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Karl Doll - Leben und Werk, Sagen und Sonette

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Jiří Hönes<br />

„Tief unten zieht die grüne Nagoldwelle…“<br />

<strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong><br />

<strong>Leben</strong> <strong>und</strong> <strong>Werk</strong>, <strong>Sagen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sonette</strong>


Hergestellt mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung<br />

der Raiffeisenbank im Kreis Calw eG


Jiří Hönes<br />

„Tief unten zieht die grüne Nagoldwelle…“<br />

<strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong><br />

<strong>Leben</strong> <strong>und</strong> <strong>Werk</strong>, <strong>Sagen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sonette</strong><br />

Herausgeber: Kreisarchiv Calw


Titelbild: <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong>. Öl auf Leinwand.<br />

Deutsches Literaturarchiv Marbach.<br />

Inv.-Nr. 6079.<br />

ISBN 978-3-00-045852-1<br />

© Landratsamt Calw, Kreisarchiv, Calw 2014<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Redaktion: Martin Frieß, Kreisarchivar<br />

Satz <strong>und</strong> Gestaltung: Michael Barth, Calmbach<br />

Druck: Druckhaus Weber, Althengstett


Inhalt<br />

Vorwort des Herausgebers .............................................................7<br />

Einleitung .......................................................................................9<br />

<strong>Leben</strong> ...............................................................................................11<br />

Kindheit <strong>und</strong> Jugend in Stuttgart <strong>und</strong> Ulm .................................11<br />

Die Tübinger Studentenzeit .........................................................12<br />

Die Staatswirtschaftliche Fakultät <strong>und</strong> das Studium<br />

der Regiminalwissenschaften .................................................................12<br />

Das erste Semester in der Universitätsstadt .............................................13<br />

Fritz Rüdinger <strong>und</strong> die „Gesellschaft Schottland“ ..........................15<br />

Neue Wohnung <strong>und</strong> erste Veröffentlichungen in<br />

der „Tübinger Chronik“ ..................................................................17<br />

Quer durchs Königreich ...............................................................20<br />

Zurück in die Jugendheimat: Referendariat in Ulm ........................20<br />

Einladung ins Weinsberger Kernerhaus ..........................................20<br />

Ratschläge von Eduard Mörike ........................................................21<br />

Marbach am Neckar: Oberamtsaktuar <strong>und</strong> Familienvater ...........23<br />

Hochzeit ..........................................................................................23<br />

Ein weiterer Brief Eduard Mörikes ..................................................23<br />

„Aus rosigen Tagen“ ........................................................................24<br />

Vaterglück ........................................................................................26<br />

Reutlingen: Intermezzo am Fuße der Schwäbischen Alb ............27<br />

Assessor der Regierung des Schwarzwaldkreises ............................27<br />

Turbulente Zeiten: Deutsch–Französischer Krieg<br />

<strong>und</strong> Reichsgründung .......................................................................27<br />

„Bis vor Metz“ – Lieder zum Krieg ..................................................28<br />

„…betreffend die Wiederbesetzung des<br />

erledigten Oberamts Calw" ..............................................................29<br />

„Ein fre<strong>und</strong>lich Schwarzwaldkind mit duft’gen Wangen“ –<br />

Oberamtmann in Calw .................................................................30<br />

Dienstantritt im September 1872 ....................................................30<br />

„Der sich des Ostens salz’gem Schaum vertraute“ –<br />

<strong>Doll</strong>s Nachbar Dr. Schüz .................................................................31<br />

Koloradokäfer <strong>und</strong> tollwütige H<strong>und</strong>e –<br />

Dienstalltag im Oberamtsgebäude ..................................................32<br />

„Die vollen, echten Völkertausches Brücken“ –<br />

Eröffnung der Nagoldtalbahn ............................................................33<br />

Traurige <strong>und</strong> freudige Dienstanlässe ...............................................34<br />

Joseph Victor von Scheffel <strong>und</strong> der vereitelte Badüberfall ..............36


Georg Jäger <strong>und</strong> seine „Schwäbische Lieder-Chronik“....................38<br />

<strong>Sonette</strong> als Privatdruck ....................................................................39<br />

Anton Birlinger <strong>und</strong> die „Alemannia“ .............................................41<br />

„Vom Wald <strong>und</strong> seinem Flachse“ –<br />

<strong>Doll</strong>s erste Beiträge zur „Alemannia“ .............................................43<br />

Kulturhistorisches Sammelsurium aus der Calwer Gegend ............45<br />

<strong>Sagen</strong> in Versform: Balladen in der Tradition<br />

von Gustav Schwab <strong>und</strong> Ludwig Uhland .........................................50<br />

Die letzten Calwer Jahre: 1877 bis 1879 .........................................50<br />

„Wir werden treu <strong>und</strong> ehrend Dein gedenken“ –<br />

Abschied von Calw ..........................................................................52<br />

In Stuttgart beim Departement des Innern ..................................54<br />

Erstes Domizil im Gerberviertel ......................................................54<br />

Die „Schwäbischen Balladen“ ..........................................................54<br />

Mitarbeit am „Schwäbischen Dichterbuch“ ....................................64<br />

Gedichte für Kohlhammers „Schwaben-Kalender“ .........................66<br />

„In Ulm, um Ulm <strong>und</strong> um Ulm rum“ .............................................67<br />

Erneuter Umzug <strong>und</strong> neue Herausforderungen ..............................67<br />

„… der Wurf ist uns gelungen“ – 40. Stiftungsfest<br />

der Verbindung Schottland .............................................................70<br />

Erhebung in den Personaladelsstand .....................................................72<br />

Das Lehrwerk „Die Staatsrechtlichen Verhältnisse des<br />

Deutschen Reichs <strong>und</strong> des Königreichs Württemberg“ .......................72<br />

<strong>Leben</strong>sabend in Cannstatt ...............................................................74<br />

Postum erschienene Horaz-Übersetzungen ....................................75<br />

<strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong>, ein „vaterländischer Dichter“? ....................................78<br />

<strong>Sonette</strong> ............................................................................................80<br />

<strong>Sonette</strong> aus Calw ..........................................................................81<br />

<strong>Sonette</strong> vom Schwarzwald .........................................................108<br />

<strong>Sagen</strong> .............................................................................................129<br />

Anhang ..........................................................................................154<br />

Abkürzungen ..............................................................................154<br />

Anmerkungen .............................................................................155<br />

Ortsregister ................................................................................163<br />

Personenregister ........................................................................164<br />

Verzeichnis der Gedichtanfänge <strong>und</strong> Gedichtüberschriften ......167<br />

Bildnachweis ..............................................................................168


Vorwort des Herausgebers<br />

Zu den besonderen Reizen sowohl des Landkreises<br />

Calw als auch des nördlichen Schwarzwalds<br />

gehören bis heute der Reichtum an<br />

Wald, an ursprünglich belassener <strong>und</strong> vielfältiger<br />

Natur oder – um es poetischer zu sagen<br />

– an stiller Schönheit. Als <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> im September<br />

1872 hier die Stelle als Oberamtmann<br />

antrat, hat er wohl kaum geahnt, wie sehr ihn<br />

die Oberamtsstadt <strong>und</strong> die landschaftlichen<br />

Reize als Dichter inspirieren würden.<br />

Von seinem poetischen <strong>Werk</strong> war bislang<br />

noch kaum etwas an die Öffentlichkeit gedrungen.<br />

Mit großen Dichtern seiner Zeit hatte er<br />

schon in Verbindung gestanden – unter anderem<br />

mit Kerner <strong>und</strong> Mörike, mit Scheffel<br />

nahm er 1876 Kontakt auf. Sie alle machten<br />

ihm Mut, einerseits den eingeschlagenen Weg<br />

weiter zu verfolgen, andererseits mit einer zu<br />

frühen Veröffentlichung seiner <strong>Werk</strong>e noch<br />

abzuwarten.<br />

In Calw herrschte damals Aufbruchsstimmung,<br />

mindestens in den ersten Jahren von<br />

<strong>Doll</strong>s Wirken. Durch den Bau der Schwarzwald-<br />

<strong>und</strong> der Nagoldtalbahn hatte die Gegend<br />

Anschluss an die „große, weite Welt“ bekommen.<br />

Neue öffentliche Einrichtungen wie die<br />

Turnhalle oder das Georgenäum standen für<br />

Fortschrittlichkeit, gepaart mit technischen<br />

Neuerungen wie Einführung der Gasbeleuchtung<br />

oder des Telefons. Obwohl <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong><br />

einerseits über „Geschäfts-Überbürdung“<br />

klagte, hatte er andererseits wohl genügend<br />

Zeit zum Erk<strong>und</strong>en der Gegend <strong>und</strong> für sein<br />

dichterisches Schaffen, das in Calw zu seinem<br />

Höhepunkt kommen sollte. Immerhin sind<br />

hier drei Gedichtzyklen entstanden, von denen<br />

zwei – die „<strong>Sonette</strong> aus Calw“ <strong>und</strong> die „<strong>Sonette</strong><br />

vom Schwarzwald“ – in diesem Band herausgegeben<br />

werden.<br />

Die Oberamtsstadt <strong>und</strong> die Schwarzwaldlandschaft<br />

hatten es <strong>Doll</strong> angetan <strong>und</strong> setzten<br />

schöpferische Kräfte frei. Für ihn wurde Calw<br />

zur „Schwarzwaldperle“, noch liebevoller<br />

bezeichnet als „ein fre<strong>und</strong>lich Schwarzwaldkind<br />

mit duft’gen Wangen, … von echter<br />

Schönheit w<strong>und</strong>erbar umfangen“. Er fand hier<br />

ein „traut‘ Asyl, das alle liebgewonnen“. Genau<br />

so schätzte er die landschaftliche Schönheit,<br />

„der Gegend Pracht im Licht der Sonnen“,<br />

„walddunkler Höh’n unmessbar weite<br />

Räume“, wo ein „urfrisch, wonnesam Verweilen“<br />

sei. Auch bedichtete er umliegende Orte<br />

wie Hirsau, Kentheim, Zavelstein („Ein Diadem<br />

auf grünem Sammetkissen“), Liebenzell,<br />

wo „Liobas Thermen abends dich umfluten“,<br />

Teinach („O stilles Teinach, ewig reizumflossen“)<br />

<strong>und</strong> Wildbad mit „der Brunnen Plätschern,<br />

Hallen <strong>und</strong> Arkaden“.<br />

Bis vor kurzem waren von <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> nur ein<br />

dürres biographisches Gerüst mit den wichtigsten<br />

<strong>Leben</strong>sstationen <strong>und</strong> einzelne versprengte<br />

Gedichte bekannt. Das änderte sich, als Jiří<br />

Hönes Anfang 2012 auf mich zukam <strong>und</strong> mir<br />

das von ihm entdeckte dichterische <strong>Werk</strong> <strong>Doll</strong>s<br />

vorstellte. Nachdem sich herausstellte, dass er<br />

auch zahlreiche <strong>Sagen</strong> gesammelt <strong>und</strong> weitere<br />

interessante volksk<strong>und</strong>liche Arbeiten von ihm<br />

vorliegen (Wiedergabe von Hausinschriften<br />

<strong>und</strong> Ofenkachelsprüchen, Abschriften aus<br />

Kirchenkonventsprotokollen <strong>und</strong> Kaufbüchern),<br />

reifte der Gedanke an eine vom Landkreis<br />

Calw herausgegebene Publikation.<br />

Das vorliegende Buch soll einerseits wissenschaftlichen<br />

Ansprüchen genügen, andererseits<br />

allen Interessierten das <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> <strong>Werk</strong><br />

von <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> in verständlicher <strong>und</strong> unterhaltsamer<br />

Form nahe bringen. Es ist so gestaltet,<br />

dass es auch in anderen Bereichen wie Schule<br />

<strong>und</strong> Unterricht oder Tourismus verwendet<br />

werden kann.<br />

Danken möchte ich der Raiffeisenbank im<br />

Kreis Calw, dass sie mit ihrer Unterstützung<br />

7


die Herausgabe dieses Buches ermöglicht hat.<br />

Dank gebührt auch Herrn Michael Barth für<br />

das Setzen der Texte <strong>und</strong> für die Gestaltung<br />

des Buches. Schließlich möchte ich dem Autor,<br />

Herrn Jiří Hönes, meinen Dank aussprechen<br />

für die sorgfältige Erstellung des Manuskripts,<br />

für seinen unermüdlichen Einsatz <strong>und</strong> die<br />

konstruktive Zusammenarbeit. Ich wünsche<br />

dem Buch eine gute Aufnahme bei seinen<br />

Lesern <strong>und</strong> in der Öffentlichkeit.<br />

Martin Frieß, Kreisarchivar<br />

Calw, um 1872, mit den neuen Bahntrassen.<br />

Das Gleis auf der Schwarzwaldbahn (rechts) ist schon gelegt.<br />

8


Einleitung<br />

Wenngleich <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> nur sechseinhalb Jahre<br />

in Calw gelebt hat, so fällt doch in diese Zeit<br />

die sowohl dichterisch als auch volksk<strong>und</strong>lich<br />

produktivste Phase seines <strong>Leben</strong>s. Der in<br />

Stuttgart geborene <strong>und</strong> in Ulm aufgewachsene<br />

Staatsbeamte kam im Spätsommer des Jahres<br />

1872 von Reutlingen in die Schwarzwaldstadt,<br />

um die vakant gewordene Stelle als Oberamtmann<br />

anzutreten. Schon während seiner Tübinger<br />

Studentenzeit hatte er Gedichte geschrieben<br />

<strong>und</strong> zum Teil auch veröffentlicht, doch in<br />

Calw sollte mit den Schwäbischen Balladen sein<br />

bedeutendstes lyrisches <strong>Werk</strong> entstehen. Daneben<br />

verfasste er zahlreiche <strong>Sonette</strong>, in denen<br />

er ein lyrisches Portrait von Calw <strong>und</strong> seiner<br />

Umgebung zeichnete. Als <strong>Sonette</strong> aus Calw <strong>und</strong><br />

<strong>Sonette</strong> vom Schwarzwald erschienen sie<br />

zunächst anonym im „Unterhaltungs-Blatt“ des<br />

„Calwer Wochenblatts“ <strong>und</strong> später als eigenständige<br />

Bändchen in Kleinstauflagen. Einzelne<br />

Stücke fanden zudem Aufnahme in Georg<br />

Jägers „Schwäbische Lieder-Chronik“.<br />

Wegen ihres Lokalkolorits sind diese Dichtungen<br />

heute besonders für die örtliche Kultur-<br />

<strong>und</strong> Literaturgeschichte von hohem Wert,<br />

doch sind sie gleichzeitig ein kaum bekanntes<br />

Beispiel für die Lyrik der sogenannten Gründerzeit.<br />

Während sich einige wenige dieser<br />

<strong>Sonette</strong> bis heute einer gewissen regionalen<br />

Bekanntheit erfreuen, sind die meisten nahezu<br />

gänzlich unbekannt geblieben. Die insgesamt<br />

45 <strong>Sonette</strong> werden in diesem Band erstmals<br />

vollständig wiedergegeben.<br />

Auch als Sammler volkstümlicher Überlieferungen<br />

trat <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> in Calw hervor: Angeregt<br />

von dem Calwer Arzt Emil Schüz verfasste er<br />

zahlreiche Beiträge über <strong>Sagen</strong>, Ortsnecknamen,<br />

Hausinschriften <strong>und</strong> Ofenkachelsprüche,<br />

die vor allem in Anton Birlingers Bonner<br />

Zeitschrift „Alemannia“ veröffentlicht wurden.<br />

Neben exemplarischen Auszügen aus allen<br />

Bereichen seines reichhaltigen Schaffens wird<br />

im vorliegenden Band seine zwischen 1878<br />

<strong>und</strong> 1880 in drei Teilen erschienene <strong>Sagen</strong>sammlung<br />

aus dem damaligen Oberamt Calw<br />

in voller Länge neu herausgegeben. Neben<br />

manchen Varianten wohlbekannter <strong>Sagen</strong> aus<br />

dem Bezirk finden sich darin zahlreiche bislang<br />

kaum bekannte Texte. Interessant ist auch,<br />

dass <strong>Doll</strong> gelegentlich die Namen seiner<br />

Gewährsleute nannte. Meist handelte es sich<br />

dabei um die Schultheißen der Amtsorte,<br />

welche offenbar Gefallen daran fanden, dem<br />

Beamten ihre teils schaurigen Geschichten zu<br />

unterbreiten.<br />

Anfang des Jahres 1879 verließ <strong>Doll</strong> Calw <strong>und</strong><br />

wechselte zum Ministerium des Innern in<br />

Stuttgart. Während seine volksk<strong>und</strong>liche Sammeltätigkeit<br />

in der Residenzstadt zum Erliegen<br />

kam, betätigte er sich nun als Autor staatsrechtlicher<br />

Fachliteratur. Der Dichtkunst blieb<br />

er dagegen treu. Nach den auf Neujahr 1883<br />

in Druck gegebenen Schwäbischen Balladen<br />

steuerte er immer wieder einzelne Gedichte zu<br />

Sammelbänden <strong>und</strong> Zeitschriften bei. Sein<br />

zweites großes lyrisches <strong>Werk</strong>, die Übertragung<br />

der Oden <strong>und</strong> Epoden des römischen<br />

Dichters Horaz, erschien jedoch erst vier Jahre<br />

nach seinem Tod.<br />

Neben der Wiedergabe der <strong>Sonette</strong> <strong>und</strong> <strong>Sagen</strong><br />

im Editionsteil wurde in diesem Band der<br />

Versuch unternommen, <strong>Doll</strong>s <strong>Leben</strong>sweg <strong>und</strong><br />

sein Selbstverständnis als Dichter nachzuzeichnen.<br />

Typisch für einen Staatsbeamten seiner<br />

Zeit, wechselte er häufig seine Dienstorte <strong>und</strong><br />

hinterließ entsprechend zahlreiche Spuren.<br />

Einen geschlossenen Nachlass gibt es nicht;<br />

seiner Tochter Elise ist es jedoch zu verdanken,<br />

dass sich im Deutschen Literaturarchiv in<br />

Marbach eine stattliche Manuskriptsammlung<br />

sowie einige an ihn adressierte Briefe aus der<br />

Hand von Eduard Mörike, Justinus Kerner <strong>und</strong><br />

Joseph Victor von Scheffel erhalten haben.<br />

Leider enthalten diese Briefe wenig Persön-<br />

9


Einleitung<br />

liches, da <strong>Doll</strong> zu keinem der drei ein sehr enges<br />

Verhältnis pflegte. Briefwechsel mit Personen<br />

aus seinem vertrauten Umfeld liegen keine vor.<br />

Aufschlussreich war eine autobiografische<br />

Skizze, die <strong>Doll</strong> dem bekannten Lexikografen<br />

Franz Brümmer übermittelt hat, welche sich in<br />

der Staatsbibliothek zu Berlin finden ließ.<br />

Darüber hinaus konnten <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong>s Bildungsweg<br />

<strong>und</strong> sein dienstlicher Werdegang anhand<br />

zahlreicher Einzelquellen wie dem Schülerverzeichnis<br />

des Ulmer Gymnasiums, der Tübinger<br />

Studentenakte <strong>und</strong> diverser Bewerbungsunterlagen<br />

beleuchtet werden. Aufschluss über<br />

seine Einstellung in Bezug auf Politik, Kultur<br />

<strong>und</strong> Dichtung gaben neben zwei Nachrufen in<br />

der „Schwäbischen Kronik“ <strong>und</strong> im „Neuen<br />

Tagblatt“ nicht zuletzt seine Dichtungen.<br />

Zur Edition: Die Rechtschreibung <strong>und</strong> die<br />

Zeichensetzung in den <strong>Sonette</strong>n <strong>und</strong> <strong>Sagen</strong> im<br />

Editionsteil wurde durchweg modernisiert. In<br />

den zeitgenössischen Zitaten aus Zeitungen,<br />

Briefen <strong>und</strong> anderen Dokumenten im biografischen<br />

Teil sowie in den Anmerkungen wurde<br />

sie dagegen in der vorgef<strong>und</strong>enen Form belassen.<br />

<strong>Doll</strong>s Vorname findet sich in zeitgenössischen<br />

Quellen in den beiden Formen „<strong>Karl</strong>“<br />

<strong>und</strong> „Carl“. In Originalzitaten wurde die jeweilige<br />

Schreibung belassen, ansonsten die in<br />

seinen eigenen Büchern gewählte Form „<strong>Karl</strong>“<br />

verwendet. Wörtliche Zitate von <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> sind<br />

im biografischen Teil sowie in den Anmerkungen<br />

des Editionsteils kursiv gesetzt. Letztere<br />

erläutern kulturgeschichtliche Zusammenhänge<br />

oder erklären außer Gebrauch gekommene<br />

Wörter. Wo es zum besseren Verständnis angebracht<br />

schien, sind Ergänzungen <strong>und</strong> Erläuterungen<br />

in eckigen Klammern eingefügt. Für<br />

philologisch interessierte Leserinnen <strong>und</strong> Leser<br />

stehen zudem alle <strong>Sonette</strong> <strong>und</strong> <strong>Sagen</strong> in ihrer<br />

ursprünglichen Rechtschreibung als Transkription<br />

<strong>und</strong>/oder Faksimile in Form eines begleitenden<br />

Internetangebots zur Verfügung. Diese<br />

unter www.karldoll.de erreichbaren Seiten dienen<br />

nicht zuletzt auch dazu, das Lesepublikum über<br />

etwaige nach Drucklegung zu Tage tretende<br />

Forschungsergebnisse oder Quellen zu informieren.<br />

Danken möchte ich all jenen, die das Zustandekommen<br />

dieses Buchs auf vielfältige Weise<br />

unterstützt haben. Zu nennen sind hier zunächst<br />

die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter der aufgesuchten<br />

<strong>und</strong> anderweitig kontaktierten Archive<br />

<strong>und</strong> Bibliotheken, darunter insbesondere Frau<br />

Antje Zacharias vom Stadtarchiv Tübingen, Herr<br />

Albrecht Gühring vom Stadtarchiv Marbach am<br />

Neckar, Herr Dr. Nicolai Riedel vom Deutschen<br />

Literaturarchiv ebenda, Frau Magdalene Popp-<br />

Grilli von der Handschriftenabteilung der Württembergischen<br />

Landesbibliothek in Stuttgart<br />

sowie nicht zuletzt Frau Lena Wörsdorfer <strong>und</strong><br />

Herrn Dr. <strong>Karl</strong> Mayer vom Stadtarchiv Calw.<br />

Unbürokratische Unterstützung bei der Suche<br />

nach Abbildungen gab es zudem durch Frau<br />

Michaela Raab vom Heimatmuseum Dachtel,<br />

Frau Nicole Domka von der Bilddatenbank der<br />

Universitätsbibliothek Tübingen sowie Frau<br />

Cornelia Semper-Serafin <strong>und</strong> Herrn Dieter<br />

Knauß vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg.<br />

Herr Robin Dietrich hat mich regelmäßig<br />

mit historischen Dokumenten aus den<br />

Beständen der Landsmannschaft Schottland<br />

versorgt <strong>und</strong> Herr Hans Schabert vom Kreisgeschichtsverein<br />

Calw e.V. konnte mit genealogischen<br />

Daten aus dem Raum Neuweiler helfen,<br />

diverse Unklarheiten zu beseitigen, auch hierfür<br />

meinen aufrichtigen Dank. Einen Ausweg aus<br />

jeder vermeintlichen Sackgasse der Forschung<br />

fand Herr Dr. Gerhard Prinz von der Landesstelle<br />

für Volksk<strong>und</strong>e Stuttgart, wofür ihm ebenfalls<br />

mein herzlicher Dank gilt, ebenso wie meiner<br />

Fre<strong>und</strong>in Patricia Ulmann, die sich der Zweitkorrektur<br />

des Manuskripts annahm. Insbesondere<br />

verdient gemacht hat sich der Herausgeber,<br />

Herr Kreisarchivar Martin Frieß, der nicht nur<br />

den Anstoß zu dem Projekt gab, sondern auch<br />

inhaltlich <strong>und</strong> organisatorisch vieles zum Gelingen<br />

desselben beitrug.<br />

Stuttgart-Untertürkheim, im April 2014<br />

Jiří Hönes<br />

10


In Stuttgart beim Departement des Innern<br />

Maimorgen.<br />

Wach auf, mein Kind, hellauf geschwind!<br />

Schon putzt sich im Fenster dein Kätzchen,<br />

Und die Blumen duften süß <strong>und</strong> lind<br />

An deinem Lieblingsplätzchen.<br />

Die Morgenst<strong>und</strong> hat Gold im M<strong>und</strong>,<br />

Und die Vögel schmettern <strong>und</strong> schlagen,<br />

Und Himmel freut sich <strong>und</strong> Erdenr<strong>und</strong>,<br />

Dir „guten Morgen“ zu sagen.<br />

Schon tritt fürwahr mein Mägdlein dar,<br />

Bestaunend die Pracht ihr zu Füßen.<br />

Maimorgen, wie bist du so duftig klar,<br />

Wenn Kinderaugen dich grüßen!<br />

68


<strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> lebte <strong>und</strong> wirkte von 1872 bis 1879 als Oberamtmann in Calw, eben als Hermann<br />

Hesse hier geboren wurde (1877). Er ließ sich von der Schwarzwaldstadt <strong>und</strong> der sie<br />

umgebenden Landschaft inspirieren, <strong>und</strong> so entstand hier der bedeutendste Teil seines<br />

lyrischen <strong>Werk</strong>s: die beiden Gedichtzyklen mit „<strong>Sonette</strong>n aus Calw“ <strong>und</strong> „<strong>Sonette</strong>n vom<br />

Schwarzwald“ sowie die „Schwäbischen Balladen“. Zudem erlangte <strong>Doll</strong> als Sammler von<br />

<strong>Sagen</strong>, Hausinschriften <strong>und</strong> Ofenkachelsprüchen Bedeutung. Der Band enthält erstmals<br />

einen biografischen Abriss. Es folgt die Edition seiner bislang kaum bekannten <strong>Sonette</strong>,<br />

welche ein lebendiges Bild der Stadt Calw <strong>und</strong> ihrer Umgebung in den 1870er-Jahren<br />

zeichnen. Den Abschluss bildet die Wiedergabe der <strong>Sagen</strong>, die er vor Ort aus dem<br />

„Volksm<strong>und</strong>“ gehört <strong>und</strong> aufgezeichnet hat. In schlichter Prosa erzählen sie von Gespenstern<br />

wie dem „Nonnenwaagschimmel“, alten Rechtsbräuchen oder untergegangenen Orten.<br />

Karte vom Oberamt Calw, angefertigt von Georg Wilhelm Bauser um 1878. Als Oberamtmann<br />

war <strong>Karl</strong> <strong>Doll</strong> für die Städte <strong>und</strong> Gemeinden im Oberamt zuständig. Die meisten der <strong>Sagen</strong><br />

<strong>und</strong> der <strong>Sonette</strong> beziehen sich auf diese Orte.<br />

ISBN 978-3-00-045852-1

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