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Verrückte Autos<br />
Ausgefallene Lackierungen: Heiße Körper,<br />
wilde Tiere & fahrende Weltkugeln<br />
Rekordjagd<br />
Die irrwitzigsten Rekord-Sprünge<br />
der Motocross-Akrobaten<br />
Formel 1 + Motogp + Motorrad + Tourenwagen + Rallye + Us-Racing + mehr Nr.17<br />
Duell<br />
der teamkollegen<br />
Ducati, Yamaha<br />
& Honda: Neue<br />
Herausforderun gen<br />
für Rossi, Stoner<br />
und Lorenzo<br />
alain<br />
prost<br />
Mit kühlem Kopf<br />
und eiserner<br />
Berechnung:<br />
Die Karriere<br />
des Professors<br />
<strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> - <strong>Ferrari</strong> - <strong>McLaren</strong><br />
Erklärt:<br />
Wissenschaft<br />
vom F1-Setup<br />
Beleuchtet:<br />
die Formel 1<br />
Schatten-Männer<br />
motogp:<br />
Suzuki – Anfang<br />
vom Ende<br />
/////////////////////// 2011
INHALTsverzeichnis<br />
Jetzt kommt<br />
olympia<br />
69Dakar-Sieger:<br />
80<br />
MotoGP:<br />
Duell der<br />
Teamkollegen<br />
90<br />
Interview:<br />
MZ im<br />
Kreuzverhör<br />
Formel 1: Vorsicht,<br />
Explosionsgefahr<br />
24<br />
30<br />
Sebastian Vettel:<br />
Mission titelverteidigung<br />
2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
IN DIESER AUSGABE<br />
formel 1<br />
Editorial<br />
story: Saison 2011 - Vorsicht, Hochspannung! 24<br />
facts: Sebastian Vettel - Mission Titelverteidigung 30<br />
story: Die Formel 1 auf Eroberungsfeldzug 34<br />
story: Formel-1-Setup - Millimeterarbeit 40<br />
top-5: Die verrücktesten Lackierungen 46<br />
Story: F1-Manager: Die Männer im Hintergrund 50<br />
history: Von wegen Winterpause! 54<br />
history: Alain Prost - Der Professor 56<br />
story: Die bösen Zwillingsbrüder 60<br />
automobil<br />
DTM - Bruno Spengler: Titel? Nicht unmöglich 62<br />
wrc: Zweite Chance für Dani Sordo? 66<br />
WRC: Mini ist zurück 68<br />
dakar: Interview - Nasser Al-Attiyah 69<br />
nascar: Carl Edwards - Alles dreht sich 72<br />
interview: Peter Mücke: Qualität setzt sich durch 74<br />
motorrad<br />
Teamkollegen: Eins, zwei oder drei 80<br />
story: Suzuki - Der Anfang vom Ende? 86<br />
interview: MZ im Kreuzverkehr 90<br />
story: Reifen - Der einzige Kontakt 94<br />
story: Team Switzerland: Talent, nicht Geld 97<br />
moto3: Das Ende der Zweitakter 100<br />
interview: Klaus Klaffenböck: Der Dreiradbändiger 102<br />
top-5: Rekordjagd - Die verrücktesten Sprünge 104<br />
wsbk: Interview - Bernhard Gobmeier 108<br />
service<br />
Boxenstopp 4<br />
Stephan Heublein, Chefredakteur<br />
Re-Launch - Der Januar und der Februar sind traditionell<br />
die Monate der Fahrzeugvorstellungen - egal ob auf zwei<br />
oder vier Rädern, egal ob schlichtes Roll-Out oder pompöse<br />
Show. In diesem Jahr schließen wir uns den Teams an und<br />
schicken zum Saisonbeginn ein runderneuertes <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong> an den Start: Neuer, fester Umschlag, neues,<br />
hochwertiges Papier, neue, überarbeitete Heftstruktur und<br />
hoffentlich noch mehr Lesespaß für unsere Leserinnen und<br />
Leser. Das Beste daran: Das gesamte Updatepaket kostet<br />
Sie keinen Cent extra. Höchstens der Briefträger könnte sich<br />
über das Mehrgewicht beklagen...<br />
Explosiv - Damit unser neues Papier gebührend bedruckt<br />
wird, haben wir auch in diesem Monat für Sie aus 1.741<br />
Dateien und 11,6 GB Daten eine spannende Lektüre zusammengestellt<br />
- aber Vorsicht, Teile davon sind hochexplosiv!<br />
Zum Beispiel unsere 13 Gründe für eine packende, neue<br />
Formel-1-Saison, die selbst den Fünfkampf des vergangenen<br />
Jahres noch in den Schatten stellen wird, und das Teamkollegen-Baramoter<br />
der MotoGP, das Ihnen genau verrät,<br />
wie sich Valentino Rossi bei Ducati eingelebt hat und<br />
was von Jorge Lorenzo und Casey Stoner im Duell mit<br />
ihren neuen Teamkollegen zu erwarten ist. Die Saison<br />
2011 kann kommen!<br />
Kolumnen 16<br />
ZIELGERADE 112<br />
Impressum 114<br />
Fotos: adrivo/Sutton, Milagro<br />
Titelfotos: adrivo/Sutton, <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong>, <strong>Ferrari</strong>, Milagro, <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> Photofiles<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 3
Boxenstopp<br />
Abenteuer<br />
Amerika<br />
Ken Roczen gilt mit seinen 16 Jahren schon jetzt als<br />
deutsches Ausnahmetalent und mit dieser Begabung<br />
schaffte er es in diesem Jahr unter die Supercross-Elite<br />
der USA, in die AMA SX Lites. Nach einigen Trainingswochen<br />
in Amerika gab er ein anständiges Debüt in<br />
Anaheim: mit Bestzeit in der Quali und dem siebten<br />
Rang im Hauptevent. Stürze bremsten den Thüringer<br />
ein, doch schon beim dritten Rennen in Los Angeles<br />
war er wieder Sechster. Weiter geht‘s mit nur einem<br />
Ziel: »Ich will aufs Podium!«
Text: Maria Pohlmann<br />
Erstes indisches Team<br />
Rossi vs Alonso<br />
Beim Wrooom Saisonauftakt stand Fernando Alonso im<br />
Schatten von Valentino Rossi. Das scheint ihm nicht<br />
geschmeckt zu haben: »Am Ende der Saison könnte es eine<br />
Überraschung geben: Auf zwei Rädern, auf vier Rädern oder<br />
wie viele Räder auch immer…« Schon nach Rossis F1-Tests<br />
Anfang 2006 forderte der Doktor den Spanier zu einem<br />
Dreikampf heraus - im F1-Auto, WRC-Boliden und auf<br />
einem MotoGP-Bike. Alonso winkte ab - er habe keine Zeit.<br />
Das könnte sich nun mit dem gemeinsamen Sponsor ändern.<br />
Mahindra Racing ist nicht nur das erste indische Team in der<br />
125er-WM, sondern Mahindra selbst auch ein völlig neuer Hersteller.<br />
Danny Webb und Marcel Schrötter treten für die Inder an.<br />
Ob die Bikes auf dem gleichen Level wie Aprilia, Derbi und Co sind,<br />
bleibt abzuwarten. Schrötter freut sich auf jeden Fall schon: »Es ist<br />
aufregend Teil eines internationalen Projekts zu sein, besonders mit<br />
einer Firma, die vor allem den Nachwuchs unterstützen will.«<br />
Fotos: milagro, KTm/ Hoppenworld.com, Ducati, Castrol Honda, Mahindra<br />
Die Legende kehrt zurück<br />
Es waren die wohl legendärsten Farben der Superbike-<br />
Weltmeisterschaft. Carl Fogarty, Colin Edwards, John<br />
Kocinski, Aaron Slight, alle waren sie in Castrol-Honda-<br />
Lackierung unterwegs. Als Edwards 2002 den WM-Titel<br />
gewann und in die Königsklasse wechselte, verschwanden<br />
auch die Farben aus der Superbike WM. Nun sind sie mit Ten<br />
Kate wieder zurück. Jonathan Rea und Ruben Xaus haben<br />
2011 die Ehre, an die Erfolge dieser Farbtöne anzuknüpfen.<br />
Desmosedici in neuem Glanz<br />
Anfang Januar präsentierte Ducati die GP11 beim Wroom-Event. Verbesserungen<br />
gab es vorrangig bei der Aerodynamik, aber auch der Motor und die<br />
Elektronik bekamen ein Update. Doch im Vergleich zur Desmosedici GP10<br />
fiel den Besuchern besonders optisch etwas auf: der neue Lack. Rot als Grund -<br />
farbe bleibt natürlich erhalten, doch die Bikes schmücken jetzt stylische weiße<br />
Streifen und selbstverständlich hat auch Rossis Gelb seinen Platz gefunden.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 5
Boxenstopp<br />
Wiesbaden erneut Schauplatz<br />
Probleme mit den Motoren<br />
Die Arbeit an den neuen 1.6-Liter-Turbomotoren für die WTCC 2011<br />
ist bei allen Teams noch voll im Gange. Rechtzeitig vor dem Saison start<br />
im März in Brasilien fertig zu werden, stellt sich als größtes Problem dar.<br />
Titelverteidiger Chevrolet will das neue Aggregat dennoch ab dem<br />
ersten Lauf einsetzen. Bei Seat hingegen hat man vor, in den ersten<br />
Rennen noch auf den alten Turbodiesel zu bauen. Auch bei Volvo gilt der<br />
Einsatz des neuen Herzstücks bisher als ausgeschlossen.<br />
Am 10. April fällt mit der offiziellen Präsentation der Startschuss für die<br />
DTM-Saison 2011. Nach einer gelungenen Veranstaltung 2010 präsentiert sich<br />
die Tourenwagenserie erneut in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden.<br />
Vor der Kulisse des Kurhauses stellen Audi und Mercedes ihre Fahrerkader<br />
und DTM-Fahrzeuge vor. Wie im letzten Jahr werden wieder über 100.000<br />
jubelnde Fans an dem eigens aufgebauten Parcours erwartet.<br />
Triumph für BMW<br />
Das Need for Speed Team Schubert siegte mit dem BMW<br />
Z4 GT3 und den Fahrern Claudia Hürtgen, Augusto Farfus,<br />
Patrick Söderlund und Tommy Milner beim 24h-Rennen<br />
von Dubai. Mit drei Runden Rückstand auf die<br />
Münchner folgte der zweitplatzierte <strong>Ferrari</strong> F430 GT2<br />
vom Team AF Corse, vor dem Black Falcon Mercedes<br />
Benz SLS AMG GT3 auf Rang 3. »Dubai ist etwas Besonderes.<br />
Die Atmosphäre ist klasse und es hat immensen<br />
Spaß gemacht«, stellte Gewinner Farfus fest.<br />
Neuer Erfolgsgarant<br />
Audi peilt mit dem brandneuen R18 2011 den zehnten Le-Mans-Sieg<br />
an. Erstmals seit 1999 startet man wieder mit einem geschlossenen<br />
Coupé. Aerodynamische Effizienz steht im Vordergrund - kleiner<br />
geworden ist das Triebwerk. Ein 3.7 Liter V6-TDI-Motor ist das<br />
neue Herz des Boliden - einteiliges Kohlefaser-Monocoque & Lichtmengen-optimierte<br />
LED-Scheinwerfer inklusive. Das Renndebüt<br />
gibt der R18 beim 6h-Rennen in Spa-Francorchamps.<br />
6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Frederik Hackbarth, Manuel Sperl, Mike Wiedel<br />
Schwarzes Gold<br />
aus Südkorea<br />
Fotos: adrivo/Sutton, DTM, Audi<br />
Hankook ist seit 2011 neuer Reifenausrüster der DTM. Der Vertrag<br />
mit dem weltweit siebtgrößten Reifenhersteller läuft über drei<br />
Jahre. Nach Erfolgen bei den 24h-Klassikern in Le Mans und am<br />
Nürburgring richten sich die Südkoreaner voll auf den Tourenwagen-Sport<br />
aus. »Hankook ist ein idealer Partner für die DTM. Man<br />
merkt unserem neuen Reifenlieferanten die große Begeisterung<br />
förmlich an«, freute sich Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef Norbert Haug.
Boxenstopp<br />
Iceman im ICE WRC-Team<br />
Die beiden letzten Nennungen kurz vor der WRC-Deadline wurden am heißesten erwartet - jene von Kimi Räikkönen und Petter<br />
Solberg. Vor allem der Finne galt als Wackelkandidat, doch 2011 wird er mit dem Citroen DS3 am Start sein. Räikkönen tritt für das<br />
neue ICE 1 Racing Team an und nimmt an 10 von 13 Rallyes teil - weitere Events sind laut Olivier Quesnel nicht ausgeschlossen.<br />
Gute<br />
Besserung<br />
Schock-Diagnose für Dean Stoneman - der amtierende<br />
Meister der Formel 2 leidet an Hodenkrebs. Der 20-jährige<br />
Williams-Tester hat alle sportlichen Aktivitäten<br />
eingestellt und sich in ärztliche Behandlung begeben.<br />
Die Heilungschancen stehen aber gut, da sich die<br />
Krankheit noch in einem frühen Stadium befindet.<br />
Seine Pläne 2011 in der Renault World Series an den<br />
Start zu gehen, liegen allerdings vorerst auf Eis.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, red bull, indycar, lotus, citroen<br />
8 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Frederik Hackbarth, Kerstin Hasenbichler, Manuel Sperl, Mike Wiedel<br />
Lotus setzt<br />
auf den Nachwuchs<br />
Der Name Lotus schwirrt derzeit einfach durch alle Rennserien.<br />
Das Team hat sein Engagement weiter ausgeweitet und tritt 2011 in<br />
der GP2 zusammen mit ART und den Aufsteigern Jules Bianchi &<br />
Esteban Gutierrez an. Letzterer war vergangene Saison noch Meister<br />
der GP3. Auch hier wird Lotus dieses Jahr vertreten sein und sich<br />
zusätzlich noch in Amerika versuchen. Mit James Rossiter steht<br />
dafür der nächste Jungspund bereit. Der Brite soll 2011 erste<br />
Erfahrungen in der IndyCar-Sere für Lotus sammeln.<br />
Neuer Teamkollege für Loeb<br />
Sebastien Loeb muss sich 2011 warm anziehen. Mit Sebastien<br />
Ogier bekommt er einen schnellen Piloten als Teamkollegen vorgesetzt<br />
und Ogier hat keine Lust, in die Ersatzrolle von<br />
Dani Sordo als »Loeb-Helfer« zu schlüpfen. Schon im Vorfeld<br />
bäumte er sich gegen Loeb auf – mit Erfolg. Diese Saison<br />
geht Citroen einen ungewöhnlichen Weg, indem man beide Piloten<br />
frei fahren lassen will. Damit ist Loeb ab sofort nicht mehr die<br />
unumstrittene Nr. 1 im Team.<br />
Glück<br />
<br />
im Unglück<br />
Die Familie von Will Power wurde in ihrer aus -<br />
tra lischen Heimatstadt Opfer der starken Regenfälle<br />
und Überschwemmungen in Down Under. »Unser<br />
Grundstück hat etwas Schaden genommen, aber im<br />
Vergleich zu vielen Anderen sind wir glimpflich<br />
davon gekommen«, berichtete Power. Zusammen<br />
mit seinem aus Sydney stammen den Teamkollegen<br />
Ryan Briscoe versteigerte der Aussie nach dem<br />
ersten Schock signierte Fanartikel - der Erlös soll<br />
den schlimmer betroffenen Menschen helfen.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 9
Story.xxxxxxxxxxxxx<br />
Boxenstopp<br />
Alonso glänzt auf dem Eis<br />
Wenn es eisig wird in Italien, kann das nur eines bedeuten: Wrooom!<br />
Alljährlich treffen sich <strong>Ferrari</strong> und Ducati zu einem heißen Rennen auf<br />
Eis. Bei der 21. Auflage der Show-Veranstaltung in Madonna di Campiglio<br />
stand zwar Ducatis neuer Superstar Valentino Rossi im Rampenlicht.<br />
Doch bei den spannenden Duellen auf einem gefrorenen See<br />
machte letztlich Fernando Alonso die Konkurrenz nass.<br />
Ein bisschen<br />
verrückt<br />
Kurze Haare, Drei-Tage-Bart - wer schlenderte denn da ganz<br />
lässig über den roten Teppich der Fashion Week in Berlin?<br />
Kein Geringerer als Nico Rosberg mit völlig neuem Styling.<br />
Zum ersten Mal besuchte der Mercedes-Pilot das Mode-Event<br />
in der Hauptstadt. Standesgemäß in Begleitung von Topmodel<br />
Karolina Kurkova. Und wie hat es ihm zwischen Glanz und<br />
Glamour gefallen? »Es ist eine ganz andere Welt, als ich sie<br />
kenne. Ein bisschen verrückt, aber toll, dabei zu sein.«<br />
Weltmeister<br />
Kappe<br />
Zeigen Sie der Welt, wer<br />
die Nummer 1 ist, und<br />
fiebern Sie mit Sebastian<br />
Vettels WM-<br />
Kappe mit! Auf dem Schirm der<br />
Mütze ist die Unterschrift des F1-<br />
Champions von 2010 eingestickt. Zudem prangen<br />
vorne der Schriftzug »World Champion 2010« sowie die<br />
Nummer »1« und hinten ein dezentes »<strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> Racing«.<br />
Die Größe ist universell verstellbar. Der Preis beträgt<br />
€ 29,95. Mehr Infos unter: www.fanemotion.de<br />
Anzeige<br />
Fanartikel<br />
des<br />
Monats<br />
10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Robert Seiwert, Manuel Sperl, Mike Wiedel<br />
Olympia statt Formel 1<br />
Die Demorunden von Renault werden wohl die einzige<br />
F1-Action in der ewigen Stadt bleiben<br />
Formel-1-Rennen in Rom wird es in der Zukunft nicht geben. »Wenn es wirklich zu einer Entscheidung zwischen Monza und<br />
Rom kommen sollte, dann wird die Stadt zurücktreten, weil der italienische Grand Prix ganz einfach nach Monza gehört«, stellte Roms<br />
Bürgermeister Alemanno klar. Auf hochklassigen Sport will man in der heiligen Stadt allerdings nicht verzichten. Anstelle der F1<br />
liegt der Fokus auf der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2020.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, ferrari, renault, mercedes-benz<br />
Arrivederci,<br />
Luca!<br />
Nach 13 Jahren hat Luca Badoer seine Karriere<br />
als Testfahrer für <strong>Ferrari</strong> offiziell beendet.<br />
»Luca war dank seiner unerlässlichen Art ein<br />
Schlüsselelement bei vielen unserer Erfolge<br />
und das auch, ohne im Rampenlicht gestanden<br />
zu haben«, würdigte Luca di Montezemolo.<br />
Tatsächlich hielt sich Badoer meist im Hintergrund<br />
auf - er brachte es nur auf zwei GP-<br />
Einsätze für <strong>Ferrari</strong>: 2009 ersetzte er Felipe<br />
Massa nach dessen Horror-Unfall.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 11
Boxenstopp<br />
PRO & CONTRA<br />
hobbys<br />
PRO<br />
CONTRA<br />
Über das Verbot von Hobbys für Formel-1-Fahrer dürfte<br />
man doch eigentlich nur den Kopf schütteln. Sie sind nach<br />
Angaben von Organisation und eigener Vita, die verdammt<br />
‚besten Fahrer der Welt‘, die schon im Kindesalter gelernt<br />
haben, dass ihr Hobby - der <strong>Motorsport</strong> - gefährlich ist. Da<br />
darf man ihnen wohl genug Eigenverantwortung unterstellen,<br />
um ihnen Sport in der Freizeit zu zutrauen.<br />
Ein Verbot von Fahrrad fahren zum Beispiel ist völlig<br />
absurd. Nur weil Mark Webber nicht das Glück auf zwei<br />
Rädern gepachtet hat, muss man den ganzen Hobby-Triathleten<br />
der Formel 1 nicht gleich den Spaß verderben. Zudem,<br />
so viele Hobbyunfälle gab es gar nicht, sie bleiben nur Aufgrund<br />
der Außergewöhnlichkeit im Gedächtnis. Es kann<br />
immer etwas schief gehen. Den Fuß kann man sich auch mit<br />
einer Hantel brechen, verbietet man deshalb gleich das<br />
Fitnessstudio?<br />
F1-Fahrer sind dank Teampolitik sowieso schon extrem<br />
eingeschränkt. Bewusst geht niemand ein extremes Risiko<br />
ein. Laufen, Golfen, Radfahren, Fußball, Marathon, Triathlon<br />
und wer darf, Kartfahren. Keiner schlägt sich 3 Wochen<br />
durch eine Eiswüste, fährt mit einem Radteam quer durch<br />
die USA oder stürzt sich auf Ski extrem gefährliche<br />
Abfahrten hinunter. Das alles ist recht vernünftig und muss<br />
nicht noch weiter ausgebaut werden. Die Vorstellung der<br />
Teams, eine maximale Kontrolle zu erreichen, ist sowieso<br />
utopisch, dann müssten sie ihre Fahrer für die Zeit des<br />
‚Nichtgebrauchs‘ in Vakuumbehältern abstellen.<br />
Text: Jule Krause<br />
Ein Formel-1-Fahrervertrag ist bis zu 50 Seiten stark<br />
und enthält durchaus die eine oder andere Klausel, die<br />
dem Fahrer die Ausübung gefährlicher Sportarten verbietet.<br />
Dennoch scheinen die Verträge noch nicht dick<br />
genug zu sein - so manches Team dürfte über eine Erweiterung<br />
der Verbotsliste nachdenken, zum Beispiel um<br />
ein Fahrradfahrverbot.<br />
Verständlich ist es allemal, dass die Rennställe keine<br />
Lust verspüren, dabei zuzusehen, wie ihre teuren Stars<br />
die Gesundheit unnötig aufs Spiel setzen. Das mag paradox<br />
klingen, wenn man alle vierzehn Tage in einem Rennauto<br />
mit über 300 Sachen herumrast, doch im Monocoque<br />
sind die Fahrer sicherer als auf zwei Rädern, wie die<br />
beiden Radunfälle von Mark Webber beweisen.<br />
Es muss ja nicht gleich Fallschirmspringen sein, was<br />
Michael Schumacher sogar offiziell als eines seiner Hobbys<br />
angibt - auch Tennis kann gefährlich sein, wenn man dabei<br />
auf einem Motocross-Bike sitzt. Nachzufragen bei Juan<br />
Pablo Montoya. Auch die Teilnahme an Extremwettkämpfen<br />
wie der Tasmania Challenge könnte unter Umständen<br />
nicht im Sinne des Erfinders sein - denn alles abseits der<br />
Fahrradabschnitte klingt noch viel gefährlicher.<br />
Noch schlimmer als sich wie Montoya über die Verbote<br />
des Arbeitgebers hinwegzusetzen, ist es jedoch, eine Verletzung<br />
zu verschweigen und sie dann hinterher unüberlegt<br />
in einem Buch doch hinauszuposaunen...<br />
Text: Stephan Heublein<br />
Foto: ferrari<br />
12 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Boxenstopp<br />
Boxenspion<br />
An jedem Rennwochenende strömen unsere <strong>Red</strong>akteure<br />
in den Fahrerlagern von Formel 1, MotoGP, DTM & Co aus.<br />
dabei schnappen sie jede menge witzige anekdoten auf.<br />
14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Egal ob MotoGP, WRC, DTM oder Formel 1: Mit unserer Website <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
sind Sie immer über die neuesten Ereignisse und Ergebnisse aus der <strong>Motorsport</strong>welt informiert -<br />
in Wort, Bild und Ton. Am besten gleich ansurfen: www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
Life Through<br />
The Lens<br />
Mark Sutton<br />
Das Saisonfinale in Abu Dhabi war der<br />
in die Luft. Sie versuchten, ein Fotoshooting<br />
Kaum hatte sich die WM-Party beruhigt,<br />
perfekte Weg, um das Jahr zu beenden.<br />
zu machen, aber alles war außer Kontrolle.<br />
verließ ich die Strecke und ging mit zwei<br />
Der Tag und die Nacht waren eine einzige<br />
Also dirigierte ich die Leute und schickte<br />
Freunden zum Prince Konzert. Ich bin kein<br />
Achterbahnfahrt, aber eine sehr schöne,<br />
die Fotografen zurück, wo sie hingehörten<br />
besonderer Fan von ihm, aber der Auftritt<br />
die mir fantastische Fotos und ein paar<br />
- aber niemand hörte auf mich. Ich musste<br />
war fantastisch. Im VIP-Bereich trafen wir<br />
unvergessliche Geschichten bescherte.<br />
eine Absperrung holen, um das Team von<br />
Tonio Liuzzi, Giancarlo Fisichella, Nick Heid-<br />
den Fotografen zu trennen. Das Team und<br />
feld und viele andere F1-Leute. Als Prince<br />
Im Fahrerlager schlugen die Emotionen<br />
die offiziellen Fotografen taten nichts der-<br />
nach 20 Minuten die Bühne verließ, leerte<br />
hoch, aber natürlich nirgends so sehr wie<br />
sich der VIP-Bereich. Doch er kam mit<br />
bei <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong>, wo alle völlig austickten. Als<br />
Sebastian Vettel in die Box zurückkehrte,<br />
herrschte pures Chaos. Alle wollten etwas<br />
von ihm haben. Per Zufall stand ich in der<br />
ersten Reihe der Fotografenmeute - das<br />
Ergebnis: Ich wurde mit Champagner<br />
durchtränkt. Ich machte ein Foto, bei dem<br />
der Champagner Sebastian das Gesicht<br />
Plötzlich stand ich mitten<br />
auf der Bühne und hatte ein<br />
Meer von 30.000 Menschen<br />
vor mir. Ich tanzte mit Prince<br />
und eine der gröSSten<br />
Zuschauermassen, die ich je<br />
gesehen hatte, sah dabei zu!<br />
einem anderen Kostüm zurück und lud die<br />
Leute zu sich auf die Bühne ein. Im nächsten<br />
Moment kletterten wir nach oben. Ein<br />
Typ winkte ab: »Nein, nein, nein, du darfst<br />
hier nicht rauf.« Aber ich zeigte meinen<br />
F1-Pass und dann ließ er mich durch. Plötzlich<br />
stand ich mitten auf der Bühne und<br />
hatte ein Meer von 30.000 Menschen vor<br />
herunter läuft und ich stand nur wenige<br />
mir. Ich tanzte mit Prince und eine der größ-<br />
Zentimeter neben ihm und sah ähnlich aus.<br />
gleichen, also musste jemand durchgreifen<br />
ten Zuschauermassen, die ich je gesehen<br />
Die Emotionen übermannten alle und ich<br />
– und so bekamen wir unser Foto.<br />
hatte, sah dabei zu! Ein, zwei Songs später<br />
musste ihn sogar zurückschieben, weil er<br />
Das gesamte Team trug Weltmeister<br />
kamen auch Nicole Scher zinger und Lewis<br />
zu nah herankam, sodass das Objektiv ihn<br />
T-Shirts mit Sebs Namen drauf. Ich ver-<br />
Hamilton dazu. Ich fragte mich nur: Was zur<br />
nicht mehr fokussieren konnte. Ich musste<br />
mutete, dass es auch welche mit Mark<br />
Hölle mache ich hier? Es war das perfekte<br />
ihn herumschubsen, um ihn in die richtige<br />
Webbers Namen geben müsste. Also<br />
Ende für eine brillante Saison.<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
Position für ein Foto zu bekommen, aber<br />
ich glaube, er hat das nicht bemerkt, weil<br />
jeder jeden herumschubste – es war<br />
Wahnsinn. Überall schoss der Champagner<br />
schickte ich jemanden herum, der die<br />
Mülltonnen durchwühlen sollte. So ein<br />
Webber WM-Shirt hätte ziemlich viel Geld<br />
gebracht, aber leider gingen wir leer aus.<br />
Mehr Bilder von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>-<br />
Fotograf Mark Sutton gibt es in unseren<br />
Online-Bildergalerien unter<br />
www.motorsport-magazin.com/goto/bilder/<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 15
Kolumne.börner<br />
toni börner<br />
»Valentino Rossi ist<br />
nicht dumm«<br />
Der Doktor ist jetzt ein Roter: Die Fans erwarten<br />
schon im ersten Jahr weitere Erfolge...<br />
Was soll da noch kommen? Das<br />
haben sich wohl einige gefragt,<br />
als sie den Rummel um die Präsentation<br />
von Ducati und <strong>Ferrari</strong><br />
bei Wrooom 2011 in Madonna di<br />
Campiglio mitbekommen haben. Valentino Rossi<br />
auf Ducati. Ein Italiener auf einem italienischen<br />
Motorrad. "Endlich!" – dachten nicht nur die<br />
Tifosi, sondern auch viele begeisterte Rennsportfans.<br />
Ducati gilt als die Premium-Marke im Zweiradsegment<br />
und zum neunfachen Weltmeister<br />
Rossi bedarf es keinerlei Worte. Doch wie wird<br />
die "Traumhochzeit" ausgehen? Keiner weiß es<br />
momentan so genau. Rossi behauptet, er habe<br />
immer noch Probleme mit seiner Schulter. Kritiker<br />
sagen: Ein Vorwand. Fans behaupten: Na<br />
klar! Es wird sicher von beidem etwas dabei sein.<br />
Sicher hat Rossi gerade erst eine OP hinter sich<br />
und dabei stellte sich heraus, dass alles noch<br />
etwas schlimmer war, als gedacht. Die Natur<br />
benötigt Zeit, um Wunden zu heilen. Das ist ganz<br />
klar. Aber dennoch könnte es zum Vorwand der<br />
Saison werden – wenn ihm nicht der große Wurf<br />
mit der Desmosedici gelingt, dann ist eben die<br />
Schulter das Problem und an allem schuld.<br />
Rossi ist neben seinem Hauptberuf als Motorradrennfahrer<br />
auch ein ausgezeichneter Entertainer<br />
– und schon gar nicht doof. Er weiß – da<br />
kann er die Erwartungen dämpfen, wie er will –,<br />
dass die Welt von ihm schon 2011 Großes erwartet.<br />
Er weiß, dass die Fans sich an Welkom 2004<br />
und den ersten Sieg im ersten Rennen auf<br />
Yamaha erinnern. Und er weiß auch, dass alle<br />
optimistisch nach Katar blicken, dass er dieses<br />
Kunststück dort wiederholt. Aber dieses Mal<br />
sprechen einige Dinge dagegen - und auch das<br />
weiß Rossi, aber auch die Fans und Experten<br />
wissen es. Aber sie wollen es nicht wahrhaben.<br />
Die Zeiten haben sich geändert. Anfang des Millenniums<br />
gab es noch keine Testverbote und<br />
keine Einheitsreifen. Da flogen Michelin-Techniker<br />
nach den Trainings einmal kurzerhand<br />
zurück nach Frankreich, um passende Reifen<br />
für die Superstars herzustellen und pünktlich<br />
zum Rennen wieder auf der Matte zu stehen.<br />
Was sich aber nicht geändert hat, ist, dass Rossi<br />
eine Mannschaft hinter sich hat, die bedingungslos<br />
hinter ihm und zu seinen Forderungen steht.<br />
Aber mit nur drei Tests wird es eben schwer. Und<br />
das weiß Rossi.<br />
Rossi ist nicht dumm. Er weiß ganz genau, dass<br />
es schwierig sein wird, in Katar überhaupt auf das<br />
Podest zu fahren, geschweige denn zu siegen.<br />
Aber er ist auch nach wie vor ehrgeizig - genau<br />
wie Ducati als Werk und die Truppe um Jeremy<br />
Burgess, die wieder mit dem Italiener mitgezogen<br />
ist. Genau das könnte das Zünglein an der Waage<br />
werden, damit Rossi eben doch schneller als<br />
erwartet mit der Ducati ganz vorne mitmischt.<br />
Wünschen wird er sich das ganz sicher, aber er<br />
ist auch realistisch genug, um zu wissen, dass mit<br />
drei Tests nicht die Welt einzureißen ist.<br />
Außerdem steht nach wie vor ein Fakt im Raum:<br />
Bislang, in der 800er-Ära, konnte nur Casey Stoner<br />
die rote Diva zähmen. Nur er war auf dem Gerät<br />
schnell. Alle anderen scheiterten mehr oder minder.<br />
Loris Capirossi brach ein, Marco Melandri verlor<br />
die Lust. Nicky Hayden kämpfte sich durch und<br />
fuhr wenigstens mal aufs Podest. Aber ein konstanter<br />
Spitzenkandidat war er auch in seinem zweiten<br />
Jahr beim Werk aus Bologna nicht. 2011 könnte<br />
das anders werden - er geht in seine dritte Saison<br />
und wird sicher auch von der Erfahrung Rossis<br />
profitieren, wenngleich der zunächst von Hayden<br />
etwas über die Ducati lernen möchte.<br />
Fotos: milagro, Yamaha<br />
16 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Paddock-Zitate<br />
Moderne Rennfahrer sind wie Kassettenrekorder - wer die nicht mehr kennt: das sind altmodische<br />
mp3-Player. Zum Glück antworten nicht alle Piloten ausschließlich mit vorgefertigten Phrasen...<br />
»Wir waren gerade dabei, die<br />
Maschine vor dem Mittagessen<br />
anzulassen und JB [Crewchief<br />
Jeremy Burgess] sagte: 'Warte!<br />
Wenn sie nicht startet, können<br />
wir nicht essen!' Deswegen verdient<br />
er die groSSen Scheine...«<br />
Valentino Rossis Mechaniker Alex Briggs verrät,<br />
warum Jeremy Burgess und nicht er Crewchief ist<br />
»Als Japaner habe ich sehr<br />
schmale Augen – ich sehe die<br />
anderen nicht.«<br />
Kamui Kobayashi verrät sein "Geheimrezept",<br />
warum er so gut überholt<br />
»Das einzige Buch, das ich in der<br />
Zeit gelesen habe, war der Shell-<br />
Atlas und das auch nur, bis die Navi-<br />
Systeme ins Auto kamen.«<br />
Der scheidende BMW-<strong>Motorsport</strong>direktor<br />
Mario Theissen freut sich auf mehr Freizeit<br />
»Ich bin der Erste, der auf der Couch<br />
einschläft, weil ich nicht so viel esse.<br />
Nur einmal im Jahr esse, esse und<br />
esse ich. Dann ist mein Körper in einem<br />
Schock-Zustand und verabschiedet sich.<br />
Natürlich gibt es dazu auch einige Bier...«<br />
Colin Edwards<br />
»Auf der Bühne waren drei<br />
Tänzer und sie fragten mich,<br />
ob ich nicht mitmachen wolle.<br />
Unglücklicher weise tat ich es...«<br />
Jorge Lorenzo entpuppte sich bei seinem Besuch<br />
in Indonesien als Tanzbär<br />
»Lustig: Mein erstes Meeting heute<br />
Morgen in Bangkok fand im Lotus-<br />
Raum statt. Ob Dany [Bahar] versuchen<br />
wird, diesen zu sponsern?«<br />
Team Lotus Teamboss Tony Fernandes teilt gegen die Lotus Gruppe<br />
als Titelsponsor von Lotus Renault GP aus<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 17
Kolumne.Hasenbichler<br />
Kerstin Hasenbichler<br />
»Rosberg – wirklich<br />
alles neu oder<br />
noch der Alte?«<br />
Alt und neu: Nico Rosberg hat sich im Winter<br />
einen neuen Look zugelegt. Es zählt aber nur sein Speed...<br />
Die langen, blonden Haare sind einer<br />
coolen Strubbelfrisur gewichen, statt<br />
Babyface trägt Nico Rosberg jetzt lässig<br />
Dreitagebart. Aber nicht nur sein<br />
Äußeres zeigt: Rosberg ist erwachsener,<br />
reifer, selbstbewusster geworden, sondern<br />
auch seine Aussagen lassen erahnen, dass<br />
Zurückhaltung nicht mehr sein Credo ist. Der<br />
Deutsche hat keine Angst mehr vor einem großen<br />
Namen wie Michael Schumacher, dafür hat er<br />
2010 zu gut im Vergleich zum siebenfachen<br />
Champion ausgesehen. »Das war sehr wichtig<br />
für mich und meine Karriere«, erklärte Rosberg.<br />
Der Deutsche weiß, dass er mit seiner Performance<br />
trotz des schwachen MGP W01 alle Zweifler<br />
eines Besseren belehrt hat. Kein Wunder, dass<br />
der Mercedes GP-Pilot aktuell nur so vor Selbstbewusstsein<br />
strotzt: »Ich bin jetzt besser beim<br />
Entwickeln des Setups, beim Verständnis der<br />
Elektronik, in meinem Fahrstil, den Möglichkeiten,<br />
die eine unterschiedliche Linienwahl<br />
bietet, setze mich mit all dem gedanklich stärker<br />
auseinander. Rein fahrerisch brauchte ich mich<br />
gar nicht so zu verbessern.« Rosberg geht mit<br />
breiter Brust in die neue Saison und macht sogar<br />
eine Kampfansage in Richtung Champion Sebastian<br />
Vettel. »Ich werde dahin kommen, wo Vettel<br />
jetzt ist! Daran glaube ich fest, das treibt mich<br />
an«, stellt er klar. Doch was steckt wirklich hinter<br />
dem neuen Selbstbewusstsein? Ist er wirklich ein<br />
neuer Nico Rosberg oder reiht er sich mit seinen<br />
Aussagen nur in die lange Liste der Kampfansagen<br />
seiner Kollegen ein? So hört man von Rubens<br />
Barrichello jedes Jahr die gleiche Leier: »Ich will<br />
dieses Jahr Weltmeister werden!« Bisher scheiterte<br />
das WM-Unterfangen des Brasilianers,<br />
dennoch gibt er nicht auf. »Ich bin in dem Team,<br />
für das ich immer fahren wollte, in einer Umgebung,<br />
in der ich mich sehr wohl fühle, in der ich<br />
geschätzt werde - und ich fahre besser denn je.<br />
Es könnte ein gutes Jahr werden, etwas Brillantes<br />
könnte passieren«, ist der Williams-Pilot fest<br />
überzeugt. Aber nicht nur der Brasilianer lehnt<br />
sich mit seiner Kampfansage 2011 weit aus dem<br />
Fenster, auch Felipe Massa will mit Hilfe der<br />
neuen Pirelli-Reifen Fernando Alonso das Fürchten<br />
lehren. »Man startet jedes Jahr wieder bei<br />
null. Ich weiß, was ich kann. Ich habe das schon<br />
bewiesen«, tönte der <strong>Ferrari</strong>-Pilot. Dabei scheint<br />
Massa zu vergessen, wen er als Teamkollegen an<br />
seiner Seite hat. Es darf durchaus bezweifelt werden,<br />
dass der Brasilianer Alonso den Nr.-1-Status<br />
im Team abluchsen kann. Wahrscheinlicher ist<br />
dafür, dass Lewis Hamilton dieses Jahr wieder<br />
um den Titel mitkämpfen wird. Zwar posaunte<br />
der Brite seine Kampfansage nicht selbst in die<br />
Welt hinaus, dafür tat es sein Teamchef Martin<br />
Whitmarsh. Whitmarsh stellte klar, dass Hamilton<br />
seine persönlichen Probleme aus dem Vorjahr<br />
überwunden hat und mit neuer Entschlossenheit<br />
in die Saison geht. »Wir alle wissen, dass<br />
er ein Superstar ist«, sagt der <strong>McLaren</strong>-Teamchef.<br />
Doch Worte machen einen Piloten noch lange<br />
nicht zum Champion. 2011 müssen Rosberg,<br />
Hamilton & Co. ihren Worten Taten folgen lassen.<br />
Zumindest Rosberg hat bereits einen Mann<br />
von sich überzeugt: Luca di Montezemolo. »Rosberg<br />
ist intelligent und schnell - ständig schneller<br />
als Michael Schumacher zu sein, ist der beste<br />
Beweis. Rosberg ist sicher einer der Besten aus<br />
der neuen Generation«, lobte der <strong>Ferrari</strong>-Präsident.<br />
Dem pflichtete Norbert Haug bei: »Nico ist<br />
einer der Schnellsten im Feld, vielleicht ist er der<br />
Allerschnellste.« Ob er tatsächlich der Beste von<br />
allen ist, wird sich auf der Strecke zeigen.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz, ford<br />
18 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
IM VERGLEICH<br />
Gute, alte Handarbeit:<br />
Mikko Hirvonen muss<br />
noch selbst zum<br />
Werkzeug greifen<br />
Fliegender Wechsel?<br />
Felipe Massa fährt seine Box an, bremst auf den Zentimeter genau am richtigen Punkt und schon beginnt die perfekt<br />
einstudierte Choreographie des Reifenwechsels - drei Mechaniker pro Rad sorgen für Bestzeiten zwischen drei und vier<br />
Sekunden pro Boxenstopp. Davon können Rallye-Piloten nur träumen. Dakar-Sieger Nasser Al-Attiyah und sein<br />
Co-Pilot Thomas Gottschalk haben eine Bestzeit von knapp über 1:15 Min. - allerdings ganz alleine ohne Hilfe einer Boxencrew.<br />
Massa fährt in dieser Zeit auf den meisten Strecken schon wieder eine komplette Runde. Einen Reifen wechseln könnte<br />
er alleine aber nicht: Schließlich kann er sich hinterher weder alleine anschnallen, noch das Auto anlassen...<br />
Auf geht‘s, Jungs:<br />
Felipe Massa lässt die<br />
Reifen wechseln
Kolumne.Heublein<br />
Stephan Heublein<br />
»In der Formel 1<br />
geht es nur um das<br />
Finanzielle«<br />
In der Vergangenheit lieferten Paydriver nicht immer nur<br />
Geldkoffer ab, manchmal war auch Schrott dabei....<br />
Die Formel 1 hat viele Stars, Helden und<br />
Legenden hervorgebracht. Zsolt<br />
Baumgartner, Alex Yoong und Pedro<br />
Diniz zählen gewiss nicht dazu. Dennoch<br />
sind sie uns im Gedächtnis haften<br />
geblieben. Auch sie lassen sich in eine<br />
bestimmte Schublade einordnen, wobei deren<br />
Beschriftung weniger vorteilhaft klingt: Paydriver.<br />
Im Gegensatz zu den eingangs erwähnten<br />
Superstars sammelten sie nicht Siege, Titel und<br />
Rekorde, sondern verteilten vielmehr das Geld<br />
ihrer Familien und Sponsoren großzügig im<br />
Fahrerlager. Sie waren bei Leibe nicht abgrundtief<br />
schlecht, aber sie waren auch alles andere als<br />
Überflieger. Gekoppelt mit unterfinanzierten<br />
Teams, schlechten Autos und nahezu keiner<br />
Erfahrung war das Unterfangen Formel 1 für sie<br />
von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Sie probierten<br />
es trotzdem, was einen gewissen Respekt<br />
verdient. Dennoch vermisste sie niemand, als sie<br />
sich einer nach dem anderen klammheimlich aus<br />
dem Starterfeld verabschiedeten und die Spezies<br />
des Bezahlfahrers vor einigen Jahren als nahezu<br />
ausgestorben angesehen wurde. Doch was den<br />
Dinosauriern nur in digitaler Form auf Spielbergs<br />
Kinoleinwand gelang, haben die Paydriver ohne<br />
cgi-Tricks und DNS-Rekonstruktion in der<br />
realen Welt geschafft: Sie sind wieder da! »In den<br />
letzten Jahren hat sich in der Formel 1 eine hässliche<br />
Wendung vollzogen«, zeigte sich Jarno<br />
Trulli davon wenig angetan. Verträge seien<br />
immer weniger wert. Das einzige, was wirklich<br />
zähle, sei das liebe Geld - am besten ganz viel<br />
davon. »Als ich anfing, war die Qualität sehr<br />
hoch, denn jeder Hersteller versuchte, Siegfahrer<br />
zu haben.« Sein enttäuschtes Fazit: »Geld ist<br />
heute mehr wert als Talent.« Genau genommen<br />
trifft Trulli damit den Kern des Problems, denn<br />
wenn der Pole-Mann des Brasilien GP (Nico<br />
Hülkenberg) nur noch ein Testcockpit abbekommt<br />
und wenn einer der erfahrensten<br />
F1-Piloten (Nick Heidfeld) zum zweiten Mal<br />
hintereinander leer ausgeht, kann mit dem<br />
System etwas nicht stimmen - jedenfalls so lange<br />
stattdessen Cockpits nach der Höhe der Mitgift<br />
vergeben werden. Doch mit einem Punkt liegt<br />
Trulli falsch: Früher war nicht alles besser. Auch<br />
in seiner Anfangszeit gab es schon Paydriver,<br />
selbst viele Jahre vor Trullis Karrierebeginn war<br />
das so. »Es gibt Paydriver, seit es <strong>Motorsport</strong> gibt,<br />
überall«, sagt Colin Kolles. Der HRT-Teamchef<br />
kann das Wort Paydriver und die Diskussion<br />
darum nicht mehr hören. »Das ist immer so eine<br />
dämliche Frage«, sagt er dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
in seiner gewohnt direkten Art. Jeder Fahrer<br />
müsse Geld mitbringen - egal ob bei Sauber, Williams,<br />
Force India oder eben HRT. »In der Formel<br />
1 geht es nur um das Finanzielle.« Knallharte,<br />
aber wahre Worte. Wenn ein Team die Rechnungen<br />
nicht mehr bezahlen und die Mitarbeiter<br />
nicht mehr entlohnen kann, helfen selbst die<br />
talentiertesten Piloten nicht weiter. »Ein Team<br />
fährt ja nicht mit Luft«, betont Kolles. Demnach<br />
ist es nachzuvollziehen, dass HRT und Virgin auf<br />
Fahrer setzen, die Geld mitbringen. Ob dies bei<br />
Williams und dem ehemaligen Renault-Werksteam<br />
wirklich notwendig ist, steht auf einem anderen<br />
Blatt. Gerade Renault hätte 2010 einige Punkte<br />
mehr sammeln und Mercedes GP in der Konstrukteurswertung<br />
schlagen können, wenn Robert<br />
Kubica einen gleichwertigen Teamkollegen gehabt<br />
hätte. Die verlockende Aussicht auf ein Stückchen<br />
vom russischen Sponsorenkuchen war ihnen aber<br />
offensichtlich wichtiger. Paydriver plus Legende?<br />
Man kann eben nicht alles haben.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, red bull<br />
20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
formel 1<br />
Konfettiregen am Brandenburger Tor:<br />
Ja ist denn schon wieder Silvester?<br />
Umfrage<br />
Sind Überholhilfen wie KERS & der<br />
verstellbare Heckflügel gut?<br />
Es wird sich dadurch nichts verändern 35%<br />
Nein, sie nehmen die Spannung weg 33%<br />
Ja, sie sorgen für Überholmanöver 32%<br />
Leser-Umfrage auf www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
»Mit Lotus ist es wie mit<br />
Bussen: Erst wartet man ewig<br />
darauf und dann kommen<br />
plötzlich zwei auf einmal.«<br />
Technikchef Mike Gascoyne nimmt die Verwirrung um sein Team Lotus<br />
und Lotus Renault GP mit Humor<br />
Kommentar: Schwerer Schlag fürs Ego<br />
Alljährlich läuten <strong>Ferrari</strong> und Ducati auf Skiern die neue Saison ein. Dieses Jahr waren alle Augen auf Ducati-Neuling<br />
Valentino Rossi gerichtet. Der MotoGP-Superstar präsentierte sich beim traditionellen Ski-Event Wroom im<br />
italienischen Madonna di Campiglio erstmals in der Farbe Rot und zog damit alle Kamerablitze auf sich. Für <strong>Ferrari</strong>-<br />
Star und Doppelweltmeister Fernando Alonso war es eine völlig neue Erfahrung, einmal nicht die Nummer 1 zu sein<br />
und im Mittelpunkt zu stehen. Selbst seine Siege beim Ice-Rennen brachten dem Spanier nicht die gewünschte<br />
Aufmerksamkeit - armer Fernando! Kerstin Hasenbichler<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 21
slideshow.formel1<br />
formel 1<br />
erbe einer legende<br />
Der neue Mercedes ist erst der vierte Silberpfeil eines Werksteams in der<br />
Formel 1: Im letzten Jahr startete Mercedes GP mit dem MGP W01, 1954<br />
und 1955 ging der W196 an den Start, und zwar erfolgreich: 17 Podiums,<br />
9 Siege, 9 schnellste Rennrunden, 8 Pole Positions und 2 WM-Titel.<br />
Foto: mercedes gp
story.Saison.2011<br />
Vorsicht<br />
Explosionsgefahr!<br />
Fünf Titelanwärter, drei siegfähige Teams und ein deutscher<br />
Überraschungsweltmeister - die Saison 2010 war eine der spannendsten<br />
in 60 Jahren Formel 1. Aber es geht noch besser:<br />
Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> nennt 13 Gründe für eine explosive Saison 2011.<br />
Text: Stephan Heublein<br />
24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
1<br />
Bestes Fahrerfeld<br />
aller Zeiten<br />
Wer ist der beste Pilot aller Zeiten? Das ist die<br />
Stammtischfrage schlechthin - sie wird überall<br />
diskutiert und wohl niemals gänzlich geklärt werden.<br />
Trotzdem kommen wir in dieser Saison einer<br />
Lösung des Problems einen Schritt näher: Noch<br />
nie standen so viele Toppiloten gleichzeitig in der<br />
Startaufstellung. Erst zum dritten Mal in der<br />
60-jährigen Geschichte der Königsklasse des<br />
<strong>Motorsport</strong>s gehen in einer Saison fünf F1-Weltmeister<br />
an den Start. Das letzte Mal war das vor<br />
über 40 Jahren der Fall. Damals kämpften in der<br />
Saison 1970 Graham Hill, Denny Hulme, Jack<br />
Brabham, John Surtees und Jackie Stewart gegeneinander.<br />
Bereits zwei Jahre zuvor waren 1968 mit<br />
Hill, Surtees, Brabham, Hulme und Jim Clark fünf<br />
Champions am Start. Fünf Weltmeister sind 2011<br />
aber nicht genug: Zu den Champions Michael<br />
Schumacher, Fernando Alonso, Lewis Hamilton,<br />
Jenson Button und Sebastian Vettel gesellen sich<br />
mit Felipe Massa, Rubens Barrichello, Mark Webber,<br />
Jarno Trulli, Robert Kubica und Heikki Kovalainen<br />
sechs weitere GP-Sieger, sowie potenzielle<br />
Gewinner wie Nico Rosberg. Fünf Weltmeister,<br />
elf GP-Sieger - für Jackie Stewart steht fest: »Es ist<br />
das beste Feld aller Zeiten.« Für ihn sind Vettel &<br />
Co sogar auf dem gleichen Niveau wie Clark, Hill<br />
und Brabham. »Sie haben das gleiche Verlangen,<br />
den gleichen Willen, die gleiche Hingabe und das<br />
gleiche Talent. 2010 war ein tolles Jahr, aber 2011,<br />
weil die gleichen Leute noch mehr Erfahrung<br />
haben, wird ein noch besseres Jahr.«<br />
Verstellbarer Heckflügel<br />
PRO<br />
»Mit den Flügeln wird die Show verbessert<br />
- aber es ist auch eine ganz neue Ära. Da<br />
muss man immer erst experimentieren und<br />
üben, um das Maximum herauszuholen.«<br />
Fernando Alonso<br />
CONTRA<br />
»Ich hoffe, dass es nicht zu künstlich wird,<br />
weil die Fahrer bis zur letzten Runde<br />
warten und wünschen, dass sie hinter dem<br />
Führenden liegen.«<br />
Christian Horner<br />
skeptisch«, sagt Stefano Domenicali. Er ist sich<br />
nicht sicher, ob die Zweikämpfe dadurch spannender<br />
oder nur vorhersehbarer werden. Auch<br />
Pat Symonds hat Bedenken: »Auf der letzten<br />
Runde wird man immer lieber hinten als vorne<br />
liegen, weil man die Position sonst wohl sicher<br />
verlieren wird.« Das werde einen gehörigen<br />
Einfluss auf die Rennstrategie haben. Zudem<br />
dürfe es auch nicht zu viele Überholmanöver<br />
geben: Ȇberholen sollte nicht zu einfach sein.<br />
Es sollte wie ein Tor im Fußball sein, nicht wie<br />
ein Korb im Basketball.« Eine ganz andere<br />
Gefahr wittert <strong>Ferrari</strong>-Technikchef Aldo Costa.<br />
Er befürchtet, dass die Fahrer mit KERS und<br />
dem verstellbaren Heckflügelflap in Extremsituationen,<br />
etwa bei Regenrennen mit schlechter<br />
Sicht, überfordert sein könnten. Nico Rosberg<br />
bestätigt: »Das ist echt nicht ohne.« Übrigens:<br />
Nur der Hintermann darf den Flügeltrick verwenden,<br />
der Vordermann kann nicht kontern.<br />
Ganz wehrlos ist er allerdings nicht. Nach einem<br />
Jahr freiwilliger Pause kehrt KERS zurück,<br />
obwohl nicht bei allen Teams. Das Energierückgewinnungssystem<br />
stellt dem Fahrer für 6,6<br />
Sekunden pro Runde 80 zusätzliche PS zur Verfügung.<br />
Es heißt also KERS gegen Heckflügel!<br />
3<br />
Frisches Blut<br />
Viel wurde über die neuen Fahrer diskutiert. Sind<br />
sie nur Paydriver? Zumindest Pastor Maldonado<br />
und Sergio Perez dürfen darauf verweisen, dass<br />
sie als Meister und Vizemeister der GP2 durchaus<br />
namhafte Vorgänger haben. Jerome d‘Ambrosio<br />
dürfte es schwerer fallen, seinen Aufstieg mit<br />
Leistung zu begründen. Nichtsdestotrotz tut eine<br />
gewisse Blutauffrischung gut - und auf der<br />
Ersatzbank lauern genügend erfahrene Piloten<br />
wie Nico Hülkenberg, Nick Heidfeld und Pedro<br />
de la Rosa, die im Laufe der Saison als Feuerwehrmann<br />
eingewechselt werden könnten. Das<br />
hat Sauber im letzten Jahr bestätigt. Dieses Jahr<br />
setzen die Schweizer gleich auf zwei junge Wilde:<br />
Einen der besten Überholer im Feld, Kamui<br />
Kobayashi, und eben Rookie Perez. Das muss<br />
nicht schief gehen: 2001 erzielte Sauber sein<br />
bestes Ergebnis als Privatteam mit dem blutjungen<br />
Duo Heidfeld und Kimi Räikkönen. Die<br />
Etablierten sollten sich also nicht zu sehr in<br />
Sicherheit wiegen...<br />
→<br />
Fotos: adrivo / sutton<br />
2<br />
Überhol-Offensive<br />
Einfach haben es die besten Piloten der Welt in<br />
diesem Jahr nicht. Rubens Barrichello ahnte<br />
schon im Winter nichts Gutes: »Es wird verdammt<br />
hart, so viele verschiedene Knöpfe zu<br />
drücken!« Recht hat er: Neben den üblichen<br />
Verstellmöglichkeiten für das Setup gibt es 2011<br />
zwei wichtige Neuerungen am Lenkrad: Der<br />
KERS-Knopf ist zurück und der Heckflügel darf<br />
ab sofort flacher gestellt werden, um besser zu<br />
überholen! Der Gedanke dahinter: Liegt ein<br />
Fahrer weniger als eine Sekunde hinter seinem<br />
Vordermann, darf er in vordefinierten Streckenabschnitten<br />
seinen Heckflügel flacher stellen.<br />
Auf welchen Streckenteilen das erlaubt ist, legt<br />
die FIA fest. Sobald der Fahrer auf die Bremse<br />
steigt, stellt sich der Flügel wieder steil. Das soll<br />
auch bei einem Defekt der Fall sein - so wird<br />
die Gefahr von unerwartet fehlendem Abtrieb<br />
in der Kurve minimiert. »Ich bin noch etwas<br />
Aufgepasst, Formel 1: In der Saison 2011 greifen einige junge Wilde aus der GP2 an -<br />
Pastor Maldonado und Sergio Perez ließen es letztes Jahr gerne mal krachen
story.Saison.2011<br />
4<br />
Lotus-Rivalität<br />
Der Kampf an der Spitze wird erbittert<br />
gefochten. Jahrelang wagten es <strong>McLaren</strong> und<br />
<strong>Ferrari</strong> noch nicht einmal, den Namen des<br />
»härtesten Rivalen« in den Mund zu nehmen.<br />
Doch jetzt scheint es ein noch härteres<br />
Duell zu geben: Team Lotus Renault gegen<br />
Lotus Renault GP. Der ausufernde Namensstreit<br />
zwischen dem ehemaligen Renault-<br />
Werksteam und dem letztjährigen Lotus<br />
Racing Team beschert der Formel 1 nicht<br />
nur zwei Autos, die nahezu identisch heißen,<br />
sondern auch zwei neue Erzfeinde. »Gegen<br />
Ende des Jahres möchten wir ein Team wie<br />
Renault schlagen - und ich glaube, dass wir<br />
das schaffen können«, kündigt Mike Gascoyne<br />
an. Team Lotus habe aus der verweigerten<br />
Lizenz seitens der Lotus Gruppe und<br />
dem Einstieg selbiger als Titelsponsor bei<br />
Renault sogar eine Zusatzmotivation gezogen.<br />
Auf der anderen Seite denkt sich Robert<br />
Kubica gar nicht mit Team Lotus herum, er<br />
hat andere Ziele: »Teamchef Eric Boullier<br />
hat bereits gesagt, dass wir dieses Jahr um<br />
Siege mitkämpfen wollen - und das ist genau<br />
das, was ich auch will.«<br />
5<br />
Angriff der neuen<br />
Teams<br />
Im ersten Jahr sind sie nur hinterhergefahren, im zweiten<br />
Jahr wollen sie die Lücke zum Mittelfeld schließen.<br />
Die drei Neulinge HRT, Virgin und Team Lotus müssen<br />
in dieser Saison bessere Ergebnisse abliefern - nicht nur,<br />
um es sich selbst zu beweisen, sondern auch, weil die<br />
107%-Regel wieder da ist. Sollte ein Fahrer im Q1 langsamer<br />
sein als 107% der Bestzeit, darf er nicht am Rennen<br />
teilnehmen. Jarno Trulli hat davor keine Angst, er<br />
hat sich viel höhere Ziele gesetzt: »Ich werde den Kampf<br />
im Mittelfeld genießen und manchmal auch bessere<br />
Platzierungen holen - vielleicht sogar eine kleine Überraschung<br />
sein«, ist er überzeugt. Der Italiener möchte<br />
mit Team Lotus bei jedem Rennen um Punkte fahren,<br />
gegen Toro Rosso, Sauber, Force India und Williams<br />
kämpfen. »In diesem Jahr hat das Auto ein zeitgemäßes<br />
Design«, sagt Mike Gascoyne, der 2010 noch viele Kompromisse<br />
eingehen musste, weil ihm die Entwicklungszeit<br />
fehlte. »Das Auto wird ein Mittelfeldauto. Es ist ein<br />
modernes F1-Auto.« Die Kampfansage steht.<br />
Fotos: adrivo / sutton, Team Lotus<br />
26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
6<br />
Knallharte Linie<br />
Fünf Weltmeister, elf GP-Sieger, KERS, der verstellbare<br />
Heckflügel - die Saison 2011 scheint das<br />
perfekte Rezept für packende Zweikämpfe zu<br />
besitzen. Doch aufgepasst: Die Rennkommissare<br />
greifen in diesem Jahr härter durch. Kam Michael<br />
Schumacher für sein Abdrängmanöver gegen<br />
Rubens Barrichello in Ungarn 2010 noch mit<br />
einer Strafversetzung davon, drohen bei einer<br />
Wiederholung 2011 härtere Strafen - von einer<br />
Zeitstrafe über einen Ausschluss aus dem Ergebnis<br />
bis zu einer Rennsperre. Gleichzeitig verankerte<br />
die FIA das Zickzickfahren, also einen<br />
mehrfachen Linienwechsel, als Vergehen im<br />
Regelwerk. Bislang war das nur ein Gentlemans<br />
Agreement unter den Fahrern. »Ich sehe, dass<br />
sie etwas gegen schmutziges Fahren unternommen<br />
haben und das wird Schumachers Chancen<br />
wohl verringern«, glaubt Stirling Moss. Allerdings<br />
bedeuten die neuen Strafen nicht, dass sie<br />
ab sofort gerecht verteilt werden und das oftmals<br />
unkonstante Strafmaß der Vergangenheit angehört.<br />
Etwas ist aber tatsächlich verschwunden:<br />
Das Stallregieverbot. Einen Freifahrtsschein<br />
erhalten die Teams damit aber nicht - die FIA<br />
darf weiterhin jeden bestrafen, der den Sport mit<br />
seinen Aktionen in Verruf bringt. Teamorder ist<br />
also nur so lange erlaubt, wie sich niemand aufregt<br />
und die FIA mitspielt.<br />
7<br />
schumachers<br />
silberner kampf<br />
Das Comeback von Michael Schumacher war<br />
die Sensation des letzten Winters. Doch für viele<br />
Fans folgte die Ernüchterung: Saison 1 der<br />
F1-Rückkehr verlief nicht wie erwartet. In diesem<br />
Jahr müssen Schumacher und Mercedes<br />
GP nachlegen. Rennsiege sind das Ziel. »Ich bin<br />
zuversichtlich, dass wir aus eigener Kraft einige<br />
Male um Rennsiege werden kämpfen können«,<br />
prophezeit Schumacher. Die gleiche Zuversicht<br />
teilt sein Teamkollege Nico Rosberg, der den<br />
Rekordweltmeister 2010 fest im Griff hatte und<br />
nicht ohne Grund stolz darauf war. »Das war<br />
sehr wichtig für mich und meine Karriere«,<br />
betont Rosberg. Erst gegen Saisonende kam<br />
Schumacher besser in Form, aber auch dann<br />
war Rosberg meistens besser. Norbert Haug<br />
glaubt sogar, dass Rosberg den Korea GP hätte<br />
gewinnen können, wenn ihn Mark Webber nicht<br />
abgeräumt hätte. Sollte der Silberpfeil sich als<br />
siegfähig erweisen, muss sich Schumacher also<br />
erstmal gegen Rosberg durchsetzen, um auf dem<br />
obersten Podestplatz zu stehen.<br />
8<br />
Herr der Reifen<br />
Doppeldiffusor, F-Kanal, angeblasener Diffusor<br />
- das waren die Zauberwörter der vergangenen<br />
Jahre. In dieser Saison könnte ein weniger hochtrabender<br />
Begriff das entscheidende Technikkriterium<br />
werden: die Reifen. »Die größte<br />
Herausforderung wird es sein, die neuen Pirelli-<br />
Reifen zu verstehen«, sagt Adrian Newey voraus.<br />
Gleichzeitig müssen die Reifen an die Rückkehr<br />
von KERS und die Anforderungen durch den<br />
verstellbaren Heckflügel angepasst werden. Eine<br />
Schlägt Schumi zurück?<br />
Ja, weil...<br />
+ Pirelli die Reifensituation ausgleicht<br />
+ Mercedes das beste KERS hat<br />
+ eine Steigerung sichtbar war<br />
Nein, weil...<br />
- die Konkurrenz zu stark ist<br />
- Rosberg besser ist<br />
- der Rückstand zu groß ist<br />
Reifenumstellung ist stets eine Herausforderung:<br />
2010 kämpften unter anderem Michael<br />
Schumacher und Felipe Massa mit der letzten<br />
Bridgestone-Reifengeneration. »Es war schwierig,<br />
den Reifen mit meinem Fahrstil zum<br />
Arbeiten zu bringen. Ich habe alles versucht«,<br />
erklärte der verzweifelte Brasilianer. Eine solche<br />
böse Überraschung könnte 2011 erneut einigen<br />
Piloten blühen. Gleichzeitig möchte Pirelli für<br />
mehr Spannung bei den Boxenstopps sorgen<br />
und die Reifenmischungen so wählen, dass mindestens<br />
zwei Mal pro Rennen gestoppt werden<br />
muss. Das schafft Raum für Fehler und es<br />
kommt kein Fahrer mehr in der vorletzten<br />
Runde zum Pseudo-Reifenwechsel. →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27
story.Saison.2011<br />
9<br />
hamilton vs. Button<br />
– Runde 2<br />
Als Jenson Button Teamkollege von Lewis Hamilton<br />
wurde, erwartete die britische Presse zwei<br />
Dinge: Hamilton würde Button zerstören und sie<br />
sich gegenseitig medial zerfleischen. Eingetreten<br />
ist nichts davon - obwohl Hamilton deutlich<br />
schneller war. »Bis jetzt sind sie noch echte Teamkollegen,<br />
aber das kann sich schnell ändern,<br />
wenn man gegeneinander kämpft«, glaubt Martin<br />
Brundle. Einen Vorgeschmack darauf bekamen<br />
die Fans im Vorjahr in Istanbul. »Lewis hatte<br />
nicht erwartet, dass Jenson ihn überholt. Sein<br />
Gesicht auf dem Podium hat uns einen Vorgeschmack<br />
gegeben, was uns möglicherweise noch<br />
bevorsteht«, so Brundle. Auch in diesem Jahr ist<br />
zu erwarten, dass Hamilton vom Grundspeed<br />
schneller ist als Button - die Frage ist allerdings,<br />
wer besser mit den Reifen zurechtkommt? Das<br />
sprach in der Vergangenheit eher für Button.<br />
Welches Ausmaß teaminterne Spannungen<br />
annehmen können, weiß <strong>McLaren</strong> nur allzu gut<br />
aus der Zeit mit Fernando Alonso.<br />
10<br />
Pulverfass Webber<br />
& <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong><br />
So ruhig es 2010 bei <strong>McLaren</strong> war, so laut ging<br />
es bei <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> zu. Die Beziehung zwischen Mark<br />
Webber und seinem Team darf nach den Ereignissen<br />
des Vorjahres als strapaziert angesehen<br />
In der Türkei kämpften Lewis Hamilton und Jenson<br />
Button 2010 bis aufs Messer - bleibt es so fair?<br />
werden. Das letzte i-Tüpfelchen war Webbers<br />
Buch, indem er nach Saisonende verriet, dass er<br />
sich bei einem Fahrradunfall eine Schulterverletzung<br />
zugezogen hatte, das Team aber nicht<br />
darüber informierte. Selbst Webbers Manager<br />
Flavio Briatore sagte: »Es wäre besser gewesen,<br />
wenn er das gar nicht bekannt gegeben hätte.«<br />
Teamchef Christian Horner war im ersten<br />
Moment jedenfalls wenig angetan von der Enthüllung.<br />
Auch das Verhältnis zu Sebastian Vettel<br />
war angeschlagen. »Jetzt ist unsere Beziehung<br />
wieder gut«, meinte Webber nach einer Aussprache<br />
mit dem Deutschen. Wie lange das hält und<br />
wie wahr es ist, wird sich ab dem ersten Rennen<br />
zeigen. Laut <strong>Red</strong>-<strong>Bull</strong>-Boss Dietrich Mateschitz<br />
ändert sich an der Teamkonstellation nichts:<br />
»Mark und Sebastian werden auch künftig gleichberechtigt<br />
sein.« Eine Tatsache, die Webber 2010<br />
mehrmals öffentlich und lautstark anzweifelte.<br />
11<br />
Titelverteidigung<br />
für vettel<br />
Die Vorgabe ist eindeutig: Sebastian Vettel<br />
könnte in diesem Jahr der erste Champion seit<br />
Fernando Alonso 2005/2006 werden, der seinen<br />
WM-Titel erfolgreich verteidigt. Die Vorzeichen<br />
Bei seiner Buchvorstellung in Australien wusste Mark<br />
noch nicht, was für ein Ärger auf ihn wartete...<br />
28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Der erste Große Preis von Indien schraubt die GP-Zahl auf 20 Rennen nach oben. Noch fahren auf der neuen Strecke nur die Bagger, das soll sich bis Oktober ändern<br />
stehen gut: Trotz kleinerer Psychospiele mit <strong>Ferrari</strong><br />
im Winter ist <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> in sich gefestigt, abgesehen<br />
vom Wechsel des Chefstrategen Neil Martin<br />
nach Maranello bleibt das Team unverändert.<br />
Mit Adrian Newey arbeitet einer der kreativsten<br />
Köpfe an der Spitze des Designteams für den<br />
RB7, der gerade dann besonders gut ist, wenn<br />
viele Regeländerungen neue Möglichkeiten eröffnen<br />
- also wie in diesem Jahr. Das einzige Problem<br />
könnte gewesen sein, dass <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> - wie<br />
<strong>Ferrari</strong> und <strong>McLaren</strong> - bis zum letzten Rennen<br />
am 2010er Auto entwickelte und dadurch Ressourcen<br />
für 2011 gebunden waren. Fahrerisch ist<br />
Vettel erneut ein Titelkandidat. Schon 2010 war<br />
er der schnellste Fahrer im Feld, wenn er dazu<br />
seine Fehler abstellt und das Team die Zuverlässigkeit<br />
von Anfang an im Griff hat, steht einem<br />
erfolgreichen Angriff auf die Titelverteidigung<br />
nichts im Weg. »Ich glaube, es wird sehr eng und<br />
es wird nicht einen, sondern mehrere Kandidaten<br />
geben«, gefällt Vettel die Rolle des Gejagten. Die<br />
Jäger sind erneut <strong>Ferrari</strong>, <strong>McLaren</strong> und Mercedes.<br />
»Und man darf man nicht vergessen, dass vielleicht<br />
auch ein Außenseiter einen großen Schritt<br />
nach vorne macht und uns überraschen kann.«<br />
Brawn zu bedenken. Wenigstens eine gute Nachricht<br />
hat die FIA für die Mechaniker: Um die<br />
Arbeitsbelastung der Teammitglieder zu senken,<br />
gibt es neuerdings eine Art Sperrstunde. Innerhalb<br />
von zwei sechsstündigen Zeiträumen am Donnerstag-<br />
und Freitagabend ist kein Personal an der<br />
Strecke erlaubt, das mit dem Einsatz der Autos zu<br />
tun hat. In Notfällen darf jedes Team vier Ausnahmen<br />
in Anspruch nehmen.<br />
13<br />
doppelter druck<br />
bei ferrari<br />
Der Druck, der vor der Saison auf <strong>Ferrari</strong> lastet,<br />
ist enorm. Nur die verkündeten Ziele der Italiener<br />
sind noch höher. »Der F150 wurde mit nur<br />
einem Ziel vor Augen gebaut: Dieses ist so einfach,<br />
dass wir es gar nicht erst extra benennen«,<br />
sagt Teamchef Stefano Domenicali. Gemeint ist<br />
natürlich der Gewinn beider WM-Titel. »Jetzt<br />
müssen wir es nur noch erreichen.« Für das<br />
Team bedeutet dies, dass der F150 im Gegensatz<br />
zu seinem Vorgänger ab dem ersten Rennen<br />
konkurrenzfähig sein muss. Für Fernando<br />
Alonso bedeutet es, dass er die ungewohnt vielen<br />
Fehler des Vorjahres abstellen muss. Alles<br />
andere als der Titelgewinn wäre eine Enttäuschung<br />
und kommt für Präsidet Luca di Montezemolo<br />
gar nicht erst in Frage. Aber auch<br />
Felipe Massa steht unter Druck. Nachdem er im<br />
letzten Jahr nicht mit den Reifen zurechtkam,<br />
muss er in dieser Saison beweisen, dass er mehr<br />
als eine brave Nummer 2 ist. Er muss Rennen<br />
gewinnen, um den Titel fahren und Alonso<br />
unter Druck setzen - ansonsten könnte er<br />
schnell auf der Abschussliste landen. MSM<br />
Fotos: adrivo / sutton, red bull, ferrari, indien gp<br />
12<br />
Längste Saison<br />
aller Zeiten<br />
Das hat es noch nicht gegeben: der längste Rennkalender<br />
der F1-Geschichte umfasst 20 Rennen!<br />
Los geht es wie 2010 in Bahrain, das Finale steigt<br />
am ersten Advent in Brasilien - neu ist der Große<br />
Preis von Indien, der am 30. Oktober auf einer<br />
5,14 km langen Strecke außerhalb von Neu Delhi<br />
ausgetragen wird. Für den Bau der Strecke zeichnet<br />
Hermann Tilke verantwortlich. Besonders hart<br />
ist der GP-Marathon für die Teams. »Alle haben<br />
Familien und wenn sie 20 Rennen im Jahr weg<br />
sind, ist das viel Zeit fern von zuhause«, gibt Ross<br />
Felipe Massa muss beweisen, dass er Fernando Alonso gewachsen ist, sonst sieht seine Zukunft schlecht aus<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29
Story.Titelverteidigung<br />
Sebastian vettel<br />
Weltmeister und Titelverteidiger<br />
30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Mission<br />
Text: Stephan Heublein<br />
Titelverteidigung<br />
Die Jagd ist eröffnet. <strong>Ferrari</strong>, <strong>McLaren</strong> und<br />
Mercedes haben nur ein Ziel: Sebastian Vettel vom<br />
obersten Podest zu stoSSen und selbst hinauf zu<br />
klettern. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> untersucht, was<br />
Vettel braucht, um die Startnummer 1 zu verteidigen.<br />
fotos: adrivo/Sutton, red bull<br />
Der Jubel ist grenzenlos, der Champagner<br />
fließt in Strömen und das Chaos lässt sich<br />
kaum überblicken. Während <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> seinen<br />
neuen Weltmeister Sebastian Vettel hochleben<br />
lässt, kann der frisch gebackene Ex-Weltmeister<br />
Jenson Button nach einer langen Saison<br />
schon wieder lachen: »Viel Spaß bei der PR-<br />
Arbeit«, wünscht der <strong>McLaren</strong>-Pilot seinem<br />
Nachfolger - und schon war Jenson verschwunden,<br />
wohl wissend, was auf den Deutschen<br />
in den folgenden Tagen und Wochen<br />
hereinbrechen würde - oder eigentlich nicht,<br />
denn so sehr Button nach seinem Weltmeistertitel<br />
mit Brawn GP 2009 gefeiert wurde,<br />
so wenig konnte er erahnen, welchen Partymarathon<br />
Vettel über sich würde ergehen<br />
lassen müssen. Dessen beste Erholung kam<br />
eine Woche nach seiner Krönung, als er bei<br />
den Pirelli-Tests wieder in seinem Rennauto<br />
saß. Aktive Erholung nannte er es, doch<br />
danach wurde es ruhig um den Champion.<br />
Im Dezember und Januar machte er sich rar,<br />
gab nur wenige Interviews, schaltete mit der<br />
Familie und Freunden ab, ging Ski fahren und<br />
konzentrierte sich auf sein klares Ziel: die<br />
erfolgreiche Titelverteidigung 2011. Button<br />
ist das nicht gelungen, auch dessen <strong>McLaren</strong>-<br />
Teamkollegen Lewis Hamilton vor ihm nicht.<br />
Was macht die Mission Titelverteidigung so<br />
schwierig, dass sie in 60 Jahren Formel 1 nur<br />
acht Fahrern geglückt ist? Der Druck sollte<br />
nicht geringer sein als beim ersten Mal, das<br />
ja bekanntlich immer das Schwerste sein soll,<br />
oder etwa nicht? Button und Hamilton<br />
führten jedenfalls wie so viele Weltmeister vor<br />
ihnen an, dass sie mit dem Titel im Rücken<br />
entspannter in die Saison und einen etwaigen<br />
weiteren WM-Kampf gehen konnten, immerhin<br />
hatten sie ihr großes Ziel schon einmal<br />
erreicht. Doch vielleicht ist genau das der<br />
Grund, warum das letzte Bisschen fehlte - der<br />
absolute Wille, den Titel zu gewinnen. Vettel<br />
zeichnete sich in den vergangenen Jahren<br />
immer dadurch aus. Als er Ende 2009 in Brasilien<br />
die WM gegen Button verlor, war er<br />
unendlich traurig - obwohl seine Chancen nur<br />
theoretischer Natur waren. Aber Vettel sagt<br />
selbst: »Ich möchte immer gewinnen, immer<br />
der Schnellste sein.« Egal ob auf der Rennstrecke,<br />
in der Schlange an der Supermarktkasse<br />
oder auf dem Weg zum Aufzug im<br />
Hotel. Das ist das Holz aus dem Champions<br />
geschnitzt sind. Bislang ging Vettel in seiner<br />
Formelkarriere noch nie als Titelverteidiger<br />
in eine neue Saison - die Formel BMW verließ<br />
er nach seinem dominanten Gewinn in Richtung<br />
Formel 3 und danach holte er bis zu<br />
seinem Formel-1-Triumph keine Meisterschaft<br />
in einer kleineren Serie mehr. »Für<br />
mich ist die Rolle des Gejagten etwas ganz<br />
Besonderes und ich genieße es sehr, weiß aber,<br />
dass es schwer sein wird, diese Position zu<br />
halten«, gibt Vettel zu. Sein Rezept lautet:<br />
Angriff ist die beste Verteidigung. »Ich werde<br />
von Anfang an kämpfen und attackieren«,<br />
kündigt er an. Das gleiche verlangt er aber<br />
auch von seinem Team. <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> müsse sich<br />
weiterentwickeln und besser werden, als es im<br />
letzten Jahr war. »Sonst machen wir einen<br />
Rückschritt und die anderen überholen uns«,<br />
mahnt Vettel. Teamchef Christian Horner<br />
beschwichtigt die Befürchtungen, dass <strong>Red</strong><br />
<strong>Bull</strong> sich angesichts der beiden Titelgewinne<br />
zurücklehnen könnte: »Wir sind optimistisch,<br />
nicht arrogant.« Nur so kann die Mission<br />
Titelverteidigung ein Erfolg werden. →<br />
Sebastian Vettel blickt seiner Titelverteidigung entspannt<br />
entgegen - doch seine Gegner wollen ihm dieses Jahr<br />
noch mehr einheizen als in der vergangenen Saison<br />
<strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> Racing RB7<br />
Pluspunkte:<br />
+ Pionier beim angeblasenen Diffusor<br />
+ ausgeklügelte Aerodynamik<br />
+ starker Vorgänger<br />
Minuspunkte:<br />
- kaum KERS-Erfahrung<br />
- schwächerer Renault-Motor<br />
- langer Titelkampf 2010<br />
Unbekannte:<br />
? ausreichende Zuverlässigkeit<br />
? neue Pirelli-Reifen<br />
? technischer Durchbruch bei Rivalen<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 31
Story.Titelverteidigung<br />
Die besten<br />
Titelverteidiger<br />
Aufgepasst, Sebastian Vettel: Das sind die besten Titelverteidiger der Formel-1-Geschichte.<br />
5: Michael Schumacher<br />
Michael Schumacher ist nicht nur Rekordweltmeister,<br />
er ist auch Rekordtitelverteidiger. Der<br />
Deutsche verteidigte seinen WM-Pokal ganze<br />
fünf Mal und gab ihn während dessen auch<br />
nur zwei Mal ab: 1996 an Damon Hill und<br />
2005 an Fernando Alonso - letzteres nach fünf<br />
Titeln und vier Titelverteidigungen in Serie.<br />
Neben seinem fahrerischen Können, seinem<br />
Speed und seiner oftmals von Ross Brawn<br />
genial gelenkten Renntaktik trug vor allem<br />
eines zu Schumachers Rekordserie bei: Die<br />
<strong>Ferrari</strong>-Dominanz Anfang der 2000er Jahre.<br />
Erfolgreiche<br />
Titelverteidigungen<br />
In 61 Formel-1-Saisons wurden 32 verschiedene<br />
Weltmeister gekürt; 14 Fahrer davon<br />
wurden öfter als einmal Champion; 8 Weltmeister<br />
konnten ihren Titel mindestens einmal<br />
erfolgreich verteidigen.<br />
Name Team Titelverteidigungen<br />
Michael<br />
Schumacher<br />
Juan Manuel<br />
Fangio<br />
Benetton<br />
<strong>Ferrari</strong><br />
Maserati/<br />
Mercedes<br />
1994-1995<br />
2000-2004<br />
1954-1957<br />
Alberto Ascari <strong>Ferrari</strong> 1952-1953<br />
Jack Brabham<br />
Cooper<br />
Climax<br />
1959-1960<br />
Alain Prost <strong>McLaren</strong> 1985-1996<br />
Ayrton Senna <strong>McLaren</strong> 1990-1991<br />
Mika Häkkinen <strong>McLaren</strong> 1998-1999<br />
Fernando Alonso Renault 2005-2006<br />
3: Juan Manuel Fangio<br />
Er war der überlegene Fahrer des ersten Formel-<br />
1-Jahrzehnts und beherrschte bis zu Michael<br />
Schumachers Rekordjagd die meisten Statistiken,<br />
unter anderem die mit den meisten WM-Titeln und<br />
der größten Anzahl an Titelverteidigungen. Gleich<br />
drei Mal krallte sich Juan Manuel Fangio derart an<br />
seinem WM-Titel fest, dass er ihn nicht wieder<br />
hergab, und zwar wie Schumacher in Serie. Das<br />
sollte den beiden Formel-1-Riesen bislang niemand<br />
nachmachen. Fangio gelang sein Kunststück<br />
allerdings in einer Zeit, in der es weniger Rennen,<br />
aber umso mehr Todesopfer gab.<br />
2: Prost, Senna & Co<br />
Sechs weitere Fahrer trugen sich als erfolgreiche<br />
Titelverteidiger in die Geschichtsbücher ein.<br />
Die Liste beinhaltet nur die besten Fahrer aus<br />
Vergangenheit und Gegenwart: Alberto Ascari,<br />
den ersten <strong>Ferrari</strong>-Champion, Jack Brabham,<br />
dreifacher Weltmeister, der als einziger Fahrer<br />
mit seinem eigenen Auto Champion wurde, Alain<br />
Prost, vierfacher Weltmeister, Ayrton Senna,<br />
dreimaliger Weltmeister und ewige Legende,<br />
sowie Mika Häkkinen und Fernando Alonso.<br />
Besonders auffällig ist, dass nur <strong>McLaren</strong> und<br />
<strong>Ferrari</strong> öfter als einmal einen Titelverteidiger aus<br />
ihren Reihen hervorbrachten.<br />
MSM<br />
fotos: adrivo/Sutton, mercedes<br />
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Story.xxxxxxxxxxxxx<br />
story.Neue Märkte<br />
Formel1 auf<br />
Text: Stephan Heublein<br />
Eroberungsfeldzug<br />
Wir befinden uns im Jahre 2011 n. Chr. Die ganze Welt ist von der Formel 1 besetzt...<br />
Die ganze Welt? Fast! Immer mehr Länder wollen einen Grand Prix - selbst die unbeugsamen<br />
Amis nehmen einen neuen Anlauf. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hat sich umgehört,<br />
was den F1-Tross in den neuen Märkten erwartet.<br />
34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Den Mittleren Osten hat die Formel 1 mit Bahrain bereits erobert.<br />
Bald soll die F1-Flagge in weiteren Ländern wehen<br />
indien<br />
Die neue Welt<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
Indien erlebt eine sehr aufregende Zeit. Das Land<br />
gilt als wachsender Wirtschaftsmarkt mit weltweiter<br />
Bedeutung. Aber auch im <strong>Motorsport</strong> und<br />
speziell im Hinblick auf die Formel 1 ist Indien<br />
ein absoluter Wachstumsmarkt. Mit Narain Karthikeyan<br />
und Karun Chandhok gab es in den<br />
vergangenen Jahren zwei indische Fahrer in der<br />
Formel 1, mit Force India gibt es einen indischen<br />
Rennstall, wenn auch mit Sitz im britischen Silverstone,<br />
und am 30. Oktober steigt vor den<br />
Toren der Hauptstadt Neu Delhi der erste Große<br />
Preis von Indien auf einer neuen 5,14 Kilometer<br />
langen Rennstrecke. "Das ist eine großartige Situation<br />
für den indischen <strong>Motorsport</strong>", bestätigt<br />
Chandhok. Dabei war das nicht immer so.<br />
"<strong>Motorsport</strong> ist eine sehr neue Sportart, die in<br />
Indien noch in den Kinderschuhen steckt",<br />
erklärt er dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. "Allerdings<br />
wächst sie ständig." Das bestätigen der Bau der<br />
Strecke und das steigende Interesse. Genauso wie<br />
der Wirtschaftsmarkt. In der zweiten Hälfte des<br />
vergangenen Jahrzehnts gehörten 400 Millionen<br />
Menschen in Indien der Mittelklasse an. "Das ist<br />
mehr, als die Einwohner etlicher europäischer<br />
Länder zusammengenommen", rechnet Chandhok<br />
vor. Das macht das Land gerade für die Automobilhersteller<br />
sehr interessant. "Bislang sind<br />
diese Leute nur Motorrad oder Motorroller<br />
gefahren, aber jetzt können sie sich Autos leisten",<br />
so Chandhok. Wer also Fan des Weltmeisterteams<br />
<strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> Renault ist, kauft sich einen Renault.<br />
Das gestiegene Interesse an der Formel 1 lässt<br />
sich belegen. "Die TV-Zuseherzahlen sind immer<br />
hoch und das öffentliche und mediale Interesse<br />
sind enorm", sagt Chandhok. Teilweise verfolgten<br />
in der Saison 2010 bis zu 26 Millionen Menschen<br />
die Rennen. "Das sind mehr als in den F1-Hochburgen<br />
England, Deutschland und Italien zusammen",<br />
vergleicht der Inder. "Sicher leben in<br />
unserem Land viel mehr Menschen, aber man<br />
muss auch bedenken, dass der Sport noch nicht<br />
so lange dort angesiedelt ist." Einen weiteren<br />
Schub wird Indien erleben, wenn es einen erfolgreichen<br />
Piloten hervorbringt. Dafür reichten die<br />
Rennen von Karthikeyan bei Jordan und Chandhok<br />
bei HRT einfach nicht aus. "Wo war die F1<br />
in Spanien, bevor Fernando Alonso kam? Das<br />
gleiche gilt für Deutschland vor Michael Schumacher",<br />
betont Chandhok. "Wenn ein indischer<br />
Fahrer vorne mitfährt, wird der Sport noch<br />
beliebter werden." Auch bei indischen Firmen,<br />
welche die F1 als Werbeplattform nutzen könnten.<br />
So sicherte die indische Tata Gruppe das HRT-<br />
Cockpit von Karthikeyan. Der Mischkonzern<br />
beschäftigt über 350.000 Mitarbeiter in 85 Ländern,<br />
etwa bei Tata Motors, dem größten Autohersteller<br />
Indiens. Tata gehören unter anderem<br />
so klangvolle Marken wie Jaguar und Land Rover.<br />
Russland<br />
Der schlafende<br />
Riese<br />
Ein Grand Prix in Russland, am liebsten in Moskau<br />
- das war lange Zeit Bernie Ecclestones<br />
Traum. Die Umsetzung dauerte Jahrzehnte, aber<br />
jetzt sieht es so aus, als ob Ecclestone mal wieder<br />
bekommen würde, was er möchte. Ab dem Jahr<br />
2014 soll der Rennzirkus in Sochi Station<br />
machen und die F1-Begeisterung in Russland<br />
weiter anheizen. Einen ersten Anstieg des Interesses<br />
vermerkte die Königsklasse mit dem GP-<br />
Debüt von Vitaly Petrov. »Es gab eine große<br />
Explosion - viele Zeitungen und <strong>Magazin</strong>e<br />
haben über mich berichtet«, sagt Petrov. Der<br />
Zuspruch wächst von Woche zu Woche. »Tatsächlich<br />
hat mich jedes der großen russischen<br />
Lifestyle-<strong>Magazin</strong>e in der Liste der Top-Ten<br />
attraktivsten Single-Männer aufgeführt!« In<br />
einer Umfrage landete Petrov auf Platz 3 der<br />
bekanntesten Russen hinter Vladimir Putin und<br />
Dmitry Medvedev. Premierminister Putin<br />
beschäftigt sich sogar persönlich mit der Formel<br />
1. Nachdem er in einem Renault-Boliden einmal<br />
selbst Gas geben durfte, nahm er an Meetings →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 35
story.Neue Märkte<br />
»Russland ist wie<br />
Spanien vor Alonso«,<br />
sagt Stelmakh.<br />
»Wenn Vitaly gewinnt,<br />
wird es einen riesigen<br />
F1-Boom geben. Wenn<br />
nicht, wird der Mainstream<br />
nichts<br />
davon mitbekommen.«<br />
Spitze Dächer, pelzige Mützen –<br />
die Formel 1 muss in Russland noch sehr viel<br />
Überzeugungsarbeit leisten<br />
mit potenziellen Sponsoren für Petrov teil und<br />
forderte mehr Unterstützung für seinen Landsmann<br />
ein. Als Petrov das erste Mal als F1-Pilot<br />
nach Moskau zurückkehrte, gab er innerhalb<br />
von vier Tagen 184 Interviews. 300 Fans umlagerten<br />
ihn bei einem PR-Termin und einer<br />
Demofahrt auf dem Roten Platz - als Eishockeyoder<br />
Fußballstar wären es jedoch locker mehrere<br />
tausend Fans gewesen, die ihn zu erdrücken<br />
drohten. »Ich würde nicht sagen, dass Vitalys<br />
F1-Einstieg ein großer Schub für die Formel 1<br />
in Russland war«, analysiert der weißrussische<br />
F1-Experte Alexander Stelmakh im <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong>. Wenn die Bekanntheit der Formel 1<br />
in Deutschland als Messlatte 100% beträgt,<br />
erreicht Russland laut seiner Analyse nicht mehr<br />
als 20%. Dennoch habe Petrov dafür gesorgt,<br />
dass die bereits vorhandene Fanbasis gestärkt<br />
wurde. Der beliebteste Fahrer in Russland ist<br />
und bleibt ein anderer - Michael Schumacher.<br />
»Einige Leute haben überhaupt nicht bemerkt,<br />
dass er drei Jahre weg war«, verrät Stelmakh. Für<br />
russische Firmen lohnt es sich derzeit noch<br />
nicht, Geld in Petrov oder die Formel 1 zu investieren.<br />
Sollten seine Leistungen sich auf einem<br />
höheren Niveau einpendeln, könnte sich das<br />
jedoch über Nacht ändern. »Russland ist wie<br />
Spanien vor Alonso«, so Stelmakh. »Wenn Vitaly<br />
gewinnt, wird es einen riesigen F1-Boom geben.<br />
Wenn nicht, wird der Mainstream nichts davon<br />
mitbekommen.« Die Wurzeln für die Ablehnung<br />
der Formel 1 liegen in der ehemaligen Sowjetunion.<br />
In den 70er und 80er Jahren sah man die<br />
F1 als kapitalistischen Sport an, der nur dazu<br />
diente, Geld zu verbrennen und Unternehmen<br />
zu glorifizieren. »Wir haben bislang nicht wirklich<br />
viel <strong>Motorsport</strong> in Russland gehabt«, bestätigt<br />
Petrov. »Erst jetzt beginnen wir damit.« Der<br />
erste Schritt war der erste Grand Prix hinter dem<br />
Eisernen Vorhang 1986 in Ungarn. Seit 1992<br />
werden die Rennen live im russischen TV übertragen.<br />
Nach Petrovs Einstieg schossen die Quoten<br />
von einer Million Zuschauern 2009 auf drei<br />
Millionen 2010 in die Höhe. Dennoch liegt noch<br />
viel Lobbyarbeit vor der Formel 1. So genießen<br />
die Olympischen Spiele 2014 höhere Priorität<br />
als der erste Grand Prix - notfalls soll das Rennen<br />
um ein Jahr verschoben werden.<br />
36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Die Bauarbeiten an der neuen Rennstrecke in Austin haben begonnen. Für die Planung und Umsetzung zeichnet<br />
wie gewohnt der Aachener Paradestreckenarchitekt Hermann Tilke verantwortlich<br />
Fotos: adrivo/Sutton, Frits van Eldik, formula1unitedstates.com<br />
Die Beziehung zwischen der Formel 1 und den<br />
USA hat noch nie so richtig funktioniert. Abgesehen<br />
von Mario Andretti, Dan Gurney und Phil<br />
Hill hat es kaum ein Fahrer zu nennenswerten<br />
Erfolgen gebracht, die Rennen pendelten Jahre<br />
lang von einem Stadtkurs zum nächsten, wurden<br />
zwischenzeitlich sogar auf einem Parkplatz ausgetragen<br />
und gipfelten im Michelin-Reifenskandal<br />
von Indianapolis 2005. Auch das groß angekündigte<br />
USF1 Team konnte die Formel 1 in den<br />
Staaten nicht neu beleben - im Gegenteil: Es<br />
versagte komplett. Die Formel 1 hat in den USA<br />
zu viele Schläge wegstecken müssen. Im Jahr<br />
2012 könnte sie die letzte Chance im Land der<br />
unbegrenzten Möglichkeiten, aber des<br />
begrenzten F1-Interesses erhalten. In Austin,<br />
Texas entsteht eine Rennstrecke, welche die neue<br />
Heimat des US GP werden soll. Austin gehört<br />
zu einer Vielzahl an wachsenden Städten in den<br />
USA, in denen es große Unternehmen wie den<br />
Computerhersteller Dell gibt. »Es ist eine aufstrebende<br />
Stadt, die ein wenig internationale<br />
Beachtung vertragen könnte, die ihr die Formel<br />
1 bringen kann«, analysiert Steve Madincea,<br />
seines Zeichens Besitzer einer der erfolgreichsten<br />
Sponsorenagenturen. »Austin könnte<br />
die Formel 1 zu schätzen wissen und sich hinter<br />
das Programm stellen; so wie früher Adelaide<br />
USA<br />
Die Herausforderung<br />
oder Montreal.« Trotzdem herrscht nicht nur in<br />
den USA Skepsis. Die Stadt ist bekannt, aber<br />
nicht so sehr wie die Metropolen New York, Los<br />
Angeles und Boston. Der große Traum ist ein<br />
zweites Rennen an der Westküste, etwa in New<br />
York. »Wenn es möglich ist, einen Event in<br />
Austin aufzuziehen, dann könnte das sehr mächtig<br />
werden und den aktuellen Negativtrend stoppen«,<br />
glaubt Madincea. Zumindest ist der neuerliche<br />
US GP eine positive Nachricht, allen<br />
voran für die europäischen Automobilhersteller,<br />
die schon seit Jahren nach einer Rückkehr in die<br />
USA schmachten - immerhin ist das für sie einer<br />
der wichtigsten Märkte. Aber auch Teams ohne<br />
eine direkte Verbindung zu einem Autokonzern<br />
profitieren von einem Rennen in den USA, denn<br />
diese sind auch für ihre Sponsoren ein wichtiger<br />
Absatzmarkt. In den letzten Jahren gab es etliche<br />
amerikanische Sponsoren in der Formel 1, etwa<br />
das Telekommunikations-Unternehmen AT&T<br />
bei Williams. »Sie sehen, dass die Formel 1 ihnen<br />
einfachen Zugang über Kulturen, Sprachen und<br />
Grenzen hinweg bietet«, erklärt Madincea. Um<br />
noch mehr Fans anzusprechen, muss die Formel<br />
1 jedoch amerikanischer werden. Ein US-Fahrer<br />
alleine reicht nicht, denn wenn dieser keinen<br />
Erfolg hat, kann der Effekt sogar negativ sein.<br />
Stattdessen müssten die Fahrer in Talkshows<br />
auftreten und PR-Events mit den Fans veranstalten.<br />
Also Volksnähe zeigen, wie sie die F1<br />
nicht unbedingt auszeichnet. »Die Formel 1<br />
sollte Amerika entdecken und Amerika die Formel<br />
1«, sagt Madincea. Zumindest auf dem<br />
hispanischen Markt könnte das gelingen. Mit<br />
Sergio Perez sitzt wieder ein Mexikaner in einem<br />
F1-Auto. »Das könnte den mexikanischen Markt<br />
aufwecken, der in Kombination mit dem US-<br />
Markt sehr mächtig ist.« Denn in den USA gibt<br />
es zwei Gruppen von F1-Fans: Den hispanischen<br />
Markt, der mit bis zu 25 Prozent der Bevölkerung<br />
einer der am schnellsten wachsenden ist,<br />
und die Wirtschafts-Entscheider in den ganzen<br />
Vereinigten Staaten, die die größten Unternehmen<br />
kontrollieren und wie die Formel 1 international<br />
ausgerichtet sind. Sie reisen nach Südamerika,<br />
Europa, Asien und wissen, wie groß<br />
und wichtig die Formel 1 ist. Wenn sie in die<br />
USA zurückkehren, verfolgen sie die Formel 1<br />
dort weiter.<br />
→<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37
story.Neue Märkte<br />
Die Formel-1-Weltkarte<br />
Die Tabelle listet alle Länder auf, in denen die Formel 1 Rennen auf einer oder mehreren<br />
Rennstrecken ausgetragen hat - dazu zählen auch Rennen, die unter einem fremden Namen wie<br />
Europa GP, Pazifik GP oder San Marino GP gefahren wurden.<br />
Auch 1979 gehörte der<br />
Monaco GP fest zum Inventar<br />
des Formel-1-Rennkalenders<br />
Land Anzahl GP Erster GP Letzter GP<br />
1 Italien 88* 1950 2010<br />
2 Deutschland 71* 1951 2010<br />
3 Großbritannien 64* 1950 2010<br />
4 USA 62** 1950 2007<br />
5 Frankreich 58 1950 2008<br />
6 Monaco 57 1950 2010<br />
7 Belgien 55 1950 2010<br />
8 Spanien 45* 1951 2010<br />
9 Kanada 41 1967 2010<br />
10 Brasilien 38 1973 2010<br />
11 Niederlande 30 1952 1985<br />
12 Japan 28* 1976 2010<br />
13 Australien 26 1985 2010<br />
14 Österreich 26 1964 2003<br />
16 Ungarn 25 1986 2010<br />
Land Anzahl GP Erster GP Letzter GP<br />
17 Südafrika 23 1962 1993<br />
18 Argentinien 20 1953 1998<br />
19 Portugal 16 1958 1996<br />
20 Mexiko 15 1963 1992<br />
21 Malaysia 12 1999 2010<br />
22 Bahrain 7 2004 2010<br />
23 China 7 2004 2010<br />
24 Schweden 6 1973 1978<br />
25 Schweiz 6 1950 1982<br />
26 Türkei 6 2005 2010<br />
27 Singapur 3 2008 2010<br />
28 Abu Dhabi 2 2009 2010<br />
29 Korea 1 2010 2010<br />
30 Marokko 1 1958 1958<br />
31 Indien 0*** 2011<br />
* inklusive der Grand Prix von San Marino, Europa, Pazifik, Luxemburg oder Pescara ** Von 1950 bis 1960 zählte das Indy 500 elf Mal zur F1-Weltmeisterschaft.<br />
Es wurde jedoch nicht nach F1-Reglement gefahren und keiner der Sieger gewann je ein richtiges Formel-1-Rennen *** Erster Indien GP am 30. Oktober 2011<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Neue Messe München / Eingang Ost<br />
23.–27. 02. 2011<br />
www.free-muenchen.de<br />
Partnerland 2011: Ungarn<br />
Öffnungszeiten 10–18 Uhr<br />
Nachmittags-Tickets ab 15 Uhr
story.Setup<br />
Die Crew arbeitet<br />
unermüdlich am<br />
<strong>Red</strong> <strong>Bull</strong> von<br />
Sebastian Vettel
Text: Stephan Heublein<br />
Millimeterarbeit<br />
Kaum ist das Training beendet, verabschieden sich die Fahrer<br />
in elend lange Meetings mit ihren Ingenieuren, »um am Setup zu feilen«.<br />
Aber wie genau geht das? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> erklärt<br />
die Kunst der Fahrzeugabstimmung.<br />
Fotos: Lars Krüger, red bull<br />
Es herrscht reges Treiben in den engen Gängen<br />
der Renault-Box. Die Autos sind aufgebockt,<br />
die Motorabdeckungen abgenommen,<br />
Werkzeug über den Boden verstreut<br />
und ein Wust an Mechanikern werkelt pro<br />
Wagen unermüdlich daran, das richtige<br />
Setup einzustellen. Fahrzeugnasen werden<br />
hin und her getragen. In der Ecke sitzen<br />
Ingenieure dicht gedrängt, tippen auf ihren<br />
Laptops und analysieren Daten. Direkt<br />
daneben bereiten Mechaniker die Reifen auf<br />
den nächsten Einsatz vor. Einmal um die<br />
Ecke kommt uns schon wieder ein Mechaniker<br />
mit einem Frontflügel entgegen. Es<br />
folgt ein kleines Ausweichmanöver, rechts<br />
herum und ein weißer Vorhang versperrt<br />
den Blick in die Motorensektion der Box.<br />
Die Aussage ist klar: »Das ist Geheim!« Die<br />
Box eines Formel-1-Teams ist eindeutig kein<br />
Ort, um im Weg herum zu stehen. Jeder<br />
Handgriff muss sitzen, jede Einstellung am<br />
Auto zu einhundert Prozent stimmen.<br />
»Das Setup ist extrem wichtig, das wird<br />
in der Formel 1 etwas unterschätzt«, erklärt<br />
Mercedes GP-Pilot Nico Rosberg dem<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Ein gutes oder ein<br />
sehr gutes Setup mache einen enormen<br />
Unterschied aus. Mit einem gut ausbalancierten<br />
Rennauto kann der Fahrer viel<br />
Was passiert<br />
im Fahrerbriefing?<br />
Die meisten Setupänderungen werden in einem<br />
der vielen Briefings im Teamtruck beschlossen.<br />
Nachdem im ersten Meeting die grundlegende<br />
Richtung beschlossen wurde, geht es raus auf<br />
die Strecke. Bereits jetzt informiert der Fahrer<br />
permanent darüber, wie sich das Auto verhält und<br />
wo die Schwächen liegen. »So erarbeitest du dir<br />
auf recht schnelle Art und Weise eine Verbesserung«,<br />
erklärt Michael Schumacher. Der Fahrer<br />
fungiert als Übersetzer der Datenwelt auf die<br />
reale Rennstrecke. Je klarer und genauer die<br />
Aussagen ausfallen, desto einfacher haben es<br />
die Ingenieure. Martin McCracken ist Mechaniker<br />
an Schumachers Auto. »Das Feedback von<br />
Michael ist unglaublich«, sagt er. »Sein Erinnerungsvermögen<br />
an Details aus jeder Kurve, jeder<br />
Kurve, selbst auf Long Runs, ist Wahnsinn.«<br />
schneller fahren, als mit einem Auto, das<br />
nicht perfekt passt. Schon zu Zeiten von<br />
Alain Prost war das so: »Meine absolute<br />
Besessenheit galt der bestmöglichen<br />
Abstimmung des Autos, so dass ich im<br />
Rennen mit nur 90% meiner Fähigkeiten<br />
fahren konnte.« Das war für ihn der beste<br />
Weg, immer noch ein bisschen etwas in der<br />
Hinterhand zu behalten.<br />
Die Suche nach dem perfekten Setup<br />
beginnt bereits lange vor der Anreise zu<br />
einem Rennwochenende. Bei bekannten<br />
Strecken baut das Team auf die Daten aus<br />
den Vorjahren und lässt diese durch den<br />
Simulator noch einmal für das neue Auto<br />
und veränderte Regeln hochrechnen. Aber<br />
selbst auf neuen Strecken wirft der Computer<br />
eine sehr gute Tendenz für die Fahrzeugabstimmung<br />
aus. »Auch hier kommst<br />
du mit einem Setup an, das sehr nah am<br />
Optimum liegt«, betont Rosberg. Nur spezielle<br />
Faktoren wie Bodenwellen, die entscheidend<br />
für die Einstellung der Fahrhöhe<br />
sind, kennt das Team vor dem ersten Rennen<br />
auf einer neuen Strecke nicht. »Aber das<br />
ist einfach zu finden«, wiegelt Rosberg ab.<br />
Bereits auf der ersten Installationsrunde<br />
spürt er, was Sache ist. »Es ist oft so, dass ich<br />
nach langsamen Installationsrunden →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41
story.Setup<br />
»Ich persönlich verlasse mich nicht ausschlieSSlich auf meinen renningenieur und<br />
sage ihm: Ich habe dieses Problem, bitte behebe das - und dann macht er alles im<br />
Alleingang.« Stattdessen macht Hamilton Vorschläge, wie die Ingenieure das fahrverhalten<br />
seines <strong>McLaren</strong> verbessern könnten. »In 99 Prozent der Fälle liege ich richtig.«<br />
reinkomme und sage, wir müssen etwas verstellen,<br />
weil das Auto nicht liegt.« Aber was<br />
genau verstellen die Ingenieure zwischen den<br />
Runs? Dämpfer, Federn, Sturz, Reifendruck<br />
und Differenzial - an einem F1-Auto gibt es<br />
beinahe unendlich viele Einstellungsmöglichkeiten.<br />
Die meisten Veränderungen betreffen<br />
die aerodynamische Balance, aber auch<br />
mechanische Verstellungen sind nicht selten.<br />
»Am Freitag dreht sich fast alles um die<br />
Balance«, erklärt Mercedes GP-Aerodynamiker<br />
Arron Melvin. Die Herangehensweise ist<br />
genau festgelegt: In der Fabrik wird eine<br />
bestimmte Spezifikation festgelegt, deren Effizienz<br />
an der Strecke überprüft wird. Doch die<br />
Zeit ist begrenzt: Das Team muss genau abwägen,<br />
welche neuen Teile getestet werden und<br />
wie viel Zeit für die Abstimmung verwendet<br />
wird. »Normalerweise stimmen wir die Autos<br />
so ab, dass sie die optimale Rundenzeit erzielen<br />
können, also eher mit Blick auf guten<br />
Kurvenspeed«, erklärt der leitende Renningenieur<br />
von Renault, Alan Permane. Die meiste<br />
Zeit lässt sich in langsamen Kurven finden.<br />
Der Umfang der Setup-Änderungen<br />
schwankt. »Manchmal sind es große Umstellungen,<br />
manchmal nur feine Änderungen«,<br />
sagt Rosberg. Die größten Änderungen<br />
betreffen die Aerodynamik und die Gesamtsteifigkeit<br />
des Autos. Dabei arbeitet das Team<br />
beinahe ausschließlich mit Verstellungen am<br />
Frontflügel, der Heckflügel ist fast standardisiert<br />
und durch die vorberechneten Abtriebswerte<br />
festgelegt. »Am meisten wird mit den<br />
elektronischen Einstellungen des Differenzials<br />
gebastelt«, sagt Rosberg. Die Dämpfer rührt<br />
das Team am Rennwochenende selten an. Zu<br />
gut sind die Simulationswerte, als dass man<br />
sich damit beschäftigen müsste. Stattdessen<br />
wird die Voreinstellung beibehalten.<br />
»Unglaublichen Spielraum bietet die Fahrhöhe«,<br />
staunt selbst Rosberg. »Da geht es um<br />
einen halben Millimeter - das ist für mich<br />
unbegreiflich.« Denn die Ingenieure stellen<br />
Rosbergs Silberpfeil nicht nur exakt um einen<br />
halben Millimeter höher oder tiefer ein, wobei<br />
die Höhenverstellung meistens nur vorne<br />
erfolgt, sondern er bemerkt den Unterschied<br />
auch auf Anhieb auf der Strecke. »Ich fahre<br />
raus und spüre sofort, dass der halbe Millimeter<br />
verändert wurde.« Damit dürfte auch klar<br />
sein, warum F1-Neulinge in Zeiten des Testverbots<br />
zu Beginn ihrer Rookiesaison durchaus<br />
etwas überfordert sind. Immerhin müssen<br />
sie nicht nur die Strecken, das Team und das<br />
Auto kennen lernen, sondern gleichzeitig auch<br />
noch ihr Diplom in der Wissenschaft des<br />
Formel-1-Setups machen. Kein Wunder, dass<br />
Alain Prost früher »Der Professor« genannt<br />
wurde. Sein Tipp an junge Rennfahrer lautet:<br />
»Ein Anfänger sollte zunächst so viele Runden<br />
wie möglich drehen, ohne sich um andere<br />
Fahrer zu kümmern.« Er müsse versuchen,<br />
alles über sein Auto zu erfahren und systematisch<br />
Schlüsselkomponenten verändern, um<br />
so herauszufinden, wie dies den Wagen beeinflusst<br />
- sprich: einen anderen Stabilisator ausprobieren,<br />
die Federhärte variieren, den<br />
Abtrieb verändern. Prosts Warnung: »Auf<br />
Fotos: adrivo/Sutton, mercedes<br />
42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
diesem Niveau kannst du wahrscheinlich eine<br />
Sekunde pro Runde durch talentiertes Fahren<br />
gutmachen, aber dreimal soviel durch fehlerhaftes<br />
Einstellen des Wagens verlieren.«<br />
Ein F1-Fahrer muss alle Einstellmöglichkeiten<br />
an seinem Auto kennen, er muss wissen,<br />
wie er sein Arbeitsgerät so einstellen kann,<br />
damit er das bestmögliche Ergebnis erzielt. »Ich<br />
kenne mein Auto in- und auswendig«, bestätigt<br />
Lewis Hamilton dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />
»Klar, ich muss nicht wissen, wie der Dämpfer<br />
genau eingestellt sein muss, welchen Druck das<br />
Team wählt.« Als Fahrer müsse er nicht die<br />
exakten Zahlen für den vorderen Stabi oder<br />
die Federn wissen, aber er muss absolut alles<br />
verstehen, was mit dem Setup des Autos zu tun<br />
hat. »Ich persönlich verlasse mich nicht ausschließlich<br />
auf meinen Renningenieur und sage<br />
ihm: Ich habe dieses Problem, bitte behebe das<br />
- und dann macht er alles im Alleingang.« Stattdessen<br />
macht Hamilton Vorschläge, wie die<br />
Ingenieure das Fahrverhalten seines <strong>McLaren</strong><br />
verbessern könnten. »In 99 Prozent der Fälle<br />
liege ich richtig.« Dieses Verständnis für die<br />
Technik und das Auto entwickelt ein Fahrer<br />
allerdings nicht über Nacht. Es entsteht über<br />
einen langen Zeitraum und wächst mit den<br />
technischen Neuerungen. »Mir macht das sehr<br />
viel Spaß«, sagt Rosberg. Der Deutsche steckt<br />
viel Energie in die technische Seite seines Jobs.<br />
Manchmal liegt er abends im Hotelzimmer auf<br />
dem Bett, grübelt über das Setup nach oder<br />
brütet über ausgedruckten Datenblättern. Sein<br />
Wenn das Fahrverhalten dem Fahrer nicht zusagt, schreiten die Mechaniker ans Werk<br />
Ziel ist es, an jedem Wochenende die Perfektion<br />
zu erreichen. Rosberg hat dafür die besten<br />
Voraussetzungen, immerhin hätte er die Rennfahrerkarriere<br />
beinahe zugunsten eines Aerodynamikstudiums<br />
aufgegeben. Dieses mathematische<br />
und physikalische Denken hilft ihm<br />
als Rennfahrer sehr. »Letztlich ist alles Physik«,<br />
sagt er. »Ich würde nie eine Änderung vornehmen,<br />
ohne zu verstehen, was dann passiert.«<br />
Natürlich streitet er sich nicht mit seinen Ingenieuren,<br />
doch ist es ihm wichtig, diesen klar zu<br />
machen, dass er, der Fahrer, der Chef ist und<br />
dass er die letzte Entscheidung trifft. Diese<br />
Form der Zusammenarbeit funktioniert für<br />
Rosberg perfekt. »Ich bin überzeugt, dass dies<br />
eine meiner Stärken ist.« Auch Nick Heidfeld<br />
gilt als ein Fahrer, der sich tief in die Materie<br />
einarbeitet und voll reinhängt. Wer mit ihm<br />
zusammenarbeitet, darf sich auf eine lange<br />
Datenanalyse einstellen. Der Spaß kommt bei<br />
all der Setup-Feilerei dennoch nicht zu kurz:<br />
»Ab und zu wechselt man mal aus Spaß ein<br />
Rad«, verrät Heidfeld. »Ein ganzes Auto könnte<br />
ich aber nicht zusammenbauen.« Dafür haben<br />
die Fahrer ja ihre Jungs, die für den ultimativen<br />
Wuselfaktor in der Box sorgen. →<br />
Ungleiche Brüder: Monza & Monaco<br />
Das Setup gibt manchmal selbst einem Urgestein wie<br />
Frank Williams Rätsel auf: »Es ist schwer zu verstehen,<br />
dass ein Auto, das für Melbourne perfekt abgestimmt<br />
ist, in Suzuka plötzlich stark untersteuert.«<br />
High-Downforce: Monaco GP - Für die Fans und<br />
Fahrer ist Monaco ein Highlight, für die Autos ist es<br />
eine Qual. Wegen der vielen Bodenwellen liegt die<br />
Fahrhöhe 5-7 mm höher als auf anderen Strecken.<br />
Um mit den Unebenheiten besser klarzukommen,<br />
werden die Aufhängung und die Stabis weicher eingestellt<br />
als sonst. Im Vergleich zu Barcelona verlangt<br />
Monaco nach einem doppelt so großen Lenkeinschlag.<br />
Bei der Aerodynamik zählt in Monaco nur<br />
eins: voller Abtrieb. Allerdings wirkt sich das nicht<br />
in den Kurven aus, diese werden dafür zu langsam<br />
durchfahren, sondern beim Beschleunigen und<br />
Bremsen. So bleibt das Auto in den Kurven stabil.<br />
Low-Downforce: Italien GP - Monza ist mit rund<br />
250 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und<br />
Topspeeds über 340 km/h die letzte High-Speed-<br />
Strecke im Rennkalender. Vor der Erfindung des<br />
F-Kanals fuhren die Teams in Monza bei einer<br />
Geschwindigkeit von 250 km/h mit rund 20% weniger<br />
Abtrieb als in Monaco. Durch den F-Kanal nutzten<br />
manche Teams 2010 hingegen gar kein Low-Downforce-Paket,<br />
sondern die Standardheckflügel. Das<br />
ändert sich 2011 wieder. Neben dem Luftwiderstand<br />
kommt es auf mechanischen Grip, Stabilität und die<br />
Straßenlage an. Die Fahrer müssen in den Schikanen<br />
präzise Richtungswechsel vollführen, benötigen aber<br />
eine gute Traktion beim Beschleunigen. Um die aerodynamische<br />
Performance zu optimieren, wird die<br />
Bodenfreiheit so gering wie möglich eingestellt. Damit<br />
das Auto nicht aufsetzt, werden die Federwege durch<br />
Gummipuffer künstlich begrenzt.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43
Story.xxxxxxxxxxxxx<br />
story.Setup<br />
So wird ein Formel-1-Auto abgestimmt<br />
Vier Räder, ein Front- und ein Heckflügel: wie kompliziert kann es sein, ein F1-auto<br />
richtig abzustimmen? sehr kompliziert! Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> gibt erste Hilfe.<br />
Heckflügel<br />
Früher ließ sich der Anstellwinkel des Heckflügels verändern.<br />
Moderne Heckflügel sind fixiert. Statt einer Änderung des Anstellwinkels<br />
wird der gesamte Flügel gegen einen mit mehr oder<br />
weniger Downforce ausgetauscht. Je steiler der Flügel ist, desto<br />
schneller ist das Auto in den Kurven, aber umso langsamer ist<br />
es auf der Gerade. Das perfekte Setup ist also immer ein Kompromiss.<br />
Ab 2011 lässt sich der Heckflügel während der Fahrt<br />
flacher stellen, um besser zu überholen (mehr s. S. 25).<br />
Bodenfreiheit<br />
Die Ingenieure würden die Autos gerne so tief wie möglich einstellen,<br />
um so die Aerodynamik zu unterstützen. Gleichzeitig darf das Auto<br />
aber nicht auf den Bodenwellen aufsitzen. Bei der Fahrhöhe agieren<br />
die Teams mit einem Spielraum von einem halben Millimeter. Auch<br />
die Federn und Dämpfer spielen eine Rolle: Die Mechanik soll die<br />
Aerodynamik stabilisieren. Ist das Auto zu weich eingestellt, leidet<br />
die Aerodynamik, weil sich der Bodenabstand ständig verändert und<br />
damit den Luftfluss unter dem Auto beeinträchtigt.<br />
Fotos: ferrari<br />
44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Untersteuern vs Übersteuern<br />
Nico Rosberg erklärt: »Wenn ich in eine Kurve rein fahre, das Auto aber nicht so einlenkt, wie ich<br />
es möchte, nennt man das Untersteuern.« Die Folge: Das Auto schiebt über die Vorderachse, es<br />
fährt geradeaus. Dagegen gibt es mehrere Heilmittel: »Entweder wir stellen das Auto vorne weicher<br />
ein, damit wir so mehr mechanischen Grip, also Haftung, erhalten, oder wir stellen den Frontflügel<br />
steiler, damit das Auto mehr Anpressdruck erzeugt.« Auch so erzeugt das Auto relativ gesehen an<br />
der Vorderachse mehr Grip als an der Hinterachse. »Irgendwann kommt der Punkt, an dem man<br />
in eine Kurve fährt, einlenkt und das Fahrzeugheck kommt.« Das ist dann Übersteuern, das Heck<br />
bricht aus und im schlimmsten Fall dreht sich das Auto. Jetzt muss das Setup wieder in die andere<br />
Richtung eingestellt werden. Es ist durchaus möglich, dass das Auto in der einen Kurve über- und<br />
in der nächsten untersteuert. Dann verstellen die Fahrer das Differenzial von Kurve zu Kurve.<br />
Frontflügel<br />
Bislang durften die Fahrer den Frontflügel pro<br />
Runde um bis 6 Grad nach oben und wieder nach<br />
unten verstellen. Dies sollte Überholmanöver<br />
fördern. Doch die Idee floppte, stattdessen<br />
nutzten die Fahrer die Flügelverstellung rein<br />
dazu, um die Balance des Autos während des<br />
Rennens anzupassen. Ab 2011 ist der verstellbare<br />
Frontflügel verboten.<br />
Gewichtsverteilung<br />
Die Gewichtsverteilung ist einer der wichtigsten Setupfaktoren.<br />
2011 haben sich alle Teams auf eine feste Gewichtsverteilung<br />
von 46:54 geeinigt. Somit gibt es keine bösen Überraschungen<br />
beim Einsatz der neuen Pirelli-Reifen. Auch KERS profitiert<br />
davon – sowie vom erhöhten Mindestgewicht von 640 kg. Somit<br />
kann trotz der relativ schweren KER-Systeme Ballast im Auto<br />
(etwa im Frontflügel) platziert werden, um die Balance und<br />
damit das Fahrverhalten zu verbessern.<br />
Besonders auffällig:<br />
Der F150 besitzt keine<br />
Auspuffrohre mehr,<br />
die nach oben austreten<br />
– stattdessen wird der<br />
Diffusor angeblasen<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 45
TOP5.Lackierungen<br />
5.<br />
Hesketh Racing (1977)<br />
Eine lasziv räkelnde Blondine ist im <strong>Motorsport</strong> eigentlich nichts<br />
Außergewöhnliches, schließlich sind heiße Frauen aus dem<br />
Fahrerlager nicht wegzudenken. Man sieht sie als Fans durch die<br />
Boxengasse spazieren oder als Grid Girl in der Startaufstellung<br />
stehen. Kurios wird es erst, wenn ein Team seine Formel-1-Boliden<br />
mit einer lasziv räkelnden Blondine als Lackierung auf die Rennstrecke<br />
schickt, wie es Hesketh Racing 1977 getan hat. Damals war<br />
das alles andere als normal und eher ein handfester Skandal. Der<br />
Rennstall wurde von Penthouse und Rizla gesponsert, weshalb ein<br />
entsprechend ausgestattetes Girl den Hesketh 308 E zierte. Um die<br />
Gegner kurz abzulenken, sicher nicht die schlechteste Idee.<br />
Rupert Keegan hatte beim US Grand Prix 1977 in Watkins Glen<br />
eine Beifahrerin in seinem Hesketh 308E dabei<br />
Text: Kerstin Hasenbichler<br />
Heiße Kurven, wilde Tiere und fahrende Weltkugeln…<br />
Der Februar ist traditionell die Zeit der Team präsen ta tionen.<br />
Schwarz-gold, Silber oder klassisch Rot sind heute die angesagten<br />
Farben in der Formel 1. In der Vergangenheit bewiesen die Teams<br />
mehr Mut und setzten auch schon mal auf verrückte Lackierungen.<br />
46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
4. Honda (2007)<br />
Mut zur Lackierung bewies nicht nur BAR, sondern auch das Nachfolgeteam<br />
Honda im Jahr 2007. Der RA107 war kein Sponsorenlogoflickenteppich,<br />
keine fahrende Litfaßsäule, sondern eine fahrende<br />
Weltkugel. Lediglich das Heck des Boliden blieb schwarz, wobei es<br />
sich dabei durchaus um die Darstellung des Ozonlochs gehandelt<br />
haben könnte - zumindest symbolisch. In dieses wäre das Team sicherlich<br />
gerne verschwunden, als nach Saisonende nur magere sechs<br />
Punkte auf dem WM-Konto standen. Zumindest blieben Jenson Button<br />
und Rubens Barrichello so gut getarnt, sollten sie sich im Wagen wegen<br />
seines schwierigen Handlings grün und blau geärgert haben. →<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47
TOP5.Lackierungen<br />
3. BAR (1999)<br />
Wenn es um kuriose Lackierungen geht, darf der<br />
allererste Bolide von BAR nicht fehlen. Das Auto<br />
verblüffte die Konkurrenz und die Fans 1999 mit einer<br />
zweigeteilten Reißverschluss-Lackierung. Auf der einen<br />
Seite warb das Team für die Tabakmarke Lucky Strike,<br />
auf der anderen Seite wurde die Marke 555 beworben.<br />
Die Idee für die Lackierung entstand aus einem Notfall<br />
heraus, da die FIA den ursprünglichen Plan verboten<br />
hatte, beide Autos mit zwei unterschiedlichen Lackierungen<br />
zu versehen. Danach brillierten die Marketingstrategen<br />
immer wieder mit einfallsreichen Tabakersatzschriftzügen<br />
oder mit besonderen tabakfreien<br />
Lackierungen für das dritte Auto am Freitag. So konnte<br />
man Anthony Davidson in Monza 2004 im wahrsten<br />
Sinne des Wortes im Cockpit sitzen sehen.<br />
2.<br />
Man kann davon ausgehen, dass das Shadow-Team nicht nur an<br />
seinen Sponsor gedacht hat, als es sich entschied, den Boliden von<br />
Jan Lammers an der Front mit einem riesigen Löwenkopf zu lackieren<br />
- schließlich ist der Löwe ein Symbol für Mut und Stolz. Doch<br />
Shadow (1979)<br />
die Rechnung ging nicht auf, denn die Konkurrenz wusste, dass<br />
die Shadow-Boliden eher einem zahmen Hauskätzchen glichen als<br />
einem wilden Löwen und so betrug die Saisonausbeute des Rennstalls<br />
in der Saison 1979 auch nur magere drei WM-Punkte.<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
1. Jordan (1997-2003)<br />
Bei Lackierungen von F1-Boliden greifen die Teams gerne auf die<br />
Tierwelt zurück oder auf sagenumwobene, magische Waffen aus<br />
der Mythologie, die mystische Kräfte besitzen, die Gegner eliminieren<br />
und den Träger beschützen sollen. Doch Eddie Jordan hat den<br />
Bogen eindeutig überspannt. 1997 gingen seine Boliden mit einer<br />
Kobra-Lackierung auf die Strecke, 1998 und 1999 griff man als gelbe<br />
Hornissen an, was bei den Gegnern aber nur in drei Fällen so viel<br />
Angst auslöste, dass ein Jordan-Pilot gewann. 2001 und 2003<br />
wechselten die Gelben auf Haie respektive Skorpione, wobei Eddie<br />
Jordan nicht nur seine Autos bemalen ließ...<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49
Story.manager<br />
Andre Theuerzeit: Manager von nick heidfeld<br />
50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Die Männer im<br />
Wer den Sprung in die Königsklasse schaffen will, der braucht einen guten Manager.<br />
Doch dessen Aufgaben beschränken sich nicht nur darauf, die Türen zur F1<br />
zu öffnen und Verträge auszuhandeln. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> nimmt Sie mit in<br />
die Welt der Formel-1-Manager. Text: Kerstin Hasenbichler<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
»Management nennt man die Kunst, drei Leute<br />
dazu zu bringen, die Arbeit von drei Leuten zu<br />
verrichten.« So einfach wie es der amerikanische<br />
Schriftsteller William Faulkner beschrieb, ist es<br />
natürlich nicht - schon gar nicht, wenn es um<br />
das Management eines F1-Piloten geht. Ein<br />
F1-Manager muss eine Fülle von Aufgaben verrichten.<br />
»Es ist so, dass wir einen Rennfahrer<br />
als sehr jungen Burschen übernehmen, ihn fördern<br />
und auch finanzieren, bis zum Einstieg in<br />
die Formel 1. Das heißt, die gesamte Karriereplanung<br />
und -betreuung sowie sämtliche Entscheidungen,<br />
wo und in welchen Rennserien<br />
der Pilot fährt, samt der Finanzierung laufen<br />
über uns«, erklärt Manfred Zimmermann. Der<br />
Manager von Force India-Pilot Adrian Sutil ist<br />
ein alter Hase im F1-Geschäft und weiß wie es<br />
läuft. »Die Aufgaben eines Managers sind nicht<br />
nur, Verträge auszuhandeln und von diesen<br />
Verträgen 20 Prozent Provision zu nehmen.<br />
Wenn sich ein Manager darauf reduziert, dann<br />
würde ich jedem Fahrer raten, es sein zu lassen«,<br />
stellt Zimmermann klar. Ein F1-Manager muss<br />
Mehrwerte generieren, globale Partner finden,<br />
sich um das Gesamtpaket kümmern und vor<br />
allem die entscheidenden Verbindungen haben.<br />
»Nur dann kann man einem Fahrer, den man<br />
in die Formel 1 bringen will, die Türen öffnen.<br />
Man muss als Manager alle kennen, die Rang<br />
und Namen haben und vielleicht sogar noch die<br />
Telefonnummer haben, damit man diejenigen<br />
anrufen und sagen kann: Ich habe einen Fahrer,<br />
den ihr euch ansehen müsst. Können wir uns<br />
einmal unterhalten?«, verrät Willi Weber, Manager<br />
von Nico Hülkenberg.<br />
Alles nur Schaumschläger?<br />
Wer zu den Besten der Besten zählen will, der<br />
muss allerdings mehr als nur über den Titel<br />
»Manager« verfügen. Ohne Ausbildung läuft gar<br />
nichts, schließlich kann auch ein Rennfahrer<br />
nicht direkt vom Kart in einen F1-Boliden stei-<br />
gen. »Ich glaube, dass ein fundiertes Wissen in<br />
Sachen Klienten-Management, Vertragsrecht<br />
sowie betriebswirtschaftliche Kenntnisse von<br />
essentieller Bedeutung sind«, sagt Zimmermann.<br />
Laut Gerhard Berger fehlt den aktuellen<br />
F1-Managern allerdings genau dieses Wissen.<br />
Der frühere F1-Rennfahrer bezeichnet 80 Prozent<br />
der aktuellen Manager als Schaumschläger.<br />
»Ich hoffe, da zählt er mich nicht dazu«, scherzt<br />
Zimmermann und fügt hinzu: »Ich kann mich<br />
seinen Aussagen anschließen, ob es 80 Pro- →<br />
Egal ob lustige sms oder spannende Zeitungsgeschichten: Die Manager sorgen für ihre Schützlinge<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 51
Story.manager<br />
zent sind, weiß ich nicht, aber es gibt in meinen<br />
Augen nicht so viele, die ihr Geld wert sind auf<br />
der Welt.« Auch Andre Theuerzeit, Manager von<br />
Nick Heidfeld nimmt die Kritik nicht persönlich:<br />
»Gerhard Berger ist schon so lange in diesem<br />
Geschäft, da wird er sich sicherlich auf Erfahrungswerte<br />
stützen können.« Den großen Erfolg<br />
könne ein F1-Manager aber niemals alleine<br />
schaffen. »Es muss eine Symbiose zwischen Fahrer<br />
und Manager geben. Der Eine muss wissen,<br />
was der Andere denkt«, stellt Weber klar.<br />
Aufgabe I:<br />
Vertragsverhandlungen<br />
Die Aufgabe ist klar: der Manager muss versuchen,<br />
mit einem Team in jedem Punkt auf einen<br />
Nenner zu kommen. Wenn es sich dabei nicht<br />
um das absolute Wunschteam handelt, wird parallel<br />
noch mit anderen Teams verhandelt. »Ein<br />
Manager muss die Verträge im Sinne des Fahrers<br />
aushandeln. Das gelingt leider nicht immer, vor<br />
allem wenn ein Fahrer nicht so erfolgreich ist.<br />
In diesem Fall muss man versuchen, Kompromisse<br />
zu schließen«, erzählt Weber. Eine wichtige<br />
Rolle bei den Verhandlungen spielen die<br />
Gehaltsforderungen des Fahrers, allerdings nicht<br />
allein. Ein Fahrervertrag ist zwischen 30 bis 50<br />
Seiten lang, d.h. es gibt viele Punkte, die es zwischen<br />
Manager und Team zu besprechen gibt.<br />
Mit welchen Teams verhandelt wird, bestimmt<br />
nicht in jedem Fall der Manager. »Das kann man<br />
nicht pauschalisieren«, bestätigt Theuerzeit.<br />
»Nick und ich besprechen uns natürlich wie wir<br />
vorgehen und stimmen uns ständig ab. Das mag<br />
Willi Weber: Manager von Nico Hülkenberg<br />
»Den groSSen Erfolg kann ein F1-<br />
Manager aber niemals alleine<br />
schaffen. Es muss eine Symbiose<br />
zwischen Fahrer und Manager geben.«<br />
bei anderen Fahrern, speziell wenn sie noch jünger<br />
sind, anders sein. Da kann es sein, dass<br />
durchaus nur der Manager den Weg bestimmt.«<br />
Und auch wenn ein Fahrer wie Sebastian Vettel<br />
keinen Manager hat, trifft er die Entscheidung<br />
bei Vertragsverhandlungen nie allein. »Auch<br />
wenn ein Fahrer keinen Manager hat, verfügt er<br />
doch über Berater. Egal, ob es jemand aus dem<br />
engen Umfeld ist, ein Anwalt oder eine Agentur«,<br />
sagt Theuerzeit.<br />
Aufgabe II:<br />
Sponsorensuche<br />
Ein Cockpit zu finden, ist 2011 nicht so einfach.<br />
Viele Teams setzen auf Paydriver, was den Job<br />
eines F1-Managers nicht einfacher macht. »Es ist<br />
momentan sehr schwierig. Ich will nicht sagen,<br />
dass die sportliche Leistung keine Rolle mehr<br />
spielt, aber sie spielt definitiv eine untergeordnete<br />
Rolle. Viele Cockpits sind für Fahrer, die sich<br />
über ihre Leistung anbieten, nicht verfügbar und<br />
das macht es natürlich schwieriger«, verrät Theuerzeit.<br />
Wer keinen Sponsor im Hintergrund hat,<br />
kann durchaus auf der Strecke bleiben. »Am<br />
Ende muss ein Pilot von seinem Sport leben können.<br />
Das Ziel ist, Geld zu verdienen, sonst<br />
braucht er das gar nicht zu machen«, stellt Zimmermann<br />
klar. Auch Weber würde niemals für<br />
einen Fahrer Geld in die Hand nehmen. »Ich<br />
weigere mich, Geld mitzubringen, für einen Fahrer,<br />
der zu den Weltbesten zählt. Wenn man einmal<br />
damit angefangen hat, dann wird man ein<br />
Leben lang für diesen Fahrer zahlen müssen. Es<br />
kann nicht die Aufgabe eines Managers sein,<br />
Geld zu suchen und Sponsoren zu überzeugen.<br />
Ich verkaufe nur Piloten, die Leistung bringen<br />
und mit denen man Werbung machen kann«,<br />
betont Weber. Im anderen Fall würde es sich<br />
nicht um einen Sponsor, sondern um einen Gönner<br />
handeln wie im Fall Vitaly Petrov. »Vladimir<br />
Putin will unbedingt einen russischen Fahrer in<br />
der Formel 1 haben - egal, was es kostet«, so<br />
Weber. Generell sollten Fahrer- und Sponsorenverträge<br />
niemals miteinander vernetzt werden.<br />
»Es muss so sein, dass der Fahrer einen Fahrervertrag<br />
bekommt und dafür entlohnt wird und<br />
wenn man dann noch die Möglichkeit hat, Sponsoren<br />
zum Team zu bringen, dann ist das mit<br />
Sicherheit für das Team, den Fahrer und sein<br />
Management lohnend«, sagt Zimmermann. Aus<br />
dem Alter, sich mit Geld bei Teams anzubieten,<br />
sei man heraus. »So haben wir den Einstieg<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Manfred Zimmermann: Manager von Force India-Pilot Adrian Sutil<br />
Lesen Sie Exklusivinterviews mit Andre Theuerzeit, Manfred Zimmermann und Willi Weber unter www.motorsport-magazin.com/goto/manager/<br />
geschafft, aber das ist bei uns seit einigen Jahren<br />
nicht mehr der Fall«, erklärt Zimmermann.<br />
Aufgabe III:<br />
Platzierung des Fahrers<br />
in den Medien<br />
Egal, ob bei Vertragsverhandlungen oder Sponsorensuche,<br />
das Image eines Fahrers ist entscheidend.<br />
Typen wie Lewis Hamilton, Fernando<br />
Alonso oder Michael Schumacher sind für Manager<br />
leichter zu vermarkten, weil sie nicht nur<br />
Erfolge bringen, sondern auch polarisieren.<br />
»Sicherlich spielt bei größeren Partnern der<br />
Erfolg eine wichtige Rolle, aber genau genommen<br />
geht es um das Image und wie ein Fahrer in der<br />
Öffentlichkeit stattfindet. Dabei ist es wichtig,<br />
dass der Fahrer einen Charaktertypen darstellt,<br />
denn austauschbare und uniforme Sportler sind<br />
nicht gefragt und finden auch nicht entsprechend<br />
statt«, weiß Zimmermann. Gemeinsam mit dem<br />
Fahrer muss der F1-Manager eine Strategie entwickeln,<br />
die sicherstellt, dass nicht nur das Image<br />
des Fahrers akzeptiert wird, sondern auch dass<br />
seine Ausstrahlung bei Teams, Sponsoren und<br />
Fans gut ankommt. »Es geht darum, wie sich ein<br />
Fahrer in der Öffentlichkeit artikuliert, wie er<br />
sich gibt. Das sind alles Punkte, die man berücksichtigen<br />
muss, damit der Ball letztendlich rund<br />
wird und man sagt, dass alles an dem Fahrer<br />
stimmt und man ihn gern in seinem Team hätte«,<br />
erklärt Weber.<br />
Aufgabe IV:<br />
Merchandising<br />
Egal ob T-Shirts, Kappen, Regenschirme, Kaffeebecher<br />
oder Plüschtiere. In der heutigen Zeit<br />
können sich Fans mit Merchandisingartikeln<br />
ihrer Lieblingsfahrer zuschütten. »Es ist inzwischen<br />
ein Muss geworden, das jedes Team und<br />
jeder Fahrer Merchandising macht«, weiß<br />
Weber. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Dennoch<br />
können nur die Traditionsmarken wie <strong>Ferrari</strong><br />
oder Mercedes mit Merchandising noch großes<br />
Geld machen, für den Rest ist es ein nettes<br />
Zubrot. »Was die Formel 1 betrifft, wird Merchandising<br />
von vielen Leuten überbewertet.<br />
Geld mit Merchandising zu verdienen ist sehr<br />
schwer und selten. Es gehen ja nicht ohne Grund<br />
immer wieder Merchandising-Gesellschaften<br />
pleite«, erklärt Zimmermann. In den 90er Jahren<br />
sah das Bild völlig anders aus. »Zum Glück habe<br />
ich das Beste in den 90er Jahren mitgenommen.<br />
Damals wurde noch sehr wenig Merchandising<br />
in der Formel 1 gemacht. Jetzt lohnt es sich mehr<br />
oder weniger nicht mehr«, sagt Weber. »Ich muss<br />
ehrlich sagen, dass das Merchandising seine<br />
besten Jahre hinter sich hat.« MSM<br />
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history.Winterrennen<br />
Von wegen Winterpause!<br />
Ausgiebiges Training, lange<br />
Windkanaltests und späte<br />
präsentationen – all das gab<br />
es früher nicht. damals wurde<br />
sogar im januar gefahren.<br />
Text: Stephan Heublein<br />
Sehnsüchtiges Warten, prunkvolle Präsentationen,<br />
erste Roll-Outs, ausgiebige Testfahrten<br />
und dann im März ein Saisonstart im wundervollen<br />
Australien oder nicht ganz so bezaubernden<br />
Bahrain - genau so und nicht anders<br />
kennt die Formel-1-Welt einen modernen Jahresbeginn.<br />
Das war aber nicht immer so. In der<br />
so genannten guten, alten Zeit gab es bei Weitem<br />
keine 20 Rennen pro Jahr wie heute, dennoch<br />
reichte der Rennkalender teilweise bis weit in<br />
den Dezember hinein - und Anfang Januar ging<br />
es schon wieder los! Zwei Mal startete eine neue<br />
Formel-1-Saison sogar am ersten Tag des Jahres<br />
mit einem Neujahrsrennen am 1. Januar. Zuletzt<br />
fuhr die Formel 1 1982 einen Grand Prix im<br />
Januar. Danach starben die Januar-Rennen<br />
wegen der schwierigen Logistik und der längeren<br />
Entwicklungszeit der Autos aus. Dabei<br />
konnten clevere Geschäftsleute wie Colin Chapman<br />
und Jack Brabham in Südafrika sogar Geld<br />
verdienen: Sie verkauften ihre Vorjahresautos<br />
nach dem Rennen an Ort und Stelle! MSM<br />
54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Die Winterrennen der Formel 1 - im Dezember und Januar<br />
Datum Grand Prix Sieger<br />
18.01.53 Buenos Aires (ARG) Alberto Ascari (<strong>Ferrari</strong>)<br />
Datum Grand Prix Sieger<br />
13.01.74 Buenos Aires (ARG) Denny Hulme (<strong>McLaren</strong>)<br />
17.01.54 Buenos Aires (ARG) Juan Manuel Fangio (Maserati)<br />
27.01.74 Interlagos (BRA) Emerson Fittipaldi (<strong>McLaren</strong>)<br />
16.01.55 Buenos Aires (ARG) Juan Manuel Fangio (Mercedes)<br />
12.01.75 Buenos Aires (ARG) Emerson Fittipaldi (<strong>McLaren</strong>)<br />
22.01.56 Buenos Aires (ARG) Luigi Musso (Lancia <strong>Ferrari</strong>)<br />
26.01.75 Interlagos (BRA) Carlos Pace (Brabham)<br />
13.01.57 Buenos Aires (ARG) Juan Manuel Fangio (Maserati)<br />
25.01.76 Interlagos (BRA) Niki Lauda (<strong>Ferrari</strong>)<br />
19.01.58 Buenos Aires (ARG) Stirling Moss (Cooper)<br />
09.01.77 Buenos Aires (BRA) Jody Scheckter (Wolf)<br />
29.12.62 East London (RSA) Graham Hill (BRM)<br />
23.01.77 Interlagos (BRA) Carlos Reutemann (<strong>Ferrari</strong>)<br />
28.12.63 East London (RSA) Jim Clark (Lotus)<br />
15.01.78 Buenos Aires (ARG) Mario Andretti (Lotus)<br />
Fotos: adrivo / sutton<br />
01.01.65 East London (RSA) Jim Clark (Lotus)<br />
02.01.67 Kyalami (RSA) Pedro Rodriguez (Cooper)<br />
01.01.68 East London (RSA) Jim Clark (Lotus)<br />
23.01.72 Buenos Aires (ARG) Jackie Stewart (Tyrrell)<br />
28.01.73 Buenos Aires (ARG) Emerson Fittipaldi (Lotus)<br />
Argentinien 1974: Ronnie Peterson und Ehefrau<br />
Barbro entspannen am Pool in Buenos Aires<br />
29.01.78 Rio de Janeiro (BRA) Carlos Reutemann (<strong>Ferrari</strong>)<br />
21.01.79 Buenos Aires (ARG) Jacques Laffite (Ligier)<br />
13.01.80 Buenos Aires (ARG) Alan Jones (Williams)<br />
28.01.80 Interlagos (BRA) René Arnoux (Renault)<br />
23.01.82 Kyalami (RSA) Alain Prost (Renault)<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55
History.Prost<br />
Der<br />
Professor<br />
Alain prost<br />
Alain Prost war kein normaler Rennfahrer, weder in seiner Zeit noch aus heutiger<br />
Sicht. Der Franzose dachte nicht nur mit, sondern immer auch voraus - nicht umsonst ging er<br />
als »Der Professor« in die Formel-1-Geschichte ein. Text: Frederik Hackbarth<br />
2011 soll es in der Formel 1 durch diverse Regeländerungen<br />
und Neuerungen, wie den verstellbaren<br />
Heckflügel und KERS, wieder mehr auf<br />
den Fahrer ankommen. Die Piloten müssen noch<br />
mehr Dinge bewältigen, blitzschnell reagieren<br />
und ihre Fähigkeit verbessern, Rennsituationen<br />
richtig zu analysieren, um alle ihnen zur Verfügung<br />
stehenden technischen Hilfen bestmöglich<br />
einzusetzen. Einer, der zu seiner Zeit als der<br />
Meister dieser kontrollierten Perfektion am<br />
Limit galt, ist Alain Prost. »Prost ist sehr klug<br />
- klug genug, um sich selbst immer in die Lage<br />
zu bringen, gewinnen zu können«, beschrieb ihn<br />
Keke Rosberg. »Bei ihm herrscht der Kopf, nicht<br />
das Herz.« Das brachte ihm den Spitznamen<br />
‚Der Professor‘ ein. Für die Generation von<br />
heute dürfte der vierfache Weltmeister somit ein<br />
lehrreiches Beispiel darstellen.<br />
Sein Spitzname ist symptomatisch für das<br />
Schaffen des 1955 in Lorette an der Loire geborenen<br />
Alain Prost. Für den ehrgeizigen Franzosen<br />
war <strong>Motorsport</strong> seit jeher Kopfsache. Durch diese<br />
Einstellung machte Prost den Rückstand auf die<br />
gleichaltrige Konkurrenz wett - da er erst vergleichsweise<br />
spät im Alter von 14 Jahren im<br />
Urlaub zufällig mit dem Kartsport begonnen<br />
hatte. Das Denkmuster immer mehrere Schritte<br />
voraus zu blicken, war bereits seit den Anfängen<br />
seiner Karriere fest im Kopf verankert, wie ein<br />
Beispiel aus dem Jahr 1979 zeigt. Prost war<br />
gerade frisch gebackener europäischer F3-Champion<br />
und auf der Suche nach einem Cockpit in<br />
der Formel 1. Bei <strong>McLaren</strong> bot man ihm zu Saisonende<br />
die Chance, in einem dritten Boliden<br />
für das Team in Watkins Glen an den Start zu<br />
gehen. Doch überraschenderweise schlug er das<br />
Angebot aus. Stattdessen fragte er lieber nach<br />
einem Test mit dem Team in Le Castellet - in aller<br />
Ruhe und ohne Druck. Bei diesem Test düpierte<br />
er die gesamte Konkurrenz und hatte so gleich<br />
einen Vertrag für das komplette nächste Jahr in<br />
der Tasche. Wie noch so oft bei späteren Erfolgen,<br />
traf Prost die meisten Entscheidungen nicht aus<br />
dem Bauch heraus, sondern eben mit dem Kopf<br />
- und behielt damit zumeist Recht.<br />
Obwohl Prost in seinem Rookiejahr mit<br />
<strong>McLaren</strong> 1980 auf Augenhöhe mit seinem erfahrenen<br />
Teamkollege John Watson unterwegs war,<br />
zerfiel der <strong>McLaren</strong> zu oft in seine Bestandteile.<br />
Prost stellte danach immer wieder klar, nicht<br />
wegen des Geldes, sondern vornehmlich wegen<br />
der Sicherheit 1981 zu Renault gewechselt zu<br />
sein. Im Jahr 1983 hatte er dort erstmals große<br />
Titelchancen, doch die Konkurrenz von BMW<br />
entwickelte gut und Renault konnte zu Ende der<br />
Saison nicht mehr mithalten. Fortan zog es →<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Statistik:<br />
WM-Titel: 4<br />
(1985, 1986, 1989, 1993)<br />
GP-Starts: 199<br />
GP-Siege: 51<br />
Pole Positions: 33<br />
Schnellste Rennrunden: 41<br />
WM-Punkte: 798,5<br />
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History.Prost<br />
Senna der Hitzkopf und Prost der Analytiker, der Stoiker, eben der Professor -<br />
die Rolle, in der er sich am wohlsten und sichersten fühlte. Es war der Anfang der größten<br />
Rivalität, die die Formel 1 jemals zu sehen bekam.<br />
ihn wieder zurück zu <strong>McLaren</strong>. Dort fehlte 1984<br />
zum Triumph nur ein halber Punkt auf Teamkollege<br />
Niki Lauda. Ironischerweise war Prost<br />
selbst an seinem Unglück beteiligt. Er war es, der<br />
im Regenchaos von Monaco in Führung liegend<br />
den Abbruch gefordert hatte. Wäre das Rennen<br />
regulär zu Ende gegangen und hätte es die volle<br />
Punktzahl gegeben, wäre er Champion gewesen.<br />
Doch trotz aller Verbissenheit stand die Sicherheit<br />
an erster Stelle, genauso wie die Tugend der<br />
Geduld. In den Folgejahren zahlte sich das aus.<br />
1985 und 1986 krönte sich Prost zum ersten Fahrer<br />
seit Jack Brabham, der zwei Weltmeistertitel<br />
hintereinander feiern konnte. Im ersten Jahr<br />
dominierte er die Szene spielerisch und war für<br />
Verfolger Alboreto bald außer Reichweite. Im<br />
Jahr darauf brillierte Prost, als er sich in einem<br />
atemberaubenden Finale noch gegen die schnelleren,<br />
aber glücklosen Williams von Nigel Mansell<br />
und Nelson Piquet durchsetzte.<br />
Prost war stets ein großer Sportsmann. Nach<br />
der Saison 1987 hätte er als Nummer 1 im Team<br />
die Chance gehabt, bei der Wahl des Teamkollegen<br />
ein Veto einzulegen. Wie jeder andere Team-<br />
chef im Fahrerlager wollte Ron Dennis das<br />
Jahrhunderttalent Ayrton Senna verpflichten.<br />
Prost war Manns genug, sich nicht dagegen zu<br />
sträuben, sondern nahm den Kampf an. Wie<br />
sollte er auch sonst Genugtuung darüber empfinden,<br />
der Beste zu sein, wenn dem Gegner die<br />
Chance geraubt wurde, sich mit gleichem Material<br />
zu messen? Schon beim ersten Test des neuen<br />
<strong>McLaren</strong> MP4/4 in Rio spielte der Franzose<br />
Senna einen kleinen Streich. Nicht umsonst hieß<br />
Prost in der heimischen Presse auch »Der Terrorist«.<br />
Der Altmeister sollte ein paar Runden<br />
drehen, dann hereinkommen und das Auto an<br />
Senna übergeben. Im Wissen um den Ruf des<br />
unendlich ehrgeizigen Aufsteigers aus Brasilien<br />
fuhr Prost an die Box, blieb aber vorerst im Auto<br />
sitzen, während die Mechaniker neue Reifen aufzogen.<br />
Dieses Spielchen trieb Prost so lange, bis<br />
Sennas Geduld am Ende war und er anfing zu<br />
lamentieren: »Das ist nicht fair.« Schon lockerte<br />
Prost die Gurte und stieg aus. Sein Ziel hatte er<br />
erreicht. Von nun an wusste jeder im Team um<br />
die ungeduldige Art Sennas und es gab eine klare<br />
Rollenverteilung. Senna der Hitzkopf und Prost<br />
der Analytiker, der Stoiker, eben der Professor<br />
- die Rolle, in der er sich am wohlsten und<br />
sichersten fühlte. Es war der Anfang der größten<br />
Rivalität, die die Formel 1 jemals zu sehen bekam.<br />
1988 machte das Duo alles platt. Sieben Siege<br />
für Prost, acht für Senna. Bis auf das Rennen in<br />
Monza zeigte das Team eine nie zuvor da gewesene<br />
Dominanz. Die zwei besten Fahrer ihrer<br />
Zeit waren im letzten Turbojahr mit dem von<br />
Gordon Murray designten Überauto in einer<br />
anderen Liga unterwegs. Am Ende setzte sich<br />
Senna aufgrund der damals zählenden Streichresultate<br />
knapp durch. Anders als oft angenommen<br />
war das jedoch nicht der Grund für das<br />
schlechte Verhältnis der Beiden. Zum Bruch mit<br />
Senna kam es erst in Imola 1989. Die <strong>McLaren</strong>-<br />
Piloten hatten einen Pakt, nicht vor der ersten<br />
Kurve zu überholen. Der Pakt wurde gebrochen,<br />
beide sahen sich im Recht und die ohnehin angespannte<br />
Beziehung war fortan nicht mehr existent.<br />
In Mexiko ließ sich Prost auf die politischen<br />
Spielchen des Gegners ein und bezichtigte<br />
Motorenlieferant Honda, Senna das bessere<br />
Aggregat gegeben zu haben. Die Situation im<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
58 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
»Das Leben ist ein Spiel und ich will der Beste sein«, sagte Prost einmal. »Andernfalls<br />
ist das Spiel, das Leben, nicht interessant. Selbst, wenn ich Karten spiele, will ich gewinnen. Wenn<br />
ich anders denken würde, würde ich aufhören zu spielen.«<br />
Team wurde nicht besser und Prost entschied<br />
sich, zu <strong>Ferrari</strong> zu wechseln. Dessen nicht genug<br />
- vor Freude über den Sieg in Monza warf der<br />
designierte <strong>Ferrari</strong>-Pilot seinen Siegerpokal in<br />
die Zuschauermenge. Für den bekennenden<br />
Trophäen-Sammler Ron Dennis ein Affront allererster<br />
Güte. Der Teamchef unterstellte seinem<br />
Piloten, absichtlich gehandelt zu haben und das<br />
Verhältnis war fortan zerrüttet. Prost fühlte sich<br />
nicht mehr wohl im Team und hatte das Gefühl,<br />
etwas außerhalb seiner Kontrolle würde stattfinden.<br />
Etwas, das er selbst nicht direkt beeinflussen<br />
könne. Für den sachlichen Perfektionisten wohl<br />
das schlimmste überhaupt vorstellbare Gefühl.<br />
Er gab zu, dass ihm das Rennfahren in dieser<br />
unterkühlten Atmosphäre keinen Spaß mehr<br />
mache und er wohl ein Jahr zu lang geblieben<br />
sei. Alles gipfelte im legendären Showdown von<br />
Suzuka. Prost führte, doch als Senna seine einzige<br />
Chance auf die Führung in der Schikane sah,<br />
krachte es. Prost stieg aus. Senna fuhr weiter,<br />
wurde aber später disqualifiziert. Für das Team<br />
siegte so der falsche Pilot und Prost nahm den<br />
Titel und die Nummer 1 zu <strong>Ferrari</strong> mit.<br />
Ein Jahr später kam es zum Revanchefoul.<br />
Senna lag in der WM in Front. Ein Ausfall Prosts<br />
bedeutete gleichsam den Titel für den Brasilianer.<br />
Als er in der ersten Kurve nach dem Start in<br />
Suzuka die Möglichkeit sah, stieß Senna in eine<br />
Lücke, die keine war und beendete die Titelhoffnungen<br />
seines Kontrahenten aus Frankreich -<br />
gleichsam wie die letzten Hoffnungen auf Aussöhnung<br />
zwischen den Rivalen. Viel zu sagen<br />
hatten sich die beiden ohnehin nicht mehr. Nach<br />
dem spektakulären Highspeedcrash stiegen beide<br />
aus dem Auto, als wäre nichts gewesen. Im<br />
Gegensatz zum verdutzten Rest der Welt, wussten<br />
sie wohl schon vorher, was passieren würde. »Das<br />
Leben ist ein Spiel und ich will der Beste sein«,<br />
sagte Prost einmal. »Andernfalls ist das Spiel, das<br />
Leben, nicht interessant. Selbst, wenn ich Karten<br />
spiele, will ich gewinnen. Wenn ich anders denken<br />
würde, würde ich aufhören zu spielen.«<br />
Trotz aller Gemeinsamkeiten und des unbedingten<br />
Erfolgswillens, waren die beiden Platzhirsche<br />
zwei äußerst unterschiedliche Charaktere.<br />
Das kam auch auf der Strecke deutlich zum Vorschein.<br />
Anders als der als aggressiv geltende Brasilianer<br />
hatte Prost einen sehr weichen, präzisen<br />
und schonenden Fahrstil. Fast sah es langsam aus<br />
und war genau dadurch schnell. Prost machte<br />
kaum Fehler, lenkte schon während des Bremsens<br />
ein und fand an Stellen Grip, wo die Konkurrenz<br />
längst im Kiesbett feststeckte. Doch bei allem<br />
sportlichen Spaß an der Sache - in Folge der<br />
Unsportlichkeiten und Veränderungen in der Formel<br />
1 hegte der sensible Franzose immer wieder<br />
Rücktrittsgedanken. 1992 nahm er sich schließlich<br />
eine Auszeit. Dadurch bot sich ihm für die Saison<br />
1993 die Chance auf das Williams-Cockpit von<br />
Mansell. Prost kam zurück, fuhr alles in Grund<br />
und Boden und zeigte den Gegnern noch einmal<br />
aus welchem Holz er geschnitzt war - nur um sich<br />
dann endgültig zu verabschieden. Sein Comeback<br />
war an Erfolg und Stil kaum zu überbieten. Selbst<br />
Michael Schumacher, der sich seinerseits am zweiten<br />
Frühling in der Königsklasse versucht, musste<br />
die Schwierigkeiten einer Rückkehr feststellen.<br />
Der Rekordchampion hat jedoch noch zwei weitere<br />
Jahre Vertrag bei Mercedes, um es seinem<br />
Vorgänger gleich zu tun und sich auf dem Höhepunkt<br />
zu verabschieden.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 59
Story.böser.zwilling<br />
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2008<br />
Kimis böser Bruder<br />
»In der letzten Saison ist nicht Kimi gefahren,<br />
sondern sein Zwillingsbruder.«<br />
Kimi Räikkönen wurde 2007 im ersten Jahr mit<br />
<strong>Ferrari</strong> Weltmeister. Danach setzte er sich zur Vorbereitung<br />
auf die Rallye WM ab. An seiner Stelle fuhr sein Eis<br />
schleckender Zwillingsbruder für <strong>Ferrari</strong>.<br />
2009<br />
Michaels böser Bruder<br />
»Der wirkliche Michael wird<br />
für immer in der <strong>Ferrari</strong>-Familie<br />
bleiben. Es sieht so aus, dass<br />
er einen Zwillingsbruder hat,<br />
identisch in jeder Art, der es<br />
sich wohl in den Kopf gesetzt hat,<br />
zu gehen und Rennen in<br />
der F1 mit Mercedes zu fahren.«<br />
Nach dem gescheiterten<br />
<strong>Ferrari</strong>-Comeback für den<br />
verletzten Felipe Massa blieb<br />
in Montezemolos Augen der<br />
alte Michael im Ruhestand,<br />
nur dessen Zwilling verfiel<br />
der silbernen Seite der Macht.<br />
Was sich wohl Ralf dabei<br />
denkt, dass noch ein Bruder<br />
schneller ist als er?<br />
die<br />
bosen<br />
zwillingsbruder<br />
Wenn bei <strong>Ferrari</strong> alle Stricke zu reißen drohen, greift Präsident<br />
Luca di Montezemolo auf seine Geheimwaffe zurück:<br />
Nicht seine Fahrer haben versagt, sondern deren böse<br />
Zwillingsbrüder. Seit 2007 musste er in den letzten Jahren<br />
des Öfteren seine Lieblingsmetapher auspacken...<br />
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2010<br />
Felipes böser Bruder<br />
»An einem gewissen<br />
Punkt der Saison<br />
war Felipe verärgert<br />
und schickte dann<br />
seinen Bruder.«<br />
Felipe Massa war nach dem<br />
schweren Unfall von Ungarn<br />
wohl doch noch nicht<br />
hundertprozentig genesen<br />
und schickte stattdessen<br />
seinen Bruder ins Rennen.<br />
Der Anruf hörte sich ungefähr<br />
so an: »You are faster<br />
than me - can you confirm<br />
that you understood<br />
this message?«<br />
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Fotos: adrivo/Sutton<br />
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Foto: mercedes-benz<br />
Paul di Resta als Santa<br />
Clause: Was man für ein F1-<br />
Cockpit nicht alles tut...<br />
Umfrage<br />
Wird Sebastien Ogier der<br />
neue Sebastien Loeb?<br />
Nein, niemand kann Loebs Rekorde brechen 50 %<br />
Nein, Loeb bleibt weiter vorne 33 %<br />
Ja, er ist Loebs Erbe 17 %<br />
Leser-Umfrage auf www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
»Das Münchner Olympiastadion<br />
ist nicht unbedingt die<br />
bevorzugte Teststrecke, um<br />
ein neues Auto zu erproben.«<br />
Mario Theissen winkt ab: BMW wird beim Showevent in München kein Rennen fahren<br />
Kommentar: Eine Lanze für die Dakar<br />
Die Rallye Dakar ist das letzte große motorsportliche Abenteuer. Zwei Wochen lang fahren die Piloten durch<br />
Wüsten und Urwald. Mensch und Maschine gehen bis ans Limit. Dagegen erscheint die Formel 1 wie ein Familienurlaub.<br />
Doch leider ist die Wahrnehmung der Dakar in der breiten Öffentlichkeit alles andere als auf die sportlichen<br />
Leistungen beschränkt. Es braucht schon einen angeblichen Fall von sexueller Belästigung oder Todesfälle, um<br />
(Negativ-)Schlagzeilen zu schreiben. Schade, denn die Siege von Nasser Al-Attiyah und Marc Coma sollten nicht<br />
von Sensationsgier überdeckt werden. Stephan Heublein<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 61
Interview.Spengler<br />
Shanghai brachte<br />
Bruno Spengler<br />
kein Glück: er verlor<br />
den DTM-Titel<br />
an seinen Markenkollegen<br />
Paul di Resta<br />
62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Titel 2011<br />
man kann sich nie<br />
sicher sein!<br />
Er war der traurige Held 2010. Bruno Spengler ging als Meisterschaftsführender ins<br />
Finalrennen, dennoch klappte es mit dem Titel nicht. 2011 startet er einen neuen Versuch.<br />
Im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> verrät er, wie es diesmal klappen soll.<br />
Text: Kerstin Hasenbichler<br />
FOTOs: adrivo/sutton<br />
MSM: Bruno, Du hast die Winterpause ge -nutzt,<br />
um Urlaub in Deinem Heimatland Kanada zu<br />
machen. Konntest Du deine Akkus für 2011<br />
wieder voll aufladen?<br />
BRUNO SPENGLER: Ja, es war wirklich schön.<br />
Fast einen Monat war ich in Kanada und habe<br />
eine sehr schöne Zeit gehabt. Ich habe Zeit mit<br />
meiner Familie verbracht und Freunde getroffen,<br />
die ich schon lange nicht mehr gesehen<br />
habe. Am Beginn des Urlaubs bin ich sehr viel<br />
Langlaufen gewesen, ich liebe diesen Sport.<br />
Bereits als kleiner Junge bin ich von der Schule<br />
aus Langlaufen gewesen. Zudem ist es ein<br />
sehr gutes Training, aber leider war nach zwei<br />
Wochen der Schnee weg. Januar ohne Schnee -<br />
das kennen wir in Kanada fast gar nicht.<br />
Damit waren wohl auch Deine Pläne, Biathlon<br />
auszuprobieren, zunichte?<br />
Stimmt. Die ersten zwei Wochen bin ich nur<br />
Langlaufen gewesen und bin ein paar Mal Ski<br />
gefahren. Dann hatten wir 7 Grad plus, statt 15<br />
Grad minus - einfach unglaublich.<br />
Zurück in Deutschland, was steht die kommenden<br />
Wochen auf Deinem Sportplan?<br />
Wer sein Auto liebt, springt auf die Motorhaube. Bruno<br />
Spengler möchte 2011 noch öfter Siege feiern<br />
Im Moment absolviere ich ein Grundlagentraining.<br />
Ich spiele sehr viel Tennis, fahre Rad und<br />
versuche im Fitnessstudio meine Muskulatur<br />
zu trainieren. Wenn das Wetter passt, dann<br />
gehe ich gern auf den Golfplatz. Das hilft mir<br />
die Konzentration zu verbessern und ich habe<br />
die Hoffnung nicht aufgegeben, dass noch einmal<br />
Schnee fällt. Der Winter ist noch lang und<br />
ich will unbedingt Biathlon ausprobieren.<br />
Neben der körperlichen Fitness, ist für einen<br />
Rennfahrer auch die mentale Stärke wichtig.<br />
Wie trainierst Du Deine mentale Stärke?<br />
Mit Golf, denn dieser Sport ist dafür perfekt.<br />
Man muss immer ruhig bleiben, sich bei jedem<br />
Schlag maximal konzentrieren und das ganze<br />
Spiel dauert bis zu vier Stunden. Das ist das<br />
beste Kopftraining, das es gibt.<br />
Mentale Stärke war auch 2010 gefragt als Du<br />
den Titel im letzten Rennen noch verloren<br />
hast? Wie lange hat es gedauert, das Ganze<br />
abzuhaken?<br />
Ganz ehrlich: Es hat nicht lange gedauert, die<br />
Sache abzuhaken. Ich habe mir nicht lange<br />
darüber den Kopf zerbrochen, denn meine →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63
Interview.Spengler<br />
Saison war letztes Jahr sehr gut. Ich hatte lediglich<br />
in Hockenheim einmal Pech und obwohl<br />
ich dort nicht gepunktet habe, ging ich als Meisterschaftsführender<br />
ins letzte Rennen. Dann<br />
kam Shanghai und was mir dort passiert ist,<br />
könnte jedem passieren. Wir lagen alle eng<br />
beieinander und im Sport passiert es einfach,<br />
dass man sein Bestes gibt und es dennoch nicht<br />
klappt. 2010 hat es eben nicht geklappt. Klar<br />
habe ich mich am Sonntagabend nach dem<br />
Rennen riesig geärgert, aber nach ein, zwei<br />
Tagen war alles wieder okay. Ich bin noch jung<br />
und habe noch viel Zeit vor mir.<br />
Du hast letztes Jahr in Shanghai den Titel verloren,<br />
zudem hat man viele Unfälle gesehen.<br />
Trotzdem wird 2011 das Finale dort wieder<br />
ausgetragen. Wird es dieses Jahr besser laufen?<br />
Ich gehe davon aus, denn die Verantwortlichen<br />
haben jetzt die Erfahrung vom letzten Jahr.<br />
Jeder weiß mehr oder weniger, was zu tun ist.<br />
Sie haben bereits letztes Jahr einen guten Job<br />
gemacht, indem sie die Strecke für Sonntag<br />
optimiert haben. Sie haben gut reagiert als wir<br />
gesagt haben, dass die weiße Linie zu gefährlich<br />
ist. Die Strecke war am Sonntag okay, wir<br />
hätten gar nicht hinter dem Safety Car starten<br />
müssen. Im letzten Jahr waren der Freitag und<br />
der Samstag schwierig, weil ein paar Sachen<br />
nicht optimal waren, aber am Sonntag war es in<br />
Ordnung. Dieses Jahr wird es besser.<br />
Es wird eng, denn auch Ralf Schumacher<br />
weiSS nach seiner Pole Position am Norisring,<br />
wie man ein DTM-Auto schnell fährt.<br />
Klappt es 2011 endlich mit dem Titel?<br />
Man kann sich nie sicher sein, dass es klappt.<br />
Ich werde mein Bestes geben und zusammen<br />
mit meinem Team die Dinge optimieren, die<br />
ich optimieren kann. Das Team ist sehr wichtig,<br />
das macht 50 Prozent des Erfolgs aus. Ohne<br />
das Team würden wir nichts erreichen. Dann<br />
braucht es aber auch noch Glück. Man kann<br />
alles gut machen, mit dem Team gut zusammenarbeiten,<br />
schnell sein, aber wenn man Pech<br />
hat, dann hilft alles nichts. Ich kann nur versuchen,<br />
die Dinge, die ich beeinflussen kann,<br />
bestens zu erledigen bzw. zu optimieren. Am<br />
Ende des Jahres wird man sehen, ob es geklappt<br />
hat oder nicht.<br />
Mercedes beherrschte 2010 die Saison. Kann<br />
Audi den Rückstand aufholen?<br />
Audi wird sicherlich über den Winter hart<br />
arbeiten und diese Saison sehr schnell sein. Sie<br />
haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie<br />
schnell reagieren können. Von daher erwarte<br />
ich Audi dieses Jahr sehr stark. Wahrscheinlich<br />
wird es ein noch engerer Meisterschaftskampf<br />
als im letzten Jahr.<br />
Wen siehst du diese Saison als Meisterschaftskandidaten?<br />
Auf jeden Fall Gary Paffett. Er war letztes Jahr<br />
sehr gut unterwegs. Bei Audi rechne ich mit<br />
Timo Scheider, er war 2010 ab der Saisonmitte<br />
sehr schnell. Mattias Ekström war zu Saisonbeginn<br />
stark, und Martin Tomczyk könnte eine<br />
Rolle spielen sowie Oliver Jarvis. Es wird eng,<br />
denn auch Ralf Schumacher weiß nach seiner<br />
Pole Position am Norisring, wie man ein DTM-<br />
Auto schnell fährt. Es wird sicherlich ein enger<br />
Kampf.<br />
Ein kurzer Ausblick auf 2012 und den Einstieg<br />
von BMW. Wie wichtig sind diese Veränderungen<br />
für die DTM?<br />
Es ist sehr wichtig, denn die DTM ist eine der<br />
besten Serien weltweit. Es ist super, dass BMW<br />
einsteigt, denn mit Mercedes-Benz, Audi und<br />
BMW fahren die drei großen, deutschen Premium-Hersteller<br />
gegeneinander. Mit einer<br />
Marke wie BMW wird es noch interessanter für<br />
Fahrer und Fans.<br />
Noch ist es aber nicht 2012. Wenn Bruno<br />
Spengler im Jahr 2011 über die gesamte Saison<br />
hinweg eine derart großartige Performance an<br />
den Tag legen kann wie im Vorjahr in der ersten<br />
Hälfte, dann ist dem Mercedes-Werksfahrer der<br />
Titel sowohl von den eigenen Markenkollegen<br />
als auch von der Audi-Konkurrenz nur schwer<br />
zu nehmen. Bis dahin hat er noch etwas Zeit.<br />
Die neue Saison startet am 1. Mai in Hockenheim.<br />
Ab dann zählt es für Spengler.<br />
64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
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8I
story.Sordo<br />
2011 zählt es: Zwar ist sein Auto neu und noch in<br />
Entwicklung, doch Dani Sordo muss schon in dieser Saison<br />
beweisen, dass er eine Nummer 1 sein kann<br />
Dani Sordo möchte bei Mini nach vier Jahren als<br />
Citroen-Nummer 2 hinter Sebastien Loeb endlich selbst<br />
einmal als Sieger strahlen<br />
66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Eine zweite Chance?<br />
Mit dem Wechsel zu Mini hat Dani Sordo die Chance, endlich aus<br />
dem Schatten von Sebastien Loeb zu treten. 2011 muss er beweisen, welches Potenzial<br />
wirklich in ihm steckt. Text: Kerstin Hasenbichler<br />
Fotos: BMW, Citroen, red bull<br />
Tosender Applaus, der Champagner spritzt in<br />
die Menge - Sebastien Loeb hat es wieder<br />
geschafft und sich zum Champion der WRC<br />
gekrönt. Sieben Titel hat Loeb bis dato eingefahren,<br />
dem gegenüber stehen null Titel und null<br />
Siege von Dani Sordo. Vier Jahre lang stand der<br />
Spanier bei Citroen im Schatten seines übermächtigen<br />
Teamkollegen. Trotz 17 zweiter Plätze<br />
und 29 Podestplätzen sowie 102 WP-Bestzeiten<br />
stand Sordo im Team stets unter Druck, noch<br />
besser zu sein. Obwohl er 2008 und 2009 als<br />
WM-Dritter zum Gewinn des Konstrukteurstitels<br />
beitrug, sahen viele nur den Abstand des<br />
27-Jährigen zu Loeb.<br />
Ohne ihn, hätte Sordo vielleicht bereits einen<br />
WM-Titel in der Tasche, doch in der internen<br />
Rangordnung hatte er gegen den Franzosen<br />
keine Chance und so musste er, wenn es nötig<br />
war, Teamplayer spielen und sich teamtaktisch<br />
in dessen Dienste stellen. Im Wortschatz von<br />
Loeb kam das Wörtchen »Teamplayer« hingegen<br />
nicht vor. »Sie wollen wissen, ob ich Dani gewinnen<br />
lasse? Natürlich werde ich das nicht tun!<br />
Wenn ich fahre, dann fahre ich, um zu gewinnen«,<br />
stellte Loeb abseits der Rallye Spanien klar,<br />
als ihn Reporter fragten, ob er für seinen Teamkollegen<br />
vom Gas gehen würde. Zu diesem Zeitpunkt<br />
hatte der Citroen-Pilot seinen siebten<br />
WRC-Titel bereits besiegelt, dennoch war ihm<br />
sein 61. Sieg wichtiger als der langersehnte erste<br />
Sieg von Sordo.<br />
Einen weiteren, herben Rückschlag musste<br />
Sordo vor der Rallye Finnland einstecken.<br />
Citroen degradierte den Spanier ins B-Team -<br />
wieder hatte ein Sebastien die Finger im Spiel.<br />
Dieses Mal aber nicht Sebastien Loeb, sondern<br />
Sebastien Ogier, der für die Rallyes in Finnland,<br />
Großbritannien und Japan ins Cockpit von<br />
Statistik<br />
Erster Rallye-Einsatz:<br />
Rallye Spanien 2003; Spanischer<br />
Junior Rallye-Champion.<br />
WRC-Debüt: 2006 (Kronos Citroen)<br />
WRC-Starts: 84<br />
Podestplätze: 29<br />
Etappensiege: 102<br />
WM-Punkte: 393<br />
Beste WM-Platzierung:<br />
Gesamtdritter 2008 (6 Podestplätze)<br />
und 2009 (7 Podestplätze)<br />
WM-Platzierung 2010:<br />
Gesamtfünfter (5 Podestplätze)<br />
Sordo stieg. Sordo selbst ließ sich die Schmach<br />
nicht anmerken und versuchte, seiner Degradierung<br />
noch etwas Positives abzugewinnen. »Ich<br />
fahre immer noch in einem sehr guten Team, es<br />
liegt an mir, das Beste daraus zu machen.«<br />
Zwar lieferte der Junioren-Weltmeister von<br />
2005 bei seinen drei Einsätzen für das Citroen<br />
Junior-Team mit zwei fünften Rängen und einem<br />
vierten Platz respektable Leistungen ab, doch es<br />
war der Anfang vom Ende. Nach vier Jahren<br />
treuer Dienste hatte Citroen keinen Platz mehr<br />
für den Spanier und besetzte sein Cockpit endgültig<br />
mit Ogier. Eine neue Chance bot sich<br />
Sordo mit dem Angebot von Mini. »Das ist eine<br />
fantastische Möglichkeit für mich«, verkündete<br />
er, als Mini seine Verpflichtung bekannt gab.<br />
2011 könnte der Spanier endlich aus dem Schatten<br />
von Loeb treten, denn bei Citroen wusste er:<br />
egal wie stark seine Leistungen waren, so lange<br />
er hinter Loeb war, würde er immer in seinem<br />
Schatten stehen.<br />
Bei Mini weiß man hingegen seine Erfahrung<br />
und seinen Speed zu schätzen. »Dani mag vielleicht<br />
erst 27 Jahre alt sein, aber er ist schon einer<br />
der Fahrer mit der meisten Erfahrung in der<br />
Rallye-Weltmeisterschaft und hat die letzten fünf<br />
Jahre Sport auf allerhöchstem Niveau betrieben«,<br />
betont David Richards, Chef bei Prodrive, die<br />
den Renneinsatz von Mini leiten. Allerdings<br />
birgt das Cockpit bei Mini nicht nur eine<br />
Chance, sondern auch Gefahr. Sordo muss in<br />
dieser Saison sein Potenzial beweisen, denn<br />
sicherlich mag es bitter für den Spanier gewesen<br />
sein, aufgrund von Loeb nicht richtig wahrgenommen<br />
worden zu sein, doch das galt nicht<br />
nur für seine Erfolge, sondern auch für seine<br />
Patzer - wie in der Türkei als er von der Straße<br />
abkam und einen Baum rammte.<br />
Zumindest Richards glaubt fest an seinen Fahrer:<br />
»Ich glaube, mit dem neuen Mini und dem<br />
richtigen Umfeld kann Dani den nächsten Schritt<br />
machen und seinen 29 Podiumsplatzierungen<br />
Siege hinzufügen und zu einem Herausforderer<br />
um die WM-Krone werden.« Bei Mini hat Sordo<br />
endlich den Status der Nummer 1 im Team, nicht<br />
zuletzt wegen seiner Dienstjahre bei Citroen.<br />
»Dani war von Beginn an relevant für unser<br />
Team, denn er hat das Wissen und die Informationen<br />
wie ein Weltmeisterteam arbeitet«, glaubt<br />
Richards. »Er wird einen großartigen Beitrag für<br />
das Team leisten.« Wie Sordo selbst sagt, es ist<br />
eine fantastische Möglichkeit, vielleicht aber auch<br />
seine letzte Chance.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67
History.Mini<br />
*<br />
In den 60ern gewann drei Mal ein Mini<br />
bei der Rallye Monte Carlo. Dorthin kehrt der Hersteller erst<br />
einmal nicht zurück - denn Monte Carlo ist kein WRC-Lauf<br />
*<br />
Paddy Hopkirk und Henry Liddon nach<br />
der Siegerehrung in Monte Carlo 1964<br />
Mini is back<br />
Mini ist 2011 wieder auf<br />
einer der populärsten<br />
Bühnen im internationalen<br />
<strong>Motorsport</strong> vertreten. Die<br />
erste WRC-Ausfahrt erfolgt<br />
bei der Rallye Italien.<br />
In den 60er Jahren mischten die Mini-Piloten<br />
wie Rauno Aaltonen, Timo Mäkinen oder<br />
Paddy Hopkirk ordentlich die Konkurrenz auf.<br />
Der Mini Cooper S (100 PS, 670 Kilogramm)<br />
eroberte die Herzen der Rallye-Fans im Sturm.<br />
Der Hersteller holte allein bei der Traditionsveranstaltung<br />
Rallye Monte Carlo drei Gesamtsiege.<br />
2011 kehrt die britische Traditionsmarke<br />
zurück in die WRC. Um die Glanzzeiten vergangener<br />
Tage wieder aufleben zu lassen, holte<br />
man mit Prodrive einen starken Partner ins<br />
Boot. Der 1,6 Liter Vierzylinder Turbomotor<br />
kommt von Partner BMW. 2011 werden Dani<br />
Sordo und Kris Meeke sechs Weltmeisterschaftsläufe<br />
bestreiten, 2012 steht die komplette<br />
WRC-Saison auf dem Programm. Im Januar<br />
startete zudem das X-Raid Team mit einem<br />
Mini bei der Rallye Dakar. Das Ziel sah das<br />
Auto nach einem Testunfall am Ruhetag allerdings<br />
nicht.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, BMW<br />
68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Interview.Al-Attiyah<br />
Fotos: vw motorsport<br />
Dakar Katar<br />
und Olympia<br />
Nasser Al-Attiyah hat es geschafft: Er hat die Rallye<br />
Dakar 2011 gewonnen. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hat sich mit<br />
dem Volkswagen-fahrer über seinen Triumph unterhalten.<br />
Text: Fabian Schneider<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 69
Interview.Al-Attiyah<br />
Nasser Al-Attiyah hat die Wüste von<br />
Argentinien und Chile bezwungen und<br />
erstmals die Rallye Dakar gewonnen<br />
Nun, wir haben in Katar jede Menge Sand und so<br />
habe ich viel Erfahrung auf diesem Untergrund.<br />
Ich war jetzt schon ein paar Mal bei der Dakar<br />
dabei und wollte mich immer weiter steigern.<br />
MSM: Hast du deinen Erfolg bei der Rallye<br />
Dakar mittlerweile realisieren können?<br />
NASSER AL-ATTIYAH: Ja, und es ist wirklich<br />
ein tolles Gefühl, denn auf den Sieg habe ich<br />
schon lange gewartet. Meine Landsleute haben<br />
mich immer unterstützt und den Sieg herbeigesehnt,<br />
nun wurden sie für ihr Warten belohnt.<br />
Wir haben es endlich geschafft und ich bin sehr<br />
glücklich darüber.<br />
Was bedeutet der Sieg für dich?<br />
Der Sieg ist für mich von sehr großer Bedeutung.<br />
Man hat mich immer unterstützt und ich bin<br />
mir sicher, dass mein Sieg auch für das Land<br />
Katar von großer Bedeutung ist. Der <strong>Motorsport</strong><br />
wird jetzt einen Aufschwung erleben, eine neue<br />
Generation erreichen. Viele Firmen haben<br />
bereits angefragt, wie sie mich bei den nächsten<br />
Rallyes unterstützen können.<br />
Was braucht man alles für einen Sieg bei der<br />
Rallye Dakar?<br />
Man muss ein richtiger Allrounder sein. Erfahrung<br />
spielt eine große Rolle, aber auch die Navigation<br />
und der Beifahrer. Es ist auch sehr wichtig,<br />
dass man das beste Team mit dem besten Auto<br />
hat. An dieser Stelle muss ich Volkswagen wirklich<br />
loben, sie haben einen tollen Job gemacht.<br />
Du stammst aus der Wüste - hilft dir das bei<br />
einer Rallye im Cockpit?<br />
Nun, wir haben in Katar jede Menge Sand und<br />
so habe ich viel Erfahrung auf diesem Untergrund.<br />
Ich war jetzt schon ein paar Mal bei der<br />
Dakar dabei und wollte mich immer weiter steigern<br />
und die Rallye irgendwann gewinnen. Man<br />
findet allerdings immer wieder Kleinigkeiten,<br />
in denen man sich noch verbessern kann. In<br />
diesem Jahr war die Fitness zum Beispiel ein<br />
großes Thema.<br />
Wann genau hast du mit dem Rallye-Sport<br />
begonnen?<br />
Das war 1990, ich habe also schon viel Erfahrung,<br />
auch wenn ich von 1995 bis 2003 eine<br />
Pause eingelegt habe. In dieser Zeit habe ich<br />
mich mit dem Tontaubenschießen beschäftigt,<br />
was mir auch für den Rallye-Sport viel gebracht<br />
hat. Dort habe ich den Siegeswillen bekommen<br />
und gelernt, mich voll zu konzentrieren.<br />
Nach den ersten Etappen der Dakar lagst du<br />
hinter deinem Volkswagen-Teamkollegen Carlos<br />
Sainz. Wann hast du gemerkt, dass du attackieren<br />
musst?<br />
Das war von Anfang an meine Strategie. Letztes<br />
Jahr habe ich nach drei Etappen geführt und<br />
stand unter Druck, weil ich der Gejagte war.<br />
Jetzt war es genau das Gegenteil. Ich war immer<br />
in einer guten Position und musste nicht viel<br />
Risiko eingehen. Erst als es in die Wüste ging<br />
habe ich das Tempo erhöht, denn dort kommt<br />
es darauf an.<br />
Wann war dir klar, dass dir den Sieg niemand<br />
mehr nehmen kann?<br />
Als ich sechs Minuten Vorsprung auf Carlos<br />
herausgefahren hatte, war mir klar, dass ich<br />
gewinnen werde. Letztes Jahr lag ich nur zwei<br />
Minuten vorne, die hat man schnell verspielt.<br />
Aber bei sechs Minuten hat man genügend Puffer<br />
und kann das Rennen kontrollieren. Es war<br />
wie ein Spiel bis ins Ziel und der Druck auf Carlos<br />
wurde immer größer, bis er dann den entscheidenden<br />
Fehler gemacht und sein Auto<br />
zerstört hat.<br />
Wie ist es, wenn man ein so wichtiges Rennen<br />
gegen seine Teamkollegen bestreiten muss?<br />
Für uns ist das kein Problem, abseits der Strecke<br />
verstehen wir uns alle sehr gut. Dieses Jahr war<br />
es ohnehin etwas Besonderes, da die drei besten<br />
Piloten zu Beginn deutlich schneller waren, als<br />
der Rest des Feldes. Nach fünf oder sechs Tagen<br />
lagen Carlos, Stéphane Peterhansel und ich<br />
Fotos: vw motorsport, red bull<br />
70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Nassers Steuermann<br />
Timo Gottschalk<br />
Timo Gottschalk ist ein akribischer<br />
Arbeiter, also bestens gerüstet für den<br />
Posten des Co-Piloten und Navigators<br />
von Dakar-Sieger Nasser Al-Attiyah.<br />
"Timo weiß es, mich im Cockpit zu<br />
beruhigen, wenn es darauf ankommt.<br />
Er ist ein ausgeglichener und grundehrlicher<br />
Typ", sagt Al-Attiyah. Dennoch<br />
kann es bei schnellen Entscheidungen<br />
auch mal laut werden im Cockpit.<br />
Ansonsten steht bis tief in die Nacht die<br />
Vorbereitung des Roadbooks für den<br />
nächsten Tag an. Abseits der Dakar führt<br />
Gottschalk eine Automobil- und Motorrad-Werkstatt.<br />
Sein großes Glück hat er<br />
mit seiner Freundin Ine und ihren beiden<br />
Kindern gefunden. Er sagt: "Ich habe<br />
mein perfektes persönliches Umfeld<br />
gefunden, das der ideale Ausgleich zum<br />
hektischen <strong>Motorsport</strong>-Geschäft ist."<br />
schon weit vor dem restlichen Feld. Und trotzdem<br />
war es für uns richtig schwer.<br />
Für viele Hersteller ist die Dakar das wichtigste<br />
Rennen des Jahres. Wie groß ist der Druck auf<br />
euch Fahrer?<br />
Der Druck ist natürlich enorm. Wir alle wissen,<br />
dass ein Fehler schon das Aus bedeuten kann,<br />
Game Over. So wie es bei Carlos der Fall war. Bei<br />
der Dakar muss man immer konzentriert sein<br />
und darf keine Fehler machen. Ich muss mich<br />
auch bei meinem Beifahrer Timo bedanken, der<br />
als Navigator sehr viel Verantwortung trägt.<br />
2011 hat gerade erst begonnen. Wie verbringst<br />
du den Rest des Jahres?<br />
Für mich geht es direkt mit der IRC im Mittleren<br />
Osten weiter. Danach stehen die ersten Veranstaltungen<br />
in der WRC an, wo ich mit einem Ford<br />
Fiesta an den Start gehen werde. Ich kenne das<br />
Auto bereits aus dem letzten Jahr und habe ein<br />
sehr gutes Team gefunden.<br />
WRC und Dakar haben nicht viel gemeinsam...<br />
Das stimmt, es gibt sehr große Unterschiede<br />
zwischen den beiden. Die Geschwindigkeit bei<br />
der WRC ist ganz anders als bei der Dakar,<br />
außerdem sitzt man nicht sechs oder sieben<br />
Stunden im Auto, sondern nur 30 Minuten. Die<br />
einzelnen Wertungsprüfungen an einem<br />
Wochenende in der Rallye-WM sind viel mehr<br />
kleine Sprintrennen.<br />
Und wie sehen deine Pläne für das Tontaubenschießen<br />
aus?<br />
Ich habe schon direkt nach der Rallye Dakar mit<br />
dem Training begonnen, es stehen viele Weltcups<br />
an, als Höhepunkt natürlich die Weltmeisterschaft<br />
im Sommer. Im Fokus stehen aber<br />
schon jetzt die Olympischen Spiele in London<br />
im Jahr 2012.<br />
Die Geschwindigkeit bei<br />
der WRC ist ganz anders<br />
als bei der Dakar,<br />
auSSerdem sitzt man<br />
nicht sechs oder sieben<br />
Stunden im Auto.<br />
Willst du jetzt eine olympische Medaille holen?<br />
Ja, auf jeden Fall. Ich habe schon viele Turniere<br />
gewonnen, gerade im Mittleren Osten. Auch<br />
einen Sieg bei der Dakar habe ich jetzt auf dem<br />
Konto, da fehlt nur noch Olympia. Das letzte Mal<br />
bin ich nur Vierter geworden und habe keine<br />
Medaille gewonnen, aber das soll sich bei den<br />
Spielen in London ändern.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 71
Story.NASCAR<br />
Carl Edwards liebt es, seine Siege auf ganz besondere Weise<br />
zu feiern: kopfüber mit einem Siegessalto. Manchmal überschlägt<br />
sich auch sein Auto, dann läuft er bis ins Ziel...<br />
72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Alles dreht sich<br />
Carl Edwards hat sich für die NASCAR-Saison 2011 groSSe Ziele gesteckt.<br />
Er möchte dem Seriensieger Jimmie Johnson den Titel abjagen.<br />
Text: Fabian Schneider & Stephan Vornbäumen<br />
Fotos: NASCAR<br />
Die Amerikaner sind schon ein wenig verrückt,<br />
nicht nur, was ihre <strong>Motorsport</strong>gewohnheiten<br />
angeht, aber auch bei diesen. Das stellte auch<br />
Formel-1-Pilot Timo Glock während seiner Zeit<br />
in den USA fest. »Ich bin mal 225 Runden in<br />
Milwaukee gefahren - da wirst du blöd dabei«,<br />
sagte der ehamlige Indycar-Pilot einmal. 300<br />
Runden im Oval, kein Problem für echte Amis.<br />
Nur auf den Rundkursen, so wie wir sie aus<br />
Europa kennen, gerät man ganz gerne mal in<br />
Schwierigkeiten. »Da sind einfach andere Fähigkeiten<br />
gefragt«, verrät NASCAR-Star Carl<br />
Edwards dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Der<br />
gemeine europäische Betrachter weiß derweil:<br />
Wenn Juan-Pablo Montoya gewinnt und Mattias<br />
Ekström bei einem Gaststart vorne mitmischt,<br />
dann sind die NASCAR-Boliden tatsächlich<br />
einmal nicht im Oval unterwegs. Das gibt‘s, ist<br />
aber sehr selten. Genau genommen ist es nur<br />
zwei Mal im Jahr der Fall, dabei stehen schlappe<br />
36 Rennen im Sprint-Cup-Kalender.<br />
Der Europäer mag‘s glauben oder nicht, aber<br />
gerade im für uns ungewohnten Oval sind die<br />
Rennen der beliebtesten amerikanischen Rennserie<br />
besonders spannend. »Es kommt einfach auf<br />
jede Kleinigkeit an und auf manchen Strecken<br />
braucht man einfach mehr Glück als Verstand«,<br />
sagt Edwards. Der 31-Jährige ist ein alter Hase<br />
im NASCAR-Zirkus - er mischt seit 2004 in der<br />
höchsten Liga mit. Seit sechs Jahren bestreitet er<br />
alle Rennen in den beiden großen NASCAR-<br />
Serien und sitzt bei über 70 Terminen pro Saison<br />
am Steuer eines Ford im Roush-Fenway-Team.<br />
Sein größter Erfolg: Der Gewinn der Nationwide-<br />
Series in der Saison 2007, die als zweite Liga der<br />
NASCAR bezeichnet werden kann.<br />
In seiner ersten Saison 2004 bestritt Edwards<br />
nur die letzten 13 der insgesamt 36 Saisonrennen.<br />
Mit fünf Top-Ten-Ergebnissen sicherte er sich<br />
den Sitz für seine erste komplette Meisterschaft.<br />
Im vierten Saisonrennen 2005 feierte er seinen<br />
ersten Sprint-Cup-Sieg auf dem Oval in Atlanta.<br />
Es folgten bis heute 17 weitere Besuche in der<br />
»Victory Lane«. Mit neun Siegen war er 2008<br />
»Im Oval sind einfach<br />
andere Fahigkeiten<br />
gefragt als in Europa.«<br />
sogar erfolgreicher als der Champion Jimmie<br />
Johnson. Edwards fehlten am Saisonende nur 69<br />
Punkte zu seinem ersten Sprint-Cup-Titel.<br />
Dass im Oval nicht immer alles rund läuft,<br />
zeigte sich in der Saison 2009, als Edwards einen<br />
schweren Unfall unverletzt überstand. In Führung<br />
liegend touchierte ihn der zweitplatzierte<br />
Brad Keselowski und sorgte für einen Hochgeschwindigkeits-Dreher.<br />
Edwards Fahrzeug<br />
bekam Unterluft, hob ab und kollidierte mit dem<br />
folgenden Fahrzeug von Ryan Newman. Durch<br />
den Aufprall wurde der Ford von Edwards in die<br />
Höhe katapultiert, drehte sich während des<br />
Fluges mehrmals um die eigene Achse und schlug<br />
anschließend in den Fangzäunen ein. Edwards<br />
stieg aus dem zerstörten Wrack, das einmal sein<br />
Rennauto gewesen war, aus, schüttelte sich und<br />
überquerte unter dem Beifall der Zuschauer die<br />
Ziellinie im leichten Laufschritt. Er wurde<br />
anschließend auf Platz 24 gewertet.<br />
Beliebt ist Edwards bei den Fans vor allem<br />
wegen seiner lockeren Art und seinen mehr als<br />
unterhaltsamen Interviews. Auch bei Liveschaltungen<br />
während des laufenden Rennens hat er<br />
trotzt der Lenkradarbeit immer noch Zeit für<br />
einen lustigen Spruch. Nach jedem Sieg zelebriert<br />
Edwards einen inzwischen legendären Rückwärtssalto,<br />
der zu seinem Markenzeichen geworden ist.<br />
In der kommenden Saison, die im Februar traditionell<br />
auf dem Daytona Speedway startet, kann<br />
er sich voll und ganz auf den Sprint Cup konzentrieren,<br />
denn durch eine überraschende Regeländerung<br />
können die Fahrer nur noch an einem<br />
Wettbewerb teilnehmen. Sein Traum beide Serien<br />
auf einmal zu gewinnen ist damit vom Tisch. Im<br />
letzten Jahr lief es für Edwards im Sprint Cup nicht<br />
immer perfekt. »Gerade der Start in die Saison<br />
war schwierig. Die Schlussphase mit vier Siegen<br />
aus sechs Rennen hat uns aber Hoffnung gegeben«,<br />
berichtet der Rennfahrer aus Columbia im<br />
US-Bundesstaat Missouri. »Wir haben den Motor<br />
verbessert und an der Mechanik geschraubt, überall<br />
am Auto. In den Ovalen können kleine Verbesserungen<br />
schon viel ausmachen, weil das Feld so<br />
dicht beisammen liegt.«<br />
Im Kampf um den Titel im Sprint Cup wird<br />
Edwards auch 2011 einen richtig schnellen<br />
Gegner haben: Johnson. Der 35-Jährige ist<br />
nach fünf Sprint-Cup-Titeln in Folge quasi der<br />
Michael Schumacher des NASCAR-Sports,<br />
auch wenn er Rücktritt und Rückkehr noch<br />
vor sich hat. »Wir müssen von Anfang an vorne<br />
dabei sein«, weiß Edwards, der am liebsten so<br />
weitermachen will, wie er das letzte Jahr beendet<br />
hat - mit zwei Siegen. »Es wäre toll, wenn<br />
ich den Sprint Cup gewinnen könnte. 2008 bin<br />
ich in beiden Serien Zweiter geworden, ich war<br />
also schon nah dran.«<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 73
Interview.Mücke<br />
Qualitat<br />
setzt sich<br />
durch<br />
PETER MuCKE<br />
Sebastian Vettel, Robert Kubica und Sebastien<br />
Buemi - sie alle fuhren für Peter Mücke.<br />
Im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> verrät der Teamchef,<br />
wie es junge Talente bis in die Formel 1 schaffen.<br />
Text: Kerstin Hasenbichler<br />
MSM: Mücke <strong>Motorsport</strong> gilt als Talentschmiede.<br />
Worin liegt das Erfolgsgeheimnis?<br />
PETER MÜCKE: Das Erfolgsgeheimnis lautet:<br />
viel harte Arbeit und verstehen, was man eigentlich<br />
tut. Ich fahre selbst Rennen und habe<br />
dadurch ein besseres Verständnis. Ich kann besser<br />
nachvollziehen, was der Pilot meint und kann<br />
ihm auch vernünftig die Strecken darstellen und<br />
erklären. Ansonsten geht es um die Detailarbeit.<br />
Wir machen mit den Jungs sehr viel Datenauswertung<br />
und versuchen, sie richtig auszubilden.<br />
Trotz Talent brauchen die Jungs eine Schule, eine<br />
richtige Ausbildung.<br />
Wie genau sieht das Rüstzeug aus, das Sie jungen<br />
Piloten weitergeben?<br />
Wir machen grundsätzlich mit allen Piloten<br />
Tests. Ich sehe mir an, wo sie stehen, welche<br />
Fehler man noch ausräumen muss und dementsprechend<br />
planen wir weiter. Das passiert sukzessive<br />
von einem Test zum Anderen, damit<br />
mehr Gefühl für die Sache aufkommt.<br />
Sechs ihrer Piloten haben es in die Formel 1<br />
geschafft. Was muss ein Pilot haben, um es bis<br />
in die Königsklasse zu schaffen?<br />
Zum einen Talent, ganz klar! Zum anderen, ähnlich<br />
wie bei <strong>Red</strong> <strong>Bull</strong>, einen Partner, der ihm die<br />
Möglichkeit gibt, zu lernen, sich konstant weiter<br />
zu entwickeln und das Budget zur Verfügung<br />
stellt, um diese Ausbildung zu bezahlen. Das ist<br />
das A und O. Diese Kontinuität ist entscheidend.<br />
Ich kenne viele junge Piloten, die auch Talent<br />
hatten, aber auf der Strecke blieben, weil die<br />
Finanzierung fehlte.<br />
Viele F1-Piloten kritisierten zuletzt, dass Sie<br />
ihre Karriere unter den aktuellen Bedingungen<br />
nicht wiederholen könnten. Wie sehen Sie die<br />
Problematik?<br />
Man darf bei all der Kritik nicht vergessen, dass<br />
die Ausbildung heute in einem viel größeren<br />
Umfang und auf einem viel höheren Niveau<br />
stattfindet. Das hatten viele F1-Piloten in der<br />
damaligen Zeit nicht. Viele Piloten, die zu uns<br />
kommen, haben schon ein Stück <strong>Motorsport</strong>leben<br />
hinter sich, daraus resultierend ist der Level<br />
der Fahrer schon sehr hoch und insgesamt ist<br />
der Level, wenn wir die Fahrer »abgeben«, viel,<br />
viel höher als früher. Früher hat sich der Eine<br />
oder Andere über sein Talent herauskristallisiert,<br />
aber war bei weitem nicht auf dem Level, auf<br />
dem die jungen Piloten heute sind.<br />
Sie haben in zahlreichen Nachwuchsrennserien<br />
Teams - mit Ausnahme der GP2 und Formel 2.<br />
Wie bewerten Sie die Rennserien?<br />
Die ADAC-Serie ist die klassische Einstiegsserie<br />
für junge Piloten - und die brauchen sie auch.<br />
Es ist nicht sinnvoll, wenn ein junger Fahrer<br />
direkt vom Kart in die Formel 3 einsteigt. Er<br />
verschwendet dabei viel zu viel Geld, weil die<br />
Rennserie teuer ist und er dieser noch nicht<br />
gewachsen ist. Von daher ist das Formel Masters<br />
aufgrund des relativ geringen Kostenaufwands<br />
sehr wichtig, um die ersten Schritte zu machen<br />
und einem Fahrer beizubringen, welche Möglichkeiten<br />
ein Team über Datenauswertung,<br />
-analyse und Technik hat, um ihm zu helfen.<br />
Wie würde die nächste Stufe für einen Piloten<br />
aussehen?<br />
Das wäre wohl Formel 3 oder GP3. Beides geht,<br />
wobei ich glaube, dass es besser ist, nach einem<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
Formel 2<br />
Formel 3<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 24<br />
Prozentualer Anteil: 89%<br />
Formel 3000<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 7<br />
Prozentualer Anteil: 26%<br />
Formel BMW<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 7<br />
Prozentualer Anteil: 26%<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 0<br />
Prozentualer Anteil: 0%<br />
74 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
GP-Starter 2010 insgesamt: 27
Sebastian Vettel und Sebastien Buemi<br />
sind zwei von sechs Mücke-Fahrern,<br />
die den Sprung in die Formel 1<br />
schafften - dazu kommen: Markus<br />
Winkelhock, Robert Kubica, Christian<br />
Klien und Sergio Perez<br />
Formel Renault<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 10<br />
Prozentualer Anteil: 37%<br />
Formula Master<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 1<br />
Prozentualer Anteil: 4%<br />
GP2 i GP2 Asien<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 12<br />
Prozentualer Anteil: 44%<br />
WS Nissan i Renault<br />
Formel-1-Fahrer 2010: 6<br />
Prozentualer Anteil: 22% →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 75
Interview.Mücke<br />
Jahr Formel 3 in die GP3 zu wechseln. Beide<br />
Serien haben ihre Vorteile, weil beide jungen<br />
Piloten sehr viel Testzeit ermöglichen. Die GP3<br />
hat den Vorteil, dass die Jungs die F1-Rennstrecken<br />
sowie das F1-Umfeld kennenlernen.<br />
Welche Nachwuchsserie bietet Ihrer Meinung<br />
nach die beste Chance für einen jungen Piloten,<br />
um in die F1 zu kommen?<br />
Grundsätzlich kann man sagen, dass ein Fahrer,<br />
der in seinem zweiten Formel-3- bzw. GP3-Jahr<br />
ist, in der Lage ist, sich in einem F1-Auto zu<br />
bewähren. Es kommt aber auch darauf an, den<br />
richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Ich würde sie<br />
nicht als Warteschleife bezeichnen, aber dafür<br />
sind Serien wie die GP2 genau richtig. Sie bieten<br />
Piloten die Chance, weiterhin im <strong>Motorsport</strong><br />
tätig zu sein, bis sich die Chance Formel 1 ergibt.<br />
Die FIA unterstützt ab 2011 die Formel 3 mit<br />
einer eigenen Trophy. Wie wichtig ist das?<br />
Am Ende der Formel 3 muss ein Fahrer die Reife<br />
haben, um ein F1-Auto zu fahren. Dass er das<br />
hat, haben Fahrer wie Sebastian Vettel in der<br />
Vergangenheit bewiesen. Dafür braucht er aber<br />
die dementsprechende Lizenz, um in der Formel<br />
1 fahren zu können und diese Chance bietet die<br />
F3-Trophy.<br />
Wie kann sich ein Fahrer noch Aufmerksamkeit<br />
verschaffen?<br />
Grundsätzlich ist das nur über Leistung möglich.<br />
Sicher kommt es auch auf das Budget an, aber<br />
auch um sich das notwendige Budget zu sichern,<br />
muss man in den unteren Klassen wie zum<br />
Am Ende der Formel 3 muss ein Fahrer die<br />
Reife haben, um ein F1-Auto zu fahren.<br />
Dass er das hat haben Fahrer wie Sebastian<br />
Vettel in der Vergangenheit bewiesen.<br />
Beispiel im Kart Leistung zeigen. Am Ende des<br />
Weges ist das der Schlüssel. Wenn die Leistung<br />
bzw. die Qualität nicht stimmt, hat man null<br />
Chancen.<br />
In den letzten Jahren ist die Anzahl der Nachwuchsserien<br />
deutlich gestiegen. Welche negativen<br />
Auswirkungen hat das?<br />
Ganz klar: Es gibt zu viele Rennserien. Da sind<br />
wir uns alle einig. Das ist nicht gut für den<br />
<strong>Motorsport</strong>, denn die Anzahl der Sponsoren und<br />
Förderer, die jungen Piloten den Weg an die<br />
Spitze ebnen, ist nicht riesengroß und wenn es<br />
so viele Rennserien gibt wie momentan, bleibt<br />
der eine oder andere Pilot leider auf der Strecke.<br />
Aber wir befinden uns auf einem freien Markt,<br />
das Ganze muss sich erst von alleine regulieren.<br />
Irgendwann wird das auch passieren, dass heißt<br />
die Rennserien, die nicht gut genug sind, werden<br />
mit der Zeit wieder verschwinden und die klassischen<br />
Rennserien wie Formel 3, GP3 und GP2<br />
werden bleiben.<br />
MSM<br />
Wege in die Formel 1<br />
alle GP-Starter 2010<br />
Sebastian Vettel: Formel BMW, Formel 3, WS Renault<br />
Fernando Alonso: F3000<br />
Mark Webber: Formel 3, F3000<br />
Lewis Hamilton: Formel Renault, Formel 3, GP2<br />
Jenson Button: Formel 3<br />
Felipe Massa: Formel Renault<br />
Nico Rosberg: Formel BMW, Formel 3, GP2<br />
Robert Kubica: Formel Renault, WS Renault, Formel 3<br />
Michael Schumacher: Formel 3, F3000 Japan<br />
Rubens Barrichello: Formel 3, F3000<br />
Adrian Sutil: Formel BMW, Formel 3<br />
Kamui Kobayashi: Formel Renault, Formel 3, GP2<br />
Vitaly Petrov: Formel Renault, F3000, Formula Master, GP2<br />
Nico Hülkenberg: Formel BMW, Formel 3, GP2<br />
Tonio Liuzzi: Formel Renault, Formel 3, F3000, WS Nissan<br />
Sebastien Buemi: Formel BMW, Formel Renault, Formel 3, GP2<br />
Pedro de la Rosa: Formel 3<br />
Nick Heidfeld: Formel 3, F3000<br />
Jaime Alguersuari: Formel Renault, Formel 3, WS Renault<br />
Heikki Kovalainen: Formel Renault, Formel 3, WS Nissan, GP2<br />
Jarno Trulli: Formel 3<br />
Karun Chandhok: Formel 3, WS Nissan/Renault, GP2<br />
Bruno Senna: Formel BMW, Formel 3, GP2<br />
Lucas di Grassi: Formel 3, GP2<br />
Timo Glock: Formel BMW, Formel 3, GP2<br />
Sakon Yamamoto: Formel 3, GP2<br />
Christian Klien: Formel Renault, Formel 3<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
motorrad<br />
Fotos: milagro<br />
»AAAhhhh« - Was hat sich<br />
Rossi mit der Ducati angetan?<br />
Oder schreit er: »Aaaattacke!«?<br />
Umfrage<br />
Kratzt Suzuki die Kurve und kommt<br />
zurück auf die Erfolgsspur?<br />
Nein, sie steigen eh aus 39%<br />
Nein, das wird nichts mehr 36 %<br />
Ja, sie werden bald wieder Siege feiern 25 %<br />
Leser-Umfrage auf www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
»Auf Französisch kann<br />
ich nur einen Satz sprechen:<br />
‚Voulez-vouz coucher<br />
avec moi ce soir.‘«<br />
Colin Edwards glänzt mit seinen umfangreichen Französischkenntnissen<br />
Kommentar: Nicht nur ein teures Hobby<br />
Suzuki eine rosige Zukunft im Motorradsport voraus zu sagen, wäre utopisch - aber noch ist der Weg zurück zum<br />
Erfolg nicht versperrt. Die Mehrheit ist skeptisch, doch auch Kawasaki schrieb man nach Ausstieg und Abbau ab. Bei<br />
den Grünen geht es nach viel Arbeit und Umdenken in der WSBK wieder aufwärts. Suzuki könnte das auch schaffen,<br />
wenn man nicht wie 2010 den Titel wegwirft, weil schon vor Saisonbeginn festgelegt wird, dass keine SBK-Entwicklung<br />
stattfindet. 2012 beginnt in der MotoGP eine neue Ära und die kann Suzuki zum Neustart nutzen, wenn der<br />
volle Einsatz da ist und das MotoGP-Team nicht das teure Hobby für zwischendurch bleibt. Jule Krause<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 77
slideshow.dakar<br />
dakar<br />
Es hat nicht gereicht<br />
Cyril Despres gab alles, doch es hat nicht zum Motorradsieg bei der Rallye<br />
Dakar 2011 gereicht. Stattdessen gewann KTM-Fahrer Marc Coma zum<br />
dritten Mal in seiner Karriere die Dakar - mit 15 Minuten Vorsprung auf<br />
den Vorjahressieger Despres. Beide teilen sich die Siege seit 2005 auf.<br />
Foto: red bull
Story.Teamkollegen<br />
80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Fotos: milagro<br />
Text: Jule Krause<br />
MotoGP-Teams sind vielfältig: Mal gibt es einen Fahrer,<br />
mal zwei und einmal sogar deren drei. Trotzdem gilt<br />
für alle: Der Teamkollege ist der erste Fahrer,<br />
den es zu schlagen gilt. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> verrät,<br />
wer die besten Chancen hat.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81
Story.Teamkollegen<br />
yamaha<br />
Alles reibungslos?<br />
Das Yamaha-Werksteam stellt 2011 den amtierenden Weltmeister und hat zudem eines der größten<br />
Talente im Team. Dennoch muss man auch mit großen Veränderungen klar kommen.<br />
Wenn das Yamaha-Werksteam im japanischen<br />
Fernduell mit Honda eines gelernt haben könnte,<br />
dann dass man vermeiden sollte, nach dem<br />
Abgang eines Valentino Rossi in ein Loch zu fallen.<br />
Mit Jorge Lorenzo als amtierendem Weltmeister,<br />
ehrgeizigem Jungspund und lernbegierigem<br />
Nachwuchsstar der MotoGP hat Yamaha<br />
dafür durchaus gute Voraussetzungen geschaffen.<br />
Lorenzo sollte mit seiner Mischung aus gelernter<br />
Professionalität und kreativem Wahnsinn auch<br />
in der Lage sein, Fans an Yamaha zu binden und<br />
neue Sponsoren zu locken, die die finanzielle<br />
Rossi-Lücke schließen können.<br />
Auf den ersten Blick wird es schwieriger sein,<br />
das technische Personal zu ersetzen, das gemeinsam<br />
mit Rossi in Richtung Ducati abgewandert<br />
ist, denn dass Lorenzo mit einer Maschine<br />
arbeiten kann, hat er 2010 durchaus bewiesen.<br />
Man mag Lorenzo dafür mögen, dass er sich im<br />
Yamaha Team breit gemacht hat, oder nicht, aber<br />
eines ist klar: der Spanier hat seit seinem Einstieg<br />
in die MotoGP hart gearbeitet und das wird sich<br />
nicht ändern. Genau genommen hat der 23-Jährige<br />
bislang 100% Planerfüllung geschafft - guter<br />
Einstieg in die MotoGP, Vizeweltmeister im zweiten<br />
Jahr, Weltmeister im dritten und dabei konnte<br />
er stets seine eigene Leistung perfektionieren.<br />
Wir dürfen also einen<br />
Kampf der Titanen innerhalb<br />
des Yamaha Teams<br />
erwarten, aber sicher<br />
keinen Hahnenkampf.<br />
Auf den zweiten Blick gibt es aber auch noch<br />
den Neuen im Team - Ben Spies. Der Amerikaner<br />
ist nicht nur ein Könner seines Handwerks, er<br />
bringt auch eine kleine technische Stammcrew<br />
mit zum Team, womit ein Teil der Personalfrage<br />
geklärt wäre. Damit spart er sich ein wenig Ein-<br />
gewöhnungszeit und kann sich auf die technischen<br />
Dinge konzentrieren und bis alles perfekt<br />
an Ort und Stelle ist, umfährt er kleine Probleme<br />
einfach. Wird der Amerikaner Aufmerksamkeit<br />
auf sich ziehen? Auf jeden Fall! Spätestens wenn<br />
er den Hausherren Lorenzo unter Druck setzt<br />
und gegen ihn um Siege fährt - und das wird er.<br />
Es ist nur eine Frage der Zeit.<br />
Wir dürfen also einen Kampf der Titanen<br />
innerhalb des Yamaha Teams erwarten, aber keinen<br />
Hahnenkampf, denn dafür sind Spies und<br />
Lorenzo zu verschieden. Der Texaner weiß, was<br />
er will und wird sich weder auf der Strecke noch<br />
in Technikfragen unterordnen, aber er ist ein<br />
lockerer Typ und wird sich von Lorenzos Überschwang<br />
und Persönlichkeit neben der Strecke<br />
schlichtweg nicht beeindrucken lassen. In der<br />
Saison 2011 könnte genau das Yamaha helfen,<br />
den Sprung ins neue Zeitalter nach Rossi fast<br />
ohne Verluste zu schaffen und so an die Erfolge<br />
vergangener Jahre anzuknüpfen.<br />
Fotos: milagro<br />
MotoGP Starts Siege Podestplätze Poles MotoGP-Titel WM-Titel andere Klassen<br />
Jorge Lorenzo 52 14 20 16 1 2 x 250cc<br />
Ben Spies 21 – 2 1 – Superbike WM<br />
82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Ducati<br />
Hundertachtziggrad°<br />
Ducati hat für die kommenden Jahre die Trumpfkarte der MotoGP im Team, und zwar auf allen Ebenen.<br />
Doch 2011 wird das Team sich erst einmal in Geduld üben müssen.<br />
Die Welt ist im Wandel. Man spürt es im Fahrerlager,<br />
man spürt es in der Presse, man sieht es an<br />
der neuen Ducati-Lackierung. Vieles was einst<br />
war, ist verloren - und das ist gut so! Denn Valentino<br />
Rossis Wechsel zum Ducati Team erfüllt<br />
nicht nur Träume von ganz Italien, der Dorna<br />
und der MotoGP, der Wechsel hat auch zur Folge,<br />
dass Rossi mit einer überarbeiteten Teameinstellung<br />
zu seinem neuen Arbeitgeber kommt. Statt<br />
Streichung des offenen Datenaustausches heißt<br />
es für 2011: Zusammenarbeit und voneinander<br />
lernen. Teamkollege Nicky Hayden muss also<br />
nicht befürchten, einsam in seiner Box zu sitzen,<br />
während die Ducati-Truppe geschlossen um<br />
Rossi herum springt. Nein, die Chance sich<br />
gegenseitig zu ergänzen und schneller wieder an<br />
der Spitze zu sein, ist damit gegeben - besonders<br />
wichtig, auch in der Breite, mit beiden Fahrern.<br />
Es wird weder hitzköpfig hergehen wie zwischen<br />
Rossi und Lorenzo, noch negativ unterkühlt wie<br />
zwischen Hayden und Pedrosa (bei Honda). Am<br />
ehesten kann man das neu geformte Duo mit<br />
Edwards/Rossi vergleichen und bei den beiden<br />
stimmt die Chemie heute noch. Hahnenkämpfe<br />
ausgeschlossen. Hayden mag weniger Titel und<br />
Siege haben, aber er war es, der 2006 Rossi das<br />
»Wir werden gemeinsam<br />
daran arbeiten, dass<br />
die Ducati besser wird.«<br />
Gemeinsam, nicht<br />
valentino Rossi und<br />
Jeremy Burgess ‚allein‘.<br />
Verlieren beibrachte. Er hat seinen eigenen Stil,<br />
ist ehrgeizig, jammert wenig und ist beliebt. Ein<br />
Schattengewächs wird aus ihm nicht werden und<br />
Rossi wird sich dennoch nicht bedroht fühlen.<br />
Rossi will lernen und Hayden freut sich über<br />
seinen ‚Schüler‘. Haydens hart erarbeitetes Wissen<br />
über die Desmosedici wird sich 2011 bezahlt<br />
machen. Einmal, weil Top-Ergebnisse greifbar<br />
sind, andererseits, weil er einen Vorsprung auf<br />
Rossi hat und damit weniger Druck. Aus<br />
Haydens Sicht ist das angenehmer, als ein neunfacher<br />
Weltmeister, der kommt und mit der<br />
ersten Runde alles in Grund und Boden fährt.<br />
Für Ducati ist es gut, weil man so etwas mehr<br />
Zeit hat, den Italiener und seine Crew einzuarbeiten<br />
und dennoch nicht auf Top-Ergebnisse<br />
verzichten muss. Das schont die Nerven und<br />
verringert die lästigen Fragen der Medien. Das<br />
neue Motto lautet: »Wir werden gemeinsam<br />
daran arbeiten, dass die Ducati besser wird.«<br />
Gemeinsam, nicht Rossi und Burgess ‚allein‘.<br />
Hayden wird also auch in der zweiten Saisonhälfte<br />
nicht in die Verlegenheit gebracht, sich<br />
entschuldigen zu müssen, wenn er mit der<br />
Ducati in die Top-3 fährt - damit steht einem<br />
erfolgreichen Fahrer-Duo nichts im Weg. →<br />
MotoGP Starts Siege Podestplätze Poles MotoGP-Titel WM-Titel andere Klassen<br />
Valentino Rossi 149 79 59 49 7 1 x 250cc, 1 x 125cc<br />
Nicky Hayden 134 3 24 5 1 –<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 83
Story.Teamkollegen<br />
Honda<br />
Ein flotter Dreier?<br />
HRC und vor allem das Honda-Werksteam haben einige harte Jahre hinter sich. Man musste hart um den<br />
Anschluss kämpfen. 2010 ging es deutlich aufwärts, 2011 will man richtig durchstarten.<br />
Die Honda-Werksaufstellung unterscheidet sich<br />
2011 von allen Top-Teams der MotoGP, denn<br />
man hat gleich drei Hähne im Werkskorb und<br />
davon fallen zwei in die Kategorie ‚Alien‘. Ein<br />
erstaunlicher Schritt. Neben zusätzlichen<br />
Kosten ist es schwer, drei Fahrern wie Dani<br />
Pedrosa, Andrea Dovizioso und Casey Stoner<br />
das gleiche Maß an Aufmerksamkeit zu schenken.<br />
Nimmt man die einzelnen Typen, könnte<br />
das Werksteam trotz eines Spaniers und eines<br />
Italieners nach außen hin etwas englisch-unterkühlt<br />
daher kommen - was allerdings nicht<br />
heißt, dass darunter die Ergebnisse leiden. Nur<br />
gemeinsame Sponsor-Aktionen von Pedrosa<br />
und Stoner kann man sich schwer vorstellen<br />
und auch die Kombination Dovizioso mit<br />
Pedrosa gab es selten. Die Drei sind einzeln liebenswert<br />
und geachtet, aber Pedrosa und Stoner<br />
gemeinsam unterwegs, um einen Videodreh zu<br />
absolvieren? Das erscheint eher unwahrscheinlich.<br />
Andererseits muss man sehen, dass eine<br />
solche Harmonie zwar nett für die Presse und<br />
den Verkauf ist, aber für die Leistung auf der<br />
Strecke an sich unwichtig. Wenn Honda Ende<br />
2011 den Fahrertitel in die Stammfabrik hängen<br />
darf und in Japan Ehrungen erhält, wird es den<br />
Herren ziemlich egal sein, ob sich Stoner,<br />
Pedrosa und Dovizioso mittwochs zum Picknick<br />
getroffen haben oder nicht.<br />
Von der Fahrerseite aus gesehen hat Honda<br />
großes Potential. Pedrosa und Dovizioso kennen<br />
die RC212V und bei Stoner wirkte der<br />
Umstieg von Ducati auf Honda wie ein Kindersiel.<br />
Die Frontprobleme scheinen aus der Welt<br />
geschafft. Er mag der Neuling im Team sein,<br />
aber als Nachteil kann man das beim 25-Jährigen<br />
kaum werten. Bleibt die Frage: Was wird<br />
aus Dovizioso? Denn dass Pedrosa auch 2011<br />
um den Titel mitkämpfen wird, steht außer<br />
Frage, so er verletzungsfrei bleibt. Wird der Italiener<br />
als dritter Mann hinten herunter fallen<br />
oder wird er konstant in die Top-3 fahren?<br />
Die Kommunikation im Team ist wichtig.<br />
Stoner kann sich anpassen, Pedrosa hat die<br />
Autorität, Änderungen einzufordern, aber auf<br />
Dovizioso und seine Wünsche wird die Honda-<br />
Crew achten müssen. Macht man dies nicht,<br />
besteht die Gefahr, dass der 24-Jährige den<br />
Schluss zieht, Honda habe es eben doch nicht<br />
drauf, sich für drei Fahrer gleich stark einzusetzen.<br />
Das demotiviert den Fahrer und bringt<br />
Unruhe ins Team, die man im Titelkampf nicht<br />
gebrauchen kann. Drei Top-Fahrer zu managen<br />
und ihnen das zu geben, was sie zum Sieg brauchen<br />
- das dürfte für Honda in der Saison 2011<br />
der größte Balanceakt sein und wird über Erfolg<br />
und Misserfolg entscheiden.<br />
Fotos: milagro<br />
MotoGP Starts Siege Podestplätze Poles MotoGP-Titel WM-Titel andere Klassen<br />
Dani Pedrosa 84 12 35 17 – 2 x 250cc, 1 x 125cc<br />
Andrea Dovizioso 53 1 8 1 – 125cc<br />
Casey Stoner 83 23 20 22 1 –<br />
84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Yamaha Tech3, Honda Gresini und Pramac Racing<br />
satellitenteams<br />
Drei Satellitenteams sind 2011 mit einem Duo unterwegs - Yamaha Tech3, Honda Gresini und Pramac Racing.<br />
Die Teams von Aspar, Cardion ab und LCR Honda setzen hingegen auf Einzelkämpfer - Duelle ausgeschlossen.<br />
Yamaha Tech3<br />
Das Team Texas ist Geschichte und ein wenig<br />
trauern darf der gemeine Fan schon, aber Cal<br />
Crutchlow und Colin Edwards werden 2011<br />
gemeinsam für Action auf der Strecke und gute<br />
Laune im Team sorgen. Die Zusammenarbeit<br />
wird anders sein als zwischen Ben Spies und<br />
Edwards und ob es einen Nachfolger für die<br />
Tequila-Wette gibt, wird sich zeigen. Eine Wiederholung<br />
des Toseland/Edwards-Desasters ist<br />
aber nicht zu befürchten. Crutchlow wird hart<br />
arbeiten und versuchen, so schnell wie möglich<br />
zu lernen, mit der MotoGP umzugehen.<br />
Edwards wird auch diesem Rookie mit Rat &<br />
Tat zur Seite stehen und zudem versuchen, an<br />
die Leistungen von 2009 anzuknüpfen. Trotz<br />
aller Anstrengungen muss Tech3 die Messlatte<br />
für 2011 ein wenig niedriger ansetzen, Top-3<br />
Ergebnisse werden schwierig. Doch mit konstanten<br />
Fahrten in die Top-6 könnte man sich<br />
den Titel des besten Satellitenteams auch in<br />
dieser Saison sichern.<br />
Honda Gresini<br />
Aus der komplett italienischen Aufstellung von<br />
Fausto Gresini wird 2011 ein italienisches Team<br />
mit Hiroshi Aoyama als »exotischer Note«. Die<br />
Durchschnittstemperatur in den Boxen wird<br />
daher etwas sinken. Nicht weil Aoyama Japaner<br />
ist, sondern weil er und Marco Simoncelli noch<br />
nie die besten Freunde waren. Für Aoyama kein<br />
leichter Einstieg ins neue Team, denn Simoncelli<br />
konnte sich durch seine guten Leistungen<br />
bereits etablieren und ist die Hoffnung auf Top-<br />
Ergebnisse. Das Streben nach Erfolg könnte<br />
wenn Marco Simoncelli<br />
und Hiroshi Aoyama ihre<br />
saisonZiele 2011 erreichen<br />
wollen, dann müssen<br />
sie sich auf das Fahren<br />
konzentrieren und dürfen<br />
nicht in der gemeinsamen<br />
250cc-Vergangenheit<br />
hängen bleiben.<br />
gleichzeitig der Schlüssel zum Frieden sein.<br />
Wollen Simoncelli und Aoyama ihre Ziele 2011<br />
erreichen, dann müssen sie sich auf das Fahren<br />
konzentrieren und dürfen nicht in der gemeinsamen<br />
250cc-Vergangenheit hängen bleiben.<br />
Wenn sie das schaffen, könnte Gresini in diesem<br />
Jahr im Kampf der Satellitenteams ein ernster<br />
Konkurrent für Tech3 Yamaha werden.<br />
Pramac Racing<br />
Das Pramac Racing Team setzt in der Saison<br />
2011 erneut auf ein komplett neues Fahrerduo.<br />
Mit Randy de Puniet hat man scheinbar einen<br />
Glücksgriff gemacht, denn der Franzose zeigte<br />
bereits beim ersten Test, dass er die Ducati gut<br />
bändigen kann. So der 29-Jährige ein gutes<br />
Basis-Setup findet, darf man gute Ergebnisse<br />
von ihm erwarten. Auf der anderen Seite der<br />
Box sitzt Loris Capirossi, Wunschkandidat von<br />
Pramac und aufgrund seiner Erfahrung mit<br />
der Ducati der Hoffnungsträger für 2011. Reibungspotential<br />
zwischen den Teamkollegen ist<br />
nicht auszumachen, aber beim ersten Wiedersehen<br />
mit der Desmosedici konnte der Italiener<br />
nicht überzeugen. Schafft Capirossi im<br />
Winter nicht den Durchbruch, während de<br />
Puniet durch seine Lockerheit bessere Testzeiten<br />
erzielt, wird schon vor Saisonstart ein<br />
Druck aufgebaut, der sich negativ auswirken<br />
kann. Das wäre ein gefährlicher Motivationsdämpfer<br />
für Capirossi, der schon 2010 ein<br />
Seuchenjahr verarbeiten musste. Vom eigenen<br />
Teamkollegen geschlagen zu werden, der<br />
eigentlich als Notlösung bei Pramac unterkam,<br />
dürfte Capirossis Karriereende bedeuten. Vielleicht<br />
hätte Pramac doch wenigstens einen der<br />
letztjährigen Nachwuchsfahrer behalten und<br />
aufbauen sollen.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85
story.Suzuki<br />
Alvaro Bautista hätte schon<br />
so manchen Grund, den<br />
Kopf hängen zu lassen<br />
Fotos: milagro, suzuki<br />
86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Der Anfang<br />
vom Ende?<br />
Text: toni börner<br />
Suzuki tritt in der MotoGP-Saison 2011 nur noch<br />
mit einem einzigen Motorrad an, für die Saison 2012<br />
gibt es momentan keine klaren Aussagen. Doch<br />
ist der Einsatz von nur einem Motorrad im Haifischbecken<br />
der MotoGP der Anfang vom Ende oder<br />
bündelt man die Kräfte für die Neuentwicklung?<br />
Eine Ära geht zu Ende. Die Saison 2011 ist das<br />
letzte Jahr der 800ccm-Maschinen in der<br />
MotoGP-Weltmeisterschaft. Es ist eine Art<br />
Übergangsjahr, aber auch eine Art Nulljahr. Nur<br />
vereinzelte Hersteller haben wirklich große<br />
Ambitionen, in diesem Jahr den Titel noch klar<br />
zu machen. Da wäre zum Einen Honda, das in<br />
dieser Ära noch keinen Weltmeister-Titel geholt<br />
hat. Und zum Anderen wäre da Ducati, das mit<br />
Valentino Rossi an Bord gern noch mal ganz<br />
groß auftrumpfen würde. Allerdings stapelt man<br />
in Italien noch tief. Bei Yamaha dürfte man derweil<br />
über den vierten Fahrer-, Hersteller- und<br />
Team-Titel in Folge auch nicht erbost sein.<br />
Bei Suzuki hingegen sieht es mehr danach aus,<br />
als wolle man einfach ein Jahr überbrücken.<br />
Aber wo soll diese Brücke enden? Dieses Jahr<br />
geht das Team mit lediglich einem Motorrad an<br />
den Start - mit dem Spanier Alvaro Bautista im<br />
Sattel. Reicht ein Bike allein für die Entwicklung<br />
über die Saison wirklich aus? In diesem Fall<br />
öffnen sich zwei Szenarien: Bis Ende 2011 ist<br />
das Unternehmen definitiv an die MotoGP<br />
gebunden. Vor dem Hubraumwechsel im Jahr<br />
2007, als dieser von 990ccm auf 800ccm heruntergesetzt<br />
wurde, hatte Suzuki einen Fünfjahresvertrag<br />
unterschrieben. In diesem Papier der<br />
MSMA, der Herstellervereinigung der MotoGP,<br />
verpflichteten sich alle Werke, bis Ende 2011<br />
das 800er Reglement aufrecht zu erhalten und<br />
an der Rennserie teilzunehmen.<br />
Suzuki aber fand in der 800er-Ära keinen Weg<br />
nach vorn und dümpelte mehr oder weniger vor<br />
sich hin. Klar, dass ein solches millionenschweres<br />
Engagement ohne Erfolge vor der<br />
japanischen Geschäftsführung schwer zu verantworten<br />
ist. Darum wurden schon Stimmen<br />
laut, dass sich Suzuki vor 2011 zurückziehen<br />
würde. Die angekündigten schweren Strafen<br />
ließen dies aber nicht geschehen. Oder hat man<br />
bei Suzuki insgeheim eben schon mit den<br />
800ern abgeschlossen und konzentriert sich<br />
bereits voll auf die 1000er?<br />
Fehlende Leidenschaft<br />
Bei Suzuki hat man manchmal etwas das Gefühl,<br />
als fehle die Leidenschaft. Seit 2000 hat Suzuki<br />
keinen WM-Titel in der MotoGP-Klasse mehr<br />
eingefahren - damals gewann Kenny Roberts jr.<br />
Dann brach zwar zeitgleich die erfolgreiche Ära<br />
von Valentino Rossi an, doch andersherum<br />
konnte Suzuki eben auch in der Viertakt-Ära<br />
kein Überfliegermotorrad mehr bauen. Einen<br />
Sieg gab es seit jenen Tagen - durch den Australier<br />
Chris Vermeulen im Regen von Le Mans.<br />
Den einzigen Piloten, der auf Suzuki etwas zu<br />
Stande brachte - John Hopkins - ließ man nach<br />
Gesamtrang vier mit insgesamt vier Podestplätzen<br />
nach der Saison 2007 zu Kawasaki ziehen,<br />
beziehungsweise konnte man den talentierten<br />
US-Amerikaner nicht zum Bleiben bewegen.<br />
Dafür kam Altmeister Loris Capirossi an Bord.<br />
Doch auch seine Ausbeute ist mehr als mickrig:<br />
insgesamt ein dritter Platz in drei Jahren und<br />
anstatt nach vorn ging es nach hinten - 118, 110,<br />
44. Das war seine abnehmende Punktausbeute<br />
in den letzten drei Jahren.<br />
Suzuki hatte in letzter Zeit weder einen Spitzenfahrer,<br />
noch die zündenden Ideen, um →<br />
Viel nachzudenken:<br />
Wie geht es mit<br />
Suzuki 2011 weiter?<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 87
story.Suzuki<br />
das Motorrad voran zu bringen. Zwar zeigte<br />
man wie fast immer bei den Testfahrten auf,<br />
doch im Rennbetrieb ging dann gar nichts mehr.<br />
Und die Fahrer klagten in den letzten vier, fünf<br />
Jahren fast immer über die gleichen Probleme.<br />
»Das war heute nicht unser Wetter«, klagte man<br />
immer wieder, vor allem, wenn es etwas kälter<br />
war. Wenn, dann wollte die GSV-R am liebsten<br />
bei heißen Temperaturen funktionieren. Doch<br />
ganz so einfach war es dann doch nicht. Es<br />
fehlte am Handling, die Suzuki-Piloten klagten<br />
immer wieder, dass ihr Motorrad schier unfahrbar<br />
war. Dann mangelte es hinten an Grip, ein<br />
weiteres Mal klagten sie über zu wenig Motorleistung<br />
und eine zu unkontrolliert einsetzende<br />
Power. Doch ein Weg aus dieser Misere wurde<br />
nie wirklich gefunden - und das obwohl Suzuki<br />
Motorupdates und neue Chassis anschleppte.<br />
2010 sollte das große Jahr von Suzuki werden.<br />
Das Unternehmen feierte 50 Jahre Rennsport.<br />
Doch die Erfolge zum Jubiläum blieben aus.<br />
Mitte der Superbike-Saison lag Leon Haslam<br />
mit der GSX1000RR noch voll auf Titelkurs.<br />
Dann der entscheidende Fehler: Man lehnte sich<br />
zurück, entwickelte nicht weiter - und verlor<br />
den Titel an Max Biaggi auf Aprilia. Es hat<br />
Alvaro Bautista fährt nicht<br />
nur für seine eigene<br />
Zukunft, sondern auch für<br />
die von Suzuki<br />
»Wir wenden<br />
uns ganz<br />
bestimmt nicht<br />
vom Sport<br />
ab, aber wir<br />
investieren<br />
auch nicht<br />
in schwarze<br />
Löcher.«<br />
manchmal den Anschein, als wolle man bei<br />
Suzuki nur so viel wie irgend nötig tun und<br />
wenn es läuft, dann spart man wieder. Es fehlt<br />
den Japanern einfach diese bedingungslose Einstellung<br />
zum Rennsport. Die flammende Leidenschaft,<br />
wie man sie bei Ducati und Aprilia<br />
sieht. Oder eben das talentierte Zugpferd, dem<br />
man sich bedächtig unterwirft. Das haben sogar<br />
die ehrenvollen anderen japanischen Hersteller<br />
erkannt. Es muss ein Fahrer her, der das Motorrad<br />
versteht und genügend Talent mitbringt, um<br />
es zu entwickeln. Andersherum braucht es beim<br />
Hersteller und den Ingenieuren dann aber auch<br />
den absoluten Willen, um die Ideen des Starfahrers<br />
umzusetzen.<br />
Keine Investition in<br />
schwarze Löcher<br />
Droht also der Ausstieg? Seitens Suzuki gibt es<br />
eine klare Bekenntnis zum Sport, wie Paul M.<br />
Rowney, der General Manager Motorrad von<br />
Suzuki International Europa dem <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong> verriet. Allerdings seien im internationalen<br />
Rennsport in der Superbike WM und<br />
MotoGP zu viele Fragen ungeklärt. Für 2012 gibt<br />
es im neuen Reglement zwar schon wichtige Eckpunkte,<br />
aber viele Themen sind weiterhin offen.<br />
Grund genug für Suzuki, etwas verhaltener an<br />
die Sache heranzugehen. »Grundsätzlich müssen<br />
für uns das Verhältnis aus Investition und Ertrag<br />
abgewägt werden und stimmen«, sagt Rowney.<br />
Kritikpunkt des Deutschen ist vor allem, dass,<br />
gerade mit den neuen Regeln 2012, die Superbike<br />
WM und die MotoGP bei den reinen Maschinen<br />
immer ähnlicher werden.<br />
»Die Superbike WM und die MotoGP nähern<br />
sich immer mehr an, was die Motoren- und Fahrwerksfrage<br />
angeht. Da gibt es zu viele offene<br />
Fragen. Und so lange die nicht geklärt sind, halten<br />
wir unseren Platz und bleiben da. Die Frage<br />
ist: Wohin geht die Zukunft? Erst wenn das klar<br />
ist, entwickeln wir.« Und der Standpunkt ist<br />
durchaus zu verstehen. Großinvestitionen im<br />
letzten Jahr der 800er wären zum einen Luxus<br />
und zum anderen wirtschaftlicher Wahnsinn.<br />
Man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen,<br />
dass der MotoGP-Weltmeister 2011 weder<br />
Alvaro Bautista heißt, noch dass selbiger ein konstanter<br />
Anwärter auf die Podestplätze wird.<br />
Von dem aus oben genannten Gründen eingeschränkten<br />
internationalen Engagement profitiert<br />
der Sport aber an anderer Stelle, wie Rowney<br />
aufzeigt. Die Europa-Vertretung von Suzuki<br />
hat sich breiter aufgestellt. »Die MotoGP, die<br />
Superbike und die MX1-Weltmeisterschaft sind<br />
88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Statistik: Suzuki in der MotoGP<br />
Saison WM Punkte Podestplätze Siege<br />
2007 3. 368 8 1<br />
2008 5. 248 3 -<br />
2009 6. 216 - -<br />
2010 6. 129 - -<br />
Suzuki mutiert in der Saison 2011 zum Einmann-<br />
Einzelkämpferteam - kommt es 2012 zur<br />
Auferstehung oder gehen die Japaner komplett unter?<br />
Angelegenheiten von Japan. Wir koordinieren<br />
von Europa aus die SBK und die MX1, aber die<br />
MotoGP liegt vollkommen in japanischer Hand.<br />
Aber in der kommenden Saison betreiben wir<br />
das MX2-Weltmeisterschaftsteam im Moto-<br />
Cross selbst. Außerdem haben wir dann ein<br />
National-Plus-Team und wir schicken Larisa<br />
Papenmeier in die WomansMX-WM. Wir werden<br />
zwei bis drei Teams in der IDM Supersport<br />
haben und wir werden auch in der IDM Superbike<br />
vertreten sein. Außerdem werden wir einen<br />
Hobbysport-Cup organisieren. Und das wohl<br />
beste Supermoto-Team von Dirk Spaniol werden<br />
wir auch unterstützen. Alles in allem wird<br />
Suzuki 2011 also mehr machen, als bislang«,<br />
lautet die klare Ansage.<br />
»Wir stellen unseren Einsatz jedes Jahr vor<br />
die Entscheidung aus Investition und Ertrag«,<br />
betont Rowney ein weiteres Mal. »Wir wenden<br />
uns ganz bestimmt nicht vom Sport ab, aber wir<br />
investieren auch nicht in schwarze Löcher. Der<br />
Sport ist uns wichtig, aber nur, wenn er in internationalen<br />
Gebieten sinnvoll ist. Als Suzuki<br />
Europe International engagieren wir uns daher<br />
in dieser Saison verstärkt im nationalen Sport<br />
und im MX-Bereich.« In dieser Hinsicht beginnt<br />
also eine neue Ära für Suzuki. Ob das auch in<br />
der MotoGP gilt, bleibt abzuwarten. MSM<br />
»Wohin geht die<br />
Zukunft? Erst<br />
wenn das klar<br />
ist, entwickeln<br />
wir.«<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89
interview.MZ<br />
MZ traut Max Neukirchner<br />
durchaus den WM-Titel in der<br />
Moto2-Klasse zu
Im<br />
Kreuzverhör<br />
MZ-Chef Martin Wimmer und die beiden Moto2-Piloten Max Neukirchner<br />
und Arne Tode, der für MZ die spanische Meisterschaft fahren wird,<br />
trafen sich mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> zum Kreuzverhör über die<br />
bevorstehende Saison und darüber hinaus. Text: Toni Börner<br />
Fotos: MZ<br />
MSM: Max, Martin, Arne - was steht 2011 auf<br />
dem Programm, was soll erreicht werden?<br />
MARTIN WIMMER: Wir haben bei MZ im<br />
letzten Jahr mit ganz geringen Mitteln den Einstieg<br />
gewagt. Wir haben durch bestimmte<br />
Umstände und dadurch, dass wir nicht ganz<br />
schlecht ausgeschaut haben, nun zwei Plätze<br />
bekommen. Jetzt ging es darum: Was ist die<br />
optimale Kombination? Anthony West hat im<br />
Jahr 2010 bei uns viel Vorarbeitet geleistet und<br />
wird bleiben. Um ein schlagkräftiges Team<br />
aufzubauen, werden wir zweigleisig fahren. Da<br />
ist zum Einen das GP-Team, bei dem während<br />
der Saison nicht viel entwickelt werden kann.<br />
Und daher brauchten wir ein starkes Entwicklungsteam,<br />
um weiter voranzuschreiten. Diese<br />
Aufgabe habe ich Arne anvertraut. Was 2012<br />
kommt, müssen wir schauen, je nachdem, wie<br />
unsere Entwicklung läuft.<br />
MAX NEUKIRCHNER: Auf jeden Fall wird<br />
es eine harte Klasse werden. Meine 250er<br />
Erfahrungen kommen da schon mit durch, ich<br />
muss aber meinen Fahrstil wieder ändern. Dort<br />
braucht es einen runden Fahrstil. Mit der<br />
Moto2 kann man extrem früh ans Gas gehen.<br />
Es ist eine starke Klasse. Aber ich scheue mich<br />
nicht davor. Ich bin sehr gut vorbereitet, sehr<br />
fit und so wie es aussieht, sind wir alle sehr<br />
motiviert. Das neue Motorrad ist bald auf den<br />
Beinen, damit wir Stück für Stück weiterentwickeln<br />
können, um irgendwann ganz vorne<br />
zu landen.<br />
Wie war die erste Erfahrung bei den Testfahrten<br />
in Valencia?<br />
MN: Wir waren schon ein paar Mal in Spanien<br />
testen - Valencia, Aragon, Jerez und Almeria<br />
- und ich war zumindest sehr beeindruckt vom<br />
Motorrad. Es war für mich eine etwas größere<br />
Umstellung, aber trotzdem konnten wir es<br />
Stück für Stück verbessern. Das neue Motorrad<br />
wird aber komplett anders sein.<br />
Arne, du bist als 600er Fahrer bekannt, bei<br />
deinen paar Moto2-Rennen hast du auch gute<br />
Leistungen gezeigt. Was ist dein mittel- und<br />
langfristiges Ziel?<br />
ARNE TODE: Die mittel- und längerfristige<br />
Lösung ist für mich MZ. Ich freue mich auf die<br />
Aufgabe in der Moto2 in Spanien. Sie ist stark<br />
umkämpft und wie wir wissen, sind Talente<br />
wie Bradl und Folger nicht aus der IDM<br />
gekommen, sondern aus der CEV. Für mich ist<br />
wichtig, dass ich sportlich weiter komme. Auf<br />
der anderen Seite ist es eine riesengroße Aufgabe,<br />
fast schon eine Ehre, das Motorrad für<br />
MZ entwickeln zu dürfen, aber auch dieses<br />
patentierte Federsystem. Diese zwei Sachen<br />
sind sehr komplex. Anfang des Jahres wird es<br />
wahrscheinlich einige Hürden zu meistern<br />
geben, aber ich denke, dass sich das zum Ende<br />
hin einpegelt und dass wir auf einem guten<br />
Weg sind. Bis jetzt sind nur gute Leute dabei,<br />
die Creme de la Creme, die auf dem Markt →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 91
interview.MZ<br />
MZ fährt 2011 zweigleisig:<br />
In der Moto2-WM und der<br />
spanischen Meisterschaft<br />
zu holen war, hat sich MZ Stück für Stück weggegriffen.<br />
Somit sind wir bestens aufgestellt. Ich<br />
hoffe, dass meine Arbeit unterm Strich gut ist,<br />
damit ich die Möglichkeit bekomme, 2012 wieder<br />
im GP in den Sattel zu steigen. Das ist für mich<br />
die Perspektive, mein Licht am Ende des Tunnels.<br />
Am Anfang war es nicht schön, zu wissen, wieder<br />
national unterwegs zu sein. Aber mittlerweile<br />
freue ich mich sehr darauf. Es wird für alle eine<br />
tolle Sache, für Max eine tolle Saison. Für Anthony<br />
wird es eine knallharte Nummer, weil Max voll<br />
motiviert und ein ganz schneller Fahrer ist. Das<br />
pusht das Team. Ich muss natürlich am Kabel ziehen,<br />
um in der spanischen Meisterschaft zu gewinnen.<br />
Jetzt hoffen wir, dass noch ein, zwei finanzstarke<br />
Firmen mit ins Boot steigen und dann sollte<br />
die Sache laufen.<br />
Wir haben im Grand Prix gesehen: Es gab schon<br />
mal einen Quereinsteiger, der aus dem Supermoto<br />
kam. Du hast mit Bernd Hiemer einen<br />
Supermoto-Weltmeister an deiner Seite. Was<br />
traut ihr ihm zu?<br />
AT: Ich habe den Bernd leider erst ein Mal live<br />
fahren sehen. Ich bewundere diese Leute, die im<br />
Supermoto unterwegs sind, gerade wegen ihrer<br />
Fahrkünste. Ich nehme an, dass der Junge viel<br />
Fahrgefühl hat. Er hat sicherlich Ansprüche und<br />
wird sicher schnell auf ein hohes Level kommen,<br />
aber bekanntlich sind die letzten zwei Sekunden<br />
schwierig. Da müssen wir abwarten, wie sich das<br />
entwickelt. Aber wer Weltmeister geworden ist,<br />
der hat es faustdick hinter den Ohren und weiß,<br />
um was es geht. Ich denke, dass er einen guten Job<br />
machen wird, dass es keine falsche Entscheidung<br />
war. Ich denke, es war eine gute Entscheidung, den<br />
Mann zu holen.<br />
MW: Aus unserer Sicht haben zwei Sachen eine<br />
Rolle gespielt. Zum einen steht Bernd Hiemer am<br />
Ende seiner Supermoto-Karriere. Er ist 27 Jahre<br />
alt, war zwei Mal Weltmeister, da kommt für ihn<br />
nichts mehr nach. Im Endeffekt war er der Valentino<br />
Rossi der Supermoto-Klasse. Jetzt hat er den<br />
Wunsch gehabt, umzusteigen. Das ist zwar ein<br />
Risiko, weil es auch schief gehen kann, aber was<br />
für uns nicht schief gehen kann, ist, einen Mann<br />
wie Bernd Hiemer an die Marke MZ zu binden.<br />
Wir werden natürlich auch ein Supermoto-Motorrad<br />
entwickeln und dann haben wir gleich den<br />
Weltmeister im Boot. Und wir wollen auch unser<br />
Federungssystem in der Supermoto entwickeln.<br />
Daher haben wir gleich drei Fliegen mit einer<br />
Klappe schlagen können. Sollte er den Umstieg<br />
schaffen, sprich vom Fahrgefühl und der Fahrzeugbeherrschung<br />
her, wird er auch seinen Weg<br />
gehen. Es gibt ja auch einen [Stephane] Chambon,<br />
der auch Supersport-Weltmeister geworden ist.<br />
Oder Jean-Michel Bayle, der in den 80ern und<br />
Anfang der 90er bis in die 500er Klasse gekommen<br />
ist. Allerdings ist es, und das haben alle gehabt,<br />
ein Unterschied, den Geschwindigkeitsbereich<br />
einzuschätzen. Das ist sein Problem, ob er das<br />
92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
lösen kann oder nicht. Für uns war es eine Sache,<br />
einen Weltmeister langfristig bei der Marke zu<br />
haben, die uns sehr gereizt hat.<br />
In der Moto2 bedeutet ja eine Sekunde Platz eins<br />
oder…<br />
AT: Zwanzig.<br />
MW: Ja.<br />
Fotos: MZ, adrivo/T. Börner<br />
… oder ganz hinten starten. Wo holt man in der<br />
Entwicklung die letzten Zehntel.<br />
MW: Das ist ein Punkt, warum ich so froh war,<br />
Arne zu überzeugen, dass es kein Rückschritt ist,<br />
die Moto2 in Spanien zu fahren. Es hat sich letztes<br />
Jahr herausgestellt, dass man während der Rennen<br />
nur ganz minimale Entwicklungsschritte machen<br />
kann. Das heißt, man kann an der Abstimmung<br />
arbeiten, aber man kann keine grundsätzlichen<br />
Dinge ausprobieren. Das Federungssystem, was ich<br />
patentiert und selber mitentwickelt habe, bringt bis<br />
zu 0,5 Sekunden pro Runde, wenn es richtig entwickelt<br />
ist. Wenn wir es bis Mitte 2011 einsatzreif<br />
bekommen könnten, hätten wir in der letzten Saisonhälfte<br />
noch einmal drei, vier Zehntel pro Runde,<br />
die wir an die GP-Fahrer weitergeben könnten.<br />
Wie eng wird die spanische Meisterschaft mit dem<br />
Grand Prix verschmelzen? Also wenn Arne sagt,<br />
das und das Teil ist super, geht die Entwicklung<br />
dann gleich an Max und Anthony weiter?<br />
MW: Es gibt Testbeschränkungen und Limits für<br />
das GP-Team, die aber nicht für das spanische<br />
Team gelten. Deswegen also die grundsätzliche<br />
Trennung. Es war für mich auch gut zu sehen, dass<br />
Arne und Max sehr ähnliche Fahrstile haben und<br />
in die gleiche Richtung entwickeln. Deswegen ist<br />
davon auszugehen, wenn Arne das System entwickelt,<br />
es auch für Max nicht grundlegend anders<br />
abgestimmt werden muss. Das Entscheidende ist,<br />
dass nur wenn wir gesichert gegenüber dem alten<br />
System zwei, drei Zehntelsekunden pro Runde<br />
schneller fahren können und das über zehn Runden,<br />
dann ist das System so weit, dass es auch im<br />
Grand Prix getestet werden kann. Und wenn es<br />
die Fahrer dann wollen, erhalten sie es auch.<br />
Abschließend die Frage an euch alle: MotoGP,<br />
Moto2, 125cc, Superbike- und Supersport WM.<br />
Wer wird Weltmeister?<br />
MW: Ich traue Valentino Rossi zu, mit Ducati<br />
Weltmeister zu werden. In der Moto2 tippe ich<br />
auf Max Neukirchner und bei den 125ern würde<br />
ich es Jonas Folger wünschen, damit wir aus deutscher<br />
Sicht vorne dabei sind. Bei den Superbikes,<br />
obwohl ich aus deutscher Sicht BMW-Fahrer<br />
vorne sehen sollte, glaube ich nicht, dass sie das<br />
schaffen werden, weil sie sich intern noch aussortieren<br />
müssen. Da tippe ich auf Max Biaggi. Und<br />
Supersport ist schwierig, weil ich nicht weiß, wer<br />
da noch in der Klasse geblieben ist.<br />
AT: Also Supersport habe ich jetzt auch keinen<br />
Überblick...<br />
Arndt Seidel: Na Fabian Foret auf Ten Kate<br />
Honda natürlich...<br />
AT: Fabian? Ja gut, dann Fabian Foret sicherlich.<br />
Der wird gut dabei sein. Superbike gehe ich mit<br />
Martin mit, dass ich Max vorne sehe. MotoGP<br />
tippe ich ganz stark auf Stoner, dicht gefolgt von<br />
Rossi. So stelle ich mir das vor. Stoner, Lorenzo,<br />
Das Entscheidende ist, dass nur<br />
wenn wir zwei, drei Zehntel<br />
pro Runde schneller sind, wir<br />
»es auch im Grand Prix testen.<br />
Rossi, da wird es sich entscheiden. Aber ich denke<br />
Lorenzo oder Stoner werden es machen. Und Spies<br />
wird alle ärgern. Aber ich kann mir nicht vorstellen,<br />
das Rossi am Anfang der Saison so schlagkräftig<br />
ist und wirklich über die Saison das Level<br />
halten kann. Ich tippe ganz stark auf Stoner.<br />
Moto2, da halte ich volle Stücke auf Max, das ist<br />
mein Ernst. Max hat bewiesen, dass er auf Strecken<br />
schon so schnell war - wie Australien, da warst du<br />
vorher noch nie glaube ich...<br />
MN: Nee.<br />
AT: Doch ein Mal<br />
MN: Ja, in der Supersport…<br />
AT: ... und dann beim Debüt in der Superbike<br />
gleich aufs Treppchen zu fahren, das ist wirklich<br />
eine Wahnsinns-Leistung. Wie gesagt, Moto2 im<br />
Grand Prix ist eine spezielle Welt. Aber Max hat<br />
gute Voraussetzungen. Es kochen alle nur mit<br />
Wasser und ich traue Max zu, beim ersten Rennen<br />
in der ersten, zweiten oder dritten Startreihe zu<br />
stehen, wenn das Motorrad gut ist. Und wenn du<br />
ein Mal so einen Wurf landest... Da hoffe ich also<br />
auf Deutsch. Und auch in der 125er hoffe ich auf<br />
Jonas Folger.<br />
MN: Man muss zu den Deutschen halten und<br />
daher halte ich auch zu Jonas Folger. Und zur<br />
Moto2. Ich will mich da jetzt nicht selber in den<br />
Himmel heben, ich sage dazu überhaupt nichts.<br />
Ich drücke natürlich den Deutschen die Daumen,<br />
auch Stefan Bradl, aber ihn gilt es für mich als<br />
Ersten zu schlagen. Ich weiß, dass ich sehr gut<br />
vorbereitet bin und dass ich wieder ein sehr gutes<br />
Team hinter mir habe. In der MotoGP, klar, nichts<br />
ist unmöglich, auch nicht, dass Rossi schon dieses<br />
Jahr wieder Weltmeister werden kann. Ich denke,<br />
dass Rossi, Lorenzo und Casey Stoner ganz vorn<br />
dabei sind. Aber ich habe trotzdem Ben Spies auf<br />
der Rechnung. Ich kenne ihn von der Superbike<br />
her und wenn er Top-Material hat, mit seinem<br />
Chefmechaniker, wo er sich wohlfühlt, da kann<br />
er sehr stark sein. In der Superbike tippe ich voll<br />
auf Max Biaggi. Er ist der cleverste und erfahrenste<br />
Mann und er hat ein Team hinter sich, was 1:1<br />
perfekt stimmt und auf ihn zugeschnitten ist. In<br />
der Supersport ist es dieses Jahr schwierig, weil<br />
Kenan [Sofuoglu] und alle raus sind. Ich weiß gar<br />
nicht, was macht überhaupt der Kawasaki-Pilot,<br />
der Lascorz?<br />
AT: Superbike.<br />
MN: Auch in die Superbike, hm…<br />
AT: Also der Gino Rea wird ein Geheimtipp bei<br />
Intermoto Czech…<br />
MN: Dann denke ich auch Gino Rea. Oder, er ist<br />
eben der erfahrenste Mann und bei Ten Kate, der<br />
Fabian Foret. <br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 93
STORY.Reifen<br />
Fotos: milagro<br />
94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Der einzige Kontakt<br />
Die Reifen sind der einzige Kontakt von Fahrer und Maschine zum Boden –<br />
auSSer beide legen sich ungewollt hin. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> entwirrt die Geheimnisse des<br />
schwarzen Goldes in der MotoGP.<br />
Text: Maria Pohlmann<br />
Die Reifen<br />
werden wie<br />
rohe Eier<br />
behandelt<br />
Reifen. Das klingt nach einem langweiligen<br />
Thema, ist es aber nicht. Denn in der MotoGP<br />
sind die runden Gummis das A und O. Eigentlich<br />
sind sie neben der Elektronik und dem Fahrwerk<br />
sogar der interessanteste Aspekt eines MotoGP-<br />
Bikes. Warum? »Zwischen dem Asphalt und dem<br />
Kopf des Fahrers sind die Reifen der einzige Kontakt«,<br />
lacht Bridgestone-Reifentechniker Peter<br />
Baumgartner. Klingt einfach, aber genau so ist<br />
es. Obwohl die Vorderreifen eines MotoGP-<br />
Motorrads nur die Auflagefläche in der Größe<br />
einer Kreditkarte haben, vermitteln allein sie dem<br />
Fahrer, ob er sitzen bleibt oder abfliegt. Das Vertrauen<br />
zum Pneu spielt also eine gehörige Rolle.<br />
Doch fangen wir ganz von vorne an. Bridgestone<br />
ist seit 2009 alleiniger Reifenlieferant in der<br />
MotoGP. Dafür werden im Jahr über 10.000 Stück<br />
der kostbaren Gummis in alle Teile der Welt verschickt.<br />
An einem Rennwochenende bekommt<br />
jeder Fahrer von Bridgestone acht Vorder- und<br />
zehn Hinterräder. Die normalen Rennreifen,<br />
auch Slicks genannt, haben kein Profil und haften<br />
trotzdem besser als das handelsübliche Rad.<br />
Außerdem werden acht Regenreifen pro Pilot<br />
eingepackt. Das scheint alles recht einfach, doch<br />
bei einem Sortiment von zehn verschiedenen<br />
Mischungen allein für das Hinterrad ist die<br />
Vorauswahl für Bridgestone und für den Fahrer<br />
ein wahres Glücksspiel. Der aufmerksame<br />
MotoGP-Fan hat längst gemerkt, dass harte und<br />
weiche Reifen optisch unterschieden werden: die<br />
weichen Gummis werden mit einem weißen<br />
Strich gekennzeichnet, die harten nicht. Was der<br />
japanische Reifenhersteller für den Zuschauer<br />
vereinfacht darstellt, ist in Wirklichkeit viel komplexer,<br />
denn die Palette reicht von ‚extra hard‘ über<br />
‚medium‘ bis hin zu ‚soft‘ und ‚extra soft‘, mal abgesehen<br />
von den Dual-Compound-Mischungen für<br />
die Hinterreifen. Diese werden immer dann eingesetzt,<br />
wenn eine Strecke besonders viele Links- oder<br />
Rechtskurven hat. »Der Sachsenring oder auch<br />
Phillip Island haben fast nur Linkskurven, da wird<br />
die linke Flanke natürlich mehr beansprucht und<br />
die Mischung muss auf der Seite härter sein«, erklärt<br />
Steve Jenkner, Reifentechniker bei Bridgestone.<br />
Umgekehrt habe zum Beispiel Brünn mehr Rechtskurven.<br />
Da muss natürlich die rechte Seite härter<br />
gemischt sein. Der Vorteil der Dual-Compound-<br />
Reifen für Bridgestone besteht darin, dass sie den<br />
Pneu doppelt verwenden. Wie praktisch. »Wenn<br />
bei einem der nächsten Rennen das Verhältnis von<br />
Links- und Rechtskurven genau umgekehrt ist,<br />
können wir den Reifen drehen, also andersherum<br />
einbauen. Die Hinterreifen können somit vorwärts<br />
und rückwärts gefahren werden«, klärt Jenkner auf.<br />
Die weiche Mischung baut schneller ab, bietet<br />
aber zu Beginn mehr Grip und ist daher nach der<br />
Abschaffung der Qualifier besonders gut für<br />
schnelle Rundenzeiten in der Qualifikation geeignet.<br />
Die Haftung auf harten Reifen verbessert sich<br />
erst auf längere Distanz, dafür hält der harte Gummi<br />
gegen Ende eines Rennens noch einiges mehr aus.<br />
Der Fahrer steht also vor der Wahl: Nimmt er den<br />
härteren Reifen, wird er in den ersten Runden<br />
behutsamer fahren müssen, kann aber gegen Rennende<br />
Zeit auf die Konkurrenten gutmachen. Entscheidet<br />
er sich für die weichere Mischung, kann<br />
er schon am Anfang schnelle Rundenzeiten in den<br />
Asphalt brennen, muss aber hinnehmen, dass er<br />
die Kurven in der zweiten Rennhälfte langsamer<br />
fahren muss. Jenkner fügt hinzu: »Außerdem spielt<br />
es eine Rolle, ob der Tank leer oder voll ist - das<br />
muss alles die Elektronik regeln.«<br />
Gut, ganz so genau müssen wir das auch nicht<br />
wissen. Wichtig ist aber noch, dass harte und weiche<br />
Mischungen vorerst von den Temperaturen in und<br />
um die jeweilige Rennstrecke abhängen. Auf Kursen<br />
an denen hohe Temperaturen zu erwarten sind,<br />
werden nur härtere Mischungen mitgenommen.<br />
In Malaysia wird also auf keinen Fall ein weicher<br />
Reifen zu sehen sein. Die weiche Mischung packt<br />
Bridgestone nur bei kühlerem Wetter ein. Dazu →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95
Story.xxxxxxxxxxxxx<br />
STORY.Reifen<br />
Die Reifen sorgen auch 2011<br />
wieder für spannende Zweikämpfe<br />
an der Spitze der MotoGP<br />
werden die Reifentechniker schon früh zu Wetterfröschen<br />
und studieren die Voraussagen hoch und<br />
runter. Da die Gummis aber gerade bei Überseerennen<br />
schon früh eingetütet und verschickt werden<br />
müssen, muss ein solcher Reifen trotzdem<br />
einige Temperaturschwankungen überstehen. Denn<br />
wir wissen ja, wie zuverlässig die Wettervorhersagen<br />
manchmal sind. Deshalb werden die Pneus so konstruiert,<br />
dass sie auch noch bei Schwankungen bis<br />
zu 20 Grad Celsius der berechneten Asphalttemperatur<br />
funktionieren.<br />
Und wie sieht es bei den Fahrern aus? Haben sie<br />
bestimmte Vorlieben? »Oft ist zu beobachten, dass<br />
die Piloten, die aus der Superbike kommen eher<br />
eine weichere Mischung bevorzugen«, hat Jenkner<br />
nach vielen Jahren festgestellt. Die SBK-Piloten sind<br />
ein weicheres Fahrgefühl gewohnt und wählen<br />
demnach auch ihre Reifen. Die Fahrer, die den klassischen<br />
Aufstiegsweg über 125er und 250er beziehungsweise<br />
Moto2 nehmen, suchen auch in Bezug<br />
auf ihre Reifen mehr nach Stabilität. »Valentino<br />
Rossi und Casey Stoner nehmen oft den härteren<br />
Reifen, aber es gibt immer Ausnahmen. Zum Beispiel<br />
Colin Edwards«, bestätigt Jenkner die Regel.<br />
Denn Edwards kommt zwar aus der Superbike-<br />
Klasse hat aber auch den harten Pneu lieber. Dennoch<br />
komme es immer noch auf das Motorrad und<br />
auf die Abstimmung, also das Gesamtpaket an.<br />
Auch Baumgartner bestätigt, dass Rossi seine Runden<br />
lieber auf harten Reifen dreht, zumindest bei<br />
Yamaha. »Valentino fährt seit 2008 auf den Bridgestones.<br />
Er kennt unsere Arbeitsweise und die<br />
verschiedenen Mischungen. Wir haben von ihm<br />
immer viel Input bekommen. Trotzdem beraten<br />
wir die Fahrer, denn wenn etwas schief geht, lag der<br />
Fehler nicht bei ihnen selbst«, erklärt der Reifentechniker<br />
dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Bei Jorge<br />
Lorenzo sei es verschieden. »Manchmal bevorzugt<br />
er die weiche, dann wieder die harte Mischung. Das<br />
ist immer abhängig von der Fahrwerkseinstellung.<br />
Jorge ist noch in der Lernphase. Ich gebe ihm<br />
immer Tipps«, verrät er. Da Baumgartner 2010 alle<br />
Yamaha-Piloten betreut hat, weiß er auch, dass die<br />
Rookie-Saison für Ben Spies auf den Bridgestone-<br />
Reifen eine große Herausforderung darstellte: »Ben<br />
kam schließlich von Pirelli. Das ist eine enorme<br />
Umstellung. Aber er wird sich 2011 wohl noch mal<br />
extrem verbessern können, denn jetzt kennt er die<br />
Reifen, die Rennstrecken und sitzt auch noch auf<br />
einer Werksmaschine.«<br />
Apropos 2011: Wie sieht es da eigentlich bei Bridgestone<br />
aus? Viel wird sich nicht verändern. »Wir<br />
sind natürlich immer stückweise am Testen. Aber<br />
auch wir verlegen unsere Konzentration schon auf<br />
die 1000cc-Maschinen 2012«, sagt Jenkner. Das<br />
wird eine völlig neue Herausforderung für den<br />
japanischen Hersteller. Der Techniker erklärt: »Sie<br />
sind den Superbikes ähnlicher. Da haben wir ganz<br />
andere Anforderungen. Denn die Piloten fahren<br />
dann nicht mehr so flüssig wie mit den 800cc-<br />
Maschinen, sondern mehr im Stop-and-Go-Stil.«<br />
Obwohl es in diesem Jahr wieder vier Trainings-<br />
Sessions geben wird, bedeutet das für Bridgestone<br />
keine große Umstellung. »Wir werden deshalb nicht<br />
mehr Reifen mit an die Rennstrecke bringen, denn<br />
trotz mehr Trainingszeit werden nicht unbedingt<br />
mehr Kilometer gefahren. Man merkt, dass sich die<br />
Piloten einfach mehr Zeit lassen, wenn sie mehr<br />
Zeit zur Verfügung haben. Dann ist es entspannter,<br />
aber die Fahrer müssen mit dem auskommen, was<br />
sie haben«, meint Jenkner. Es gibt aber noch mehr<br />
Prognosen für 2011. Baumgartner ist sich sicher:<br />
»Valentino war beim ersten Test nicht 15., weil er<br />
»Mit einem guten Gefühl für die Reifen<br />
kann ein Fahrer um einiges schneller<br />
fahren«, weiSS steve Jenkner.<br />
mit der Ducati nicht zurecht kommt, sondern weil<br />
er die Strecke in Valencia absolut nicht mag. Er war<br />
dort noch nie auf dem Podest. Wir werden erst bei<br />
den kommenden Testfahrten sehen, wie er mit der<br />
Ducati harmoniert.«<br />
Doch auch ein Rossi muss nicht nur seine Reifen<br />
sorgsam wählen, sondern auch Elektronik und<br />
Fahrwerk darauf abstimmen, um wieder um Siege<br />
zu kämpfen. Das schwarze Gold ist nicht zu unterschätzen.<br />
»Mit einem guten Gefühl für die Reifen<br />
kann ein Fahrer um einiges schneller fahren«, weiß<br />
Jenkner. Denn mit keinem anderen Detail kann<br />
man so viel Zeit gewinnen oder verlieren.<br />
Fotos: milagro<br />
96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Team.Switzerland.story<br />
T<br />
lent<br />
nicht Geld<br />
Im <strong>Motorsport</strong> sollte Talent mehr zählen als Geld. Doch leider ist<br />
das oftmals nicht so. Doch Marco Rodrigo, der Initiator des<br />
Racing Team Switzerland, hat sich genau das auf die Fahnen<br />
geschrieben. Er erklärt im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>, wie er die Finanzen<br />
aus den Hinter köpfen der Fahrer halten will. Text: Toni Börner<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97
story.Team.Switzerland<br />
££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££<br />
$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$<br />
»Wenn sich bei Tom Lüthi Interwetten entscheidet, aufzuhören, dann fehlt<br />
¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤<br />
auf einmal eine Million. Wenn bei mir fünf Leute sagen, dass sie die 10.000 Franken<br />
££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££££<br />
nicht weiter bezahlen wollen, dann fehlen zwar auch 50.000, aber die<br />
$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$<br />
sind für uns viel leichter zu kompensieren.« Marco Rodrigo<br />
¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤¤<br />
Kein Geld zu haben ist im <strong>Motorsport</strong><br />
nicht nur schlecht, sondern es macht<br />
auch langsam. Die fehlenden Finanzen<br />
im Hinterkopf zu haben, lässt Fahrer<br />
nur allzu oft verkrampfen und nicht befreit auffahren.<br />
Diese Gedanken häufen sich gerade gegen<br />
Ende der Saison, wenn für das neue Jahr eben<br />
noch nichts klar ist. »Für mich kann es einfach<br />
nicht sein, dass ich von September bis November<br />
einen Fahrer im Fahrerlager anspreche und ihn<br />
frage, was er im nächsten Jahr macht und er mir<br />
sagen muss, dass noch alles offen sei und die<br />
Finanzierung noch lange nicht stehe«, versteht<br />
Marco Rodrigo die Welt nicht. »Das Geld ist das<br />
Problem. Aber solche Dinge gehören nicht in den<br />
Kopf des Fahrers und erst recht nicht sollte das<br />
Geld über den Talenten stehen«, verdeutlicht Rodrigo<br />
im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />
Genau gegen diesen Fakt will er etwas unternehmen<br />
- mit dem Racing Team Switzerland.<br />
Rodrigos Truppe wird quasi in das Kiefer Racing<br />
Team integriert, aber dort vollkommen selbstständig<br />
fungieren. Der Grund dafür: In der Moto2 sind<br />
die Startplätze begehrter, als sie tatsächlich vergeben<br />
werden. »Ich habe im Sommer 2010 bei der<br />
FIM, der Dorna und der IRTA zwei Startplätze<br />
beantragt«, rollt der Schweizer die Geschichte von<br />
ganz vorn auf. »Aber das wurde abgelehnt. Es gibt<br />
einfach zu wenige Startplätze. Hauptsächlich wollte<br />
ich damit aber anzeigen: Uns gibt es, wir sind da.«<br />
Und wenn sich Rodrigo einmal ein Ziel gesetzt hat,<br />
dann kämpft er auch dafür. »Weißt du, ich kann<br />
zwar nicht fahren und auch nicht schrauben, aber<br />
ich bin Unternehmer durch und durch. Im Herbst<br />
habe ich einen Vertrag mit Kiefer geschlossen und<br />
den Startplatz gekauft. Unsere Truppe geht aber<br />
komplett von mir aus. Ich bezahle alle unsere Leute.<br />
Umgekehrt gilt aber: Der Fahrer bezahlt bei mir<br />
nichts. Bei mir muss ein Fahrer schnell sein und<br />
sonst nichts.« Löbliche Ansichten, denn sollte es<br />
eigentlich nicht immer so sein? »Für mich ist es<br />
ein Unding, dass ein 20-jähriger Junge die Kleinigkeit<br />
von einer Million hat«, ruft Rodrigo die Realität<br />
auf den Plan.<br />
Doch die Finanzierung ist eben immer so eine<br />
Sache. Selbst das Yamaha-Werksteam in der<br />
MotoGP hat nach dem Abgang von Valentino<br />
Rossi Fiat als Hauptsponsor verloren - obwohl man<br />
mit Jorge Lorenzo und Ben Spies ein sehr junges,<br />
vielversprechendes Fahrerduo besitzt; obwohl<br />
Yamaha mit Lorenzo den amtierenden Weltmeister<br />
stellt; obwohl man in den letzten drei Jahren<br />
sowohl die Fahrer- als auch die Hersteller- und<br />
Teamwertung gewann. Rodrigo kennt die Fakten<br />
und weiß, dass finanzielle Abhängigkeit nicht gut<br />
ist. »Bei uns wird das Ganze so finanziert: Unser<br />
größter Sponsor werden die Teammitglieder. Jedes<br />
Mitglied zahlt im Jahr 10.000 Schweizer Franken<br />
ein und ich behaupte, dass ich 200 Privatleute finde,<br />
die bereit sind, diese Summe zu bezahlen. Dann<br />
hätten wir die zwei Millionen, die wir für eine Saison<br />
benötigen. Schön wäre es für mich auch, neben<br />
der Truppe in der Moto2 noch ein Team in der<br />
Moto3 und in der IDM zu haben. Aber so viel<br />
Milch gibt die Kuh noch nicht.« Vorteil dieses<br />
Finanzierungssystems sei es vor allem, dass man<br />
nicht in eine Abhängigkeit von einem Hauptsponsor<br />
schlittere. »Wenn sich bei Tom Lüthi Interwetten<br />
entscheidet, aufzuhören, dann fehlt auf einmal<br />
eine Million. Wenn bei mir fünf Leute sagen, dass<br />
sie die 10.000 Franken nicht weiter bezahlen wollen,<br />
dann fehlen zwar auch 50.000, aber die sind<br />
leichter zu kompensieren.«<br />
Rodrigos Ziel ist es, in erster Linie eine Schweizer<br />
Nationalmannschaft im Motorradrennsport<br />
Das GP Team Switzerland geht eigene Wege - von Bezahlfahrern möchte man nichts wissen...<br />
98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
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Foto: GP Team Switzerland<br />
aufzubauen. »Ich will ein Team für junge Leute,<br />
insgesamt für Schweizer, wenn möglich. Wenn es<br />
keine vielversprechenden Talente gibt, würde ich<br />
auch einen anderen Fahrer nehmen, aber hauptsächlich<br />
sollte es eine Nationalmannschaft der<br />
Schweiz werden«, so seine Vision. Mit Randy<br />
Krummenacher hat er einen vielversprechenden<br />
Athleten an Bord, zumal der schon einen GP-Sieg<br />
auf seinem Konto und mit Gesamtrang neun<br />
gerade seine beste 125ccm-WM-Saison hinter sich<br />
gebracht hat. »Randy ist einfach so weit«, glaubt<br />
Rodrigo, »deshalb geht es in die Moto2. Ich war<br />
lange einer seiner Geldgeber, aber jetzt mache ich<br />
ein Team für Leute wie Randy.« Dabei sei zu beachten,<br />
dass der 20-jährige Krummenacher nicht bei<br />
ihm und auch nicht bei Kiefer unter Vertrag steht.<br />
»Ich habe einen Vertrag mit den Kiefers und Randys<br />
Management hat einen Vertrag mit mir. Ich<br />
kann nur noch einmal betonen: Das Team ist keineswegs<br />
nur für Randy angelegt. Es gibt viele Leute,<br />
die sagen, dass wir Letzter werden, aber das glaube<br />
ich nicht. Ich habe Randy auf der Kalex gesehen<br />
und das sah gut aus, das ist sein Motorrad.«<br />
Drei Fragen an Randy<br />
Krummenacher<br />
Das Team Switzerland ermöglicht Randy Krummenacher die Teilnahme an der Moto2 Weltmeisterschaft<br />
- Geld muss er dafür nicht mitbringen, nur Leistung ist gefordert<br />
MSM: Du steigst 2011 in die Moto2-Klasse auf.<br />
Was erwartest du dir?<br />
RANDY KRUMMENACHER: Ich kann natürlich<br />
noch nicht genau sagen, was ich erwarten kann.<br />
Ich bin aber mit dem Motorrad, mit der Moto2,<br />
schon ein paar Kilometer gefahren. Aber es ist<br />
alles noch neu, auch das Team. Ich kenne zwar<br />
alle schon ganz gut, aber bis sich das eingespielt<br />
hat und bis wir die Basis gefunden haben, speziell<br />
vom Motorrad, wird es noch eine Weile dauern.<br />
Auch der Umstieg ist für mich sehr groß. Ich muss<br />
anders trainieren, auch konditionell. Das ist ein<br />
großer Schritt. Dazu kommt noch, dass es einen<br />
Monat früher losgeht und deswegen sind alle im<br />
Stress und am Vorbereiten. Bis sich das alles eingespielt<br />
hat, wird es schon noch ein Weilchen<br />
dauern. Aber unser Ziel ist schon, dass ich Mitte<br />
des Jahres jedes Rennen ein paar Punkte holen<br />
kann. In der ersten Saison muss ich einiges lernen,<br />
aber man muss trotzdem sehen, dass es von Rennen<br />
zu Rennen besser geht und ich immer schneller<br />
fahren kann. Nach ein paar Rennen kann ich<br />
dann besser einschätzen: Wird es die Top-10, Top-<br />
15 oder Top-20. Das kann ich jetzt noch nicht.<br />
Die ersten Tests sind passé - wie ist es gelaufen?<br />
Das erste Gefühl war extrem gut. Am ersten Testtag<br />
in Valencia konnten wir aber nur fünf Runden<br />
fahren, weil ein Motor kaputt ging. Wir hatten<br />
auch etwas Trouble mit der Elektronik. Danach<br />
waren wir noch mal in Valencia und dann in Jerez<br />
bei der spanischen Meisterschaft - da ging es schon<br />
richtig zügig. Gerade in der spanischen Meisterschaft<br />
konnte ich einen großen Schritt machen.<br />
Ein großer Unterschied sind die Reifen. Man hat<br />
mehr Grip durch die größere Auflagefläche und<br />
um das zu verstehen und richtig schnell zu fahren,<br />
braucht es schon etwas Eingewöhnungszeit. Aber<br />
ich konnte mich schnell anpassen und lernen,<br />
schnell zu fahren und die Reifen zu schonen.<br />
Wenn man die Reifen in der Moto2, gerade hinten,<br />
zu sehr beansprucht und sie zerstört, hat man sehr<br />
viel Wheelspin und dann geht nichts mehr nach<br />
vorn. Es sieht zwar spektakulär aus, aber es geht<br />
nichts mehr nach vorn, so ist man mindestens eine<br />
halbe Sekunde langsamer.<br />
Du warst in Dubai trainieren. Wie sah dein<br />
Tagesablauf aus?<br />
Weil es einen Monat früher losgeht, konnte ich<br />
mein Trainingsprogramm in Spanien nicht absolvieren.<br />
Letztes Jahr war ich viel unterwegs und<br />
auf der Rennstrecke. Durch den früheren Start<br />
geht das dieses Jahr nicht. Wenn wir im Februar<br />
in Spanien sind, bleibt keine Zeit, Supermoto zu<br />
fahren. Ein MotoCross-Kollege, der in der<br />
Schweiz Cross fährt, hatte die Idee, dorthin zu<br />
gehen. Er kennt dort die Lokal Riders. Daher<br />
waren wir volle acht Tage dort, jeweils am Morgen<br />
am MotoCross fahren. Die Pisten in Dubai<br />
sind sehr sandig und haben teilweise auch etwas<br />
härteren Sand als wir ihn hier kennen. Das hat<br />
mir sehr viel gebracht. Es waren noch ein paar<br />
Kollegen mit, von denen ich auch fahrerisch sehr<br />
viel gelernt habe. Ich bin in den zehn Tagen in<br />
Dubai mehr MotoCross gefahren, als ich sonst<br />
das ganze Jahr fahre. Das hat mir sehr viel<br />
gebracht, denn ich fühle mich immer viel wohler,<br />
wenn ich vor dem ersten Rennstreckentest, noch<br />
mal ein Motorrad gefahren bin, damit der Winterrost<br />
runter ist und ich das Gefühl für das<br />
Motorrad wieder habe.<br />
MSM<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99
story.Moto3<br />
2<br />
2<br />
das Ende der Zweitakter<br />
2010 begründete das Ende der 250er Klasse im Grand-Prix-Sport. Die Moto2 wurde geboren.<br />
Die kommende Saison ist die letzte der 125er Klasse - aus ihr wird die Moto3.<br />
Text: Clemens Schreiter<br />
Das Ende der Zweitakt-Maschinen ist besiegelt.<br />
Auch die 125ccm-Motoren gehen in ihre letzte Saison.<br />
Stattdessen kommt die neue Moto3 als kleine<br />
Schwester der Moto2, die 2010 sehr spannende<br />
Rennen zeigte. Aber wie kam es zu der Entscheidung,<br />
die Klasse neu zu strukturieren? Eigentlich<br />
sollte die kleinste Klasse bis Ende 2012 bestand<br />
haben. Darauf einigte sich die Hersteller-Vereinigung<br />
MSMA. Doch spätestens mit dem werksseitigen<br />
Ausstieg von KTM 2009 war dieses Abkommen<br />
nicht mehr gültig, denn Aprilia und Derbi, die<br />
der Piaggio Group gehören, genießen seitdem eine<br />
Art Monopolstellung in der kleinsten Klasse. Aus<br />
diesem Grund wird bereits ab 2012 die Moto3 mit<br />
Viertakt-250ccm-Motoren an den Start gehen. Ähnlich<br />
wie die Moto2 soll sich auch diese Klasse neuen<br />
Herstellern öffnen und mit dem strengen Reglement<br />
Kosten senken und ähnlich viel Action auf der Strecke<br />
bieten. Um besonders viele Hersteller anzulocken,<br />
bestätigte Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta<br />
bereits im August 2010, dass es für die Moto3 keinen<br />
Einheitsmotor geben wird. Außerdem soll ein<br />
Motor nur maximal 12.000 € kosten und es dürfen<br />
nicht mehr als acht pro Jahr eingesetzt werden.<br />
Aber welche Hersteller wollen Moto3-Maschinen<br />
bauen? Noch sind nicht sehr viele Hersteller bestätigt.<br />
Fest steht nur, dass Honda eine HRC NRS 250 Moto3<br />
gebaut und auch schon getestet hat. Außerdem ist<br />
ein Engagement seitens KTM als sicher einzustufen.<br />
Nur in welcher Form die Motorradschmiede aus<br />
Mattighofen im Grand-Prix-Zirkus auftritt, ist noch<br />
nicht ganz klar. »Der Stand der Dinge ist so, dass wir<br />
definitiv an einem Motor arbeiten und ein Motorrad<br />
aufbauen werden. Es gibt keine konkreten Pläne, ob<br />
wir selber ein Team ins Rennen schicken oder das<br />
Ganze Kundenteams anbieten. Aber es ist Fakt, dass<br />
wir an einem Moto3-Motor arbeiten«, bestätigte<br />
KTM-Offroad-Sportdirektor Pit Beirer.<br />
Er ist außerdem der Meinung, dass es nichts<br />
Ungewöhnliches sei, lediglich als Anbieter von<br />
Motor und Chassis aufzutreten: »Das ist mehr oder<br />
weniger der Hersteller, der das Material zur Verfügung<br />
stellt. Wenn du ein Team hast, das sehr gut ist<br />
und einen sehr guten Fahrer hat, stellt man das<br />
Material günstiger zur Verfügung, als wenn es<br />
irgendein Kundenteam ist. Aber es ist noch nicht<br />
ausgesprochen, ob es wieder einen Werkseinsatz<br />
geben wird oder wir mit Kundenteams arbeiten.<br />
Wir wollen aber wieder zurück auf die Straße und<br />
motoren & Getriebe:<br />
n 4-Takt-Hubkolbenmotoren /<br />
250ccm / Einzylinder<br />
n Max. Bohrung: 81 mm<br />
n Saugmotoren (kein Turbo / keine Aufladung)<br />
n Max. 14.000 U / min<br />
n Max. 4 Ventile (keine pneumatischen/<br />
hydraulischen Ventilsysteme)<br />
n Max. 6 Gänge<br />
n Max. Kosten pro Motor: € 12.000,-<br />
Chassis:<br />
n Ausschließlich Prototypen<br />
n Mindestgewicht inklusive Fahrer 148 kg<br />
n Reifen vorne, 2.50” x 17” – hinten, 3.50” x 17”<br />
n Nur Stahlscheibenbremsen<br />
n Fahrwerk muss konventionell,<br />
passiv und mechanisch sein<br />
n elektronische Fahrwerkshöhenverstellung<br />
ist verboten<br />
das über die Moto3-Klasse machen, das ist klar.«<br />
Dass das Projekt langsam Formen angenommen<br />
hat, sieht man daran, dass KTM mit Michael Ranseder<br />
schon in Cartagena testen war. Dabei handelte<br />
es sich aber um einen 350ccm-Motor in einem 125er<br />
Chassis. Ziel dieser zweitägigen Ausfahrt war es,<br />
»Grundlagen für die Entwicklung eines Moto3-<br />
Bikes zu sammeln, das in der 2012er Moto3 WM<br />
starten kann. In den nächsten Monaten wird KTM<br />
unter der Leitung von Wolfgang Felber im Rahmen<br />
des Moto3 Reglements ein Motorrad mit einem<br />
Hubraum von 250ccm entwickeln«, sagte ein Sprecher<br />
von KTM dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />
Aber auch andere Hersteller werden in die neue<br />
Klasse einsteigen und die Gunst der Stunde nutzen,<br />
dass alle bei null anfangen müssen. Ende Oktober<br />
stellte Ioda Racing einen Moto3-Prototyp in Estoril<br />
vor. Die Saison 2011 will das kleine italienische<br />
Werk nutzen, um das Motorrad weiterzuentwickeln.<br />
Spielplatz dafür wird die 125ccm-Klasse der Italienischen<br />
Meisterschaft sein. Auch das Schweizer PCP<br />
Racing Team kann schon eine entsprechende<br />
Maschine vorweisen. Sie wurde Ende August von<br />
mehreren IDM-Piloten getestet. Allerdings konnte<br />
der Test nicht beendet werden, da Joel Bigler wegen<br />
eines kapitalen Motorschadens stürzte.<br />
Das Moto2-Starterfeld ist bis an die Grenzen<br />
gefüllt. Ähnliches erhofft sich die Dorna auch für die<br />
kleinste Klasse. Noch scheint es sich aber nicht ausreichend<br />
herumgesprochen zu haben, dass es zu den<br />
Motorrädern auch Teams braucht. Bis jetzt ist lediglich<br />
Aki Ajos Mannschaft mit vier Fahrern bestätigt,<br />
sowie das Racing Team Germany. Es ist jedoch davon<br />
auszugehen, dass weitere etablierte 125er-Teams, wie<br />
zum Beispiel Jorge Martinez‘ Aspar-Team ein Team<br />
in der Moto3 betreiben werden. <br />
100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Fotos: milagro, ktm<br />
Die 125er Klasse gehört bald der Geschichte an - dann soll es in der<br />
neuen Moto3 genauso spannend zugehen wie in der Moto2<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101
Interview.Klaffenböck<br />
Klaus Klaffenböck gewann 2001<br />
die WM und 2010 beide Seitenwagenrennen<br />
auf der Isle of Man<br />
Der Dreiradbandiger<br />
Text: Toni Börner<br />
..<br />
Klaus Klaffenböck ist nicht<br />
nur in der Seitenwagen-Szene<br />
bekannt, sondern gehört zu<br />
den erfolgreichsten österreichischen<br />
<strong>Motorsport</strong>lern<br />
überhaupt. Im letzten Jahr<br />
gewann der 42-jährige beide<br />
Sidecar-Rennen auf der Isle of<br />
Man. Im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
blickt er zurück und voraus.<br />
MSM: Klaus, du hast immer gesagt, du hättest<br />
zwei große Ziele: Den Weltmeistertitel - erreicht<br />
2001 mit Christian Parzer - und einen Sieg auf<br />
der Isle of Man - doppelt mit Dan Sayle erreicht<br />
2010. Was kommt jetzt?<br />
KLAUS KLAFFENBÖCK: Was das betrifft, da<br />
bin ich eigentlich wunschlos. Ich werde aber<br />
auf jeden Fall noch einmal dabei sein auf der<br />
Isle of Man. Alleine schon der Kick. Aber es<br />
würde für mich nicht viel Sinn machen, wenn<br />
ich sage: Ich habe zwei Mal gewonnen, jetzt will<br />
ich 13 Mal gewinnen und den Dave Molyneux<br />
schlagen. Das macht keinen Sinn. Als ich Weltmeister<br />
geworden bin, war auch die Luft raus.<br />
Ich habe nie einen Trieb gehabt, das noch sieben<br />
oder acht Mal zu wiederholen. Das macht<br />
für mich keinen Sinn.<br />
Im Juni hast du mir auf der Insel gesagt, dass<br />
die Briten bei der TT viel entschlossener zur<br />
Sache gehen und nur für dieses eine Rennen<br />
leben. Bei dir wäre das nicht der Fall und du<br />
fährst immer nur so, dass du das Risiko anständig<br />
kalkulieren kannst. Warum hat es dann<br />
doch zum Doppeltriumph gereicht?<br />
Genau so. Wie soll man das sagen? Wir sagen<br />
in Österreich: Wenn‘s lauft, dann lauft‘s. Ich habe<br />
nicht das Gefühl gehabt, dass ich mehr Risiko<br />
102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
genommen hätte als in den Jahren zuvor. Ich<br />
bin nur so schnell gefahren, wie ich fahren kann.<br />
Aber nicht mit dem Risiko wie auf der Rundstrecke.<br />
Nicht noch einen Meter später bremsen<br />
und noch einen Tick eher ans Gas gehen. Das<br />
ist beim Road Racing nicht. Dort brauchst du<br />
mehr Selbstvertrauen und die Relaxtheit und<br />
die Coolness, es eben nicht zu übertreiben. Und<br />
ich sage immer, seit ich die TT gefahren bin:<br />
Das sind für mich auch zwei verschiedene Sportarten.<br />
Das würde ich auch für die Solos so sehen.<br />
Was man dazu aber auch sagen muss: Es ist tatsächlich,<br />
klingt vielleicht blöd, aber es ist echter<br />
Rennsport, den man nicht berechnen kann. Wir<br />
haben hier den Basejumper, den Baumgartner,<br />
wenn der sich aus dem Flugzeug raushaut und<br />
unten schreien die Leute auf, dann sieht das<br />
zwar spektakulär aus, aber das ist bis ins letzte<br />
Detail berechnet. Auf der Insel kannst du nichts<br />
berechnen. Was das Risiko betrifft, fällt mir<br />
nichts Vergleichbares ein.<br />
Technik über die Austragung, wie so eine Veranstaltung<br />
ausschauen müsste.<br />
F1-Gespanne auf der Rundstrecke, F2-Sidecars<br />
auf den Straßenkursen. Was macht mehr Spaß<br />
und wo liegen - abgesehen von der Leistung -<br />
die größten Unterschiede?<br />
Zum Bewegen ist ein F2 einfacher als das Lange.<br />
Warum das genau so ist, kann ich dir nicht<br />
sagen. Das Lange ist wahrscheinlich durch den<br />
langen Radstand und die Mehrleistung schwieriger<br />
zu bewegen. Aber wenn man es im Griff<br />
hat, macht es mit den 200 PS schon Spaß.<br />
Du bist bei der Tourist Trophy auch abseits<br />
der Piste groß im Geschäft, betreibst Hospitalities<br />
und setzt auch Fahrer in den Solo-Klassen<br />
als Teamchef ein. Wie genau wird das im Jahr<br />
2011 aussehen?<br />
Wir werden auf jeden Fall das Kawasaki-Werksteam<br />
mit Hospitality versorgen und eventuell<br />
noch ein zweites Team in der Supersport WM.<br />
In den Soloklassen werde ich auf der Insel<br />
niemanden mehr einsetzen.<br />
Wie geht es deinem ehemaligen Schmiermaxen<br />
Christian Parzer?<br />
Wir wohnen ja in derselben Stadt, aber ich<br />
sehe ihn relativ selten. Ich sehe ihn eigentlich<br />
nur, wenn wir uns treffen wollen und wir<br />
haben uns jetzt bestimmt zwei, drei Monate<br />
nicht gesehen. Aber ich denke schon, dass es<br />
ihm gut geht.<br />
Wo und wie lebt Klaus Klaffenböck? Bereitest<br />
du dich bereits auf die neue Saison vor oder<br />
lässt du es ruhiger angehen?<br />
Das ist immer und jedes Jahr dasselbe. Nach der<br />
TT ist dann erstmal ruhig, bis Oktober würde ich<br />
sagen, und dann gehe ich ins Fitnessstudio und<br />
joggen und das wird dann bis hin zum Mai intensiver<br />
und dann sollte ich fit sein bis dahin.<br />
Wenn sich der<br />
Richtige dieses<br />
Sports .. annimmt,<br />
dann konnte<br />
man richtig was<br />
draus machen.<br />
Heute will man<br />
etwas Ausgeflipptes,<br />
etwas,<br />
das crazy ist.<br />
Gehen wir in den Seitenwagensport. Dieses<br />
Jahr hat es der alte Adolf Hänni, mit dem du<br />
1998-2000 drei Mal Vizeweltcupsieger warst,<br />
endlich geschafft und sich auch seinen großen<br />
Traum vom WM-Titel erfüllt. Hast du dich mit<br />
ihm gefreut?<br />
Ja, auf jeden Fall, ganz sicher. Er hat‘s ja so lang<br />
versucht und so viel Geld, Zeit und Nerven<br />
investiert, dass er es sich doch verdient hat.<br />
FOTOS: adrivo/T. Börner<br />
Weiter bei den Gespannen. Wo siehst du den<br />
Sport in fünf bis zehn Jahren? Was muss alles<br />
getan werden?<br />
Schlecht. Also ich denke, wenn sich der Richtige<br />
dieses Sportes annimmt, dann könnte man richtig<br />
was draus machen. Heute will man etwas<br />
Ausgeflipptes, etwas, das crazy ist, aber man<br />
müsste das ganze Format überdenken, von der<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103
TOP5.Rekordjagden<br />
trick<br />
treat and<br />
Die FMX steckt zwar noch in<br />
den Kinderschuhen, was die<br />
Tradition betrifft, dennoch<br />
gibt es einige bemerkenswerte<br />
Rekorde der Luftakrobaten.<br />
Text: Jule Krause<br />
Sind die nicht alle ein bisschen irre? Zumindest bei<br />
den Freestyle-Akrobaten der Welt darf diese Frage<br />
gestellt werden - andererseits macht das bisschen Irre<br />
wohl den Reiz aus, das Wetteifern, wer der Beste ist<br />
und wem das neuste und verrückteste Sprungexperiment<br />
einfällt - und wer es durchzieht. Eigentlich sind<br />
die Athleten im FMX allesamt Spitzensportler die ihre<br />
Events höchst professionell angehen und für jede spektakulär<br />
aussehende Aktion 100% Konzentration aufbringen<br />
müssen, jeden Tag trainieren und sich nicht<br />
selten auf den Hintern setzen, ehe ein neuer Sprung<br />
von vorn bis hinten funktioniert. ‚Freakishly‘ werden<br />
sie nur, wenn es um den Eintrag in die Rekordbücher<br />
geht, Ehrgeiz kennt eben keine Grenzen.<br />
104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
5. Travis Pastrana<br />
Travis Pastrana ist das personifizierte Superlativ der FMX, der Wegbereiter für<br />
viele Sprünge und Aktionen, die wir heute bei den Stars der Szene bewundern<br />
dürfen. Meist eingebaut in neue Kombinationen, inspirierte er mit seinen ersten<br />
Ideen. Ein heute 27-Jähriger der immer noch hyper-talentiert ist und scheinbar<br />
keine Herausforderung scheut. Pastrana versuchte den ersten Backflip überhaupt<br />
mit einem Motorrad, war der Erste, der den Double Backflip stand, und wie Superman<br />
fliegen wollte. Er konnte die X-Games auf 2- und 4-Rädern gewinnen und ist zudem<br />
mit fünf Goldmedaillen absoluter Rekordsieger. Obwohl der Mann aus Maryland<br />
heute im ‚Rentenalter‘ ist, tüftelt er weiter an neuen Sprüngen sowie deren Showausführung.<br />
Ein Rekordhalter und die erste echte Ikone des Sports.<br />
Fotos: red bull photophiles, night of the jumps,<br />
4.<br />
Jugend schützt<br />
vor Wahnsinn nicht<br />
Der 12-Jährige Luc Ackermann aus Thüringen ist seit 2010<br />
der jüngste ‚Backflipper‘ der FMX-Szene. Für seinen großen<br />
Auftritt in Köln musste er viel üben, sich mit Schaumstoff -<br />
gruben als Übungsplatz anfreunden, auf Dirt-Plätzen ein Gefühl<br />
für den Ernstfall entwickeln und vor allem seine Nervosität<br />
zur rechten Zeit in den Griff bekommen. Als Rekord-Gerät diente<br />
dem Nachwuchstalent eine 85cc-Maschine. Nach hervorragender<br />
Ausführung und perfekt gestandener Landung hieß das<br />
Fazit des neuen Rekordhalters: »Cool, dass ich das vor der<br />
Weltelite im FMX-Sport machen konnte.« →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 105
TOP5.Rekordjagden<br />
3.<br />
Skywalkers<br />
Die Hochspringer des FMX treffen sich regelmäßig beim<br />
‚Highest Air‘ Wettbewerb, nur ist das Arbeitsgerät für die<br />
Höhenjagd über die Stange kein Stab, sondern ein Freestyle-Motorrad.<br />
Tommy Clowers konnte sich für 10 Jahre<br />
als Rekordler im Hochsprung bezeichnen. Im Jahr 2000<br />
hatte er mit 10,70 m den Hochsprungrekord aufgestellt,<br />
doch keine Superleistung hat ewigen Bestand. Der Südafrikaner<br />
Alastair Sayer brach 2010 in Ostrava den Rekord des<br />
Amerikaners und schraubte die neue Marke auf glatte<br />
11 Meter. Solche Höhenflüge dürfte sich Suzuki auch in<br />
anderen Bereichen öfter wünschen.<br />
2.<br />
Weitenjäger<br />
In der FMX kann man natürlich nicht nur<br />
in die Höhe springen, oder Backflips über<br />
Brücken schlagen und sich dabei möglichst<br />
kunstvoll verrenken - nein, man kann sich<br />
auch als Weitenjäger einen Namen machen.<br />
Eben so wie Robbie Maddison. Mit einer<br />
Riesenshow sorgte er in der Silvesternacht<br />
2007/08 in Las Vegas für den Knallerstart<br />
ins neue Jahr und den bis dato längsten<br />
Sprung, der mit einem Motorrad absolviert<br />
werden konnte. Der Australier schaffte<br />
bei leichtem Gegenwind 98,5 Meter. Jahre<br />
lange Vorbereitung für 3 Sekunden absoluten<br />
Höhenflug. Im Training hatte Maddison<br />
sogar noch 6 m mehr geschafft, doch sein<br />
wahres Ziel sind 122 m beziehungsweise<br />
400 Feet. Einige nennen es Wahnsinn,<br />
Robbie Maddison beschreibt es als »kreativen<br />
Kampf um die Spitze des Freestyle«.<br />
Fotos: red bull photophiles, night of the jumps<br />
106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
1.<br />
Höhen<br />
experimente<br />
Ronnie Renner ist der<br />
Meister der Luftakrobaten<br />
– zumindest<br />
wenn es darum geht,<br />
zwischen zwei Rampen<br />
herumzufliegen<br />
Sie sind nicht verrückt, sie wollen nur die Besten in<br />
ihrem Sport sein - und deshalb gibt es nicht nur die<br />
Höhenjagd mit Anlauf, Messlatte und Landung, sondern<br />
auch die Höhenjagd mit Anlauf, Rampe 1, Höhe,<br />
Akrobatik und anschließender Landung auf Rampe 2.<br />
Ronnie Renner ist zwar ein alter Hase und tüftelt<br />
inzwischen ‚nur‘ noch an Rekordshows, dennoch konnte<br />
sein Hochsprung-Rekord bislang nur von ihm selbst<br />
überboten werden. In Santa Monica schaffte er 2008<br />
eine Höhe von 10,67 m und sprang dabei quer von<br />
seiner Anlauf-Pipe in die Lande-Pipe. Gekrönt wird das<br />
Ganze nur vom Showmann Renner, denn neben unberechenbaren<br />
Interviews, gibt es auch häufig spontane<br />
Break-Dance-Einlagen nach der Landung: »Ich wollte<br />
nie nur der Tricktyp sein. Dies ist, was mein Herz will.«
interview.Gobmeier<br />
BMW greift in der Saison 2011 neu<br />
formiert mit gleich zwei Teams in der<br />
Superbike WM an<br />
Fotos: BMW <strong>Motorsport</strong><br />
108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Toni Börner<br />
Bekenntnis<br />
zur Superbike<br />
WM<br />
Bernhard Gobmeier ist 2011 der neue<br />
BMW Motorrad <strong>Motorsport</strong>-Direktor.<br />
Mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> sprach<br />
er über seine Aufgaben, die Ziele von BMW<br />
in der Superbike, die Zukunft und die<br />
internationalen Erfolge. →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109
interview.Gobmeier<br />
BMW hat sein Image aufpoliert. Von den dreibeinigen<br />
Gummikühen über die Alt-Herren-<br />
Boxer ist die bayerische Marke nun auch im<br />
Sport-Segment hoch angesehen. Das S1000RR-<br />
Superbike ist eingeschlagen wie eine Bombe -<br />
und das international. In allen großen Rennserien<br />
werden mittlerweile Bikes »Made in<br />
Germany« eingesetzt. Ein Erfolg, der das vor zwei<br />
Jahren mit dem Einstieg in die Superbike-Weltmeisterschaft<br />
genommene Risiko lange gerechtfertig<br />
hat.<br />
In der WSBK geht es 2011 in die dritte Saison<br />
und erstmals sind die Vorzeichen anders. Die<br />
ersten beiden Jahre galten der Entwicklung, nun<br />
greift man schon etwas weiter vorne an. Der<br />
zweimalige Weltmeister Troy Corser hat die<br />
BMW zusammen mit dem Spanier Ruben Xaus<br />
zu dem entwickelt, was sie jetzt ist und auf dem<br />
Weg dorthin einige Erfolge eingefahren. Zwei<br />
Mal wurde er in der Saison 2010 Dritter und<br />
sorgte damit für die ersten Podestplätze, die erste<br />
Pole Position von Misano soll auch nicht unerwähnt<br />
bleiben.<br />
Aber in der Saison 2011 wird einiges anders<br />
bei BMW. Mit Leon Haslam konnte das Team<br />
aus der bayerischen Landeshauptstadt den amtierenden<br />
Superbike-Vizeweltmeister von Suzuki<br />
weglotsen. Haslam geht in seine vierte komplette<br />
Superbike-Saison, die dritte am Stück. Insgesamt<br />
hat er schon 20 Podeste und drei Siege gesammelt,<br />
fuhr in 86 WSBK-Rennen. Und trotzdem<br />
ist er mit seinen 27 Jahren noch jung und hungrig<br />
auf den Erfolg. Er soll das Team weiter nach<br />
vorne treiben.<br />
Doch auch intern ist bei BMW etwas umstrukturiert<br />
worden. Für die letzte Saison hatte man<br />
noch geglaubt, dass der Italiener Davide Tardozzi<br />
als Teamchef die Weiß-Blauen auf die Erfolgsspur<br />
bringen würde. Er hatte schließlich mit Ducati<br />
schon unzählige Weltmeisterschaften und Rennsiege<br />
errungen, er wusste und weiß, wie man eine<br />
Truppe zum Erfolg führt. Doch die Wege von<br />
BMW und Tardozzi trennten sich bereits vor dem<br />
Saisonfinale. Diese Gelegenheit nutzte man, um<br />
die Strukturen im Team etwas zu entwirren.<br />
Dabei kam Bernhard Gobmeier als neuer BMW<br />
Motorrad <strong>Motorsport</strong>-Direktor heraus und eine<br />
seiner ersten Amtshandlungen war, die Truppe<br />
etwas übersichtlicher und schlanker, klarer strukturiert<br />
zu gestalten. Dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
erklärt er, was sich BMW in diesem Jahr vorgenommen<br />
hat und wie es weiter geht.<br />
Wir haben das Ziel, Erfolge in der Superbike-Weltmeisterschaft<br />
zu erzielen.<br />
Um das zu erreichen, müssen wir erst<br />
»mal unsere Hausaufgaben machen.<br />
MSM: Herr Gobmeier, BMW Motorrad <strong>Motorsport</strong><br />
geht in seine dritte Saison in der Superbike<br />
Weltmeisterschaft und Sie übernehmen erstmals<br />
das Zepter. Sicherlich werden von BMW 2011<br />
Siege, wenn nicht gar der Titel erwartet. Mit Leon<br />
Haslam ist der amtierende Vizeweltmeister an<br />
Bord. Wie beurteilen Sie die Chancen und was<br />
sind intern die Ziele im Team?<br />
BERNHARD GOBMEIER: Die BMW Group ist<br />
eine erfolgreiche Firma und auch im Superbike-<br />
Projekt sind wir dem Erfolg verschrieben. Unser<br />
Ziel ist eine stetige Weiterentwicklung und Verbesserung<br />
auf Basis des bisher Erreichten. Konkret<br />
heißt das: Wir wollen weitere Podiumsplätze<br />
erzielen, Siege sollen aus eigener Kraft erreichbar<br />
sein. Eins jedoch ist klar: Leistungsfähigkeit ist<br />
planbar und beeinflussbar, der Erfolg jedoch<br />
nicht. Und: Unsere Wettbewerber schlafen nicht<br />
und werden tendenziell noch stärker. Ich bin<br />
gespannt auf Yamaha und die neue Kawasaki,<br />
auch mit Aprilia ist weiterhin zu rechnen.<br />
In der letzten Saison gab es einiges Hin und Her<br />
innerhalb der Truppe. Sie haben nun neue<br />
Strukturen geschaffen, alles etwas klarer eingerichtet.<br />
Was ist Ihnen bei der Arbeit im Team<br />
wichtig?<br />
Meine Aufgabe besteht darin, die Schlüsselpositionen<br />
mit den dafür geeigneten Menschen zu<br />
besetzen. Jeder Mitarbeiter hat Stärken und es<br />
geht darum, eben diese Stärken aus den Personen<br />
heraus zu kitzeln. Rainer Bäumel, bislang Technischer<br />
Direktor des Teams, hat im Dezember<br />
die neu geschaffene Funktion des Rennleiters<br />
übernommen. Neuer Entwicklungsleiter ist Stephan<br />
Fischer. Josef Hofmann ist Standortleiter<br />
110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
in Stephanskirchen. Mit der Besetzung dieser<br />
drei Schlüsselpositionen haben wir die Neuausrichtung<br />
der Teamführung abgeschlossen. Die<br />
neue Struktur ist schlank, die Aufgaben sind klar<br />
verteilt: Während Rainer Bäumel in Zukunft das<br />
operative Geschäft an der Rennstrecke leiten und<br />
die Verantwortung für den Einsatz des Rennteams<br />
haben wird, zeichnet Entwicklungsleiter<br />
Stephan Fischer für die Weiterentwicklung der<br />
BMW S 1000 RR verantwortlich. Hierbei wird<br />
es eine deutlich engere Vernetzung mit den Kollegen<br />
der Serienentwicklung als bislang geben.<br />
Josef Hofmann als Geschäftsführer von alpha<br />
Racing leitet die Fabrik in Stephanskirchen und<br />
kümmert sich um die Themen Logistik, Personal<br />
und die Finanzen.<br />
Die BMW S 1000 RR ist innerhalb kürzester Zeit<br />
zum Kassenschlager geworden. In manchen nationalen<br />
Meisterschaften kann man mittlerweile<br />
nicht mehr von Superbike- oder Superstock-Klassen<br />
sprechen, sondern vielmehr vom BMW-Cup.<br />
Freut Sie dieser Erfolg und wie engagiert sich<br />
BMW Motorrad in anderen Rennserien?<br />
Herzlichen Glückwunsch an alle BMW S 1000<br />
RR Fahrer auf der ganzen Welt zu ihren großartigen<br />
Erfolgen. Wir freuen uns sehr für sie, sind<br />
aber gleichzeitig auch sehr stolz darauf, dass wir<br />
unseren Teil dazu beitragen konnten, indem wir<br />
ihnen ein sehr konkurrenzfähiges Bike zur Verfügung<br />
gestellt haben. Mit der RR ist es uns gelungen,<br />
aus dem Stand ein brandneues Motorrad zu<br />
bauen, das international erfolgreich und in seinem<br />
Bereich führend ist. Wir freuen uns nun alle<br />
auf eine spannende Saison 2011 und sind überzeugt,<br />
dass sich diese Serie von nationalen und<br />
internationalen Erfolgen fortsetzen wird. Über<br />
unser Engagement im Straßenrennsport hinaus<br />
hat BMW Motorrad bei der Rallye Dakar 2011<br />
das Privatteam speedbrain finanziell unterstützt<br />
und einige Etappensiege errungen.<br />
Mit BMW Motorrad Italia gibt es 2011 eine<br />
Satelliten-Truppe, die schon vom ersten Moment<br />
an besser aufgestellt zu sein scheint als letztes Jahr<br />
das Reitwagen-Team. James Toseland und Ayrton<br />
Badovini sind ebenfalls erfahrene und hoch dekorierte<br />
Fahrer. Wie wird dort der Einfluss aus<br />
München/Stephanskirchen zu erkennen sein und<br />
was sind die Ziele für diese Truppe?<br />
Es ist ein voll werksunterstütztes Team mit entsprechender<br />
Werkstechnik. Für das junge Team<br />
geht es darum, schnellstmöglich wettbewerbsfähig<br />
zu sein. Wenn es gelingt, am Ende der Saison<br />
einen Fahrer in den Top-Ten zu platzieren, wäre<br />
das umso besser.<br />
Wo geht der Weg bei BMW hin? Ursprünglich war<br />
Bayerisches Eigengewächs<br />
Diplom-Ingenieur Bernhard Gobmeier arbeitet seit mehr als 16 Jahren<br />
in verschiedenen Funktionen bei BMW. 1994 und 1995 verantwortete<br />
er den Neuaufbau des Vertriebs von BMW M Fahrzeugen in Nordamerika<br />
und den Neuaufbau der Rennsportaktivitäten mit dem BMW M3<br />
GT in der ALMS. Von 1996 bis 2008 war der gebürtige Bayer in diversen<br />
verantwortlichen Funktionen bei der BMW M GmbH tätig, ehe er 2008<br />
zu BMW Motorrad wechselte und die Leitung der Fahrwerksentwicklung<br />
übernahm. Im Oktober 2010 löste Gobmeier <strong>Motorsport</strong>direktor Berthold<br />
Hauser ab. Er zeichnet über den Werkseinsatz in der Superbike-<br />
WM hinaus für alle Motorrad-<strong>Motorsport</strong>-Aktivitäten verantwortlich.<br />
ja mal ein 3-Jahres-Plan für die Superbike WM<br />
angelegt worden. Was passiert ab 2012?<br />
Wir haben das Ziel, Erfolge in der Superbike-<br />
Weltmeisterschaft zu erzielen. Um das zu erreichen,<br />
müssen wir erst mal unsere Hausaufgaben<br />
machen. Noch einmal: Erfolge sind leider nicht<br />
planbar. Deshalb ist es nicht zielführend, über<br />
einen konkreten Zeitplan zu sprechen.<br />
Schielen wir einmal auf andere Segmente. Die<br />
Stichworte: BMW S600RR? MotoGP-Regeländerungen<br />
2012?<br />
Diese Fragen stellen sich derzeit nicht. Selbstverständlich<br />
verfolgen wir aufmerksam alle Entwicklungen<br />
hinsichtlich des zukünftigen Reglements<br />
in der MotoGP-Weltmeisterschaft. Bitte haben<br />
Sie Verständnis, dass wir den aktuellen Stand zum<br />
Reglement derzeit nicht öffentlich kommentieren.<br />
Wir sehen in der aktuellen Situation jedoch keinerlei<br />
Anlass, unser Engagement in der Superbike-Weltmeisterschaft<br />
infrage zu stellen.<br />
Bernhard Gobmeier hat mit Leon Haslam ein heißes Eisen im Feuer. Er ist der neue Teamkollege von Troy Corser<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111
Zielgerade<br />
zielgerade<br />
Wuste, sand+Schnee<br />
Auf der Flucht: Felipe<br />
Massa schwamm schon<br />
im Winter um sein<br />
Überleben bei <strong>Ferrari</strong>...<br />
Das tat der Schulter sicher nicht gut.<br />
Der Doktor sollte bei zwei Rädern bleiben...<br />
Die DTM im tiefsten Winterschlaf:<br />
Bis Anfang Mai kann die C-Klasse auftauen...<br />
112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Auch das schwere Gerät<br />
hatte im Winter keine Pause:<br />
Einsatz für die Trucks!<br />
fotos/titel: adrivo/Sutton, red bull, milagro, mercedes, ferrari<br />
Während<br />
die einen<br />
Rennfahrer im<br />
Schnee tollten,<br />
versuchten sich<br />
andere als Maulwürfe<br />
im süd–<br />
amerikanischen<br />
Wüstensand.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113
Impressum<br />
fotos: red bull x-fighters<br />
die nächste ausgabe ist im anflug:<br />
das motorsport-magazin nr. 18 erscheint am 14.04.2011<br />
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MOTORSPORT-MAGAZIN F1: ROSBERG EXKLUSIV • F1: MYTHOS FERRARI • MOTOGP: STREIT UM ROSSI-ERBE • CECCHINELLO: FRAGEN ZUM WEINEN 8/10 JULI/AUGUST<br />
MOTORRAD<br />
FORMEL1<br />
MOTORSPORT FÜR ECHTE FANS JULI/AUGUST 2010<br />
STREIT UM<br />
ROSSI-ERBE<br />
CECCHINELLO<br />
FRAGEN ZUM WEINEN<br />
MYTHOS<br />
FERRARI<br />
ROSBERG VS. SCHUMI<br />
DUELL AUF AUGENHÖHE<br />
HARTER GEGNER<br />
Die Leiden von Schumachers<br />
ehemaligen Teamkollegen<br />
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