Gemeindebrief
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DAS GEISTLICHE WORT<br />
Versöhnung<br />
Es seien die Sprachen der Volksgruppen, die<br />
durch den 2. Weltkrieg besonders betroffen<br />
waren, sagte der Künstler Walter Habdank,<br />
als ich ihn einmal nach den Holztafeln unter<br />
unserem Kirchturm fragte. In seiner typischen<br />
Handschrift hatte er diese Tafeln zum Thema<br />
Versöhnung gestaltet. Sie sind ein markantes<br />
Symbol unserer Kirche: Lasst euch versöhnen<br />
mit Gott (2. Kor 5,20). In den waffenstarrenden<br />
Konfliktjahren des Kalten Krieges hatten Offiziere<br />
der jungen Bundeswehr den Namen Versöhnungskirche<br />
als alternatives Programm für<br />
den Umgang der Menschen und Völker miteinander<br />
gewählt.<br />
Die Nagelkreuzgemeinschaft in Coventry /<br />
England honorierte diesen Ansatz mit dem<br />
Nagelkreuz. Seitdem steht es als mahnendes<br />
Zeichen auf unserem Altar und auf der Spitze<br />
unseres Kirchturms.<br />
Seit Jahren begleiten uns diese Tafeln. Sie<br />
fordern uns immer wieder dazu auf, weitere<br />
in anderen Sprache zu gestalten. Krisen und<br />
Kriege in der Welt, ebenso, wie persönliche<br />
Konflikte nehmen kein Ende.<br />
So entstand in den 90er Jahren bei einem Kinderbibeltag<br />
eine Tafel in jugoslawischer Sprache.<br />
Als nach dem Anschlag auf das World<br />
Trade Center 2001 das Fernsehen unsere<br />
Friedensgebete filmen wollte, bot ich eine Aktion<br />
an. Das Gebet angesichts der schockierenden<br />
Ereignisse schien mir nicht geeignet für<br />
die TV-Öffentlichkeit.<br />
Ein christlicher Asylbewerber aus Mossul jedoch<br />
schrieb uns den Text in arabischer Sprache<br />
auf. Diese Tafel in unserer Kirche rührte<br />
im Februar 2002 arabische Asylbewerber an,<br />
die unsere Kirche besetzen wollten, um für<br />
bessere Bedingungen im Lager Kleinaitingen<br />
zu demonstrieren. Friedlich verließen sie unsere<br />
Kirche, nachdem wir gute Gespräche miteinander<br />
geführt hatten.<br />
Nun hängt seit einigen Wochen eine weitere<br />
Tafel an unserer Kirchenwand, links vom Eingang.<br />
Mit ihr hat es eine besondere Bewandtnis.<br />
Dieses arabische N (Nazaräner) schreiben<br />
die Mitglieder der radikalislamischen Miliz IS<br />
den Christen, die sie erbarmungslos verfolgen,<br />
an ihre Häuser, um sie dem Terror auszuliefern.<br />
Viele Christen haben dieses Zeichen inzwischen<br />
weltweit als<br />
Facebookprofilfoto,<br />
als Symbol der Solidarität<br />
und des Bekenntnisses<br />
zu Jesus<br />
Christus gewählt.<br />
Die fast hilflose Frage,<br />
was wir denn tun<br />
könnten, hat mehrere<br />
Antworten bekommen:<br />
Es erwacht das<br />
Bewusstsein, dass<br />
wir Christen über<br />
Konfessionsgrenzen<br />
hinweg zusammengehören,<br />
für einander<br />
beten und auch<br />
in der Öffentlichkeit<br />
einstehen können.<br />
In Augsburg hat sich<br />
ein Runder Tisch der<br />
Religionen gefunden:<br />
Vertreter von Christen, Juden, Muslime,<br />
Aleviten und Buddhisten wollen sich auch mit<br />
Geldspenden und Öffentlichkeitsarbeit für die<br />
Flüchtlinge am Rande Europas einsetzen.<br />
Christ zu sein ist eine ganz persönliche Sache<br />
der Überzeugung, ein inneres und oft unsichtbares<br />
Band zwischen Gott, dem Vater Jesu<br />
Christi, und mir als Mensch des 21. Jahrhunderts.<br />
Eine Sache persönlicher Innerlichkeit,<br />
die ihren Ausdruck in Beten und Singen, Bibel-<br />
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