Vogelwelt der Alpen - BirdLife Österreich
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56. Jahrgang · September 2009 · D: € 4,80 · A: € 5,00 · CH: CHF 8,20<br />
<strong>Vogelwelt</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
» Mornellregenpfeifer<br />
» Greifvogelzug über Kärnten<br />
9 | 2009<br />
» Forschungsgeschichte <strong>der</strong> alpinen<br />
<strong>Vogelwelt</strong><br />
» Rotsterniges Blaukehlchen<br />
• Kärnten •
Ihre Falke-Kalen<strong>der</strong><br />
Impressum<br />
DER FALKE – Journal für Vogelbeobachter<br />
ISSN 0323-357X, Erscheinungsweise: monatlich<br />
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />
Internet: www.falke-journal.de<br />
Redaktionsbüro im Verlag:<br />
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3,<br />
56291 Wie bels heim, Tel. 06766/903-141;<br />
Fax 06766/903-320; E-Mail: falke@aula-verlag.de<br />
Redaktion:<br />
Dr. Norbert Schäffer (verantwortlich; sch),<br />
E-Mail: norbert.schaffer@falke-journal.de<br />
Georg Grothe, Redaktionsbüro,<br />
Tel.: 06766/903-252, Fax: 06766/903-341,<br />
E-Mail: g.grothe@falke-journal.de<br />
Hermann Stickroth (Fachredaktion; hs)<br />
E-Mail: hermann.stickroth@t-online.de<br />
Ständige Mitarbeiter:<br />
T. Brandt (tb), Dr. J. Dierschke (jd),<br />
H.-J. Fünf stück (fü), Dr. W. Irsch (wir),<br />
Dr. K. Richarz (ri)<br />
Redaktionsassistentin:<br />
Dominique Conrad, Redaktionsbüro,<br />
Tel.: 06766/903-236; Fax: 06766/903-341;<br />
E-Mail: falke@aula-verlag.de<br />
Gestaltung/Satz AULA-Verlag:<br />
Julia Schiwek, Rolf Heisler (Ltg.)<br />
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Bezugsbedingungen: Einzelheftpreis 4,80 �. D a s J a h r e s a -<br />
bon ne ment für 12 Hefte ist im In- und Aus land für 49,– �<br />
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und <strong>der</strong> Ver lag ent ge gen.<br />
Manuskripte: Sollten Sie einen Beitrag o<strong>der</strong> eine Ma nu s kript idee<br />
für DER FALKE haben, senden Sie uns bit te zunächst eine etwa<br />
zehn zei li ge In halts an ga be o<strong>der</strong> set zen Sie sich vorab mit <strong>der</strong> Redaktion<br />
o<strong>der</strong> ei nem <strong>der</strong> ständigen Mitarbeiter in Verbindung.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Mei nung<br />
und Daten <strong>der</strong> Au to ren, nicht un be dingt <strong>der</strong> Re dak ti on wie<strong>der</strong>.<br />
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un ein ge schränk te Nutzungsrecht – sowohl in ge druck ter, als<br />
auch in elektronischer Form – des Ver la ges über, wenn nichts<br />
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wer den nicht zu rück ge schickt. Sind eingereichte<br />
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die Angabe über Zeitpunkt und Art <strong>der</strong> Ver öf fent li chung sowie<br />
das Einverständnis des erst ver öf fent li chen den Ver la ges<br />
beizufügen. Das gilt auch für Ar ti kel, die bereits in einer<br />
an de ren Spra che ver öf fent licht wur den. Für un ver langt einge<br />
sand te Ma nu skrip te wird keine Ge währ über nom men, die<br />
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Die veröffentlichten Beiträge sind ur he ber recht lich ge schützt.<br />
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sind vor be hal ten. Eine even tu el le Nach druck ge neh mi gung<br />
muss schrift lich er teilt wer den. Kein Teil dieser Zeit schrift<br />
darf ohne aus drück li che schrift li che Ge neh mi gung des Verla<br />
ges ver viel fäl tigt werden, sei es als Kopie, Mi kro fi lm o<strong>der</strong><br />
an de res Ver fah ren o<strong>der</strong> in eine von Ma schi nen lesbare Sprache<br />
über tra gen wer den. Unsere ge nau en Be din gun gen entneh<br />
men Sie bitte den Manu skript richt linien, die wir Ih nen<br />
auf Anfrage gerne zu schic ken.
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
wie in jedem Jahr treffen sich<br />
Vogelkundler aus dem gesamten<br />
deutschsprachigen Raum Anfang<br />
Oktober zur Jahrestagung <strong>der</strong><br />
Deutschen Ornithologen-Gesellschaft<br />
(DO-G). Auf Einladung von<br />
<strong>BirdLife</strong> Kärnten und des Naturwissenschaftlichen<br />
Vereins<br />
für Kärnten findet die<br />
diesjährige Versammlung<br />
in Pörtschach am<br />
Wörthersee statt. Wir<br />
nehmen diese Veranstaltung<br />
zum Anlass,<br />
uns in mehreren Beiträgen<br />
etwas genauer<br />
mit <strong>der</strong> <strong>Vogelwelt</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Alpen</strong>, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong><br />
Kärntens, zu beschäftigen.<br />
An <strong>der</strong> Erstellung<br />
des aktuellen Heftes war <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />
von <strong>BirdLife</strong> Kärnten<br />
Remo Probst maßgeblich beteiligt.<br />
Ich möchte mich ganz herzlich bei<br />
ihm und seinen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern hierfür bedanken.<br />
Ihre Meinung zu unseren Schwerpunktheften<br />
würde uns sehr<br />
interes sieren. Bitte teilen Sie uns<br />
mit, was Sie beispielsweise von unserem<br />
Themenheft Kärnten halten.<br />
OrnithOlOgie aktuell<br />
Neue Forschungsergebnisse 322<br />
editOrial kärnten<br />
Remo Probst:<br />
Vogelkunde in Kärnten 324<br />
Werner Sturm:<br />
Vogelkunde auf Kärtnerisch 325<br />
BeOBachtungstipp<br />
Siegfried Wagner, Raimund K. Buschenreiter:<br />
Der Dobratsch in Kärnten: Ein überregional bedeutendes<br />
Brut- und Rastgebiet 326<br />
BiOlOgie<br />
Werner Petutschnig, Ernst Albegger:<br />
Ein Kärntner Brutvogel: Der Mornellregenpfeifer 332<br />
Remo Probst:<br />
Der Greifvogelzug über Kärnten 336<br />
Gerald Malle, Remo Probst:<br />
Bestand und Schutz: Das Rotsternige Blaukehlchen<br />
in Kärnten 342<br />
Bitte beachten Sie die Beilage von Editions Atlas<br />
Mornellregenpfeifer. Foto: M. Granitza.<br />
Neben dem fachlichen Austausch<br />
über ein breites Spektrum ornithologischer<br />
und vogelkundlicher Themen<br />
ist die Jahrestagung <strong>der</strong> DO-G<br />
auch immer eine hervorragende<br />
Gelegenheit, gute Bekannte zu treffen.<br />
Sehr gerne gesehener Gast bei<br />
<strong>der</strong> Jahrestagung ist<br />
Dr. Einhard Bezzel, <strong>der</strong><br />
Ende August seinen<br />
75. Geburtstag feierte.<br />
Wir gratulieren hierzu<br />
sehr herzlich!<br />
Im September befinden<br />
wir uns bereits<br />
mitten im vogelkundlichen<br />
Herbst. Einige<br />
unserer Brutvögel, wie<br />
beispielsweise Mauersegler,<br />
haben bereits vor einigen<br />
Wochen ihr Brutgebiet verlassen<br />
und befinden sich auf dem Zug in<br />
ihr Winterquartier. Das Zuggeschehen<br />
ist in vollem Gange.<br />
Dies gilt auch für das junge<br />
Schelladlermännchen mit dem<br />
Namen Tõnn, das wir bereits im<br />
vergangenen Herbst und dann wie<strong>der</strong><br />
in diesem Frühjahr verfolgten<br />
(FALKE 2009, H. 1; 2008, H, 12).<br />
Tõnn ist im Jahr 2008 in Estland<br />
geschichte<br />
Josef Feldner:<br />
Die Forschungsgeschichte <strong>der</strong> alpinen <strong>Vogelwelt</strong> –<br />
Der Vogel mit den hasenartigen Füßen:<br />
das <strong>Alpen</strong>schneehuhn 346<br />
leute/ereignisse<br />
Nachrichten und Termine, TV-Tipps 353<br />
reise<br />
Werner Sturm:<br />
Naturerlebnis Kärnten 354<br />
Bild des MOnats<br />
Rätselfoto und Auflösung<br />
flügge geworden. Wissenschaftler<br />
haben den Vogel mit einem Satellitensen<strong>der</strong><br />
ausgestattet und konnten<br />
hierdurch den Zug des Vogels von<br />
Estland in sein südspanisches Winterquartier<br />
und wie<strong>der</strong> zurück nach<br />
Nordosteuropa verfolgen. Fast den<br />
ganzen Sommer hat Tõnn an <strong>der</strong><br />
Westküste Finnlands verbracht. Am<br />
26. Juli verließ er sein Übersommerungsquartier<br />
und flog am 10.<br />
August durch Estland. Es ist davon<br />
auszugehen, dass Tõnn in nächster<br />
Zeit wie<strong>der</strong> Deutschland überquert.<br />
Im Herbst 2008 sowie im Frühjahr<br />
2009 ist ihm dies von Vogelbeobachtern<br />
unbemerkt gelungen.<br />
Auch in diesem Jahr gilt es also<br />
wie<strong>der</strong> aufzupassen. An Beobachtungen<br />
eines Schelladlers in diesem<br />
Herbst in Deutschland sind wir sehr<br />
interessiert (nähere Informationen<br />
zum Aufenthalt von Tõnn: www.<br />
looduskalen<strong>der</strong>.ee/en/node/4713).<br />
Ihr<br />
Dr. Norbert Schäffer<br />
Werner Sturm: <strong>Alpen</strong>-Drossel 358<br />
Veröffentlichungen<br />
Inhalt<br />
Werner Sturm:<br />
Publikationen über die Natur Kärntens 341<br />
Neue Titel 360
Ornithologie aktuell<br />
322 Der Falke 56, 2009<br />
Goldschopfpinguine: Wan<strong>der</strong>ungen über<br />
mehr als 10 000 Kilometer<br />
Goldschopfpinguine (Eudyptes chrysolophus) schwimmen im Winter<br />
sechs Monate ohne Pause im offenen Meer. Die Vögel vom<br />
Kerguelen-Archipel im Süden des Indischen Ozeans verteilen sich<br />
auf ihrer Reise über eine Fläche von drei Millionen Quadratkilometern,<br />
was dem knapp zehnfachen <strong>der</strong> Fläche <strong>der</strong> Bundesrepubklik<br />
Deutschland entspricht. Dies haben französische Forscher mithilfe<br />
von Satellitensen<strong>der</strong>n herausfinden können. Die Pinguine verlassen<br />
am Ende <strong>der</strong> Brutzeit den Inselarchipel <strong>der</strong> subantarktischen<br />
Inselgruppe mit klarem Ziel und schwimmen nach Osten. Nur<br />
wenige zieht es zur Nahrungssuche in antarktische Gewässer,<br />
die meisten halten sich mitten im Indischen Ozean in einem eng<br />
umgrenzten Gebiet zwischen dem 47. und 49. Grad südlicher<br />
Breite und dem 70. bis 110. Grad östlicher Länge auf. Sie leben<br />
von Krebsen und an<strong>der</strong>en Krustentieren, nicht jedoch wie bislang<br />
angenommen von antarktischem Krill (Euphausia superba), <strong>der</strong><br />
in diesen nördlichen Breiten nicht vorkommt. Die Vögel legen<br />
schwimmend in einem halben Jahr bis zu 11 700 Kilometer zurück,<br />
bis sie im Frühjahr wie<strong>der</strong> zu ihrer Heimatinsel zurückkehren. Fast<br />
alle treffen innerhalb einer Woche dort ein. Bisher wusste man<br />
wenig über die Wan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Pinguine. Vor allem war unklar,<br />
wo sich die Vögel in den Wintermonaten aufhalten und wovon sie<br />
sich ernähren. Mit geschätzten zehn Millionen Brutpaaren sind die<br />
Goldschopfpinguine die zahlenmäßig stärkste Art. Die Bestände<br />
nehmen jedoch seit zwanzig Jahren stetig ab. (wir)<br />
C.-A. Bost, Biology Letters v. 15. May, 2009, Online-Vorabversion<br />
(doi: 10.1098/rsbl.2009.0265)<br />
Haussperling: In <strong>der</strong> Gruppe erfolgreicher<br />
Haussperlinge, die in größeren Gruppen leben, können offenbar<br />
besser auf neue Herausfor<strong>der</strong>ungen reagieren und sich auf neue<br />
Situationen einstellen als solche in kleineren Gemeinschaften. Dass<br />
es für Vögel vorteilhaft ist, sich in größeren Massen zu formieren,<br />
da sie deshalb beispielsweise besser vor potenziellen Angreifern<br />
geschützt sind o<strong>der</strong> etwa bei <strong>der</strong> Jagd erfolgreicher sind, ist bekannt.<br />
Bei Haussperlingen zeigte sich nun, dass sie auch zunehmend<br />
erfin<strong>der</strong>ischer werden, wenn sie in größeren Gruppen leben. In<br />
Ungarn fing man 56 wild lebende Haussperlinge, 32 davon in <strong>der</strong><br />
Stadt und 24 aus einer ländlichen Gegend, und teilte sie in zwei<br />
Gruppen ein. In den größeren Gruppen befanden sich jeweils sechs<br />
und in den kleineren jeweils zwei Vögel. Danach gewöhnt man die<br />
Vögel an Futterbehälter aus Plexiglas, <strong>der</strong>en Deckel zunächst mit<br />
Löchern versehen waren, um später ebenfalls mit durchsichtigen<br />
Deckeln verschlossen zu werden. Um an das Futter zu gelangen,<br />
mussten die Vögel die Deckel anheben. Es zeigte sich, dass die<br />
Vögel größerer Gruppen das Öffnen <strong>der</strong> Futterspen<strong>der</strong> im Schnitt<br />
viermal häufiger und elfmal schneller lösten als die Vögel kleinerer<br />
Gruppen. Wäre allein die Zahl <strong>der</strong> Spatzen entscheidend gewesen,<br />
hätten die größeren Gruppen nur etwa dreimal so erfolgreich sein<br />
dürfen wie die Spatzen <strong>der</strong> kleineren Gruppe. Haussperlinge in<br />
größeren Gruppen können besser mit neuen Situationen umgehen,<br />
da sie wegen <strong>der</strong> größeren Anzahl von Individuen schneller<br />
neue Lösungen finden. In größeren Gruppen versammeln sich<br />
durch verschiedene Individuen unterschiedliche Fähigkeiten und<br />
Erfahrungen, was die Effizienz erhöht. Ein weiteres interessantes<br />
Ergebnis am Rande: Unabhängig von <strong>der</strong> Gruppengröße waren die<br />
Haussperling aus <strong>der</strong> Stadt erfolgreicher als ihre Artgenossen vom<br />
Lande. Man nimmt an, dass erstere im Alltag öfter mit komplexeren<br />
Aufgaben konfrontiert werden. (wir)<br />
A. Liker u. V. Bókony PNAS, Online-Vorabveröffentlichung,<br />
2009, doi: 10.1073/pnas.0900042106<br />
Albatros: Fund in Amsterdam<br />
Am 19. Oktober 1977 wurden bei Grabungsarbeiten in Amsterdam<br />
in einer Tiefe von fünf Metern Teile des Oberschnabels eines großen<br />
Seevogels gefunden. Der Fund, <strong>der</strong> sich nun in <strong>der</strong> Sammlung des<br />
Archäologischen Dienstes für Denkmalschutz und Archäologie <strong>der</strong><br />
Stadt befindet, gilt als erster Albatrosfund (Diomedea) auf holländischem<br />
Boden. In jüngster Zeit wurden verschiedene Albatrosse<br />
auf europäischen Meeren einschließlich <strong>der</strong> Nordsee beobachtet,<br />
bislang jedoch kein einziger in Holland. Deshalb gilt <strong>der</strong> Fund als<br />
etwas ganz beson<strong>der</strong>es. Die Fundstelle wurde im Jahre 1876 mit<br />
städtischem Abraum und Abfällen von Schiffen aufgefüllt und im<br />
Rahmen des Baues des Zentralbahnhofs mit Sand bedeckt. 1977<br />
erfolgten umfassende Erdarbeiten im Zusammenhang mit dem<br />
Bau <strong>der</strong> U-Bahnlinie, die schließlich den Fund zutage för<strong>der</strong>ten.<br />
Ornithologische Exkursionen 2009/10<br />
12.09.-26.09. Türkei - Greifvogelzug an <strong>der</strong> östlichen Schwarzmeerküste<br />
25.09.-04.10. Russland/Litauen - Kurische Nehrung und Bernsteinküste<br />
18.10.-27.10. Ungarn - Kraniche und Gänse in <strong>der</strong> Puszta<br />
24.10.-31.10. Türkei/Kilikien - Ornitour Göksu Delta & Kulturwan<strong>der</strong>n Kombi!<br />
31.10.-17.11. Peru - Endemiten in den Anden und Regenwäl<strong>der</strong>n<br />
14.11.-28.11. China - Winterquartiere <strong>der</strong> sibirischen Kraniche Neu!<br />
19.12.-10.01. Nepal - Nektarvögel und Saruskraniche<br />
25.12.-05.01. Spanien - Andalusien zum Jahreswechsel<br />
27.12.-06.01. Marokkos Süden - Waldrapp und Gleitaar<br />
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© N. Koch
Im Unterschied zu Bäumen, die den Kohlenstoff unmittelbar aus<br />
<strong>der</strong> Luft beziehen, scheidet die C-14 Bestimmung zur Ergründung<br />
des Alters des 162 mm langen Oberschnabels bei Beutegreifern aus,<br />
da diese den Kohlenstoff über die Beute zu unspezifisch speichern.<br />
Dennoch gilt als wahrscheinlich, dass <strong>der</strong> Albatrosschnabel zu<br />
einem Vogel gehörte, <strong>der</strong> von einem Seefahrer o<strong>der</strong> Schiffsreisenden<br />
gefangen wurde und später als Überrest im Hafenabfall o<strong>der</strong> durch<br />
das Auffüllmaterial an die Fundstelle verbracht wurde. Demzufolge<br />
könnte <strong>der</strong> Schnabel aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> großen Seefahrten des 17.<br />
und 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit holländisch-ostindischen Handelsbeziehungen<br />
stammen, <strong>der</strong>en Routen den Atlantik und Indischen<br />
Ozean bis nach Indien, Indonesien und Sri Lanka führten. Diese<br />
Schiffsrouten kreuzten verschiedene Brutgebiete von Albatrossen,<br />
die die Schiffe oft begleiteten. Auch im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t wurden<br />
diese Routen von Segel- und Dampfschiffen befahren, sodass <strong>der</strong><br />
Schnabel vom frühen 17. Jahrhun<strong>der</strong>t bis zum Jahre 1876 datiert<br />
wurde, dem Jahr, in dem <strong>der</strong> ursprüngliche Hafen aufgefüllt wurde.<br />
Eine Herkunft aus prähistorischer Zeit gilt nicht zuletzt aufgrund<br />
<strong>der</strong> Morphologie und Konsistenz als ausgeschlossen. Von den<br />
bislang 19 Albatrosnachweisen bzw. -hinweisen und -berichten<br />
in Europa, darunter auch einer aus dem Jahre 1912 vom Ammersee,<br />
gelten nur wenige als echt in dem Sinne, dass sie von einem<br />
wan<strong>der</strong>nden Vogel in Europa stammen, <strong>der</strong> unmittelbar, d. h. ohne<br />
äußere menschliche Einwirkung, zum Fundort gelangten. (wir)<br />
E. Soldaat u. a., Dutch Birding 31: 1-16, 2009.<br />
Zebrafinken: Gesang angeboren und erlernt<br />
Lautäußerungen spielen eine elementare Rolle im Leben von Vögeln.<br />
Zebrafinken (Taeniopygia guttata) verfügen über ein Repertoire an<br />
Lie<strong>der</strong>n, die sie – nicht zuletzt dank eines speziellen Taktgebers im<br />
Gehirn (dem sogenannten HVC-Areal) – immer in exakt <strong>der</strong> gleichen<br />
Weise wie<strong>der</strong>geben können. Sie lernen den Gesang auch ohne<br />
Vorbil<strong>der</strong>, doch dann klingt er an<strong>der</strong>s als beim Rest <strong>der</strong> Familie. Man<br />
ließ Zebrafinkenmännchen isoliert aufwachsen und verglich ihre<br />
Gesänge mit denen von Artgenossen, die das Singen von älteren<br />
Männchen gelernt hatten. Der Gesang, <strong>der</strong> ab dem Alter von 30<br />
Tagen einzeln gehaltenen Vögel wich, nachdem er sich drei Monate<br />
allein entwickeln konnte, stark von dem <strong>der</strong> übrigen Artgenossen<br />
ab. Bei den isolierten Männchen war <strong>der</strong> Gesang – eine Abfolge von<br />
individuellen feststehenden Silben, die in <strong>der</strong> gleichen Reihenfolge<br />
wie<strong>der</strong>holt gesungen werden – sehr viel weniger strukturiert, lauter,<br />
mit hohen Ausreißern und besaß auch keinen Rhythmus. Man<br />
setzte die isoliert aufgewachsenen, bereits älteren Männchen dann<br />
zu je einem männlichen Jungvogel. Letztere orientierten sich an<br />
den älteren und imitierten <strong>der</strong>en weniger klangvolle Tonfolgen. Sie<br />
übernahmen die Silben ihrer Lehrer, sangen aber in einem Rhythmus,<br />
<strong>der</strong> mehr dem normalen Gesang ähnelte. Diese Jungvögel setzte<br />
man wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> nächsten Generation als Lehrer vor und nach drei<br />
bis vier Generationen hatte sich <strong>der</strong> Gesang <strong>der</strong> Jungvögel dem<br />
normaler Populationen angeglichen. Demzufolge ist <strong>der</strong> Gesang<br />
offenbar teilweise genetisch festgelegt und wird in <strong>der</strong> Jugend<br />
durch die Umwelt weiter beeinflusst. Zunächst brabbeln die Jungen<br />
also munter vor sich hin und lernen dann nach und nach den arttypischen<br />
Gesang. Auf diese Weise kann das Liedgut von Kolonie<br />
zu Kolonie variieren und gleichzeitig immer noch nach Zebrafink<br />
klingen – biologisch betrachtet ein „Multigenerationen-Phänotyp“,<br />
<strong>der</strong> mehrere Generationen für seine Ausbildung benötigt. Nicht nur<br />
am Rande von Interesse: Beim Üben in ihrer Jugend nutzen die<br />
Vögel eine an<strong>der</strong>e Hirnregion als später beim Singen. (wir)<br />
O. Fehér u. a., Nature, online-Vorabversion doi: 10.1038/<br />
nature079994, 2009.<br />
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9 / 2006
Editorial<br />
324 Der Falke 56, 2009<br />
Vogelkunde in Kärnten<br />
Liebe FALKE-LeserInnen,<br />
Kärnten ist das größte inneralpine Becken;<br />
die zentralen Talräume sind von<br />
zum Teil gewaltigen Bergmassiven<br />
umgeben. Entsprechend dominieren<br />
in den Beckenlagen intensiv landwirtschaftlich<br />
genutzte Gebiete. Dabei<br />
hat vor allem <strong>der</strong> intensive Maisanbau<br />
<strong>der</strong> letzten Jahrzehnte hier zu<br />
einer gravierenden Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Vogelgemeinschaft geführt. Rötelfalke,<br />
Blauracke und Schwarzstirnwürger<br />
sind als Brutvögel verschwunden,<br />
Arten wie Rebhuhn o<strong>der</strong> Kiebitz sind<br />
akut gefährdet. In den Talrandlagen<br />
sind bis heute aber noch zahlreiche<br />
klein strukturierte und streuobstwiesenreiche<br />
Areale vorhanden, wo sich<br />
Wiedehopf, Wendehals und Neuntöter<br />
halten können. Auch die größte österreichische<br />
Population <strong>der</strong> Zwergohreule<br />
fi ndet sich in diesem Landschaftstyp.<br />
Abhängig von <strong>der</strong> Lage<br />
in <strong>der</strong> Sonn- o<strong>der</strong> Schattenseite folgt<br />
danach ein mehr o<strong>der</strong> weniger breiter<br />
Waldgürtel, wobei Kärnten das relativ<br />
waldreichste Bundesland <strong>Österreich</strong>s<br />
ist. In den bedrohten, submediterran<br />
geprägten Buchenmischwäl<strong>der</strong>n Südkärntens<br />
gibt es Restbestände von<br />
Habichtskauz, Weißrückenspecht und<br />
Zwergschnäpper, die kontinentaleren<br />
Koni ferenwäl<strong>der</strong> im Norden des<br />
Landes sind Lebensraum für Arten<br />
wie Auerhuhn, Raufuß- und Sperlingskauz<br />
sowie Dreizehenspecht. In<br />
<strong>der</strong> Waldaufl ösungszone leben viele<br />
Vogelarten wie das Birkhuhn o<strong>der</strong> die<br />
Ringdrossel. Als Kleinod in feuchten<br />
Latschenbereichen kann in den Hohen<br />
Tauern das Rotsternige Blaukehlchen<br />
gefunden werden, über dessen<br />
Bestandsentwicklung in Kärnten<br />
Gerald Malle ausführlich in diesem<br />
Heft berichtet.<br />
Die alpinen Gebiete oberhalb <strong>der</strong><br />
Waldgrenze sind die Heimat von<br />
<strong>Alpen</strong>schneehuhn, <strong>Alpen</strong>braunelle,<br />
Schneesperling & Co., doch ist das<br />
Bundesland vor allem auch für das<br />
größte alpine Vorkommen des Mornellregenpfeifers<br />
bekannt. W. Petutschnig<br />
und Ernst Albegger (von <strong>der</strong><br />
<strong>BirdLife</strong> Steiermark Landesgruppe)<br />
stellen in ihrem Porträt die Lebensweise<br />
und das sensible Habitat dieser<br />
beson<strong>der</strong>en Vogelart vor. Letztlich<br />
darf man in Kärnten auch nicht die<br />
Gewässer vergessen, ist es doch auch<br />
das seenreichste Bundesland <strong>Österreich</strong>s.<br />
Hier brüten nicht nur Arten<br />
wie Zwergrohrdommel o<strong>der</strong> Haubentaucher,<br />
es kommen auch viele überwinternde<br />
und durchziehende Gäste<br />
zu uns.<br />
Fast alle genannten Habitattypen<br />
kom men am Dobratsch vor, dem<br />
Siegfried Wagner und R. Kurt Buschenreiter<br />
einen Beitrag widmen. Im<br />
größten Bergsturzgebiet <strong>der</strong> Ostalpen<br />
fi nden sich neben montanen und<br />
alpinen Arten (darunter das einzige<br />
regelmäßige Vorkommen des Zitronenzeisigs<br />
in Kärnten) zahlreiche<br />
wärmeliebende Arten wie Ziegenmelker,<br />
<strong>Alpen</strong>segler, Steinrötel o<strong>der</strong> die<br />
Zippammer.<br />
Josef Feldner beschäftigt sich ein seinem<br />
Beitrag mit <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />
<strong>Alpen</strong>ornithologie. Es ist ein Zweig,<br />
dem schon auf Grund <strong>der</strong> schweren<br />
Zugänglichkeit vieler Gebiete und<br />
damit sehr schwieriger Erforschbarkeit<br />
Respekt gezollt werden muss.<br />
Ebenfalls über die Grenzen Kärntens<br />
hinaus beschäftigt sich mein Artikel<br />
zum Greifvogelzug. Dabei wird nicht<br />
nur über den vermutlich stärksten<br />
inneralpinen Wespenbussardzug <strong>der</strong><br />
Ostalpen berichtet, son<strong>der</strong>n erstmals<br />
werden auch Karten zur räumlichen<br />
Verteilung von Arten und Individuen<br />
im Bundesland vorgestellt.<br />
Darüber hinaus gibt es von Werner<br />
Sturm für die Region wichtige Literatur-<br />
und Reisetipps; außerdem erklärt<br />
er einige Kärntner Vogelnamen. Letzteres<br />
ist für unsere Gäste manchmal<br />
auch wirklich nötig, denn einer <strong>der</strong><br />
lieblichsten Dialekte des deutschen<br />
Sprachraums hat auch so seine Tükken:<br />
Wer vermutet schon hinter <strong>der</strong><br />
„Tschoja“ den Eichelhäher o<strong>der</strong> dem<br />
„Tschuk“ die Zwergohreule? Damit<br />
die Kärntner <strong>Vogelwelt</strong> aber nicht<br />
ganz so rätselhaft bleibt, sei an dieser<br />
Stelle auch erwähnt, dass sich allerlei<br />
weiterführende Informationen leicht<br />
<strong>der</strong> jüngst erschienenen Avifauna<br />
(Brut- und Gastvögel) und <strong>der</strong> Bird-<br />
Life Kärnten Homepage (www.birdlife.at/kaernten)<br />
entnehmen lassen.<br />
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die <strong>Vogelwelt</strong><br />
Kärntens in aller Kürze etwas<br />
näher bringen. Fast nirgendwo in Europa<br />
sind Berge und Seen so eng miteinan<strong>der</strong><br />
verbunden, was neben dem<br />
landschaftlichen Reiz auch eine interessante<br />
Artenvielfalt auf engstem<br />
Raum zur Folge hat. Wir von <strong>der</strong><br />
<strong>BirdLife</strong> Landesgruppe Kärnten würden<br />
uns über vogelkundliche Besucher<br />
aus den Nachbarlän<strong>der</strong>n freuen<br />
und stehen für weiterführende Information<br />
gerne zur Verfügung!<br />
Ihr<br />
Dr. Remo Probst<br />
Geschäftsführer <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong><br />
Landesgruppe Kärnten
Vogelkunde auf Kärntnerisch<br />
Obwohl Kärnten dem südbayrischen<br />
Dialektraum angehört<br />
und die Umgangssprache<br />
– von einigen slowenischen Sprachinseln<br />
vor allem im Unterkärntner<br />
Raum abgesehen – Deutsch ist, sollte<br />
man als deutsch sprechen<strong>der</strong> Besucher<br />
des Landes nicht allzu überrascht<br />
sein, wenn man einer Unterhaltung<br />
zweier einheimischer Vogelfreunde<br />
nur in eingeschränktem Maße folgen<br />
kann. Ein typischer Dialog in Kurzform<br />
könnte sein:<br />
„Håst die Tschoja a schon gsegn?“<br />
„Jå, durtn afn dirrn Krakl“.<br />
Die authentische Übersetzung würde<br />
lauten: „Hast du den Eichelhäher<br />
auch schon gesehen?“ „Ja, dort auf<br />
dem dürren Ast“.<br />
Kärnten verfügt über einen reichen<br />
Schatz <strong>der</strong>artiger dialektischer Synonyme<br />
für Vogelnamen, Ortsbeschreibungen<br />
und mit <strong>der</strong> Vogelkunde<br />
zusammenhängen<strong>der</strong> Begriffe. Auf<br />
Grund seiner Geschichte hat dabei<br />
auch das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Lehnwort<br />
aus dem Slowenischen in den Kärntner<br />
Dialekt Eingang gefunden.<br />
Kärntnerisch Deutsch<br />
Branterle Hausrotschwanz<br />
Schwårzplattl Mönchsgrasmücke<br />
Weißplattl Gartenrotschwanz<br />
Draze Neuntöter<br />
Schusser Hänfl ing<br />
Schopfmasn Haubenmeise<br />
Håbergås Ziegenmelker<br />
Tschuk, Tschugg o<strong>der</strong> Tschop Zwergohreule<br />
Zara Misteldrossel<br />
Kranabettvogl Wachol<strong>der</strong>drossel<br />
Duckerl o<strong>der</strong> Duckanterl Zwergtaucher<br />
Kiwit Kiebitz<br />
Dickschnåbl Kernbeißer<br />
Ziepe Baumpieper<br />
Wuttwutt o<strong>der</strong> Wutte Wiedehopf<br />
In den Beiträgen dieses Heftes werden diese Gebiete näher vorgestellt:<br />
➀ Der Naturpark Dobratsch beherbergt das größte Bergsturzgebiet <strong>der</strong> Ostalpen.<br />
➁ Rund 4000 Wespenbussarde ziehen jeden Herbst über die Region Thörl-Maglern/<br />
Arnoldstein/Wurzenpass.<br />
➂ Die Elendtäler im östlichen Teil des Nationalparks Hohe Tauern sind die Heimat<br />
des Rotsternigen Blaukehlchens.<br />
➃ Der Mornellregenpfeifer brütet auf den Bergtundren <strong>der</strong> Nockberge und <strong>der</strong> Saualpe.<br />
➄ Im Naturpark Weißensee befi ndet sich <strong>der</strong> höchstgelegene Badesee <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>.<br />
➅ Die Mussen ist „<strong>der</strong>“ Blumenberg Kärntens.<br />
➆ Das Hörfeldmoor ist ein grenzüberschreitendes Europaschutzgebiet.<br />
➇ Das Sablatnigmoor ist ein bedeuten<strong>der</strong> Brut- und Rastplatz für Wasservögel.<br />
➈ Die Karnischen <strong>Alpen</strong> und ➉ die Karawanken bilden die Südkette Kärntens. Teilweise<br />
sind hier noch fl ächigere Buchenwäl<strong>der</strong> vorhanden.<br />
Kärnten<br />
Nachfolgend eine kleine Auswahl<br />
<strong>der</strong> interessantesten Artnamen<br />
in Dia lektform mit ihrer deutschen<br />
Übersetzung.<br />
Werner Sturm<br />
Kärnten<br />
<strong>Österreich</strong><br />
Der Falke 56, 2009 325
Beobachtungstipp<br />
Die Vogelschutzgebiete Dobratsch und Schütt/<br />
Graschelitzen mit Blick in das untere Gailtal.<br />
Foto: Kärntner Landesregierung, 2001.<br />
Der Dobratsch in Kärnten:<br />
Ein überregional bedeutendes Brut- und Rastgebiet<br />
Im Zentrum Kärntens gelegen ragt<br />
ein imposantes Bergmassiv, die<br />
Villacher Alpe – auch Dobratsch<br />
genannt, über den Talboden. Der<br />
hauptsächlich aus Kalken, Dolomiten<br />
und mergeligen Gesteinen <strong>der</strong> Triaszeit<br />
aufgebaute Bergstock mit einer<br />
Vielzahl von Höhlen, Schächten und<br />
Dolinen stellt die östlichste Erhebung<br />
<strong>der</strong> Gailtaler <strong>Alpen</strong> dar und erreicht<br />
eine Höhe von 2166 Meter. Geographisch<br />
ist <strong>der</strong> Dobratsch durch das<br />
Gailtal im Süden und Westen, das<br />
Bleiberger Hochtal im Norden sowie<br />
das Villacher Becken im Osten begrenzt.<br />
Die Südseite des Berges ist<br />
weitgehend durch markante, senkrechte<br />
Felswände gekennzeichnet,<br />
die großteils durch den Bergsturz in<br />
Folge eines starken Erdbebens im<br />
Jahr 1348 entstanden sind. Die anschließenden<br />
Geröllhalden werden<br />
„Schütt“ genannt und setzen sich<br />
stellenweise auch südlich des Gailfl<br />
usses im sogenannten „Steinernen<br />
Meer“ fort.<br />
Der Sperlingskauz ist nach dem Waldkauz<br />
die häufi gste Eule auf dem Dobratsch.<br />
Foto: J. Zmölnig. Hirschberg, Juni 2003.<br />
Die Villacher Alpe wurde bereits<br />
Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre durch eine<br />
Straße erschlossen, die vom Westen<br />
<strong>der</strong> Stadt Villach ausgehend bis zum<br />
Endparklatz „Rosstratte“ auf 1732 m<br />
Höhe führt.<br />
» Vögel entlang <strong>der</strong> Villacher<br />
<strong>Alpen</strong>straße<br />
Die 16 km lange Mautstraße verfügt<br />
an mehreren Stellen über Parkplätze,<br />
die eine herrliche Aussicht auf die Julischen<br />
<strong>Alpen</strong> und das Untere Gailtal<br />
bieten. Auf diesen Parkplätzen befi nden<br />
sich Schautafeln, die den Besucher<br />
über die ornithologischen und<br />
botanischen Kleinode dieses Gebietes<br />
informieren.<br />
„Die Storfhöhe“ – Parkplatz 3<br />
(Punkt 1 auf <strong>der</strong> Karte)<br />
Nordöstlich <strong>der</strong> sogenannten Storfhöhe<br />
(900–1000 m) sind auf Schlagfl<br />
ächen des Buchen-Fichten-Kiefernwaldes<br />
in den letzten Jahren bis zu<br />
sieben Ziegenmelkerreviere auf einer<br />
Fläche von ca. 50 ha festgestellt<br />
worden. Habicht, Wespenbussard,<br />
Grau- und Schwarzspecht brüten
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Der Dreizehenspecht (im Bild ein Weibchen), ist am<br />
Dobratsch regelmäßig zu beobachten.<br />
Foto: H.-J. Fünfstück. Wank, 26.6.2007.<br />
Vom Steinrötel gab es auch 2009 wie<strong>der</strong> einen Brutnachweis.<br />
Foto: W. Petutschnig. Dobratsch, 8.6.2007.<br />
328 Der Falke 56, 2009<br />
hier. In den nach Süden ausgerichteten<br />
Felswänden können Uhus und<br />
Felsenschwalben, unregelmäßig<br />
auch Mauerläufer o<strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>falken<br />
beob achtet werden. Hier liegt<br />
auch die tiefstgelegene Verbreitung<br />
des Auerhuhns. Mit etwas Glück sind<br />
hier Haselhuhn und Dreizehenspecht<br />
zu sehen.<br />
„Geklobene Wand“ – Parkplatz 4<br />
(Punkt 2)<br />
Dieser Parkplatz liegt unmittelbar an<br />
<strong>der</strong> „Geklobenen Wand“, wo in den<br />
vergangenen Jahren mehrfach Steinrötel<br />
gesehen wurden. Im unmittelbaren<br />
Bereich des Parkplatzes gelang<br />
auch im Jahr 2008 <strong>der</strong> Erstnachweis<br />
des Grünlaubsängers für Kärnten.<br />
Zwischen den Parkplätzen 3 und 4<br />
liegen mehrere Schwarzspechtreviere,<br />
hier wurden auch Raufußkäuze<br />
mehrmals festgestellt.<br />
„<strong>Alpen</strong>garten und Rote Wand“ –<br />
Parkplatz 6 (Punkt 5)<br />
Neben dem Parkplatz nach Süden<br />
hin gelegen, zieht sich entlang des<br />
Felsabbruches <strong>der</strong> „Villacher <strong>Alpen</strong>garten“,<br />
in dem sämtliche<br />
<strong>Alpen</strong>blumen in schön angelegten<br />
Terrassen zu bewun<strong>der</strong>n<br />
sind. 100 m westlich des<br />
Parkplatzes befindet sich als<br />
Aussichtspunkt eine mehrere<br />
Meter über den senkrechten<br />
Abgrund hinausragende<br />
Plattform. In <strong>der</strong> Wand unterhalb<br />
<strong>der</strong> Plattform brüten<br />
etwa fünf Paare des <strong>Alpen</strong>seglers,<br />
weiterhin können<br />
Felsenschwalbe, Kolkrabe<br />
sowie <strong>Alpen</strong>dohle und zur<br />
Zugzeit viele Greifvogelarten,<br />
die entlang <strong>der</strong> Bergkante<br />
ziehen, beobachtet werden.<br />
Im Fichtenwald nördlich des<br />
Parkplatzes, liegen ein Sperlingskauz-<br />
und ein Dreizehenspechtrevier.<br />
„Die Rosstratte“ (Punkt 6)<br />
An dem knapp unter <strong>der</strong><br />
Baumgrenze gelegenen Endparkplatz<br />
Rosstratte, leben<br />
eine ganze Reihe von Vogelarten.<br />
Bergpieper, Ringdrossel,<br />
Birkenzeisig und<br />
Fichtenkreuzschnabel sind<br />
die häufigsten Arten. Hier<br />
rund um die Rosstratte lie-<br />
gen auch die einzigen regelmäßig besetzten<br />
Brutplätze des Zitronenzeisigs<br />
in Kärnten. Vor zwei Jahren konnte<br />
erstmals nach 50 Jahren wie<strong>der</strong> eine<br />
Steinhuhnfamilie nachgewiesen werden.<br />
Auf <strong>der</strong> Ross tratte besteht die<br />
Möglichkeit, Einkehr im „Rosstratten-<br />
Stüberl“ zu halten und sich von einer<br />
gutbürgerlichen Küche verwöhnen zu<br />
lassen. Vom Parkplatz aus gibt es zwei<br />
verschiedene Routen zum Dobratsch-<br />
Gipfel (Punkt 7). Eine ist <strong>der</strong> nicht<br />
öffentliche Fahrweg, <strong>der</strong> nur zu Fuß<br />
benutzt werden kann, die Wegzeit<br />
beträgt ca. 2 ¼ Stunden. Über diesen<br />
Weg erreicht man die Sendeanlage<br />
des <strong>Österreich</strong>ischen Rundfunks, die<br />
knapp unter dem Gipfel liegt. Am<br />
Dobratsch-Gipfel selbst stehen die<br />
zwei höchstgelegenen Kirchen <strong>der</strong><br />
Ostalpen – die Wallfahrtskirche „Am<br />
Stein“ o<strong>der</strong> „Deutsche Kapelle“ und<br />
die Schlosskirche, auch „Windische<br />
Kapelle“ genannt. Nur wenige Meter<br />
unterhalb <strong>der</strong> Kirchen befindet sich<br />
das „Ludwig-Walter-Haus“, das den<br />
Wan<strong>der</strong>er zur Einkehr einlädt. Entlang<br />
dieses Weges kommen Bergpieper,<br />
Steinschmätzer, Ringdrossel und<br />
Typische Vogelarten am Dobratsch, <strong>der</strong>en Status<br />
und günstige Beobachtungszeit (in Klammern)<br />
h = häufiger, r = regelmäßiger, s = seltener,<br />
J = Jahresvogel, B = Brutvogel, W = Wintergast,<br />
D = Durchzügler, N = Nahrungsgast.<br />
Art Status<br />
(beste Beobachtungszeit)<br />
<strong>Alpen</strong>dohle J (ganzjährig)<br />
<strong>Alpen</strong>segler sB (Mai – Aug.)<br />
Bergpieper rB (April – Sept.)<br />
Birkenzeisig J (ganzjährig)<br />
Birkhuhn J (Mai)<br />
Dreizehenspecht J (März – April)<br />
Felsenschwalbe rB (April – Sept.)<br />
Fichtenkreuzschnabel J (ganzjährig)<br />
Grauspecht J (März – April)<br />
Ringdrossel hB (April – Sept.)<br />
Schwarzspecht J (ganzjährig)<br />
Sperlingskauz J (März – April, Sept. – Okt.)<br />
Steinadler J (ganzjährig)<br />
Steinschmätzer sB (April – Sept.)<br />
Uhu J (Febr. – April)<br />
Wespenbussard sB, hD (Ende August)<br />
Ziegenmelker rB (Mai – Juli)<br />
Zippammer rB (März – Nov.)<br />
Zitronenzeisig sB (April – Sept.)
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er Steinadler ist ein regelmäßiger Brutvogel in den Südwänden des Dobratsch.<br />
Foto: J. Zmölnig. Dobratsch, 25.9.1975.<br />
<strong>Alpen</strong>braunellen vor. Manchmal kann<br />
man auch ein Birkhuhn beobachten.<br />
<strong>Alpen</strong>segler, aber auch Mauersegler,<br />
die aus dem Tal zum Jagen kommen,<br />
sind zu sehen. An Greifvögeln sind regelmäßig<br />
Turmfalken, Mäusebussarde<br />
und Steinadler zu beobachten. Unter<br />
dem schroffen Felsgipfel brütet eine<br />
kleine Kolonie <strong>Alpen</strong>segler. Die zweite,<br />
schwierigere Variante, vom Parkplatz<br />
Rosstratten aus den Dobratsch-<br />
Gipfel zu erreichen, wäre <strong>der</strong> Anstieg<br />
über den sogenannten „Jägersteig“,<br />
<strong>der</strong> entlang <strong>der</strong> Dobratsch Südseite auf<br />
den Gipfel führt. Diesen Steig erreicht<br />
man, indem man vom Parkplatz aus<br />
über eine Almwiese ungefähr 500 m<br />
in südwestliche Richtung geht. Am<br />
Ende <strong>der</strong> Almwiese fällt <strong>der</strong> Berg steil<br />
nach Südwesten ab und gibt einen<br />
herrlichen Ausblick in Richtung des<br />
Gailtales frei. Dieser Punkt ist auch<br />
ein idealer Ort um Ende August und<br />
Anfang September ziehende Greifvögel<br />
zu beobachten. Von hier aus führt<br />
<strong>der</strong> „Jägersteig“, <strong>der</strong> gutes Schuhwerk<br />
und Trittsicherheit erfor<strong>der</strong>t, in nordwestliche<br />
Richtung hinauf zum Gipfel.<br />
In den Latschen und Lärchen sind Heckenbraunellen<br />
und Zilpzalpe auffällige<br />
Vogelarten. Die <strong>Alpen</strong>dohlen, die<br />
im Gipfelbereich mit etwa 20 Paaren<br />
brüten, begleiten den Wan<strong>der</strong>er und<br />
mit etwas Glück können <strong>Alpen</strong>segler,<br />
Steinadler und Mauerläufer gesehen<br />
werden. Auch das Birkhuhn kommt in<br />
diesem Gebiet vor.<br />
330 Der Falke 56, 2009<br />
„In <strong>der</strong> Schütt“<br />
Die Südseite des Dobratsch, „Die<br />
Schütt“, ist das größte Bergsturzgebiet<br />
<strong>der</strong> Ostalpen. Die unterschiedlichen<br />
Lebensräume und Lebensgemeinschaften<br />
dieses Gebietes sind<br />
sowohl zoologisch, botanisch wie<br />
auch ornithologisch hoch interessant.<br />
Aus diesem Grunde wurden zentrale<br />
Bereiche <strong>der</strong> Schütt bereits im Jahr<br />
1942 unter Naturschutz gestellt. Die<br />
Geröllfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schütt stellen z. B.<br />
das letzte große zusammenhängende<br />
Verbreitungsgebiet <strong>der</strong> Sand- o<strong>der</strong><br />
Hornviper in <strong>Österreich</strong> dar. Der bereits<br />
mediterrane Klimaeinfluss lässt<br />
Baumarten wie Schwarzkiefer, Blu-<br />
men-Esche, Hopfenbuche, Mehlbeere<br />
o<strong>der</strong> Goldregen gedeihen. Wegen<br />
seiner Bedeutung für die <strong>Vogelwelt</strong><br />
wurde dieses Gebiet im Jahr 1995<br />
zur „Important Bird Area“ erklärt.<br />
Die Charakterart <strong>der</strong> hier verbreiteten<br />
<strong>Vogelwelt</strong> ist <strong>der</strong> Ziegenmelker. Im<br />
Bereich <strong>der</strong> Schütt konnten 30–40 rufende<br />
Männchen festgestellt werden<br />
– das ist das größte inneralpine Vorkommen<br />
<strong>Österreich</strong>s. Auch die Zippammer<br />
hat hier ihr Verbreitungszentrum<br />
in Kärnten. In den eingestreuten<br />
Buchenmischwäl<strong>der</strong>n wurde im Jahr<br />
1996 erstmals <strong>der</strong> Zwergschnäpper<br />
als Brutvogel für Kärnten nachgewiesen.<br />
Weitere interessante Brutvogelarten<br />
sind Wan<strong>der</strong>falke, Uhu (zwei<br />
bis drei Brutpaare) sowie Steinadler,<br />
die regelmäßig im steilen Felsabbruch<br />
unter dem Dobratsch-Gipfel brüten.<br />
Das Gebiet erreicht man von Villach/<br />
Warmbad aus über Fe<strong>der</strong>aun und<br />
die Schütter Landesstraße. Ca. 300 m<br />
vor <strong>der</strong> Ortschaft Unterschütt, beim<br />
Übergang zwischen einem Waldstück<br />
zu den Fel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Ortschaft, beginnt<br />
in Richtung Bergsturz ein Wan<strong>der</strong>weg.<br />
Dieser Weg führt über die sogenannte<br />
„Weinitzen“ (Punkt 3), eine<br />
extensiv genutzte Magerwiese, welche<br />
wegen ihres Orchideenreichtums<br />
sehr bekannt ist, bis zur Ortschaft<br />
Oberschütt. Die Wegzeit beträgt ca.<br />
1,5 Stunden. Der zuerst durch ein<br />
von Fichten und Kiefern dominiertes<br />
Waldstück führende Weg steigt allmählich<br />
an und erreicht den Kiefer-<br />
Block-Schuttwald. An warmen Mai-<br />
und Juniabenden kann man hier<br />
Unter den Felswänden existieren noch kleine Buchenmischwäl<strong>der</strong>. Foto: S. Wagner. 5.5.2003.
schon ab <strong>der</strong> Abenddämmerung das<br />
Schnurren und Flügelklatschen <strong>der</strong><br />
Ziegenmelker hören. Nördlich <strong>der</strong><br />
Ortschaft Oberschütt existieren noch<br />
Buchen-Fichten-Urwaldreste mit<br />
Höhlenzentren von Schwarz- und<br />
Grauspechten. Hohltauben brüten<br />
hier mit wenigen Paaren. Wegemäßig<br />
wurde dieses Gebiet bisher noch<br />
nicht erschlossen. Von Oberschütt<br />
aus führt ein Waldweg in westliche<br />
Richtung. Nach ca. 2 km zweigt von<br />
diesem Weg eine Forststraße ab, auf<br />
<strong>der</strong> man durch den „Schütter Wald“<br />
den Fuß <strong>der</strong> „Kranzwand“ (Punkt 4)<br />
erreicht. Entlang dieser Forststraße<br />
liegen mehrere Zippammer-Reviere.<br />
In <strong>der</strong> Kranzwand selbst brüten Kolkraben,<br />
Felsenschwalben und es besteht<br />
Brutverdacht für Steinrötel. Mit<br />
etwas Glück kann man auch Wan<strong>der</strong>falken<br />
bei Jagdfl ügen beob achten.<br />
Siegfried Wagner,<br />
Raimund Kurt Buschenreiter<br />
Infomaterial/Literatur:<br />
Dvorak, M. & E. Karner (1995): Important<br />
Bird Areas in <strong>Österreich</strong>.<br />
Umweltbundesamt, Monografi en<br />
44, Wien.<br />
Feldner, J., P. Rass, W. Petutschnig, S.<br />
Wagner, G. Malle, R. K. Buschenreiter,<br />
P. Wiedner & R. Probst (2006):<br />
Avifauna Kärntens – Bd. 1: Die<br />
Brutvögel. Naturwissenschaftlicher<br />
Verein für Kärnten, Klagenfurt.<br />
Feldner, J., W. Petutschnig, R. Probst,<br />
S. Wagner, G. Malle & R. K. Buschenreiter<br />
(2008): Avifauna Kärntens<br />
– Bd. 2: Die Gastvögel. Naturwissenschaftlicher<br />
Verein für<br />
Kärnten, Klagenfurt.<br />
Jungmeier, M. & M. Schnei<strong>der</strong>gruber<br />
(1998): Bergsturz Landschaft Schütt.<br />
Amt <strong>der</strong> Kärntner Landesregierung.<br />
Klagenfurt.<br />
Siegfried Wagner ist seit <strong>der</strong><br />
Kindheit vogelkundlich interessiert.<br />
Gründungs- und<br />
Landesvorstandsmitglied<br />
von <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong>,<br />
Landesgruppe Kärnten.<br />
Mitautor <strong>der</strong> Avifauna<br />
Kärntens.<br />
Raimund Kurt Buschenreiter<br />
interessiert sich seit frühester<br />
Kindheit für Vögel.<br />
Gründungs- und Landesvorstandsmitglied<br />
von <strong>BirdLife</strong><br />
<strong>Österreich</strong>, Landesgruppe<br />
Kärnten. Mitautor <strong>der</strong> Avifauna<br />
Kärntens.<br />
Anfahrt<br />
Mit Bahn und Bus:<br />
Villach ist ein wichtiger Bahnknotenpunkt<br />
und aus den Richtungen Salzburg (Deutschland),<br />
Wien (über Klagenfurt), Italien und<br />
Slowenien erreichbar. In den Sommermonaten<br />
wird ein Shuttlebus eingerichtet, <strong>der</strong><br />
am Mittwoch und Samstag vom Bahnhof<br />
auf den Dobratsch fährt.<br />
Mit dem Auto:<br />
Villach kann als Ausgangspunkt für eine<br />
Dobratsch-Exkursion von Deutschland über über<br />
die Tauernautobahn (A 10) erreicht werden. Von <strong>der</strong> B 86 im Westen<br />
von Villach kann <strong>der</strong> Dobratsch über die mautpfl ichtige Bergstraße bis zum<br />
Endparkplatz auf 1732 m befahren werden. Die Wege im Süden sind vom<br />
Parkplatz in Warmbad Villach bzw. in Oberschütt zu erreichen. Auch von<br />
Heiligengeist, Villach in Richtung Bleiberg, kann <strong>der</strong> Dobratsch von Norden<br />
her erwan<strong>der</strong>t werden.<br />
Mit dem Fahrrad:<br />
Durch die streckenweise sehr steilen Abschnitte bleibt die Villacher <strong>Alpen</strong>straße<br />
wohl nur sehr sportlichen Ornithologen vorbehalten. Die Südseite des Berges<br />
kann entlang des Gail (Fluss)-Radweges bis zur Ortschaft Oberschütt befahren<br />
werden. Die Verbindung zwischen Oberschütt und Nötsch ist offi ziell für<br />
Radfahrer gesperrt (Weidegebiet).<br />
Adressen<br />
Naturpark Dobratsch, 9530 Bad Bleiberg 49, <strong>Österreich</strong>,<br />
Tel.: +43(0)4244/27066, www.naturparkdobratsch.info<br />
Villacher <strong>Alpen</strong>straßen Fremdenverkehrs gesellschaft mbH.,<br />
Tel.: +43(0)662/873673-0, Fax: -13, info@villach-alpenstrasse.at,<br />
www.villacher-alpenstrasse.at<br />
Fremdenverkehrsamt: Villach-Warmbad/ Faaker See/Ossiacher See Tourismus<br />
GmbH, Töbringer Straße 1, 9523 Villach-Landskron, <strong>Österreich</strong>, Tel.:<br />
+43(0)4242/42000-0, Fax: -42, office@vi-fa-os.at, www.da-lacht-das-herz.at<br />
Verein „<strong>Alpen</strong>garten Villacher Alpe“, Gerbergasse 32/6, 9500 Villach,<br />
Tel.: +43(0)664/9142953, Fax: +43(0)4242/59138<br />
Im Text beschriebene Beobachtungspunkte<br />
1: „Die Storfhöhe“ (Parkplatz) 2: „Geklobene Wand“ (Parkplatz)<br />
3: „Weinitzen“ 4: „Kranzwand“<br />
5: „<strong>Alpen</strong>garten und Rote Wand“ (Parkplatz) 6: „Rosstratte“<br />
7: Dobratsch-Gipfel<br />
Der Falke 56, 2009 331
332 Der Falke 56, 2009<br />
Ein Kärntner Brutvogel:<br />
Der Mornellregenpfeifer<br />
Eine Art <strong>der</strong> „Raritätenliste“ <strong>Österreich</strong>s ist <strong>der</strong> Mornellregenpfeifer. Er gehört zu den ursprünglichen<br />
Brutvögeln Kärntens. Der extrem kleine Brutbestand <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong> wird als eiszeitliches<br />
Reliktvorkommen angesehen. Da sich ein wesentlicher Teil <strong>der</strong> „Restpopulation“<br />
im südlichsten Bundesland <strong>Österreich</strong>s befi ndet, stellen uns Werner Petutschnig und Ernst<br />
Albegger diesen bemerkenswerten Kärntner Brutvogel näher vor.<br />
Krickente, Tafelente, Weißstorch,<br />
Schwarzmilan,<br />
Mornell regen pfeifer, Habichtskauz,<br />
Weiß rückenspecht,<br />
Zwergschnäpper, Dros sel rohrsänger,<br />
Karmingimpel, Grauammer – so liest<br />
sich die Liste <strong>der</strong> seltensten Brutvögel<br />
des Landes Kärnten. Die traurige Gemeinsamkeit<br />
<strong>der</strong> angeführten Arten<br />
liegt darin, dass sie mit weniger als<br />
fünf Brutpaaren in <strong>der</strong> jüngst publizierten<br />
Avifauna Kärntens die Spitze<br />
<strong>der</strong> hier vom Aussterben bedrohten<br />
Arten darstellen. Es ist zu befürch-<br />
ten, dass sie mit ihren kleinen Brutbeständen<br />
bald das Schicksal <strong>der</strong> 30<br />
Vogelarten erleiden, die landesweit<br />
bereits ausgestorben sind. Die Ursachen<br />
sind allgemein bekannt, auch<br />
wenn die Hintergründe des dramatischen<br />
Rückganges je<strong>der</strong> einzelnen<br />
Art unterschiedlicher Natur sind. In<br />
den meisten Fällen führte (und führt<br />
noch immer) menschliches Handeln<br />
zur Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lebensräume<br />
und damit verbunden zur Zerstörung<br />
geeigneter Bruthabitate. Beim<br />
Rötelfalken war es die Umwandlung<br />
extensiv bewirtschafteter Hutweiden<br />
in Maisäcker, bei Zwergschnäpper<br />
und Weißrückenspecht die forstwirtschaftliche<br />
Intensivierung, die den<br />
Verlust des Lebensraumes zur Folge<br />
hatte.<br />
Jedoch nicht in jedem Fall ist <strong>der</strong><br />
Mensch die Ursache für das sporadische<br />
Auftreten einiger Brutvögel.<br />
Die alpine Lage Kärntens und die<br />
Randposition innerhalb des Brutareals<br />
sind weitere Gründe, warum<br />
sich sonst weitverbreitete Arten hier<br />
nie so richtig etablieren konnten.<br />
Mornellregenpfeifer im Jugendkleid – man<br />
beachte die Dunenfe<strong>der</strong>reste am Kopf und<br />
die noch sehr kurzen Flügel.<br />
Foto: E. Albegger. Steiermark, 18.7.2007.
Dies gilt z. B. für den Weißstorch o<strong>der</strong><br />
die Grauammer.<br />
Erfreulicherweise gibt es auch Vogelarten,<br />
die ihr Brutareal erweitern.<br />
So haben sich einzelne Arten erst in<br />
jüngster Zeit im Land angesiedelt,<br />
dazu gehören Schwarzmilan o<strong>der</strong><br />
Karmingimpel. Beide wird man als<br />
Brutvögel in den historischen vogelkundlichen<br />
Schriften des Landes<br />
vergeblich suchen. Der Erfolg einer<br />
Etablierung in Form dauerhafter Populationen<br />
bleibt offen.<br />
» Erste Nachweise des<br />
Mornellregenpfeifers in Kärnten<br />
Der Beginn <strong>der</strong> Aufzeichnungen über<br />
den Mornellregenpfeifer in Kärnten<br />
reicht sehr weit zurück. Der erste Hinweis<br />
für ein Brutvorkommen stammt<br />
aus <strong>der</strong> Mitte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
Das Kärntner Vogelbuch aus <strong>der</strong> Zeit<br />
um 1760, eine Aquarellsammlung<br />
eines unbekannten Künstlers aus<br />
dem Raum Klagenfurt, besteht aus<br />
115 Blättern und enthält eine farbenprächtige<br />
Darstellung eines sogenannten<br />
<strong>Alpen</strong>- o<strong>der</strong> Felsenlauffers.<br />
Diese alten, volkstümlichen Bezeichnungen<br />
sind zwar heute nicht mehr<br />
geläufi g, aber auch wenn die Namen<br />
in Vergessenheit geraten sind, das<br />
Bild zeigt eindeutig einen Mornell im<br />
Prachtkleid.<br />
Der erste konkrete Brutnachweis<br />
für <strong>Österreich</strong> und den Ostalpenraum<br />
gelang Pater Blasius Hanf. Im Jahr<br />
1852 entdeckte er auf dem steirischen<br />
Zirbitzkogel nahe <strong>der</strong> Grenze zu<br />
Kärnten brütende Mornellregenpfeifer.<br />
Zur selben Zeit lebte im Lavanttal<br />
<strong>der</strong> Kärntner Lehrer und Ornithologe<br />
Franz Carl Keller. Er kannte diesen<br />
Vogel nur vom Durchzug. Von Hanfs<br />
Nachweis angespornt, durchsuchte<br />
Franz Carl Keller gezielt die Kärntner<br />
Gebirge, um den Vogel auch hier als<br />
Brutvogel zu bestätigen: „Nach mehreren<br />
resultatlosen Gängen hatte ich<br />
endlich die Freude, den Mornell an<br />
zwei Stellen des Saualmzuges ebenfalls<br />
brütend aufzufi nden. Von da an<br />
konnte ich in jedem Frühjahre einige<br />
Paare auffi nden, am Zuge jedoch<br />
nur selten beobachten.“ Bemerkenswert<br />
für die heutige Zeit ist Kellers<br />
Angabe zu einem weiteren Brutvorkommen,<br />
das er im Jahr 1883 in den<br />
Karnischen <strong>Alpen</strong> entdeckte. Keller<br />
fand auf dem Zollner-Plateau in <strong>der</strong><br />
Gemeinde Kötschach-Mauthen drei<br />
Paare und beschrieb sehr ausführlich<br />
die Beobachtungsumstände, wobei er<br />
den kleinen Bestand auch in den darauffolgenden<br />
Jahren mehrmals beobachten<br />
konnte. Kellers Brutnachweis<br />
am Zollner blieb <strong>der</strong> einzige in <strong>der</strong><br />
Südkette. Heute liegen alle Brutplätze<br />
nördlich <strong>der</strong> Drau im Silikatgebirge,<br />
daher gilt dieser einmalige Nachweis<br />
eines Brutvorkommens in den Karnischen<br />
<strong>Alpen</strong> als etwas Beson<strong>der</strong>es.<br />
In weiterer Folge gelangen Brutnachweise<br />
1913 in den Nockbergen<br />
und 1951 auf <strong>der</strong> Grebenzen. Durch<br />
gezieltes Nachsuchen in den Jahren<br />
1970 und 1971 konnte das Brutvorkommen<br />
in den Nockbergen mit<br />
fünf Paaren bestätigt werden. Auch<br />
in den folgenden Jahren waren die<br />
bekannten Brutplätze regelmäßig besetzt.<br />
Zusammenfassend kann mitgeteilt<br />
werden, dass einzelne Paare an<br />
den historischen Brutplätzen bis in<br />
die Gegenwart gebrütet haben.<br />
» Dokumentation des<br />
Bestandsrückgangs<br />
Das nachgewiesene Maximum des<br />
nationalen Brutbestandes fällt in die<br />
Zeit <strong>der</strong> frühen 1970er Jahre. Zu dieser<br />
Zeit umfasste das Vorkommen, das<br />
auf die Bundeslän<strong>der</strong> Kärnten und<br />
Steiermark beschränkt war, nachweislich<br />
22 Paare. In den 1980er Jahren<br />
machte sich eine deutliche Reduktion<br />
<strong>der</strong> kleinen alpinen Brutpopulation<br />
bemerkbar, zuerst waren es nur noch<br />
10 bis 15 Paare und schließlich sank<br />
die Zahl laut den Angaben im Atlas<br />
<strong>der</strong> Brutvögel <strong>Österreich</strong>s bis zum<br />
Ende <strong>der</strong> 1980er Jahre auf sechs bis<br />
zehn Paare. Helwig Brunner schreibt<br />
hierzu: „Das Reliktvorkommen in Ös-<br />
Aquarellgemälde eines Mornellregenpfeifers aus dem<br />
Kärntner Vogelbuch (um 1760).<br />
terreich ist auf wenige, heute wohl nur<br />
noch unregelmäßig besetzte Standorte<br />
in Kärnten und <strong>der</strong> Steiermark<br />
(eventuell auch Salzburg) beschränkt<br />
...“, und bezifferte den nationalen<br />
Tiefststand zur Jahrtausendwende mit<br />
vier bis sechs Brutpaaren. Als Ursachen<br />
für den Rückgang werden neben<br />
natürlichen Mortalitätsfaktoren,<br />
Störungen durch Alpintourismus und<br />
Erschließung <strong>der</strong> Alpinzone, Verluste<br />
in den Überwinterungsgebieten wie<br />
Bejagung und Pestizideinsatz und<br />
möglicherweise Auswirkungen des<br />
Klimawandels genannt.<br />
Zwischen 1970 und 1995 beringten<br />
Wilhelm Wruß und Martin Woschitz<br />
in Kärnten sowie Erich Hable in <strong>der</strong><br />
Der mit Kiesfl ächen durchsetzte Krummseggenrasen<br />
<strong>der</strong> Alpinzone ist ein potenzielles Bruthabitat des<br />
Der Falke 56, 2009 333<br />
Mornellregenpfeifers. Foto: E. Albegger. Steiermark, 15.5.2005.
Biologie<br />
Steiermark knapp hun<strong>der</strong>t Mornellregenpfeifer,<br />
um mehr Informationen<br />
über das Zugverhalten <strong>der</strong> Vögel zu<br />
erhalten. Drei Rückmeldungen erlegter<br />
Individuen aus Marokko und<br />
Libyen in den 1970er Jahren bestätigen,<br />
dass die Vögel <strong>der</strong> ostalpinen<br />
Population in Nordafrika überwintern.<br />
» Ablauf <strong>der</strong> Brutsaison<br />
Ende April bis Anfang Mai kommen<br />
die ersten Mornellregenpfeifer aus<br />
ihren afrikanischen Winterquartieren<br />
zurück. Ausnahmsweise erscheinen<br />
einzelne Vögel bereits Mitte März.<br />
Sie ziehen einzeln o<strong>der</strong> in kleinen<br />
Gruppen, jedoch selten in Trupps von<br />
mehr als fünf Individuen. So beobachtete<br />
Ernst Albegger am 29./30.<br />
April 2007 insgesamt 24 Individuen<br />
auf <strong>der</strong> Koralpe (Steiermark/Kärnten),<br />
<strong>der</strong> größte jemals in <strong>Österreich</strong> festgestellte<br />
Trupp. Die weiteren bemerkenswerten<br />
Durchzugstrupps aus<br />
<strong>Österreich</strong> stammen vom 30. August<br />
1981 von <strong>der</strong> Sau alpe mit 20 Exemplaren<br />
(I. Brunner), vom 30. August<br />
1985 vom Rüfi kopf (Vorarlberg; R.<br />
Ertel) mit 16 Vögeln sowie vom 20.<br />
August 1998 von <strong>der</strong> Hochalmspitze<br />
in den Defregger <strong>Alpen</strong> (Osttirol), wo<br />
<strong>der</strong> Zweitautor einen Trupp mit zwölf<br />
Individuen beobachtete.<br />
334 Der Falke 56, 2009<br />
Prächtig gefärbter Mornellregenpfeifer<br />
mit typischen Überaugenstreifen,<br />
die im Nacken V-förmig zusammenlaufen.<br />
Foto: W. Petutschnig. Kärnten, 7.7.2007.<br />
Man braucht schon etwas Glück um<br />
durchziehende Mornellregenpfeifer<br />
in Kärnten zu sehen – außer jemand<br />
kennt einen traditionellen Rastplatz,<br />
wo die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg<br />
natürlich höher ist. Derartige Plätze,<br />
wie etwa <strong>der</strong> Schweizer Cassonsgrat,<br />
sind allerdings nicht nur in Kärnten,<br />
son<strong>der</strong>n in ganz <strong>Österreich</strong> bis dato<br />
unbekannt. Dies ist vermutlich darauf<br />
zurückzuführen, dass die alpinen<br />
Lagen während des Hauptdurchzuges<br />
im Frühjahr von verhältnismäßig wenigen<br />
Vogelbeobachtern aufgesucht<br />
werden.<br />
Die wenigen dokumentierten Zugbeobachtungen<br />
in Kärnten zeigen,<br />
dass <strong>der</strong> Mornellregenpfeifer auf<br />
dem Durchzug zwei grundsätzlich<br />
verschiedene Lebensraumtypen zur<br />
Rast bevorzugt. Einerseits sind es<br />
die typischen Bruthabitate, also offene,<br />
tundrenartige Almfl ächen über<br />
<strong>der</strong> Waldgrenze, die vor allem auf<br />
dem Wegzug genutzt werden, und<br />
an<strong>der</strong>er seits – was weniger bekannt<br />
ist – ausgeräumte Agrarsteppen <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>ungen, hier wie<strong>der</strong>um bevorzugt<br />
Ackerfl ächen entwässerter<br />
Moore wie z. B. das Thoner Moor o<strong>der</strong><br />
das Lavanttal südlich von Wolfsberg.<br />
Die Rastplätze in den Nie<strong>der</strong>ungen<br />
werden meist im Frühjahr genutzt,<br />
wenn auf dem Heimzug Ende April<br />
die alpinen Habitate noch von Schnee<br />
bedeckt sind. Auch wenn die Lebensräume<br />
verschieden sind, beiden<br />
gemeinsam ist <strong>der</strong> offene Charakter<br />
<strong>der</strong> Landschaft, ohne Baum- o<strong>der</strong><br />
Strauchbewuchs.<br />
Am Brutplatz angekommen, brauchen<br />
die Vögel ein paar Tage zum<br />
Fressen – um sich von den Strapazen<br />
<strong>der</strong> Heimkehr zu erholen. Danach erfolgen<br />
Balz und Paarbildung.<br />
Bei <strong>der</strong> Auswahl des Nistplatzes<br />
sind die alpinen Vögel beson<strong>der</strong>s<br />
wählerisch. Eine Studie aus <strong>der</strong> Steiermark<br />
zeigt, dass nur wenige Flächen<br />
im Gebirge den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
eines Bruthabitats entsprechen. Mithilfe<br />
von Satellitenbil<strong>der</strong>n erfolgte<br />
über Fernerkundung eine Habitatmodellierung,<br />
wobei in einem Auswahlverfahren<br />
sämtliche Flächen auf<br />
ihre Eignung überprüft wurden. Übrig<br />
geblieben sind nur ein paar sanft<br />
geneigte o<strong>der</strong> ebene Gebirgskuppen<br />
ohne Gehölzbewuchs und mit<br />
einer sehr niedrigen, lückenhaften<br />
Vegetation (z. B. Krummseggenrasen-Flechtenheide<br />
auf steinigem<br />
Untergrund). So können bereits am<br />
Schreibtisch die Habitateignung und<br />
potenzielle Brutplätze erhoben werden,<br />
und man spart Zeit bei <strong>der</strong> Geländearbeit.<br />
In <strong>der</strong> Regel legt das Weibchen die<br />
Eier in eine Mulde im offenen Gelände.<br />
Die Vertiefung wird lediglich mit<br />
ein paar Pfl anzenteilen, häufi g Teile<br />
<strong>der</strong> Wurmfl echte o<strong>der</strong> Totengebeinfl<br />
echte, wie sie auch genannt wird,<br />
ausgelegt. Ein Vollgelege besteht aus<br />
drei Eiern, in seltenen Fällen können<br />
es auch vier sein. Eine Beson<strong>der</strong>heit<br />
bei den Mornellregenpfeifern ist <strong>der</strong><br />
Rollentausch <strong>der</strong> Geschlechter. Das<br />
Männchen ist zumeist etwas weniger<br />
prächtig gefärbt als das Weibchen<br />
und übernimmt den Großteil <strong>der</strong><br />
Brutpfl ege (s. FALKE 2009, H. 7).<br />
» Verhalten auf dem Nest<br />
Eine weitere Eigenart, die dem Mornellregenpfeifer<br />
bei vielen Vogelkundlern<br />
so viel Sympathie entgegenbringt,<br />
ist seine große Vertrautheit<br />
gegenüber dem Menschen. Wenn sich<br />
ein Mensch dem Nest nähert, bleibt<br />
<strong>der</strong> Vogel bewegungslos sitzen, auch<br />
wenn man nur noch wenige Schritte<br />
entfernt ist. Daher ist die Art während<br />
des Brütens nur schwer zu entdecken.<br />
Führende Altvögel versuchen
durch Ablenkmanöver (sogenanntes<br />
Verleiten) Eindringlinge von den<br />
Jungen wegzulocken. Jedem verantwortungsvollen<br />
Menschen muss bewusst<br />
sein, wenn er zufällig auf einen<br />
Brutplatz trifft, dann gilt als oberstes<br />
Gebot: So schnell wie möglich den<br />
Rückzug antreten. Kein noch so schönes<br />
Foto kann eine missglückte Brut<br />
rechtfertigen. Als wichtiger Hinweis<br />
für jeden Vogelfreund gilt, dass Gelege<br />
und Jungvögel keinesfalls gestört<br />
werden dürfen!<br />
Die Jungen sind als typische Nestfl<br />
üchter mit kräftigen Beinen ausgestattet.<br />
In diesem Zusammenhang ist<br />
bemerkenswert, dass die noch fl ugunfähigen<br />
Jungen auf <strong>der</strong> Nahrungssuche<br />
unter <strong>der</strong> Führung des Männchens<br />
manchmal mehrere Kilometer<br />
vom Brutplatz entfernt angetroffen<br />
werden. Mornellregenpfeifer leben<br />
fast ausschließlich von Kleintieren<br />
wie verschiedene Insekten, Spinnentiere,<br />
Schnecken etc. Nur in geringer<br />
Menge werden auch pfl anzliche Kost<br />
und zur besseren Verdauung Steinchen<br />
aufgenommen.<br />
» Wegzug aus dem Brutgebiet<br />
Am Ende <strong>der</strong> Brutsaison sammeln<br />
sich Einzelvögel in kleineren Trupps<br />
zum Abzug nach Nordafrika. Als Beginn<br />
für den Aufbruch in die meh-<br />
Männlicher Mornell im bereits abgetragenen<br />
Prachtkleid. Man beachte die<br />
unauffällige Zeichnung durch die abgenutzten<br />
Fe<strong>der</strong>n an <strong>der</strong> Brust und am<br />
Bauch. Foto: E. Albegger. Steiermark, 18.7.2007.<br />
rere Tausend Kilometer entfernten<br />
Winterquartiere fi ndet sich in <strong>der</strong><br />
Literatur <strong>der</strong> Monat August. In Mitteleuropa<br />
dauert <strong>der</strong> Durchzug bis<br />
Anfang Oktober, wobei als Mittel<br />
für den Wegzug in Kärnten <strong>der</strong> 10.<br />
September genannt wird. Beobachtungen<br />
im Nationalpark Nockberge<br />
an traditionellen Brutplätzen von<br />
zwei Individuen am 18. September<br />
2002 und einem Individuum am 22.<br />
September 2004 deuten darauf hin,<br />
dass <strong>der</strong> Hauptdurchzug in <strong>der</strong> zweiten<br />
Septemberhälfte stattfi ndet – ob<br />
es sich bei den späten Septemberbeobachtungen<br />
um Durchzügler o<strong>der</strong><br />
Brutvögel des Gebietes handelt, ist<br />
noch nicht eindeutig geklärt.<br />
Auch wenn die Situation <strong>der</strong> kleinen<br />
alpinen Brutpopulation sehr<br />
dramatisch ist, so geben die letzten<br />
Suchaktionen in den Jahren 2007<br />
und 2008 wie<strong>der</strong> etwas Hoffnung.<br />
Die österreichische Population, an<br />
<strong>der</strong> Kärnten wesentlichen Anteil hat,<br />
lag im Jahr 2008 bei acht bis neun<br />
Paaren. Dies zeigt, dass die schlimmsten<br />
Befürchtungen noch nicht eingetreten<br />
sind. Zwar sind die gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen durch<br />
den Status als Anhang I-Art <strong>der</strong><br />
Vogelschutzrichtlinie und den vollkommenen<br />
Schutz durch die Tierartenschutz-Verordnung<br />
des Landes<br />
gegeben, jedoch zeigt die Erfahrung,<br />
dass seit dem Beitritt <strong>Österreich</strong>s zur<br />
EU im Jahr 1995 die Umsetzung <strong>der</strong><br />
gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen<br />
auf sich warten lässt. Das Vertragsverletzungsverfahren<br />
gegen<br />
<strong>Österreich</strong> zur Erfüllung <strong>der</strong> Vogelschutzrichtlinie<br />
ist nur ein Hinweis,<br />
dass Vogelschutz in Gesellschaft und<br />
Politik nach wie vor einen zu geringen<br />
Stellenwert hat. Noch ist es nicht<br />
zu spät, den Blick in die Zukunft zu<br />
richten und die Verantwortung für<br />
einen <strong>der</strong> seltensten Brutvögel <strong>Österreich</strong>s,<br />
die zu 100 % bei den Län<strong>der</strong>n<br />
Kärnten, Steiermark und Salzburg<br />
liegt, in die Hand zu nehmen.<br />
Werner Petutschnig, Ernst Albegger<br />
Literatur zum Thema:<br />
Anonymus (um 1760): Kärntner Vogelbuch. –<br />
Aquarellsammlung, Stadtbib liothek Mainz.<br />
Brunner, H. (1992): Der Mornellregenpfeifer (Eudromias<br />
morinellus) im alpinen Raum. – Diplomarbeit<br />
Karl-Franzens-Universität, Graz.<br />
Dvorak, M., A. Ranner & H. M. Berg (1993): Atlas<br />
<strong>der</strong> Brutvögel <strong>Österreich</strong>s. Ergebnisse <strong>der</strong> Brutvogelkartierung<br />
1981–1985. Umweltbundesamt,<br />
Wien.<br />
Feldner, J., P. Rass, W. Petutschnig, S. Wagner,<br />
G. Malle, R. K. Buschenreiter, P. Wiedner &<br />
R. Probst (2006): Avifauna Kärntens. Die Brutvögel<br />
(Bd. 1). – Naturwissenschaftlicher Verein<br />
für Kärnten, Klagenfurt.<br />
Hable, E. (1973): Der Mornellregenpfeifer (Eudromias<br />
morinellus L.) in Kärnten. Carinthia II,<br />
163./83.: 603–608.<br />
Hafner, F. (2005): Das Brutvorkommen des Mornellregenpfeifers<br />
Charadrius morinellus im Nationalpark<br />
Nockberge. Unveröff. Bericht i. A. d.<br />
Amtes d. Kärntner Landesreg., Dreifaltigkeit.<br />
Keller, F. C. (1890): Ornis Carinthiae. Die Vögel<br />
Kärntens. Nat.-hist. Landesmus. Kärnten, Klagenfurt.<br />
Petutschnig, W. & G. Malle (2008): Vogelkundliche<br />
Beobachtungen aus Kärnten. Carinthia II,<br />
198./118.: 185–210.<br />
Ranner, A. (2002): Nachweise seltener und bemerkenswerter<br />
Vogelarten in <strong>Österreich</strong> 1996–1998.<br />
Dritter Bericht <strong>der</strong> Avifaunistischen Kommission<br />
von <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong>. Egretta 45: 1–37.<br />
Mag. Dr. Werner Petutschnig ist Biologe<br />
und Naturschutz-Sachverständiger<br />
beim Amt <strong>der</strong> Kärntner Landesregierung.<br />
Einen Großteil seiner Freizeit<br />
verbringt er mit <strong>der</strong> Erforschung<br />
<strong>der</strong> <strong>Vogelwelt</strong> Kärntens.<br />
Dr. Ernst Albegger ist Jurist und begeisterter<br />
Ornithologe. Er leitet seit<br />
Jahren eine intensive Suche nach<br />
dem Mornellregenpfeifer mit Schwerpunkt<br />
in <strong>der</strong> Steiermark und angrenzenden<br />
Gebieten.<br />
Der Falke 56, 2009 335
Wespenbussarde kreisen am Morgen in <strong>der</strong><br />
ersten Thermik.<br />
Foto: P. Wiedner. Arnoldstein, 24.8.2007.<br />
Der Greifvogelzug über Kärnten<br />
Einige Greifvogelarten, wie <strong>der</strong> Steinadler, <strong>der</strong> Bartgeier o<strong>der</strong> übersommernde Gänsegeier,<br />
sind in Mitteleuropa vor allem in den <strong>Alpen</strong> zu fi nden. Für die meisten Greifvogelarten ist<br />
das Gebirge aber ein Durchzugsgebiet, wobei es aufgrund <strong>der</strong> Topographie <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong> sowohl<br />
zu Barrierewirkungen als auch zu Massierungen kommt. An manchen Stellen ist die Kanalisierung<br />
so stark, dass diese schon fast an die berühmten Greifvogelzugspunkte an den<br />
Meeresengen erinnert.<br />
Insgesamt sind in Kärnten bisher<br />
32 Greifvogelarten nachgewiesen.<br />
Ein mittels Satellitensen<strong>der</strong><br />
telemetrierter Kaiseradler überfl og<br />
zwar den Großraum, konnte aber<br />
nicht sicher Kärnten zugeordnet werden.<br />
Neun dieser Arten brüten hier<br />
heute regelmäßig, für einige an<strong>der</strong>e<br />
besteht Brutverdacht. Schon im<br />
19. Jahrhun<strong>der</strong>t endete das Brüten<br />
(jeweils Einzelnachweise) von Rotmilan<br />
(heute seltener Durchzügler) und<br />
Mönchsgeier (heute Ausnahmeerscheinung),<br />
die letzten bekannten<br />
Bruten von Rotfußfalke (heute regelmäßiger<br />
Durchzügler im Frühjahr)<br />
und Zwergadler datieren aus den Jah-<br />
336 Der Falke 56, 2009<br />
ren 1922 und 1951. Für den Zwergadler<br />
besteht zuweilen Brutverdacht,<br />
die Art ist insgesamt aber sehr selten.<br />
Beson<strong>der</strong>s schmerzlich ist <strong>der</strong> Verlust<br />
des Rötelfalken, <strong>der</strong> einst mit 200 bis<br />
300 Brutpaaren in Kärnten brütete,<br />
mit dem immer intensiver werdenden<br />
Maisanbau im Jahr 1984 aber endgültig<br />
verschwand. Danach gab es<br />
nur noch einen einzigen Nachweis<br />
im Jahr 1986!<br />
» Nicht nur Zugvögel ziehen<br />
Allen in <strong>der</strong> Box auf S. 337 genannten<br />
Arten ist gemeinsam, dass sie als<br />
Zugvögel in Kärnten zu beobachten<br />
sind. Dabei ist unter Zug nicht nur das<br />
alljährliche Wie<strong>der</strong>kehren von Fernziehern<br />
zu verstehen, vielmehr muss<br />
das Phänomen in seinen vielfältigen<br />
Facetten begriffen werden. Zum Zug<br />
gehören etwa auch Dismigrationen,<br />
Fluchtbewegungen vor Schlechtwetter<br />
o<strong>der</strong> das Auftreten von Irrgästen.<br />
Dabei gibt es sowohl eine räumliche<br />
wie auch eine jahreszeitliche Komponente.<br />
Zunächst wollen wir uns dabei<br />
dem zeitlichen Aspekt widmen, und<br />
zum besseren Verständnis ein Kärntner<br />
Greifvogelzugjahr skizzieren: Im<br />
Januar kommt <strong>der</strong> Greifvogelzug fast<br />
zum Erliegen, doch können nordische<br />
Gäste wie <strong>der</strong> Raufußbussard jetzt am
ehesten beobachtet werden. Je nach<br />
Nahrungsverfügbarkeit (Schneelage,<br />
aber auch Mäusegradation) finden<br />
sich in den Tal- und Beckenlagen<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger viele Mäusebussarde<br />
und Turmfalken. In den Siedlungen<br />
jagt <strong>der</strong> Sperber nach Kleinvögeln.<br />
Ein unbestimmter Anteil <strong>der</strong><br />
Individuen dieser drei Arten stammt<br />
entwe<strong>der</strong> aus dem Norden o<strong>der</strong> hat<br />
inneralpin eine Vertikalwan<strong>der</strong>ung<br />
von den Bergen herab unternommen.<br />
Der Februar bringt den Ein- und<br />
Durchzug adulter Mäusebussarde, die<br />
nun auch höhere Lagen wie<strong>der</strong> besiedeln.<br />
Dieser Zug ist ob <strong>der</strong> noch<br />
schlechten thermischen Verhältnisse<br />
oft sehr unscheinbar, und so mancher<br />
am Hang entlanggleitende Bussard<br />
wird erst bei genauerer Beobachtung<br />
als ziehend erkannt (gerichteter<br />
und über große Distanz außer Sicht<br />
führen<strong>der</strong> Flugweg). Den März kann<br />
man als den ersten starken Zugmonat<br />
bezeichnen. Dominieren anfangs<br />
noch Arten wie Mäusebussard, Kornweihe<br />
und Merlin, wird es in <strong>der</strong><br />
zweiten Hälfte des Monats schon<br />
sehr artenreich. Die ersten Rohrweihen,<br />
Fischadler und Schwarzmilane<br />
zeigen sich, Turmfalken ziehen häufig<br />
und einige Habichte unbemerkt<br />
durch, mit viel Glück kann man sogar<br />
eine Steppenweihe o<strong>der</strong> einen<br />
Schelladler (5 bis 15 überwintern<br />
in Italien) sehen. Früher kamen ab<br />
März auch die Rötelfalken im Gebiet<br />
an. Im April scheinen die Möglichkeiten<br />
schier unbegrenzt, Baumfalke<br />
und Wiesenweihe ziehen durch, die<br />
Gänsegeier kehren aus Kroatien in<br />
die Berge Kärntens zurück, und vielleicht<br />
ist unter den vielen Durchzüglern<br />
ja sogar einmal ein Zwergadler<br />
<strong>der</strong> dunklen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> viel leichter<br />
zu erkennenden hellen Morphe. Der<br />
Mai ist klar von zwei Greifvogelarten<br />
geprägt, nämlich Wespenbussard<br />
und Rotfußfalke. Zum Teil können<br />
diese in massiven Trupps auftreten,<br />
z. B. bis zu 300 Rotfußfalken (1990<br />
nahe Klagenfurt) o<strong>der</strong> 400 Wespenbussarde<br />
innerhalb weniger Stunden<br />
am 21. Mai 2008 über Villach. Auch<br />
in diesem Monat sind natürlich Ausnahmeerscheinungen,<br />
wie etwa ein<br />
Schreiadler, möglich. Im Juni ebbt<br />
<strong>der</strong> Zug deutlich ab, wenngleich sich<br />
noch Nachzügler von Rohrweihen<br />
und Rotfußfalken im Land befinden.<br />
Dennoch sollte man auch im gesamten<br />
Hochsommer beson<strong>der</strong>s achtsam<br />
Dunkle Handwurzelflecken, dunkle Flügelhinterrän<strong>der</strong> und zimtfarbener Schwanz geben<br />
deutliche Hinweise auf einen adulten Adlerbussard.<br />
Foto: O. Samwald. Evros Delta, Griechenland, 5.5.2001.<br />
Greifvogelnachweise in Kärnten<br />
Regelmäßige Brutvögel<br />
• Wespenbussard<br />
• Schwarzmilan (< 5 Brutpaare)<br />
• Habicht<br />
• Sperber<br />
• Mäusebussard<br />
• Steinadler (25 bis 40 Brutpaare)<br />
• Turmfalke<br />
• Baumfalke<br />
• Wan<strong>der</strong>falke (20 bis 40 Brutpaare)<br />
Brutverdacht<br />
• Bartgeier: ein Brutversuch 2001 bei Heiligenblut, bis heute nicht etabliert;<br />
<strong>der</strong>zeit ein besetztes Brutrevier in den westlichen Hohen Tauern<br />
• Zwergadler: 2006 hielt sich ein Vogel <strong>der</strong> dunklen Morphe für zumindest zwei<br />
Monate im Bereich Villach auf.<br />
• Rohr- und Wiesenweihe<br />
Zugvögel<br />
• Fischadler regelmäßiger Durchzügler<br />
• Schmutzgeier Ausnahmeerscheinung<br />
• Schlangenadler Ausnahmeerscheinung, wenngleich schon in Oberitalien<br />
vereinzelt brütend<br />
• Gänsegeier regelmäßiger Übersommerer in den Bergen Westkärntens<br />
• Schelladler Ausnahmeerscheinung<br />
• Schreiadler Ausnahmeerscheinung<br />
• Habichtsadler Ausnahmeerscheinung<br />
• Steppenweihe Ausnahmeerscheinung, rezent aber häufiger beobachtet<br />
• Kornweihe regelmäßiger Durchzügler und regelmäßiger Wintergast<br />
• Wiesenweihe regelmäßiger Durchzügler<br />
• Rohrweihe regelmäßiger Durchzügler<br />
• Seeadler seltener Durchzügler<br />
• Raufußbussard seltener Durchzügler und seltener Wintergast<br />
• Adlerbussard Ausnahmeerscheinung, eventuell nunmehr häufiger bestimmt<br />
• Merlin regelmäßiger Durchzügler und seltener Wintergast<br />
• Gerfalke ein Nachweis aus den 1940er Jahren<br />
• Sakerfalke Ausnahmeerscheinung<br />
• Rotfußfalke ehemaliger Brutvogel, heute regelmäßiger Durchzügler im<br />
Frühjahr<br />
• Rötelfalke ehemaliger Brutvogel, heute Ausnahmeerscheinung<br />
• Mönchsgeier ehemaliger Brutvogel, heute Ausnahmeerscheinung<br />
• Rotmilan ehemaliger Brutvogel, heute vereinzelter Durchzügler;<br />
Gefangenschaftsflüchtlinge im Raum Villach<br />
Der Falke 56, 2009 337
Biologie<br />
Greifvogel-Individuenzahlen beim Zug über Kärnten. Schwarze Pfeile: Parallelbeobachtungen an<br />
den Südpässen im Frühherbst. Dünner Pfeil: < 5 Ind./Std., dicker Pfeil: 70 Ind./Std. Beobachtungsstationen:<br />
1 – Plöckenpass, 2 – Straniger Alm, 3 – Naßfeld, 4 – Poludnig, 5 – Arnoldstein-<br />
Wurzenpass, 6 – Bärensattel, 7 – Hajnžsattel und 8 – Seebergsattel. Rote Pfeile: Individuenstarke<br />
Wespenbussard-Beobachtungen: 1 – 93 am 24.8.2008, 2 – 235 am 29.8. und 101 am 30.8.2005,<br />
3 – mehrfach mehrere 100 Ind. und 4 – 401 am 21.5.2008.<br />
Anzahl mittels Parallelbeobachtungen erhobener Greifvogelarten über <strong>der</strong> Kärntner Südkette im<br />
Frühherbst. Für Beobachtungsstationen siehe Karte oben. Pfeile: Schwarz: 0–0,24 Arten/Std., Grün:<br />
0,25–0,49 Arten/Std. und Rot: 0,5–0,74 Arten/Std.<br />
338 Der Falke 56, 2009<br />
sein, weil stabile Schönwetterlagen<br />
so seltene Arten wie Adlerbussard,<br />
Habichtsadler, Schlangenadler,<br />
Schmutz- und Mönchsgeier zu Ausflügen<br />
in den Norden einladen. Gerade<br />
nach <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Geierstation<br />
„Riserva naturale del Lago di Cornino“<br />
in Oberitalien treten im Sog <strong>der</strong><br />
Gänsegeier die letztgenannten Geierarten<br />
nunmehr vermehrt im Gebiet<br />
auf. Der Juli weist zwar immer noch<br />
ein schwaches Zuggeschehen auf,<br />
doch wendet sich nun das Blatt – <strong>der</strong><br />
Herbstzug beginnt. Vereinzelt zeigen<br />
sich zu dieser Zeit etwa Schwarzmilane<br />
o<strong>der</strong> Wiesenweihen. Ähnlich<br />
wie im Mai dominiert auch im<br />
August <strong>der</strong> Wespenbussard klar das<br />
Bild. Im Raum Arnoldstein ziehen in<br />
<strong>der</strong> letzten Augusthälfte und den ersten<br />
Septembertagen rund 4000 Wespenbussarde<br />
durch, <strong>der</strong> stärkste wirklich<br />
inneralpine Zug dieser Art in den<br />
Ostalpen. Zur besseren Erforschung<br />
dieses Phänomens hat <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong>,<br />
Landesgruppe Kärnten, seit<br />
2007 das sogenannte „Raptor Migration<br />
Camp“ eingerichtet. Dort<br />
wird zwei Wochen lang ganztägig<br />
<strong>der</strong> Greifvogelzug beobachtet. Auch<br />
Nachweise an<strong>der</strong>er seltener Arten wie<br />
Skua (zweiter Nachweis für Kärnten),<br />
Falkenraubmöwe (fünfter Nachweis)<br />
und Mantelmöwe (zweiter Nachweis)<br />
konnten schon erbracht werden. Der<br />
September ist ähnlich abwechslungsreich<br />
wie <strong>der</strong> April, und nachdem<br />
die Dominanz des Wespenbussards<br />
beendet ist, kann eine Fülle von Arten<br />
beobachtet werden, darunter z. B.<br />
Rohrweihe, vielleicht einmal ein Rotmilan<br />
o<strong>der</strong> man kommt gar in die<br />
Verlegenheit einen aus dem Norden<br />
durchziehenden Wan<strong>der</strong>falken mit<br />
Merkmalen <strong>der</strong> Unterart calidus von<br />
einem Sakerfalken unterscheiden zu<br />
müssen. Auffällig ist das praktisch<br />
völlige Fehlen des Rotfußfalken im<br />
Herbst, <strong>der</strong> durch seinen ausgeprägten<br />
Schleifenzug zu dieser Zeit weiter im<br />
Osten Europas durchzieht. Im Oktober<br />
dominiert <strong>der</strong> Mäusebussard das<br />
Bild, gleichzeitig erfolgt <strong>der</strong> Ein- und<br />
Durchzug von Kornweihe und dem<br />
den Finkenschwärmen folgenden<br />
Kärntens nächste Greifvogelart? Der Kaiseradler<br />
konnte im Bundesland bisher nie zweifelsfrei<br />
nachgewiesen werden.<br />
Foto: O. Samwald. Bernhardsthal, Nie<strong>der</strong>österreich, 15.8.2008.
Merlin. Beim Bussard stellt sich immer<br />
wie<strong>der</strong> die Frage, ob nordöstliche<br />
„Falkenbussarde“ (B. b. vulpinus) in<br />
Kärnten auftreten, doch konnte dies<br />
bisher nur in Einzelfällen auch belegt<br />
werden. Im November haben wie<strong>der</strong><br />
Mäusebussard und Turmfalke, in den<br />
offenen Tallagen auch die Kornweihe,<br />
das Bild gänzlich übernommen.<br />
Nach jüngsten Erkenntnissen zeigt<br />
die Kornweihe dabei ein komplexes<br />
Muster im Auftreten: Als eigentliche<br />
Wintergäste bleiben vor allem<br />
adulte Weibchen im Land, weil sie<br />
nahrungsreiche Territorien verteidigen<br />
können. Wer zu dieser Jahreszeit<br />
einen Rotmilan o<strong>der</strong> gar Gerfalken<br />
sieht, sollte auf <strong>der</strong> Hut sein, denn es<br />
ist jetzt Falkenjagdsaison und die im<br />
Raum Villach sowie auch Rosegg ab<br />
1980 ausgewil<strong>der</strong>ten Rotmilane sind<br />
ganzjährig anwesend (Einzelvögel).<br />
Im Dezember schließt sich <strong>der</strong> Kreis,<br />
wobei sich unter den nordischen<br />
Zuzüglern auch einmal ein Seeadler<br />
an <strong>der</strong> Drau befinden kann. Es dominieren<br />
jedenfalls Mäusebussard,<br />
Turmfalke und auch Sperber, die je<br />
nach Ernährungslage ausharren. Dabei<br />
sind die submediterran geprägten<br />
Südteile des Landes oft schneereicher<br />
(stärkerer Einfluss des „Adria/Genua-<br />
Tiefs“ mit Stauwirkung <strong>der</strong> Südkette)<br />
und machen so Ausweichbewegungen<br />
<strong>der</strong> Greifvögel eher notwendig.<br />
Winterflucht ist dabei von einem<br />
Mäusebussard nachgewiesen, <strong>der</strong><br />
am 18.12.1969 noch bei Klagenfurt<br />
beringt wurde, sich aber schon am<br />
26.12.1969 in Südtirol befand. Außerdem<br />
hält sich zu dieser Jahreszeit<br />
in den Waldgebieten auch noch <strong>der</strong><br />
Habicht auf, und in den Bergen fressen<br />
Steinadler und Bartgeier an Aas.<br />
Gerade letzterer denkt jetzt gar nicht<br />
an Zug, legen doch die ersten Paare,<br />
hoffentlich schon bald auch wie<strong>der</strong><br />
in Kärnten, bereits im Dezember ihre<br />
Eier.<br />
» Räumliche Verteilung des<br />
Vogelzugs in Kärnten<br />
Nach diesem Kärntner „Greifvogelzugjahr“<br />
wollen wir uns nun <strong>der</strong><br />
räumlichen Komponente zuwenden.<br />
Wie oben bereits angeführt, kommt<br />
es im Bereich Arnoldstein Ende August<br />
zu einem massiven Durchzug<br />
des Wespenbussards und infolgedessen<br />
zum „Raptor Migration Camp“,<br />
Der Sperber hat in Kärnten ein komplexes Muster des Auftretens: Heimische Sperber können Stand-<br />
o<strong>der</strong> Zugvögel sein, zudem werden Vertikalwan<strong>der</strong>ungen aus höheren Lagen unternommen. Im<br />
Herbst und Winter kommen überdies Vögel aus dem Nordosten. Foto: O. Samwald. Luising, Steiermark, 13.12.2008.<br />
doch hat die <strong>BirdLife</strong> Landesgruppe<br />
Kärnten an Einzeltagen parallel dazu<br />
auch an<strong>der</strong>e Pässe im Land untersucht<br />
(7 – 36 Stunden pro Beobachtungspunkt).<br />
Die (vorläufigen) Ergebnisse<br />
sollen hier erstmals vorgestellt<br />
werden: Hinsichtlich <strong>der</strong> Anzahl<br />
durchziehen<strong>der</strong> Individuen ist <strong>der</strong><br />
Raum Arnoldstein / Thörl-Maglern /<br />
Wurzenpass (= Unteres Gailtal) – zumindest<br />
Ende August zum Zeitpunkt<br />
des Wespenbussarddurchzugs – allen<br />
an<strong>der</strong>en bisher untersuchten Pässen<br />
weit überlegen. Hier, wo die Südkette<br />
des Landes an <strong>der</strong> einzigen Stelle in<br />
Zugrichtung durchbrochen ist („Tarviser<br />
Pforte“), zogen an den Parallelerhebungstagen<br />
<strong>der</strong> Jahre 2006 bis<br />
2008 rund 70 Greifvögel pro Stunde<br />
durch, während es an den übrigen<br />
Stationen immer weniger als fünf<br />
blieben! Betrachtet man allerdings<br />
die Artenanzahl pro Stunde, so ergibt<br />
sich ein völlig an<strong>der</strong>es Bild. Nur<br />
die weit in den Bergen liegenden<br />
Beobachtungspunkte Westkärntens<br />
(Punkte 7 und 8) sind ähnlich artenarm,<br />
während alle an<strong>der</strong>en Pässe<br />
mehr Arten pro Stunde zu verzeichnen<br />
haben. Dies bedeutet, dass <strong>der</strong><br />
schlechtere Aktivzieher Wespenbussard<br />
(und vermutlich im Oktober<br />
auch <strong>der</strong> Mäusebussard) Kärnten an<br />
<strong>der</strong> am einfachsten zu passierenden<br />
Stelle verlässt, während gute Aktivflieger<br />
wie Weihen, Milane und Falken<br />
eher bereit sind, die Berge in höheren<br />
Lagen zu überqueren. Für den<br />
Zug durch Kärnten selbst liegen noch<br />
zu wenige Befunde vor, doch zeigen<br />
Einzelbeobachtungen – im Frühjahr<br />
wie im Herbst – starkes Zugaufkommen<br />
im Klagenfurter Becken.<br />
» Schutz <strong>der</strong> Zugrouten und<br />
Rastplätze<br />
Abschließend sei noch darauf verwiesen,<br />
dass Greifvögel Kärnten<br />
nicht einfach nur hoch überfliegen,<br />
son<strong>der</strong>n die topografischen Strukturen<br />
nutzen (z. B. Ziehen entlang<br />
<strong>der</strong> Südkette o<strong>der</strong> in den Aufwinden<br />
des Dobratsch) und hier auch jagen<br />
o<strong>der</strong> nächtigen. Insofern tragen wir<br />
eine Verantwortung hinsichtlich ihrer<br />
„Flugsicherheit“ und auch für geeignete<br />
Rastplätze. An Zugkonzentrationen<br />
unüberlegt errichtete Hochspannungsleitungen<br />
o<strong>der</strong> Windkraft-<br />
Der Falke 56, 2009 339
Biologie<br />
Mehr als 4000 Wespenbussarde aus dem Osten ziehen jeden Frühherbst alleine über den Bereich<br />
Arnoldstein-Wurzenpass. In Kärnten selbst brüten nur etwa 150 bis 300 Paare.<br />
Foto: J. Zmölnig. Drauauen bei St. Peter im Holz, Kärnten, 24.7.1971.<br />
anlagen könnten dabei verheerende<br />
Auswirkungen haben. Mit <strong>der</strong> intensiveren<br />
Landwirtschaft, zunehmenden<br />
Versiegelung und Zerschneidung <strong>der</strong><br />
Landschaft werden die wichtigen Offenlandhabitate<br />
immer mehr in ihrer<br />
Rastplatztauglichkeit entwertet. Extensivierungs-<br />
bzw. Renaturierungs-<br />
340 Der Falke 56, 2009<br />
maßnahmen, etwa im Gailtal, entlang<br />
<strong>der</strong> Drau, östlich von Klagenfurt<br />
im Umfeld des Thoner Moores, im<br />
unteren Lavanttal und vor allem am<br />
Krappfeld, sind wichtige Aspekte für<br />
den Schutz ziehen<strong>der</strong> und auch hier<br />
überwintern<strong>der</strong> Greifvögel. Um diese<br />
Schutzbemühungen zu optimieren,<br />
Anzeige_Falke_September:birdingtours 06.08.2009 10:36 Uhr Seite 1<br />
sind natürlich auch noch bessere<br />
Kenntnisse des Greifvogelzugs über<br />
Kärnten nötig, und so wird sich die<br />
<strong>BirdLife</strong> Landesgruppe Kärnten auch<br />
in Zukunft intensiv dieses Themas<br />
annehmen!<br />
Remo Probst<br />
Literatur zum Thema:<br />
Feldner, J., P. Rass, W. Petutschnig, S.<br />
Wagner, G. Malle, R. K. Buschenreiter,<br />
P. Wiedner & R. Probst (2006):<br />
Avifauna Kärntens – Bd. 1: Die<br />
Brutvögel. – Naturwissenschaftlicher<br />
Verein für Kärnten, Klagenfurt.<br />
Feldner, J., W. Petutschnig, R. Probst,<br />
S. Wagner, G. Malle & R. K. Buschenreiter<br />
(2008): Avifauna Kärntens<br />
– Bd. 2: Die Gastvögel. – Naturwissenschaftlicher<br />
Verein für Kärnten,<br />
Klagenfurt.<br />
Probst, R. (2004): Greifvogelüberwinterung<br />
1998 bis 2002 im Bleistätter<br />
Moos, Kärnten. Carinthia II 114, 509<br />
- 516.<br />
Probst, R. (2007): Der Greifvogelzug<br />
im Frühherbst 2007 über dem Unteren<br />
Gailtal, Kärnten. – Zwischenbericht<br />
2007 an den Naturwissenschaftlichen<br />
Verein für Kärnten.<br />
Feldkirchen, 14 S. [Download unter<br />
www.birdlife.at/kaernten]<br />
Probst, R. (in Druck): Der Greifvogelzug<br />
2007 und 2008 über dem Unteren<br />
Gailtal, Kärnten. Carinthia II,<br />
Klagenfurt.<br />
Dr. Remo Probst ist<br />
Geschäftsführer von<br />
<strong>BirdLife</strong> Kärnten und<br />
ein ausgewiesener<br />
Greifvogelfreund. Er<br />
beschäftigt sich mit<br />
<strong>der</strong> Erforschung des<br />
Greifvogelzugs und<br />
einzelnen Arten wie Seeadler, Habicht<br />
o<strong>der</strong> Baumfalke.<br />
www.birdingtours.de Vogelbeobachtungsreisen mit Genuss<br />
Katalog anfor<strong>der</strong>n:<br />
Neue Reisen<br />
2009!<br />
Hier ein Auszug aus unseren Reisen:<br />
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Publikationen über die Natur Kärntens<br />
Wohl keine an<strong>der</strong>e Institution<br />
hat sich auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> Erforschung, <strong>der</strong><br />
Sammlungen, <strong>der</strong> Dokumentation<br />
und <strong>der</strong> Publikationen über die Natur<br />
Kärntens solch hervorragende Verdienste<br />
erworben wie <strong>der</strong> im Jahre<br />
1848 gegründete Naturwissenschaftliche<br />
Verein für Kärnten. Mit seiner<br />
Zeitschrift Carinthia II, übrigens <strong>der</strong><br />
ältesten ohne Unterbrechung erscheinenden<br />
wissenschaftlichen Zeitschrift<br />
<strong>Österreich</strong>s, werden dem interessierten<br />
Publikum naturwissenschaftliche<br />
Beiträge und Dokumentationen über<br />
die verschiedenen Wissenschaftszweige<br />
– von <strong>der</strong> Botanik bis zur<br />
Zoologie – vorgestellt. So wird auch<br />
<strong>der</strong> Fachgruppe Ornithologie mittels<br />
<strong>der</strong> Carinthia II die Möglichkeit geboten,<br />
alle bemerkenswerten Beobachtungen<br />
und Ereignisse eines<br />
„Kärntner Vogeljahres“ in einem Beitrag<br />
einem größeren Leserkreis näher<br />
zu bringen.<br />
Ein beson<strong>der</strong>er Meilenstein für die<br />
Kärntner Ornithologe wurde aber mit<br />
<strong>der</strong> Veröffentlichung <strong>der</strong> beiden Avifauna-Bände<br />
„Die Brutvögel“ und<br />
„Die Gastvögel“<br />
in den Jahren 2006<br />
und 2008 als Son<strong>der</strong>publikationen<br />
des Naturwissenschaftlichen Vereines<br />
für Kärnten gesetzt. Die beiden Bände<br />
beinhalten im Wesentlichen die vor<br />
allem von Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fachgruppe<br />
Ornithologie und von <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong>,<br />
Landesgruppe Kärnten, über<br />
die Dauer von sieben Jahren geleisteten<br />
Erhebungs- und Kartierungsarbeiten<br />
zur <strong>Vogelwelt</strong> in Kärnten.<br />
Als prägnanteste Ergebnisse werden<br />
im Hauptteil <strong>der</strong> beiden Bände die 157<br />
Brutvogel- sowie die 188 Gastvogelarten<br />
unter Angabe ihrer Verbreitung,<br />
des Lebensraumes, <strong>der</strong><br />
Bestandsgrößen und <strong>der</strong><br />
Nachweise beschrieben.<br />
Weitere Bemerkungen<br />
betreffen die Phänologie<br />
sowie die Gefährdung<br />
und den Schutz <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Art. Die letzte<br />
umfassende Abhandlung<br />
über die <strong>Vogelwelt</strong><br />
eines österreichischen<br />
Bundeslandes liegt über<br />
70 Jahre zurück. Daher<br />
ist Kärnten das einzige Bundesland<br />
<strong>Österreich</strong>s, das mit den vorliegenden<br />
zwei Bänden zur <strong>Vogelwelt</strong> über eine<br />
aktuelle Avifauna verfügt.<br />
Neben den vogelkundlichen Aspekte<br />
betreffenden Werken bieten die weiteren<br />
Son<strong>der</strong>publikationen und die<br />
insgesamt 62 vom Naturwissenschaftlichen<br />
Verein für Kärnten herausgegebenen<br />
Son<strong>der</strong>hefte natürlich<br />
auch Einblicke in an<strong>der</strong>e naturwissenschaftliche<br />
Wissengebiete. Stellvertretend<br />
für die Breite des angebotenen<br />
Spektrums können an dieser<br />
Stelle nur einige Beispiele erwähnt<br />
werden. Die Palette umfasst aber viele<br />
Gebietsbeschreibungen (z. B. über die<br />
Bergsturzlandschaft Schütt am Fuße<br />
des Dobratsch, das Sablatnigmoor in<br />
Unterkärnten o<strong>der</strong> die Nockberge),<br />
die auch für Vogelbeobachter interessante<br />
aktuelle Vegetation Kärntens,<br />
die Abhandlung zahlreicher taxonomischer<br />
Gruppen (etwa die Schmetterlinge,<br />
Fische o<strong>der</strong> Moose Kärntens)<br />
und nicht zuletzt auch Bücher über<br />
das Steinhuhn und das ostsibirische<br />
Sichelhuhn. Eine vollständige Liste<br />
<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>publikationen und Son<strong>der</strong>hefte<br />
befi ndet sich auf <strong>der</strong> Website<br />
des Vereines unter www.naturwissenschaft-ktn.at.<br />
Einen universellen Überblick<br />
über die Vielfalt <strong>der</strong><br />
Natur Kärntens bietet die<br />
aus Anlass des 150jährigen<br />
Jubiläums 1998 herausgegebene<br />
Publikation „Kärntens<br />
Natur“ des Naturwissenschaftlichen<br />
Vereines<br />
für Kärnten. Der bisher<br />
letzte Son<strong>der</strong>band aus dem<br />
Jahre 2008 beinhaltet ein<br />
umfassendes Werk mit 924<br />
Seiten über die Endemiten<br />
<strong>der</strong> Pfl anzen- und Tierwelt<br />
<strong>Österreich</strong>s.<br />
Als Son<strong>der</strong>heft Nr. 61 wurde<br />
im Jahre 2004 <strong>der</strong> Naturführer<br />
„Das Obere Drautal“ ver-<br />
öffentlicht, wobei von den<br />
28 Autoren vor allem das<br />
Europaschutzgebiet „Obere<br />
Drau“ in den Mittelpunkt<br />
ihrer Arbeiten gestellt wird.<br />
Neben <strong>der</strong> Drau mit ihrer interessanten<br />
inneralpinen Flusslandschaft<br />
werden auch an<strong>der</strong>e Naturschätze <strong>der</strong><br />
Flora und Fauna des Oberen Drautales<br />
zwischen Oberdrauburg und Spittal<br />
vorgestellt. Vom Weltrekordhuchen<br />
angefangen über die Riesenwolfspinne,<br />
die Wun<strong>der</strong>blume von Lendorf,<br />
den Zwergrohrkolben bis zum größten<br />
Grauerlen-Auwald <strong>Österreich</strong>s<br />
fi nden viele an<strong>der</strong>e Arten dabei ihre<br />
Berücksichtigung.<br />
Praktisch tagesaktuelle Entwicklungen<br />
und Ereignisse zur Kärntner<br />
<strong>Vogelwelt</strong> werden auf <strong>der</strong> Homepage<br />
von <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong>, Landesgruppe<br />
Kärnten, unter <strong>der</strong> Adresse www.<br />
birdlife.at/kaernten/ angeboten. Neben<br />
<strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Projekte und Veranstaltungen <strong>der</strong><br />
Landesgruppe gibt es Angaben zum<br />
aktuellen Status je<strong>der</strong> in Kärnten vorkommenden<br />
Vogelart. Dabei werden<br />
auch jüngste Entscheidungen <strong>der</strong> <strong>Österreich</strong>ischen<br />
Avifaunistischen Kommission<br />
unmittelbar auf die Webseite<br />
gestellt, sodass <strong>der</strong> Vogelbeobachter<br />
mit <strong>der</strong> Kombination aus den Avifaunen<br />
und den Updates auf <strong>der</strong> Homepage<br />
immer bestens informiert ist.<br />
Des Weiteren wird Interessierten ein<br />
beson<strong>der</strong>er Service<br />
in <strong>der</strong> Form geboten,<br />
dass sie in einem<br />
Verteiler kostenlos<br />
über aktuelle Vogelbeobachtungen<br />
aus<br />
Kärnten per E-Mail<br />
informiert werden<br />
(Anmeldungen beim<br />
Landesgruppenleiter<br />
Dr. J. Feldner unter<br />
jofeldner@aon.at).<br />
Werner Sturm<br />
Der Falke 56, 2009 341
342 Der Falke 56, 2009<br />
Bestand und Schutz:<br />
Das Rotsternige Blaukehlchen<br />
in Kärnten<br />
In Europa brüten etwa 4,5 bis 7,8 Millionen Blaukehlchen. Mehr als 90 % von ihnen sind <strong>der</strong><br />
rotsternigen Nominatform (Luscinia svecica svecica) zuzurechnen, <strong>der</strong>en Hauptverbreitungsgebiet<br />
in Russland liegt. Die davon getrennten, inselartig zerstreuten Brutgebiete des Rotsternigen<br />
Blaukehlchens in den <strong>Alpen</strong> und im Karpatenbogen sind mit ungefähr 65 bis 100<br />
Brutpaaren winzig, doch für Mitteleuropa beson<strong>der</strong>s interessant. Da die Vorkommen schwierig<br />
zu erfassen sind, könnte <strong>der</strong> mitteleuropäische Bestand sogar etwas höher sein.<br />
Mittlerweile gilt als erwiesen,<br />
dass das Rotsternige Blaukehlchen<br />
ab Mitte <strong>der</strong> 1970er<br />
Jahre sein europäisches Verbreitungsgebiet<br />
in die Subalpinstufe <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>,<br />
des Riesengebirges und <strong>der</strong> Hohen<br />
Tatra – fast 1000 bis 1500 km südlich<br />
des skandinavisch-russischen Verbreitungsgebietes<br />
– ausdehnen konnte. Somit<br />
ist die oft diskutierte Frage, ob <strong>der</strong><br />
mitteleuropäische Bestand ein Reliktvorkommen<br />
aus <strong>der</strong> Eiszeit o<strong>der</strong> eine<br />
rezente Ansiedlung ist, wohl geklärt.<br />
Es handelt sich daher um eine Neuansiedlung,<br />
die höchstwahrscheinlich<br />
klimatischen Einfl üssen auf die Populationsdynamik<br />
zuzuschreiben ist.<br />
» Bestand, Verbreitung und<br />
Besiedelungsgeschichte<br />
Die Brutvorkommen in Kärnten wurden<br />
1992 im Kleinelendtal entdeckt.<br />
1999 gab es auch Funde im Großelendtal.<br />
2002 gelangen Brutnachweise<br />
auf <strong>der</strong> Atzensberger Alm in<br />
<strong>der</strong> Nähe des Katschbergs und 2003<br />
an <strong>der</strong> Großglockner-Hochalpenstraße<br />
sowie brutzeitliche Beobachtungen<br />
im Seebachtal bei Mallnitz.<br />
Da die entlegenen alpinen Habitate<br />
Kärntens in <strong>der</strong> Balzzeit schwer zugänglich<br />
sind, ist damit zu rechnen,<br />
dass künftig noch weitere kleinere<br />
Vorkommen entdeckt werden. Mittlerweile<br />
belegt ein Ringfund, dass<br />
offenbar ein Austausch zwischen Individuen<br />
<strong>der</strong> Population in Kärnten<br />
mit Vögeln aus dem Riesengebirge in<br />
Tschechien stattfi ndet.<br />
» Der Lebensraum und seine<br />
Merkmale<br />
In <strong>Österreich</strong> sind feuchte, relativ<br />
ebene alpine Regionen mit Legföhren/Latschen<br />
(Pinus mugo) und an<strong>der</strong>en<br />
Zwergsträuchern sowie dazwischen<br />
eingestreuten Freifl ächen und<br />
Blockwerk Brutplätze des Blaukehlchens.<br />
Im Riesengebirge wurde ein<br />
Latschen-Deckungsgrad von minde-<br />
Das Rotsternige Blaukehlchen besiedelte<br />
ab Mitte <strong>der</strong> 1970er Jahre<br />
den <strong>Alpen</strong>- und Karpatenbogen.<br />
Foto: B. Huber. Großelendtal, 24.6.2007.<br />
stens 50 % festgestellt. In <strong>der</strong> Schweiz<br />
hingegen ist das Vorkommen des<br />
Blaukehlchens nicht an Latschen gebunden,<br />
jedoch ebenfalls an nasse<br />
Standorte mit starker Krautschicht.<br />
Ein Brutnachweis in Kärnten an<br />
<strong>der</strong> Großglockner- Hochalpen straße<br />
kommt den Schweizer Verhältnissen<br />
sehr nahe und fällt aus dem üblichen<br />
österreichischen Schema heraus.<br />
Das Nest liegt meist am Rand
<strong>der</strong> Latschen, oftmals in Sträuchern<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>rose (Rhododendron ferrugineum).<br />
Das könnte mit dem durch<br />
den dichteren Bewuchs günstigeren<br />
Mikroklima zuammenhängen.<br />
Nachdem Feuchtflächen immer<br />
größerer Gefährdung ausgesetzt sind<br />
und in den <strong>Alpen</strong> vor allem touristischem<br />
Druck weichen müssen<br />
o<strong>der</strong> sollen (negative Beispiele gibt<br />
es im Hundsfeldmoor und im Ödenwinkel<br />
im Bundesland Salzburg), ist<br />
<strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Kärntner Population<br />
in <strong>der</strong> Außenzone des Nationalparks<br />
Hohe Tauern vorrangig.<br />
» Brutbestand 2004 und 2005<br />
Um das Rotsternige Blaukehlchen<br />
wirksam schützen zu können, begann<br />
die Verwaltung des Nationalparks<br />
Hohe Tauern ab 2004 mit einer Bestandserfassung<br />
und einem dreijährigen<br />
Monitoring sowie mit vegetationskundlichen<br />
Aufnahmen. Dabei<br />
stellte sich heraus, dass <strong>der</strong> Brutbestand<br />
<strong>der</strong> kleinen Population recht<br />
konstant elf bis zwölf Paare aufwies.<br />
Auch im Kleinelendtal konnten wie<strong>der</strong><br />
zwei Brutpaare festgestellt werden. Es<br />
wurde die Methode <strong>der</strong> Revierkartierung<br />
angewandt. Ein Revier galt als<br />
besetzt, wenn bei mindestens zwei<br />
Begehungen ein revieranzeigendes<br />
Männchen angetroffen wurde. Den<br />
Reviermittelpunkt bestimmte man<br />
nach den Singwarten in einem „Papierrevier“,<br />
die mit Linien verbunden<br />
in eine Skizze eingetragen wurden. In<br />
den Untersuchungsjahren hatten die<br />
Latschen ihre Bewuchsfläche im Tal-<br />
boden um die Hälfte des Bestandes<br />
von 1985 erweitert, an<br />
den Hängen sogar verdoppelt.<br />
Zum zukünftigen Monitoring<br />
wurden an drei Stellen im<br />
Talboden und an <strong>der</strong> Baumgrenze<br />
des Osthangs Vermessungspunkte<br />
eingerichtet, die<br />
Erkenntnisse zur weiteren Vegetationsentwicklung<br />
liefern<br />
sollen. Da die Sukzessionserhebung<br />
auf die nächsten 100<br />
Jahre ausgerichtet wird, erarbeitete<br />
man mit modellierten<br />
Ergebnissen Prognosen für die<br />
kommenden Jahre. Sie ergeben,<br />
dass es nach einer Aufgabe<br />
<strong>der</strong> Sommerweide zu einer<br />
Abnahme <strong>der</strong> Biodiversität<br />
und einem Verlust <strong>der</strong> Offenvegetation<br />
kommen wird.<br />
» Monitoring und Analyse von<br />
Störfaktoren<br />
Die folgende Periode 2007 bis 2009<br />
baute auf den Ergebnissen <strong>der</strong> Jahre<br />
2004/05 auf und hatte vor allem<br />
die Ermittlung des Nahrungsangebots<br />
und eine Untersuchung <strong>der</strong> Besucher-<br />
und Weidetierfrequenz zum<br />
Ziel. Wichtig war vor allem, mögliche<br />
Störungen durch einen <strong>Alpen</strong>vereinssteig<br />
im Brutgebiet zu erfassen.<br />
Die Ergebnisse <strong>der</strong> Zwischenberichte<br />
wurden mittlerweile in konkrete<br />
Schutzmaßnahmen umgesetzt.<br />
Im Jahr 2007 fanden insgesamt drei<br />
Kontrollgänge zwischen dem 8. und<br />
24. Juni statt, und am 7. Juli beobachtete<br />
man Nahrungswahl und Nah-<br />
In Kärnten und <strong>Österreich</strong> üblicher Neststandort im Strauchbereich <strong>der</strong><br />
<strong>Alpen</strong>rose. Foto: B. Huber. Großelendtal, 24.6.2007.<br />
Chronologie <strong>der</strong> mitteleuropäischen Nachweise des Rotsternigen<br />
Blaukehlchens (nach Glutz v. Blotzheim et al. 1988).<br />
Jahr Land Region<br />
1974 Schweiz Graubünden, Engadin<br />
1975 Schweiz Graubünden, Septimerpass<br />
1975 <strong>Österreich</strong> Salzburg, Hundsfeldmoor<br />
1977 ehem. Tschechoslowakei Riesengebirge<br />
1978 <strong>Österreich</strong> Salzburg, Stubachtal<br />
1980 Schweiz Graubünden, Dischmatal<br />
1981 Polen Hohe Tatra<br />
1981 <strong>Österreich</strong> Vorarlberg, Hochtannbergpass<br />
1982 <strong>Österreich</strong> Tirol, Arlberg<br />
1982 <strong>Österreich</strong> Steiermark, Wölzer Tauern<br />
1983 <strong>Österreich</strong> Vorarlberg, Stubiger Alpe<br />
1983 <strong>Österreich</strong> Steiermark, Schladminger Tauern<br />
1983 Italien Albula <strong>Alpen</strong><br />
1983 Frankreich Grajische <strong>Alpen</strong><br />
1984 <strong>Österreich</strong> Vorarlberg, Silvretta<br />
rungsaufnahme. Am 14. Juli wurden<br />
einerseits Volontäre des Nationalparks<br />
in das Gebiet und die Fragestellung<br />
zur Erhebung <strong>der</strong> Störfaktoren eingewiesen,<br />
an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Almgemeinschaft<br />
die Ergebnisse <strong>der</strong> Untersuchungen<br />
und die daraus abzuleitenden<br />
möglichen Schutzmaßnahmen<br />
vorgestellt. Die Kartierungsergebnisse<br />
in diesem Jahr erbrachten wie<strong>der</strong><br />
zehn besetzte Reviere im bekannten<br />
Brutareal. Mit <strong>der</strong> Almgemeinschaft<br />
wurde vereinbart, die Bemühungen zu<br />
einer auf die Vogelart abgestimmten<br />
Bewirtschaftung <strong>der</strong> Weideflächen<br />
weiter voranzutreiben.<br />
Auch 2008 versuchte man, die<br />
gewonnenen Erkenntnisse <strong>der</strong> vergangenen<br />
Jahre in Managementmaßnahmen<br />
einfließen zu lassen – zum<br />
bestmöglichen Schutz des lokalen<br />
alpinen Bestandes. Man unterzeich-<br />
Außergewöhnlicher Neststandort in <strong>der</strong> Böschung <strong>der</strong> Großglockner-<br />
Hochalpenstraße. Foto: J. Parker. 9.7.2003.<br />
Der Falke 56, 2009 343
Biologie<br />
nete einen Naturschutzplan auf <strong>der</strong><br />
Alm mit den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Agrargemeinschaft<br />
Elendalpe, dem Nationalpark<br />
Hohe Tauern und dem Umweltbüro<br />
Klagenfurt – ein ganz wesentlicher<br />
Schritt für den Schutz des<br />
Blaukehlchens.<br />
Im Großelendtal fanden wie<strong>der</strong><br />
drei Revierkontrollen zwischen dem<br />
14. und 28. Juni statt, eine Kontrollbegehung<br />
auch wie<strong>der</strong> im Kleinelendtal.<br />
Allerdings konnten nur noch<br />
acht Reviere im Großelendtal bestätigt<br />
werden und ein singendes Männchen<br />
kurz nach <strong>der</strong> Abzweigung in<br />
das Kleinelendtal. Die niedrigere Zahl<br />
singen<strong>der</strong> revierhalten<strong>der</strong> Männchen<br />
2008 kann aber eine Folge extremer<br />
Wetterverhältnisse sein und muss<br />
noch nicht zwangsläufig ein Indiz für<br />
die Abnahme des Brutbestandes sein.<br />
Doch darf man auch diese Möglichkeit<br />
nicht außer Acht lassen.<br />
Intensiv durchgeführt wurden<br />
2008 die Erhebungen und Analysen<br />
zur Nahrungspräferenz. So wurden<br />
Insekten in drei Probeflächen zu vier<br />
verschiedenen Zeiten entnommen:<br />
• am Höhepunkt <strong>der</strong> Balzperiode und<br />
Revierbildung<br />
• während <strong>der</strong> Brutzeit<br />
• bei <strong>der</strong> Fütterung <strong>der</strong> Nestlinge<br />
• beim Ausfliegen und Selbständigwerden<br />
<strong>der</strong> Jungvögel.<br />
Die meisten Schnakenverwandten<br />
(Tipuliden u. a.) wurden Ende Juni<br />
gefangen, also genau zu <strong>der</strong> Zeit, als<br />
die Blaukehlchen ihre großen Nestlinge<br />
fütterten. Allerdings ist noch<br />
nicht sicher, ob die Populationsspitzen<br />
<strong>der</strong> Insekten getroffen wurden.<br />
Weitere Insektenerhebungen wurden<br />
2009 vorgenommen und werden zur<br />
Zeit ausgewertet.<br />
» Artenschutzmaßnahmen<br />
Ziel aller Bemühungen war es, mögliche<br />
Störfaktoren und damit den<br />
Druck auf die bodenbrütenden Vögel<br />
möglichst zu reduzieren, am besten<br />
natürlich ganz auszuschalten.<br />
Sehr schnell wurde klar, dass dieses<br />
Ziel nur gemeinsam mit den Grundeigentümern<br />
und <strong>der</strong> Nationalparkverwaltung<br />
sowie dem <strong>Alpen</strong>verein zu<br />
erreichen sein wird. Je nach Schneelage<br />
und Zustand des Fahrweges zur<br />
Osnabrücker Hütte, den Öffnungszeiten<br />
<strong>der</strong> Hütte und <strong>der</strong> Almbewirt-<br />
344 Der Falke 56, 2009<br />
schaftung beginnen Störungen im<br />
Regelfall frühestens ab Mitte Juni jeden<br />
Jahres. Die Brutzeiten im Gebiet<br />
lassen erkennen, dass <strong>der</strong> Brutbeginn<br />
<strong>der</strong> Wetterlage angepasst werden und<br />
daher von Jahr zu Jahr unterschiedlich<br />
liegen kann.<br />
Die Zunahme <strong>der</strong> Latschenbestände<br />
und das damit verbundene Zuwachsen<br />
<strong>der</strong> Alm stellt <strong>der</strong>zeit noch<br />
keine Gefahr für das Blaukehlchen<br />
dar. Auf Teilflächen könnten die Latschen<br />
noch dichter sein. Geschlossene<br />
großflächige Latschenbestände<br />
ohne Freiflächen sind ebenso un-<br />
günstig wie zu stark aufgelockerte.<br />
Somit bietet <strong>der</strong> zur Zeit vorhandene<br />
Bewuchs günstige Brutbedingungen.<br />
Es sollten daher keine wesentlichen<br />
Habitatverän<strong>der</strong>ungen durchgeführt<br />
werden. Schwendmaßnahmen, also<br />
das Schneiden (und Verbrennen) <strong>der</strong><br />
Latschen, sollten aus diesem Grund<br />
im besiedelten Talboden eingestellt<br />
und auf Flächen außerhalb des Brutgebietes<br />
verlegt werden. Trotzdem<br />
sollte man sich die Option weiter offen<br />
halten, bei zu dichtem Bewuchs<br />
wie<strong>der</strong> nutzbare Strukturen auch im<br />
Talboden herzustellen. Auch sollte<br />
durch Ausweichen auf neue Weideflächen<br />
die starke Belastung <strong>der</strong> Weideflächen<br />
in den Brutrevieren durch<br />
das aufgetriebene Vieh vermin<strong>der</strong>t<br />
werden. Das könnte durch die Abzäunung<br />
mit einem Elektrozaun noch<br />
verbessert werden. Damit wäre die<br />
Gefahr <strong>der</strong> direkten Gelegezerstörung<br />
durch Viehtritt gebannt.<br />
Die Beweidung ganz aufzugeben,<br />
sollte man nicht in Erwägung ziehen,<br />
damit <strong>der</strong> inselartige Charakter <strong>der</strong><br />
Almweide und dadurch ein intakter<br />
Lebensraum weiterhin erhalten bleibt.<br />
Die vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen<br />
wurden bei mehreren Almbegehungen<br />
besprochen und im Jahr 2008<br />
im Naturschutzplan umgesetzt. Auch<br />
wurde vorgeschlagen, dass <strong>der</strong> touristische<br />
Druck, verursacht durch die<br />
stark frequentierte Osnabrücker Hüt-<br />
Futter tragendes Männchen. Offensichtlich haben Schnaken, Raupen und Kleinschmetterlinge<br />
eine große Bedeutung als Nestlingsnahrung. Foto: B. Huber. Großelendtal, 24.6.2007.<br />
te, reduziert wird. Zumindest bis 15.<br />
August sollte ein Betretungsverbot<br />
<strong>der</strong> ca. 40 ha großen Latschenfläche<br />
erlassen werden. Dies würde natürlich<br />
auch einer ständigen Kontrolle bedürfen<br />
und wäre daher zeitaufwändig.<br />
Da mittlerweile <strong>der</strong> österreichische<br />
Hauptbestand des Blaukehlchens im<br />
Salzburger Hundsfeldmoor rückläufig<br />
ist, wächst die Verantwortung zum<br />
Schutz <strong>der</strong> Art in <strong>der</strong> Nationalparkzone<br />
in Kärnten. Weil das Gebiet im<br />
Gegensatz zum Hundsfeldmoor noch<br />
nicht verbaut ist, die Almgemeinschaft<br />
im Sinne <strong>der</strong> Vorschläge des<br />
Vogelschutzes handelt und auch weiter<br />
konsensbereit ist, kommt ihm mittlerweile<br />
noch größere Bedeutung zu.<br />
Der Vorschlag von <strong>BirdLife</strong> Kärnten<br />
lautete daher, den stark frequentierten<br />
<strong>Alpen</strong>vereinssteig, auf dem besetzte
Im Juli 2009 wurden drei Tafeln zur Sperrung des <strong>Alpen</strong>vereinssteiges,<br />
die auf umweltgerechtes Verhalten hinweisen,<br />
im Brutgebiet aufgestellt. Alle beteiligten Vereine<br />
stehen geschlossen zu den getroffenen Schutzmaßnahmen.<br />
Foto: Nationalpark Hohe Tauern, Juli 2009.<br />
Reviere nachgewiesen wurden, bis 15.<br />
August gänzlich zu sperren und den<br />
Hauptstrom <strong>der</strong> Bergwan<strong>der</strong>er auf den<br />
Fahrweg zur Hütte zu lenken. Dabei<br />
stellt an und für sich nicht <strong>der</strong> Weg<br />
das Problem dar, son<strong>der</strong>n die mit ihm<br />
zusammenhängenden Auswirkungen.<br />
Allgemein wird das alpine Wegegebot<br />
nicht eingehalten und viele Wan<strong>der</strong>er<br />
rasten in unmittelbarer Wegnähe.<br />
Damit sind beson<strong>der</strong>s die kleinen<br />
Freiflächen zwischen den Latschengebüschen,<br />
die dem Blaukehlchen als<br />
Nahrungsflächen dienen, erhöhtem<br />
Störungsdruck ausgesetzt. Sehr oft<br />
werden auch Picknickreste in den<br />
Latschen entsorgt, was Füchse und<br />
Mar<strong>der</strong>artige anlockt, die eine Gefahr<br />
für Eier und Jungvögel in den<br />
Bodennestern darstellen. Störungen<br />
durch spielende Kin<strong>der</strong> und freilaufende<br />
Hunde führen ebenfalls zu<br />
einer ständigen Beunruhigung und<br />
können die Aufgabe <strong>der</strong> Brut o<strong>der</strong><br />
ein Unterkühlen <strong>der</strong> Eier und Jungvögel<br />
zur Folge haben.<br />
Dass das nicht unerheblich ist, zeigt<br />
deutlich <strong>der</strong> Voluntärsbericht des Nationalparks<br />
Hohe Tauern 2008: An<br />
nur vier Tagen benutzten 302 Personen<br />
den <strong>Alpen</strong>vereinssteig. Ganz<br />
abgesehen von den Auswirkungen<br />
Von weißen und roten „Sternen“ bei Blaukehlchen<br />
Über die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb <strong>der</strong> Blaukehlchen ist wohl<br />
noch nicht das letzte Wort gesprochen. Man hat etwa neun Unterarten beschrieben,<br />
die aber meist nur an Gefie<strong>der</strong>merkmalen unterschieden werden,<br />
vor allem an <strong>der</strong> Färbung von Brust und Kehle. Aber wahrscheinlich lässt<br />
dieses Merkmal allein nicht auf allgemeine genetische Unterschiede zwischen<br />
Populationen schließen, denn es scheint auf einen einfachen genetischen<br />
Steuermechanismus zurückzugehen. Das bedeutet, dass es sich leicht verän<strong>der</strong>n<br />
kann. In <strong>der</strong> Tat gibt es in Übergangsgebieten zwischen rotsternigen und<br />
weißsternigen Unterartengruppen z. B. im südlichen Russland große Variabilität<br />
<strong>der</strong> Männchen, die teilweise rotsternig o<strong>der</strong> weißsternig sind o<strong>der</strong> gar<br />
einen rostroten Stern mit weißer Basis tragen. Es gibt auch weißsternige Individuen<br />
in „rotsternigen“ Gebieten, wie schon das Handbuch <strong>der</strong> Vögel Mitteleuropas<br />
1988 in einer Tabelle darstellt. Und manche Blaukehlchen tragen<br />
überhaupt keinen Stern im blauen Feld. An<strong>der</strong>e Merkmale <strong>der</strong> Blaukehlchen,<br />
wie z. B. Körpergröße, Färbung <strong>der</strong> Oberseite usw. variieren dagegen wenig.<br />
Auch die Molekularbiologen haben geringe mitochondrien genetische Unterschiede<br />
zwischen nördlichen und südlichen Populationen festgestellt, die sich<br />
nicht mit den üblichen Unterartenabgrenzungen decken. Man wird also Vögel<br />
<strong>der</strong> alpinen rotsternigen Population wohl molekulargenetisch mit nördlichen<br />
„Rotsternen“ vergleichen müssen, um sie systematisch genauer einordnen<br />
zu können. Das macht die kleine Population in mitteleuropäischen Gebirgen<br />
noch interessanter! Einhard Bezzel<br />
auf alle Brutvögel des Gebietes<br />
durch Unterkühlung <strong>der</strong> Eier<br />
und Jungvögel, wird auch das<br />
Weidevieh – sehr zum Missfallen<br />
<strong>der</strong> Almbetreiber – ständig<br />
beunruhigt. Außerdem wird aus Biotopschutzgründen<br />
an eine Verlegung<br />
gedacht, da <strong>der</strong> Steig durch alpine<br />
Feuchtflächen führt, die zu den bedrohten<br />
Biotoptypen Kärntens zählen.<br />
Mit einer einfachen Maßnahme und<br />
einer Alternative auf dem schon bestehenden<br />
Fahrweg könnte ein größtmöglicher<br />
Schutz erreicht werden. In<br />
einer Besprechung Anfang Juli 2009<br />
mit Vertretern des Nationalparks, <strong>der</strong><br />
Almgemeinschaft, des Deutschen und<br />
<strong>Österreich</strong>ischen <strong>Alpen</strong>vereins sowie<br />
von <strong>BirdLife</strong> Kärnten konnte eine<br />
Einigung erzielt werden: Die vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen wurden akzeptiert,<br />
und somit dürften effektive<br />
Schutzmaßnahmen die Gefährdung<br />
dieser kleinräumigen alpinen Population,<br />
soweit zurzeit absehbar, verringern.<br />
Ein weiterführendes Monitoring<br />
wurde ebenfalls vereinbart, wobei in<br />
Zweijahresschritten eine Bestandserhebung<br />
durchgeführt werden soll.<br />
Da das Freizeitverhalten <strong>der</strong> Menschen<br />
alpine Landschaften immer<br />
mehr belastet und viele Gefahren<br />
dem Rotsternigen Blaukehlchen in<br />
den Ostalpen drohen, wird <strong>BirdLife</strong><br />
Kärnten die Entwicklung aufmerksam<br />
verfolgen.<br />
Gerald Malle, Remo Probst<br />
Literatur zum Thema:<br />
Aigner, S. & G. Egger (2008): Naturschutzplan<br />
auf <strong>der</strong> Alm, Große und Kleine Elendalm. Umweltbüro<br />
Klagenfurt, im Auftrag des Amtes <strong>der</strong><br />
Kärntner Landesregierung.<br />
Dirnböck, T., S. Dullinger & G. Grabherr (2003):<br />
A regional impact assessment of climate and<br />
land-use change on alpine vegetation. Journal<br />
of Biogeography 2003, S. 401-417.<br />
Franz, D. (1998): Das Blaukehlchen: Von <strong>der</strong> Rarität<br />
zum Allerweltsvogel? Aula-Verlag, Wiesbaden.<br />
Frühauf, J. (2005): Rote Liste <strong>der</strong> Brutvögel (Aves)<br />
<strong>Österreich</strong>s. In: Zulka, K.P. (2005): Rote Listen<br />
gefährdeter Tierarten <strong>Österreich</strong>s, Teil 1. BMfL-<br />
FUW, Grüne Reihe 14/1. Böhlau Verlag, Wien.<br />
Malle, G. (2005): Das Rotsternige Blaukehlchen in<br />
Kärnten. Vogelschutz in <strong>Österreich</strong>, Nr. 20, Mitteilungen<br />
von <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong> – Gesellschaft<br />
für Vogelkunde, Wien.<br />
Vonhoff, V. (2008): Das Rotsternige Blaukehlchen<br />
(Luscinia svecica svecica) im Großelendtal – Monitoring<br />
2008. Unveröffentlichter Endbericht im<br />
Auftrag des Kärntner Nationalparkfonds Hohe<br />
Tauern, Großkirchheim.<br />
Gerald Malle ist stellvertreten<strong>der</strong><br />
Obmann von <strong>BirdLife</strong> Kärnten und<br />
betreut zur Zeit zwei Vogelschutzprojekte<br />
in Kärnten (Rotsterniges Blaukehlchen<br />
und Zwergohreule) sowie<br />
ein Projekt, das bei Kin<strong>der</strong>n Interesse<br />
an Vögeln wecken soll. Hauptberuflich<br />
ist er beim <strong>Österreich</strong>ischen<br />
Bundesheer; seit über 30 Jahren<br />
beschäftigt er sich in <strong>der</strong> Freizeit mit<br />
Vogelkunde.<br />
Dr. Remo Probst, <strong>BirdLife</strong> Kärnten.<br />
Der Falke 56, 2009 345
Geschichte<br />
346 Der Falke 56, 2009<br />
Die Forschungsgeschichte <strong>der</strong> alpinen <strong>Vogelwelt</strong> –<br />
Der Vogel mit den hasenartigen<br />
Füßen: das <strong>Alpen</strong>schneehuhn<br />
Über viele Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg wurden die <strong>Alpen</strong> von Menschen gemieden, bis mit dem<br />
Beginn des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts eine rasante Erschließung dieses vormaligen Durchgangsraumes<br />
begann. Neben <strong>der</strong> Ersteigung <strong>der</strong> höchsten Gipfel war die Erkundung <strong>der</strong> Natur<br />
gleichzeitig zentraler Motor in <strong>der</strong> Erforschung eines Lebensraumes im Herzen Mitteleuropas<br />
und bietet auch noch heute eine Vielzahl von spannenden Fragen.<br />
Obgleich Hannibal, einer <strong>der</strong><br />
größten Feldherren <strong>der</strong> Antike,<br />
die <strong>Alpen</strong> bereits 218 v.<br />
Chr. mit einer stattlichen Heerschar<br />
und 37 Elefanten überquert hatte,<br />
blieb dieses Terrain für die meisten<br />
Menschen bis ins ausgehende Mittelalter<br />
eine Terra incognita. Was die<br />
Vogelarten in diesem Gebiet betrifft,<br />
so fi nden sich nur bei dem römischen<br />
Gelehrten Plinius sehr dürftige Informationen<br />
über einige wenige alpine<br />
Arten, wie <strong>Alpen</strong>schneehuhn, <strong>Alpen</strong>dohle<br />
und Birkhuhn. Dabei lobt er<br />
vor allem Erstere für ihren Wohlgeschmack<br />
und erläutert zudem, dass<br />
die hasenartigen Füße namensgebend<br />
für diese Vogelart waren.<br />
Bevor man sich jedoch dem Thema<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>ornithologie näher widmet,<br />
bedarf es einer terminologischen<br />
Umreißung <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong> an sich, bei <strong>der</strong><br />
eine Vielzahl von unterschiedlichsten<br />
theoretischen Defi nitionen, wie geologische,<br />
hydrologische, klimatische,<br />
fl orale o<strong>der</strong> faunistische zur Anwendung<br />
kommen. Dem allgemeinen<br />
Verständnis nach handelt es sich bei<br />
den „<strong>Alpen</strong>“ um ein hohes Gebirge<br />
in Europa, das sich vom Ligurischen<br />
Meer bis nach Pannonien erstreckt.<br />
Liegt die unmittelbare Bedeutung auf<br />
dem hohen Gebirge, das vom <strong>Alpen</strong>vorland<br />
über das Mittelgebirge bis<br />
hin zur nivalen Stufe mit den gletscherumrankten<br />
Gipfeln reicht, sollen<br />
sich die Betrachtungen <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>ornithologie<br />
auf die Zone <strong>der</strong> hochmontanen<br />
über die subalpine und<br />
alpine zur nivalen Region beziehen.<br />
Auch bei dieser Eingrenzung gibt es<br />
noch genügend fl ießende Übergänge,<br />
die sich nolens volens nicht ausschließen<br />
lassen.<br />
Dünn und zäh fl ossen die Informationen<br />
im Mittelalter, in dem die<br />
Scholastik als Leitgedanke alles Leben<br />
und Handeln <strong>der</strong> Menschen bestimmte<br />
und so den Blick nicht für<br />
Neues und Unbekanntes freigab. Erst<br />
mit dem Aufbrechen dieser verkrusteten<br />
Gedankenwelt und mit <strong>der</strong> einfacheren<br />
Wissensverbreitung durch<br />
den Buchdruck, <strong>der</strong> die langwierig<br />
zu erstellenden Manuskripte ablöste,<br />
wurde in <strong>der</strong> Renaissance <strong>der</strong> Weg<br />
für die Erforschung <strong>der</strong> belebten und<br />
unbelebten Welt geebnet, so auch <strong>der</strong><br />
<strong>Vogelwelt</strong>.<br />
» Aufbruch in neue Zeiten<br />
Erste, obzwar bei etlichen Vogelarten<br />
nicht sehr umfangreich gehaltene<br />
Kenntnisse über die <strong>Alpen</strong>vögel liefert<br />
<strong>der</strong> Züricher Polyhistor Conrad<br />
Gessner (1516–1565) in seiner enzyklopädisch<br />
angelegten „Historia<br />
animalium“, in <strong>der</strong> er sich vor allem<br />
Der Vogel mit den hasenartigen Füßen –<br />
das <strong>Alpen</strong>schneehuhn.<br />
Foto: H. Pirker. NP Nockberge, 2002.
mit Wirbeltieren auseinan<strong>der</strong>setzte.<br />
Mit <strong>der</strong> Herausgabe seiner Naturgeschichte<br />
hatte er eine wahre Pionierleistung<br />
vollbracht und gilt in <strong>der</strong><br />
Ornithologiegeschichte unzweifelhaft<br />
als einer <strong>der</strong> Wegbereiter <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />
Vogelkunde. So beschreibt er mit<br />
Ausnahme des Bergpiepers bereits<br />
alle Vogelarten <strong>der</strong> alpinen Stufe. Bei<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>dohle und <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>krähe<br />
kann er jedoch noch keine klare<br />
Trennung in zwei Arten erkennen<br />
und vermutet, dass die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Schnabelfärbung ähnlichen Mechanismen<br />
unterliegt wie die <strong>der</strong> Amsel,<br />
bei <strong>der</strong> das Männchen nur während<br />
<strong>der</strong> Brutzeit einen dottergelben<br />
Schnabel hat. Selbstredend ist <strong>der</strong><br />
Umstand, dass vor allem jene Arten<br />
umfangreicher dargestellt werden,<br />
die einerseits jagdliches Interesse<br />
hervorriefen, o<strong>der</strong> auch Arten, die in<br />
<strong>der</strong> Vogelhaltung <strong>der</strong> damaligen Zeit<br />
eine bedeutende Rolle spielten, wie es<br />
<strong>der</strong> Zitronenzeisig tat. Zu diesen Arten<br />
zählen allen voran <strong>der</strong> Steinadler,<br />
<strong>der</strong> Bartgeier sowie die Raufußhühner<br />
mit dem <strong>Alpen</strong>schneehuhn, bei<br />
dem Gessner bereits auf die unterschiedliche<br />
Gefie<strong>der</strong>färbung während<br />
<strong>der</strong> Sommer- und Wintermonate<br />
hinweist. Beim Auerhuhn und beim<br />
Birkhuhn beschäftigt er sich vorwiegend<br />
mit ihrer nicht eindeutig zuordenbaren<br />
Namensgebung und den<br />
sich daraus ergebenden nomenklatorischen<br />
Schwierigkeiten. Über die<br />
Ringdrossel schreibt er: „(B) ei uns<br />
wird sie auch in den Bergen gefunden,<br />
darum man sie Waldamsel und<br />
Birgamsel nennet“. Er erwähnte bereits<br />
auch die <strong>Alpen</strong>braunelle, den<br />
Schneesperling, den Birkenzeisig und<br />
den Mornell, ohne diese Arten aber<br />
Conrad Gessner verdanken wir erste Einblicke in<br />
die alpine <strong>Vogelwelt</strong>.<br />
Quelle: www.summagallicana.it/Gessner%20Zentrum/<br />
Gessner%20Conrad%20tertius.bmp<br />
Die Hochalpen waren im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t die letzten Rückzugsgebiete des einst weit verbreiteten Steinadlers.<br />
Auf dem Foto ist ein Vogel im ersten Winter zu sehen. Foto: J. Zmölnig. Mallnitz, 2009..<br />
den <strong>Alpen</strong> als ihrem Hauptlebensraum<br />
zuzuordnen.<br />
Doch Gessner war nicht nur ein unermüdlicher<br />
Naturforscher mit einer<br />
unbändigen Liebe zur Natur; er hatte<br />
auch etliche Berge selbst erklommen.<br />
Augenscheinlich hatte er sich mit <strong>der</strong><br />
Besteigung des Pilatus bei Luzern in<br />
<strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong> ein Denkmal<br />
gesetzt. Diese Errungenschaften<br />
blieben für mehr als 200 Jahre die<br />
einzige gedruckte Informationsquelle<br />
über die alpine <strong>Vogelwelt</strong>, abgesehen<br />
vom „Kärntner Jagdbuch“ des<br />
Strasser von Kollnitz (1556–1626),<br />
das jedoch nur in Manuskriptform<br />
überliefert blieb. Darin werden etliche<br />
<strong>Alpen</strong>vögel behandelt, vor allem<br />
schreibt er aber über die unterschiedlichsten<br />
Jagdmethoden, um diese Vögel<br />
zu erbeuten.<br />
„Unnahbar, schaurig-abstoßend<br />
und als Ruinen einer zerbrochenen<br />
Welt“ interpretierte Thomas Brunet in<br />
seiner „Telluris Theoria Sacra“ 1681<br />
die <strong>Alpen</strong>, weshalb es auch nicht ver-<br />
wun<strong>der</strong>lich ist, dass diese Region von<br />
den Menschen gemieden wurde.<br />
» Erschließung <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
Zu Beginn des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts verbreitete<br />
sich beson<strong>der</strong>s in den protestantischen<br />
Län<strong>der</strong>n Mitteleuropas<br />
die von England ausgehende Physiko-Theologie,<br />
die in <strong>der</strong> Betrachtung<br />
<strong>der</strong> Natur sowie in <strong>der</strong> Ergründung<br />
ihrer Eigenheiten und Vielfalt den<br />
wun<strong>der</strong>baren Bauplan des allmächtigen<br />
Schöpfers wi<strong>der</strong>spiegeln sollte.<br />
Dieser Zugang führte eine Reihe von<br />
Forschern von ihrem Stubengelehrtendasein<br />
in die Natur hinaus, um<br />
diese zu erforschen o<strong>der</strong> auch nur<br />
zu bestaunen. So rückten die <strong>Alpen</strong><br />
langsam immer mehr in das Interesse<br />
<strong>der</strong> Naturforscher, <strong>der</strong>en Bedeutung<br />
auch <strong>der</strong> berühmte Naturwissenschafter<br />
Albrecht von Haller 1729<br />
in dem Gedicht „Die <strong>Alpen</strong>“ hervorhob.<br />
Dieses Werk erlebte nicht nur 14<br />
Auflagen – es wurde zusätzlich ins<br />
Französische, Englische und Italienische<br />
übersetzt und gilt als Zeugnis<br />
eines neu aufkeimenden Interesses an<br />
dieser über Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg nur<br />
von Hirten und Jägern aufgesuchten<br />
Landschaft.<br />
Erst sehr spät, ab Beginn bis Mitte<br />
des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts, war das Interesse<br />
an <strong>der</strong> Vogelkunde <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
so groß, dass es zur spezifischen Aneignung<br />
kam. Viel früher schon wurden<br />
Handelswege durch die <strong>Alpen</strong><br />
geführt, jedoch galten diese als reine<br />
Verbindungswege zwischen Nord und<br />
Süd und regten nicht zum Innehalten<br />
und Erkunden an. Zwischen 1702<br />
und 1711 hatte <strong>der</strong> Schweizer Na-<br />
Der Falke 56, 2009 347
Geschichte<br />
turforscher und Arzt Johann Jakob<br />
Scheuchzer (1672–1733) die <strong>Alpen</strong><br />
bereist und ausgiebige Forschungen<br />
betrieben, die er in Buchform einem<br />
breiten Publikum zugängig machte.<br />
In seiner „Natur-Historie des<br />
Schweizerlandes“ wollte er eine umfassende<br />
Naturgeschichte präsentieren,<br />
die aber lei<strong>der</strong> nur in drei Bänden<br />
erschien. Die Botanik und die<br />
Vogelkunde sollten jeweils im vierten<br />
und fünften Band dieses Werkes behandelt<br />
werden. Diese wurden jedoch<br />
niemals gedruckt. So harrt <strong>der</strong> Vogelband<br />
noch immer als Manuskript<br />
in <strong>der</strong> Züricher Zentralbibliothek <strong>der</strong><br />
Veröffentlichung und würde in gedruckter<br />
Form <strong>der</strong> Allgemeinheit indessen<br />
ein reichhaltiges Zeugnis <strong>der</strong><br />
Erforschung <strong>der</strong> Schweiz und ihrer<br />
<strong>Alpen</strong>welt liefern. Nichtsdestotrotz<br />
ist Scheuchzer einer <strong>der</strong> Pioniere in<br />
<strong>der</strong> Erforschung des alpinen Lebensraums,<br />
<strong>der</strong> um die Mitte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
einen wahren Boom erlebte.<br />
Langsam wich die Abneigung gegen<br />
die schaurig-schöne Gebirgswelt und<br />
schlug in Begeisterung und Forscherdrang<br />
um. Sicherlich trugen dazu die<br />
Erstbesteigung des Mont Blanc durch<br />
den Genfer Naturwissenschaftler<br />
Horace Bénédict de Saussure 1786–<br />
1787 bei o<strong>der</strong> in Kärnten die des<br />
Großglockners 1799 und 1800 durch<br />
eine Gruppe von Naturwissenschaftlern,<br />
allen voran <strong>der</strong> Generalvikar<br />
von Gurk, Sigismund von Hohenwart.<br />
Getragen wurde die Aneignung<br />
348 Der Falke 56, 2009<br />
„Von <strong>der</strong> Natur lernen“ war einer <strong>der</strong><br />
Grundsätze, die Johann Scheuchzer vorlebte.<br />
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/<br />
commons/c/cf/Johann_Jakob_Scheuchzer.jpg<br />
dieses Jahrhun<strong>der</strong>te lang gemiedenen<br />
Durchgangsraums vor allem durch<br />
eine Bildungsbürgerschicht aus England<br />
und Deutschland, insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch Botaniker wie David Heinrich<br />
Hoppe und Mineralogen wie Belsazar<br />
Hacquet. Dies mag darin begründet<br />
sein, dass die Botanik eine weit reichende<br />
Bedeutung vor allem in <strong>der</strong><br />
Klasse <strong>der</strong> Heil- und Medizinalpflanzen<br />
hatte und die Herbation bereits<br />
eine weit verbreitete Form <strong>der</strong> Archivierung<br />
darstellte. Pflanzen konnten<br />
auf sehr einfache Weise gesammelt,<br />
transportiert o<strong>der</strong> archiviert werden.<br />
Demgegenüber befand sich die<br />
breit angelegte Aufbewahrung von<br />
Vogelbälgen erst in den Anfangsstadien.<br />
Vor allem aber drohten die<br />
Belege durch nicht sachgemäße Konservierung<br />
dem Verfall preisgegeben<br />
zu sein. Bedingt durch ihren Reichtum<br />
an Gebirgen schließen die vogelkundlichen<br />
Erforschungen <strong>der</strong><br />
<strong>Alpen</strong> fast nahtlos an die in<br />
<strong>der</strong> Schweiz an, womit<br />
dieses Land unanfechtbar<br />
die Vorreiterrolle<br />
in <strong>der</strong> Erschließung<br />
<strong>der</strong> alpinen <strong>Vogelwelt</strong><br />
übernommen hatte.<br />
Getragen wurde diese<br />
Bewegung durch eine<br />
gebildete Elite, die anfänglich<br />
ihre Informa-<br />
tionen und Objekte von Jägern und<br />
Vogelfängern erhielt, sich aber immer<br />
mehr selbst in die Erforschung<br />
einbrachte.<br />
» Die Schweizer Periode<br />
Daniel Sprüngli (1721–1801), ursprünglich<br />
als Pfarrer tätig, zog sich<br />
krankheitsbedingt nahe seiner Vaterstadt<br />
Bern auf ein Landgut zurück.<br />
Hier konnte er sich <strong>der</strong> Scientia amabilis<br />
hingeben und frei von finanziellen<br />
Sorgen ein umfangreiches naturwissenschaftliches<br />
Kabinett mit<br />
Mineralien, aber vor allem mit ausgestopften<br />
Vögeln anlegen, das sogar<br />
Der Schneesperling ist einer <strong>der</strong> wenigen Vögel, die das ganze Jahr im Hochgebirge<br />
ausharren. Foto: B. Huber. Goldeck, 2008.<br />
Goethes Aufmerksamkeit auf sich<br />
zog. Diese Sammlung umfasste ca.<br />
350 Individuen von in <strong>der</strong> Schweiz<br />
erlegten Vögeln. Nach Sprünglis Ableben<br />
konnte sie für das Naturhistorische<br />
Museum in Bern gesichert werden.<br />
Von dieser Sammlung, die bis<br />
auf zwölf Taxa alle damals<br />
in <strong>der</strong> Schweiz nachgewiesenen<br />
Vogelarten enthielt,<br />
überlebten jedoch<br />
nur ein einziges Ex-<br />
Daniel Sprüngli hatte zu<br />
seiner Zeit unzweifelhaft<br />
das größte Wissen über<br />
die <strong>Alpen</strong>vögel.<br />
Quelle: Archiv Naturhistorisches<br />
Museum Bern.
emplar, eine Schmarotzerraubmöwe,<br />
und ein erst kürzlich entdecktes Nest<br />
eines Goldhähnchens die Zeit. Ein<br />
weiterer Schwerpunkt seiner Beschäftigung<br />
mit <strong>der</strong> Ornithologie lag auf<br />
<strong>der</strong> Vogelhaltung. Beson<strong>der</strong>s für die<br />
<strong>Alpen</strong>ornithologie von Interesse sind<br />
Arten wie z. B. <strong>der</strong> Schneesperling<br />
o<strong>der</strong> die <strong>Alpen</strong>braunelle. Sein reichhaltiges<br />
Wissen über die Schweizer<br />
<strong>Vogelwelt</strong> fasste Sprüngli in einem<br />
dreibändigen Manuskript mit dem<br />
sinnreichen Titel „Ornithologia Helvetica“<br />
zusammen, das sich heute in<br />
<strong>der</strong> Burgerbibliothek in Bern befindet.<br />
Eine kleine Kostprobe seines umfangreichen<br />
Wissens wurde in den Reisebeschreibungen<br />
des Hannoverschen<br />
Hofapothekers Andreae abgedruckt,<br />
in <strong>der</strong> sein ungemein breites Wissen<br />
und seine detaillierten Kenntnisse <strong>der</strong><br />
damaligen ornithologischen Literatur<br />
ersichtlich werden. Ein Blick in seine<br />
„Ornithologia Helvetica“ offenbart<br />
die wahre Kennerschaft Sprünglis,<br />
<strong>der</strong> nicht nur alle Quellen seiner Zeit<br />
bis ins kleinste Detail hinein darstellte,<br />
son<strong>der</strong>n noch viel bedeutsamer<br />
sein Wissen von den zur damaligen<br />
Zeit nur fragmentarisch vorhandenen<br />
<strong>Alpen</strong>vögeln umfangreich erweiterte.<br />
Wie vom Manuskript Scheuchzers<br />
gibt es bis heute noch keine Edition<br />
dieser zur Geschichte <strong>der</strong> Schweizer<br />
Vogelkunde und <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>ornithologie<br />
so wichtigen Quelle, jedoch gibt<br />
es aktuelle Bestrebungen, das Wissen<br />
einer breiteren Basis zugänglich zu<br />
machen.<br />
» Vertiefung <strong>der</strong> Feldforschung<br />
Zu Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
machte ebenfalls ein Pfarrer, Johann<br />
Rudolf Steinmüller (1773–1835), mit<br />
seinen Publikationen in <strong>der</strong> von ihm<br />
redigierten Zeitschrift, die den treffenden<br />
Namen „Alpina – Eine Schrift<br />
<strong>der</strong> genauern Kenntnis <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>“<br />
trug, auf sich aufmerksam. Die Beiträge<br />
waren hauptsächlich <strong>der</strong> alpinen<br />
<strong>Vogelwelt</strong> gewidmet. Auch wenn<br />
er durchaus bemüht war, seine eigenen<br />
Erfahrungen in diese Arbeiten<br />
einfließen zu lassen, war er zugleich<br />
gezwungenermaßen auch auf weitere<br />
Quellen wie Berichte von Jägern und<br />
Hirten angewiesen. Zum ersten Mal<br />
wurden Anatomie, Morphologie und<br />
Ökologie von Vogelarten wie Bartgeier,<br />
<strong>Alpen</strong>schneehuhn, Zitronenzeisig<br />
Die <strong>Alpen</strong>braunelle wurde wegen ihres Gesanges früher auch als <strong>Alpen</strong>flühlerche bezeichnet.<br />
Foto: B. Huber. Goldeck, 2009.<br />
o<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>braunelle so ausführlich<br />
beschrieben wie in keinem vorangegangenen<br />
Werk. Allein dem Bartgeier<br />
widmet er einen 40-seitigen<br />
monographischen Überblick. Dabei<br />
erkannte er die anatomische Beson<strong>der</strong>heit<br />
des oberen Verdauungstrakts<br />
mit dem stark erweiterten Magen wie<br />
auch jene des Auges. Bei <strong>der</strong> Unterscheidung<br />
zwischen <strong>der</strong> schwärzlichen<br />
und hellen Variante konnte<br />
er sich allerdings nicht <strong>der</strong> Meinung<br />
des Züricher Heinrich Schinz anschließen,<br />
<strong>der</strong> diese Unterschiede als<br />
altersbedingte Klei<strong>der</strong> erkannte. De-<br />
tailreich wird aber die Beson<strong>der</strong>heit<br />
bei <strong>der</strong> Erschließung des fettreichen<br />
Marks in Knochen durch Fallenlassen<br />
aus großen Höhen in <strong>der</strong> Literatur<br />
beschrieben, nachdem diese Eigenheit<br />
schon Albertus Magnus viele<br />
Jahrhun<strong>der</strong>te zuvor aufgefallen war.<br />
Aufgrund seiner persönlich gewonnenen<br />
Erfahrungen mit dieser Art<br />
kann er den Neststandort und Aufbau<br />
genau beschreiben. Zudem sind<br />
seine Ausführungen über die <strong>Alpen</strong>braunelle<br />
und den Zitronenzeisig die<br />
umfangreichsten und genauesten<br />
seiner Zeit.<br />
Christian L. Brehm beschrieb 1831 erstmalig die mittel und südeuropäische Unterart<br />
alpestris <strong>der</strong> Ringdrossel. Foto: J. Zmölnig. Dobratsch, 2004.<br />
Der Falke 56, 2009 349
Geschichte<br />
Nicht mehr ausschließlich die<br />
Überlieferung, son<strong>der</strong>n die eigenen<br />
Erfahrungen werden immer bedeutsamer.<br />
Angeregt durch diese Publikationen<br />
und die starke Nachfrage nach<br />
Bälgen von <strong>Alpen</strong>vögeln kam es zu<br />
einem regen Austausch unter Gleichgesinnten<br />
vor allem in Deutschland<br />
und Holland, unter denen so klingende<br />
Namen wie Johann Friedrich<br />
Naumann o<strong>der</strong> Christian Ludwig<br />
Brehm zu fi nden sind.<br />
Naumann stand primär mit Heinrich<br />
Rudolf Schinz über mehr als<br />
zwanzig Jahre im Briefwechsel.<br />
Durch die Neubearbeitung des väterlichen<br />
Buchs „Naturgeschichte<br />
<strong>der</strong> Vögel Deutschlands“ war er vor<br />
allem bei den <strong>Alpen</strong>vögeln auf die<br />
Zuarbeit von Kennern angewiesen.<br />
Dazu trat er mit Heinrich Rudolf<br />
Schinz (1777–1861), dem in Zürich<br />
tätigen Arzt und späteren Professor<br />
für Naturgeschichte an <strong>der</strong> Universität<br />
Zürich, in briefl ichen Kontakt.<br />
Dieser wie<strong>der</strong>um plante mit dem in<br />
Bern ansässigen Friedrich Meisner<br />
die Herausgabe eines gemeinschaftlichen<br />
Werkes über die <strong>Alpen</strong>vögel,<br />
das zu einer umfassenden Naturgeschichte<br />
<strong>der</strong> Vögel erweitert werden<br />
sollte. Dieses Werk gelangte jedoch<br />
nie über das Planungsstadium hinaus.<br />
Allerdings fl ossen sehr viele<br />
Informa tionen von Schinz über die<br />
<strong>Alpen</strong>vögel direkt in das Werk Naumanns<br />
ein und fanden über diesen<br />
Umweg eine indirekte Veröffentlichung.<br />
Bedingt durch seine berufliche<br />
Tätigkeit in Zürich glänzte er<br />
nicht durch Feldforschungen, son<strong>der</strong>n<br />
bezog seine Informationen von<br />
Gewährsleuten und war hauptsächlich<br />
taxonomisch orientiert.<br />
350 Der Falke 56, 2009<br />
Getragen durch eine engagierte<br />
Gruppe von Schweizer Ornithologen<br />
wurde das Wissen über die <strong>Alpen</strong>vögel<br />
am Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
rasch erweitert. In diesen Chor <strong>der</strong><br />
Forscher stimmte auch Thomas Conrad<br />
von Baldenstein (1784–1878) ein.<br />
Aufgewachsen im Piemont und auf<br />
seiner geliebten Burg Baldenstein in<br />
Graubünden wandte er sich als junger<br />
Student zuerst <strong>der</strong> Jurisprudenz<br />
in Erlangen zu. Bald riefen ihn aber<br />
die Pfl ichten zur Verwaltung <strong>der</strong> elterlichen<br />
Güter zurück in die Heimat,<br />
wo es ihm möglich war, sich mit <strong>der</strong><br />
<strong>Vogelwelt</strong>, hauptsächlich aber mit den<br />
Vögeln <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>region zu beschäftigen.<br />
Durch eine akribische Beobachtungsgabe<br />
gepaart mit präzisen Aufzeichnungen<br />
konnte er das Problem<br />
<strong>der</strong> Geschwisterarten Sumpfmeise und<br />
Weidenmeise, die er 1827 als neue Art<br />
beschrieb, lösen. Schon ein Jahrzehnt<br />
früher hatte er den Berglaubsänger<br />
als eigenständige Art erkannt. Seine<br />
Ergebnisse veröffentlichte er jedoch<br />
erst viel später, wodurch Vieillot die<br />
Ehre <strong>der</strong> Erstbeschreibung zuteilwurde.<br />
Zusätzlich führte er die Gattungsbezeichnung<br />
Hippolais ein. Am<br />
gehaltvollsten waren zu seinen Lebzeiten<br />
aber seine Beiträge über den<br />
Schneesperling, den Bergpieper, die<br />
Weidenmeise, den Zitronenzeisig und<br />
die Felsenschwalbe in <strong>der</strong> von Steinmüller<br />
redigierten „Neuen Alpina“. In<br />
diesen Beiträgen konnte er das damalige<br />
Wissen über diese Arten nachhaltig<br />
erweitern. Später plante er die<br />
Veröffentlichung seines Manuskripts<br />
über die Schweizer <strong>Vogelwelt</strong>, die<br />
er jedoch nicht mehr erleben konnte.<br />
Bereits mehr als überfällig wurde<br />
dieses Manuskript 1981 gedruckt.<br />
Erst am Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde die Biologie des Bergpiepers ausführlicher<br />
beschrieben. Foto: J. Zmölnig. Dobratsch, 2005.<br />
Girtanner war einer <strong>der</strong> besten Kenner<br />
des Bartgeiers. Quelle: Naturmuseum St. Gallen.<br />
» Vernetzung und<br />
Internationalisierung<br />
Weiterer Schrittmacher war die Institutionalisierung<br />
in Form von Naturkundemuseen<br />
in den <strong>Alpen</strong>län<strong>der</strong>n.<br />
Aber auch die Museen fern <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
hatten ein reges Interesse am Ausbau<br />
ihrer Sammlungen mit alpinen Vogelarten.<br />
Mit Friedrich von Tschudis „Thierleben<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>welt“ fand 1853 die<br />
Popularisierung <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
ihren Höhepunkt im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />
Dieses Werk erschien nicht nur in<br />
über zehn Aufl agen, son<strong>der</strong>n wurde<br />
auch ins Englische, Französische<br />
und Dänische übersetzt. Durch einen<br />
fl üssigen und gut lesbaren Stil traf er<br />
den damaligen Zeitgeist und konnte<br />
so einer großen Leserschaft eine noch<br />
immer fern und unheimlich anmutende<br />
Region näher bringen. Einen<br />
breiten Teil seines Werks widmete er<br />
den <strong>Alpen</strong>vögeln und erschloss so<br />
ein nicht alltägliches Thema für eine<br />
breite Schicht.<br />
Trotz umfassen<strong>der</strong> Kenntnisse <strong>der</strong><br />
Literatur konnte er sich jedoch nicht<br />
von dem Glauben trennen, dass <strong>der</strong><br />
„Lämmergeier“ kleine Kin<strong>der</strong> angreift<br />
und fortträgt. Diese kaum aus <strong>der</strong><br />
Welt zu schaffende Mär trug ihren Teil<br />
zum Vernichtungsfeldzug gegen diesen<br />
„heißhungrigen & raubgierigen“<br />
Räuber bei. Dieses dunkle Kapitel <strong>der</strong><br />
mitteleuropäischen Kulturgeschichte<br />
führte zum Aussterben des Bartgeiers<br />
in den <strong>Alpen</strong>. Nicht nur seine Größe,<br />
son<strong>der</strong>n auch seine sagenhaften<br />
Attribute lenkten schon seit Conrad<br />
Gessner beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf<br />
diesen Vogel. Zusätzliches Wissen,
vor allem zur Biologie, lieferten <strong>der</strong><br />
zeitweise in Bern als Präparator tätige<br />
Caspar Rordorf (1773–1843) und<br />
Dr. Albert Girtanner (1839–1907), <strong>der</strong><br />
in St. Gallen lebte.<br />
Letzterer, von seiner Profession her<br />
als praktischer Arzt in seiner Heimatstadt<br />
tätig, widmete sich beson<strong>der</strong>s<br />
ausgiebig den <strong>Alpen</strong>vögeln und<br />
scheute we<strong>der</strong> Kosten noch Mühen,<br />
um sein Wissen über Vogelarten wie<br />
den Mauerläufer, das <strong>Alpen</strong>schneehuhn<br />
o<strong>der</strong> den Steinadler zu vergrößern.<br />
Seine beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit<br />
galt aber dem Bartgeier, die<br />
ihn dazu veranlasste, mit Kronprinz<br />
Rudolf in schriftliche Verbindung zu<br />
treten. Zusätzlich veröffentlichte er<br />
eine 156 Seiten umfassende monografi<br />
sche Abhandlung über den Bartgeier,<br />
die das damalige Wissen auf<br />
den aktuellsten Stand brachte. Einen<br />
unermüdlichen Mitstreiter fand er in<br />
Heinrich Zollikofer (1859–1930), <strong>der</strong><br />
als Präparator in St. Gallen ein eigenes<br />
Geschäft führte. Beachtlich waren<br />
seine Erfahrungen mit <strong>der</strong> Züchtung<br />
von in Volieren gehaltenen <strong>Alpen</strong>vögeln,<br />
wie <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>krähe, <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>dohle,<br />
des Schneesperlings, <strong>der</strong> Felsenschwalbe,<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>braunelle und<br />
des Mauerläufers, den er erfolgreich<br />
in <strong>der</strong> Voliere zum Brüten brachte.<br />
Lei<strong>der</strong> hatte er seine Tagebuchaufzeichnungen<br />
niemals veröffentlicht;<br />
diese erschienen erst 1956 posthum.<br />
In <strong>Österreich</strong> konzentrierte sich die<br />
Erschließung <strong>der</strong> alpinen <strong>Vogelwelt</strong><br />
vor allem auf die südlichen Bundeslän<strong>der</strong>,<br />
Steiermark und Kärnten, in<br />
denen sich <strong>der</strong> in Mariahof an <strong>der</strong><br />
steirisch-kärntnerischen Grenze beheimatete<br />
Pfarrer Blasius Hanf und<br />
<strong>der</strong> in Kötschach Mauthen tätige<br />
Schullehrer Franz Carl Keller intensiver<br />
mit <strong>der</strong> alpinen Tierwelt beschäftigten.<br />
Daneben widmete sich noch<br />
<strong>der</strong> Tiroler Dalla Torre diesem Thema.<br />
Pater Blasius Hanf (1808–1892)<br />
konnte als erster Ornithologe die dreifache<br />
Mauser des <strong>Alpen</strong>schneehuhns<br />
nachweisen. Weitere Anerkennung<br />
fand er durch den mitteleuropäischen<br />
Nachweis des Brutvorkommens des<br />
Mornells auf dem Zirbitzkogel. Aufgrund<br />
seiner bescheidenen Art wollte<br />
er sich und seine Forschungen jedoch<br />
niemals in den Vor<strong>der</strong>grund stellen,<br />
und die meisten seiner wichtigen Arbeiten<br />
wurden in <strong>der</strong> regionalen Zeitschrift<br />
des Naturwissenschaftlichen<br />
Vereins für die Steiermark publiziert.<br />
Damit waren seine Ergebnisse nicht<br />
weit verbreitet, was seinem Kontakt<br />
zu den internationalen Ornithologen<br />
aber keinen Abbruch tat.<br />
» <strong>Österreich</strong> und Deutschland<br />
Franz Carl Keller (1847–1907) konnte<br />
ebenfalls den Mornell, dieses Kleinod<br />
<strong>der</strong> österreichischen Avifauna, als<br />
Brutvogel für Kärnten bestätigen und<br />
lieferte 1884 in seinem ersten Buch<br />
„Die <strong>Vogelwelt</strong> <strong>der</strong> kärntnerischen<br />
<strong>Alpen</strong>“ eine informative Beschreibung<br />
<strong>der</strong> heimischen <strong>Alpen</strong>vögel.<br />
In Anlehnung an das populäre Werk<br />
von Friedrich von Tschudi schrieb<br />
er dieses Buch für das lokale Publikum,<br />
lieferte aber durchwegs auch<br />
Klassiker galt. Bedingt durch einen<br />
weitaus geringeren Anteil an den <strong>Alpen</strong><br />
beschränken sich in Deutschland<br />
die Ornithologen, die den <strong>Alpen</strong>raum<br />
erforschten, weitestgehend auf<br />
den süddeutschen Raum, wobei ein<br />
Mann unangefochten an <strong>der</strong> Spitze<br />
steht: Franz Murr. Gesegnet mit einer<br />
künstlerischen Gabe, hat er sich<br />
vor allem den Vögeln <strong>der</strong> Region<br />
um Berchtesgaden verschrieben und<br />
lieferte uns über viele Jahrzehnte<br />
hinweg aus <strong>der</strong> ersten Hälfte des 20.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts lebhafte Schil<strong>der</strong>ungen<br />
aus den bayrischen <strong>Alpen</strong>.<br />
» Paradigmenwechsel<br />
Der Übergang zu einem neuen Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
führte auch zu neuen Metho-<br />
Vor allem in den Zirbenwäl<strong>der</strong>n erreicht <strong>der</strong> Tannenhäher hohe Dichten.<br />
Foto: B. Huber. Millstätter Alpe, 2009.<br />
Details zur Biologie <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>vögel,<br />
die dann 1890 noch umfangreicher<br />
in seinem Opus magnum „Ornis Carinthiae“<br />
abgehandelt wurden. Er<br />
zählte mit zu jenen Ornithologen, die<br />
als letzte ausgiebige Beobachtungen<br />
am Horst des Bartgeiers in den österreichischen<br />
Südalpen durchführen<br />
konnten. Daneben veröffentlichte<br />
er eine Monografi e über die Gämse,<br />
die über viele Jahrzehnte hinweg als<br />
den in <strong>der</strong> Ornithologie. Dabei spielte<br />
<strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> groß angelegten wissenschaftlichen<br />
Vogelberingung, die<br />
durch die Versuche des dänischen<br />
Ornithologen Hans Christian Mortensen<br />
auf eine breite Basis gestellt<br />
wurden, eine entscheidende Rolle.<br />
Rasch fand diese neue Methodik<br />
überall in Europa ihre Anhänger und<br />
bot auch für die <strong>Alpen</strong>ornithologie<br />
ein reiches Betätigungsfeld. Wurde<br />
Der Falke 56, 2009 351
Geschichte<br />
die Beringung anfänglich zur teilweise<br />
unversöhnlich geführten Debatte,<br />
ob ein ausgeprägter Vogelzug<br />
über die <strong>Alpen</strong> führte, nicht herangezogen,<br />
wurde sie vor allem später<br />
an Schweizer <strong>Alpen</strong>pässen, wie Cou<br />
und Bretolet, bei Planberingungen<br />
verwendet. Unterstützt wurden diese<br />
Untersuchungen später durch den<br />
Einsatz <strong>der</strong> Radarornithologie.<br />
Noch immer waren im vorigen<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t die Aktivitäten im Bereich<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>vögelforschung auf<br />
einige wenige Begeisterte beschränkt.<br />
Nachdem im ausgehenden 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
die Morphologie und die<br />
systematische Einordnung im Vor<strong>der</strong>grund<br />
<strong>der</strong> Forschungstätigkeiten<br />
standen, rückte im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
die Biologie mit allen ihren Teilaspekten<br />
in den Mittelpunkt. Im 20.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t wurde diese Strömung<br />
von Dr. Ulrich Corti (1904–1969)<br />
getragen, <strong>der</strong> sich vorwiegend <strong>der</strong><br />
Erforschung <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>vögel verschrieben<br />
hatte. Anfänglichen Publi<br />
kationen in Fachzeitschriften wie<br />
dem „Ornithologischen Beobachter“<br />
folgten bald Buchpublikationen, allen<br />
voran die in acht Teilbänden erschienene<br />
Reihe „<strong>Vogelwelt</strong> <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>“<br />
mit Einzelbänden wie „Die <strong>Vogelwelt</strong><br />
<strong>der</strong> schweizerischen Nordalpenzone“,<br />
352 Der Falke 56, 2009<br />
Bereits <strong>der</strong> römische Schriftsteller<br />
Plinius kannte die <strong>Alpen</strong>dohle.<br />
Foto: H. Pirker. Dobratsch, 2002.<br />
„Die Brutvögel <strong>der</strong> deutschen und<br />
österreichischen <strong>Alpen</strong>zone“ und<br />
„Die Brutvögel <strong>der</strong> französischen und<br />
italienischen <strong>Alpen</strong>zone“. Akribisches<br />
Arbeiten mit einem immens breiten<br />
Literaturstudium ermöglichten erst<br />
die Herausgabe eines so umfassend<br />
angelegten Werks, das jedoch gleichzeitig<br />
die Wissenslücken auf dem<br />
Gebiet <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>ornithologie offen<br />
legte und auch Motor für die Gründung<br />
einer Arbeitsgemeinschaft für<br />
<strong>Alpen</strong>ornithologie im Sommer 1965<br />
in Innsbruck war. Als Publikationsorgan<br />
erscheint seit 1966 die Zeitschrift<br />
„Monticola“, die sich speziell<br />
mit faunistischen Publikationen<br />
hervortat, letztendlich aber die weit<br />
gesteckten Ziele Cortis inhaltlich<br />
nicht ganz erfüllen konnte. Beson<strong>der</strong>s<br />
hervorzuheben ist aber die über<br />
40-jährige Schriftleitung in den Händen<br />
von Franz Nie<strong>der</strong>wolfsgruber.<br />
1962 wurde in Innsbruck <strong>der</strong> erste<br />
Zoo eröffnet, <strong>der</strong> sich ausschließlich<br />
mit den Tieren <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong> beschäftigt.<br />
Keine Erwähnung können lei<strong>der</strong> jene<br />
unzähligen Avifaunisten finden, die<br />
vor allem unser Wissen über die Verbreitung<br />
<strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>vögel umfassend<br />
bereicherten, denn dies würde den<br />
Rahmen dieses Beitrages bei Weitem<br />
sprengen.<br />
» Institutionalisierung<br />
Im ausgehenden 20. Jahrhun<strong>der</strong>t än<strong>der</strong>te<br />
sich die Forschung, die in ihren<br />
Anfängen vornehmlich von Laien<br />
getragen wurde, grundlegend. In den<br />
letzten Jahrzehnten erfolgten die<br />
Forschungstätigkeiten nahezu ausschließlich<br />
im universitären Bereich.<br />
Darunter fallen klassische Arbeiten<br />
zur Anpassung von Schneesperlingen<br />
an ihren extremen Lebensraum<br />
o<strong>der</strong> die komplexe soziale Struktur<br />
unter <strong>Alpen</strong>braunellen wie auch die<br />
inzwischen klassischen Studien am<br />
Steinadler o<strong>der</strong> die Monografien über<br />
Bergpieper und Steinhuhn. Als letzter<br />
von Menschenhand kaum berührter<br />
Lebensraum im Zentrum von Mitteleuropa<br />
stellen die Gebirge <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong><br />
nach wie vor ein ideales Betätigungsfeld<br />
für Forschungen in einem weitestgehend<br />
ungestörten Ökosystem dar.<br />
Josef Feldner<br />
Neben einem lebenslangen<br />
Interesse an <strong>der</strong><br />
europäischen <strong>Vogelwelt</strong><br />
sammelt Dr. Josef Feldner<br />
seit 25 Jahren leidenschaftlich<br />
alte Vogelbücher.<br />
Mitbegrün<strong>der</strong> und<br />
seit 2006 Obmann von <strong>BirdLife</strong> <strong>Österreich</strong>,<br />
Landesgruppe Kärnten.<br />
Literatur zum Thema:<br />
Baldenstein, v., T. C. (1981):<br />
Vogelbauer. Chur.<br />
Böhm, C. (2000): Der Wasserpieper.<br />
Aula-Verlag, Wiesbaden.<br />
Glutz von Blotzheim, U. N.<br />
(1996): 25 Jahre <strong>Alpen</strong>ornithologie<br />
– Ein Überblick. Orn.<br />
Beobachter 93: 95–102.<br />
Hafner, F. (1994): Das Steinhuhn<br />
in Kärnten. NWV Kärnten.<br />
Haller, H. (1996): Der Steinadler<br />
in Graubünden. Beiheft 9<br />
Orn. Beobachter, 168 S.<br />
Heer, L. (1996): Cooperative<br />
breeding by Alpine Accentor<br />
Prunella collaris: Polygynandry,<br />
territoriality and multiple<br />
paternity. J. Orn. 137: 35–51.<br />
Heininger, H. (1989): Anpassungsstrategien<br />
des Schneefinken<br />
Montifringilla nivalis<br />
an die extremen Umweltbedingungen<br />
des Hochgebirges.<br />
Orn. Beobachter 88: 193–207.
Termine<br />
25. Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen Arbeitsgemeinschaft<br />
zum Schutz <strong>der</strong> Eulen e. V.<br />
Vom 30. Oktober bis 1. November 2009 fi ndet die diesjährige<br />
Jahrestagung <strong>der</strong> AG Eulen in Sebnitz, in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft zum Nationalpark „Sächsische<br />
Schweiz“, statt. Das Vortragsprogramm startet bereits<br />
am Freitagnachmittag mit allgemeinen Themen<br />
und wird sich am Samstag vorrangig<br />
waldbewohnenden Eulenarten zuwenden. Die<br />
AG Eulen<br />
erste Mitglie<strong>der</strong> versammlung unseres mit erweitertem<br />
Namen neu gegründeten Vereins<br />
fi ndet am Freitagabend statt. Der Samstagabend ist Filmvorführungen<br />
vorbehalten und wird mit dem traditionellen<br />
Eulen(schützer)-Stammtisch ausklingen. Für den<br />
Sonntagvormittag sind mehrere Exkursionen in die Felslandschaft<br />
<strong>der</strong> Hinteren Sächsischen Schweiz geplant. Das<br />
Tagungsprogramm sowie weitere Hinweise können unter<br />
www.ageulen.de eingesehen werden.<br />
Anmeldungen bitte bis 15.10.2009 an: Ulrich Augst, Albert-Kunze-Weg<br />
8, 01855 Sebnitz, Tel.: 035971-58253 o<strong>der</strong><br />
per E-Mail: ulrich.augst@smul.sachsen.de<br />
Vogelfestivals im September in Nordrhein-<br />
Westfalen und Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
Die Vogelfestivals sind Treffpunkt für alle Vogel- und Naturfreunde.<br />
Die Programme bieten sowohl an <strong>der</strong> Ruhr als<br />
auch am Steinhu<strong>der</strong> Meer ein vielfältiges Programm auf<br />
<strong>der</strong> Bühne, im Außenbereich und in den Seminarräumen.<br />
Beide Vogelfestivals werden in Kooperation mit dem jeweiligen<br />
Landesverband des Naturschutzbundes Deutschlands<br />
(NABU) organisiert.<br />
Das Vogelfestival Ruhr 2009 fi ndet statt vom 4. bis 6.<br />
September 2009 am Südufer des Kemna<strong>der</strong> Sees (Oveney)<br />
TV Programmvorschau<br />
Regelmäßige Sendungen:<br />
Mo – Fr<br />
» ZDF. 15.15 Uhr: SOS für alle Felle<br />
Geschichten aus dem Tierheim Berlin<br />
» ARD. 16.10 Uhr: Elefant, Tiger & Co.<br />
Geschichten aus dem Leipziger Zoo<br />
» hr Fernsehen. 17.10 Uhr: Eisbär, Affe & Co.<br />
Zoogeschichten aus Stuttgart<br />
Mittwochs<br />
» NDR. 17.00 Uhr: DAS! Norddeutschland und die Welt<br />
» MDR. 19.50 Uhr: Tierisch, tierisch. Das Tiermagazin<br />
Weitere Sendungen:<br />
Samstag, 5. September 2009<br />
» Bayerisches Fernsehen. 14.35 Uhr: Zeit für Tiere<br />
Sonntag, 6. September 2009<br />
» 3sat. 17.00 Uhr: Im Königreich des Kasuars: Ein Riesenvogel<br />
kämpft um seinen Wald<br />
Mittwoch, 9. September 2009<br />
» hr Fernsehen. 9.45 Uhr: Tiere und Pflanzen: Das Huhn<br />
von Frau Hahn – Vom Käfig in die Freiheit<br />
5. September 2009 – 5. Oktober 2009<br />
im Ruhrtal bei Bochum. Das Vogelfestival<br />
Steinhude 2009 wird vom 18. bis<br />
20. September an <strong>der</strong> Seepromenade<br />
in Steinhude die Naturfreunde aus Nie<strong>der</strong>sachsens anlocken.<br />
Infos im Internet: www.vogelfestival.de<br />
Jubiläum<br />
Einhard Bezzel ist 75!<br />
„Am 26. August 2009 wurde<br />
Dr. Einhard Bezzel 75 Jahre<br />
alt!“ Es ist eine dieser Meldungen,<br />
auf die die meisten<br />
Menschen, die Einhard Bezzel<br />
kennen, mit einem verwun<strong>der</strong>ten<br />
„Wie bitte?“ reagieren.<br />
75 Jahre – und energiegeladen,<br />
diskussionsbereit, fachkundig<br />
und publikationsfreudig wie<br />
eh und je. Ein Urgestein <strong>der</strong><br />
bayerischen und deutschen Ornithologie, das durch seine<br />
Arbeit tiefe Spuren im Wissen über unsere <strong>Vogelwelt</strong><br />
hinterlassen hat. Ich würde wetten, dass je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sich in<br />
Bayern und Deutschland für Vögel und ihren Lebensraum<br />
interessiert, nicht nur ein Buch im Regal stehen hat, auf<br />
dessen Buchrücken <strong>der</strong> Name „Bezzel“ steht.<br />
Einhard Bezzel war von 1995 bis 2007 Chefredakteur<br />
<strong>der</strong> Zeitschrift DER FALKE. Auch heute noch ist er für uns<br />
wichtiger Diskussionspartner – stets messerscharf, unerbittlich<br />
und herausragend fachkundig in seiner Bewertung<br />
von Inhalten und Formulierungen. Im Namen <strong>der</strong> Redaktion<br />
und des Verlags <strong>der</strong> Zeitschrift DER FALKE wünsche<br />
ich Einhard Bezzel alles Gute zu seinem halbrunden Geburtstag<br />
und freue mich auf viele weitere Jahre guter Zusammenarbeit.<br />
(sch)<br />
Donnerstag, 10. September 2009<br />
» hr Fernsehen. 14.15 Uhr: Brutplatz für Millionen: Seevögel<br />
<strong>der</strong> Seychellen<br />
Freitag, 11. September 2009<br />
» 3sat. 6.40 Uhr: Felix und die wilden Tiere: Der Vogel<br />
mit dem schwarzen Bart<br />
Samstag, 12. September 2009<br />
» 3sat. 5.00 Uhr: Operation Rote Erde: Kampf um den<br />
Regenwald am Amazonas<br />
» Bayerisches Fernsehen. 19.00 Uhr: natur exclusiv:<br />
Maleo – Der Vogel, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Erde kommt<br />
Mittwoch, 16. September 2009<br />
» SWR. 7.45 Uhr: Tiere und Pflanzen: Ganz schön behämmert<br />
– Spechten auf <strong>der</strong> Spur<br />
» 3sat. 13.15 Uhr: Traisen - Lebendiger Fluss durch die<br />
Zeit<br />
Sonntag, 27. September 2009<br />
» 3sat. 17.30 Uhr: Arche Noah: Thema: Orientierung bei<br />
Tieren<br />
Foto: H.-J. Fünfstück. Herbst 2008.<br />
Der Falke 56, 2009 353<br />
Leute & Ereignisse
Reise<br />
354 Der Falke 56, 2009<br />
Naturerlebnis Kärnten<br />
Kärnten liegt am Südrand Mitteleuropas im Grenzbereich <strong>der</strong> Zentralalpen und <strong>der</strong> südlichen<br />
Kalkalpen. Aufgrund seiner geografi schen und topografi schen Lage hält das südlichste<br />
Bundesland <strong>Österreich</strong>s für seine naturkundlich interessierten Besucher eine große<br />
Vielfalt an Attraktionen und Naturerlebnissen bereit. Die wichtigsten hiervon hat Werner<br />
Sturm für uns kurz beschrieben.<br />
Bedingt durch die Ausgestaltung<br />
des Höhenreliefs von <strong>der</strong><br />
Gletscherregion des höchsten<br />
Berges <strong>Österreich</strong>s, des Großglockners<br />
(3798 m) im Nordwesten, bis zu seinem<br />
tiefsten Punkt bei etwa 340 m im Osten<br />
bei Lavamünd, seinem Reichtum<br />
an stehenden (mehr als 1000) und fl ießenden<br />
Gewässern, den unterschiedlichen<br />
klimatischen Verhältnissen und<br />
<strong>der</strong> Verschiedenheit <strong>der</strong> Böden mit ihrem<br />
typischen Pfl anzenbewuchs stellt<br />
Kärnten ein Land <strong>der</strong> spannenden Gegensätze<br />
dar.<br />
Für den Naturinteressierten, <strong>der</strong><br />
die Ursprünglichkeit und Schönheit<br />
<strong>der</strong> Lebensräume von seltenen o<strong>der</strong><br />
gefährdeten Tier- und Pfl anzenarten<br />
erleben möchte, bietet sich in erster<br />
Linie <strong>der</strong> Besuch eines <strong>der</strong> zahlreichen,<br />
über das ganze Land verstreuten<br />
Schutzgebiete an. Fast zwölf<br />
Prozent <strong>der</strong> Fläche Kärntens sind<br />
durch verschiedene internationale,<br />
nationale und regionale Schutzgebietskategorien,<br />
vom Nationalpark<br />
bis zum örtlichen Naturdenkmal, geschützt.<br />
» Nationalparks<br />
Beson<strong>der</strong>s umfassende und eindrucksvolle<br />
Naturerlebnisse können<br />
den Besuchern die beiden Kärntner<br />
Nationalparks Hohe Tauern und<br />
Nock berge liefern.<br />
Der Nationalpark Hohe Tauern ist<br />
auf die drei Bundeslän<strong>der</strong> Kärnten,<br />
Salzburg und Tirol verteilt und umfasst<br />
eine Fläche von 180 000 ha. Auf<br />
den Kärntner Anteil entfallen Bereiche<br />
<strong>der</strong> Glocknergruppe mit dem<br />
Pasterzengletscher sowie <strong>der</strong> Schober-<br />
und Ankogelgruppe.<br />
Den Besucher erwartet außer dem<br />
Erlebnis einer spektakulären Hochgebirgswelt<br />
an den etwa 1200 km<br />
langen Wan<strong>der</strong>wegen, die von den<br />
Tälern bis zu den Gipfelregionen<br />
führen, eine reichhaltige Tier- und<br />
Pfl anzenwelt. Neben den charakteristischen<br />
Säugetieren wie Steinbock<br />
und Murmeltier können in vogelkundlicher<br />
Hinsicht im Nationalpark<br />
sämtliche alpinen Raufußhühnerarten<br />
angetroffen werden. Großvögel<br />
wie Steinadler, Bartgeier, Uhu und<br />
Kolkrabe fi nden hier ihre geschützten<br />
Rückzugsgebiete. Beson<strong>der</strong>es Aufsehen<br />
erregte <strong>der</strong> Nachweis <strong>der</strong> ersten<br />
Brut einer Zitronenstelze für Kärnten<br />
im Juli 2007 am Margaritzenspeicher<br />
bei Heiligenblut in 2000 m Höhe.<br />
Einen an<strong>der</strong>en Eindruck bei seinen<br />
Besuchern hinterlässt <strong>der</strong> Nationalpark<br />
Nockberge. Seine Mittelgebirgs-<br />
Der Großglockner mit dem Gletscher<br />
Pas terze bildet den höchstgelegenen<br />
Bereich des Vogelschutzgebietes<br />
„Nationalpark Hohe Tauern”.<br />
Foto: Amt <strong>der</strong> Kärntner Landesregierung.
landschaft wird von den meist sanft<br />
geformten Kuppen (Nocken) mit<br />
hochgelegenen ebenen Flächen geprägt<br />
und umfasst den westlichen Teil<br />
<strong>der</strong> Gurktaler <strong>Alpen</strong> mit dem Eisenhut<br />
(2441 m) als höchster Erhebung. Mit<br />
etwas Glück und Ausdauer können<br />
Raritäten wie z. B. <strong>der</strong> zur Brutzeit hier<br />
heimische Mornellregenpfeifer o<strong>der</strong><br />
das ebenfalls hier brütende Steinhuhn<br />
beobachtet werden. Bemerkenswert in<br />
vegetationskundlicher Hinsicht sind<br />
die bestandsbildenden Zirben- und<br />
Lärchenwäl<strong>der</strong> in dieser Region. Der<br />
Nationalpark ist durch die bekannte<br />
Nockalmstraße verkehrsmäßig gut<br />
erschlossen, sodass auch Wan<strong>der</strong>muffeln<br />
schöne Natureindrücke von den<br />
Aussichtspunkten an <strong>der</strong> Straße geboten<br />
werden.<br />
» Naturparks<br />
Neben den beiden Nationalparks wurden<br />
zwei weitere Regionen in Kärnten<br />
beson<strong>der</strong>s für die Erholung und Wissensvermittlung<br />
über die Natur für<br />
geeignet befunden und mit dem Prädikat<br />
„Naturpark“ ausgezeichnet.<br />
Der Naturpark Dobratsch als erster<br />
Naturpark Kärntens vereint mehrere<br />
Natura-2000-Gebiete, Naturschutz-<br />
und Landschaftsschutzgebiete und<br />
umfasst Teile <strong>der</strong> Naturparkgemeinden<br />
Arnoldstein, Bad Bleiberg, Nötsch und<br />
Villach. Der Dobratsch als Mittelpunkt<br />
des Naturparks wird auch als Villacher<br />
Alpe bezeichnet und ist mit einer Höhe<br />
von 2166 Meter die höchste Erhebung<br />
<strong>der</strong> östlichen Gailtaler <strong>Alpen</strong>. Charakteristisch<br />
für das Landschaftsbild<br />
seiner Umgebung sind seine steilen<br />
Felsabbrüche und Schütthänge, wobei<br />
es bekannterweise durch ein starkes<br />
Erdbeben im Jahre 1348 zu massiven<br />
Bergstürzen und Abrutschungen eines<br />
Großteiles seiner Südhänge kam.<br />
Gerade die südexponierten Schutthalden<br />
und Bergwände beherbergen<br />
eine Reihe von botanischen und faunistischen<br />
Kostbarkeiten. Neben den<br />
hier vorkommenden verschiedenen<br />
Orchideen arten hat die Illyrische<br />
Gladiole bei Oberschütt den einzigen<br />
bekannten Standort in Öster reich.<br />
Erwähnenswert ist auch die größte<br />
Sandvipernpopulation <strong>Österreich</strong>s in<br />
diesem Gebiet.<br />
Die Bedeutung des Dobratsch auch<br />
für die <strong>Vogelwelt</strong> Kärntens ist durch<br />
seine Einstufung als Import Bird Area<br />
(IBA) von <strong>BirdLife</strong> International dokumentiert.<br />
Rund 125 Vogelarten kommen<br />
in diesem Gebiet vor. Beson<strong>der</strong>s<br />
<strong>der</strong> Brutbestand des Ziegenmelkers<br />
mit gesamteuropäischer Bedeutung<br />
sowie das Vorkommen <strong>der</strong> für Kärnten<br />
ausgesprochen seltenen Arten <strong>Alpen</strong>segler,<br />
Steinrötel, Zitronengirlitz und<br />
Zwergschnäpper als Brutvögel sind<br />
hervorzuheben. Als beson<strong>der</strong>e Rarität<br />
wurde im Jahre 2007 zuletzt <strong>der</strong><br />
Grünlaubsänger als Durchzugsgast<br />
erstmals für Kärnten nachgewiesen.<br />
Erst seit Kurzem durch die von Bird-<br />
Life Kärnten organi sier ten Greifvogelcamps<br />
bekannt ist die volle Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Umgebung des Dobratsch als inne-<br />
Der Nationalpark Nockberge mit<br />
seinen sanften Bergkuppen zählt<br />
zu den wichtigsten Lebensräumen<br />
<strong>der</strong> Kärntner <strong>Vogelwelt</strong>.<br />
Foto: Amt <strong>der</strong> Kärntner Landesregierung.<br />
ralpiner Knoten punkt für den Greifvogelzug.<br />
Dabei nutzen hauptsächlich in<br />
den Monaten August und September<br />
mehrere Tausend Wespenbussarde die<br />
thermischen Aufwinde <strong>der</strong> Südhänge<br />
des Dobratsch als natürlichen Antrieb<br />
für ihren Zug nach Afrika nützen<br />
(s. Seite 336). Der Dobratsch bietet seinen<br />
Besuchern aufgrund seiner Lage<br />
im Kärntner Zentralraum ein unvergessliches<br />
Panorama. Er ist über die<br />
Villacher <strong>Alpen</strong>straße verkehrsmäßig<br />
sehr gut erreichbar. An <strong>der</strong> <strong>Alpen</strong>straße<br />
wurde eine Aussichtsplattform mit<br />
Sicht auf die Karawanken und Karnischen<br />
<strong>Alpen</strong> errichtet.<br />
Im Jahre 2006 wurden die mehr als<br />
76 km 2 des Landschaftsschutzgebietes<br />
Weißensee von <strong>der</strong> Kärntner Landesregierung<br />
zum Naturpark erklärt.<br />
Damit ist <strong>der</strong> Naturpark Weißensee<br />
mit dem viertgrößten Kärntner See<br />
als Mittelpunkt <strong>der</strong> zweite Naturpark<br />
Kärntens. Er liegt in einem tiefen<br />
Taleinschnitt in den Gailtaler <strong>Alpen</strong><br />
in einer Höhe von 930 bis 2200 Meter<br />
und wird landschaftlich von den<br />
Elementen Wald, Wiesen und Wasser<br />
bestimmt. Trotz seiner Höhenlage erreicht<br />
<strong>der</strong> Weißensee mit seinen weitgehend<br />
unverbauten Uferregionen<br />
auf Grund <strong>der</strong> günstigen, mediterran<br />
beeinfl ussten klimatischen Verhältnisse<br />
Badetemperaturen, wobei sein<br />
türkisblaues Wasser Trinkwasserqualität<br />
hat. Im Jahre 1995 wurde die<br />
Gemeinde Weißensee mit dem Europäischen<br />
Preis für Umwelt und Tourismus<br />
ausgezeichnet. Im Winter bie-<br />
Der Falke 56, 2009 355
Reise<br />
tet <strong>der</strong> Weißensee mit seiner fast vier<br />
Monate bestehenden, tragfähigen<br />
Eisdecke hervorragende Bedingungen<br />
für den Eissport. Sumpf- und Wasservögel<br />
nutzen den See am Durchzug.<br />
Als Brutvögel treten im Gebiet Wan<strong>der</strong>falke<br />
und Steinadler auf.<br />
Es ist an dieser Stelle natürlich<br />
unmöglich, die an<strong>der</strong>en weit über<br />
Hun<strong>der</strong>t zählenden Natur- und Landschaftsschutzgebiete<br />
Kärntens vorzustellen.<br />
Die folgende Auswahl dieser<br />
Kleinode <strong>der</strong> Kärntner Natur muss<br />
daher auf einen geringen Ausschnitt<br />
beschränkt bleiben.<br />
» Einen Besuch wert<br />
Beson<strong>der</strong>s in den Monaten Juni<br />
und Juli ist das Natur- und Europaschutzgebiet<br />
Mussen westlich von<br />
Kötschach-Mauthen am Eingang zum<br />
Lesachtal in etwa 1500 bis 2050 m<br />
Höhe sehenswert. Dieses Schutzgebiet<br />
ist gekennzeichnet durch seine Bergwiesen<br />
(Bergmäh<strong>der</strong>) mit außergewöhnlicher<br />
Blumenpracht und spektakulärer<br />
Artenfülle. Neben seltenen<br />
Enzian- und Lilienarten kann man auf<br />
<strong>der</strong> Mussen auch botanische Raritäten<br />
wie die <strong>Alpen</strong>-Betonie, Großkopf-<br />
Scharte und Kohlröserl vorfi nden.<br />
Abgesehen von <strong>der</strong> Pfl anzenfülle bietet<br />
die Mussen auch in faunistischer<br />
Hinsicht mit über 1100 Tierarten eine<br />
beson<strong>der</strong>e Artenvielfalt, beson<strong>der</strong>s<br />
Das Hörfeldmoor an <strong>der</strong> kärntnerisch-steirischen<br />
Grenze beherbergt<br />
viele Karmingimpel und Braunkehlchen;<br />
356 es ist Der ein Falke Trittstein 56, 2009 für<br />
den Vogelzug. Foto: Arge Naturschutz.<br />
durch die mehr als 400 verschiedenen<br />
Schmetterlingsarten.<br />
Das Hörfeld-Moor zwischen den<br />
Gurktaler und Seetaler <strong>Alpen</strong> im<br />
Grenzgebiet von Kärnten und <strong>der</strong><br />
Steiermark auf etwa 930 m Seehöhe<br />
vereint mehrere Schutzgebietskategorien<br />
in sich. Es ist ein nominiertes<br />
Europaschutzgebiet (Natura-2000),<br />
Naturschutz- und Ramsargebiet mit<br />
einer Fläche von ca. 133 ha. Vom Typ<br />
her ist es ein Durchströmungsmoor<br />
und zeichnet sich aufgrund seines<br />
Entstehungsverlaufes durch eine Vielzahl<br />
an seltenen (z. B. Schwingrasen)<br />
und daher wertvollen Lebensräume<br />
aus. Neben den botanischen Beson<strong>der</strong>heiten,<br />
wie Sonnentau, Torfmoospolster<br />
und Sumpf-Stendelwurz-<br />
Orchidee wurden im Torfkomplex<br />
etwa 125 Vogelarten wie z. B. Kiebitz,<br />
Braunkehlchen und Karmingimpel<br />
als Brutvögel nachgewiesen.<br />
Ein weiteres Naturjuwel Kärntens<br />
stellt das Sablatnigmoor in <strong>der</strong> Nähe<br />
von Eberndorf in Unterkärnten dar.<br />
Es ist ebenfalls nach den rechtlichen<br />
Bestimmungen als Europaschutzgebiet<br />
(Natura-2000), Naturschutz- und<br />
Ramsargebiet geschützt. Im Prinzip<br />
handelt es sich hierbei um einen<br />
verlandeten Fischteich in einer Senke<br />
zwischen bewaldeten Hügeln, <strong>der</strong><br />
mit dem Turner- und Klopeinersee in<br />
seiner Nähe einen größeren Feuchtgebietskomplex<br />
bildet. Die offene<br />
Was ser fl äche beschränkt sich heutzutage<br />
auf den nordöstlichen Teil des<br />
etwa 96 ha großen Moores. Bekannt<br />
ist das Sablatnigmoor für seinen Orchideenreichtum,<br />
darunter auch ausgesprochen<br />
seltene und gefährdete<br />
Arten wie <strong>der</strong> Sumpf-Stendelwurz<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> gelblich blühende Glanzstendel.<br />
Das Moor ist aber auch eines<br />
<strong>der</strong> wichtigsten Vogelschutzgebiete<br />
Kärntens mit über 164 nachgewiesenen<br />
Arten, wobei als Durchzügler<br />
See- und Fischadler, verschiedene<br />
Seeschwalben- und Weihenarten und<br />
als Brutvögel Zwergrohrdommel,<br />
Eisvogel, Baumfalke und Schnatterente<br />
zu nennen sind. Im Rahmen des<br />
Interreg-Projektes „Bird Watching“<br />
ist das Sablatnigmoor mit an<strong>der</strong>en<br />
Beob achtungsorten in Slowenien und<br />
Italien in ein län<strong>der</strong>übergreifendes<br />
Angebot für Vogelbeobachter eingebunden.<br />
Betreut wird das Gebiet vom<br />
Naturschutzverein Sablatnigmoor,<br />
<strong>der</strong> im Schutzgebiet das Besucher-<br />
und Forschungszentrum „Tomar-<br />
Keusche“ betreibt.<br />
» Per Rad o<strong>der</strong> zu Fuß<br />
Naturinteressierte Besucher Kärntens,<br />
die das Naturerlebnis mit einer sportlichen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung verbinden<br />
möchten, können die beiden „Unternehmen“<br />
Drauradweg und Karnischer<br />
Höhenweg empfohlen werden.
Der Drauradweg führt vom Drauursprung<br />
am Toblacher Feld in Südtirol<br />
entlang des Flusses durch Osttirol<br />
und Kärnten bis nach Marburg<br />
in Slowenien. Der Radweg ist damit<br />
rund 366 km lang und zeichnet sich<br />
durch seine landschaftliche Schönheit<br />
aus. Für die ganze Strecke sollte<br />
man etwa vier bis sieben Tage einplanen,<br />
bei einer kürzeren Streckenwahl<br />
entsprechend weniger.<br />
Der Karnische Höhenweg ist ein<br />
Wan<strong>der</strong>weg an <strong>der</strong> südwestlichen<br />
Grenze Kärntens zu Italien in den<br />
Karnischen <strong>Alpen</strong>. Er weist eine Gesamtlänge<br />
von etwa 155 km auf und<br />
verdankt sein Entstehen dem 1. Weltkrieg,<br />
als <strong>der</strong> Gebirgskrieg ab 1915<br />
in den Karnischen <strong>Alpen</strong> begann.<br />
Die Wan<strong>der</strong>strecke, die zum großen<br />
Teil entlang des Karnischen Hauptkammes<br />
verläuft, setzt keine beson<strong>der</strong>en<br />
bergsteigerischen Fähigkeiten<br />
voraus. Die einzelnen Etappen können<br />
aber bis zu neun Stunden lang<br />
sein, und daher ist neben <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Grundkondition auch eine<br />
entsprechende Hüttenplanung – beson<strong>der</strong>s<br />
in <strong>der</strong> Hauptwan<strong>der</strong>zeit im<br />
Juli bis August – erfor<strong>der</strong>lich. Für die<br />
erlittene Mühsal wird man bei einigermaßen<br />
passablem Wetter durch<br />
die eindrucksvolle Schönheit dieser<br />
Gebirgswelt an <strong>der</strong> Südgrenze Kärntens<br />
mehr als entschädigt.<br />
» Geologische Zeitreisen<br />
Ein etwas weniger anstrengendes Naturerlebnis<br />
kann man vom Besuch<br />
einer <strong>der</strong> öffentlich zugänglichen<br />
Schluchten in Kärnten erwarten. Die<br />
Garnitzenklamm, ebenfalls in den<br />
Karnischen <strong>Alpen</strong> südlich von Hermagor<br />
gelegen, verdankt ihre Existenz<br />
dem Garnitzenbach, <strong>der</strong> sich im Lauf<br />
<strong>der</strong> Zeit in das Berggestein gegraben<br />
hat. Die Klamm ist ca. 4 km lang, vom<br />
Klammanfang bis zum Klammende ist<br />
ein Höhenunterschied von rund 500 m<br />
zu bewältigen. Über diese geologische<br />
Geschichte wird man durch zahlreiche<br />
Schautafeln (Geo-Trail) am Weg informiert.<br />
Neben den vier an<strong>der</strong>en Geo-<br />
Trails in den Karnischen <strong>Alpen</strong>, nämlich<br />
Wolayersee, Plöcken, Zollner und<br />
Naßfeld bildet die Garnitzenklamm<br />
den größten Geo-Trail Europas.<br />
An<strong>der</strong>e Schluchtenwan<strong>der</strong>ungen<br />
in Kärnten mit ähnlichen Natureindrücken<br />
kann man in <strong>der</strong> Tscheppa-<br />
schlucht im Rosental bei Ferlach<br />
mit dem Tschaukowasserfall als<br />
krönendem Abschluss sowie in <strong>der</strong><br />
Raggaschlucht über dem Verlauf des<br />
Raggabaches bei Flattach im Mölltal<br />
unternehmen.<br />
Dem Tageslicht entrückt und dennoch<br />
vom speziellen Zauber <strong>der</strong> Natur<br />
gefangen – diesen Gegensatz wird man<br />
mit dem Eintritt in eine <strong>der</strong> Schauhöhlen<br />
Kärntens erfahren können. Die<br />
bekanntesten Vertreter dieser Naturschätze<br />
sind die Obir-Tropfsteinhöhle<br />
sowie die Tropfsteinhöhle Griffen. Die<br />
Obirhöhle im Massiv des Hochobirs<br />
bei Bad Eisenkappel im Vellachtal<br />
wurde 1870 von Bergleuten auf <strong>der</strong><br />
Suche nach Erzen entdeckt. Die Entdeckung<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Schauhöhle im<br />
Kalkfelsen des Griffner Schlossberges<br />
erfolgte erst gegen Ende des 2. Weltkrieges.<br />
Knochenfunde von längst<br />
ausgestorbenen Tieren, wie Wollnashorn<br />
und Höhlenbär, und zwei Feuerstellen<br />
im Innern <strong>der</strong> Höhle belegen,<br />
dass sie bereits in grauen Vorzeiten<br />
von tierischen und menschlichen Bewohnern<br />
genutzt worden ist.<br />
» Panorama vom Auto aus<br />
Eine sehr bequeme Art, die Bergwelt<br />
Kärntens und <strong>der</strong>en prächtige Aussichtspunkte<br />
per Auto zu genießen,<br />
ermöglichen die zahlreichen Panoramastraßen,<br />
die die verschiedenen,<br />
sonst eher unzugänglichen Bergstöcke<br />
erschließen. Neben <strong>der</strong> bereits<br />
erwähnten Villacher <strong>Alpen</strong>straße<br />
und <strong>der</strong> Nockalmstraße bieten die<br />
Großglockner Hochalpenstraße, welche<br />
in das Herz des Nationalparks<br />
Hohe Tauern führt und die Malta-<br />
Hochalm-Straße mit <strong>der</strong> Kölnbrein-<br />
Sperre in ca. 2000 m Höhe als ihrem<br />
Endpunkt sicher die nachhaltigsten<br />
Hochgebirgseindrücke.<br />
Information zum Thema:<br />
Das etwa 1 km 2 große Schutzgebiet Sablatnigmoor<br />
besteht aus dem Sablatnigteich und<br />
einem Nie<strong>der</strong>moorkomplex.<br />
Foto: A. Sitte.<br />
Weitere Ausfl ugsstraßen in die<br />
Kärntner Bergwelt führen auf das<br />
Goldeck, den Hausberg <strong>der</strong> Bezirkshauptstadt<br />
Spittal an <strong>der</strong> Drau, und<br />
den Tschiernock bei Seeboden. Beide<br />
Panoramastraßen zählen wegen ihrer<br />
herrlichen Aussicht zu den schönsten<br />
Ausfl ugszielen Kärntens.<br />
Bekannt als Land <strong>der</strong> Seen wird in<br />
Kärnten natürlich auch die Schifffahrt<br />
mit mehr o<strong>der</strong> weniger großen<br />
öffentlichen Schiffsfl otten auf den<br />
größeren Seen wie dem Wörthersee,<br />
Millstätter See und Ossiacher See wie<br />
auch auf dem Hauptfl uss Kärntens,<br />
<strong>der</strong> Drau betrieben. Ohne einmal<br />
Passagier auf einem dieser Schiffe<br />
gewesen zu sein, wäre ein Besuch<br />
Kärntens nicht komplett; dies gehört<br />
einfach zum Pfl ichtprogramm.<br />
Die erwähnten Ausfl ugsziele<br />
(Schluch ten wan<strong>der</strong>ungen, Panoramastraßen,<br />
Schauhöhlen und Schifffahrt)<br />
sind an bestimmte Betriebszeiten<br />
gebunden. Mit <strong>der</strong> Kärnter Card<br />
können viele kostenlos o<strong>der</strong> zumindest<br />
begünstigt besucht werden.<br />
Werner Sturm<br />
www.kaerntencard.at<br />
www.hohetauern.at<br />
www.bios-hohetauern.at<br />
www.nationalparknockberge.at<br />
www.schuett.at<br />
www.naturparkdobratsch.at<br />
www.respect-to-wildlife.at<br />
www.drauradweg.com<br />
www.alpenverein.at/hermagor<br />
Werner Sturm ist beim Zollamt<br />
Klagenfurt Villach tätig<br />
und beschäftigt sich in <strong>der</strong><br />
Freizeit vor allem mit Naturschutz<br />
und Vogelkunde.<br />
Der Falke 56, 2009 357
Bild des Monats<br />
358 Der Falke 56, 2009<br />
Welcher Vogel ist das?<br />
Einsendungen bit te bis 13. September 2009 an:<br />
AULA-Ver lag, DER FALKE,<br />
Industriepark 3, 56291 Wie bels heim.<br />
E-Mail: falke@aula-verlag.de;<br />
Fax: 06766/903-320<br />
Unter den rich ti gen<br />
Ein sen dun gen ver lo sen<br />
wir dreimal das Buch<br />
Schmetterlinge, Libellen und<br />
an<strong>der</strong>e Wirbellose im Garten<br />
von Anita und Norbert Schäffer<br />
Aufl ösung vom August: <strong>Alpen</strong>-Drossel<br />
Dass in einem Themenheft auch ein dazu passen<strong>der</strong> Rätselvogel kommt, ist nicht erstaunlich.<br />
Die Flachlän<strong>der</strong> unter uns sind mit den <strong>Alpen</strong>arten ja nicht so gut vertraut, und da<br />
kann man in jedem Fall etwas dazulernen. Bei <strong>Alpen</strong>arten gibt es allerdings oftmals nordische<br />
Verwandte, ein Relikt <strong>der</strong> Eiszeit. Wenn die nordischen Populationen Zugvögel sind,<br />
dann sind sie auch den nördlicheren Beobachtern bekannt, vielleicht sogar besser als die<br />
<strong>Alpen</strong>formen. So könnte es im Falle unseres Rätselvogels sowohl bei den <strong>Alpen</strong>experten als<br />
auch bei den Zugvogelfreaks geklingelt haben.<br />
Das Bild im Septemberheft zeigt einen mittelgroßen,<br />
geduckt am Boden sitzenden Vogel mit weißem, fein<br />
schwarz gestricheltem Kinn und Kehle, hellgrauer<br />
Brust und cremeweißem, schwarz geschupptem Bauch<br />
und Flanken. Die ebenfalls helle Unterschenkelbefi e<strong>der</strong>ung<br />
geht in einen dunklen, im Verhältnis zum übrigen Körper<br />
relativ starken und langen Lauf über. Der kräftige, spitze<br />
Allesfresserschnabel bildet mit <strong>der</strong> fl achen Stirn, Scheitel<br />
und Nacken nahezu eine Linie. Der ungestreifte Kopf<br />
wird vom großen, schwarzen Auge mit einem schwachen<br />
hellen Augenring dominiert. Hinsichtlich <strong>der</strong> Farbe des<br />
sichtbaren Fe<strong>der</strong>kleides fi ndet <strong>der</strong> Betrachter praktisch<br />
zwei unterschiedliche Komplexe vor. Während die Unterseite<br />
des Vogels vom Kinn bis zu den Unterschwanzdecken<br />
einen weißen bis hellgrauen Eindruck erweckt, weist<br />
die Oberseite – von <strong>der</strong> Stirn einschließlich des Schnabels<br />
ausgehend bis zum Schwanz des Vogels – einen dunkelbraunen<br />
bis schwarzen Grundton auf. Auffallend an den<br />
Konturfe<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Flügelpartie sind die silbriggrauen Rän<strong>der</strong>,<br />
insbeson<strong>der</strong>e bei den Schirmfe<strong>der</strong>n und den großen<br />
Armdecken. Das dadurch entstandene helle Flügelfeld<br />
schwächt den dunklen Gesamteindruck <strong>der</strong> Oberseite etwas<br />
ab. Weitere topografi sche Merkmale, welche für die<br />
Artbestimmung des Vogels wesentlich sein können, sind<br />
sein ziemlich langer, gerade abgeschnittener Schwanz und<br />
<strong>der</strong> relativ große Überstand <strong>der</strong> Handschwingenspitze über<br />
die Schirmfe<strong>der</strong>n. Der abgebildete Hintergrund – vermutlich<br />
ein Wegrand mit schütterem Grasbewuchs – bietet für<br />
Ringdrossel. Foto: M. Woschitz.
die Bestimmung im Sinne eines Hinweises auf den Lebensraum<br />
<strong>der</strong> Art keinen wirklichen Anhaltspunkt.<br />
Fasst man den Gesamteindruck mit den wesentlichen<br />
Faktoren wie Größe, Körperproportionen und Befi e<strong>der</strong>ung<br />
zusammen, so wird man unwillkürlich an einen unserer<br />
bekanntesten Vögel, die Schwarzdrossel o<strong>der</strong> Amsel,<br />
erinnert. Die Zuordnung <strong>der</strong> Art in die zugehörige Familie,<br />
nämlich Drosseln, sollte deshalb nicht allzu schwer<br />
fallen. Handelt es sich aber tatsächlich um eine Amsel<br />
o<strong>der</strong> doch um eine <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en fünf in Mitteleuropa heimischen<br />
Echten Drosseln (Turnidae)?<br />
Die drei Arten Mistel-, Sing- und Rotdrossel verfügen<br />
über ein bräunliches Gefi e<strong>der</strong> mit heller weißlicher<br />
o<strong>der</strong> bräunlichweißer Unterseite, die kräftig schwarz o<strong>der</strong><br />
braunschwarz gefl eckt ist. Die Rotdrossel weist zudem<br />
neben <strong>der</strong> markanten Kopfzeichnung in Form des Überaugen-<br />
und Bartstreifens die charakteristische rostrote<br />
Flankenfärbung auf. Alle drei Arten entsprechen in Farbe<br />
und Musterung des Gefi e<strong>der</strong>s wie in einigen an<strong>der</strong>en<br />
physischen Merkmalen (Proportionen, Größe) nicht dem<br />
abgebildeten Vogel. Dies gilt auch für die Wachol<strong>der</strong>drossel,<br />
<strong>der</strong>en Kopf- und Rückenpartie bis auf den rotbraunen<br />
Mantel grau bis hellgrau befi e<strong>der</strong>t ist.<br />
Es bleibt somit nur mehr die Wahl zwischen Amsel o<strong>der</strong><br />
Ringdrossel, wobei die Unterscheidung aufgrund des<br />
namensgebenden Körpermerkmales bei adulten Ringdrosseln<br />
im Normalfall kaum Schwierigkeiten bereiten sollte.<br />
Es ist aber zu beachten, dass <strong>der</strong> Brustring beim Weibchen<br />
allgemein matter gefärbt ist o<strong>der</strong> im ersten Winter<br />
fast und im Jugendkleid völlig fehlen kann. Auch können<br />
Amseln an <strong>der</strong> Brust manchmal weiße Fe<strong>der</strong>n zeigen.<br />
Wenn wir unseren Rätselvogel mit seiner Gefi e<strong>der</strong>färbung<br />
und -musterung ansehen, muss jedenfalls<br />
<strong>der</strong> Schluss gezogen werden, dass es sich aufgrund <strong>der</strong><br />
Farbe des Gefi e<strong>der</strong>s we<strong>der</strong> um eine adulte Amsel noch um<br />
eine adulte Ringdrossel handeln kann. Die vom Brustring<br />
abgesehen auffälligsten Körpermerkmale für Ringdrosseln<br />
wie Stromlinienform, weißes Flügelfeld, langer Schwanz<br />
und große Handschwingenprojektion können aber im Bild<br />
wie<strong>der</strong>erkannt werden. Wenn man die Abbildung des Vogels<br />
aufmerksam ansieht, wird man auch den einheitlich<br />
grauen Fleck an <strong>der</strong> Brust des Vogels, den man bei fl üchtiger<br />
Betrachtung leicht übersehen kann, als Brustringansatz<br />
einer Ringdrossel deuten können.<br />
Für die Altersbestimmung des Vogels ist festzuhalten,<br />
dass er sowohl Gefi e<strong>der</strong>merkmale des Jugendkleides,<br />
wie cremeweiße Unterseite mit dunkler Musterung, als<br />
auch des ersten Winters, wie silbriggraue Rän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Armschwingen und -decken, aufweist. Deshalb ist von<br />
einem Vogel im Übergangskleid vom Jugendkleid in das<br />
erste Winterkleid auszugehen.<br />
Von <strong>der</strong> Ringdrossel gibt es in Europa zwei Unterarten:<br />
Die „Nördliche Ringdrossel“ (Turdus torquatus torquatus)<br />
brütet in Fennoskandien und tritt in Mitteleuropa<br />
vor allem von Mitte April bis Mitte Mai und Ende September<br />
bis Mitte Oktober als Durchzügler auf. Der abgebildete<br />
Gewinner des<br />
August-Rätsels:<br />
Jochen Brüggemann, Essen<br />
Peter Schonert, Luckau<br />
Martin Knoerl, Sigmarszell<br />
Wir gratulieren.<br />
Eingesandte Lösungen: 134<br />
davon Ringdrossel (70), Strandpieper (16), Misteldrossel<br />
(15), Wachol<strong>der</strong>drossel (11), Singdrossel (4),<br />
Sperbergrasmücke (4), Wiesenpieper (3), Bergpieper<br />
(2), Blaumerle (2) sowie Einsiedlerdrossel, Feldlerche,<br />
Feldschwirl, Grauschnäpper, Schwarzkehldrossel<br />
und Waldpieper.<br />
Jungvogel wurde in Kärnten aufgenommen und gehört<br />
<strong>der</strong> Unterart T. t. alpestris („<strong>Alpen</strong>ringdrossel“) an, welche<br />
in höheren Lagen im Alpinbereich an <strong>der</strong> Baumgrenze<br />
brütet. <strong>Österreich</strong> beherbergt etwa 10 % des Weltbestandes<br />
dieser Unterart und trägt daher eine beson<strong>der</strong>e Verantwortung<br />
für den Schutz. Beide Unterarten verlassen bis<br />
Ende September die Brutareale und überwintern vor allem<br />
im Mittelmeerraum (z. B. im Atlasgebirge). Sie sind feldornithologisch<br />
jedoch nur sehr schwer auseinan<strong>der</strong>zuhalten,<br />
die <strong>Alpen</strong>ringdrossel ist allerdings stärker geschuppt als<br />
ihre nordischen Artgenossen.<br />
Werner Sturm<br />
T. Griesohn-P� ieger/C. Moning/M. Horn<br />
Grundkurs Vogelbestimmung<br />
ca. Dezember 2009. ca. 350 S.,<br />
ca. 400 farb. Abb., geb.,<br />
ISBN 978-3-494-01416-6,<br />
Best.-Nr.: 494-01416<br />
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(nach Erscheinen € 19,95)<br />
Eine Einführung zur<br />
Beobachtung und<br />
Bestimmung unserer<br />
einheimischen Vögel<br />
Wie lerne ich es, einen Vogel von<br />
einem an<strong>der</strong>en zu unterscheiden?<br />
Auf welche Merkmale muss ich<br />
achten, und wie erkenne ich diese<br />
am schnellsten? Welche Hilfsmittel<br />
und „Brücken“ bieten sich an? Wer<br />
bisher orientierungslos in einem<br />
„Bil<strong>der</strong>buch“ blätterte, � ndet hier<br />
den richtigen Einstieg – und ein<br />
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360 Der Falke 56, 2009<br />
Vögel<br />
Von P. Hayman & R. Hume<br />
552 S., über 3900 Abb., Hardcover, 30 x 22 cm, inkl. CD-ROM.<br />
Kosmos, Stuttgart, 2009.<br />
ISBN 978-3-440-11795-8. EUR 49,90.<br />
Das mächtige Buch soll <strong>der</strong> Vogelbestimmung dienen. Es sitzt aber<br />
zwischen den Stühlen. Einerseits wenden sich die vielen Bil<strong>der</strong><br />
und Detailbil<strong>der</strong> von Peter Hayman, die wie<strong>der</strong>um die von ihm<br />
gewohnte Könnerschaft beweisen, an den Vogelbeobachter, <strong>der</strong><br />
schon „angebissen“ hat, und nähern sich dem Ziel eines mo<strong>der</strong>nen<br />
Bestimmungsbuches, möglichst viele Klei<strong>der</strong> einer Art abzubilden.<br />
An<strong>der</strong>erseits kann manches nur dem Anfänger etwas sagen, wie<br />
etwa sehr simple Phänologiediagramme, plakative kurze Hinweise<br />
in einem Kasten „Schon gewusst?“ und ein oft dürftiger Arttext<br />
mit Gemeinplätzen. Der Anfänger aber wie<strong>der</strong>um wird durch die<br />
Vielzahl <strong>der</strong> keineswegs immer in einer sinnvollen Reihe angeordneten<br />
Teilbil<strong>der</strong> überfor<strong>der</strong>t. Auch für versierte Beobachter<br />
und Bestimmungsbuchnutzer verzögert sich das Nachschlagen,<br />
da <strong>der</strong> Druckraumaufteilung mancher Tribut gezollt wurde: Bei<br />
den Großmöwen etwa sind nicht alle Altersstadien und dann noch<br />
bei den zu vergleichenden Arten teilweise in unterschiedlicher<br />
Anordnung und Sichtweise dargestellt, den Kurzfangsperber hat<br />
man zwischen Würgfalke und Gleitaar geschoben statt bei Sperber<br />
und Habicht zu lassen, für ein altes gibraltariensis-Männchen<br />
beim Hausrotschwanz blieb nur ein Foto statt eines Vergleichs-<br />
bildes. Überall hat man versucht, neue<br />
„Splits“ zu berücksichtigen; oft ist das<br />
auch gut gelungen. Aber wenn etwa<br />
Steppenmöwe, Zypernsteinschmätzer,<br />
Waldpieper, Kanarenpieper, Türkenammer<br />
o<strong>der</strong> maura-Schwarzkehlchen<br />
nicht behandelt und z. T. auch nicht<br />
einmal erwähnt werden, sind das für<br />
heutige Ansprüche einfach zu viele<br />
Auslassungen. In <strong>der</strong> Nomenklatur<br />
hat man sich neuen Gesichtspunkten<br />
weitestgehend angepasst, in <strong>der</strong> FaFamilieneinteilung (nur im Inhaltsverzeichnis)<br />
geht es noch durcheinan<strong>der</strong>.<br />
Übersetzungsmängel scheinen sich in<br />
Grenzen zu halten, doch ist das natürlich Unsinn, wenn sich die<br />
Mittelmeersteinschmätzer „einan<strong>der</strong> so ähnlich sehen, dass sie<br />
heute meist als eigene Arten behandelt werden“. Je<strong>der</strong> Art ist auch<br />
ein Foto beigegeben, dass oft eine recht gute Möglichkeit bietet,<br />
die Zeichnung in einen realen Eindruck umzusetzen.<br />
Das Buch bringt mit seinen Bil<strong>der</strong>n und Hinweisen manche Anregung<br />
bei <strong>der</strong> Nacharbeit einer Exkursion zu Hause. Für draußen<br />
steht eine CD mit Bil<strong>der</strong>n, Text und Stimmen von 250 Arten für den<br />
iPod zur Verfügung. Das ist eine nicht unwesentliche Kombination.<br />
Im Buch sind die kurzen Begleithinweise zu den Zeichnungen sehr<br />
nützlich und in dieser Form auch noch kaum praktiziert; die kurzen<br />
Arttexte dagegen weitgehend nichtssagend. Insgesamt wird aber<br />
wenig Neues gegenüber <strong>der</strong> großen von Peter Barthel bearbeiteten<br />
Ausgabe von Grant, Mullarney, Svensson u.a. von 1999 desselben<br />
Verlags geboten, <strong>der</strong>en Text nach damaligem Stand erheblich<br />
gründlicher und nützlicher, <strong>der</strong>en Bil<strong>der</strong> trotz sehr guter Leistung<br />
von Peter Hayman durchweg besser sind. Auch gegenüber dem<br />
Taschenführer von Svensson u. a. halten sich die Neuerungen und<br />
Fortschritte in Grenzen. Vom Bildangebot ein mo<strong>der</strong>nes und gutes,<br />
dem Text nach ein eher mäßiges Vogelbuch. E. Bezzel<br />
Fischadler<br />
Von Dieter Mahlke<br />
80 Seiten, 58 Farbabb., Hardcover, 24,5 x 21,5 cm.<br />
Hinstorff Verlag, Rostock, 2008.<br />
ISBN 978-3-356-01247-7. EUR 12,90.<br />
Für Freunde eindrucksvoller Vogelfotografi en ist von Dieter Mahlke<br />
ein ansprechendes Buch über Fischadler erschienen. Die meisten <strong>der</strong><br />
58 hervorragenden Farbfotos in dem Buch zeigen das Leben von<br />
Fischadlern in ihrem Brutgebiet, viele davon zeigen die Greifvögel<br />
beim Beutefang. Nur wenige Fotos zeigen Landschaften und an<strong>der</strong>e<br />
Tierarten (z. B. Seeadler und Haubentaucher). Ein Exkurs am Ende<br />
des Buches illustriert das Leben von Fischadlern in Florida. Ein<br />
Bild <strong>der</strong> amerikanischen Unterart carolinensis ist auch auf Seite<br />
16 abgebildet, <strong>der</strong> Hinweis in <strong>der</strong> Bildunterschrift fehlt lei<strong>der</strong>.<br />
Der Text richtet sich vor allem an interessierte Laien, ist gut lesbar<br />
und beschreibt neben <strong>der</strong> persönlichen Beziehung des Autors zu den<br />
Vögeln vor allem den Brutablauf<br />
eines Paares, das Mahlke über die<br />
Brutsaison hinweg beobachtete<br />
und fotografi erte. Dabei macht<br />
Mahlke keinen Hehl daraus, dass<br />
einige Fotos nur mithilfe von<br />
Anfütterungen gelangen.<br />
Insgesamt ist dem Autor ein<br />
nettes Werk gelungen und seine<br />
Hoffnung, Sympathie für Fischadler<br />
zu gewinnen, wird sich<br />
bei den Lesern sicher erfüllen. Der günstige Preis wird sicher<br />
außerdem zu einer weiten Verbreitung des Buches beitragen, und<br />
das ist dem Autor zu wünschen.<br />
Es sei noch <strong>der</strong> Hinweis erlaubt, dass solche Fotografi en, vor<br />
allem die am Nest, nur mit Genehmigung durch die zuständigen<br />
Behörden möglich sind. (tb)<br />
Naturerbe Biosphärengebiet Schwäbische Alb<br />
Streifzüge durch eine außergewöhnliche Landschaft<br />
Von Günter Künkele<br />
176 Seiten, Hardcover, 22 x 24 cm.<br />
Silberburg-Verlag, Tübingen, 2008.<br />
ISBN 978-3-87407-790-3. EUR 22,90.<br />
Die Schwäbische Alb gehört zweifellos zu den interessantesten<br />
Landschaften Süddeutschlands. Über das 850 Quadratkilometer<br />
große Gebiet zwischen Weilheim, Reutlingen, Zwiefalten<br />
und Schelklingen ist von Günter<br />
Künkele ein Bildband erschienen,<br />
<strong>der</strong> auf 176 Seiten zahlreiche<br />
Facetten des ersten geplanten<br />
Großschutzgebietes in Baden-<br />
Württemberg (seit 2006) quer<br />
durch alle Jahreszeiten und Lebenstraumtypen<br />
vorstellt. Der<br />
Text ist knapp, informativ und<br />
begleitet die Bil<strong>der</strong>. Ganz sicher<br />
hilft <strong>der</strong> Band, die Naturschätze<br />
<strong>der</strong> Alb populärer zu machen<br />
und die Notwendigkeit des Naturschutzes zu unterstreichen. Es<br />
bleibt zu wünschen, dass das Gebiet das UNESCO-Gütesiegel als<br />
Biosphärenreservat erhält. Als Vorbereitung und auch als Andenken<br />
an eine Reise ist das Buch empfehlenswert. (tb)
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gegenüberliegende Seite läßt sich für die Beobachtung<br />
öff nen. Hier kann z. B. ein Objektiv und ein Stativbein<br />
durchgeschoben werden. Auf beiden Seiten Seh schlitze,<br />
inkl. Heringen zur Be festigung.<br />
97-7770196 nur 99,90<br />
Fotorucksack Stonewood<br />
Tolle Ausstattung zum günstigen Preis!<br />
Hier stimmt alles:<br />
Großes, gepolstertes Fach für eine umfangreiche Kamera-<br />
Ausrüstung. Flexible Einteilung durch Trennpolster mit<br />
Klettverbindung. Innenmaß: 33 x 39 x 13 cm! Großes<br />
Extrafach für Laptop o<strong>der</strong> Outdoorausrüstung. Gepolstertes<br />
Rückenfach und weitere Taschen an Seite und Front. Mit<br />
seitlichem Stativtragesystem. Verstellbare, gepolsterte<br />
Schultergurte sowie Brust- und Beckengurt. Mit Tragegriff<br />
und integriertem Regenschutz im Bodenfach. Gewicht: nur<br />
ca. 2 kg. Maße: ca. 49 x 20 x 40 cm.<br />
97-7770955 nur<br />
59,95<br />
Industriepark 3 • D-56291 Wiebelsheim<br />
Tel.: 0 1805 / 24 44 24 (14 ct. pro Minute) • Fax: 06766 / 903-320<br />
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