke in einer G laserwerkstatt (Abb. 11 )


Eulenfalter <strong>de</strong>r Baar 105<br />

860 Rusina feTTuginea, Erdbeerschatten-Eule, nicht häufig, kommt ans Licht, fliegt zuweilen<br />

auch tagsüber<br />

861 Polyphaenis sericata, Mittelrheinische Eule, 1 cf 23. 7. 1956, Osterberg, an Centaurea<br />

jacea<br />

862 Thalpophila matura, Braune Wurzel-Eule, 1 9 21. 8. 1955, Osterberg, am Tage<br />

auffliegend .<br />

864 Euplexia lucipara, Schöllkraut-Eule, nicht hä~fig, kommt ans Licht<br />

865 Phlogophlora meticulosa, Reben- o<strong>de</strong>r Achat-Eule, nicht selten, Wan<strong>de</strong>rfalter (Abb. 10)<br />

880 Cosmia trapezina, Trapez-Eule, nicht selten, aber manche Jahre fehlend<br />

883 Auchmis comma, Berberitzen-Eule, 1 cf :;0. 6. 1962, Umgebung Engen<br />

884 Actinotia polyodon, Rötlichbraune Johanniskraut-Eule, I cf 25 . 8. 1958, Umgebung<br />

Engen, an Licht<br />

887 Apamea monoglypha, Getrei<strong>de</strong>wurzel-Eule, nicht selten, bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen<br />

ans Licht<br />

888 Apamea lithoxylea, Graswurzel-Eule, nicht selten, bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen ans<br />

Licht (Abb. 14)<br />

889 Apamea sublustris, Halbdunkle Eule, nicht selten, bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen ans<br />

Licht<br />

899 Apamea oblonga, Rispengras-Eule, vereinzelt<br />

903 Apamea illyria, Illyrische Eule, 1 cf 25 . 6. 1973 , Umgebung Engen, an Licht<br />

90S Apamea sor<strong>de</strong>ns, Ähren-Eule, je 1 cf 8. 7. 1955 und 21. 6. 1957, Schwenningen,<br />

19 5. 7. 1970, Hegaublick, alle am Licht<br />

908 Oligia strigilis, Striegel-Eule, nicht häufig, bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen ans Licht<br />

909 Oligia versicolor, Verschie<strong>de</strong>nfarbige Eule, 1 cf 5. 7. 1957, Schwenningen, an Licht,<br />

I cf 10. 6. 1971, Ramberg, an Stein sitzend<br />

911 Oligia lactruncula, I cf 8. 7. 1971, Schwenningen, an Licht<br />

915 Mesapamea secalis, Roggen-Eule, nicht häufig, kommt ans Licht, fliegt zeitweilig<br />

auch am Tage<br />

916 Phote<strong>de</strong>s captiuncula, Vogesen-Eule, I 9 8.7. 1973 , Bachzimmern, an Umbelliferen<br />

921 Phote<strong>de</strong>s pygmina, Sumpfgras-Eule, I d 11. 9. 1966, Schwenninger Moos, je 1 cf<br />

11. 9. 1971 und 25. 9. 1971, Wutachmühle, an Licht<br />

925 Luperina testacea, Grasstengel-Eule, 1 cf 2. 9. 1950, Rottweil, je 19 26. 8. 1955<br />

und 29. 8. 1958, Schwenningen, aIle am Licht<br />

932 Amphipoea oculea ssp. nictitans, Blinzel-Eule, I 9 13. 8. 1968, Schwenninger<br />

Moos<br />

933 Amphipoea fucosa, Geschminkte Eule, 1 cf 8. 9. 1972, Schwenningen, an Licht<br />

937 Hydraecia micacaea, Schachtelhalm-Eule, 1 cf 26. 8. 1968, Schwenningen, an Licht<br />

940 Gortina j1avago, Mark-Eule, Id I. 10. 1953, Schwenningen, 19 28. 9. 1968 ,<br />

Wutachmühle, alle an Licht<br />

943 Calamia tri<strong>de</strong>ns, Grün-Eule, 19 12. 8. 1950, Rottweil, an Licht<br />

954 Rhizedra lutosa, Rohrtöter, I 9 11. 10. 1961 , Schwenningen, an Licht<br />

959 Meristis trigrammica, Dreilinien-Eule, nicht häufig, kommt ans Licht<br />

960 Hoplodrina alsines, Mieren-Eule, nicht selten, kommt ans Licht<br />

961 Hoplodrina blanda, Löwenzahn-Eule, nicht selten, saugt am Tage gern an Centaurea-Arten,<br />

kommt auch ans Licht<br />

962 Hoplodrina ambigua, Ost<strong>de</strong>utsche Eule, 19 22.6. 1950, Rottweil, I cf 27.7. 1964,<br />

Schwenningen, bei<strong>de</strong> an Licht<br />

963 Hoplodrina. superstes, Kuhblumen-Eule, I cf 15. 7. 1972, Achdorf, an Licht<br />

967 Caradrina morpheus, Träumer-Eule, in <strong>de</strong>n Jahren 1951 - 1967 vereinzelt, seither nich.<br />

mehr beobachtet


106 Helmut Herrmann<br />

973 Paradrina clavipalpis, Eindringling, 1 cf 25.9. 1953, Schwenningen, 2 cf cf<br />

29. 8. 1952, Rottweil, alle an Licht<br />

983 Athetis palustris, Wiesen- Eule, 1 cf 30. 5. 1964, Schwenninger Moos, auffliegend<br />

(Abb. 15)<br />

4. UNTER FAMILIE: CUCULLIINAE, MONCHSEULEN<br />

1000 Cucullia lucifuga, Möhrenmönch, 19 19.6. 1965, Unterbaldingen, an Licht<br />

1001 Cucullia lactucae, Lattichmönch, I cf 13. 7. 1973, Schwenningen, an Licht, 1 cf<br />

\ 5. 7. 1973, bei Aselfingen, an Bienenstand, 19 4. 8. 1973, Hochemmingen,<br />

(Abb. 16),22. 8. 1970, eine Raupe im Stadtgebiet von Schwenningen<br />

1002 Cuwllia umbratica, Schattenmönch, häufig, kommt abends gern an Lonicera und<br />

Lilium martagon, auch an Licht<br />

1013 Cucullia verbasci, Wollkrautmönch, häufig (Abb. 17)<br />

1025 Episema glaucina, Blaugraue E ule, I cf 26. 8. 1955, Schwenningen, an Licht<br />

1029 Brachionycha sphinx, Sphinx-Eule, je I cf 16. 10. und 14 . 11. 1958, Schwenningen,<br />

I (J 6. 11 . 1971, Achdorf, alle an Licht<br />

1049 Xylena vetusta, Braune Mo<strong>de</strong>rholz-Eule, I cf 8.4. 1972, Achdorf, an Licht<br />

(Abb. 18)<br />

1055 A llophyes oxycanthae, W eißdo rn-Eule, I cf 8. 10. 1962, Schwenningen, I cf I. 10.<br />

1970 bei Blumberg, I cf 6. 11. 1971, Achdorf, alle an Licht<br />

1078 Antitype chi, G riechisches Chi, I 25. 9. 1952, 19 5. 9. 1959, Schwenningen,<br />

an Licht, I cf 3.9. 1969 e. 1. , Raupe v. Eschachtal<br />

1080 Ammoconia caecimacula, Wo llrücken-Eule, 19 27. 9. 1955, I cf 3. 10. 1961 ,<br />

Schwennin gen, an Licht, 19 e. I. 15.9. 1967<br />

1083 Eupsilia transversa, Trabant, I cf 31 . 3. 1974, bei lppingen, an Bienenstand mit<br />

blühen<strong>de</strong>n W ei<strong>de</strong>n<br />

E.tpsilia transversa f. brunnea, regelmäßig, aber nur einzeln im Wutachgebiet<br />

(Abb. 19)<br />

1085 Conistra vaccinii, H ei<strong>de</strong>lbeer- Eule, I cf 2 1. 11 . 1964, Schwenningen, I cf<br />

17.3. 1974, bei Engen, an Licht<br />

1093 Agrochola circellaris, Salwei<strong>de</strong>n-Eule, I cf I. 10. 1970, Nordseite Buchberg, an<br />

Licht<br />

1096 Agrochola helv ola, Lutz- E ule, 19 3. 10. 196 1, I cf 28 . 10. 1964, Schwenningen,<br />

an Licht<br />

1098 Agrochola litura, Fleck-E ule, nicht selten , bei<strong>de</strong> Geschlechter kommen ans Licht<br />

(Abb. 20)<br />

11 01 Agrochola lota, Lota-Eul e, 19 29.9. 1967, Schwenningen, an Licht<br />

1103 Parastichtis suspecta, Pappelkätzchen-Eule, I cf 23. 7. 1973, bei Bachzimmern, an<br />

ASlrantia major<br />

1107 Cirrhia aurago, Gold-Eule, I cf 17.9. 1969, Schwenningen, an Licht<br />

1109 Cirrha icteritia, Bleiche Gelb- Eule, je 19 I. 10. 1974 und 5. 10. 1972, Schwenningen,<br />

an Licht<br />

1111 Cirrhia ocellaris, Goldaugen- Eu le, I cf 5. 10. 1951, Rottweil, an Licht, I cf 17.9.<br />

1952, Schwenningen, an Licht<br />

5. U TERFAMILlE: MELlC LEPTRIINAE<br />

I 11 7 Chlori<strong>de</strong>a viTl:placa, Kar<strong>de</strong>n- Eule, 1950 ve rein zelt vorhan<strong>de</strong>n, seither nicht mehr<br />

gefun<strong>de</strong>n, bei<strong>de</strong> Geschl ec hter kommen ans Licht, fliegen auch am Tage


Eulenfal


108 Helmut Herrmann<br />

9. UNT ERFA MILIE: NYCEOLINAE - entfällt für das Gebiet<br />

/0. UNT ERFA MILIE: BENINAE<br />

1193 Bena prasinana, Buchenkahnbärchen, regelmäßig, meist jedoch einzeln, bei<strong>de</strong><br />

G eschlechter ko mmen ans Licht<br />

Bena prasinana gen. aest. f iorii, 1 cf 10.7. 1967, Achdorf, an Licht<br />

//. UNT ERFA MILIE: EUTELIINAE - entfällt für das Gebiet<br />

/ 2. UNT ERFAMILIE: PLUSlINAE, Gold-Eulen<br />

D ie Falter d ieser Unterfamilie sitzen in Ruhestellung mit <strong>de</strong>m Kopf nach unten.<br />

1201 Chrysaspidia festucae, Schwingel-Eule, 1 9 5. 6. 197 1, Achdorf, an Licht, 2d'cf<br />

2 1. 8. 1971 , in einem Trockenrasen bei Hüfin gen, am Tage fliegend, zusammen mit<br />

Plusia chrysitis und Autographa gamma, 1 9 9. 9. 1972, Achdorf, an Licht (s. H eft<br />

30 dieser Schriften)<br />

1202 Chrysaspidia putnami, 1 9 3 1. 7.1964, Schwenningen, an Licht<br />

1203 Autographa gamma, Gamma-Eule, sehr häufig, jährlich jedoch In unterschiedlicher<br />

Anzahl, am 1. 11. 1965 habe ich noch ein Exemplar im Schwenninger Moos fli egend<br />

beobachtet, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

1205 Autographa puLchrina, Z iest-Eule, 1 cf 2 1. 7. 1962, Schwenningen, abends an<br />

Lonicera<br />

Autographa puLchrina f. gammoi<strong>de</strong>s, nicht häufi g, kommt ans Licht, saugt auch an<br />

Lonicera und LiLium martagon; mit Silbermakel<br />

1206 A utographa bractea, Gold linien-Eule, I cf 14. 8. 1958, S hwenningen, an Licht,<br />

1 cf 10. 7. 1962, Sch wenningen, abends an Lonicera, 1. 7. 1973, H öm ekapf,<br />

2 cf cf 8. 7. 1973, bei Bachzimmern , alle mit Goldmakel, am Tage auffliegend,<br />

(Abb. 26), Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

1208 Macdunnoughia confusa, Schafgarben-Eule, 19 12. 8. 1950, Rottweil , I cf 13 . 9.<br />

1955, Schwenningen, bei <strong>de</strong> an Licht, 1 ~ 28. 8. 1971, bei Mun<strong>de</strong>lfingen, auffliegend,<br />

1 cf 4. 8. 1974, Achdorf, an Licht, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

12 11 Plusia chrysitis, Messing-Eule, nicht selten (Abb. 27)<br />

PLusia chrysitis f. juncta, tritt ab und zu auf<br />

1216 PoLychrisia moneta, T rollblumen-Eul e, I cf 15 . 7. 1956, Schwenningen, an Lonicera<br />

12 18 EuchaLcia variabilis, Eisenhut-Eule, 1 cf 20. 5. 1950, Rottweil , an Licht<br />

1222 A brostola triplasi, G raue ßrennessel-Eule, 1cf 20. 7. 1973, Achdorf, an Licht, 1 cf<br />

22. 6. 1974, bei Engen, an Licht<br />

1223 Abrostola asclepiadis, Schwalbenwurz-Eule, 19 20. 8. 1960, Achdorf, an Licht<br />

1225 Abrostola trigemina, Ockerfarbige Brennessel-Eule, vereinzelt, kommt auch ans<br />

Li cht<br />

13. UNTERFAMILIE: COTA CA LINAE, Or<strong>de</strong>nsbän<strong>de</strong>r<br />

1228 Catocala fracini, Blaues Or<strong>de</strong>nsband, I cf 12. 8. 1950, Rottweil , an Licht, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

(Abb. 28)<br />

1229 Catocala nupta, Rotes Or<strong>de</strong>nsband, 1 cf 11. 9. 1949, Schwenningen, an Bretterwand,<br />

I cf 14 . 9. 1950 und 1 9 28. 9. 1953 , Schwenningen, ins Haus gefl ogen, Wan<strong>de</strong>rfalter<br />

(Abb. 29)


Eulenfalter <strong>de</strong>r Baar 109<br />

1248 Dysogonia algira, Algier-Eule, I cf e. I. 22. 7. 1960. Die Raupe wur<strong>de</strong> von mir am<br />

23. 8. 1959 am Kirnbergsee an Salix caprea gefun<strong>de</strong>n , am 12. 9. 1959 verpuppte sie<br />

sich. Hauptverbreitungsgebiete sind Wallis, Täler <strong>de</strong>r Südalpen, Ost!. Osterreich und<br />

Ungarn. (Abb. 30)<br />

1251 Callistega mi, Mi-Eule, häufig, vor allem in Trockenrasen, fliegt am Tage (Abb. 31)<br />

1252 Ectypa glyphica, Luzernen-Eule, sehr häufig, fliegt meist zusammen mit <strong>de</strong>r vorigen<br />

Art<br />

14. UNTERFAMILIE: OPHI<strong>DER</strong>INA E<br />

1254 Scoliopteryx libatrix, Zucker-Eul e, nicht selten, überwintert in Höhlen, hohlen<br />

Bäumen und dgl. (Abb. 32)<br />

1257 Lygephila craccea, Vogelwicken-Eule, njcht häufig, fliegt am Tage<br />

1258 Lygephila viciae, Wicken-Eule, nicht häufig, fliegt am Tage (Abb. 33)<br />

1259 Lygephila pastinum, Hacken-Eule, nicht häufig, fliegt am Tage<br />

1267 Phytrometra viridaria, Grünschimmer-Eule, häufig, vor allem in Trockenrasengesellschaften,<br />

fliegt am Tage<br />

15. UNTERFAMILIE: HYPENINAE, Schnauzen- o<strong>de</strong>r Schnabeleulen<br />

1270 Laspeyria flexula, Na<strong>de</strong>lwaldflechten-Eule, 19 17. 7. 1971, Eichberg, auffliegend,<br />

2d·d26.). 1969, Wutachmühle, an Licht, 20.7. 1973, 1 dAchdorf, an Licht<br />

1273 H erminia barbalis, Bart-Eule, 1 d 17. 7. 1971 , Achdorf, an Licht, 19 17.6. 1%9,<br />

1 d 1 9 17.6. 1971, Ramberg, aus Gebüsch fliegend, 1 d 12.7. 1974, Achdorf,<br />

an Licht<br />

1278 Zanclonatha tarsipennalis, Fe<strong>de</strong>rfuß-Eule, 19 30. 5. 1971, Ramberg<br />

12 8 1 Zanclonatha grisealis, Grau-Eule, 19 10. 7. 1971, Wutachflühen, je 1 d 21. 5. 1971<br />

und 22 . 7. 1972, bei Aselfingen, aus H ecken fliegend _<br />

1289 Hypena proboscidalis, Rüssel-Eule, 1971 Wutachflühen, nicht selten, aus Gebüsch<br />

fliegend, kommt auch ans Licht<br />

1290 Hypena obesalis, Schnurrbart-Eule, Id 22.5.1971, Achdorf, an Licht<br />

Herrn H EINZ JüNGLING, Esslingen, danke ich auch an dieser SteUe nochmals recht<br />

herzlich für die Determinierung einiger kritischer Arten.<br />

Literaturhinweise<br />

ECKSTE[N , K., Die Schmetterlinge Deutschlands, Band 11[ , Srurtgart 1920.<br />

FORSTER, W. und TH. WOHLFAHRT, Die Schmetterlinge Mitteleuropas , Band [V, Sturtgart 1971.<br />

HERRMANN, H ., G roßschmetterl inge im Schwenninger M oos in " Das Schwenninge r M oos" , Ludwigsburg 1968.<br />

HERRMANN, H ., Bemerkenswerte Fun<strong>de</strong> zur Fauna <strong>de</strong>r Baar; Schriften <strong>de</strong>r Baar H . JO, S. 257-260, 1974<br />

KOCH, M. , Wir bestimmen Schmetterlinge, Band 3, 1972.


110<br />

Der Türnleberg<br />

zwischen Schwenningen und Bad Dürrheim ,<br />

eine keltische Burganlage aus <strong>de</strong>r Hallstattzeit<br />

Nach Unterlagen von Dr. Rudolf Ströbel t, zusammengestellt und ergänzt<br />

von Otto Benzing<br />

mit 2 Abbildungen<br />

Der Türnleberg li egt zwar nicht auf Schwenninger Markung, son<strong>de</strong>rn größtenteils im<br />

ehemaligen "Badischen", doch nennt man ihn trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Schwenninger Hausberg. Er ist<br />

das beliebteste Wan<strong>de</strong>rziel im näheren Umkreis <strong>de</strong>s Stadtbezirks, vor allem, seit<strong>de</strong>m dort<br />

oben <strong>de</strong>r Schwäbische Albverein mit Unterstützung <strong>de</strong>s StaatI. Forstamts Trossingen und <strong>de</strong>r<br />

Stadt Schwenningen einen Wan<strong>de</strong>rparkplatz mit 6 bezeichneten Rundwan<strong>de</strong>rwegen eingerichtet<br />

hat. Die bei<strong>de</strong>n Schutzhütten mit großen Feuerstellen und Sitzgelegenheiten wer<strong>de</strong>n<br />

fast täglich von fröhlichen Gruppen besucht.<br />

Statt aber <strong>de</strong>n Berg von Mühlhausen her zu "erfahren", ist es besser, ihn vom Schwenninger<br />

Moos her zu "bewan<strong>de</strong>rn". An <strong>de</strong>ssen Sü<strong>de</strong>n<strong>de</strong> geht man entlang <strong>de</strong>r badischwürttembergischen<br />

G renze. Der Weg dort ist aber viel älter als die Grenze; er bestand schon<br />

min<strong>de</strong>stens in <strong>de</strong>r Bronzezeit. Vom Schwarzwald bei Hammereisenbach herkommend, ging<br />

er südlich an Villingen vorbei , wo <strong>de</strong>r große Fürstengrabhügel <strong>de</strong>s "Magdalenenbergle" steht.<br />

Er überquerte das von Schwenningen bis Donaueschingen reichen<strong>de</strong> Sumpfgebiet auf einer<br />

niedrigen Bo<strong>de</strong>nschwelle üdlich <strong>de</strong>s Schwenninger Mooses. Dort, an <strong>de</strong>r Südspitze <strong>de</strong>r<br />

Schwenninger Markung, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Stich weihers von 1947, wo ein alter Grenzstein mit<br />

<strong>de</strong>m Villinger Wappen steht, wur<strong>de</strong>n vo r über hun<strong>de</strong>rt Jahren ein Bronzeschwert und eine<br />

Bronzeaxt gefun<strong>de</strong>n, die vor 3000 Jahren, verm utlich als Opfergaben, im Moor versenkt<br />

wor<strong>de</strong>n waren. An <strong>de</strong>r Stelle, wo 1825 das Bohrhaus 2 <strong>de</strong>r Saline Wilhe1mshall errichtet<br />

wur<strong>de</strong>, stößt <strong>de</strong>r Weg auf die Bun<strong>de</strong>sstraße 27 1 ).<br />

Jenseits <strong>de</strong>r Straße führt <strong>de</strong>r Weg auf <strong>de</strong>m Bergkamm <strong>de</strong>s "Fesenwal<strong>de</strong>s"2) weiter nach<br />

Osten. Solche Kammlage ist für viele vorgeschichtliche Wege bezeichnend. Kommt doch auch<br />

das französische ~'o rt "chemin" von "Kamm". Auch "Rennwege" wer<strong>de</strong>n solche Kammwege<br />

ge rn genannt, weil sie oft "Rainwege" (G renzwege) sind. Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n heutigen<br />

Talwegen bevorzugte man die Kammwege, wei l sie trocken lagen und bessere Aussicht zu<br />

ferneren Zielen boten. - Der Weg steigt Stufe um Stufe vom Gipskeuper bis zum untersten<br />

Schwarzen Jura empo r, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Türnleberg ab<strong>de</strong>ckt. Im Schatten <strong>de</strong>r schönsten Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Schwenninger Raums folgen w ir auf <strong>de</strong>m ganzen Weg bis unmittelbar vor <strong>de</strong>m letzten Aufstieg<br />

auf die H öhe <strong>de</strong>n auffallend großen wappengeschmückten Marksteinen, welche auf<br />

Schwenninger Seite die drei württem bergischen Hirschhörner, auf <strong>de</strong>r Bad Dürrheimer das<br />

Kreuz <strong>de</strong>r Villinger Johanniterkommen<strong>de</strong> tragen, bis sie durch di e Zeichen von Hochemmingen<br />

abgelöst wer<strong>de</strong>n. Der älteste Markstein trägt die Jahreszahl 1673.<br />

Gera<strong>de</strong> dort, wo dieser Stein steht, mün<strong>de</strong>t ein an<strong>de</strong>rer vorgeschichtlicher Weg in unseren<br />

Kreuzweg: <strong>de</strong>r " Bettelweg", <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Donaueschmger Raum östlich an Dürrhei l11<br />

vorbeiführt. Es ist möglich, daß er in <strong>de</strong>n Grenzweg nicht nur einmün<strong>de</strong>te, son<strong>de</strong>rn ihn sogar<br />

kreuzte; je<strong>de</strong>nfalls verläuft von <strong>de</strong>r Ei nmündungsstell e weiter nach N or<strong>de</strong>n, in die Schwenninger<br />

Markung hinein, ein alter, inzwischen aufgefüllter Hohlweg.<br />

I) och heute ragen dort vier mächtige Schrauben aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r einstige Solebohrturm<br />

verankert war.<br />

2) Ehemals hatten 141 Schwenningcr H äuser das Recht, gegen jährlich 8 Simri "Fesen" (= Dinkel) von don<br />

unentgeltlich ihr Bau- und Brennholz. zu holen.


Tümleberg 111<br />

Der Markstein mit <strong>de</strong>r Jahreszahl 1673 ist ein "Dreimarkstein"; er schei<strong>de</strong>t mit Hirschstangen<br />

und Johanniterkreuz die Markungen Schwenningen, Bad Dürrheim und Hochemmingen.<br />

Auch geologisch markiert er eine Grenze: wir sind inzwischen vom Gipskeuper<br />

bis zum Stubensandstein emporgestiegen. Verfallene kleine Steinbrüche und <strong>de</strong>r Flurname<br />

"Sandspitz" auf Hochemminger Seite zeigep uns, daß dort früher Sand zum Fegen <strong>de</strong>r<br />

Bauernstuben gewonnen wur<strong>de</strong>. Auch die Schwenninger <strong>de</strong>ckten dort ihren Bedarf. Bald sind<br />

wir am "Setzenbrünnele" 3) mit seinem ausgezeichnet schmecken<strong>de</strong>n Wasser, das die Schwenninger<br />

früher gern als Heilmittel gegen Augenlei<strong>de</strong>n holten.<br />

Ober all diesen Beobachtungen haben wir aber 6 Grabhügel übersehen, die <strong>de</strong>n Grenzweg<br />

entlang auf <strong>de</strong>m Bergkamm liegen. Der Fesenwaldweg ist damit auch ein Heerweg, auf<br />

<strong>de</strong>m man das Totenheer ziehend dachte, eine Gräberstraße wie die Via Appia vor Rom. Solche<br />

gab es auch im hohen Nor<strong>de</strong>n. Noch im frühen Mittelalter heißt es in <strong>de</strong>r Edda 4) : "Grabmäler<br />

stehen selten am Wege, wenn sie <strong>de</strong>r Freund <strong>de</strong>m Freun<strong>de</strong> nicht setzt". - Die größeren <strong>de</strong>r<br />

sechs Hügel gehören wohl <strong>de</strong>r Hallstattzeit an. Nur <strong>de</strong>r erste von ihnen ist auf <strong>de</strong>n topographischen<br />

Karten verzeichnet. Den zweiten und kleinsten von ihnen, unmittelbar neben<br />

<strong>de</strong>m Dreimarkstein, hat Hermann Rupp 1914 ausgegraben. Er fand das Grab einer Frau mit<br />

zwei durchbohrten Gewandna<strong>de</strong>ln und einem Dolch, die sich jetzt im Heimatmuseum<br />

Schwenningen befin<strong>de</strong>n. Diese Fun<strong>de</strong> datieren <strong>de</strong>n Grabhügel in die Hügelgräberbronzezeit<br />

vor dreieinhalbtausend Jahren. Lei<strong>de</strong>r ist <strong>de</strong>r Hügel, <strong>de</strong>n Rupp nach <strong>de</strong>r Ausgrabung wie<strong>de</strong>r in<br />

seine alte Form brachte, vor einigen Jahren teilweise abgetragen wor<strong>de</strong>n. Vermutlich wur<strong>de</strong><br />

das Material zur Auffüllung jenes Hohlweges benützt, welcher als Fortsetzung <strong>de</strong>s "Bettelwegs"<br />

gelten könnte. Hermann Rupp ent<strong>de</strong>ckte auch die nächsten drei Grabhügel. Eine<br />

weitere kleine Erhebung sah Dr. Ströbel ebenfalls als Grabhügel an. Obwohl fünf Hügel nicht<br />

ausgegraben sind, kann man sagen, daß ein Teil von ihnen schon ihrer Größe wegen nicht in<br />

die Bronzezeit, son<strong>de</strong>rn in die Hallstattzeit (750-450 v. ehr.) zu datieren ist.<br />

Bald sind wir am Fuße <strong>de</strong>s Tümlebergs angelangt, eines Knollenmergelsporns, welcher<br />

<strong>de</strong>m Stubensandsteinplateau aufgesetzt ist. Gehalten wird sein leicht rutschen<strong>de</strong>s rotes<br />

Material durch die daraufliegen<strong>de</strong> dünne Schwarzjuraplatte. Wir steigen <strong>de</strong>n vom Albverein<br />

angelegten Srufenweg hinauf. Kurz ehe wir die Höhe erreichen, zeigt <strong>de</strong>r westliche Hang<br />

dort, wo links ein Stein mit religiösem Text steht, einen Absatz. An dieser Stelle ließ <strong>de</strong>r Aufschluß<br />

<strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nseewasserleitung einen Graben erkennen, <strong>de</strong>r ein wenig unterhalb <strong>de</strong>r<br />

Hochfläche <strong>de</strong>n Hang entlang lief. Darüber stand am Rand <strong>de</strong>r Hochfläche eine Trockenrnauer,<br />

von <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Nordseite noch Spuren im Gelän<strong>de</strong> zu sehen sind. Der Graben dagegen<br />

ist an <strong>de</strong>r Südseite besser erkennbar, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Gegend, wo <strong>de</strong>r umlaufen<strong>de</strong> Graben in<br />

einen Wallgraben übergeht, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bergsporn etwa 200 m östlich seiner Spitze quer über <strong>de</strong>n<br />

Rücken hinweg abschnitt.<br />

Auf <strong>de</strong>r Höhe selbst steht <strong>de</strong>r Denkstein für <strong>de</strong>n unvergeßlichen Leiter <strong>de</strong>r Ortsgruppe<br />

Schwenningen im Schwäbischen Albverein, Richard Schmid. Die Tafel, welche auf die vorgeschichtliche<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Berges hinwies, wur<strong>de</strong> lei<strong>de</strong>r von mutwilligen Hän<strong>de</strong>n entfernt.<br />

An ihrer Stelle lassen wir <strong>de</strong>n Altmeister <strong>de</strong>r Baaremer Vor- und Frühgeschichtsforschung,<br />

PAUL REVELLIO, zu Wort kommen. Erschreibt S ) : "Einerypischesog. Abschnittsburgistam<br />

Burgrain (Türnleberg) ganz in <strong>de</strong>r Nähe von Schwenningen, zwar noch auf Gemarkung<br />

Hochemmingen, aber hart an <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgrenze. Sie liegt auf <strong>de</strong>r länglichen, nach drei Seiten<br />

steil abfallen<strong>de</strong>n Höhe 793,80 m, die sich etwa 25 m über die nächste Umgebung erhebt. Nur<br />

nach Osten senkt sie sich allmählich. Da wo die Lan<strong>de</strong>sgrenze die Höhe in nordsüdlicher<br />

3) An dieser Quelle "setzte" sich das auf die Waldwei<strong>de</strong> getriebene Vieh z.ur Tränke und zur Ruhe nie<strong>de</strong>r.<br />

4) H ava mal 72<br />

5) Stadtbuch SchwenningenlNeckar 1932, S. 14 f.


11 2 0([0 Benzing<br />

Ocr Türnlebcrg -<br />

eine keltische Burganl age aus <strong>de</strong>r Hallstau zeit. Zeichnung aus <strong>de</strong>m N achlaß von Dr. Ströbel.<br />

Richtung überquert, ist auch di e engste Stell e, wo sich Süd- und N ordhang auf wenige Meter<br />

genähert haben. Hier war di e günstige Gelegenheit, das westliche Drittel <strong>de</strong>r Höhe durch zwei<br />

Gräben von <strong>de</strong>m durch die N atur weni ger geschützten O rtsteil abzuschließen. Der äußere<br />

G raben ist etwa 9 m breit. Ihm fo lgt in einem Abstand von 47 m <strong>de</strong>r innere, <strong>de</strong>r H auptgraben<br />

von 11 m Breite. H inter ihm erhob sich <strong>de</strong>r Wall , <strong>de</strong>r jetzt stark abgetragen ist. Wir müssen<br />

uns ihn als mö rtellose T rockenmauer <strong>de</strong>nken, die beträchtliche H öhe hatte. Sie wur<strong>de</strong> durch<br />

enkrechte Pfosten an Vo r<strong>de</strong>r- und Rückseite, die durch die Mauer hindurch miteinan<strong>de</strong>r<br />

verklammert waren, zusammengehalten. Von <strong>de</strong>r H öhe <strong>de</strong>r Mauer aus, die wohl noch mit<br />

ei ner Brustwehr geschützt war, konnte <strong>de</strong>r andringen<strong>de</strong> Feind an <strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>tsten Stelle<br />

durch Spee r- und Wurfgeschosse gefaßt wer<strong>de</strong>n. Auch die drei Steilhänge sind in etwa<br />

113 H öhe durch einen G raben, <strong>de</strong>r aber nur an <strong>de</strong>r Süd- und Westseite leidl ich erhalten ist,<br />

geschützt. Am oberen Rand <strong>de</strong>r N ordseite, da wo <strong>de</strong>r Steilabfall ansetzt, ist noch ein Steinriegel<br />

zu erkennen, wohl <strong>de</strong>r letzte Rest einer niedrigen Umfassungsmauer, die als Brustwehr<br />

diente. Beim Beseitigen <strong>de</strong>r Baumstümpfe auf <strong>de</strong>r H öhe kamen an verschie<strong>de</strong>nen Stellen<br />

vorgeschi chtliche Scherben zum Vorschein , ohne daß es möglich war, sie ein er bestimmten<br />

Perio<strong>de</strong> zuzuweisen. Aber am Fuße <strong>de</strong>r Burg, nur etwa 30 m südlich, liegt ein großer<br />

G rabhügel von etwa 34 m D urchmesser, <strong>de</strong>r nach seiner Größe <strong>de</strong>r Hallstattzeit angehö ren<br />

muß. Wir haben wo hl hier ohne Zweifel Burg und Grabstätte eines Hallstatthäuptlings beisammen,<br />

ist doch gera<strong>de</strong> in di eser Zeit auch das System <strong>de</strong>r Abschnittsburgen beson<strong>de</strong>rs<br />

beliebt gewesen."<br />

Beim Bau <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nseewasserleitung wur<strong>de</strong> zwar im mittleren Teil <strong>de</strong>s Hauptabschnittsgrabens<br />

vieles zerstört, doch ko nnte Dr. Ströbel bei di eser Gelegenheit Revellios Darstellung


Tümleberg 113<br />

überprüfen und in allen Teilen bestätigen. So fand er, daß am Nor<strong>de</strong>n<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Wallgrabens<br />

schon früher ein Loch in <strong>de</strong>n WaU gehauen wor<strong>de</strong>n war, vermutlich zur Gewinnung von<br />

Steinen, und daß noch jetzt Reststeine <strong>de</strong>r Trockenmauer im Wall stecken. Er konnte feststellen,<br />

daß <strong>de</strong>r äußere Wallgraben, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Berghals an seiner schmälsten, nur 20 m breiten Stelle<br />

überquerte, nicht wie <strong>de</strong>r innere in einen umlaufen<strong>de</strong>n Graben überging, son<strong>de</strong>rn sich weit<br />

über bei<strong>de</strong> Bergflanken <strong>de</strong>n Hang hinunterzog. Des weiteren fand Ströbel auf <strong>de</strong>m Grund <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n hallstattzeitlichen Spitzgräben Gefäßscherben dieser Zeit, obwohl er die Gräben nur<br />

an <strong>de</strong>r Stelle untersuchen konnte, wo sie vom Wasserleitungsgraben durchschnitten wur<strong>de</strong>n.<br />

Eine völlig einwandfreie Datierung <strong>de</strong>r gesamten Anlage wird erst nach weiteren Ausgrabungen<br />

möglich sein. Das gilt vor allem für <strong>de</strong>n erwähnten großen Grabhügel am Fuß <strong>de</strong>s<br />

Berges. Der wur<strong>de</strong> zwar in neuerer Zeit von einem unbekannten "Schatzgräber" von oben her<br />

ein Stück weit aufgewühlt, dann aber wie<strong>de</strong>r verlassen. Die Vermutung fällt auf einen längst<br />

verstorbenen, sonst sehr verdienten Heimatforscher, <strong>de</strong>r von fachmännischer Ausgräberei<br />

keine Ahnung hatte, sonst wäre er <strong>de</strong>n Hügel von <strong>de</strong>r Seite und nicht von oben angegangen ;<br />

da er seine Gräberei heimlich betreiben mußte, Ließ er wohl von <strong>de</strong>r Arbeit ab, als sie nicht<br />

gleich zum ersehnten Erfolg führte.<br />

Ganz an<strong>de</strong>re "Ausgräber" sorgten dafür, daß <strong>de</strong>r Grabhügel vor zehn Jahren ins Gere<strong>de</strong><br />

und in die Presse kam. Da ließ das staatliche Forstamt etwa 30 m südlich <strong>de</strong>s Türnlebergfußes<br />

einen Waldweg begradigen und, da <strong>de</strong>r Grabhügel einer gera<strong>de</strong>n Linienführung im Wege<br />

stand, kurzerhand ein gutes Drittel <strong>de</strong>s Hügels beseitigen . Das geschah, obwohl die Tafel <strong>de</strong>s<br />

Albvereins auf <strong>de</strong>m Gipfel noch stand und auf <strong>de</strong>n "Grabhügel <strong>de</strong>s Burgherrn am Südfuß"<br />

hinwies, obwohl im Schwenninger Heimatmuseum schon seit 1950 ein Bild <strong>de</strong>s Grabhügels<br />

mit <strong>de</strong>m Türnleberg im Hintergrund hing, obwohl die zitierten Ausführungen von Prof.<br />

Revellio schon 1932 im Schwenninger Stadtbuch abgedruckt stan<strong>de</strong>n, und obwohl Behör<strong>de</strong>n<br />

und Gemein<strong>de</strong>n durch das Denkmalschutzgesetz gehalten sind, auf vorgeschichtliche Denkmäler<br />

zu achten und alle behördlichen Bauarbeiten vorher <strong>de</strong>n zuständigen DenkmalspflegesteIlen<br />

zu mel<strong>de</strong>n. Es war hinterher nicht einmal mehr möglich zu erfahren, wohin das<br />

abtransportierte Material gebracht wor<strong>de</strong>n war. Der amtliche Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpfleger Ströbel<br />

aber wur<strong>de</strong> von verschie<strong>de</strong>nen Stellen hart gerügt, weil er sich in frem<strong>de</strong>, badische Angelegenheiten<br />

gemischt hatte, als er in <strong>de</strong>r Zeitung auf die Untat hinwies.<br />

Der Name <strong>de</strong>s "Türnle"berg und <strong>de</strong>r Flurname "Burgrain" nördlich <strong>de</strong>s Berges sagen<br />

über das Alter <strong>de</strong>r Befestigung ebensowenig aus wie die verschie<strong>de</strong>nen Sagen, die sich um <strong>de</strong>n<br />

Türnleberg ranken. Dem Betrachter <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rkarte 1: 50000 von Schwenningen fällt zwar<br />

auf, daß <strong>de</strong>r Flurname "Türnen" nur wenige Kilometer östlich und nordöstlich <strong>de</strong>s Berges<br />

wie<strong>de</strong>r auftaucht und ein drittes Mal nördlich Trossingen, jeweils an Hängen o<strong>de</strong>r auf einer<br />

Höhe. Aber ob die vor <strong>de</strong>r mächtigen Hallstattburg Dreifaltigkeitsberg verstreuten "Türme"<br />

o<strong>de</strong>r "Türmle"6) zum Vorfeld eines keltischen Verteidigungssystems gehörten, ob sie in <strong>de</strong>m<br />

jahrhun<strong>de</strong>rtlangen Rückzugskampf <strong>de</strong>r Römer gegen die Alemannen nach <strong>de</strong>ren Durchbruch<br />

durch <strong>de</strong>n Limes als hölzerne Wachttürme aufgestellt wur<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r ob sie nur lokale Beobachtungsstellen<br />

<strong>de</strong>s frühen Mittelalterswaren, läßt sich heutenichtmehrfeststellen.<br />

Abschnittsburgen <strong>de</strong>r Hallstattzeit, ähnlich <strong>de</strong>r Anlage auf <strong>de</strong>m Türnleberg, gibt es<br />

je<strong>de</strong>nfalls in unserer Gegend in größerer Zahl. Der Burgherr auf <strong>de</strong>m Türnleberg konnte,<br />

wenn er die Hügelkuppe von Baumbewuchs freihielt, die Rauchzeichen vom Dreifaltigkeitsberg,<br />

vom Kapf hinter Villingen, vom Fürstenberg, von <strong>de</strong>r Länge, vom Neckartäle bei<br />

Dauchingen, bei klarem Wetter wohl auch vom Krumpenschloß ("Altfürstenberg") ausmachen,<br />

um nur ein paar dieser ßergfestungen zu nennen. Manche von <strong>de</strong>nen waren<br />

wesentlich größer, manche auch noch kleiner als unser Bergsporn mit seinen 250 m Länge und<br />

seiner Breite von 20-50 m. Auf seiner Fläche konnten in Notzeiten die Bauern einer weiteren<br />

6) mhd. "turn" = Turm<br />

8 Sch rif,en <strong>de</strong>r Ba.r 31/ 76


114 Ouo Benzin g<br />

Umgebung Zuflucht fin<strong>de</strong>n. Das Vieh mochte an <strong>de</strong>n Hängen bis zum Bergfuß und auf <strong>de</strong>r<br />

Schwarzjuraebene östlich <strong>de</strong>r Abschnittswälle wei<strong>de</strong>n, wo die Quelle <strong>de</strong>r Stillen Musel nicht<br />

weit ist. In Belagerungszeiten sammelte man das Wasser wohl in Zisternen auf <strong>de</strong>m Berg;<br />

wenn <strong>de</strong>r Feind nicht in <strong>de</strong>r ähe war, bot das Setzenbrünnele gutes Trinkwasser 7) .<br />

Daß <strong>de</strong>r Schwenninger Raum zur späten Hallstattzeit gut besie<strong>de</strong>lt war, wissen wir durch<br />

die Ausgrabungen von Hermann Rupp an Grabhügeln im Dickenhardt, auf <strong>de</strong>r Möglingshöhe<br />

und auf Hohlöhren. Die Frage liegt nahe, ob die großen, im Villinger Magdalenenberg und<br />

die kleinen im Türnleberg-Burgherrenhügel bestatteten Herren <strong>de</strong>r späten Hallstattzeit etwa<br />

gleichzeitig lebten und wie dann ihr Verhältnis war.<br />

Zur beson<strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Türnleberg schrieb Dr. Ströbel: "So klein <strong>de</strong>r Türnleberg<br />

als Fliehburg etwa im Vergleich zum Dreifaltigkeitsberg ist, so zeigt er doch <strong>de</strong>utlicher als<br />

manche an<strong>de</strong>re Befestigung dieser Zeit, was zu einer rechten Hallstattburg gehört: Der<br />

Doppelwall, das Burgherrengrab und die Gräberstraße. Der Hohenasperg mit <strong>de</strong>m Fürstenhügel<br />

Kleinaspergle besitzt diese nicht. Auch die berühmte Heuneburg bei Hun<strong>de</strong>rsingen hat<br />

wohl ein Fürstengräberfeld, aber keine durch Gräber gekennzeichnete Straße. Um eine solche<br />

Situation in ähnlicher Vollständigkeit erhalten zu fin<strong>de</strong>n, wie beim Türnleberg, könnte man<br />

zum Soproner Burgstall bei O<strong>de</strong>nburg in Ungarn gehen, o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r berühmten etru skischen<br />

Berg- und Gräberstadt Caere, <strong>de</strong>n1.. heutigen Cerveteri, reisen".<br />

Nun droht dieser geschlossenen Keltenlandschaft unmittelbare Gefahr. Die Trasse <strong>de</strong>s<br />

Autobahnzubringers von Schwenningen nach Tuningen, die sog. B 523, wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Planung<br />

so lange geän<strong>de</strong>rt, bis sie schließlich hart südlich <strong>de</strong>s Türnleberg durchführen soll; <strong>de</strong>r stille<br />

Berg wird dann verlärmt. Schlimmer noch: Der Zubringer zerschnei<strong>de</strong>t die Gräberstraße und<br />

zwar genau an <strong>de</strong>r Stelle, wo <strong>de</strong>r Bettelweg einmün<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>r Dreimarkstein von 1673 steht.<br />

Dabei räumt sie drei <strong>de</strong>r Grabhügel völlig weg und tangiert drei weitere so scharf, daß sie<br />

nur bei außergewöhnlicher Behutsamkeit <strong>de</strong>r Baumaschinen erhalten wer<strong>de</strong>n können. Nicht<br />

genug damit: In nächster Nähe zu diesem Durchschnitt wird auch die neue Trasse <strong>de</strong>r B 27,<br />

die von Mühlhausen her nördlich <strong>de</strong>s Türnleberg ve rlaufen soll , in die B 523 einmün<strong>de</strong>n. Ihr<br />

wür<strong>de</strong>n dann wohl auch noch einige <strong>de</strong>r alten Grenzsteine zum Opfer fallen .<br />

Wenn nicht in letzter Stun<strong>de</strong> von höchster Regierungsstelle Einhalt geboten wird, zerstören<br />

die Bagger in Bäl<strong>de</strong> eine einmalige historische Landschaft. Durch mehr als zwei Jahrtausen<strong>de</strong><br />

blieb sie unberührt und unbeachtet. Dieselbe Generation, die endlich ihre Be<strong>de</strong>utung<br />

erkannte und die zur selben Zeit einzusehen beginnt, daß die Zeugen unserer Vergangenheit<br />

für unser gegenwärtiges und zukünftiges Menschsein ebenso wichtig sind wie die letzten<br />

unzerstörten Wäl<strong>de</strong>r, macht sich daran, <strong>de</strong>n Fesenwald zweifach zu durchschnei<strong>de</strong>n und<br />

jahrtausen<strong>de</strong>alte Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler beiseite zu räumen. Dabei ist die B 523 nicht nur wegen<br />

ihrer Trassenführung umstritten, son<strong>de</strong>rn wird auch von vielen einheimischen Verkehrsteilnehmern<br />

als unnötig angesehen.<br />

Rudolf Ströbel formulierte das so: " Wir nehmen ja für uns in Anspruch, für kommen<strong>de</strong><br />

Generationen planen und die Umwelt schützen zu wollen. Noch sieht es freilich so aus, als<br />

gäbe es kaum an<strong>de</strong>re Kriterien unseres Denkens und Han<strong>de</strong>lns als wirtschaftlichen Gewinn<br />

und technische Perfektion. Aber es ist eine geschichtliche Erfahrung, daß das Pen<strong>de</strong>l nicht<br />

lange im einseitigen Ausschlag verharrt. Jene Enkel, für die wir angeblich planen, in<strong>de</strong>m ~ir<br />

Natur und überlieferung zerstören, wer<strong>de</strong>n unsere rationale Welt nicht mehr als die einzig<br />

lebenswerte ansehen und sich daran erinnern, daß wir auf <strong>de</strong>n Schultern jener mythischen<br />

Welt stehen, die in <strong>de</strong>r Landschaft um <strong>de</strong>n Türnleberg einen selten eindrucksvollen Nie<strong>de</strong>rschlag<br />

gefun<strong>de</strong>n hat. "<br />

Es si nd von verschie<strong>de</strong>nen Seiten verschie<strong>de</strong>ne Alternativen zu <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Verkehrsplanung<br />

im Raum <strong>de</strong>s Oberzentrums Villingen-Schwenningen und <strong>de</strong>r Orte um das<br />

7) Fü r die d amalige Zeit war es sicher nichts Au ßergewöhnliches. das Wasser täglich die Viertelstun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Berg<br />

hinauf1.utragen, tragen doch primitive Völker auch heute noch ihr Wasser manchmal viele Stun<strong>de</strong>n weit herbei .


Tüm leberg 115<br />

, ALL M E N D-_ - - - - ...<br />

"'".., .... """- -- - - -----<br />

Bad Dürrheim vorgelegt wor<strong>de</strong>n. Noch besteht ein Funke Hoffnung, daß die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Männer und Frauen die Landschafts- und die Denkmalspflege höher stellen als die<br />

Perfektion <strong>de</strong>s Verkehrs.<br />

Wenn es gelänge, die drohen<strong>de</strong> Zerstörung abzuwen<strong>de</strong>n, wäre die Möglichkeit gegeben,<br />

die Geschichte <strong>de</strong>s Türnleberg gründlicher zu erforschen . Man könnte wenigstens einige<br />

Schnitte durch die erhalten gebliebenen Teile <strong>de</strong>r Befestigungen legen. Man könnte einen<br />

weiteren <strong>de</strong>r sechs Hügel, vor allem aber <strong>de</strong>n Rest <strong>de</strong>s Burgherrengrabhügels ausgraben. Und<br />

dann könnte man darangehen, eine Rekonstruktionszeichnung <strong>de</strong>r gesamten Burganlage<br />

aufzustellen, alle sieben Grabhügel wie<strong>de</strong>r bis zur ursprünglichen Gestalt aufzuschütten, <strong>de</strong>n<br />

Bettelweg besser zu markieren und schließlich <strong>de</strong>n Gräberweg zwischen <strong>de</strong>n schönen alten<br />

Grenzsteinen zum Spazierweg auszubauen. Es ist sicher, daß nicht nur die Heimatlreun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Oberzentrums, son<strong>de</strong>rn auch die Kurgäste von Bad Dürrheim ih re Freu<strong>de</strong> daran hätten. Der<br />

ganze Schwarzwald-Baar-Kreis aber wäre um ein be<strong>de</strong>utsames Kelten<strong>de</strong>nkmal reicher.


116<br />

Die Struktur <strong>de</strong>s Bildungswesens un Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

in statistischer und infrastruktureller Sicht<br />

von Martin Schmie<strong>de</strong>berg<br />

mit 4 Abbildungen<br />

Einleitung und Untersuchungsgegenstand<br />

Sowohl <strong>de</strong>r Vollzug <strong>de</strong>r Kreisreform in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg und die damit verbun<strong>de</strong>ne<br />

Zusammenlegung von Gebietsteilen <strong>de</strong>r ehemali gen Kreise Vill ingen, Rottweil und Donaueschingen<br />

zum neugeschaffenen Schwarzwald-Baar-Kreis als auch ständige Verän<strong>de</strong>rungen in<br />

<strong>de</strong>n Bereichen <strong>de</strong>r Bevölkerung struktur (Bevölkerungszunahme) haben zu erheblichen Verschiebungen,<br />

beson<strong>de</strong>rs in infra trukrureller Art <strong>de</strong>r Bildungseinrichrungen, im Gesamtbildungswesen<br />

geführt.<br />

Die folgen<strong>de</strong> Untersuchung will aus geographischer Sicht sich speziell mit <strong>de</strong>n Bildungsbereichen<br />

Schule und Hochschule befassen. Die Einbeziehung von Bildungseinrichrungen im<br />

weiteren Sinne, wie z. B. Theater, Bibliotheken, berufliche Fortbildung, etc. war nicht beabsichtigt.<br />

Der behan<strong>de</strong>lte Bereich <strong>de</strong>s Bildungswesens dieser Arbeit soll sich auch nicht mit<br />

einer reinen Darstellung <strong>de</strong>r Bildungsinstitutionen in ihrem Aufbau o<strong>de</strong>r in ihrer Lehraufgabe<br />

beschäftigen, da dies vielmehr eine vo rrangige Aufgabe eines Schu ll aufbahn-, Bildungs- o<strong>de</strong>r<br />

Berufsberaters wäre.<br />

Ein e geographische Strukturuntersuchung <strong>de</strong>s Bildungswe ens läßt sich auf zwei Ebenen<br />

durchführen:<br />

I) Behandlung und Analyse <strong>de</strong>r statistischen Daten<br />

2) D arstellung <strong>de</strong>r räumlichen Verhältnisse in <strong>de</strong>n einzelnen Ort- und Raumschaften.<br />

Untersuchungsgang, -metho<strong>de</strong>n und Sch rifttum<br />

Für die Themenbearbeitung wur<strong>de</strong> in vielfältiger Form stati tisches Material von einzelnen<br />

Dienststellen und Schulen in Anspruch genommen.<br />

Zur E rgän z ung und weiteren Differenzierung <strong>de</strong>r Verhältnisse in <strong>de</strong>n einzelnen Raumschaften<br />

wur<strong>de</strong> vom Verfasser eine ergänzen<strong>de</strong> Umfrage zur Schülerstatistik durchgeführt.<br />

Beson<strong>de</strong>rs danken möchte ich folgen<strong>de</strong>n Stellen für hilfreiche Unterstützung: Kultusministerium<br />

Ba<strong>de</strong>n-WürttePlberg, Statistisches Lan<strong>de</strong>samt Ba<strong>de</strong>n-Würnemberg, Landratsamt<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis, Direktionen <strong>de</strong>r Gymnasien im Schwarzwald-Baar-Kreis, Staatliches<br />

Schulamt Villingen, Schulverwaltungsamt <strong>de</strong>r Stadt Villingen-Schwenningen.<br />

Das Schrifttum verzeichnet im Schwarzwald-Baar- Kreis auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Bildungsstruktur<br />

keine neueren Arbeiten, häufi g wird nur auf das Vorhan<strong>de</strong>nsein verschi e<strong>de</strong>ner Insti ­<br />

tutionen hingewiesen. Methodisch leistet die Allgemeine Geographie für <strong>de</strong>n Ko mplex<br />

"Sc hul e in z u g~bereiche" Hilfestellung. Sämtliche an<strong>de</strong>ren Strukturaussagen mußten methodisch<br />

neu entwickelt wer<strong>de</strong>n. Zum besseren Abwägen von statistischen Aussagen wur<strong>de</strong>n<br />

häufig zum Vergleich Daten von weiteren ausgewählten Land- und Stadtkreisen mitaufgeführt.<br />

Die Schiiler- und Stu<strong>de</strong>ntenzahlen im Landkreis<br />

Die Bevölkerung <strong>de</strong>s Schwarzwald-Baar-Kreises beträgt 196073 Ein wohner ( 1970),<br />

davon besuchen 32720 Schüler all gemei ne Schulen. Dies entspricht 16,7% <strong>de</strong>r Gesamtbevölkerung<br />

<strong>de</strong>s Landkreises I ). Die berufli chen Schulen wer<strong>de</strong>n von 10957 Schülern (5,6%) aufge-


Bildungswesen 117<br />

sucht, davon sind 637 Schüler (0,2%) zu <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r wirtSchaftlichen, technischen und<br />

frauenberuflichen Gymnasien zu zählen 2). Die Schülerzahlen <strong>de</strong>s Landkreises liegen im<br />

Durchschnitt über <strong>de</strong>n Zahlenwerten <strong>de</strong>r schulpflichtigen Schüler in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg. Im<br />

Lan<strong>de</strong>sdurchschnitt betragen die schulpflichtigen Einwohner 14,2% für die Grund- und<br />

Hauptschulen und für die Berufsschulen 4,0% 3). Der Unterschied zwischen <strong>de</strong>n wirklichen<br />

Schülerzahlen und <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r allgemein Schulpflichtigen erklärt sich durch <strong>de</strong>n Besuch<br />

von weiterführen<strong>de</strong>n Bildungsei nrichtungen, woVon 5,2% <strong>de</strong>r Bevölkerung im Land Ba<strong>de</strong>n­<br />

Württemberg Gebrauch machen.<br />

Zum an<strong>de</strong>ren liegen auch <strong>de</strong>utliche Anzeichen vor, daß sich die Bevölkerungsstruktur im<br />

Landkreis in ihrem Aufbau erheblich von <strong>de</strong>r im Gesamtland unterschei<strong>de</strong>t. Eine größere<br />

Kin<strong>de</strong>rhäufigkeit in <strong>de</strong>n Familien führt zu einem verstärkten Unterbau <strong>de</strong>r Bevölkerungspyrami<strong>de</strong><br />

(einschließlich <strong>de</strong>r im Landkreis arbeiten<strong>de</strong>n Gastarbeiter, die ebenfalls eine abweichen<strong>de</strong><br />

Struktur von <strong>de</strong>r ansäßigen Bevölkerung aufweisen) und einer damit verbun<strong>de</strong>nen<br />

größeren Schülerfrequenz in <strong>de</strong>n Bildun.gseinrichtungen 4). Der Schwarzwald-Baar-Kreis besitzt<br />

einen "Schülerüberhang" von 2,7% <strong>de</strong>r Gesamteinwohnerschaft, <strong>de</strong>r sich durch die oben<br />

dargelegten Faktoren erklären läßt 5).<br />

Der Landkreis besitzt 24437 Schüler, die die Grund- und Hauptschule (einschließlich<br />

<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rschule) besuchen, auf die Realschulen entfallen 3595 Schüler; dies entspricht einem<br />

Anteil von 1,4% <strong>de</strong>r Kreiseinwohner 6 ).<br />

Bei <strong>de</strong>r Schülerzahl <strong>de</strong>r Gymnasien hat sich eine <strong>de</strong>utliche Steigerung abgezeichnet: Vom<br />

Schuljahr 1973/74 stieg die Gymnasiastenanzahl von 4688 auf 6415 Schüler im Schuljahr<br />

1975/ 76 7 ) an, diese letzte Anzahl umfaßt einen Bevölkerungsanteil von über 3,2% (Lan<strong>de</strong>sdurchschnitt<br />

3,0%). Dieser Anstieg entspricht einem allgemeinen Bildungsaufschwung mit<br />

<strong>de</strong>r Ten<strong>de</strong>nz zu höherer beruflicher und schulischer Qualifikation, <strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong> zum Teil<br />

von einer politischen Steuerung abhängig sind o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Lage, <strong>de</strong>r sozialen<br />

und beruflichen Stellung <strong>de</strong>r Familie ihren Ursprung haben. Der Bildungsaufschwung ist eng<br />

verzahnt mit <strong>de</strong>r Beruf- und Erwerbsstruktur, d. h. eine reine Universitätsstadt wird z. B.<br />

immer mehr Aka<strong>de</strong>miker aufzeigen als ein stark landwirtschaftlich ausgerichteter Raum. Die<br />

Erwerbsstruktur <strong>de</strong>s Schwarzwald-Baar-Kreises 8) unterschei<strong>de</strong>t sich beson<strong>de</strong>rs im sekundären<br />

und tertiären Bereich von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n-Württemberg. Es bestehen auch innerhalb<br />

<strong>de</strong>s Kreises starke Unterschie<strong>de</strong> (z. B. Ostschwarzwald, Industriestädte <strong>de</strong>r Baar; Frem<strong>de</strong>nverkehrsgemein<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>n hierbei noch nicht berücksichtigt), was sich durch die Massierung<br />

<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nsten Industriezweige in <strong>de</strong>n Städten und durch <strong>de</strong>n Mangel an großen<br />

Dienstleistungsbetrieben (Verwaltungsbehör<strong>de</strong>n, Verkehrsbetriebe, etc.) erklären läßt.<br />

Bei <strong>de</strong>r Prozentbewertung <strong>de</strong>r höheren Schüler nimmt <strong>de</strong>r Kreis im Land eine SpitzensteIlung<br />

unter allen Landkreisen ein und besitzt relativ mehr Gymnasiasten als durchschnittlich<br />

im Land Ba<strong>de</strong>n-Wümemberg vorhan<strong>de</strong>n sind (vgl. Statistik <strong>de</strong>r Schülerzahlen). Eine Bewertung<br />

dieser Tatsache ist also nur in enger Verbindung mit <strong>de</strong>r Berufsstruktur <strong>de</strong>s Landkreises<br />

möglich. Dabei läßt <strong>de</strong>r im Schwarzwald-Baar-Kreis stark ausge<strong>de</strong>hnte sekundäre<br />

Sektor (= produzieren<strong>de</strong>s Gewerbe: Industrie und Handwerk) <strong>de</strong>n Schluß zu, daß sich ein<br />

großer Teil <strong>de</strong>r Gymnasiasten in eine Phase <strong>de</strong>r " Oberqualifizierung" - dies gilt nur im statistischen<br />

Bereich - hinein bewegt und nach <strong>de</strong>m Ausbildungsabschluß im Bereich <strong>de</strong>s Landkreises<br />

aufgrund <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Struktur und Erwerbslage kein hinreichen<strong>de</strong>s ausbildungsadäquates<br />

Betätigungsfeld fin<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, da ein stärker ausgebil<strong>de</strong>ter Dienstleistungssektor,<br />

wie in an<strong>de</strong>ren bevölkerungsreicheren und -dichteren Kreisen, nicht vorzufin<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>r<br />

unter Umstän<strong>de</strong>n in größerem Maße qualifiziertere Arbeitskräfte aufnehmen kann.<br />

Die Anzahl <strong>de</strong>r Schüler an Berufsschulen hat sich vom Schuljahr 1973 /74 (10957,<br />

dies entspricht 5,6%) zum Schuljahr 1975 /76 nur geringfügig verän<strong>de</strong>rt (10525 Schüler<br />

= 5,3%). Die Abnahme ist durch <strong>de</strong>n verstärkten Zugang zu <strong>de</strong>n weiterführen<strong>de</strong>n Schulen zu<br />

erklären. Der Anteil <strong>de</strong>r Berufsschüler, die ein wirtschaftliches, technisches o<strong>de</strong>r frauen-


118 Martin Schmie<strong>de</strong>berg<br />

berufliches Gymnasium besuchen, bleibt konstant bei 0,3% <strong>de</strong>r Gesamteinwohner (1975/76:<br />

627 Schüler).<br />

Der tertiäre Bildungsbereich im Landkreis<br />

An Hochschuleinrichtungen besitzt <strong>de</strong>r Landkreis nur zwei Institutionen, die Fachhochschule<br />

Furtwangen und die 1975 neu gegrün<strong>de</strong>te Berufsaka<strong>de</strong>mie in Villingen-Schwenningen<br />

mit Fachhochschulstatus.<br />

Dabei kann die Fachhochschule Funwangen 643 Stu<strong>de</strong>nten (Wintersemester 1972/ 73)<br />

aufzeigen, <strong>de</strong>ren räumliche Herkunft aufgrund <strong>de</strong>r Spezialisierung <strong>de</strong>r Ausbildungsgänge aus<br />

allen Bereichen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgebietes zu verfolgen ist. In <strong>de</strong>r Aufbauphase verfügt die Berufsaka<strong>de</strong>mie<br />

Villingen-Schwenningen über 25 Praktikanten und Studieren<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fachbereiche<br />

Technik und Wirtschaft. Erwähnt sei noch, daß <strong>de</strong>r Ausbildungsbereich <strong>de</strong>s Seminars für<br />

Studienreferendare Rottweil mit immerhin 90 Ausbildungsplätzen an 6 Gymnasien <strong>de</strong>s<br />

Schwarzwald-Baar-Kreises unse ren Kreis überspannt. Raumordnerisch liegt <strong>de</strong>r Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

allerdings fern aller allgemeinen Hochschuleinrichtungen und Universitäten.<br />

Die Studieren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Kreises wählen vorrangig als Studienort die Hochschulen in Freiburg<br />

(30-40% <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nten), wobei aber die Ten<strong>de</strong>nz 9) zu beobachten ist, daß in <strong>de</strong>n Bereichen<br />

<strong>de</strong>s ehemaligen Landkreises Donaueschingen diese Zahl auf über 40% ansteigt; dagegen kann<br />

in <strong>de</strong>n östlichen Bereichen <strong>de</strong>s Schwarzwald-Baar-Kreises ebenfalls auch eine zunehmen<strong>de</strong><br />

zentripetale Bewegung zu <strong>de</strong>n Hochschuleinrichtungen <strong>de</strong>r Hochschulregion Tübingen/<br />

Reutlingen angenommen wer<strong>de</strong>n. (Der Landkreis Rottweil entsen<strong>de</strong>t über 40% <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nten<br />

in die H ochschulstädte Tübingen und Rcutlingen.) Die Universität Konstanz nimmt<br />

wegen ihres Reform- und Aufbaucharakters nur einen begrenzten Stu<strong>de</strong>ntenanteil auf und<br />

fä llt bei einer Aufstellung <strong>de</strong>r Studienorte <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Kreises nur unwesentlich,<br />

trotz <strong>de</strong>r guten Erreichbarkeit, ins Gewicht.<br />

Die Ausstattung <strong>de</strong>r Raumschaften mit Schulinstitutionen und Schülerzahlen<br />

Bei <strong>de</strong>r weiteren Beschäftigung mit <strong>de</strong>m Bildungswesen in struktureller Hinsicht bietet<br />

sich eine Differenzierung in ei nzelne Raumschaften an, die nach naturgeographischen Gesichtspunkten<br />

herausgeglie<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n (vgl. Karte <strong>de</strong>r Raumschaften im Schwarzwald-Baar­<br />

Kreis).<br />

Zur Schulvertei lung im Landkreis kann gesagt wer<strong>de</strong>n, daß alle Bereiche in <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Raumschaften genügend mit Grund- und H au ptschulen 10) versehen sind 11 ). Dies gilt auch für<br />

di e abgelegenen Talschaften im Ostschwarzwald , z. B. sei hier das Linachtal (Gemein<strong>de</strong><br />

Vöhrenbach) genannt. Die Erreichbarkeit <strong>de</strong>r Volksschulen ist durch ein System von Zubringerbussen<br />

relativ günstig für die Schü ler gestaltet wor<strong>de</strong>n, obwohl allerdings häufig,<br />

durch die naturräumliche Ausstattung einer Raumschaft und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen un gün ti ­<br />

gen Verkehrswege bedingt, zeitlich umfangreiche Fahrten zum Schulbesuch zu absolvieren<br />

sind. Vereinzelt kommt es auch noch zu Erschwernissen bei <strong>de</strong>r Schulweglänge (Kein Schulbusverkehr<br />

möglich) in <strong>de</strong>r Raumschaft Triberg wegen <strong>de</strong>r Lageungunst von Schwarzwaldbauernhöfen,<br />

so daß hier von <strong>de</strong>n Schülern noch erhebliche Wegstrecken zu Fuß zurückge-legt<br />

wer<strong>de</strong>n müssen (südliche Gebiete <strong>de</strong>s Triberger Ortsteils Nußbach u. a.). Ungünstige Witterungsverhältnisse,<br />

vor allem im Winter, führen wegen <strong>de</strong>r klimatischen Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s<br />

östlichen Schwarzwald bereiches und <strong>de</strong>r Baar zu Behin<strong>de</strong>rungen bei <strong>de</strong>r verkehrstechnischen<br />

Bewältigung <strong>de</strong>r Schulzubringung von Schülern.<br />

Son<strong>de</strong>rschulen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nsten Richtungen befin<strong>de</strong>n sich in allen ZentraJorten <strong>de</strong>r<br />

einzelnen Raumschaften <strong>de</strong>s Schwarzwald-Baar-Kreises. Dies gilt ebenfalls auch für die Realschulen<br />

, von <strong>de</strong>nen eine weitere in Bad Dürrheim vorhan<strong>de</strong>n ist.


Bildungswesen<br />

119<br />

Aufteilung <strong>de</strong>s Schwarzwald-Baar-Kreises in Raumschaften<br />

o<br />

!<br />

Kartographie: Schmie<strong>de</strong>berg<br />

Q uelle:<br />

St ru kturatlas <strong>de</strong>r Planungsgemein chaft<br />

Schwarzwald -Baar-Heuberg.<br />

München o. J.<br />

Mit Gymnasien ist <strong>de</strong>r Landkreis zahlenmäßig sehr gut ausgestattet und erreicht aufgrund<br />

<strong>de</strong>r engeren Dichte <strong>de</strong>r Städtesiedlungen auf <strong>de</strong>r Baar ein enges Netz, so daß große<br />

Fahrwege beim Schulbesuch eines Gymnasiums in <strong>de</strong>r Regel erspart bleiben. Lediglich<br />

Donaueschingen hat einen weit nach Sü<strong>de</strong>n reichen<strong>de</strong>n Gymnasialeinzugsbereich (Raumschaft<br />

Blumberg: Wegen <strong>de</strong>r relativ geringen Schülerfrequenz scheint ein eigenes Gymnasium<br />

in dieser Raumschaft nicht gerechtfertigt), <strong>de</strong>r z. T. westlich und südöstlich über die<br />

Kreisgrenzen vereinzelt hinausgeht (Gemein<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kreise Breisgau-Hochschwarzwald und<br />

Tuttlingen sind <strong>de</strong>m Bereich Donaueschingen zuzuordnen).<br />

An<strong>de</strong>rerseits besuchen Schüler aus <strong>de</strong>n nordöstlichen Kreisgemein<strong>de</strong>n (u. a. Fischbach,<br />

Nie<strong>de</strong>reschach) Gymnasien in <strong>de</strong>r Stadt Rottweil. Das Privatgymnasium in Königsfeld wird<br />

auch extern von Einwohnern <strong>de</strong>s engeren Umlandbereichs aufgesucht, womit Weglängen verkürzt<br />

wur<strong>de</strong>n und das Gymnasium in Königsfeld eine strukturell günstige Ergänzung darstellt.<br />

Nach <strong>de</strong>r Aufgabe <strong>de</strong>r Schwarzwaldschule in Triberg wird diese als öffentliches Gymnasium<br />

weitergeführt, obwohl sich räumlich und zahlenmäßig besser eine Verbindung mit <strong>de</strong>m


120 Martin Schmie<strong>de</strong>berg<br />

Karte <strong>de</strong>r allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulen im Schwarzwald -Baar-Kreis<br />

Legen<strong>de</strong>:<br />

o Grundschule<br />

o H auptschule/Grundschule<br />

Son<strong>de</strong>rschu le<br />

.. Realschule<br />

• Gymnasium<br />

o Progymnasi um<br />

M.S.<br />

G ymnasi um in St. G eorgen angeboten hätte. Das Vorhan<strong>de</strong>nsei n zweier Gymnasien in <strong>de</strong>r<br />

Raumschaft Sr. Georgen erklärt auch <strong>de</strong>n hohen Prozentanteil <strong>de</strong>r höheren Schüler (4,6%) in<br />

dieser Raumschaft.<br />

Ein e beson<strong>de</strong>rs starke zentralörtliche Stellung für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Gymnasien besitzt das<br />

Oberzentrum Villingen-Schwenningen mit <strong>de</strong>r Vielzahl an differenten Gymnasialformen<br />

(Nomlalform/Berufliche G ymnasien). Die Villinger Gymnasien wer<strong>de</strong>n dabei vo rrangig von<br />

<strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Brigachtales und <strong>de</strong>s nördlichen Nachbarraumes <strong>de</strong>r Stadt besucht. Der<br />

Einzugsbereich von Schwenningen erstreckt sich auf die östlichen Ortschaften (Randgemein<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Kreises Rottweil tendieren nach Schwenningen) und <strong>de</strong>m Raum Bad Dürrheim .<br />

Der Anteil <strong>de</strong>r G ymnasiasten in Villingen -Schwenningen (3, I %) erreicht fast <strong>de</strong>n hohen<br />

Kreisdurchschnitt von 3,3% <strong>de</strong>r Bevölkerung.<br />

Für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Berufsschulen sind die Städte Villingen-Schwenningen und Donaue<br />

chingen ebenfalls als wichtige Schul zentren anzusehen, in <strong>de</strong>nen eine Viel zahl von Schultypen<br />

und -fachsparten vorhan<strong>de</strong>n ist.


Bildungswesen 121<br />

Berufsfachschulen befin<strong>de</strong>n sich weiter in Funwangen, Königsfeld und St. Georgen.<br />

Donaueschingen hat einen Einzugsbereich <strong>de</strong>r Berufsschüler im ganzen Bregtal und im Bereich<br />

<strong>de</strong>s Kreises Tuttlingen. Die Berufsschüler <strong>de</strong>r Raumschaft Triberg müssen <strong>de</strong>n weiten<br />

Weg zu <strong>de</strong>n Berufsschulen in Villingen bewältigen. In Villingen befin<strong>de</strong>t sich noch die Berufsfachschule<br />

für das Hotel- und Gaststättengewerbe mit 1914 (19'74) Schülern. Diese Schule<br />

wird von Schülern aus allen Regionen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Bagen-Württemberg besucht, die in einem<br />

Internat Unterkunft fin<strong>de</strong>n . Krankenpflegeschulen sind in Donaueschingen (2), Villingen­<br />

Schwenningen (2) (zusätzlich noch zwei Kin<strong>de</strong>rkrankenpflegeschulen) und in St. Georgen<br />

eingerichtet.<br />

Karte <strong>de</strong>r beruflichen Schulen im Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

Legen<strong>de</strong>:<br />

L:!!.<br />

gewerbliche Berufsschule<br />

o kaufmännische Berufsschule<br />

techn., wirtschaftI., frauenberun.<br />

Gymnasium<br />

FachhochschulelBerufsaka<strong>de</strong>mie<br />

Berufsfachsch ule<br />

Schulen für H aus- und Land·<br />

wirtschaft/Sozialpädagogik<br />

[±] Krankenpnegcschule<br />

V Volkshochschule u. AußensteIle<br />

M.S.


122 Manin Schmie<strong>de</strong>berg<br />

Einzug bereiche <strong>de</strong>r Gymnasien<br />

Legen<strong>de</strong>:<br />

• Ort mit G ymnasium<br />

j<br />

Gemein<strong>de</strong> und Onstei le,<br />

von <strong>de</strong>nen Schüler da<br />

betreffen<strong>de</strong> G ymnas ium<br />

besuchen<br />

10 15 km<br />

M.S.<br />

Anmerkungen<br />

I) Einschließlich <strong>de</strong>r vergleichbaren privaten Schuleinrichrungen .<br />

2) Es wur<strong>de</strong>n hier die Schülerzahlen <strong>de</strong>s Schuljahres 1973/ 74 aufgeführt.<br />

3) Vgl. Das Bildung wesen 1972, a. a. 0 ., S. 27 H.<br />

4) Genaue statistische Aussagen liegen nicht vor, da die Statistiken <strong>de</strong>r einzelnen One keine Alteraufschlüsselung<br />

enthalten.<br />

5) Vgl. Schülerstatistik <strong>de</strong>s Schwarz wald- Baar- Krei ses und Vergleichswene ausgewählter Landkreise und Ba<strong>de</strong>n­<br />

Württcmberg.<br />

6) Bei <strong>de</strong>n % -Werten wur<strong>de</strong> aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Vereinheitlichung und <strong>de</strong>r besseren Vergleichbarkeit jeweils als Au s-<br />

gangswert (= 100%) die Gesamtbevö lkerung genommen.<br />

7) ach Umfrage bei <strong>de</strong>n Direktionen <strong>de</strong>r G ymnasien im Schuljahr 1975/ 76.<br />

8) Vgl. Tabelle über die Aufglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Erwerbstätigen in Berufssektoren.<br />

9) Vgl. Das Bildungswesen 1972 , a. a. 0., S. 75 und das Bildungswesen 1974 , a. a. 0 ., S. 11 7.<br />

10) Vgl. Karte <strong>de</strong>r allgemeinen Schulen im Schwarzwald-Baar- Kreis.<br />

11) Hier ist nur das reine Vorhan<strong>de</strong>nsein <strong>de</strong>r Schulen angesprochen und bezieht si h nicht auf das Verhältnis zwischen<br />

Schülerz.hl und <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen Lehrern, Schul- bzw. Klassenräumen.


Bildungswesen 123<br />

Schrifttum und benutzte Quellen<br />

KRAUSE, REINHOLD:<br />

Schulen. In: Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung, Bd . 2. Sigmaringen 1969.<br />

Das Oberzentrum. Jahrbuch Villingen-Schwenningen. Villingen-Schwenningen 1970- 1974 .<br />

Strukturuntersuchung Vill ingen-Schwenninge". Zwischenberichl. Vi ll ingen-Schwenningen 197t.<br />

Strukturatlas <strong>de</strong>r Planungsgemeinschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg.<br />

München o. J .<br />

Der Schwarzwald-Baar-Kreis. Zahlen und Informauonen. Herausgegeben vom Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis.<br />

Villingen-Schwenningen 1975 .<br />

Schule - Berufsausbildung.<br />

Villingen-Schwenningen 1975.<br />

Verwaltungskarte von Ba<strong>de</strong>n-WÜrtlemberg, Maßstab I : 350000. Herausgegeben vom Lan<strong>de</strong>svermessungsamt Ba<strong>de</strong>n­<br />

WÜrtlcmberg, Stullgart.<br />

Das Bildungswesen 1972, 1974 ; Bd . 190, 209. Statistik von Ba<strong>de</strong>n-Wümemberg. Herausgegeben vom Statistischen<br />

Lan<strong>de</strong>samt Ba<strong>de</strong>n-Würtlemberg, Stullgan.<br />

Statistik <strong>de</strong>s Schul verwaltungsamtes <strong>de</strong>r Stadt Villingen-Schwenningen über die Schulen <strong>de</strong>r Stadt Villingen­<br />

Schwenningen.<br />

Statistik <strong>de</strong>s Landratsamtes SchwarLwald-Baar-Kreis über das berufliche Schulwesen im Schwarzwald-Baar-Kreis.<br />

Schülerstatistik <strong>de</strong>s Schwarzwald-Baar-Kreises und Vergleichswerte ausgewählter Landkreise<br />

~inwohn e r Schüler im Schuljahr 1973/74<br />

( 1970) allgemeine Grund-/ Real- Gymn. Berufsschulen<br />

Schulen Haupt- schulen allgemein berufl.<br />

Son<strong>de</strong>rschulen<br />

Gymn.<br />

SchwarLwald 196073 32720 24437 3595 4688 '-) 10957 637<br />

Baar-· Kreis 16,7%**) 12,5% 1,8% 2,4% 5,6% 0,3%<br />

Schüler<br />

gesamt<br />

43677<br />

22,3%<br />

%-Werte zum Vergleich<br />

B a d en-<br />

Würtlemberg 8895048 15,7% 10,7% 2,0% 3,0% 3,9% 0,2%<br />

Landkreis<br />

Waldshut 137066 17,5 % 13,5% 2,3% 1,6 0/0 3,4% 0,1 %<br />

Stadtkreis<br />

Freiburg 165480 13,8% 8,3% 1,5% 4,0% 7,2% 0,6%<br />

19,6%<br />

20,9%<br />

21,0%<br />

,.) Für das Schuljahr 1975/ 76 liegen für die Gymnasien erheblich verän<strong>de</strong>rte Zahlen vor.<br />

,-,.) Die %-Wen e beziehen sich auf die Gesamtbevölkerung in <strong>de</strong>n jeweils angegebenen Landkreisen bzw. auf das<br />

Land Ba<strong>de</strong>n-Württemberg.


f24<br />

Manin Schmie<strong>de</strong>berg<br />

Aufglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Erwerbstätigen in Berufssektoren<br />

Einwohner Erwerbstätige I. I!. 111.<br />

gesamt<br />

BerufssektOr<br />

Schwarzwald -Baar-<br />

Kreis 196073 97285 708 1 62348 27856<br />

49,6%") 7,3%*") 64, 1% 28,6%<br />

zum Vergleich:<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württemberg 8895048 4176052 33 1809 2283669 1560574<br />

46,9% 7,9% 54,7% 37,4%<br />

I<br />

". U/u-Wert <strong>de</strong>r Gesamtbevölkerung I<br />

,.


125<br />

Untersuchungen zur Nie<strong>de</strong>rschlagsverteilung auf <strong>de</strong>r Baar<br />

nach hydrologischen Halbjahren<br />

von Olev Koha<br />

mit 10 Abbildungen<br />

Einleitung<br />

über die Nie<strong>de</strong>rschlagsverteilung auf <strong>de</strong>r Baar wur<strong>de</strong> in dieser Zeitschrift zuletzt berichtet<br />

von SCHNEI<strong>DER</strong>, LEMKE und PREUSS 1974. Sie verwen<strong>de</strong>ten das Verfahren <strong>de</strong>r<br />

Trendanalyse mittels linearer Regression und kamen zu <strong>de</strong>m Ergebnis, daß die Nie<strong>de</strong>rschläge<br />

in 18 Jahren (1953 ... 1970; Kalen<strong>de</strong>rjahre) zugenommen haben, und zwar am meisten im<br />

Schwarzwald, nach Osten hin abnehmend. Westlich <strong>de</strong>r Linie Donaueschingen-Rottweilliegt<br />

eine Insel größerer Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme, wobei vermutet wird, daß dies eine Auswirkung<br />

<strong>de</strong>s Stadtklimas sei.<br />

Vorliegen<strong>de</strong> Arbeit setzt diese Untersuchung fort. Neu ist die Verlängerung <strong>de</strong>r Reihe<br />

und die Aufteilung in die hydrologischen Halbjahre Winter (Wi: November - April) und<br />

Sommer (So: Mai - Oktober).<br />

1. Arbeitsgang<br />

Insgesamt liegen in <strong>de</strong>n "Deutschen Meteorologischen Jahrbüchern" veröffentlichte<br />

Aufzeichnungen von 46 Stationen vor. In <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Arbeit wur<strong>de</strong>n nur die 33 Stationen<br />

mit lückenloser Aufzeichnung für die Jahre 1954 .. . 1972 verwen<strong>de</strong>t. Berechnet wur<strong>de</strong><br />

die Gleichung y = bx + a (b == jährliche Zunahme o<strong>de</strong>r Abnahme <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rschlags in mm,<br />

x == Zeit in Jahren), sowie die Streuung 5 dieser Regressionsgera<strong>de</strong>n. Eine geringe Streuung<br />

<strong>de</strong>utet auf einen typischen Mittelwert hin.<br />

Die Berechnungen wur<strong>de</strong>n im Rahmen einer Physik -ArbeitSgemeinschaft im Gymnasium 3m Deutenberg,<br />

Villingen-Schwenningen, auf einem programmierbaren Tischrechner "DIEHL aJgolronik" ausgeführt; die Ergebnisse<br />

wur<strong>de</strong>n anschließend kartiert.<br />

2. Zu,r Frage <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme<br />

a) Winter<br />

Es zeigt sich <strong>de</strong>r ein<strong>de</strong>utige Trend, daß die Winternie<strong>de</strong>rschläge zugenommen haben (vgl.<br />

Befund aus <strong>de</strong>m Harz in LIEBSCHER 1975). Die b-Werte liegen zwischen 0 und 15, d. h.<br />

bis 15 mm jährliche Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme im Winterhalbjahr. Dabei ist beson<strong>de</strong>rs im<br />

Schwarzwald um Triberg die größte Zunahme feststellbar, während im Gebiet um Löffingen<br />

und Neustadt die geringste Zunahme li egt (Abb. 1).<br />

b) Sommer<br />

Im Gegensatz zum Winter haben die Sommernie<strong>de</strong>rschläge abgenommen . Hier liegen die<br />

b-Werte zwischen 0 und -10 (d. h. bis 10 mm mittlere jährliche Abnahme!). In <strong>de</strong>mselben<br />

Gebiet, in <strong>de</strong>m im Winter die geringste Zunahme liegt, ist auch im Sommer eine sehr starke<br />

Nie<strong>de</strong>rschlagsabnahme feststellbar - während eine sehr geringe Abnahme, teilweise sogar<br />

eine kleine Zunahme im Gebiet nördlich <strong>de</strong>r Linie Triberg-Klippeneck vorliegt (Abb. 2).<br />

Von <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsstationen Donaueschingen, Schwenningen und Villingen wur<strong>de</strong>n<br />

die Nie<strong>de</strong>rschlagswerte, getrennt nach hydrologischen Halbjahren, zusammen mit <strong>de</strong>n errechneten<br />

Regressionsgera<strong>de</strong>n in ein Diagramm eingezeichnet (Abb. 5 .. . Abb. 10). Addiert<br />

man die Werte <strong>de</strong>r Winter- und Sommerhalbjahre wie<strong>de</strong>r, so zeigt sich eine übereinstimmung<br />

mit <strong>de</strong>n Ergebnissen von SCHNEI<strong>DER</strong>, LEMKE und PREUSS 1974.


126 Olev Ko ha<br />

,<br />

Jährliche Zunahme b, W l o 10<br />

Abb. I:<br />

Mittlere jäh rliche Zunahme <strong>de</strong>r Winternie<strong>de</strong>rschläge (Olm)<br />

während <strong>de</strong>r Jahre 1954 ... 1972.<br />

J ährl iche Zunahme b, SO o 10<br />

Abb.2:<br />

Mittlere jährliche Zu- o<strong>de</strong>r Abnahme <strong>de</strong>r<br />

Sommernie<strong>de</strong>rschläge (mm) während Jer Jah re<br />

1954 . . . 1972 .<br />

Variationskoeffi zient SO<br />

o AO<br />

l~km Verhä ltnis SO : WI-Nie<strong>de</strong> rschlag o 10<br />

Abb.3:<br />

Mittlere Verän<strong>de</strong>rlichkeit ("10) <strong>de</strong>r Winternie<strong>de</strong>rschläge<br />

( 1954 . , . 1972)<br />

Abb. 4:<br />

Verhältnis Sommer- zu Winter- ie<strong>de</strong>rschlag in "10.


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128 Olev Koha<br />

J. Zur Veriin<strong>de</strong>rlichkeit <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschläge<br />

Um die Verän<strong>de</strong>rlichkeit <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschläge zu untersuchen, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Variationskoeffizient<br />

~ . 100 gebil<strong>de</strong>t. Dieser hat gegenüber <strong>de</strong>r Streuung s <strong>de</strong>n Vortei l, daß er nicht<br />

x<br />

die Abweichung in mm, son<strong>de</strong>rn in Prozent, auf <strong>de</strong>n Mittelwert bezogen, angibt. Je kleiner<br />

dieser ist, <strong>de</strong>sto gerin ger si nd di e Abweichungen vom Mittelwert. Für das Sommerhalbjahr<br />

wur<strong>de</strong> das Ergebnis kartiert (Abb . 3). Hier sind die Abweichungen <strong>de</strong>utlich geringer als ' im<br />

Winter.<br />

So: 14% . .. 22%,<br />

Wi : 26% ... 35%.<br />

So be<strong>de</strong>utet z. B. ein Wert von 35, daß die "mittlere" Abweichung ± 35 % vom Mittelwert<br />

x beträgt.<br />

Die Ergebnisse <strong>de</strong>s Winterhalbjahres zu kartieren erwies sich als unmöglich. Die größte<br />

Verän<strong>de</strong>rlichkeit li egt dabei im Gebiet um Bonndorf/ Rothaus. Eine relativ geringe Verän<strong>de</strong>rlichkeit<br />

ist im Gebiet um Klippeneck/Böttingen feststellbar.<br />

In <strong>de</strong>r Gewässerkun<strong>de</strong> ist es üblich, die Sommer- mit <strong>de</strong>n Winternie<strong>de</strong>rschlägen zu<br />

ve rgleichen, in<strong>de</strong>m man das Verh älmis Sommernie<strong>de</strong>rsch läge : Winternie<strong>de</strong>rschläge bil<strong>de</strong>t,<br />

mit 100 multipliziert und kartiert (Abb. 4). Ein Wert von 140 gibt also an, daß zu 100 mm<br />

Winternie<strong>de</strong>rschläge 140 mm Sommernie<strong>de</strong>rschläge gehören. Hierbei zeigt sich eine überraschend<br />

genaue übereinstimmung mit <strong>de</strong>r Karte <strong>de</strong>s Deutschen Wetterdienstes (SCHIR­<br />

MER 1964 ; vgl. BE ZI G 1968, S. 11 2, Abb. L/5), welche die Perio<strong>de</strong> 189 1 ... 1930 umfaßt.<br />

Das Ergebnis zeigt, wie von W nach 0 <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Sommernie<strong>de</strong>rschläge zunimmt.<br />

Litera t u rverzeichn is<br />

BE Z I G. A.: Beiträge zur Gewässerkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Baar (I). Schriften d. Ver. f. Geseh. u. aturgesch. d. Baar Donau·<br />

"schingen 27. H . 1968, S. 10 1- 11 2.<br />

LI EBSC H ER. H . j . : 20 j.hrc Wasscrhaushaltsuntersuchungen im Oberhan. Bes. Mit< . z. Dl. Gew. jb. Nr. 39,<br />

Koblen7. 1975.<br />

S HIRM ER, H .: Verhältnis von Sommer- zu Winternie<strong>de</strong>rschlägen (%) aus Mittelwerten <strong>de</strong>r hydrologischen Halb·<br />

j.thre.Offenbach 1964 .<br />

SCH NEI<strong>DER</strong>. R., LEMKE, 0 ., PREUSS, S.: St.tisrische Untersuchungen zur Nie<strong>de</strong>rschlagsverteilung auf <strong>de</strong>r Baar.<br />

Schriften d. Ver. f. Gesell. u. Naturgcsch. d. Baar, H . 30, 1974, S. 25 1-256.


129<br />

Zwei Briefe <strong>de</strong>s Bergrats von Altbaus in Dürrheim<br />

an Professor Alexan<strong>de</strong>r Braun in Karlsruhe<br />

von Gaston Mayer<br />

August Heinrich Jacob Baron von Althaus, einem aus <strong>de</strong>m Fürstentum Lippe stammen<strong>de</strong>n<br />

Geschlecht angehörend, wur<strong>de</strong> am 25. 7. 1791 in Paris geboren, ergriff die militärische<br />

Laufbahn I ) und war als großherzoglich badischer Leutnant Teilnehmer am berüchtigten<br />

Rußlandfeldzug Napoleons, wo er <strong>de</strong>n bitteren Rückzug über die Beresina mitmachte und bei<br />

Wilna in russische Kriegsgefangenschaft geriet. Nach seinem Abgang vom Militär 1823 leitete<br />

er bis 1857 die Ludwigs-Saline in Dürrheim, die er zu großer Blüte brachte. 1837 wur<strong>de</strong> ihm<br />

<strong>de</strong>r Titel Bergrat verliehen. Seinen Ruhestand verlebte er in Freiburg, wo ihm 1866 die Ehr n­<br />

doktorwür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Universität verliehen wur<strong>de</strong> und wo er am 14. 5. 1875 hochbetagt starb.<br />

Von Althaus war naturwissenschaftlich sehr interessiert und veröffentlichte noch als<br />

Offizier 182 1 eine kl ei ne Arbeit über <strong>de</strong>n Elektromagnetismus. Als Verwalter <strong>de</strong>r Dürrheimer<br />

Saline beschäftigte er sich dann naturgemäß mehr mit geologischen Fragen und sammelte auf<br />

sein en Wan<strong>de</strong>rungen und Reisen 2 ) in die nähere und weitere Umgebung Dürrheims Fossilien<br />

und Mineralien. Zu seinen Freun<strong>de</strong>n zählte u. a. <strong>de</strong>r Bergrat und Salinenverwalter Friedrich<br />

August von Alberti ( 1795-1878) in Fried richshall, <strong>de</strong>r ihm zu Eh ren ein Muschelkalkfossil<br />

benannte (Panopaea = Homomya althausii). Briefliche Berichte und Aufsätze über seine<br />

Fun<strong>de</strong> und Beobachtungen fin<strong>de</strong>n sich in verschie<strong>de</strong>nen wissenschaftlichen Zeitschriften<br />

zwischen 1824 und 1860 3 ). Auch mit <strong>de</strong>m Direktor <strong>de</strong>s großherzoglichen aturalienkabinetts<br />

in Karlsruhe, Professor Alexan<strong>de</strong>r Braun (1805-1877) stand er in brieflicher Verbindung.<br />

Zwei Briefe <strong>de</strong>r Jahre 1840 und 1843 haben sich in <strong>de</strong>n Archivalien <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>ssammlungen<br />

für aturkun<strong>de</strong> in Karlsruhe erhalten. Sie beleuchten beson<strong>de</strong>rs die sammlerische Tätigkeit<br />

<strong>de</strong>s Barons im Raume Schura und Bad Dürrheim und seien daher im fo lgen<strong>de</strong>n mitgeteilt.<br />

Werthester Freund!<br />

Ludwigs-Saline, Dürrheim, d. 3. April 1840.<br />

Wenn ich jetz erst die lieben Zeilen vom 8. v. M. beantworte, so liegt es daran, daß die<br />

Reste <strong>de</strong>s Sauriers noch immer in <strong>de</strong>r nicht abgesandten Kiste lagen, also ich <strong>de</strong>n Abgang<br />

<strong>de</strong>rselben, von circa 2 Zt. Schwere, Ihnen nicht anzeigen konnte, was aber hiemit geschieht,<br />

mit <strong>de</strong>m Bemerken, daß ich <strong>de</strong>n Lagerhausverwalter zu Villingen ersuchte, die billigste Fracht<br />

dafür zu bewirken, und <strong>de</strong>m Naturalien Cabinet baldmöglichst zuzusen<strong>de</strong>n. Lei<strong>de</strong>r kam ich<br />

etliche Tage zu spät zur Grabarbeit <strong>de</strong>s Brunnens in Schura (Königreich Würtemberg), so daß<br />

<strong>de</strong>r Schutt sich mit <strong>de</strong>n Trümmern so angehäuft hatte, daß ich kein Ganzes vom Exemplar<br />

mehr zusammenbringen konnte. Es lag ohngefähr 15 Fuß unter Tag, in <strong>de</strong>m Liasschiefer,<br />

welcher oben noch einzelne Versteinerungen <strong>de</strong>s Posidonienschiefers zeigt. - Die Schwanzwirbel<br />

sind wahrscheinlich noch außerhalb <strong>de</strong>s Brunnenschachts im Gebirge geblieben. Hier<br />

wollte ich noch weiter die Schichten ab<strong>de</strong>cken lassen, und ordnete die Arbeit an; - <strong>de</strong>r<br />

Eigenthümer ließ aber dabey auch tiefer graben, und ehe diese Anordnung zum Ziele führte,<br />

waren die steigen<strong>de</strong>n Quellen angeschlagen, so daß alles unter Wasser kam . - Bey <strong>de</strong>m mehrtägigen<br />

Durchsuchen <strong>de</strong>s Schuttes konnte ich nur noch einige Sruckchen <strong>de</strong>r Rippen erhalten.<br />

Die mir mangel n<strong>de</strong> Zeit erlaubte mir lei<strong>de</strong>r nicht selbst dabey zu bleiben, sonst wür<strong>de</strong> das<br />

Exemplar doch noch complerter seyn. Nach Jägers Beschreibungen <strong>de</strong>r Saurier Würtembergs,<br />

die so schlecht ist, daß man daraus nichts bestimmen kann, halte ich es für dasjenige Thier,<br />

<strong>de</strong>m die Rippe No 14 Tab. III angehörte. - Da die Schiefer an <strong>de</strong>r Luft sich sehr zerfallen,<br />

so ließ ich solche sogleich mit starkem Leimwasser anstreichen, als ich die Rippen ziemlich<br />

9 Schriften <strong>de</strong>r ß:l:1r J 1/76


130 Gaston Mayer<br />

frey herausgemeiselt hatte. - Sie können solche im lauen Wasser wie<strong>de</strong>r aufweichen lassen,<br />

um sie noch <strong>de</strong>udicher heraus zu bekommen, müssen aber acht haben, wie die Stückehen<br />

zusammen passen, weil man sie sonst wie<strong>de</strong>r schwer zusammen fin<strong>de</strong>t! Die Wirbelsäule wird<br />

sich auf diese Art ganz gut putzen, und vielleicht auch die Rippenstücke an solche sich<br />

anreihen lassen, - beson<strong>de</strong>rs dann, wenn von <strong>de</strong>njenigen, welche noch die Rückenwirbel<br />

Ansätze haben, probirt wird an welche Stellen sie passen. - Den großen Klumpen wollte ich<br />

nicht mehr putzen, weil ich hoffe, etliche Stücke zu erhalten, die an solchen sich anpassen<br />

ließen. Es scheint mir <strong>de</strong>m Becken anzugehören, was gegen die bisherigen Annahmen wäre,<br />

daß sie fast kein solches hatten. Es könnte aber auch noch ein Kopfstück darinn verborgen<br />

liegen . Es sind von <strong>de</strong>r rechten und linken Seite <strong>de</strong>r Rippen fast gleichviel Bruchstücke<br />

vorhan<strong>de</strong>n, aber nirgends eine Spur zu sehen, daß solche an ein Brustbein zusammenstießen.<br />

- Wie solche sich aber troz <strong>de</strong>m so auseinan<strong>de</strong>r breiten konnten, verstehe ich nicht. Ein<br />

Stück eines run<strong>de</strong>n Knochens lag im Schutt, welches einem Fuß anzugehören scheint, - sonst<br />

aber konnte ich von <strong>de</strong>n Extremitäten nichts auffin<strong>de</strong>n. Was mir am meisten aufgefallen, ist<br />

das Eingreifen <strong>de</strong>r Wirbel ineinan<strong>de</strong>r (Skizze) während solche sonst wie die Fischwirbel<br />

aneinan<strong>de</strong>r (Skizze) stoßen, wie <strong>de</strong>r Wirbel <strong>de</strong>n ich dazu legte, und ganz in <strong>de</strong>r Nähe dieses<br />

Fun<strong>de</strong>s auch bey einer Brunnenausgrabung im Jahr 1838 fand, und mir daher einem an<strong>de</strong>ren<br />

Geschlecht anzugehören scheint, welches die Veranlassung gab, die Leute auf <strong>de</strong>rgleichen<br />

aufmerksam zu machen. - Auch die Bruchstücke ei nes Fischkopfs fand ich dabey mit<br />

(Skizze) o blongen Schuppen. - Meine Kosten und Au5lagen für Trinkgel<strong>de</strong>r, Reise, Aussuchen<br />

<strong>de</strong>s Schuttes etc. mag ich nicht anrechnen, und das Cabinet hat daher nur <strong>de</strong>n Transport<br />

zu zahlen. Welchen Namen Sie <strong>de</strong>m Thier beylegen, so wie <strong>de</strong>m einzelnen Wirbel, <strong>de</strong>r<br />

von bei<strong>de</strong>n Seiten hohl ist, bitte ich mir anzuzeigen. - Da Sie in Carlsruhe ziemlich arm an<br />

Saurier Resten sind, so wer<strong>de</strong>n diese Ihnen nicht unwillkommen seyn, so mangelhah sie auch<br />

sind. - Ich habe auch aus <strong>de</strong>m hiesigen Muschelkalk einen Haufen Steine von größerem<br />

Gewicht als dieser Transport, <strong>de</strong>r zerbrochene Rippen, - Wirbel etc. enthält, - die jedoch<br />

in <strong>de</strong>r Kalkmasse fest eingebacken liegen und einem Nodosaurus? (wie ich glaube) angehörten,<br />

die aber schwerlich mehr zusammengefügt wer<strong>de</strong>n können, einzelne sind z. B. wahrscheinlich<br />

eine Reihe <strong>de</strong>r Halswirbel von 6 bis 8 Stück in <strong>de</strong>r Mitte gespalten . Wenn Sie glauben,<br />

daß <strong>de</strong>r Transport <strong>de</strong>ssen Werth nicht übersteigen wür<strong>de</strong>, so stün<strong>de</strong>n Ihnen auch diese<br />

zu Diensten; von <strong>de</strong>n Extremitäten ist jedoch nicht dabey.<br />

Nun will ich das Geplau<strong>de</strong>r einstellen und Ihnen noch sagen, daß wenn Sie in die Gegend<br />

kommen, Sie sich vielleicht noch manches von meinem Trumpel aussuchen könnten, <strong>de</strong>r<br />

verwahrl ost herum liegt, da ich keine Zeit mehr für die Wissenschaft!. Aufsuchungen habe.<br />

Es grüßt Sie aufs freundlichste und mit wah rer Freundschaft<br />

<strong>de</strong>r Ihrige<br />

Baron von Althaus<br />

Capitän u. Bergrath<br />

Verehrtester Freund!<br />

Dürrheim, d. 26. August 1843.<br />

Versprochener maaßen sen<strong>de</strong> ich Ihnen für das dortige Naturalien Cabinet und Ihren<br />

Gebrauch die in diesem Jahr gesammelten Conchilien aus <strong>de</strong>n Dürrheimer Torfgebil<strong>de</strong>n zur<br />

Untersuchung nach <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Localitäten und tieferem Vorkommen. Es sind dabey<br />

etliche z. B. von <strong>de</strong>n Dürrheimer Hüblingswiesen, welche aus liegengebliebenem Torf früherer<br />

Jahre abstammen, und <strong>de</strong>shalb von <strong>de</strong>r Sonne gebleicht sind. Von meiner Sammlung behalte<br />

ich sehr wenig, und habe solche <strong>de</strong>m H E. Bergrath von Alberti geschenkt, da ihm man-


Zwei Briefe <strong>de</strong>s Bergrats von Althaus 131<br />

ches aus <strong>de</strong>n Fonnationen <strong>de</strong>r Umgegend fehlt, namentlich auch aus <strong>de</strong>m Muschelkalk und<br />

<strong>de</strong>m Torfe um wenigstens eine möglichst complette und mit schönen Exemplaren ausgestattete<br />

Sammlung in <strong>de</strong>r Gegend zu lassen, nach<strong>de</strong>m ich in solcher so vieles aufgefun<strong>de</strong>n habe,<br />

und Alberti es zu seinen Bearbeitungen benutzt hatte, also <strong>de</strong>ssen Trias vervollständigt. Ich<br />

trete nun sehr bald von hier ab, und lebe in <strong>de</strong>r überzeugung, daß man zulezt auch noch von<br />

<strong>de</strong>m Vaterlan<strong>de</strong> erkennen wird, was ich hier leistete, was bisher nur von <strong>de</strong>m Ausland anerkannt<br />

wur<strong>de</strong>. Unter <strong>de</strong>n jezigen Verh ältnissen ist mi r je<strong>de</strong> Stun<strong>de</strong> zuwie<strong>de</strong>r, die ich noch zu<br />

bleiben habe, und bald wer<strong>de</strong> ich, wie ich hoffe, in Freyburg wohnen, wo ich ruhiger leben<br />

wer<strong>de</strong>. - Herzliche G rü ße an Walchner 4 ) und meine sonstigen Bekannte; unwan<strong>de</strong>lbar <strong>de</strong>r<br />

Ihrige<br />

Baron von Althaus.<br />

NB. wirklicher Hauptmann <strong>de</strong>r Suite u. pensionirter Bergrath .<br />

I) Seiner Personalakte ( Bad . Generallan<strong>de</strong>sarchi v 76/84) i t fo lgen<strong>de</strong>r mi litärischer Wer<strong>de</strong>gang zu entnehmen :<br />

1808/9 Fahnenjunker im 2. Linien- Infamerie-Reg. Erbgroßherzog.<br />

1809 Secon<strong>de</strong> Lieutenant<br />

18 11 Adjutant<br />

18 14 Premierlieutenant im I. Li·nien-Inf. - Reg. zu Freyburg<br />

Premier L. Grenadier-Gar<strong>de</strong> zu Carlsruhe<br />

18 15 Staabs Capitaine daselbst<br />

1823 Commandant bei <strong>de</strong>r Gewehrfabrik in St. Blasien<br />

1823 als wirkl. H auptmann d. Großh. Bad. Suite verabschie<strong>de</strong>t.<br />

2) Septem ber 1838 nahm er, anläßlich.<strong>de</strong>r Versammlung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Naturforscher und Arzte in Freiburg, an einer<br />

Exkursion auf <strong>de</strong>n nahen Schönberg teil, worüber ESER ( 1907) in seinen Erinnerungen berichter. Er erwähnt<br />

darin "<strong>de</strong>n heiteren. witzigen von Althaus" .<br />

3) Folgen<strong>de</strong> Aufsätze, briefliche Mitteil ungen, Vortrags- und Fundberichte ko nnten festgestellt wer<strong>de</strong>n:<br />

I) Ve rsuche über <strong>de</strong>n Electromagnetismus nebst einer ku rzen Prüfung <strong>de</strong>r Theorie <strong>de</strong>s H erm Ampere.<br />

H ei<strong>de</strong>lberg 1821.<br />

2) Ueber Bohrungen auf Salz bei Dürrheim. - Verh. all g. Schweiz. Ges. ges. Naturw. Schaffhausen.<br />

S. 16- 17. 1824.<br />

3) otizen über <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s Gold- und Silber-Bergbaues in <strong>de</strong>r Peruani schen Republik (aus Briefen sei nes<br />

Bru<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>s Ingenieurs-Generalintendanten C lement von ALTHAUS mitgeteilt). - Neues Jb. f. Min. usw.<br />

3. 183 2. S. 183- 19 1. Hei<strong>de</strong>lberg 1832.<br />

4) o rice sur un terrain d'eau douce du Hegau (grand -ducht' <strong>de</strong> Ba<strong>de</strong>). - M em . Soc. d'hist. nat. Strasbourg.<br />

I. I. 1830.<br />

S) Brief! . Mitth. von Ludwigs-Saline Dürrheim , 30. Januar 1830 (Anzeige von v. Albertis Monographie -<br />

Roth - u. G raugiltigerz im Ki nzigthale). - Neues Jb. f. Min. usw. 1830. S. 274. H ei<strong>de</strong>lberg 1830.<br />

6) BriefI . Mitth . von Ludwigs-Saline Dürrhei m, IS . Feb ruar 1830 (Palinurus Sueurii mit Scheeren aufgefun<strong>de</strong>n).<br />

- N eues Jb. f. Min . usw. 1830. S. 27S-276. H ei<strong>de</strong>lberg 1830.<br />

7) Brief! . Mitth. von Ludwigs-Saline Dürrheim , 14. Februar 1832. (Werk über Erdbohrer u. Artesische Brun ­<br />

nen). - Neues Jb. f. Min. usw. 1832. S. 227-228. Hei<strong>de</strong>lberg 1832.<br />

8) Brief!. Mirth. vo n Lud wigs-Saline Dürrheim , 2. März 1832. (Versteinerungen in Klingstein und Ba alt). -<br />

Neues Jb. f. Min. usw. 1832. S. 228. Hei<strong>de</strong>lberg 1832 .<br />

9) Schildkröten, H irsche, Rehe, Vögel , Kunsrproducte im Torfmoor bei Dürrheim. - Med. Corresp.bl.<br />

Württ. ärzd . Ver. IV. S. 77. Stuttgart 1834 .<br />

10) BriefI . MitlI, . von Ludwigs-Saline Dürrheim, 26 . Mai 1833 (Inhaltsübersichr über Albertis Monographie <strong>de</strong>s<br />

Muschelkalkes). - N eues Jb. f. Min. usw. 1834. S. 406-4 11. S!U((gart 1834.<br />

11) Bri efI . Mi"h. von Ludwigs-Saline Dürrheim, I. August 1834 (Schidkrören im To rf bei Dürrheini). -<br />

Neues JB. f. Min. usw. 1834. S. S37-S38 . Srunga rt 1834.<br />

12) Brief! . Minh. von Ludwigs-Saline Dürrheim, 29. November 1834 (Emys im To rfe; Pflanzen-Reste am<br />

H ohenkrähen und Helix-Schaalen am Madberge; anesischer Brunnen von Hilzin gen). - Neues Jb. f. Min .<br />

usw . 183S. S. 63. S!U((gart 183 4.<br />

13) Ueber die T uffbild ungen im Högau u. Sumpfschildkröten . - Amt! . Ber. Vers. <strong>de</strong>utsch. Naturf. Aerzte<br />

Stungart Sept. 1834. Stu((gart 183S.<br />

14) Mi"h. an Professor Bronn gerich ter Ludwigs-Saline Dürrheim, 6. Juni 183S (Albenis Vorträge bei <strong>de</strong>r Srut!­<br />

gardter Ve rsammlung über die Trias) . - eUeS Jb. f. Min . usw. 183S. S. 457. Snmga rt 183S .<br />

IS ) Schreiben an G raf MARSCHALL. - Ber. Mitth. Freund. atur\\" . Wi en. 7. S. 146- 148. Wien 185 1.<br />

16) Brief! . Minh. von Freiburg i. Br. , 19. März 1860 (über die Blätter "earlsruhe" und " Freiburg" aus <strong>de</strong>r<br />

geognostischen Karte von Ba<strong>de</strong>n). - Neues Jb. f. Min . usw. 1860. S. 328-333 . Stu((gart 1860.


132 Gasron Mayer<br />

Die Schrift .. über Chirotherium und Pisces von Richelsdorf" (1840), die LAMBRECHT & QUENSTEDT<br />

erwähnen, stammt nicht von unserem Baron von Althaus, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>m kurfürstlichen Hcssischen Baumeister<br />

ALTHAUS in Rothenburg, <strong>de</strong>sgl. die bei POGGE DORFF angeführten Titel .. Sandsteinspiegel bei Marburg"<br />

(1837), .. Poröser Kieselschiefer am Hei<strong>de</strong>kopf (Kurhessen)", " Mesotyp Y. Alpstein" (1842) und .. Ber. Vem. d.<br />

Kupferschiefers v. Richelsdorf (Kurhessen)" ( 1844). Auch die dort angeführte Arbeit " Electromagnetische An ­<br />

sichten" (1822) hat einen an<strong>de</strong>ren Verfasser, nämlich <strong>de</strong>n Professor dcr Physik MUNCKE. Von diesem stammt<br />

auch die Vorre<strong>de</strong> zur ALTHAUS'schcn Abhandlung von 182 1.<br />

Die in Klammem gesetzten Titel dcr Nummern 7, 8, 10, 11, 12, 14 , 16 wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m jewei li gen Inhaltsverzeichnis<br />

entnommen. Die Titel dcr Nummern 2, 5, 6, 13 , 15 entstammen <strong>de</strong>r Bibliographie von ECK (1890). Nur die<br />

Nummern I, 3, 4 besitzen eine Originalüberschrift.<br />

4) Friedri,h August WA LCHNER (1799- 1865), Professor <strong>de</strong>r Mineralogie und Geologie am Polytechnikum zu<br />

Karlsruhe.<br />

BECKE-KLO HTZ ER, E. v. d.: Stamm-Tafeln <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>ls <strong>de</strong> GroßherLOgtum Ba<strong>de</strong>n. Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n 1886.<br />

ECK, H .: Verzeichnis <strong>de</strong>r mineralogischen, gecgnostischen, urgeschichtlichen und balneographischen Literatur von<br />

Ba<strong>de</strong>n, Württemberg, Hohenzollern und einigen angrenzen<strong>de</strong>n Gegen<strong>de</strong>n. - Mitt. Großh. Bad . Geol. Lan<strong>de</strong>sans!.<br />

1. Hei<strong>de</strong>lberg 1890.<br />

ESER, F.: Aus meinem Leben (1798-1873). Rayensburg 1907.<br />

LAMBRECHT, K. & QUENSTEDT, W. & A. : Foss ilium Catalogus. Pars 72. 's-G rayenhage 1938.<br />

POGGENDORFF, J.: J. E. Poggendorff's Biographisch-Literarisches Handwönerbuch zur Geschichte <strong>de</strong>r exacten<br />

Wissenschaften. 3. l. Leipzig 1898.<br />

SCHNEI<strong>DER</strong>, E.: Geschichte <strong>de</strong>s Ortes und <strong>de</strong>r Saline.- Bad Dürrheim, Weg und Ziel, Heimatbuch <strong>de</strong>s Heilba<strong>de</strong>s.<br />

S. 62 -247. Karlsruhe 1969.<br />

SENN, K.: Von Dürrheim und zu Dürrheim. - Bad Dürrheim, Weg und Ziel, Heimatbuch <strong>de</strong>s Hei lba<strong>de</strong>s. S. 249-347.<br />

Karlsruhe 1969.


133<br />

Buchbesprechungen<br />

HEINZ VOELLNER, Die Burgen und Schlösser zwischen Wutachschlucht und Hochrhein.<br />

Schriftenreihe "Heimat am Hochrhein" , herausgegeben vom Hochrhein-Geschichtsverein<br />

Waldshut. 1975. 8. 0 115 S. Titelbild und Burgenkarte <strong>de</strong>s Kreises Waldshut.<br />

Der Geschichtsverein Hochrhein ist die jünßste <strong>de</strong>r geschichts- und lan<strong>de</strong>skundlichen<br />

Vereinigungen in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg. Mit einer burgenkundlichen Arbeit eröffnet er eine<br />

Schriftenreihe, die unter Fortführung eines vom (älteren) Landkreis für <strong>de</strong>ssen Veröffentlichungen<br />

gewählten Namens sich nach <strong>de</strong>m Vorwort <strong>de</strong>s H erausgebers die Aufgabe stellt,<br />

"die Ergebnisse <strong>de</strong>r lan<strong>de</strong>sgeschichtlichen Forschungen im Hochrheingebiet in geeigneter<br />

Fonn einem möglichst großen Personenkreis zu vennitteln" (S. 3). Die neue Vereinigung zeigt<br />

beim Bestreben, eine lan<strong>de</strong>s- und landschaftsgeschichtlich bisher wenig erschlossene Gegend<br />

<strong>de</strong>n H eimatlreun<strong>de</strong>n bekannt zu machen, mit <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Schrift eine glückliche Hand:<br />

noch immer gehö ren Burgen und Schlösser zu <strong>de</strong>n historischen Erscheinungen, <strong>de</strong>nen die<br />

Bewohner und zumal auch die Jugend das stärkste Interesse entgegenbringen. Die Untersuchung<br />

von VOELLNER ist auch im engeren Sinne burgenkundlieh ausgerichtet, da die<br />

verschie<strong>de</strong>nartigen und aus verschie<strong>de</strong>ner Zeit stammen<strong>de</strong>n Wehrbauten vor allem nach ihrem<br />

Standort, ihren wehr- und verkehrsgeschichtlichen Funktionen und ihren baugeschichtlichen<br />

Etappen dargestellt wer<strong>de</strong>n, ohne daß die Besitzgeschichte vernachlässigt wäre. Zahlreiche<br />

bildlich wie<strong>de</strong>rgegebene Grundrisse und Rekonstruktionen von Burgen und Burgställen erhöhen<br />

die Anschaulichkeit. Für <strong>de</strong>n Baar-Geschichtsverein ist die Publikation aus einem<br />

doppelten Grun<strong>de</strong> wichtig und nützlich : einmal weil die erfaßten Burganlagen, zumal im mittleren<br />

und unteren Wutachtal, unser Vereinsgebiet nahe berühren, so daß wir uns künftig leicht<br />

über ihre Schicksale unterrichten können; dann aber auch weil die Veröffentlichung einer<br />

landschaftlichen Burgenkun<strong>de</strong> für uns Vorbild sein sollte, im Gebiet <strong>de</strong>r Baar, die bei weitem<br />

nicht so burgenann ist, wie es auf <strong>de</strong>n ersten Blick hin <strong>de</strong>r Fall zu sein scheint, eine entsprechen<strong>de</strong><br />

Zusammenstellung anzuregen. Eine solche hätte bei uns, angesichts <strong>de</strong>r weit stärker<br />

vorgeschrittenen Quellenerschließung, über das für Wutachschlucht und Hochrhein hier<br />

Gebotene hinaus die urkundlichen Zeugnisse stärker aus sich selbst heraus sprechen zu lassen<br />

.("") Das Desi<strong>de</strong>rat ist für unseren Verein nicht neu, es wäre an <strong>de</strong>r Zeit, sich nach einem<br />

geeigneten und aufopferungsbereiten Bearbeiter umzusehen.<br />

K. S. Ba<strong>de</strong>r<br />

r")-<br />

Dies ist inzwischen für <strong>de</strong>n Klettgau geschehen: HELMUT MAURER, Die Rolle <strong>de</strong>r Burg in <strong>de</strong>r hochmittelaherlichen<br />

Verfa sungsgeschichte <strong>de</strong>r Landschaften zwischen Bo<strong>de</strong>nsee und Schwarzwald. In: Die Burgen im<br />

<strong>de</strong>utschen Sprachraum, ihre rechts- und verfassungsgcschichdiche Be<strong>de</strong>utung (= Vorträge und Forschungen,<br />

herausgegeben vom Ko nstanzcr Arbeitskreis für mittelalterl iche Geschichte Bd. 19, 1976) 11 S. 19 1 H.<br />

KLAUS SCHUBRING, Die Herzöge von Urslingen. Studien zu ihrer Besitz-, Sozial- und<br />

Familiengeschichte mit Regesten (= Veröffentlichungen <strong>de</strong>r Kommission für geschichtliche<br />

Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong> in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, Reihe B, 67. Band). W. Kohlhammer Verlag.<br />

Stuttgart 1974.8. 0 XXII, 310 S.<br />

Wer sich mit <strong>de</strong>r spätmittelalterlichen Geschichte <strong>de</strong>r Baar und ihr benachbarter Landschaften<br />

beschäftigt, stößt häufig auf Mitglie<strong>de</strong>r eines A<strong>de</strong>lsgeschlechtes, das <strong>de</strong>n stolzen<br />

Namen von "Herzögen von Urslingen" trägt, in <strong>de</strong>r schier unüberschaubaren Reihe kleinerer<br />

A<strong>de</strong>lsfamilien aber we<strong>de</strong>r durch großen Besitz noch durch sonstige greifbare Vorzüge o<strong>de</strong>r<br />

Eigenschaften hervortritt. Daß es sich um Nachfahren von Leuten han<strong>de</strong>lt, die in <strong>de</strong>r staufi-


134 Buchbesprechungen<br />

sehen Epoche ihren Titel aus Italien mitbrachten, ist seit langem bekannt, und an Lan<strong>de</strong>shistorikern,<br />

die sich mit ihnen beschäftigt haben, fehlt es nicht; eine umfassen<strong>de</strong>re Untersuchung<br />

stand aber bisher aus. Sie wird hier nachgebracht, und zwar, um dies alsbald zu<br />

sagen, in einer erfreulich eingehen<strong>de</strong>n und einprägsamen Weise. Wenn man <strong>de</strong>r Gattung<br />

" Titularherzöge" neben <strong>de</strong>n U rs lingern auch sonst, selbst bei <strong>de</strong>n Zähringern als zeitweiligen<br />

H erzögen von Kärnten, begegnet, so besagt <strong>de</strong>r Sammeltitel doch zunächst nicht allzuviel;<br />

<strong>de</strong>nn d ie Unterschie<strong>de</strong> in Rang und G eltung sind doch recht be<strong>de</strong>utend, die Grenzen zwi ­<br />

schen echtem und bloßem Titelherzogtum vielfach fl ießend . Die H erzöge von Urslingen<br />

haben je<strong>de</strong>nfalls ihren Titel nicht bloßer Stan<strong>de</strong>serhebung zu verdanken, son<strong>de</strong>rn sind in <strong>de</strong>r<br />

T at, wenn auch nur über wenige Generationen, "echte" H erzöge, nämlich solche von<br />

Spoleto, gewesen. Für un ere engere Lan<strong>de</strong>sgeschichte sind sie aber nicht wegen diese italienischen<br />

Ga tspiels, so wichtig es einmal im Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum<br />

gewesen sein mag, von Be<strong>de</strong>utung, son<strong>de</strong>rn wegen ihrer Verstrickung in H än<strong>de</strong>l und Wirren<br />

unserer eigenen spätmittelalterlichen Vergangenheit und wegen ihrer Verbindung mit zahlreichen<br />

einheimischen Geschlechtern.<br />

D er Verfasser geht in einer verhältnismäßig knappen Darstellung <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Schauplätzen nach, auf <strong>de</strong>nen U rslinger täti g gewor<strong>de</strong>n sind. Ihre Herkunft aus einer e<strong>de</strong>lfreien<br />

schwäbischen Familie kann er ein<strong>de</strong>utig nachweisen. Sie stehen damit stän<strong>de</strong>geschichtlich<br />

auf <strong>de</strong>rselben Stufe wie etwa die mit ihnen versippten Freiherren von Wartenberg und von<br />

Zimmern, im po litischen Alltag auch auf <strong>de</strong>r gleichen Stufe wie di e Grafen zu Fürstenberg<br />

im 14 . und 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt, ohne in<strong>de</strong>ssen altgräfl ichem H ause zu entstammen. Benannt<br />

wer<strong>de</strong>n sie ungewöhnli ch frü h nach <strong>de</strong>r Burg Irslin gen-Urslingen, unweit Rottweil bei <strong>de</strong>r<br />

E inmünd ung <strong>de</strong>s Schlichemflüßchens in <strong>de</strong>n eckar gelegen. Während sie ihre Besitzbasis im<br />

U rsprungs land nicht wesentlich, in einer Sekundärepoche mehr durch Heiratsgut, erweitern<br />

konnten, kamen sie zu Rängen im staufischen Elsaß und dann, wie ange<strong>de</strong>utet, im mittleren<br />

Apennin, da und dort als Gefolgsleute <strong>de</strong>r Staufer. 1m Elsaß wer<strong>de</strong>n sie zu Ahnherren <strong>de</strong>r<br />

(jüngeren) Rappoltsteiner, in Italien überdauert eine Linie die staufische Epoche und vermag<br />

sich in z. T . waghalsigen politi schen Kehrtwendungen darüber hinaus im Dienst <strong>de</strong>s Kirchenstaates<br />

und <strong>de</strong>s H auses Anjou zu behaupten, um im Laufe <strong>de</strong>s 14 . Jahrhun<strong>de</strong>rts im Durcheinan<strong>de</strong>r<br />

süditalienischer Herrschaftsgeschichte zu verschwin<strong>de</strong>n. Der Hauptstamm kehrt in<br />

die schwäbische H eimat zurück, behält zwar <strong>de</strong>n T itel <strong>de</strong>s Herzogs, erhebt sich aber nur noch<br />

selten über d ie zahlreichen Stan<strong>de</strong>sgenossen. Der letzte legitime U rslinger ist im H egau, anläßlich<br />

einer sein er zahllosen Feh<strong>de</strong>n, 1442 gestorben.<br />

Wichtiger fast noch als diese flüss ige und schlüs ige Darstellung <strong>de</strong>r Besitz-, Sozial- und<br />

Familiengeschichte, bei <strong>de</strong>r man gelegentlich eine schärfere H erausarbeitung rechtshistorischer<br />

E lemente vermissen mag, sind die (S. 97 ff.) angefügten Regesten, nicht weniger als<br />

579 Belege aus schwäbischer Provenienz, <strong>de</strong>nen dann noch die ennungen von Urslingern in<br />

Italien, nunmehr in bloßer Listenfo rm, Stammtafeln und - neben Wappenbild und zwei<br />

Bil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Ruine Irslingen - einige Karten beigefü gt sind . Die Zusammenstellung dieser<br />

meist recht knapp gehaltenen Regesten ist auch dann verdienstlich, wenn viele von ihnen teils<br />

ergänzte, teils verkürzte Wie<strong>de</strong>rgaben älterer Editionen, für uns insbeson<strong>de</strong>re im Fürstenbergischen<br />

Urkun<strong>de</strong>nbuch enthalten, und für unsere lan<strong>de</strong>sgeschichtlichen Bedürfnisse etwas<br />

zu stark auf historisch-hilfswissenschaftli che Interessen abgestellt sind . Vo r allem für die<br />

jüngere Zeit, zumal <strong>de</strong>r ersten H älfte <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rtS , wer<strong>de</strong>n doch viele neue Quellen<br />

aus teilweise entlegenen Bestän<strong>de</strong>n erschlossen; <strong>de</strong>r lan<strong>de</strong>sgeschichtlich orientierte Leser wird<br />

sie sich no tieren, vielfach dann aber - wegen <strong>de</strong>r Kurzfassung - genötigt sein, sich anhand<br />

<strong>de</strong>r Regesten die Originale für seine beson<strong>de</strong>ren Forschungszwecke vorlegen zu lassen. Damit<br />

hat sich jedoch <strong>de</strong>r Ben ützer von Regestenwerken stets auseinan<strong>de</strong>rzusetzen; je<strong>de</strong>nfalls hat er<br />

hier ein Urkun<strong>de</strong>ninventar vor sich, das ihn auf viele Spuren bringt. Das wird in Zukunft auch<br />

für diejeni gen gelten, die Ergänzungen zu älteren einheimischen Q uellenwerken suchen, vor


Buchbesprechungen 135<br />

allemall jene, die vermehrte genealogische Aufschlüsse über einheimische A<strong>de</strong>lsgeschlechter<br />

benötigen. Statt an<strong>de</strong>rer Son<strong>de</strong>rhinweise, die über die A<strong>de</strong>lsgeschichte hinausreichen, möge<br />

das Regest 382 (S. 193) stehen, das über ein sanktgeorgisches Weistum im oberen Brigachtal<br />

von 1431 berichtet, für einmal also auch über Feh<strong>de</strong>n und Erbstreitigkeiten hinweg friedliche<br />

Empfindungen auslöst.<br />

K. S. Ba<strong>de</strong>r<br />

BEN<strong>DER</strong>, GERD: Die Uhren macher <strong>de</strong>s hohen Schwarzwal<strong>de</strong>s und ihre Werke. Band 1.<br />

Verlag Müller, Villingen/Schwarzwald 1975 . 536 Seiten, 223 Abbildungen.<br />

G ERD BEND ER aus Funwangen, <strong>de</strong>r Autor dieses über 500 Seiten starken Werkes, seines<br />

Zeichens Techniker und selbst Abkömmling einer alten" Wäl<strong>de</strong>rfamilie", ist gera<strong>de</strong>zu prä<strong>de</strong>stiniert,<br />

über die Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhrmacherei zu schreiben. Mit <strong>de</strong>r Herausgabe dieses ersten<br />

Ban<strong>de</strong>s hat er eine Zusammenstellung angeboten, die sowohl <strong>de</strong>m Fachmann, als auch <strong>de</strong>m<br />

Laien erschöpfen<strong>de</strong> Auskunft über alle Fragen geben kann, die <strong>de</strong>n Schwarzwald, seine Bewohner<br />

und ihre handwerklichen Produkte betreffen.<br />

Zwei Jahrzehnte recherchierte <strong>de</strong>r Verfasser bei allen Museen, Archiven und Bibliotheken,<br />

in <strong>de</strong>nen er brauchbares Material vermutete. Als Frucht dieser Bemühungen ist ein Nachschlagwerk<br />

entstan<strong>de</strong>n, das man gerne zur Hand nimmt, wenn die Geschichte o<strong>de</strong>r die Technologie<br />

<strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhr interessiert, und sei es auch nur das kleinste Detail daraus. Dies um<br />

so mehr, als durch eine große Anzahl exakter und gekonnter technischer Zeichnungen, die<br />

DIETER MERKEL geschaffen hat, die Anschaulichkeit <strong>de</strong>s sehr ausführlichen Textes ergänzt<br />

wird. In diesem ~usammenhang sollen gleich die vielen hervorragen<strong>de</strong>n Schwarzweiß- und<br />

Farbfotografien erwähnt wer<strong>de</strong>n, welche die jeweiligen Beispiele <strong>de</strong>r einzelnen Epochen<br />

<strong>de</strong>r Uhrmacherei in <strong>de</strong>r Totale und im technischen Detail zeigen.<br />

Der erste Band, <strong>de</strong>r die Zeit von ca. 1680 bis zur Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts umfaßt, ist<br />

in vier Hauptkapitel unterteilt. Das Thema <strong>de</strong>s ersten Kapitels "Aus <strong>de</strong>r Frühgeschichte <strong>de</strong>r<br />

Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhr" bufaßt sich mit <strong>de</strong>m Ursprungsgebiet, <strong>de</strong>n frühesten Anfängen und <strong>de</strong>r<br />

Ausbreitung <strong>de</strong>r Uhrmacherei.<br />

"Vom Hausgewerbe zu <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>r Industrie" heißt das zweite Hauptkapitel. Hier<br />

wird interessant geschil<strong>de</strong>rt, wie und wo sie wohnten, die" Tüftler", die im hohen Schwarzwald<br />

mit seinen tiefen Tälern und einsamen Höfen in <strong>de</strong>r langen Winterszeit, eingeschneit und<br />

abgeschlossen von <strong>de</strong>r Umwelt, an ihren I<strong>de</strong>en und Erfindungen schafften, sie verbesserten und<br />

sich schon auf die serienmäßige Fertigung von Einzelteilen spezialisierten. Diese Spezialisten<br />

und Zulieferer waren die Schildmacher und Schildmaler, die Gestellmacher, Kettenmacher<br />

und die Tonfe<strong>de</strong>mhersteller, die Dreher und später die Gießer <strong>de</strong>r Uhrenrä<strong>de</strong>r und die Uhrenglockengießer.<br />

Das Vorstellen <strong>de</strong>r Werkzeugmacher und ihrer Werkzeuge, wie <strong>de</strong>r immer<br />

wie<strong>de</strong>r verbesserten Drehstühle, Zahngeschirre und Bohrgeschirre, <strong>de</strong>r Hilfswerkzeuge<br />

und <strong>de</strong>s Arbeitsverfahrens run<strong>de</strong>t dieses Kapitel ab. Erstaunlich ist, wie viele alte Darstellungen<br />

<strong>de</strong>r Verfasser ausfindig gemacht hat, die diese "Erfin<strong>de</strong>r" in Form eines Portraits o<strong>de</strong>r in ihrer<br />

Werkstatt an <strong>de</strong>r Arbeit zeigen. Außer <strong>de</strong>m Text tragen die Illustrationen dazu bei, daß man<br />

sich durch die Lektüre in die damalige Zeit und die Lebensweise <strong>de</strong>r Menschen jener Zeit einfühlen<br />

kann.<br />

Die Technik <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Werktypen, ihre Eigenarten und Erweiterungen behan<strong>de</strong>lt<br />

das Kapitel "Entwicklung von Form und Technik <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhr". Hier erfährt man<br />

die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r einzelnen Uhrengattungen, <strong>de</strong>nen eine allgemeine Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Gehwerkes vorausgeht. Von <strong>de</strong>r Waaguhr, <strong>de</strong>r Spin<strong>de</strong>lhemmung mit Kuhschwanzpen<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>m<br />

Blechankergang bis zum Schloßscheiben- und Rechenschlagwerk und <strong>de</strong>m Schwarzwäl<strong>de</strong>r<br />

"Surrer" wer<strong>de</strong>n alle Typen in Wort, Bild und technischer Zeichnung vorgestellt. Hier kann<br />

sich <strong>de</strong>r Laie, <strong>de</strong>r zufällig selbst noch ein Exemplar solch eines faszinieren<strong>de</strong>n Wun<strong>de</strong>rwerkes


136 Buchbesprechungen<br />

aus Großmuners Zeiten besitzt, o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>rem sthafteSammleralter Uhren eingehend informieren.<br />

Welchen Typen und welcher Zeit seine Gewichts-Weckeruhr, sei ne Schonen-, Jockele- und<br />

Sorguhr und, nicht zu vergessen, seine Kuckucksuhr und (vielleicht sein ganzer Stolz) eine<br />

Figuren- o<strong>de</strong>rTrompeteruhrangehören, ist diesem Kapitel leichtzu entnehmen. Kalen<strong>de</strong>ruhren<br />

mit astronomischen Angaben, T urmuhren, Regulatoruhren und Wächterkontrolluhren wer<strong>de</strong>n<br />

ebenso ausführlich dargestellt wie die Eigenarten <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhrensch il<strong>de</strong>r. Die<br />

Schil<strong>de</strong>rfomien und Schil<strong>de</strong>rarten, vom Lackschild und Blechschild über das Porzellanschild<br />

bis hin zur Rahmenuhr mit Aufschrift und Hinterglasmalerei wer<strong>de</strong>n eingehend behan<strong>de</strong>lt.<br />

Das sind die Stücke, die in ihrer formvollen<strong>de</strong>ten Art das Herz eines Liebhabers o<strong>de</strong>r<br />

Sammlers höher schlagen lassen. Die Schil<strong>de</strong>rung, wo die Uhren und ihre Zubehörteile entstan<strong>de</strong>n,<br />

unter welchen Schwierigkeiten sie geschaffen und mit welchen Materialien sie hergestellt<br />

wur<strong>de</strong>n, läßt das Bild noch lebendiger wer<strong>de</strong>n. Hier kommen <strong>de</strong>m Autor und seinem<br />

Werk sein reiches technisches Wissen und das Einfühlungsvermögen in die Feinheiten sehr<br />

zu gute.<br />

Eine Schwarzwäl<strong>de</strong>r Spezialität auf diesem technischen Sektor sind die Musikwerke. So<br />

wer<strong>de</strong>n im vierten Hauptkapitel die Spieluhren, Spielwerke, <strong>de</strong>r Orchestrionbau und die<br />

Musikdosen behan<strong>de</strong>lt und erläutert. Vielseitige Fotos und Zeichnungen ergänzen <strong>de</strong>n Text.<br />

Oberhaupt nimmt man sehr dankbar zur Kenntnis, daß noch vorhan<strong>de</strong>ne Handskizzen<br />

und früh er gedruckte technische Details vom Verfasser zusammengetragen und in Faksimile<br />

wie<strong>de</strong>rgegeben sind . Dies war ihm, wie er selbst erwähnt, ein großes Anliegen.<br />

Im Anhang sind Tabellen über die alten Maße, Gewichte und Währungen <strong>de</strong>s Großherzogtums<br />

Ba<strong>de</strong>n abgedruckt, die zusammen mit ein em ausführlichen, um nicht zu sagen<br />

kompletten Quellen- und Schrifttumsverzeichnis und mit <strong>de</strong>m willkommenen Namen- und<br />

Sachregister dieses umfangreichste und neueste Uhrenbuch zu einem sehr wertvollen Werk<br />

wer<strong>de</strong>n ließen.<br />

Alles in allem muß gesagt wer<strong>de</strong>n, daß mit diesem Buch ein unentbehrliches Werkzeug<br />

entstan<strong>de</strong>n ist für <strong>de</strong>njenigen, <strong>de</strong>r sich mit <strong>de</strong>m Schwarzwald jener Zeit befaßt; sei es <strong>de</strong>r<br />

technisch Interessierte, <strong>de</strong>r Historiker, <strong>de</strong>r Genealoge o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Soziologe. Auch kann dieses<br />

" Uhrenbuch" für das Gebiet <strong>de</strong>r Wirtschaftsgeschichte o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Volkskun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schwarzwald<br />

es als wertvolle Quelle di enen.<br />

Die Mühe und Arbeit, die BEN<strong>DER</strong> auf sich genommen und bewältigt hat, haben sich<br />

gelohnt. Zusammen mit <strong>de</strong>m Verlag Müller-Druck in Villingen , <strong>de</strong>r durch eigenes großes<br />

Engagement ein wirkliches Prachrwerk auf <strong>de</strong>n Markt brachte, ist <strong>de</strong>m Verfasser ein Werk<br />

gelungen, zu <strong>de</strong>m man Autor und Verlag nur gratulieren kann .<br />

Man darf gespannt sein auf <strong>de</strong>n zweiten Band, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Existenzkampf <strong>de</strong>s Uhrengewerbes<br />

<strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s, se ine Uhren- Industrie und <strong>de</strong>r H an<strong>de</strong>l sowie die Patriarchen<br />

<strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhrmacherei behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n . Dann wird auch auf diesem Gebiet<br />

<strong>de</strong>r Zeitraum von <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts bis nach <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rrwen<strong>de</strong> bearbeitet<br />

sein.<br />

Georg Goerlipp<br />

BRIITINGER, WOLFGANG: Der sozioökonomische Wan<strong>de</strong>l in Kleinstädten im Verlaufe<br />

<strong>de</strong>r letzten fünfundzwanzig Jahre, dargestellt am Beispiel von Donaueschingen, Löffingen<br />

und N eustadt/Schwarzwald.<br />

Eine wirtschafts- und sozial geographische Studie.<br />

Rer. nato Diss., Freiburg 1975.<br />

Verlag Johan nes Krause, Freiburg i. Br.<br />

D ie Arbeit von BRITIINGER über <strong>de</strong>n sozioökonomischen Wan<strong>de</strong>l In Kleinstädten<br />

im Verl auf <strong>de</strong>r letzten fü nfundzwanzig Jahre wur<strong>de</strong> als Dissertationsarbeit am Geographischen<br />

Institut J <strong>de</strong>r U niversität Freiburg i. Br. verfaßt und anal ysiert am Beispiel einiger


Buchbesprechungen 137<br />

Städte (Donaueschingen, Löffingen, Neustadt/Schwarzwald) <strong>de</strong>s Hochschwarzwal<strong>de</strong>s und<br />

<strong>de</strong>r westlichen Baar ökonomische und soziale Umwandlungsprozesse aus anthropogeographischer<br />

Sicht. In vier Hauptteilen wird <strong>de</strong>r Versuch unternommen, Bevölkerungsentwicklung,<br />

Städtewachstum und Wan<strong>de</strong>rverhalten <strong>de</strong>r Bevölkerung, aufgeschlüsselt auf verschie<strong>de</strong>ne<br />

Bereiche und Gruppen (Fern-, Nah-, Binnenwan<strong>de</strong>rung, räumliche Herkunft, Alters- und<br />

Sozial gruppen), darzulegen. Die Motivationen <strong>de</strong>r Mobilität wer<strong>de</strong>n in berufliche, familiäre,<br />

wohnorientierte, u. a. Grün<strong>de</strong> differenziert.<br />

In weiteren Abschnitten behan<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Autor die sozialräumliche innerstädtische Glie<strong>de</strong>rung.<br />

Dies wird mit Hilfe von Einwohnermel<strong>de</strong>amtsunterlagen und Einwohnerverzeichnissen<br />

mit einer Einteilung in die Sektoren Arbeiter-, Angestellten-, Beamten-, Renmergruppe<br />

vorgenommen. Eine räumliche Stadtdifferenzierung im sozialen Bereich wird auch durch die<br />

Auswertung verschie<strong>de</strong>ner Wahlergebnisse na..:hgewiesen.<br />

Weiterhin wird versucht, eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Stadt-Umland-Beziehungen zu belegen .<br />

Dies wird durch eine Wie<strong>de</strong>rgabe von bereits bekannten Ergebnissen <strong>de</strong>s Schüler-, Ein- und<br />

Auspendlerbereiches und <strong>de</strong>s Einzugsbereichs <strong>de</strong>r Beschäftigten im produzieren<strong>de</strong>n Gewerbe<br />

sichtbar gemacht. Dabei stützt sich <strong>de</strong>r Verfasser auf die Daten verschie<strong>de</strong>ner Strukturatlanten<br />

und Statistiken. Zur Festlegung <strong>de</strong>s Einkaufeinzugsbereichs <strong>de</strong>r Untersuchungsstädte<br />

wur<strong>de</strong> ein eigener Fragebogen zur Festlegung <strong>de</strong>s räumlichen Käuferbereichs entwickelt.<br />

Insgesamt stellt die Arbeit einen beachtlichen Beitrag, untermauert durch eine Vielzahl<br />

eigener Feldforschungsarbeiten, in stadtgeographischer Hinsicht für die Städte im Untersuchungsbereich<br />

Hochschwarzwald/westliche Baar dar, wenn auch in nicht allen Fällen<br />

neuestes Grundlagenmaterial (veralteter Strukturatlas <strong>de</strong>r Planungsgemeinschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg)<br />

und Literatur <strong>de</strong>s aktuellen Forschungsstan<strong>de</strong>s (Untersuchung über die<br />

Zentralen Orte in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, hrsg. v. Agrarwiss. Institut <strong>de</strong>r Univ. Freiburg und<br />

die Arbeiten von KLUCZKA zum selben Themenkomplex) verwandt wur<strong>de</strong>.<br />

M. Schmie<strong>de</strong>berg<br />

GOTTLICH, KARLHANS: Moorkarte von Ba<strong>de</strong>n-Württemberg Blatt Singen (Hohentwiel)<br />

L 8318. Mit Erläut. Stuttgart 1975. (Lan<strong>de</strong>svermessungsamt, 10,00 DM).<br />

Das Kartenverzeichnis 1976 <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>svermessungsamtes nennt 9 Blätter <strong>de</strong>r "Moorkarte<br />

von Ba<strong>de</strong>n-Württemberg 1 : 50000". Unserem Arbeitsgebiet Baar kommt das 1975<br />

erschienene Blatt Singen am nächsten. Wir dürfen erwarten, daß als nächste Blätter Tuttlingen<br />

und ViIIingen-Schwenningen erscheinen wer<strong>de</strong>n. Wie alle Teile <strong>de</strong>r "Moorkarte" entspricht es<br />

<strong>de</strong>n bekannten Kartenblättern 1 : 50000 (TK 50), ohne grünen Wal<strong>de</strong>indruck und ohne<br />

Reliefschummerung. So treten die Gewässer (blau) und die Höhenlinien (braun) klarer heraus.<br />

Der in grünen Tönen gehaltene moorkundliehe Aufdruck unterschei<strong>de</strong>t u. a. Hochmoor,<br />

Nie<strong>de</strong>rmoor, Anmoor, Seeried. Die Erläuterungen, geglie<strong>de</strong>rt in einen allgemeinen Teil und<br />

in Kurzbeschreibungen aller Vorkommen, umfassen 85 Seiten und 16 Beilagenblätter mit<br />

ergänzen<strong>de</strong>n Karten, Profilen und Tabellen. Neben praktischen Anwen<strong>de</strong>rn, z. B. in Lan<strong>de</strong>splanung<br />

und Landwirtschaft, ist das Kartenwerk allen landschaftskundlieh Interessierten zu<br />

empfehlen, für die es sich neben die geologische Karte und die Vegetationskarte stellt. Wir<br />

hoffen nun, daß das Moorkartenwerk in nicht allzu ferner Zukunft auch die ganze Baar<br />

<strong>de</strong>cken wird.<br />

GOTTLICH, KARLHANS (Hrsg.): Moor- und Torfkun<strong>de</strong>. Stungart 1976,269 S., 135 Abb.<br />

(E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung. 48,00 DM).<br />

Prof. GOTTLICH ist auch <strong>de</strong>r Herausgeber <strong>de</strong>s 1976 erschienenen Werkes "Moor- und<br />

Torfkun<strong>de</strong>", in <strong>de</strong>m 13 Fachleute auf 269 Seiten in klarer, verständlicher Sprache einen Abriß<br />

<strong>de</strong>s Wissens über die Moore und <strong>de</strong>n Torf bieten. Der Band zeigt sowohl das, was <strong>de</strong>r Um-


138 Buchbesprechungen<br />

weltschutz an <strong>de</strong>n Mooren schützt, wie das, was die Abbautechnik daraus macht (u. a. Torfmull<br />

für <strong>de</strong>n Gart~n, Moorbä<strong>de</strong>r in Theorie und Praxis <strong>de</strong>r Heilkun<strong>de</strong>). Das Buch ist zwar<br />

ge chrieben für Wissenschaftler und Praktiker vieler Zweige zwischen Geographie und Medi ­<br />

zin, doch kann es durchaus auch <strong>de</strong>m N atur- und Heimatfreund empfohlen wer<strong>de</strong>n (gera<strong>de</strong>zu<br />

ergreifend ist z. B. <strong>de</strong>r Abschnitt über die Moorfun<strong>de</strong>). Lei<strong>de</strong>r sind ausgerechnet in unserem<br />

G ebiet 2 Fehler stehengeblieben: " . .. zwischen Alp und Schwarzwald in <strong>de</strong>r Baar und<br />

im Rheintal" (S. .33); <strong>de</strong>r Lehrer empfiehlt "Alb" und "Oberrhein graben", doch sollte das<br />

keinen Leser abhalten, nach <strong>de</strong>m Buch zu greifen .<br />

A. Benzing


Vereinschronik<br />

I.<br />

Wie<strong>de</strong>r haben wir seit Juli 1974 bis einschließlich Oktober 1976 <strong>de</strong>n Tod vieler<br />

Mitglie<strong>de</strong>r zu betrauern. Es verstarben:<br />

Ernst Wilhe1m Buri<br />

Marie Hall<br />

Hans Huber, Mun<strong>de</strong>lfingen<br />

Kuno Moser, Unterkirnach<br />

Dr. Bertel Raufer, Freiburg<br />

Dr. Fritz Reinhold, Bad Dürrheim<br />

Josef Ries<br />

Georg Stengel, Wolfach<br />

Hermann Wies er<br />

Unter <strong>de</strong>n Verstorbenen sind einige, die sich um unseren Verein beson<strong>de</strong>re Verdienste<br />

erworben haben. Die Nachrufe auf unser Ehrenmitglied Hermann Wieser, auf unseren<br />

mehrfachen Autor Dr. Fritz Reinhold und unser langjähriges Beiratsmitglied Kuno Moser<br />

sind diesem Band vorangestellt. An <strong>de</strong>n verdienstvollen Aufsatz von Georg Stengel über<br />

die Bauernmühlen im Schwarzwald in Heft 28 sei erinnert.<br />

Wir wer<strong>de</strong>n unseren Toten ein ehren<strong>de</strong>s An<strong>de</strong>nken bewahren!<br />

11.<br />

Im Berichtszeitraum fan<strong>de</strong>n zwei Mitglie<strong>de</strong>rversammlungen statt. Zur Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />

am 12 . 12 . 1974 waren 78 Mitglie<strong>de</strong>r und Gäste erschienen. Sie nahmen <strong>de</strong>n<br />

Tätigkeitsbericht entgegen, billigten <strong>de</strong>n Kassenbericht und entlasteten <strong>de</strong>n bisherigen<br />

Vorstand.<br />

Die Neuwahlen ergaben folgen<strong>de</strong>s Bild:<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>r Abteilung Geschichte: Frau Dr. Erna Huber<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>r Abteilung Naturgeschichte: Prof. Dr. G. Reichelt<br />

Geschäftsführer: Georg GoerIipp<br />

Rechner: Wilhelm E n<strong>de</strong>rle<br />

Schriftführerin: Frau HiI<strong>de</strong>gret Sattler<br />

Weitere Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r:<br />

Prof. Dr. K . S. Ba<strong>de</strong>r, Zürich<br />

Rektor Hans Brüstle, VS-Villingen, t<br />

G ymn. Prof. Dr. A. G. Benzing, VS-Schwenningen<br />

Gottfried Schafbuch, Hüfingen<br />

Willi Paul, Vöhrenbach<br />

In <strong>de</strong>n Beirat wur<strong>de</strong>n berufen:<br />

Dr. H. Cor<strong>de</strong>s, VS-Schwenningen<br />

Dr. J . Fuchs, VS-Villingen<br />

Landrat Dr. R. Gutknecht, Bad Dürrheim<br />

Dr. J. N. Häßler, VS-Villingen<br />

O'Studienrat W . Hilpert<br />

Dekan J. Hornung, Geisingen<br />

O'Studienrat a: D . H . König<br />

Dr. K. Kwasnitschka<br />

Rektor W. Längin<br />

Realschulkonrektor R. Laschinger<br />

Dr. J. Laule, Bräunlingen<br />

139


140 Verein schro nik<br />

Forstdirek tor W. Meister<br />

Kuno Moser, Unterkirnach, t<br />

Max Rieple<br />

Bürgermeister a. D . Ro bert Schrempp<br />

Nach <strong>de</strong>n Wahlen, die wie<strong>de</strong>rum für 3 Jahre erfolgten, wur<strong>de</strong> lebhaft das neue Veranstaltungsprogramm<br />

beraten. Zum Schluß hielt H err Rektor Hans Brüstle einen Vortrag zur<br />

Ortsnamenskun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r engeren Baar. Vor Beginn <strong>de</strong>s geselligen Teiles wur<strong>de</strong> noch H eft 30<br />

ausgegeben.<br />

Am 14 . 1. 1976 fand die Mitglie<strong>de</strong>rversammlung für 1975 statt. Diesmal waren sogar<br />

85 Mitglie<strong>de</strong>r und Gäste im Hotel "Schützen" erschi enen. Sie wur<strong>de</strong>n das letzte Mal vom<br />

Besitzer Ernst Buri, unserem Mitglied über vier Jahrzehnte hinweg, begrüßt.<br />

In seinem Tätigkeitsbericht hob Prof. Reichelt beson<strong>de</strong>rs auch <strong>de</strong>n Einsatz <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s<br />

für die Erhaltung zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>r Fassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ehemaligen Hotels "Adler" in Donaueschingen<br />

hervor. Die Versammlung quittierte diesen Einsatz mit anhalten<strong>de</strong>m Beifall. Die<br />

Kassenlage gab zu überlegungen <strong>de</strong>r weiteren Finanzierung unserer "Schriften" Anlaß.<br />

Einnahmen von 29440 DM stan<strong>de</strong>n Ausgaben vo n 27000 DM, darunter 24500 DM<br />

Druckkosten und 581 DM Versandkosten für H eft 30, gegenüber. Nach Erwägung von<br />

Sparmaßnahmen wur<strong>de</strong>, wie scho n zuvor in <strong>de</strong>r Vorstandssitzung, <strong>de</strong>r Druck von Heft 31<br />

für En<strong>de</strong> ·1976 beschl ossen.<br />

Nach Beratung <strong>de</strong>s Veranstaltungsprogrammes für 1976 hielt Herr Dr. Knappe, Freiburg,<br />

einen Vortrag über "Das Leben auf Burgen im Spiegel <strong>de</strong>r mittelalterlichen Literatur".<br />

Ein längeres geselliges Beisammensein folgte .<br />

IlI.<br />

Das recht vielseitige Veranstaltungsprogramm wur<strong>de</strong> im Berichtszeitraum fortgesetzt.<br />

Es erfreute sich wie<strong>de</strong>rum großer Beliebtheit, wie nachfolgen<strong>de</strong> Zusammenstellung zeigt :<br />

1. Vorträge:<br />

12. 12. 1974: Rektor Hans Brüs<strong>de</strong>: "Fragen <strong>de</strong>r Ortsnamenkun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r engeren Baa r"<br />

(78 Personen)<br />

20. 3. 1975: Ouo Huber: Dokumentarfilm "Orchi<strong>de</strong>en und Wildblumen unserer<br />

H eimat" ( 100 Besucher)<br />

10. 4. 1975: Prof. Dr. W. Hübener: " Mittelalterliche Pfalzen in Südwest<strong>de</strong>utschland"<br />

(106 Personen)<br />

15 . 5. 1975 : Dr. M . Schwarz: "Fürstenbergische Münzen und Medaillen" (50 Personen)<br />

14 . 1. 1976: Dr. Karl-Bemhard Knappe: "Das Leben auf Burgen im Spiegel <strong>de</strong>r mittelalterlichen<br />

Literatur" (85 Personen)<br />

25. 3. 1976: Helmut H errmann: "Großschmetterlinge <strong>de</strong>r Baar" (40 Personen)<br />

6. 5. 1976: Willi Paul: " Bau und Bildung <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s" (60 Personen)<br />

3. 6. 1976: Prof. Dr. G . Reichelt: " Vegetation <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s" (80 Personen)<br />

Folglich lag <strong>de</strong>r Durchschnittsbesuch bei rund 75 Teilnehmern . Das darf als außergewöhnlich<br />

gut bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Exkursionen<br />

7. 7. 1974: Ganztagsexkursion m <strong>de</strong>n Kaiserstuhl. Führung: WiILi Paul, Dr. Karl<br />

Rasbach (Vegetation), Prof. Dr. H aselier (Breisach), Frau Dr. E. Huber.<br />

Rund 100 Teilnehmer.<br />

26. 4. 1975: Halbtagsexkursion "Auf <strong>de</strong>n Spuren von Mathias Faller", Führung:<br />

Pfarrer M. H ermann, Neufra. 18 Teilnehmer.


Vereinschronik 141<br />

31. 5. 1975: Halbtagsexkursion in die obere Gauchach, Führung: Dr. J. Laule, Bräunlingen.<br />

15 Teilnehmer.<br />

7. 6. 1975: Halbtagsexkursion "Villinger Münsterschatz und Regionalmuseum".<br />

Führung: Dr. J. Fuchs. 49 Teilnehmer.<br />

22. 6. 1975: Ganztagsexkursion "Hochrhein und Kaiseraugst". Führung: Herr Schächterlin<br />

(Waldshut), Prof. Reichelt (Hochsal, Laufenburg), Willi Paul<br />

(Koblenzer Laufen, Dinkelberg), önliche Führerinnen in Kaiseraugst.<br />

106 Teilnehmer.<br />

6. 9. 1975: Halbtagsexkursion "Zollhau ried und Ran<strong>de</strong>n". Führung Will i Paul und<br />

Kar! ZimmermannlBlumberg. 30 Teilnehmer.<br />

21. 9. 1975: Ganztagsexkursion "Fluß- und Landschaftsgeschichte Oberer Neckar" .<br />

Führung: Will i Paul. 20 Te·,lnehmer.<br />

9. 5. 1976: Tagesexkursion "Geologie im Umkreis <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwal<strong>de</strong>s".<br />

Führung: Willi Paul. 40 Teilnehmer.<br />

22. 5. 1976: Halbtagsexkursion "Botanische Wan<strong>de</strong>rung rund um <strong>de</strong>n Blumberger Buchberg".<br />

Führung: Kar! Zimmermann. 15 Teilnehmer.<br />

12. 6. 1976: Halbtagsexkursion "Waldrän<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Länge". Führung: Helmut Herrmann.<br />

15 Teilnehmer.<br />

20. 6. 1976: Ganztagsexkursion "Nördlicher Schwarzwald". Führung: Dr. E. Huber<br />

(Kentheim, Hirsau), Prof. Reichelt (Wildberg, Hohlohmoor, Schurmsee).<br />

82 Teilnehmer<br />

28. 8. 1976: Halbtagsexkursion "Dreifaltigkeitsberg, Dürbheimer Moor". Führung:<br />

Dr. Lorenz Honold, Prof. Reichelt. 50 Teilnehmer<br />

18. 9. 1976: Halbtagsexkursion "Geologie am Hegaurand". Führung: Willi Paul.<br />

40 Teilnehmer.<br />

9. 10. 1976: Halbtagsexkursion "Stadt Rottweil". Führung: Dr. Winfried Hecht, Rottweil.<br />

53 Teilnehmer.<br />

Auch dieser Durchschnitt von rund 43 Teilnehmern je Exkursion ist als sehr ermutigend<br />

zu bezeichnen. Dabei waren einige Unternehmungen nicht gera<strong>de</strong> durch Wetterglück<br />

gekennzeichnet. Alle auswänigen Führungskräfte lobten das außergewöhnliche Interesse<br />

unserer Exkursionsteilnehmer!<br />

Im Ganzen darf wie<strong>de</strong>rum festgehalten wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>r Stellenwen <strong>de</strong>r heimatkundlichen<br />

Arbeit unseres Vereins im Rahmen <strong>de</strong>r gesamten kulturellen Unternehmungen unserer<br />

Region hoch ist. Dabei erfreuen wir uns keiner staatlichen Unterstützung wie etwa<br />

Volksbildungswerke.<br />

IV.<br />

Die Mitglie<strong>de</strong>rbewegung ist wie<strong>de</strong>r steigend, nach<strong>de</strong>m die durch Gemein<strong>de</strong>zusammenschlüsse<br />

bedingte Abnahme ab 1975 überwun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />

Mitglie<strong>de</strong>rzahl Zugänge Abgänge<br />

1974 402 \3 21<br />

1975 408 16 10<br />

1976 414 17 11<br />

(3 1. 10. )


142 Vereinschronik<br />

Seit <strong>de</strong>m 1. 7. 1974 dürfen wir die folgen<strong>de</strong>n neuen Mitglie<strong>de</strong>r bei uns herzlich willkommen<br />

heißen :<br />

Beurer, Klaus, Donaüe chingen<br />

Dr. Bonvicini , Marianne, Donaueschin gen<br />

Bosch , Manfred, Grunenshofen<br />

Braun, H ans, Blumberg<br />

Bühler, Gabriele, Neudingen<br />

Buhl , Wern


143<br />

Anschriften <strong>de</strong>r Verfasser<br />

Professor Dr. Karl S. Ba<strong>de</strong>r, Rebbergstraße 57, CH 8049 Zürich<br />

Gymnasialprofessor Dr. Alfred G. Benzing, Staüfenstraße 62, 7220 VS-Schwenningen<br />

Studiendirektor a. D . Otto Benzing, Vor <strong>de</strong>m Hummelsholz 2, 7220 VS-Schwenningen<br />

Dr. Herben Cor<strong>de</strong>s, Eichendorffstraße 54, 7220 VS-Schwenningen<br />

Oberkonservator Dr. Gerhard Fingerlin, Lan<strong>de</strong>s<strong>de</strong>nkmalamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, A<strong>de</strong>lhauserstraße<br />

33, 7800 FreiburglBr.<br />

Archivar Georg Goerlipp, F. F. Archiv, Hal<strong>de</strong>nstraße 3, 7710 Donaueschingen<br />

Helmut Herrmann, Otto-Gönnenwein-Straße 25, 7220 VS-Schwenningen<br />

Olev Koha, Salinenstraße 31, 7220 VS-Schwenningen<br />

Forstdirektor Dr. Karl Kwasnitschka, F . F. Forstverwaltung, Josephstraße 10,<br />

7710 Donaueschingen<br />

Gaston Mayer, Lan<strong>de</strong>ssammlungen für Naturkun<strong>de</strong>, Erbprinzenstraße 13 , 7500 Karlsruhe<br />

Professor Dr. Günther Reichelt, Uhlandstraße 35, 7710 Donaueschingen<br />

Studienassessor Martin Schmie<strong>de</strong>berg, Kopsbühl 74, 7730 VS-Villingen<br />

Professor Dr. Otto Stochdorph, Untenaxetweg 79, 8035 Gauting<br />

Oberschulrat a. D. Paul Willimski, Scheffelstraße 131, 7712 Blumberg<br />

Pfarrer Reimar Zeller, Pontarlierstraße 9, 7730 VS-Villingen<br />

Felix Zinke, Blauenweg 18, 7730 VS-Villingen<br />

Die Verfasser sind für <strong>de</strong>n Inhalt ihrer Beiträge selbst verantwortlich.


144<br />

Aus <strong>de</strong>m Inhalt <strong>de</strong>r letzten H efte<br />

Die Pfarrkirche St. Mauritius in Grüningen<br />

Ortsnamen <strong>de</strong>r Region Schwarzwald-Baar-Heuberg<br />

Der Eisenbergbau in Blumberg<br />

Matthias Faller und die Löffinger Barockaltäre<br />

Die Kapelle St. Markus in Mistelbrunn<br />

Das Villinger Pfarrmünster<br />

Pilze zwischen Brigach, Eschach und Prim<br />

Die Entenburg zu pfohren<br />

Die Baar im Spiegel alter Landkarten<br />

Fluß- und Landschaftsgeschichte <strong>de</strong>r oberen Donau<br />

Heft 30<br />

Heft 30<br />

Heft 30<br />

Heft 30<br />

Heft 29<br />

Heft 29<br />

Heft 29<br />

Heft 28<br />

Heft 28<br />

Heft 28<br />

Ragwurz-Orchi<strong>de</strong>en und ihre Variationen auf <strong>de</strong>r Baar Heft 28<br />

Bauernmühlen im mittleren Schwarzwald Heft 27<br />

Karolingische Königsgüter Ln <strong>de</strong>r Baar<br />

Der Riedböhringer Crucifixus<br />

Vegetation während <strong>de</strong>r Vor- und Frühgeschichte<br />

Heft 27<br />

Heft 27<br />

Heft 27<br />

Bezug über: Verein für G eschichte und N aturgeschichte <strong>de</strong>r Baa r, Donaueschingen,<br />

Hal<strong>de</strong>nstr. 3, o<strong>de</strong>r all e Buchhandlungen.


Aus unseren früheren Schriften<br />

Die Rückseite <strong>de</strong>s Umschlages zeigt einen Ausschnitt <strong>de</strong>r<br />

Fresken aus <strong>de</strong>r Pfarrkirche St. Mauritius in Grüningen. Diese<br />

Fresken <strong>de</strong>s frühen 14. Jahrhun<strong>de</strong>rts wer<strong>de</strong>n in Heft 30 <strong>de</strong>r<br />

"Schriften <strong>de</strong>r Baar" ausführlich abgebil<strong>de</strong>t und beschrieben.<br />

Das Bild stellt die hl. Katharina beim Verhör vor <strong>de</strong>m Gericht<br />

dar. Links sitzt auf seinem Thron <strong>de</strong>r König, in <strong>de</strong>r Linken ein<br />

Lilienzepter . Ein kleiner Teufel dahinter bläst <strong>de</strong>m Richter die<br />

bösen Gedanken ins Ohr. Die Heilige mit Nimbus und Krone<br />

hat ihre Rechte zur Re<strong>de</strong> erhoben und rafft mit <strong>de</strong>r Linken<br />

leicht ihren roten Mantel auf. Hinter ihr stehen 3 Männer,<br />

wahrscheinlich Gelehrte.

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