Von nord nach süd 10 Touren weltweit - DiveInside
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Das Online-Magazin vOn Taucher.neT<br />
Fernreisen<br />
Welche Airline?<br />
reisegepäck<br />
TrAnsporTprobleme<br />
Reise<br />
Tauchen am Daedalus Riff<br />
Biologie<br />
Seekühe<br />
Medizin<br />
Tauchtauglichkeit<br />
Ausgabe 03/20<strong>10</strong>
2<br />
Inhalt<br />
ediToriAl<br />
liebe leser 3<br />
TiTelThemA<br />
Ab in den Urlaub: die Wahl der richtigen Fluglinie 4<br />
reisetauchgepäck: Trend oder notwendigkeit? 7<br />
Transportprobleme: leichte Taschen schwer im kommen 13<br />
reise<br />
der mikrokosmos – Tauchen am deadalus riff 16<br />
medizin Und biologie<br />
seekühe – sirenen, die nicht heulen 21<br />
Fit to dive? die Tauchtauglichkeitsuntersuchung 27<br />
AUsbildUng<br />
die maske – Voller durchblick 32<br />
KolUmnen<br />
Willkommen in der matrix 35<br />
Vorschau / impressum 37<br />
Das neue DiveinsiDe –<br />
noch umFangreicher,<br />
Frischer,<br />
authentischer!<br />
Unsere Themen der AprilAUsgAbe:<br />
InsIde<br />
reise<br />
zwischen den brother islands und der sudanesischen<br />
grenze liegt einsam das wohl abwechslungsreichste<br />
riff Ägyptens: Wer bei daedalus abtaucht,<br />
bekommt fast alles vor die maske, was das rote<br />
meer zu bieten hat.<br />
seite 16<br />
biologie<br />
seekühe sind die wohl nettesten und gutmütigsten<br />
meeresbewohner überhaupt. Während sie unbeirrbar<br />
grünzeug futtern, lassen sie Taucher bis auf<br />
Tuchfühlung heran. leider sind die ‚sanften‘ Artgenossen<br />
stark bedroht.<br />
seite 21<br />
AUsbildUng<br />
Der Verlust oder häufiges Volllaufen der Maske<br />
bedeutet neben unschönen erfahrungen auch ein<br />
sicherheitsrisiko. der richtige Umgang mit der maske<br />
und regelmäßiges Training, sowie weitere kleine<br />
Tricks machen Tauchgänge sicherer.<br />
seite 32
3<br />
Editorial<br />
edItorIal<br />
liebe leser!<br />
Nicht Traumreisen, nicht die neuste Ausrüstung, ja noch nicht einmal die leidigen Verbandsdiskussionen<br />
waren in den letzten Wochen das Hauptthema in den Foren des Taucher.Net: Es ging um<br />
das Netz selber, die Moderation der Foren, das Verhalten der User.<br />
Die diversen Postings und zahlreichen Threads haben dabei vor allem eines gezeigt: Es ist den<br />
Tauchern nicht egal, „ihr“ Taucher.Net, es berührt sie und viele von ihnen haben mit konstruktiven<br />
Vorschlägen dafür gesorgt, dass in den letzten Wochen eine neue Diskussionskultur Einzug gehalten<br />
hat – unterstützt durch einen stärkeren Einsatz der ehrenamtlich tätigen Moderatoren, durch<br />
eine Registrierungspflicht und den Ausschluss von Usern, die immer wieder Stein des Anstoßes<br />
waren. Wir von Taucher.Net haben uns keine der getroffenen Entscheidungen leichtgemacht, haben<br />
intern häufig diskutiert und einige Maßnahmen beschlossen, die erst in der nahen Zukunft<br />
zum Tragen kommen werden.<br />
Doch ohne die User, die wir in unseren „Augenblicken“ in diesem Heft einfach mal „Die Guten“<br />
genannt haben, geht es nicht. Ohne eine Form der „freiwilligen Selbstkontrolle“ untereinander ist<br />
kein Portal vernünftig zu betreiben, welches so lebendig ist wie das Taucher.Net – und in Zukunft<br />
auch bleiben soll. Wir möchten dieses Editorial deshalb auch dazu nutzen, den „Guten“ einmal ein<br />
dickes DANKE zu sagen: Sie sind das Fundament, welches das ganze Portal mit trägt!<br />
Viel Spaß beim Lesen der aktuellen <strong>DiveInside</strong> wünscht,<br />
Eure Redaktion!
Titelthema<br />
Ab in den TAUchUrlAUb...<br />
EinE FragE dEr airlinE<br />
Fliegen ist günstig geworden. aber nur für den<br />
Menschen, nicht fürs Gepäck – schon gar nicht<br />
das tauchgepäck. Werden wir taucher gegenüber<br />
den Golfern noch immer be<strong>nach</strong>teiligt? auf den<br />
spuren der Gepäckbestimmer.<br />
4 Bericht von Susanne Althen
5<br />
Titelthema<br />
XXL-Seat, Priority Check-in, Sitzplatzwahl – Billig-<br />
Airlines sind im Baukasten-System für individuelle<br />
Kundenwünsche angekommen, könnte man<br />
sagen. Oder man sagt: Jedes noch so kleine Detail,<br />
aus dem Wert zu schlagen ist, wird inzwischen<br />
verhökert. Fehlt nur noch, dass jeder Passagier<br />
vor Betreten des Fliegers gewogen wird und für<br />
teuer „antrainierte“ Kilos an Bauch und Schenkeln<br />
zahlt. Das ist bisher zum Glück noch dem Gepäck<br />
vorbehalten, doch in Zeiten, in denen der Liter<br />
Benzin schon 1,44 Euro kostet, wird hier noch<br />
viel genauer hingesehen.<br />
Alles neU mAchT der mAi<br />
Ein kurzer Blick auf die Internetseiten vieler Airlines<br />
reicht aus: Die Gepäckbestimmungen sind<br />
im Umbruch. Im letzten September<br />
stellte Egypt Air in Deutschland auf<br />
das Stückkonzept um, Lufthansa<br />
drehte erneut zu Jahresbeginn an<br />
der Gepäckschraube, und Air Berlin<br />
führt zum 1. Mai Neuregelungen ein.<br />
Die könnten für Taucher eine Genugtuung<br />
sein, denn bisher hatte sich<br />
die Gesellschaft als Golfer-Airline<br />
profiliert. Warum? „Weil Joachim<br />
Hunold, Gründer von Air Berlin, leidenschaftlicher<br />
Golfer ist und mit<br />
seiner Fluglinie eine bestimmte Kundengruppe<br />
erreichen wollte“, sagt<br />
eine ehemalige Sprecherin der<br />
Gruppe – so einfach war das. Doch<br />
so einfach ist es <strong>nach</strong> zwei verlustreichen<br />
Jahren nicht mehr. Ab Mai zahlt jeder für<br />
sein Golfbag wie für jede andere Sporttasche 25<br />
bis 40 Euro pro Strecke. Außer, er ist Vielflieger<br />
und im Besitz einer Silber- oder Gold-Service-<br />
Karte. Dann gibt es 30 Kilogramm kostenlos obendrauf.<br />
Überhaupt ist man als Vielflieger bei praktisch<br />
allen Airlines im Vorteil, aber warum auch<br />
nicht? Taucher sind schließlich keine Neider, nicht<br />
wahr?<br />
Wer besTimmT eigenTlich?<br />
Die Sache mit dem kostenlosen Golfgepäck<br />
scheint inzwischen bei allen Fluggesellschaften<br />
passé. Nur noch Condor und Hamburg International<br />
nehmen 15 Kilogramm frei mit, aber das<br />
kann sich angesichts der Umstellungen bei Air<br />
Berlin auch bald ändern. Aber wer entscheidet<br />
darüber eigentlich? Und auf welcher Grundlage?<br />
„Die allgemeinen Gepäckbestimmungen machen<br />
die Airlines selbst – das Gewichts- und das Stückkonzept<br />
mit ihren Grenzen haben sich im Markt<br />
über die Jahre einfach eingebürgert“, so Christoph<br />
von Saldern, Gesellschafter<br />
und CEO von Hamburg<br />
International (HI).<br />
So seien die spezifischen<br />
Regelungen für Sportgepäck<br />
von den Vorlieben<br />
der Unternehmens-<br />
u n d Ve r t r i e b s l e i t e r<br />
abhängig, wie das Beispiel<br />
Air Berlin gezeigt<br />
hat. Und so verhielt es<br />
sich wahrscheinlich auch<br />
irgendwann einmal mit<br />
der Skiausrüstung, denn<br />
die wird <strong>nach</strong> wie vor<br />
viel häufiger kostenlos<br />
befördert. Bei Condor<br />
jedoch beißt selbst der Wintersportler auf Granit,<br />
hier gibt es Extra-Pakete statt Extra-Würste. Das<br />
Übergepäck kann im Voraus für die Hälfte des<br />
Preises gebucht werden, dazu gehören auch Ski,<br />
wenn sie nicht im Rahmen der 20 Kilo bleiben.<br />
„Wir bieten dem Kunden günstige Tickets. So<br />
kann er selbst entscheiden, was er noch zusätzlich<br />
für Gepäck bezahlen möchte“, so Johannes Winter,<br />
Leiter Kommunikation der Condor Flugdienst<br />
GmbH.<br />
Aus Airline-Sicht liegt das große Gepäckproblem<br />
ohnehin woanders. „Wir haben vor allem Ärger<br />
wegen der Haftungsbedingungen, die im Montréaler<br />
Abkommen geregelt sind. Start- und Zielflughafen<br />
können sich hintereinander<br />
verstecken und die Beschädigung<br />
eines Koffers immer auf<br />
den anderen schieben. Den Schaden<br />
zahlt am Ende immer die Airline,<br />
obwohl die ihn gar nicht verursacht<br />
hat“, erklärt HI-Chef von<br />
Saldern.
6<br />
Titelthema<br />
Fluggesellschaft<br />
Freigepäck** Übergepäck Tauchgepäck<br />
Air Berlin GK: 20 kg, für Kartenhalter 30 kg, SK: 1 * 23 kg GK: <strong>10</strong> - 20 E/kg<br />
SK: 25 - 450 E/kg<br />
Condor GK: 20 kg<br />
SK: 2 * 23 kg<br />
Wo sich miTnehmen noch lohnT<br />
Doch das muss den Verbraucher zum Glück nicht<br />
kümmern. Entscheidend ist momentan Folgendes:<br />
Bei Germanwings ist man mit Gepäck am schlechtesten<br />
dran. Im Ticketpreis ist nur noch die Beförderung<br />
des Passagiers inbegriffen – angezogen,<br />
immerhin. Wer Gepäck, egal ob Dinner- oder<br />
Tauch-Jacket, mitnehmen will, muss das anmelden.<br />
Per Mail oder Telefon kosten 20 Kilo dann acht<br />
Euro, am Flughafen zahlt man gleich 20. Für zehn<br />
Euro mehr darf man auf 30 Kilo Gewicht erhöhen,<br />
alles darüber kostet acht Euro pro Kilo.<br />
<strong>10</strong> - 20 E/kg, Übergepäck über 20 kg ist ohnehin anmeldepflichtig,<br />
Übergepäck-Pakete gibt es im Voraus für die<br />
Hälfte<br />
Bei den großen Gesellschaften wie Singapore<br />
Airlines, Thai, Egypt Air, Air Berlin oder Lufthansa<br />
mit den Töchtern Austrian und Swiss gelten grundsätzlich<br />
zwei Konzepte, das Gewichts- oder das<br />
Stückkonzept. Erstes benennt die bekannten<br />
Grenzen von 20, 30 oder 40 Kilogramm – je <strong>nach</strong><br />
Klasse – auf mehrere Gepäckstücke verteilt. Letztes<br />
dagegen erlaubt ein oder zwei Stücke zu<br />
jeweils 23 oder 32 Kilogramm – je <strong>nach</strong> Klasse.<br />
Es gilt normalerweise auf Flügen in die USA, <strong>nach</strong><br />
Kanada und Brasilien, doch das ist nicht immer<br />
eindeutig. Lufthansa hat letztes Jahr auch für<br />
Ägyptenflüge auf das Stückkonzept umgestellt,<br />
25 E oder 40 E (Langstrecke) pro Tasche, für Service<br />
Card-Inhaber zusätzlich 30 kg Sportgepäck frei<br />
25 E oder 40 E (Langstrecke) bis 30 kg, sonst gelten<br />
Übergepäckbestimmungen, in der Business Class ein<br />
Sportgepäckstück gratis<br />
Egypt Air GK: 20 kg<br />
SK: 2 * 23 kg<br />
1,5 % des normalen Eco-Ticket-Preises wird ins normale Freigepäck eingerechnet<br />
Emirates 30 kg 50 E/kg eine Tasche bis <strong>10</strong> kg kostet 35 Euro<br />
Germanwings kein Freigepäck mehr, außer in den Tarifen Best und Flex,<br />
sonst kostet die Anmeldung eines 20kg-Stücks via Telefon<br />
oder online 8 E, am Flughafen 20 E<br />
für <strong>10</strong> E (online/call) bzw. 20 E (Flughafen) kann man<br />
Gewicht auf 30 kg erhöhen, alles darüber kostet 8 E/kg<br />
30 Euro für eine Tauchtasche<br />
Hamburg International 20 kg 8 oder 16 E/kg bzw. <strong>10</strong> oder 20 E/kg 25 E oder 50 E (Langstrecke) pro Tasche<br />
Lufthansa, AUA & Swiss GK: 20 kg<br />
SK: 1 oder 2 * 23 kg, abhängig von der Destination<br />
Singapore Airlines GK: 20 kg<br />
SK: 2 * 23 kg<br />
GK: 5 - 40 E/kg<br />
SK: sehr unterschiedlich, detaillierte Listen auf<br />
www.lufthansa.com<br />
„kleines Sportgepäck“ bis 15 kg und 1,40 m: 35, 70 oder<br />
150 E, „mittleres Sportgepäck“ (Tauchgepäck mit Tank)<br />
bis 32 kg und 2 m: 70, 150 oder 250 E<br />
70 SGD/kg (ca. 35 Euro) von 6 bis 15 kg wird die Standardrate von 6 kg mal<br />
streckenspezifische Übergepäckrate (aus BRD 50 bis 60<br />
$/kg) angewandt, ab 15 kg wird mit weiteren Kilos<br />
multipliziert<br />
Thai Airways 20 kg 1,5 % vom höchsten veröffentlichten one-way-Flugpreis <strong>10</strong> kg freies Tauchgepäck bei Einreichen des kopierten<br />
Tauchscheins<br />
TUIfly 20 kg <strong>10</strong> E/kg, Übergepäckpakete sind im Voraus etwa 50 %<br />
ermäßigt buchbar<br />
25 E für 30 kg, Schnorchel, Masken und Flossen dürfen<br />
als Schnorchelgepäck ins normale Gepäck einbezogen<br />
werden<br />
* Die Freigepäckgrenzen gelten für Economy-Class-Passagiere. Für Passagiere der Business und First Class, für Vielflieger (Bonuskarteninhaber) und bei Aufenthalten<br />
über 28 Tagen im Reiseland erhöhen sich die Grenzen. Alle Preise gelten für eine Strecke, nicht für Hin- und Rückflug.<br />
** GK = Gewichtskonzept, sK = stückkonzept. stand: März 20<strong>10</strong><br />
Egypt Air zog <strong>nach</strong>. Das beschert uns Tauchern<br />
jetzt die Freiheit, zweimal 23 Kilo mitzunehmen<br />
– und wer den Hochleistungs-Haarfön à la Spaceballs<br />
zuhause lassen kann, wird damit wahrscheinlich<br />
hinkommen.<br />
TUIfly nimmt, wie auch Condor, in der Regel 20<br />
Kilo pro Passagier in der Economy Class frei mit<br />
und bietet seit Neuestem Übergepäck-Pakete zur<br />
Vorausbuchung an. Ohnehin empfiehlt es sich,<br />
im Voraus zu checken, ob Gepäck – und vor allem<br />
Tauchgepäck – angemeldet werden muss. In den<br />
meisten Fällen ist das so, doch ist es häufig unter-<br />
schiedlich, was dazu gehört und was nicht. Bei<br />
TUIfly zum Beispiel zählen nur Flasche, Blei und<br />
Lampe als Tauchgepäck, bei Swiss sind es genau<br />
alle anderen Gegenstände von Flosse bis Maske.<br />
Aber auch wenn nicht eindeutig ist, wozu die<br />
Lampe zählt, ist doch klar, wohin sie gehört: Ins<br />
Handgepäck, Batterien und Leuchtquelle stets<br />
voneinander getrennt.<br />
die AbzocKe Am schAlTer<br />
Mit nebenstehendem Überblick sollten Sie für die<br />
nächste Reise gerüstet sein, ohne am Check-in<br />
aufgehalten zu werden. Wer trotzdem in die Situation<br />
kommt, für Übergepäck zahlen zu müssen, sei<br />
abschließend gewarnt. Das zusätzliche Kilo kann<br />
mit fünf, aber auch mit 50 Euro (Emirates) oder noch<br />
mehr berechnet werden. Am Schalter von Egypt<br />
Air und Thai Airways nimmt man Ihnen 1,5 Prozent<br />
des teuersten Standardticketpreises auf Ihrer Strecke<br />
pro Kilo ab – rechnen Sie mal! sa
7<br />
Titelthema<br />
trend, sPass oder notWendIGKeIt?<br />
Reisetauchgepäck<br />
Glaubt man der Werbung, ist spezielles<br />
tauchequipment für reisen der trend<br />
der Zukunft, und einige namhafte<br />
tauchartikelhersteller haben selbiges<br />
mittlerweile in ihre Produktpalette aufgenommen.<br />
diskussionen unter tauchern<br />
bewegen sich oft um Zusatzkosten<br />
bei Flugreisen, doch von einem<br />
trend dorthin hört man wenig. Was<br />
steckt also dahinter, was sind die<br />
gewichtigen Fakten hinter dem trend?<br />
Ist es überhaupt ein trend und wenn ja,<br />
was motiviert Hersteller, diesen Weg zu<br />
gehen? diveInside befragte taucher<br />
und nahm einige reiseprodukte unter<br />
die lupe.<br />
Bericht von Michael Böhm
8<br />
Titelthema<br />
Auftrieb, Tragekomfort und die Stabilität mit verschiedenen Tauchflaschen standen im Mittelpunkt des <strong>DiveInside</strong> Praxistests.<br />
Die Tauchreise ist perfekt: Ein Schnäppchenflug<br />
<strong>nach</strong> Ägypten und zurück, dazu ein tolles Hotel<br />
zu einem echten Last Minute-Preis. Doch je näher<br />
der Tag der Abreise rückt, desto größer wird der<br />
Inhalt des Tauchkoffers und mit ihm die Sorge,<br />
dass das Limit von 20 Kilogramm Freigepäck doch<br />
nicht einzuhalten ist. Eine durchschnittliche Tauchausrüstung<br />
wiegt bis zu 12 Kilogramm – immerhin<br />
60 Prozent des Freigepäcks. Rechnet man drei<br />
Kilogramm für eine robuste, großvolumige Tauchtasche<br />
auf Rollen, so bleiben nicht mehr als fünf<br />
Kilogramm Zuladung für Kleidung, Kosmetikartikel<br />
und sonstiges Gepäck. Bei einem einwöchigen<br />
Törn einer Tauchsafari ist dies vielleicht noch praktikabel.<br />
Zwei Tauchurlaubswochen oder mehr in<br />
einem Resort, in dem gepflegte Abendgarderobe<br />
angemessen ist, sprengen den Gewichtsrahmen<br />
definitiv. Wenn Leihequipment nicht in Frage<br />
kommt, heißt ein möglicher Ausweg: Tauchgepäck<br />
anmelden, zusätzliche Gebühren in Kauf nehmen<br />
und das Kontingent an erlaubten Pfunden um bis<br />
zu 30 Kilogramm erhöhen.<br />
GeWIcHt<br />
Gewichtsbeispiel einer Standard-Tauchausrüstung, die im Fluggepäck<br />
verstaut und eingecheckt wird:<br />
Jacket (bleiintegriert)<br />
Atemregler (1., 2. Stufe, Oktopus)<br />
Anzug 5 Millimeter<br />
Füßlinge<br />
Kopfhaube<br />
Geräteflossen<br />
Maske, Schnorchel<br />
Boje, Messer<br />
Gesamtgewicht ca. 12 Kilo<br />
isT geWichTsredUzierUng die<br />
lösUng?<br />
Taucher beharren im Tauchurlaub zu Recht auf ihre<br />
persönliche Tauchausrüstung. Schließlich ist dieser<br />
für viele die Zeit, in der die meisten Tauchgänge<br />
absolviert werden. So auch der Tauchlehrer Robert<br />
Zehnder aus Neuburg an der Donau: „Welcher<br />
Taucher nimmt nicht gern sein bleiintegriertes<br />
Luxus-Highend-Jacket in den wohlverdienten<br />
Tauchurlaub mit? In Zeiten der Billigflieger<br />
kommt natürlich die Gewichtsbeschränkung<br />
bei Tauchgepäck hinzu.<br />
Hier liegt die Überlegung nahe, vorab<br />
für zusätzliches Gepäck extra zu bezahlen.<br />
Bevor ich mir allerdings Reiseequipment<br />
zulegen würde, scheint es mir sinnvoller,<br />
sich bei einem einwöchigen Tauchtrip<br />
diverse Sachen vor Ort zu leihen. Den<br />
Zwei Welten<br />
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9<br />
Titelthema<br />
robert Zehnder,<br />
tauchlehrer<br />
aus neuburg<br />
an der donau:<br />
“Welcher<br />
taucher nimmt<br />
nicht gern sein<br />
bleiintegriertes<br />
Luxus-Highend-<br />
Jacket in den<br />
wohlverdienten<br />
tauchurlaub<br />
mit?“<br />
Atemregler würde ich aber auf jeden Fall mitnehmen.<br />
Vor der Neuanschaffung von Tauchequipment<br />
stellt sich die Frage: Wie oft unternehme ich tatsächlich<br />
Flugreisen? Denn zum nächsten Baggersee<br />
geht´s schließlich mit dem Fahrzeug. Bei mehrwöchigen<br />
Tauchabenteuern würde ich das Bezahlgepäck<br />
bevorzugen, und mit etwas weniger Kleidung<br />
im Koffer hat ja auch noch mehr Ausrüstung Platz.<br />
Wenn ich für den Urlaub 2.000 Euro ausgeben kann,<br />
dann darf es am Extra-Obolus fürs Equipment nicht<br />
scheitern. Das ist mir gemütliches Tauchen mit<br />
meiner Ausrüstung wert.“<br />
Luca Falco, Verantwortlicher im Export Department<br />
von Cressi Sub sieht die Sache aus Sicht eines<br />
Herstellers: „Ja, es lohnt sich auf jedem Fall, sich<br />
Reiseausrüstung zuzulegen. Einerseits diskutiert<br />
man immer mit einer gewissen Polemik über die<br />
Extrakosten für Mehrgewicht beim Fliegen. Trotzdem<br />
fliegen heutzutage alle. Deswegen war und<br />
ist es nötig, hochqualitative und gleichzeitig leichte<br />
Ausrüstung zu produzieren. So etwas ist machbar<br />
geworden, dank neuer Rohstoffe. Vor zwei Jahren<br />
waren wir die ersten, die damit begannen. Nun<br />
stellt sich die Frage: War es die richtige Entscheidung?<br />
Ja, sie war es – die Zahlen sind steigend und<br />
die Mitbewerber produzieren nun, zwei Jahre später,<br />
ähnliches Equipment. Das beantwortet doch<br />
die Frage von selbst.“<br />
Richtig. Die großen Hersteller von Tauchausrüstung<br />
haben mittlerweile reagiert und ihre Produktpalette<br />
um Reiseequipment erweitert. Aber lohnt die<br />
Anschaffung eines speziellen Urlaubs-Equipments<br />
in Leichtbauweise auch aus Sicht des Verbrauchers?<br />
Ist leichte Ausrüstung dem gewohnten Equipment<br />
ebenbürtig und bietet wirklich die ultimative<br />
Gewichtsersparnis?<br />
Gewichtsspartipp 1: Das Tarierjacket. Gut vier<br />
Kilogramm bringen gute Allroundjackets wie das<br />
Cressi S 300 in Größe L oder das Mares Vector <strong>10</strong>00<br />
auf die Waage. Je robuster das Material, je mehr<br />
Ausstattungsdetails wie Trageschale, Taschen für<br />
Tarierblei oder zusätzliche D-Ringe, desto schwerer.<br />
Hier lohnt der Blick zu Leichtgewichten wie dem<br />
Cressi Travelight oder Scubapro Lighthawk; diese<br />
sind bis zu 1.500 Gramm leichter.<br />
Cressi hat derzeit drei neue Reisejackets im Programm.<br />
Das Light Jac erinnert an das Modell Back<br />
Jac. Verändert wurden vor allem Gurtsystem und<br />
Materialmix: Leichtere Materialien wie beispielsweise<br />
420er-Denier-Nylon wurden verwendet, da<br />
es speziell als Reisejacket konzipiert wurde. Die<br />
Auftriebseinheit, die sogenannte Blase, ist rückseitig<br />
montiert, ein Hauch von Wing-Jacket schwingt<br />
hier mit und vermittelt Bewegungsfreiheit, Auftriebskraft<br />
und Wasserwiderstand. Elastische Haltebänder<br />
reduzieren das Volumen der Blase auf<br />
das notwendige Maß, zudem entweicht dadurch<br />
die Luft schneller, wenn der Luftablass betätigt<br />
wird. Das Auftriebsvolumen eines Light Jac der<br />
Größe M beträgt beeindruckende 20 Kilogramm,<br />
das Gesamtgewicht 3,1 Kilogramm. Die Ausstattung<br />
mit einrollbarer Tasche auf der rechten Seite für<br />
Ersatzmaske und andere Dinge, dem elastischen,<br />
verstellbaren Bauchgurt, einer gepolsterten, aber<br />
nicht starren Rückenschale und dem Cressi-typischen<br />
Bleiabwurfsystem Lock Aid System ist reichhaltig,<br />
vier metallene D-Ringe und zwei Karabinerhaken<br />
runden sie ab.<br />
Optisch überzeugend kommt das neue Cressi Travelight<br />
daher. Im ersten Praxistest musste es seine<br />
Tauchtauglichkeit unter Beweis stellen. 2<strong>10</strong>er-<br />
Denier-Nylongewebe ist den Cressi-Technikern<br />
zufolge stabil und robust genug, die haptische<br />
Wahrnehmung bestätigt dies. Auch das Travelight<br />
wurde, nomen est omen, speziell für Flugreisen<br />
entwickelt. Das Ergebnis präziser Studien zur Auswahl<br />
von Materialien, die sich am besten für eine<br />
maximale Gewichtsreduzierung eignen. Die Rückenschale<br />
ist nicht starr, aber weich gepolstert. Die<br />
Meinung der Testtaucher war geteilt und sicherlich<br />
abhängig von der Taucherfahrung. „Die Flasche<br />
wird mit einem Doppelgurt sicher befestigt und<br />
pendelt nicht von Seite zu Seite“, so Intruktor Werner<br />
Wiedemann. „Irgendwie war die Flasche an dem<br />
Jacket mit der festen Trageschale fester angebracht“,<br />
entgegnete Tauchnovize Albert Schneider. Zwei<br />
große Reißverschlusstaschen bieten ausreichend<br />
Platz, und neben dem integrierten Bleiabwurfsystem<br />
Lock Aid System verfügt das Travelight auf der<br />
Rückseite über zwei Trimmbleitaschen. Wenig<br />
Anklang fand das gewöhnungsbedürftige hintere,<br />
rechte Auslassventil, denn instinktiv griff jede der<br />
Testpersonen erst einmal ins Leere: Eine dünne<br />
Leine führt an der Unterseite des Jackets <strong>nach</strong><br />
vorne und endet in einer kleinen Kunststoffkugel.<br />
Zieht man daran, wird der Schnellablass betätigt.<br />
Positiv: Alle D-Ringe sind aus Leichtmetall. Begeisterung<br />
rief das kompakte Packmaß des Travelight<br />
hervor. Mit wenigen Handgriffen lässt sich das<br />
Jacket zusammenfalten, ein spezieller Gurt, der<br />
während des Tauchgangs in einer dafür vorgesehen<br />
Tasche untergebracht ist, hält das Jacket zusammen,<br />
das anschließend im mitgelieferten Umhängebeutel<br />
verstaut wird. Die Cressi-Werbeaussage, dass<br />
das Travelight dank des geringen Gewichtes und<br />
der anatomischen Form unter Wasser eng anliegt<br />
und aufgrund des niedrigen Widerstands bei der<br />
Fortbewegung äußerst hydrodynamisch ist, wurde<br />
von allen Testern bestätigt. Das einhellige Urteil
<strong>10</strong><br />
Titelthema<br />
lautete: Für ein Reisejacket kommt es verdammt<br />
nahe an ein „richtiges“ Jacket ran – eine echte<br />
Alternative für den klassischen Urlaubstaucher.<br />
Einzig der Auftrieb könnte etwas größer sein: 9,2<br />
Kilo hat ein Jacket der Größe M. Dafür wiegt es<br />
aber nur gut 2,5 Kilogramm, und das zu einem<br />
empfohlenen Verkaufspreis von 369 Euro.<br />
Leichter und günstiger ist nur das Flex in the sea:<br />
Rund 600 Gramm weniger Gewicht bei einem empfohlenen<br />
Verkaufspreis von 319 Euro. Das Flex ist<br />
zwar kein bleiintegriertes Jacket, dafür sind Rückenschale,<br />
Anzahl und Material der D-Ringe, Anbringung<br />
des Lufttanks und Betätigung des Rückenauslassventils<br />
identisch mit dem großen Bruder<br />
Travelight. In den beiden Reißverschlusstaschen<br />
befinden sich zwei Bleitaschen aus Netzgewebe<br />
und im Rückenbereich zwei Trimmbleitaschen.<br />
Diese wirken wie beim Travelight auch optisch<br />
etwas wenig robust und laden eher zur Unterbringung<br />
leichten Zubehörs anstelle von Bleistücken<br />
ein. Doch Luca Falco von Cressi beruhigt: „Wir haben<br />
bei unseren Reisejackets in erster Linie auf qualitativ<br />
hochwertiges Material geachtet. Es darf nicht<br />
sein, dass Reisejackets zweitklassig sind.“ Das Transportvolumen<br />
ist beim Flex analog zum Travelight:<br />
Vorbildlich und auf kleinstes Packmaß bedacht.<br />
Der Auftrieb des Jackets in Größe M ist etwas größer:<br />
<strong>10</strong>,2 Kilogramm in Größe M. Spitzenmäßig ist<br />
das Eigengewicht des Flex in the sea: 1.820 Gramm<br />
in Größe M!<br />
Das Seemann Drake; mit einem integrierten Bleiabwurfsystem<br />
und einer Hartschalenrückentrage<br />
gehört es zwar mit 2,8 Kilogramm zu den etwas<br />
schwereren Reisejackets, wirkt aber auch merklich<br />
stabiler. Einen weiteren Vorteil, gerade bei Personen,<br />
die mit dünnen Tauchanzügen eine Größe<br />
kleiner vertragen könnten, bietet das 2-Schnallensystem<br />
im Schulterbereich. Ungewohnt, aber effektiv<br />
ist das Bleitaschensystem mit Schnellabwurfmöglichkeit:<br />
Die Taschen werden bequem von<br />
oben bestückt und im Notfall <strong>nach</strong> unten geöffnet.<br />
Drei Schnellablässe sowie der verstellbare Brustgurt<br />
und Flaschenauffangriemen sind echte Komfortmerkmale,<br />
ebenso die relativ großen Reißverschlusstaschen,<br />
die Befestigung für Jacketmesser<br />
und der integrierte Oktopushalter. Der Preis ist<br />
Seemann-typisch und angemessen: Rund 230 Euro<br />
kostet das Drake und ist damit eine preiswerte<br />
Alternative zu anderen Reisejackets.
11<br />
Titelthema<br />
Mit ziemlich genau drei Kilogramm Gewicht ist das<br />
Scubapro Litehawk nur geringfügig schwerer. Der<br />
Name verrät auch das Konzept: Das Litehawk ist<br />
ein Reisejacket. Back Flotation Jacket nennt sich<br />
die Bauform und ist damit auch in der Reihe der<br />
Wing-ähnlichen Jackets einzuordnen. Die Super<br />
Cinch-Flaschenhalterung ist ein Scubapro-eigenes<br />
Patent, hier ließen sich bei Verwendung konventioneller<br />
Bebänderung ohne Abstriche im Komfort<br />
auch noch ein paar Gramm sparen. Die Luftkammern<br />
sind durch eine seitliche Gummibandverschnürung<br />
eng gehalten, den Inflator gibt es optional auch in<br />
der AIR2-Variante. Das Litehawk hebt sich von allen<br />
anderen Jackets durch den Bauchgurt mit leichter<br />
Kunststoffschnalle ab. Auf diesen lassen sich optional<br />
noch weitere Bleitaschen aufziehen. Das Auftriebsvolumen<br />
in Größe M-L beträgt 21 Kilogramm,<br />
der Verkaufspreis liegt derzeit bei rund 280 Euro.<br />
Gewichtsspartipp 2: Die Flossen. Das Angebot ist<br />
riesig, und die grundsätzliche Entscheidung wird<br />
von ihrer Bauweise bestimmt: Fußteil- oder Geräteflossen?<br />
Erstere benötigen keine Füßlinge, und das<br />
Gewicht ist meist geringer als ihr Gegenstück in<br />
offener Ausführung. Dies spart im Gepäck über 500<br />
Gramm, wie das Beispiel Mares Volo offen vs.<br />
geschlossen belegt. Für Füßlinge spricht, dass diese<br />
die Füße wärmen und schützen. Manche Taucher<br />
schildern, man würde darin subjektiv festeren Halt<br />
finden als in der geschlossenen Variante. Wer Neoprensocken<br />
wünscht, sollte dies beim Kauf der<br />
sogenannten Schwimmbadflossen beachten und<br />
ausreichend Platz einplanen. Egal ist es, ob man<br />
auf eine Tec-Flosse wie die legendäre Scubapro<br />
Jetfin oder Splitfins wie die Scubapro Twin Jet Max<br />
zurückgreift. Beide wiegen rund drei Kilo. Standardflossen<br />
wie die aktuelle Cressi Frog plus oder eine<br />
Beuchat Power Jet liegen dagegen mit rund 1.800<br />
Gramm im akzeptablen Mittelfeld. Noch dazu ist<br />
das Preis-Leistungsverhältnis der Beuchat-Flosse<br />
mit einem Verkaufspreis von 92 Euro angemessen.<br />
Für einen großen Flossentest ging die <strong>DiveInside</strong>-<br />
Redaktion an die Basis und holte Tauchermeinungen<br />
zu aktuellen Flossenmodellen ein. Näheres<br />
dazu in der Maiausgabe von <strong>DiveInside</strong>.<br />
Gewichtsspartipp 3: Der Atemregler. Moderne<br />
Technik sorgt dafür, dass die einst massiven, schweren<br />
ersten Stufen der Vergangenheit angehören<br />
- ohne Abstriche bei Qualität und Atemarbeit. Zu<br />
den echten Leichtfüßen bei absoluter Kaltwassertauglichkeit<br />
gehört der High-end-Regler Mares<br />
Carbon 42. Atemregler dieser Kategorie sind eindeutige<br />
Alternativen zu den bisherigen Schwergewichten<br />
und zudem technisch „state of the art“.<br />
Leider stand uns hier ein echter Reise-Atemregler,<br />
der Apeks Flight, nicht zur Verfügung. Auf der<br />
„boot 20<strong>10</strong>“ wurde er vorgestellt als Teil des Pack´n<br />
Dive, eines speziell auf Tauchreisen abgestimmten<br />
Equipment-Pakets von Aqua Lung, das allerdings<br />
erst ab Juni im Handel sein wird. Mit weniger<br />
als 600 Gramm Gewicht und einem klasse<br />
Design ist der Apeks Flight eine Kaufüberlegung<br />
bei Urlaubstauchern wert.<br />
Reiseequipment oder leichte<br />
Allround-Tauchausrüstung?<br />
Tauchen ist kostenintensiv: Kauf und Service von<br />
Ausrüstung, Tauchausbildung, Reisen, Gebühren<br />
bis hin zur Abzocke am kleinsten Tauchertümpel.<br />
Zusatzkosten für Sportgepäck bei Flugreisen<br />
machen den Schnäppchenflug mitunter doppelt<br />
so teuer. Doch der Kostenausweg „Reiseequipment“<br />
ist nur für den echten Gelegenheitstaucher<br />
eine Lösung. Weniger als zehn Kilogramm inklusive<br />
Transporttasche sind nur bei Equipment für<br />
den seichten Tauchgang zwischendurch drin,<br />
Kaltwassertauglichkeit oder Allroundausrüstung<br />
ausgeschlossen. Gewicht gespart werden kann<br />
mit der Anschaffung von aktuellen Atemreglern,<br />
ohne Einbußen im Einsatzbereich hinnehmen zu<br />
müssen. Wer sich ein Reisejacket zulegt, wird<br />
sicherlich geringe Abstriche hinsichtlich Komfort<br />
und Steifigkeit hinnehmen. Gerade Anfänger<br />
schwören auf eine feste Rückentrage, vermittelt<br />
sie doch den Eindruck des festen Halts der Flasche<br />
und eine stabile Tauchlage unter Wasser. Flossen<br />
gehören heute nicht mehr zu den hochpreisigen<br />
Anschaffungen, hier liegt mit dem Ausweichen<br />
auf eine leichte Fußteilflosse sicherlich Potential<br />
zum Gewichtsparen. Ähnlich verhält es sich mit<br />
der Tauchkleidung: Wer sowohl in tropischen als<br />
auch in mittel- und <strong>nord</strong>europäischen Gewässern<br />
tauchen will, wird kaum am Kauf verschiedener<br />
Tauchanzüge vorbeikommen. Der Erwerb eines<br />
3-Millimeter-Nassanzugs sorgt garantiert für<br />
weniger Gewichts- und Platzprobleme beim
12<br />
Titelthema<br />
Ausrüstungsteil Produktname Größe Gewicht Empf. VK-Preis<br />
Tasche Cruise X-Strap 1.738 g 59,00 E<br />
Atemregler Carbon 42 821 g 629,00 E<br />
Octopus Octopus Carbon 386 g 269,00 E<br />
Luftintegrierter Computer Puck Air 400 g 359,00 E<br />
Jacket Pegasus MRS plus M 3.386 g 329,00 E<br />
Neoprenanzug Reef 3 4 (48/50) 1.<strong>10</strong>5 g 159,00 E<br />
Füßling Dive Boot NG 553 g 40,00 E<br />
Flosse X-Stream Regular 1.602 g 149,00 E<br />
Maske Star LiquidSkin 164 g 69,00 E<br />
Schnorchel Breezer J 115 g 9,00 E<br />
Packen des Tauchgepäcks für den kommenden<br />
Tauchurlaub.<br />
Anders sieht es für den aus, der vor der Neuanschaffung<br />
der gesamten Ausrüstung steht. Hier<br />
sollte tatsächlich gewichtsoptimiertes Tauchequipment<br />
ins Auge gefasst werden. Ein Beispiel für die<br />
gelungene Symbiose aus Allround- und Reiseequipment<br />
liefert Mares mit der aktuellen Palette<br />
an Neuprodukten:<br />
Michael Hiller,<br />
Produktmanager<br />
von Mares<br />
deutschland,<br />
erläutert<br />
die Produktstrategie<br />
des<br />
Herstellers.<br />
„Man kann all diese Produkte außer dem 3-Millimeter-Neoprenanzug<br />
Reef 3 für die Tauchgänge<br />
in kalten Gewässern unserer Breiten verwenden.<br />
Somit muss man sich nicht zwei getrennte Ausrüs-<br />
gesamt <strong>10</strong>.270 g 2.071,00 E<br />
tungen zulegen. Das ist es, was wir auch bei der<br />
Konzeption in den Vordergrund gestellt haben. Wir<br />
haben Top-Equipment, das zudem perfekt zum<br />
Reisen geeignet ist“, so Michael Hiller, Produktmanager<br />
von Mares Deutschland.<br />
Praxistauglichkeit bei guter Qualität und Leistung<br />
stand beim Gros der Light-Produkte Pate. Die neuen<br />
Geräteflossen Mares X-Stream sind das neueste<br />
Produkt aus der Flossenwerft in Rapallo. Das bleiintegrierte<br />
Jacket Pegasus MRS plus gehört mit 20<br />
Litern Auftriebsvolumen zur Oberklasse und vermittelt<br />
durch die Backmount-Blase ebenfalls wie<br />
das Cressi Light Jac Wing-ähnliches Tauchgefühl.<br />
Spitzenqualität und keineswegs eine abgespeckte<br />
Variante, vom Gewicht bewusst abgesehen, ist der<br />
kaltwassertaugliche Regler aus Kohlenstoff Carbon<br />
42. In Verbindung mit der 1.700 Gramm leichten<br />
Tasche Cruise X-Strap, die mit wenigen Handgriffen<br />
zum Rucksack umfunktioniert werden kann, sind<br />
doch ein paar entbehrliche Kilogramm gespart.<br />
„Unserer Meinung <strong>nach</strong> rechnet sich der Kauf eines<br />
separaten Reiseequipments nicht, da nicht nur<br />
erneute Anschaffungskosten auf einen zukommen,<br />
sondern auch die Instandhaltungskosten. Es ist<br />
ähnlich wie mit Autos: Wenn sie für längere Zeit<br />
still stehen, haben sie Anlaufschwierigkeiten und<br />
müssen öfter zum Service. Aus diesem Grund haben<br />
wir unsere Ausrüstung, die wir für Urlaubsreisen<br />
empfehlen, so konzipiert, dass sie für alle Gewässer<br />
geeignet sind“ resümiert Produktmanager Hiller<br />
die Mares-Meinung.<br />
Momentan ist alleine spezielles Reiseequipment<br />
für das Gros der Taucher noch nicht zufriedenstellend:<br />
Der Einsatzbereich ist in vielfacher Hinsicht<br />
zu beschränkt, Alltagstauglichkeit ist nicht gewährleistet<br />
und ein Ausbau der persönlichen taucherischen<br />
Betätigungsfelder teilweise nicht möglich,<br />
ganz abgesehen von einem Einstieg in den Tec-<br />
Bereich oder eine ähnlich anspruchsvolle Tauchdisziplin.<br />
Lösungen in Handgepäckgröße à la Pack´n<br />
Dive von Aqua Lung sind pfiffig, keine Frage. Doch<br />
Tauchgepäck wird vermutlich nie den Weg ins<br />
Kabinengepäckfach der Flugzeuge finden. Was<br />
Eindruck macht, sind die neun Kilogramm Gesamtgewicht<br />
inklusive Tauchtasche. Ob es letztlich für<br />
einen „Check-In“ ohne Übergewichtssorgen reicht,<br />
wird der nächste Tauchurlaub zeigen. Was aber<br />
einzig und allein zählt, ist die Antwort auf die Frage,<br />
ob das Reiseequipment den eigenen Ansprüchen<br />
ans Tauchen genügt. MB
13<br />
Titelthema<br />
tauchtaschen und tauchrucksäcke gehören<br />
meist in die Kategorie der schwergewichte.<br />
Großes Volumen, stabilität und langlebigkeit,<br />
gepaart mit geringem eigengewicht und die<br />
rauen Umgangsformen an allen Flughäfen der<br />
Welt schließen sich in der regel aus. Mit<br />
neuen taschenkollektionen will man dem<br />
Gewicht der transporter zuleibe rücken. aber<br />
ist leicht auch robust genug? oder geht der<br />
trend hin zu Billigtaschen, die <strong>nach</strong> der dritten<br />
tauchreise auf den Müll wandern?<br />
Transportprobleme<br />
leichTe TAschen schWer im Kommen<br />
Bericht von Michael Böhm
14<br />
Titelthema<br />
<strong>nach</strong> dem dritten Flug entwickelte der Mares cruise roller ein eigenleben: der stabilisierende Kunststoffboden<br />
war zerbrochen.<br />
Der erste Praxistest mit der faltbaren Tasche<br />
Mares Cruise Roller überzeugte wenig. Die Rolltasche<br />
zum Preis von knapp <strong>10</strong>0 Euro ist zusammenfaltbar<br />
und kann gerade in den beengten<br />
Verhältnissen einer Tauchsafari optimal verstaut<br />
werden. Das Volumen von 128 Litern ist gut<br />
bemessen und fasst das Tauchequipment und<br />
alles andere Notwendige für eine einwöchige<br />
Tauchsafari problemlos. Doch was nützen mit<br />
Edelstahl-Schrauben befestigte, geländetaugliche<br />
Räder, wenn sich <strong>nach</strong> der dritten Reise der<br />
Kunststoffboden in ein Häufchen Plastik verwandelt<br />
und der Geradeauslauf einer hochprozentigen<br />
Promillefahrt gleicht?!<br />
Einfacher gebaut, mit geringem Transportkomfort,<br />
aber gerade mal 1.700 Gramm leicht, ist die<br />
Mares-Tasche Cruise X-Strap. Die Tragetasche<br />
mit einem Volumen von 62 Litern ist aus PVC<br />
gefertigt und wirkt robust. Sie nimmt ein komplettes<br />
(Reise)Tauchgepäck auf, selbst Flossen<br />
mit langem Blatt sind kein Problem. Zusätzlich<br />
sind drei Außentaschen für die kleinen Dinge<br />
des Tauchens angebracht. Die X-Strap ist faltbar<br />
und auch passend zu den Farben der She Dives-<br />
Kollektion erhältlich. Die Tragegurte können<br />
rasch ummontiert werden und machen aus der<br />
Tasche einen Rucksack. Der Verkaufspreis von<br />
59 Euro lässt die unweigerlichen Beschädigungen<br />
der Tasche leichter verschmerzen, für das<br />
weitere Reisegepäck benötigt man jedoch ein<br />
weiteres Gepäckstück.<br />
prAxisTesT sTehT noch beVor<br />
Ohne <strong>DiveInside</strong>-Redaktionserfahrung geht die<br />
leichte Black Line von Scubapro an den Start.<br />
„Die neuen Scubapro-Taschen haben nicht nur<br />
ein neues Design erhalten, sondern wurden auch<br />
technisch auf den neuesten Stand gebracht“,<br />
erklärt Tina Kopseel, Marketingmanagerin von<br />
Scubapro und Subgear Deutschland. Die neuen<br />
Taschen sollen leichter, aber aus besten Materialien<br />
hergestellt sein, um eine lange Lebensdauer<br />
zu garantieren. Die Zutaten dafür sind:<br />
Abriebfestes und salzwasserresistentes Garn,<br />
Spiralreißverschlüsse mit zwei Schiebern für die<br />
Anbringung eines Schlosses, Rollertaschen mit<br />
Edelstahl-Bolzen, salzwasserfeste, kugelgelagerte<br />
Rollen, hochwertige Teleskopgriffe, gepolsterte<br />
Tragegurte und ergonomische Gummigriffe.<br />
Genauso verhält es sich mit der neuesten Reisetasche<br />
von Subgear. Großes Volumen, kompakte<br />
Maße, geringes Gewicht - so die Botschaft,<br />
die die Tasche Subgear Scubalite vermitteln soll.<br />
Sie fasst ein komplettes Tauchreiseset einschließlich<br />
Flossen, zwei große Außentaschen nehmen<br />
Reiseutensilien und -unterlagen auf. Transportiert<br />
wird die Tasche aus Ripstop-Nylon auf kugelgelagerten<br />
Rollen an einem ausziehbaren Griff<br />
oder huckepack mit den gepolsterten, verstellbaren<br />
Rucksackträgern. Die Maße: 40 x 30 x 60<br />
Zentimeter, Volumen: 72 Liter, Gewicht: 4,02 Kilo,<br />
unverbindliche Preisempfehlung: 89,00 Euro.<br />
scUBaPro-BlacK lIne<br />
Empfohlene Verkaufspreise der Scubapro-<br />
Black Line:<br />
• Dive´n Roll Deluxe, bestehend aus<br />
drei einzelnen Elementen mit einem<br />
Volumen von 209 Litern: 319,00 Euro<br />
• Porter Bag, mit einem Volumen von<br />
174 Litern, Gewicht 4,05 kg: 129,00 Euro<br />
• Allroundtasche Jumbo Bag,<br />
Gewicht 1,75 kg: 59,90 Euro<br />
• Back Pack Professional: 79,00 Euro<br />
• Dry Bag, 125 Liter: 65,00 Euro<br />
• Dry Bag, 75 Liter: 59,00 Euro<br />
• Dry Sack: 45,00 Euro<br />
• Dry Sack Compact: <strong>10</strong>,00 Euro<br />
• Mesh Bag: 55,00 Euro<br />
• Mesh Sack: 39,00 Euro<br />
• Regulator Bag: 29,95 Euro<br />
• Tech Bag: 22,50 Euro
15<br />
Titelthema<br />
Ohne Rollen, aber ähnlich voluminös ist das<br />
Subgear Resortbag, ebenfalls aus Ripstop-Nylon.<br />
Das Packen verspricht durch den langen, mittig<br />
angebrachten Reißverschluss leicht von der<br />
Hand zu gehen. Die beiden Tragegriffe verlaufen<br />
auch unter der Tasche; ein verstellbarer, rutschsicherer<br />
Tragegurt dient dem längeren Transport.<br />
Die Maße: 90 x 50 x 35 Zentimeter. Die unverbindliche<br />
Preisempfehlung von 29,90 Euro bringt<br />
plötzlich wieder den Eingangsgedanken mit der<br />
Einwegtauchtasche ins Spiel …<br />
Leider lag uns das neue Pack´n Dive von Aqua<br />
Lung noch nicht vor, denn das „Reisepäckchen“<br />
ist erst ab Juni erhältlich. Das Konzept ist einfallsreich,<br />
muss aber in der Praxis seinen Wert<br />
noch unter Beweis stellen. Eine erste Meinung<br />
von Tauchern und Redaktion wird es voraussichtlich<br />
in einer späteren Ausgabe von <strong>DiveInside</strong><br />
geben.<br />
geWichT isT nichT Alles<br />
Solange keine Signalgeber, Lampen oder ähnliches<br />
anzeigepflichtiges Tauchgepäck aufgegeben<br />
werden, ist es für Fluggesellschaften meist<br />
unerheblich, wenn Kleidung und Tauchgepäck<br />
in nur einem Gepäckstück untergebracht werden.<br />
Doch Vorsicht: Neben den üblichen Freigepäckgrenzen<br />
begrenzt manche Fluggesellschaft das<br />
Höchstgewicht je Gepäckstück auf ein geringeres<br />
Maß (siehe auch Tabelle auf Seite 6), sodass<br />
man unter Umständen zwei Gepäckstücke aufgeben<br />
muss. Der Vorteil ist: Dies verhindert „lange<br />
Arme“ auf dem Weg zum Check-in. Nachteil: Mit<br />
Handgepäck, einem zusätzlichen Fotokoffer,<br />
vielleicht noch einer Laptoptasche und besagten<br />
zwei Gepäckstücken sind zwei Hände nicht<br />
genug!<br />
Fakt ist, dass Tauchgepäck immer Schaden nimmt,<br />
wenn es auf Flugreisen geht. Nicht selten endet<br />
der Tauchurlaub am Flughafenschalter für defektes<br />
Reisegepäck. Die Prozedur ist nervend, der<br />
finanzielle Ausgleich bietet nicht immer gleichwertigen<br />
Ersatz. Der Kauf von preisgünstigen und<br />
damit etwas weniger langlebigen Taschen ist eine<br />
Alternative. Während für Tauchkoffer der gehobenen<br />
Klasse zwischen <strong>10</strong>0 bis 200 Euro einzuplanen<br />
sind, sind die leichtgewichtigen Taschen<br />
deutlich günstiger. Wer dann auf zwei Gepäckstücke<br />
ausweicht und darin Kleidung und Tauchgepäck<br />
separat unterbringt, spart unterm Strich<br />
nicht nur Gewicht, sondern auch Geld. Auch wenn<br />
die Tauchtasche vielleicht nicht ganz so lange<br />
hält wie der schwere Tauchkoffer. MB<br />
Seawing Nova<br />
Rückkehr einer Legende<br />
Die neue Seawing Nova vereint die bewährte SCUBAPRO Seawing Powerrippen-Technologie<br />
mit den neuesten Innovationen im hydrodynamischen<br />
Design. Aus einem Material hergestellt, das auch in der Raumfahrt eingesetzt<br />
wird, ist die Flosse nahezu unzerstörbar.<br />
Außergewöhnlich hohe Kraftübertragung, mehr Schub bei gleichzeitig<br />
weniger Anstrengung und ein komfortables Fußteil mit cleverem Bungee<br />
Strap System: Power. Technologie. Design.<br />
Eine starke Flosse – mit nichts zu vergleichen!<br />
scubapro.com<br />
Seawing_Ad_Tauchen_Final.indd 1 13.03.09 11:01
16<br />
Reise<br />
Zwischen den Brother Islands und der sudanesischen<br />
Grenze liegt einsam das wohl abwechslungsreichste<br />
Riff Ägyptens: Wer bei Daedalus<br />
abtaucht, bekommt fast alles vor die Maske, was<br />
das Rote Meer zu bieten hat.<br />
Der Mikrokosmos<br />
TAUchen Am dAedAlUs riFF<br />
Bericht von Linus Geschke
17<br />
Reise<br />
Blaustreifen-schnapper gehören zu den häufigsten<br />
Fischarten bei daedalus.<br />
Hammerhaie. Immer nur Hammerhaie. Als ob es<br />
keinen anderen Grund gäbe, dieses große und<br />
mit einem alten Leuchtturm gekennzeichnete<br />
Riff anzusteuern. Dabei hat Daedalus viel mehr<br />
zu bieten: Wracks, die außerhalb der Sporttauchergrenze<br />
liegen. Korallenfelder, Steilwände und<br />
Gärten voller Anemonen. Einschnitte, Barrakudas<br />
und massenhaft Schildkröten. Aber dennoch<br />
wollen alle immer nur eines: Hammerhaie. Die<br />
Tiere sind für Taucher so etwas wie der Heilige<br />
Gral für Bibelforscher.<br />
Der beste Platz, um ihnen zu begegnen, liegt im<br />
Nordosten, fast genau gegenüber dem Ankerplatz<br />
der meisten Schiffe. Um dort auf Hammerhaie zu<br />
stoßen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder<br />
zieht man – was die meisten Guides auch so<br />
praktizieren – mit dem Riff linke Schulter seine<br />
Bahn und richtet den Blick häufiger ins Freiwasser.<br />
Oder man erklärt das Freiwasser selbst zum<br />
Ziel, zackt hinaus, dann wieder zurück, anschließend<br />
wieder weg; solange, bis die Riffwand nur<br />
noch schemenhaft zu sehen ist. Dies erhöht aller-<br />
Plakette am leuchtturm aus dem<br />
späten 19. Jahrhundert<br />
dings nicht nur die Chancen auf eine Begegnung<br />
mit den grauen Räubern, sondern auch die Wahrscheinlichkeit,<br />
dabei die Orientierung zu verlieren.<br />
Bei Strömung oder mangelnden Fähigkeiten, die<br />
Tiefe ohne optische Referenz halten zu können,<br />
verbietet sich diese Möglichkeit schon von alleine.<br />
Wer einmal den Kontakt zu der standorttreuen<br />
Population hergestellt hat, kann das Flossenschlagen<br />
da<strong>nach</strong> einstellen: Die zwischen zwei und<br />
drei Meter großen Bogenstirn-Hammerhaie legen<br />
meist eine Strecke zurück, die in ihrer Form einer<br />
Acht gleicht und kehren häufig binnen weniger<br />
Minuten an den ersten Kontaktpunkt zurück.<br />
Meist sind sie in Tiefenbereichen zwischen 25<br />
und 40 Meter anzutreffen, auch, wenn sich manchmal<br />
vereinzelte Exemplare aus der Gruppe lösen<br />
und deutlich flachere Bereiche ansteuern.<br />
Es wäre allerdings schade, Daedalus nur wegen<br />
der Hammerhaie aufzusuchen. Das Meer ist kein<br />
Ponyhof und trotz bester Planung kann es immer<br />
mal vorkommen, dass die Haie sich gerade eine<br />
Auszeit nehmen. Wer sicher sein will, die Räuber<br />
wenigstens einmal vor die Maske zu bekommen,<br />
sollte eine Safari buchen, die Daedalus exklusiv<br />
auf dem <strong>Touren</strong>plan stehen hat: Bei vier Tagen<br />
vor Ort sollte auch der größte Pechvogel diesbe-
18<br />
Reise<br />
„Häuptling lange Flosse“: der longimanus<br />
züglich sein Glück finden. Alle anderen können<br />
sich damit trösten, dass die Hammerhaie sicher<br />
die Hauptattraktion vor Ort darstellen – beileibe<br />
aber nicht die einzige.<br />
Nicht weit davon entfernt liegt ein Wrack, welches<br />
der Deutsche Markus Lohr 2003 auf der Suche<br />
<strong>nach</strong> Hammerhaien entdeckte: Die „Zealot“, ein<br />
Dampfsegler, der 1876 hier verloren ging. Heute<br />
in Tiefen zwischen 75 und gut <strong>10</strong>0 Metern ruhend,<br />
ist die Zealot in der Mitte auseinandergebrochen,<br />
ihre Trümmerteile liegen über das Riff zerstreut.<br />
Noch recht gut erhalten sind Vorschiff und Laderäume,<br />
in deren Nähe der große Anker liegt. Der<br />
Australier Grant Searancke, der das Wrack häufig<br />
besuchte und zeitweise auf der „M/Y Hurricane“<br />
als Diveguide arbeitete, beschreibt das<br />
Schiff als „der „Carnatic“ bei Abu Nuhas recht<br />
ähnlich, nur in einem deutlich schlechteren<br />
Zustand“. Mutmaßungen gibt es auch immer<br />
wieder zu einem zweiten Wrack bei Daedalus,<br />
der „SS Dacca“, die bis jetzt jedoch nicht zweifelsfrei<br />
lokalisiert werden konnte. Die Dacca war<br />
ein imposantes Schiff, welches sich 1890 mit 91<br />
Besatzungsmitgliedern und 464 Passagieren auf<br />
der Fahrt von London <strong>nach</strong> Queensland in Australien<br />
befand. Gegen 6:30 Uhr am Morgen des<br />
16. Mai kollidierte sie mit dem Daedalus Riff und<br />
versank gegen 11 Uhr – ohne den Verlust eines<br />
einzigen Menschenlebens.<br />
die WesTseiTe<br />
In der Pause zwischen den Tauchgängen kann<br />
man auf dem Sonnendeck des Safaribootes relaxen<br />
oder dem 1863 von der französischen Firma<br />
„Barbier, Bénard & Turenne“ erbauten Leuchtturm<br />
einen Besuch abstatten. Fotografen sollten dies<br />
in Betracht ziehen: Der Blick über das von hier<br />
aus endlos erscheinende Rote Meer und den<br />
über das Riffdach verlaufenden Steg lassen die<br />
Anstrengungen beim Aufstieg schnell wieder<br />
vergessen.<br />
Und anschließend kann man sich beim nächsten<br />
Tauchgang ja wieder abkühlen: Diesmal steht die<br />
Nordwestseite auf dem Programm. Ob Graue<br />
Riffhaie oder kleine Anemonenfische, ob Schildkröten,<br />
Fischschwärme oder Barrakudas, Hart- oder<br />
Weichkorallen – die Nordwestseite ist ein Mikrokosmos<br />
des Lebens im Roten Meer. Direkt hinter<br />
der <strong>nord</strong>westlichen Ecke wartet eines der größten<br />
Anemonenfelder, die es <strong>weltweit</strong> zu bestaunen<br />
gibt. Schon im Flachwasserbereich liegt auf<br />
einer Breite von gut zehn Metern eine Anemone<br />
neben der anderen, zum Teil bevölkert mit gleich<br />
drei unterschiedlichen Arten von Clownsfischen.<br />
Wie künstlich angelegt erscheint „Anemone City“,<br />
ein Platz, an dem auch unbegabten Fotografen<br />
das perfekte Bild gelingt. In 15 Meter Tiefe ist mit<br />
der Herrlichkeit dann weitestgehend Schluss,<br />
auch wenn sich vereinzelte Exemplare noch in<br />
tieferen Bereichen angesiedelt haben. Mit dem<br />
Riff linke Schulter taucht man anschließend weiter<br />
in Richtung des Safaribootes. Der schönste<br />
Bereich liegt dabei zwischen zehn und 25 Meter,<br />
es ist wie ein gemütlicher Spaziergang an einer<br />
vom Leben umtosten Riffwand entlang. Hornhechte,<br />
Barsche und Wimpelfische flankieren den<br />
schön anzusehen, aber bei Berührung schmerzhaft:<br />
Feuerkorallen
19<br />
Reise<br />
Barrakudas treten oft in schwärmen auf; insbesondere die jüngeren.<br />
Weg, ab und zu schauen Barrakudas vorbei, lässt<br />
sich gar ein Grauer Riffhai sehen. Kurz vor Ende<br />
des Tauchganges wartet dann noch ein weiteres<br />
Highlight auf Besucher: Eine der imposantesten<br />
Hartkorallen, die wie eine umgedrehte und überdimensionierte<br />
Teetasse am Riffhang liegt. Trotz<br />
aller Schönheit in Riffnähe sollte wenigstens jeder<br />
dritte Blick dem Freiwasser gelten, durch das<br />
manchmal Barrakudaschwärme mit unzähligen<br />
Individuen ziehen.<br />
Wer mag, kann natürlich auch am Südplateau<br />
direkt vom Boot aus den Tauchgang beginnen.<br />
Das Plateau selber liegt zwischen 30 und 45 Meter<br />
tief und weist eine Vielzahl von Ergs auf. Riffbarsche,<br />
Muränen und Falterfische bevölkern diesen<br />
Bereich, in den Sommermonaten lassen sich ab<br />
und zu Weißspitzen-Hochseehaie blicken, die<br />
dann zumeist um die ankernden Boote kreisen.<br />
Die auch Longimanus genannte Haiart zeigt sich<br />
Tauchern gegenüber fast immer neugierig, manchmal<br />
bis hin zur Zudringlichkeit. Respekt vor den<br />
Raubtieren ist sicherlich angebracht, Angst vor<br />
ihnen jedoch überzogen. Wenn man über das<br />
Plateau in Richtung Freiwasser taucht, kommt<br />
man recht bald an eine Abbruchkante, die das<br />
Riff ins Bodenlose abfallen lässt. Mit ein wenig<br />
Glück ziehen hier Thunfischschwärme und der<br />
ein oder andere Adlerrochen vorbei. Der größte<br />
Vorteil des Südplateaus: Egal, wie es an den Seiten<br />
aufgrund von Strömungen auch kacheln mag,<br />
hier herrscht diesbezüglich fast immer Ruhe.<br />
broThers oder dAedAlUs?<br />
Sind die Brothers oder ist Daedalus nun das lohnendere<br />
Tauchziel? Auch in den Taucher.Net-Foren<br />
wird diese Frage oft diskutiert. Beide Ziele haben<br />
ihre Reize: Bei Daedalus ist die Chance auf Hammerhaie<br />
größer, bei den Brothers jene auf Haie<br />
allgemein. Die Brothers haben zwei spektakuläre<br />
Wracks in Bereichen liegen, die auch von Sporttauchern<br />
erreicht werden können, Daedalus dafür<br />
den vielleicht noch größeren Artenreichtum. Es<br />
ist – wie so oft im Leben – eine reine Geschmacksfrage<br />
und in diesem Falle noch nicht einmal eine<br />
<strong>nach</strong> dem „entweder/oder“: Beide Spots werden<br />
im Rahmen einer „BDE-Tour“ (Brothers, Daedalus,<br />
Elphinstone) angesteuert.<br />
Daedalus liegt in der Überlappung zwischen<br />
den beiden Marineparks Nord und Süd und ist<br />
kein geeignetes Ziel für Taucher mit wenig Erfahrung.<br />
Neben der Zahlung einer Marineparkgebühr<br />
in Höhe von EURO 80 muss der Taucher<br />
auch mindestens 50 geloggte Tauchgänge vor-<br />
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weisen, um hier absteigen zu können. Offiziell<br />
zumindest. Viel wichtiger als die Anzahl der<br />
Tauchgänge ist jedoch, dass der Reisende Erfahrung<br />
in strömungsreichen Freigewässern haben<br />
sollte und unter Wasser frei von jeglichen Anzeichen<br />
der Hektik oder Nervosität ist. Andernfalls<br />
wird er die Faszination, die dieses außergewöhnliche<br />
Riff trotz des Ansturms der Safariboote<br />
noch immer verströmt, kaum in vollen Zügen<br />
genießen können. lG<br />
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21<br />
Biologie<br />
sie sind die wohl nettesten<br />
und gutmütigsten Meeresbewohner<br />
überhaupt. Während<br />
sie unbeirrbar Grünzeug in<br />
sich hineinmümmeln, lassen<br />
sie taucher manchmal bis auf<br />
tuchfühlung an sich heran.<br />
nett und gutmütig, das sind<br />
projizierte menschliche eigenschaften,<br />
ein tier aber bringen<br />
diese rasch an den rand der<br />
ausrottung ...<br />
Seekühe<br />
sirenen, die nichT heUlen<br />
Bericht von Harald Mathä mit Bildern von Todd Essick www.essickfoto.com
22<br />
Biologie<br />
eine Gabelschwanzseekuh beim abtauchen. Ungeliebte<br />
Begleiter sind oft schiffshalter.<br />
Der Name täuscht: Mit „Kühen“ sind sie überhaupt<br />
nicht verwandt, ja nicht mal verschwägert. Ihre<br />
nächsten Verwandten sind Elefanten, Schliefer<br />
und Röhrenzähner. Erstere sind die großen, grauen<br />
Tiere mit dem Rüssel im Gesicht, die beiden anderen<br />
sind kleine, murmeltierähnliche Nagetiere.<br />
Unnützes Wissen: Alle zusammen nennt man<br />
Subungulaten. Eine Ähnlichkeit mit Walen und<br />
Delfinen drängt sich auf, aber der Lebensraum<br />
ist das einzige, was sie mit diesen Meeressäugern<br />
gemeinsam haben. Nicht ganz – wie bereits der<br />
Name verrät, säugen auch sie ihren Nachwuchs<br />
mit Muttermilch. Seekühe sind die einzigen Vegetarier<br />
unter den Meeressäugetieren.<br />
AUssehen<br />
Meeressäuger waren einst Landtiere, die es vorzogen,<br />
wieder im Meer zu leben. <strong>Von</strong> Fischen<br />
unterscheiden sie sich grundsätzlich: So haben<br />
sie keine Kiemen, um Sauerstoff aus dem Wasser<br />
zu beziehen. Die Lungenatmer müssen also zum<br />
Luftholen an die Oberfläche kommen, können<br />
aber bis zu 20 Minuten lang tauchen. Die vorderen<br />
Gliedmaßen sind zu Flossen (Flipper) umgewandelt<br />
worden, mit denen gesteuert wird. Die<br />
hinteren Gliedmaßen wurden zurückgebildet.<br />
Der Antrieb erfolgt über eine muskulöse Schwanzflosse,<br />
die von oben <strong>nach</strong> unten schwingt. Im<br />
Gegensatz dazu schlägt die Flosse von Fischen<br />
immer von links <strong>nach</strong> rechts. Bei einem Säugetier<br />
wäre dies anatomisch nicht möglich.<br />
Seekühe haben einen zylindrischen, plump<br />
wirkenden Körper. Fühlen sie sich bedroht, dann<br />
Wie ein riesen-staubsauger wühlt sich der dugong<br />
durch die seegraswiese, um an das leckere Grünzeug<br />
zu kommen.<br />
können sie jedoch zehn Knoten und schneller<br />
werden. Auf dem massigen Körper sitzt, ohne<br />
Hals, der rundliche Kopf mit seiner großen<br />
Schnauze samt Tasthaaren. Durch die frontal<br />
im runden Gesicht sitzenden Augen haben<br />
Seekühe etwas Liebenswertes, Menschliches<br />
an sich. Der Kopf ist zwar groß, aber ziemlich<br />
leer: Nur etwa 300 Gramm Hirn lassen das mehrere<br />
Zentner schwere Tier sicherlich nicht zur<br />
seeKüHe<br />
Zwei Familien: Eine Art Rundschwanzseekühe (Dugong),<br />
drei Arten Gabelschwanzseekühe (Manatis)<br />
Lateinischer Name: Sirenia<br />
Länge: Bis vier Meter<br />
Gewicht: 400 bis 1600 kg<br />
Alter: Bis etwa 70 Jahre<br />
Aussehen: Wie eine Mischung aus kleinem Wal und Nilpferd<br />
Lebensraum: Küstennähe und Süßwasser<br />
Nahrung: Seegras und Wasserpflanzen<br />
Tiefe: Flachwasser<br />
Verbreitung: Indopazifik, Südamerika, Ostafrika und Karibik<br />
Verwechslungsmöglichkeit: An der Oberfläche mit<br />
kleinen Walen<br />
Fotos: „M“ und Robert Jakob
23<br />
Biologie<br />
an seiner runden schwanzflosse<br />
leicht zu erkennen: ein Manati<br />
Intelligenzbestie werden. Die Lunge der Seekühe<br />
liegt im Rücken, ist sehr weit in die Länge<br />
gezogen und reicht bis in das Becken. Dies<br />
ermöglicht optimale horizontale Tarierung und<br />
erinnert an das Tauchen mit einem Wing-Jacket.<br />
Beide Geschlechter sehen für uns Menschen<br />
gleich aus, da die Fortpflanzungsorgane in<br />
Bauchfalten geschützt liegen, solange sie nicht<br />
gebraucht werden. Nur paarungsbereite Männchen<br />
und säugende Weibchen lassen sich<br />
unschwer erkennen.<br />
Dugong (Dugong dugon),<br />
veraltet „Seeschwein“<br />
Bei Abu Dabbab nördlich von Marsa Alam im<br />
Roten Meer taucht man eigentlich aus nur einem<br />
Grund, und selbst biologisch desinteressierte<br />
Taucher können sich hier für die „langweiligen“<br />
Seegraswiesen begeistern: Wegen der Grünzeug<br />
das Jungtier wird etwa ein Jahr gesäugt, bleibt dann aber noch länger in der der obhut seiner Mutter.<br />
in sich hineinmümmelnden Dugongs. In den<br />
letzten Jahren nahmen Taucher und Schnorchler<br />
in der Bucht immer mehr überhand, die Tiere<br />
wurden zunehmend gestört. Die genervten<br />
Dugongs wichen auf andere Plätze aus oder verlegten<br />
ihre Mahlzeiten in die Nacht.<br />
Die Gabelschwanzseekühe findet man an den<br />
Küsten des gesamten tropischen Indopazifik,<br />
von Ostafrika über Indien bis <strong>nach</strong> Japan und<br />
Australien. Sie werden mehr als vier Meter lang.<br />
Die besten Plätze um sie zu sehen sind Nordwestaustralien<br />
und Vanuatu. Dort existieren noch<br />
Herden mit bis zu <strong>10</strong>0 Tieren.<br />
Amazonas-Manati (Trichenchus inunguis)<br />
Richtig geraten: Diese Rundschwanzseekuh<br />
kommt im Flusssystem des Amazonas in Südamerika<br />
vor. Der relativ kleine und schlanke Manati<br />
ist sehr scheu. Gesellig in kleinen Gruppen fressen<br />
sie subaquatische Kräuter und Gräser. Bei der<br />
geringsten Störung tauchen sie ab und verschwinden<br />
in den trüben Flüssen. Sichtungen und gute<br />
Bilder sind somit selten.<br />
Karibik-Manati auch Nagel-Manati<br />
(Trichenchus manatus)<br />
Der recht plumpe und rundliche Manati ist in der<br />
Karibik und entlang der Nord- und Südamerikanischen<br />
Atlantikküste zu finden. Er ist die freundlichste,<br />
gemütlichste und „faulste“ aller Seekühe.<br />
Seine Tauchgänge sind langsam und flach. Besonders<br />
gerne sonnt sich das Tier an der Oberfläche.<br />
Bei Begegnungen mit Schnorchlern sind Manatis<br />
recht aufgeschlossen. Die besten Beobachtungsgebiete<br />
sind Florida und das <strong>süd</strong>liche Yucatán<br />
(Mexiko).<br />
Afrikanischer Manati<br />
(Trichenchus senegalensis)<br />
Der typische Manati lebt an der Küste von Westafrika<br />
und in Flusssystemen bis weit in das Hinterland.<br />
Das Tier ist scheu wie seine Verwandten<br />
am Amazonas. Die Länder, in denen es lebt, kennt<br />
in Europa kaum jemand, und Touristen oder gar<br />
Taucher gibt es dort auch nicht.<br />
Interessant ist, dass die drei Arten der Gabelschwanzseekühe<br />
in Ostafrika, Südamerika und der<br />
Karibik zuhause sind. Ein Indiz, dass ihre Lebens-<br />
Tauch-<br />
Angebote<br />
Niederländische<br />
Karibik<br />
räume einst zusammengehörten und mit den<br />
tektonischen Platten auseinanderdrifteten?<br />
Stellersche Seekuh<br />
(Hydrodamalis gigas)<br />
Gibt es nicht mehr. Die mit bis zu acht Metern<br />
Länge größte aller Seekühe wurde schon um<br />
1766, wenige Jahre <strong>nach</strong> ihrer Entdeckung, ausgerottet.<br />
Einst war sie im kalten Wasser an der<br />
Nordamerikanischen Pazifikküste verbreitet.<br />
Acht Meter und vielleicht noch länger wurde<br />
das friedliche Tier. Eine einfache Beute für Robbenjäger,<br />
die leichtes Spiel mit den riesigen<br />
Gabelschwanzseekühen hatten und sie in Massen<br />
abschlachteten.<br />
ForTpFlAnzUng<br />
Einzigartig im Tierreich ist, dass die Balz ohne<br />
Kämpfe der paarungswilligen Seekuhmännchen<br />
(sollten sie nicht besser Seestiere heißen?!) abläuft,<br />
da jeder Anwärter zum Zug kommt, sofern er<br />
Geduld hat. Es gibt auch keine hormongesteu
24<br />
Biologie<br />
ein seegras in sich<br />
hinenmümmelnder<br />
dugong in<br />
abu dabbab.<br />
typisch für seekühe sind die große<br />
schnauze und der runde Kopf, der ohne<br />
Hals auf den Körper folgt.<br />
dieser dugong wirkt zufrieden<br />
und scheint zu grinsen. sind<br />
seekühe glücklich?<br />
Bilder im Uhrzeigersinn von links: Achim Goeke, Michael Henke, Udo Hartlieb
25<br />
Biologie<br />
erten, fixen Paarungszeiten. Nach etwa einem<br />
Jahr Tragzeit kommt der Nachwuchs in Form<br />
eines Riesenbabys zur Welt: Etwa 30 Kilogramm<br />
schwer und einen Meter lang ist ein neugeborenes<br />
Seekalb! Das Junge wird etwa ein Jahr lang<br />
gesäugt, bleibt aber noch länger in der Obhut<br />
seiner Mutter.<br />
nAhrUng<br />
Glückliche Kühe stehen auf der Alm, fressen saftiges<br />
Alpengras und Kräuter – glaubt der Städter.<br />
„Und sie sind lila“, ergänzt das Stadtkind, Milka-<br />
Werbung sei Dank! Massentierhaltung, Silofutter<br />
und Tiermehl kennen Seekühe nicht. Sie leben<br />
frei und fressen jodhaltiges Seegras und anderes<br />
submarines Grünzeug; 40 bis 80 Kilogramm am<br />
Tag oder mehr sollen es sein.<br />
myThen<br />
Es war einmal vor langer, langer Zeit: An der Wasseroberfläche<br />
sonnt sich eine Seekuh. In einiger<br />
Entfernung dümpelt langsam ein Segelschiff<br />
vorbei, und ein gelangweilt auf die endlose Wasserwüste<br />
starrender Matrose entdeckt das Tier.<br />
Der letzte Besuch im Hafenbordell ist Wochen<br />
her, der nächste fern. Wer will es dem testosteronvergifteten<br />
Seemann da verübeln, in die rundlichen<br />
Formen mit Zitzen im Brustbereich eine<br />
sich in den warmen Wassern räkelnde, badende<br />
Maid mit Rubensfigur und Fischschwanz hineinzufantasieren.<br />
Seine ebenso „notgeilen“ Kameraden<br />
hörten vor dem Einschlafen die (ausgeschmückte)<br />
Geschichte über die gesichtete Meerjungfrau<br />
sicher gerne, und der Mythos der Sirenen<br />
ward geboren.<br />
geFÄhrdUng<br />
Laut der „Roten Liste“ der Weltnaturschutzunion<br />
IUCN sind alle vier Arten vom Aussterben<br />
bedroht.<br />
Natürliche Feinde haben Seekühe kaum: Nur<br />
großen Haien wird <strong>nach</strong>gesagt, dass sie gelegentlich<br />
Seekühe fressen. Ihr Hauptfeind ist:<br />
Der Mensch! Sie sind langsam, einige Arten<br />
wenig scheu, und sie liefern Fleisch, Fett, Häute<br />
und Tran. Und davon gleich eine ganze Menge.<br />
Aus diesen Gründen werden Seekühe seit Ewigkeiten<br />
in geringem Ausmaß bejagt. Die Bestände<br />
seekühe können bis zu 20 Minuten lang tauchen.<br />
normalerweise kommen sie alle zwei bis fünf<br />
Minuten zum atmen an die oberfläche.<br />
„Fear no art“ der amerikaner todd essik ist für<br />
seine unverwechselbaren Bilder berühmt: Biologie<br />
in Harmonie mit erotik.<br />
<strong>weltweit</strong> schrumpften jedoch in den letzten<br />
Jahrzehnten dramatisch. Eine Ursache dafür ist<br />
die Zerstörung und Vergiftung des Lebensraums<br />
der Tiere durch Schleppnetze, ungeklärte<br />
Abwässer und Umweltgifte. Eine andere sind<br />
die massiven und starren Knochen der Seekühe.<br />
Normalerweise schützt sie ihr Fettpolster bei<br />
Zusammenstößen. Doch bei einer Kollision mit<br />
einem Schiffsrumpf ist dieser „Airbag“ wirkungslos,<br />
und ihre Knochen zersplittern wie Glas.<br />
Ebenso werden die trägen Seekühe oft Opfer<br />
von Schiffsschrauben schnell herumkurvender<br />
Boote, oder sie ertrinken langsam und qualvoll<br />
in Fischernetzen.<br />
glücKliche Kühe?<br />
<strong>Von</strong> den vier heute noch existierenden Seekuharten<br />
sind unter Tauchern der indopazifische<br />
Dugong und der karibische Manati die bekanntesten.<br />
Die Seegras mümmelnden Meeressäuger<br />
wirken gutmütig und zufrieden. Vielleicht<br />
sind sie im Gegensatz zu ihren in Massentierhaltung<br />
lebenden Namensvettern ja wirklich<br />
glücklich? Wenn ihnen nicht gerade ein<br />
Schlauchboot über die Birne zischt oder sich<br />
eine Schiffsschraube in ihren Körper schneidet,<br />
sind sie es vielleicht. Dem Lächeln in ihrem<br />
Gesicht <strong>nach</strong> jedenfalls schon. HM<br />
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27<br />
Medizin und Biologie<br />
Fit to Dive?<br />
Die tauchtauglichkeitsuntersuchung.<br />
der tauchsport erfreut sich zunehmender<br />
Beliebtheit und hat in den letzten Jahren nicht<br />
nur eine quantitative, sondern auch eine erhebliche<br />
qualitative Veränderung erfahren. durch<br />
die entwicklung des technical diving mit aufwendiger<br />
tauchausrüstung in Kombination mit<br />
dem einsatz von Mischgasen werden immer<br />
längere tauchzeiten und größere tauchtiefen<br />
erreicht. In der Gruppe der sporttaucher zeigt<br />
sich zudem inzwischen ein fast ausgeglichenes<br />
Geschlechterverhältnis. auch die altersgrenzen<br />
haben sich deutlich verschoben – <strong>nach</strong> oben<br />
wie <strong>nach</strong> unten. Wegen des positiven effekts<br />
der reduzierten schwerkraftwirkung wird der<br />
tauchsport auch als therapeutische Methode<br />
eingesetzt. dies führt zu einem Zuwachs bei<br />
der Gruppe der behinderten und chronisch<br />
erkrankten taucher.<br />
Diese Faktoren konfrontieren den betreuenden<br />
Arzt zunehmend mit tauchmedizinischen Grenzsituationen.<br />
Der Trend zu immer abgelegeneren<br />
Tauchzielen mit oft unzureichender medizinischer<br />
Notfallversorgung verstärkt die Wichtigkeit einer<br />
ausführlichen Vorsorgeuntersuchung für Sporttaucher.<br />
In tropischen Gewässern und entlegenen<br />
Urlaubsorten ergeben sich besondere Probleme<br />
im Zusammenhang mit dem Tauchsport. Oft entwickelt<br />
sich ein spontaner Entschluss zum Tauchkurs<br />
erst vor Ort. Eine gewissenhafte Tauchtauglichkeitsuntersuchung<br />
<strong>nach</strong> europäischem Standard<br />
wird von den lokalen Tauchbasen meist<br />
nicht gefordert oder ist oftmals nicht möglich.<br />
„gesUndheiTs-TüV“<br />
Im Gegensatz zum Berufstaucher und Überdruckarbeiter<br />
(berufsgenossenschaftlicher Grundsatz<br />
G31) gibt es für den Sporttaucher keine gesetz-<br />
auskultation des Herzens<br />
lichen Regelungen für die Vorsorgeuntersuchung.<br />
Lediglich die Forderung von Verbänden und<br />
Tauchbasen <strong>nach</strong> Attesten übt einen gewissen<br />
Druck zur tauchärztlichen Untersuchung aus.<br />
Die jährliche Wartung des Atemreglers oder die<br />
TÜV-Wartung der Pressluftflasche alle zwei Jahre<br />
wird selbstverständlich einem Fachmann überlassen<br />
und die Kosten dafür klaglos bezahlt. Erfahrungsgemäß<br />
sieht es beim „eigenen Gesundheits-<br />
TÜV“ jedoch ganz anders aus. Da spart der Taucher<br />
am liebsten Zeit und Geld, und „Gefälligkeitsunterschriften“<br />
sind leider keine Seltenheit.<br />
Ein vielgehörter Spruch in meiner Ambulanz ist:<br />
wenn ich da unten sterben sollte, könnte ich mir<br />
keinen schöneren Tod vorstellen. Doch so einfach<br />
ist es leider nicht. Man hat schließlich noch einen<br />
Tauchpartner an der Seite, den man durch die<br />
eigenen Gesundheitsprobleme mit gefährdet<br />
und in eine – unter Umständen –vermeidbare<br />
Not- oder Gefahrensituation bringt.<br />
Kein FreiFAhrTschein<br />
Die wenigsten Tauchunfälle enden in einem<br />
angenehmen Tod unter Wasser, sondern führen<br />
zu erheblichem Leidensdruck. An einer Dekom-<br />
Bericht von Anke Fabian
28<br />
Medizin und Biologie<br />
pressionserkrankung sterben die wenigsten<br />
Taucher, fliegen jedoch im Zweifelsfall im Rollstuhl<br />
<strong>nach</strong> Hause.<br />
Die meisten Taucher wiegen sich <strong>nach</strong> fragwürdiger<br />
Untersuchung oder gar Gefälligkeitsunterschrift<br />
in falscher Sicherheit: Jetzt kann ja<br />
nichts mehr schiefgehen. Falsch! Fehlendes ärztliches<br />
Wissen über die tauchsportspezifischen<br />
Besonderheiten und physiologischen Vorgänge<br />
unter Druck führen oft zu unkritischen Attesten<br />
oder aber zu überkritischen oder unsinnigen<br />
Einschränkungen.<br />
Hervorzuheben ist jedoch auch, dass selbst bei<br />
uneingeschränkter Tauchtauglichkeit der Gesundheitscheck<br />
lediglich ein Attest der unbedenklichen<br />
körperlichen Voraussetzungen zur Ausübung des<br />
Tauchsports ist und keinen Freifahrtschein für<br />
unsinniges Verhalten unter Wasser darstellt.<br />
Prinzipiell kann jeder approbierte Arzt mit entsprechendem<br />
Wissen eine Tauchtauglichkeits-<br />
Untersuchung durchführen, sofern er mit den<br />
physikalischen und sportmedizinischen Gegebenheiten<br />
des Tauchens vertraut ist. Eine Liste<br />
der bei der GTÜM (Gesellschaft für Tauch- und<br />
Überdruckmedizin) gemeldeten Tauchmediziner<br />
kann auf www.gtuem.de abgerufen werden.<br />
VorsorgeUnTersUchUng<br />
bei sporTTAUchern<br />
In Deutschland regeln die Leitlinien der GTÜM<br />
den Leistungsumfang mit einem vorgegebenen<br />
Untersuchungsbogen (siehe Abb. 1). Er kann im<br />
Portal der GTÜM abgerufen werden .<br />
Die Krankengeschichte (Anamnese)<br />
Bei der Erstuntersuchung ist eine ausführliche<br />
Erhebung der gesamten Krankheitsvorgeschichte<br />
notwendig, bzw. eine Zwischenanamnese bei<br />
Wiederholungsuntersuchungen. Dies gibt dem<br />
Arzt die notwendigen Hintergrundinformationen,<br />
welche richtungsweisend für eventuell notwendige<br />
Zusatzuntersuchungen sein können. Wesentlich<br />
sind Grunderkrankungen, Medikamenteneinnahme<br />
und vorangegangene Operationen,<br />
jedoch auch Nikotin- und Alkoholkonsum sowie<br />
sportliche Betätigung.<br />
Die tauchsportspezifische Anamnese erfragt Aus-<br />
abb. 1<br />
bildungsstand, Anzahl der Tauchgänge, Datum des<br />
letzten Tauchgangs (Wiedereinsteiger? Neuanfänger?),<br />
Art des Tauchverfahrens (Druckluft, Nitrox,<br />
Trimix, Rebreather, Eistauchen, Strömungstauchen,<br />
etc), das Profil des Tauchers (Freizeittaucher, Tauchlehrer,<br />
Forschungstaucher, Rettungstaucher, Feuerwehr-<br />
oder Polizeitaucher, etc) und natürlich<br />
auch, ob schon einmal Zwischenfälle oder Probleme<br />
unter Wasser aufgetreten sind oder sogar eine<br />
Dekompressionserkrankung vorlag.<br />
Vor allem bei Kindern ist eine wichtige, aber oft<br />
vergessene Frage: Kannst Du schwimmen? Bei<br />
Anfängern und Neueinsteigern ist es interessant,<br />
die Motivation zu erfragen – vor allem bei Kindern<br />
und bei bis dato nicht tauchenden Ehepartnern.<br />
Körperliche Untersuchung<br />
Die körperliche Untersuchung gibt dem Arzt<br />
einen allgemeinen Eindruck über den Gesundheitszustand<br />
des Tauchers. Die körperliche Untersuchung<br />
erfolgt am entkleideten Patienten. Dabei<br />
können auf einen Blick die Hautverhältnisse, der<br />
Ernährungszustand sowie größere Skelettanomalien<br />
festgestellt werden, bevor die einzelnen<br />
Organsysteme untersucht werden.<br />
Der weitere Untersuchungsablauf kann sich an<br />
dem vorgegebenen Fragebogen der GTÜM orientieren<br />
und schließt vom Pupillenreflex bis zum<br />
Wackeln mit dem großen Zeh den gesamten<br />
Körper mit ein, sodass ein kleiner Lymphknoten<br />
im Halsbereich genauso sorgfältig erfasst werden<br />
abb. 8<br />
kann wie ein abgeschwächter Achillessehnenreflex<br />
an der Ferse. Nacheinander werden die einzelnen<br />
Organsysteme untersucht, vom Kopf-<br />
Halsbereich über die Atemwege, Brustorgane,<br />
Bauch, eine orientierende neurologische Untersuchung<br />
durchgeführt und der Bewegungsap-
29<br />
Medizin und Biologie<br />
parat geprüft. Die Untersuchung soll vollständig<br />
und genau sein.<br />
Wesentlicher und unabdingbarer Teil der Untersuchung<br />
ist natürlich die Inspektion der Ohren,<br />
Gehörgänge und Trommelfelle – auch funktionell<br />
während eines Druckausgleichsmanövers (siehe<br />
Abb. 2). Liegen funktionelle oder strukturelle<br />
Probleme vor, kann (wenn vorhanden) ein sogenanntes<br />
Tympanogram (Ultraschall des Trommelfells)<br />
mehr Aufschluss über die Art der Störung<br />
geben. (siehe Abb. 3,4,5)<br />
Besonderes Augenmerk richtet sich auf die Brustorgane,<br />
das Herz und die Lunge. Die Auskultation<br />
(Abhören mit dem Stethoskop) des Herzens und<br />
der Lunge über allen Abschnitten sind obligat.<br />
Ergeben sich pathologische (krankhafte) Befunde,<br />
sollte im entsprechenden Fachbereich eine konsiliarische<br />
ärztliche Abklärung veranlasst werden<br />
(z.B. Kardiologe, Lungenfacharzt, Neurologe, HNO-<br />
Arzt etc.)<br />
Apparative Untersuchungen:<br />
Zu den Standard-„Muss-Untersuchungen“ zählen<br />
die otoskopische Trommelfellinspektion, ein Ruhe-<br />
EKG und eine Lungenfunktionsprüfung, die das<br />
Lungenvolumen bestimmt und eine Fluss-Volumenkurve<br />
aufzeigt. (siehe Abb. 7+8)<br />
Ein Belastungs-EKG ist prinzipiell wünschenswert<br />
und wird bei Tauchern ab dem 40. Lebensjahr, bei<br />
jüngeren Tauchern ohne offensichtliche Leistungsfähigkeit<br />
und bei anamnestischen Hinweisen<br />
empfohlen. Eine Blutabnahme mit Bestimmung<br />
des sogenannten „kleinen Labors“ (kleines Blutbild,<br />
Nierenwerte, Leberwerte, Gerinnung, Blutzucker)<br />
ist wünschenswert, aber nicht obligat.<br />
Eine Röntgenuntersuchung der Lunge wird bei<br />
Erstuntersuchung zwar grundsätzlich empfohlen,<br />
ist in ihrer Aussagekraft jedoch umstritten. Bei<br />
gegebenen Anhaltspunkten in der Anamnese<br />
oder krankhaften Untersuchungsbefunden ist<br />
eine röntgenologische Diagnostik in zwei Ebenen<br />
obligat.<br />
Ergänzende Untersuchungen sind die Bodyplethysmographie<br />
(große Lungenfunktion), Thoraxdurchleuchtung<br />
oder Spiral-CT, EEG, Probeschleu-<br />
sung in einer Druckkammer und Untersuchungen<br />
auf einen kardialen Shunt (offenes Foramen ovale).<br />
Die Indikation für zusätzliche Untersuchungen<br />
sollte eher großzügig gestellt werden, da der<br />
Tauchsport eine gute physische Leistungsfähigkeit<br />
voraussetzt und cardiopulmonale Komplikationen<br />
im Einzelfall fatale Folgen haben können.<br />
Für die Entscheidung, welche Zusatzuntersuchungen<br />
sinnvoll sind, ist es wichtig das Gesamtbild<br />
eines tauchenden Menschen zu erfassen. Ein<br />
Provokationskaltlufttest beim Lungenfacharzt ist<br />
für eine Person mit Anstrengungsasthma oder<br />
den Eistaucher sicher wesentlich wichtiger als<br />
für den Urlaubstaucher im Roten Meer.<br />
Neben dem Untersuchungsergebnis einer „vollen<br />
abb. 5: tympanogram mit tubenfunktionsstörung<br />
bei erkältung und begleitender Funktionsstörung<br />
der Eustach’schen Röhre (Tuba auditiva).<br />
linke seite: die linksverschiebung der Kurven zeigt<br />
einen Unterdruck in beiden Mittelohren an. rechte<br />
seite: <strong>nach</strong> druckausgleichsmanöver verschiebt<br />
sich die Kurve des rechten ohres <strong>nach</strong> rechts in<br />
den normalbereich, das linke ohr leicht in den<br />
überdruck über die Mittellinie hinaus. Insgesamt<br />
zeigt die Beweglichkeit des Kurvenverlaufes einen<br />
gelungenen druckausgleich an – die tuben sind<br />
also noch durchlässig und lassen sich belüften.<br />
abb. 2 abb. 3<br />
abb. 4 abb. 7
30<br />
Medizin und Biologie<br />
abb. 9<br />
Tauchtauglichkeit“ ist auch eine Tauchtauglichkeit<br />
mit Einschränkungen möglich. Diese sollte klar<br />
formuliert sein, mit dem Taucher besprochen und<br />
nur bei guter Compliance (Zuverlässigkeit) ausgesprochen<br />
werden. Einschränkungen betreffen<br />
generell:<br />
• Jugendliche unter 16 Jahren für das Tauchen<br />
mit Druckgasgeräten<br />
• Taucher mit Behinderungen<br />
Im Falle gesundheitlicher Bedenken ist die Tauchtauglichkeit<br />
zu verweigern. Die Nachuntersuchungsintervalle<br />
variieren: Bei gesunden Tauchern<br />
bis 40 Jahre alle zwei bis drei Jahre, über 40 Jahre<br />
jährlich. Bei eingeschränkter Tauchtauglichkeit<br />
oder bei behinderten Tauchern jährlich, gegebenenfalls<br />
vor jeder erneuten Tauchausfahrt, unter<br />
Umständen mehrmals im Jahr (siehe Abb. 9).<br />
WAs dArF es denn KosTen?<br />
Im CAISSON und auf der Webseite der GTÜM gibt<br />
es eine offizielle Empfehlung für die anfallenden<br />
Kosten einer Tauchtauglichkeitsuntersuchung.<br />
Einige Auszüge daraus sind hier abzurufen:<br />
Zusammengefasst darf eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung<br />
dem<strong>nach</strong> zwischen 70 und 85 Euro<br />
kosten, je <strong>nach</strong> Aufwand der Untersuchung, dem<br />
Alter des Tauchers und der Anzahl der schon<br />
mitgebrachten oder notwendigen Untersuchungsbefunde.<br />
Daran kann sich jeder Taucher orientieren<br />
und sowohl Abweichungen <strong>nach</strong> unten wie<br />
<strong>nach</strong> oben selbst einschätzen.<br />
Vergleicht ein Taucher den finanziellen Aufwand<br />
für seine Gesundheit mit den Summen, welche<br />
er für einen Tauchurlaub, seine Ausrüstung und<br />
deren Wartung, oder allein für einen Besuchstag<br />
auf der „boot“ ausgegeben hat, kann der Kostenfaktor<br />
kein Argument mehr für eine versäumte<br />
Vorsorgeuntersuchung sein! aF
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32<br />
Ausbildung<br />
Voller dUrcHBlIcK<br />
Wenn dIe MasKe ZUM UnsIcHerHeItsFaKtor WIrd...<br />
orientierungslosigkeit unter Wasser durch<br />
den Verlust oder häufiges Volllaufen der<br />
Maske bedeutet neben den unschönen<br />
erfahrungen auch ein sicherheitsrisiko.<br />
der richtige Umgang mit der Maske, regelmäßiges<br />
training von Maskenübungen und<br />
weitere kleine tricks machen tauchgänge<br />
sicherer. denn nur wer gut vorbereitet ist,<br />
kann einen klaren durchblick bewahren.<br />
Zahlreiche Taucher verbinden Maskenübungen<br />
mit lästigen Erinnerungen an den ersten Tauchkurs.<br />
Der meist fröhliche und umgängliche Tauchlehrer<br />
fiel ausgerechnet bei sämtlichen Maskenübungen<br />
durch seine sonst unbekannte penetrante<br />
Art auf. „Noch einmal, bitte!“ Ein Satz, der<br />
vielen schon einen Schauer über den Rücken<br />
laufen ließ. Maske fluten, Maske abnehmen und<br />
Maske mit dem Buddy tauschen. Ein ums andere<br />
Mal, wieder und wieder, bis es in Perfektion<br />
beherrscht wird. Gefühlte Unmengen an Wasser<br />
suchten sich den Weg in die Nase. Diese unangenehmen<br />
Erinnerungen sind der Grund, warum<br />
Taucher Maskenübungen bei ihren regelmäßigen<br />
Tauchgängen gerne aus dem Weg gehen.<br />
Zeit spielt beim Kauf einer Maske keine Rolle:<br />
Design, Farbwahl und vor allem der richtige<br />
Durchblick müssen stimmen. Für Brillenträger<br />
sind optische Gläser ein Renner. So werden viele<br />
Euros ausgegeben, um seine Augen unter Wasser<br />
nicht nur für seinen Tauchpartner sympathisch<br />
erscheinen zu lassen. Aber welche Faktoren<br />
sollten beim Maskenkauf wirklich im Vordergrund<br />
stehen? Zahlreiche Informationen<br />
bieten die Kataloge der Hersteller, die Schulungsbücher<br />
und Tauchlehrer. Die Meinungen<br />
gehen weit auseinander, einig sind sich alle<br />
jedoch, dass die Passform, ein möglichst großes<br />
Gesichtsfeld und ein kleines Volumen ideal sind.<br />
Maskenbänder aus Neopren, die einmal auf die<br />
richtige Länge eingestellt wurden, verhindern<br />
sogar, dass durch die Silikonbänder Haare ausreißen.<br />
Welche TechniK isT die richTige?<br />
Die angesprochenen Meinungsunterschiede<br />
gehen deutlich über den Maskenkauf und die<br />
Vorliebe für bestimmte Maskentypen hinaus.<br />
Sie betreffen auch den Umgang damit unter<br />
Wasser. Das korrekte Ausblasen einer Maske<br />
etwa bietet zwischen Tauchlehrern, Ausbildungsorganisationen<br />
und Tauchern riesiges<br />
Streitpotenzial. Welche Technik ist die richtige,<br />
um die Maske sinnvoll und effizient zu entleeren?<br />
Eine Meinung ist, dass als einzig „richtige<br />
Technik“ die Hand von hinten über den Kopf<br />
geführt werden muss, um die Maske beim Ausblasen<br />
zu fixieren. Andere verteidigen vehement<br />
die beiden Daumen links und rechts unter den<br />
Maskengläsern um die Maske „hebeln“ zu können.<br />
Die dritte Fraktion fixiert die Maske mit<br />
der kompletten Handinnenseite am oberen<br />
Maskenrand auf der Stirn. Es gibt noch weitere<br />
Bericht von Jan Langmaack
33<br />
Ausbildung<br />
die tauchmaske: optisch immer eine spiegelung der Persönlichkeit.<br />
Techniken, die alle das gleiche Ziel haben: Das<br />
Wasser aus der Maske zu entfernen. Doch die<br />
schon seit Ewigkeiten wild diskutierten unterschiedlichen<br />
Techniken stiften eher Verwirrung,<br />
als dass sie zu regelmäßigen Maskenübungen<br />
motivieren. Dabei ist vor allem eines wichtig:<br />
Jede der oben erwähnten Techniken ist geeignet.<br />
Mit einer entscheidenden Ausnahme: Das<br />
Ausblasen der Maske beruht auf dem Verdrängen<br />
des Wassers durch erhöhten Druck der<br />
ausgeatmeten Luft. Die Maske wird so angehoben<br />
und das Wasser herausgedrückt. Das<br />
Hebeln durch die Daumen, um den Anhebevorgang<br />
der Maske zu unterstützen, ist jedoch<br />
eine Gefahr für den sicheren Ablauf. Der Dau-<br />
men bestimmt die Zeit und die Dauer und nicht<br />
der Druck der ausgeatmeten Luft. Ein Nachlaufen<br />
von Wasser in die Maske kann sehr schnell<br />
die Folge sein. Gerade bei kaltem Wasser tritt<br />
der Wasser-Nase-Reflex dann schnell ein!<br />
WAsser-nAse-reFlex<br />
Und dAs TrAining ohne mAsKe<br />
Der Grund für das unangenehme Gefühl beim<br />
Tauchen ohne Maske ist der Kontakt des Wassers<br />
mit den Nasenschleimhäuten. Dies ist<br />
ungewohnt und kann zum Verschließen der<br />
Atemwege führen, damit in diese kein Wasser<br />
eindringen kann. Durch Ruhe und Konzentration<br />
Maskenübungen sind nicht immer angenehm; das training sollte trotzdem auch im Freiwasser<br />
durchgeführt werden.<br />
auf das „normale Atmen“ wird dann versucht,<br />
die Situation unter Kontrolle zu bekommen.<br />
Und genau das hat im OWD/CMAS* Kurs die<br />
Unbehaglichkeit bei Maskenübungen aufgebaut.<br />
Tauchen ohne Maske und dabei kontrolliert<br />
weiteratmen kann im Flachwasser gut ohne<br />
Gerät mit einem Schnorchel geübt werden.<br />
Auch für flachere Tauchgänge sollte diese<br />
Übung ins Repertoire aufgenommen werden,<br />
um auch beim Maskenverlust, selbst bei extrem<br />
kaltem Wasser, sicher und mit kühlem Kopf<br />
handeln zu können. Das Anfeuchten des Gesichtes<br />
vor dem Tauchgang und ein Anatmen des<br />
Atemreglers mit dem Gesicht auf der Wasseroberfläche<br />
ohne Maske sind ebenfalls kleine<br />
Übungen, die den Umgang mit dem Wasser-<br />
Nase-Reflex vereinfachen.<br />
ein FAll Für eine ersATzmAsKe<br />
Der Verlust der Maske wird schnell zu einem<br />
Sicherheitsrisiko. Orientierungslosigkeit, Probleme<br />
beim Atmen und die unlösbare Aufgabe,<br />
seine Instrumente abzulesen, sind unangenehme<br />
Vorstellungen. Oft kommt die Angst,<br />
den Buddy zu verlieren, hinzu und das kann<br />
schnell zur Panik führen. Solche Situationen zu<br />
vermeiden oder sie durch die richtige Ausrüs-<br />
tung und Übung zu beherrschen, ist sehr einfach:<br />
Mit einer Ersatzmaske, klein und handlich<br />
für die Jacket- oder Beintasche. Gerade bei
34<br />
Ausbildung<br />
Unterwasserrugby ist hilfreich um sich auf die unvorhersehbaren situationen des Maskenverlustes<br />
vorzubereiten<br />
Tauchgängen, bei denen die Möglichkeit des<br />
direkten Auftauchens nicht gewährleistet ist, zum<br />
Beispiel bei technischen Tauchgängen, Dekotauchgängen,<br />
Wrackpenetration oder Höhlentauchgängen,<br />
sollte eine Ersatzmaske zur Grundausrüstung<br />
gehören. Beim Sporttauchen ist sie<br />
nicht weniger sinnvoll, jedoch reicht hier unter<br />
Umständen auch eine Ersatzmaske pro Buddyteam,<br />
die beiden Tauchern passen sollte.<br />
orienTierUng miT hilFe<br />
einer lUFTblAse<br />
Eine kaum noch bekannte Technik zur Orientierung<br />
unter Wasser ohne Maske ist das Verwenden<br />
einer Luftblase. Das Anlegen der Handfläche<br />
direkt unter der Augenbraue führt beim<br />
Ausatmen aus der Nase zur Bildung einer Luftblase.<br />
Der wasserfreie Raum vor dem Auge<br />
ermöglicht eine bessere Sicht. Diese reicht aus,<br />
um im Notfall Instrumente ablesen zu können<br />
und ist eine ideale Übung für motivierte und<br />
sicherheitsbewusste Taucher. Die Maske ist das<br />
Objekt des Durchblicks, welches uns die Schönheit<br />
der Unterwasserwelt erst klar und faszinierend<br />
erscheinen lässt. Ohne sie sind wir<br />
schnell hilflos und aufgeschmissen. Das regelmäßige<br />
Training von Maskenübungen ist zweifelsohne<br />
sehr wichtig; es macht unsere Tauchgänge<br />
auf längere Sicht sicherer und faszinierender!<br />
Jeder Taucher sollte derartige Übungen<br />
nicht nur zu seiner eigenen Sicherheit beherrschen,<br />
sondern auch seine Einstellung zum<br />
Mitführen einer Ersatzmaske bei allen Tauchgängen<br />
kritisch hinterfragen. Denn fest steht:<br />
Nur die wenigsten Taucher können Tauchgänge<br />
sicher ohne Maske beenden! Jl<br />
Bilder von Jan Langmaack<br />
photo: Kimmo Hagman<br />
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Augenblicke<br />
Das Geschäft mit dem Internet ist eigentlich gar<br />
keines: Bis auf reine Dienstleister wie Google oder<br />
Amazon und wenige Ausnahmen wie Spiegel<br />
Online oder Bild.de schreibt die Mehrheit der<br />
deutschen Internetplattformen rote Zahlen. Eine<br />
kleine schwarze gilt der Branche schon als Glücksfall.<br />
Denn so günstig, wie das www vielleicht<br />
erscheinen mag, ist es nicht – große Plattformen<br />
Willkommen in Der matrix<br />
das Internet scheint für einige nutzer ein raum zu sein, welcher sich vollkommen losgelöst<br />
von realitäten in einer Parallelwelt befindet: Hier soll es Qualität und Inhalte geben, aber<br />
bitte kostenlos und frei von Werbung. die diskussionen sollen feingeistig und mit angemessener<br />
Zurückhaltung geführt werden – zumindest von anderen teilnehmern. dass man mit häufigen<br />
Besuchen automatisch ein Mitspracherecht erwirbt, scheint selbstverständlich. Für die<br />
Betreiber von onlineplattformen und die Mehrzahl der User jedoch sind solche nutzer vor<br />
allem eines: eine Plage.<br />
geben alleine für Server- und Wartungskosten<br />
leicht einen fünfstelligen Eurobetrag monatlich<br />
aus, und in Portale wie Taucher.Net fließen schnell<br />
mal mehrere hundert Arbeitsstunden wöchentlich<br />
ein. Die große Mehrzahl der Besucher würdigt<br />
dies zwar, aber bezahlen mag dafür niemand.<br />
Es scheint fast so, als ob eine Vielzahl von Usern<br />
davon ausgeht, mit der Bezahlung der Flatrate<br />
einen Anspruch auf sämtliche Inhalte erworben<br />
zu haben. Eine Forsa-Umfrage im September 2009<br />
ergab, dass lediglich 16 Prozent aller Internetnutzer<br />
bereit sind, für Online-Inhalte zu bezahlen.<br />
Laut einer Studie der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung)<br />
im Dezember 2009 fordern sogar<br />
rund 40 Prozent aller Deutschen ein vollkommen<br />
kosten- und werbefreies Internet. Wo die Finanzierung<br />
des Ganzen herkommt, ist den realitätsfernen<br />
Konsumenten dagegen egal – Hauptsache,<br />
nicht von ihnen. Im Zweifel halt vom Staat. Dies<br />
würde allerdings, in die Praxis umgesetzt, direkt<br />
die nächste Steilvorlage für Kritiker liefern, so von<br />
wegen „Diktatur und Verstaatlichung des Internets<br />
sowie der freien Meinungsäußerung“.<br />
soziAlisTisches inTerneT?<br />
Die einzige Möglichkeit der Refinanzierung stellt<br />
somit die Werbung dar. Doch anstatt dass man<br />
Werbetreibende nun als Menschen oder Unternehmen<br />
betrachtet, die durch ihre Mittel eine<br />
lieb gewonnene Plattform am Leben erhalten,<br />
geht das Gekreische los: Das Portal ist dann „kommerzialisiert“,<br />
der „ideelle Gedanke“ wird vermisst.<br />
Nirgendwo scheint der Sozialismus so präsent<br />
zu sein wie im Internet: Alles gehört allen, keiner<br />
zahlt, die Gesetze der Marktwirtschaft sind außer<br />
Kraft gesetzt. Allerdings haben sich Betreiber und<br />
Werbende einen Großteil der Kritik auch selbst<br />
zuzuschreiben. Nervige Pop-ups, mit Ton unterlegte<br />
Werbung, Banderolen, die sich über den<br />
Inhalten öffnen und beim scrollen mitwandern<br />
sowie hektisch blinkende animierte Grafiken<br />
rauben selbst den geduldigsten Benutzern den<br />
letzten Nerv. Hat eigentlich einigen Werbetreibenden<br />
nie jemand gesagt, dass es auch „Anti-<br />
Werbung“ gibt?<br />
<strong>Von</strong> solch negativen Auswüchsen abgesehen,<br />
bleibt den Verfechtern des „sozialistischen Inter-<br />
nets“ nur eine Möglichkeit: Computer dauerhaft<br />
ausschalten und den Fernseher direkt mit entsorgen:<br />
Denn dort gibt es nur öffentlich-rechtliche<br />
Sender (wegen GEZ-Gebühren böse), Bezahlsender<br />
(ganz böse) und Privatsender (wegen<br />
permanenter Werbeeinblendungen am allerbösesten).<br />
Doch dies dürfte dem TV-Konsumenten<br />
genauso schwerfallen wie dem Forenjunkie der<br />
Verzicht aufs Internet: Stattdessen träumt er lieber<br />
weiter von Utopia. Und nervt.<br />
ForenjUnKies<br />
Einen Forenjunkie mit Realitätsverslust zu<br />
beschreiben, ist recht einfach: Nichts erscheint<br />
diesem Typus so wichtig wie die eigene Person.<br />
Für ihn sieht in der Selbstwahrnehmung seine<br />
Bericht von Linus Geschke
36<br />
Augenblicke<br />
Beziehung zu Plattformen wie Taucher.Net in<br />
etwa wie folgt aus:<br />
a) Ohne ihn würde alles zusammenbrechen.<br />
b) Seine permanente Senfabgabe zu allen möglichen<br />
Themen hat die Plattform erst groß<br />
gemacht.<br />
c) Ohne sein Wissen wären alle anderen aufgeschmissen.<br />
d) Mit seinen geistreichen Kommentaren und/<br />
oder perfekten Fotos verdienen die Eigentümer<br />
so richtig viel Kohle.<br />
e) Innerlich denkt er, er hätte für seine „Leistungen“<br />
ein Mitspracherecht, wenn nicht gar eine Beteiligung<br />
verdient.<br />
Als alternativer „Zahltag“ wird dann häufig die<br />
„boot“ in Düsseldorf angesehen: Der Ort des<br />
großen Auftrittes von „Herrn Wichtig“ und seinen<br />
quälenden Fragen. Warum hat er erst dreimal<br />
beim Freibier zugreifen können? Warum sind die<br />
belegten Schnittchen so schnell weg gewesen,<br />
obwohl sein im Anhang mitwandernder Tauchclub<br />
noch gar nicht satt ist? Wo ist der Redakteur, der<br />
sich doch ruhig mal eine Stunde Zeit für seine<br />
fundierte Kritik nehmen könnte? Warum gibt es<br />
für Stammuser keine Freikarten? Und warum –<br />
verdammt noch mal – wurde man am Eingang<br />
nicht mit der Sänfte abgeholt?<br />
Aber ist das auch so? Selten liegen Eigen- und<br />
Fremdwahrnehmung weiter auseinander: Ohne<br />
Einnahmen aus Werbung würde es gar keine kostenlose<br />
Plattform für ihre Weisheiten und Bilder<br />
geben. Ohne ihre permanenten Kommentare zu<br />
allem und jedem würden sich viele bisherige Gelegenheitsbesucher<br />
häufiger einfinden. Ohne ihr<br />
gefühltes und allumfassendes Wissen, häufig vorgebracht<br />
dicht an der Grenze zur Beleidigung,<br />
wäre die Diskussionskultur eine deutlich höhere.<br />
Taucher.Net verzeichnet pro Tag rund 25.000 Besucher,<br />
wovon ein gutes Viertel (26 Prozent) auf die<br />
Foren entfällt. Regelmäßig postet nur eine dreistellige<br />
Anzahl an Besuchern, von denen die gefühlt<br />
„wichtigen“ wiederum nur einen geringen Prozentsatz<br />
ausmachen. Im Gegenzug liegt die Anzahl<br />
derer, die durch ihr Verhalten von der Teilnahme<br />
abgeschreckt werden, deutlich höher.<br />
geFühlTe KompeTenz<br />
Noch störender wird das Ganze, wenn Wichtig<br />
A auf Wichtig B prallt, das Trommelfeuer losgeht,<br />
Respekt eingefordert wird und man dem anderen<br />
dann mangelhafte Umgangsformen vorwerfen<br />
kann. Wie in diesem Beispiel: „…dann<br />
gelange ich zu der Überzeugung, dass XYZ hier<br />
zwar der Größte, aber bei weitem nicht der<br />
einzige geistige Umweltverschmutzer ist. Leute<br />
wie ZYX und YXZ z.B., die auch am besten darin<br />
sind, andere dumm von der Seite anzumachen,<br />
stehen ihm nicht viel <strong>nach</strong>. Und deshalb hat<br />
ABC Recht. Bei dem ständigen Umgang mit<br />
Ungeziefer wie ihm, XYZ und einigen anderen,<br />
da geht einem wirklich langsam der Respekt<br />
vor sich selbst verloren.“ Welche Logik: Man<br />
wirft Teilnehmern vor, andere gern „dumm von<br />
der Seite anzumachen“ und bezeichnet sie dann<br />
zwei Sätze später als „Ungeziefer“. Klasse, auch<br />
mit verlorenem Selbstrespekt! Und um die<br />
eigene Meinung noch weiter zu stützen, werden<br />
in solchen Diskussionen gerne auch Vermutungen<br />
(„ich vermute mal, dass du…“) angestellt<br />
und Tatsachen („Tatsache ist, dass…“) ins Feld<br />
geführt, die durch rein gar nichts belegt sind<br />
– außer durch die Aussage des Vortragenden,<br />
der, beseelt vom eigenen Gefühl der Kompetenz,<br />
in diesem Moment wohl selbst dran glaubt.<br />
Zum Glück ist die Mehrheit der Besucher anders<br />
gestrickt – wir nennen sie der Einfachheit halber<br />
mal „Die Guten“. Im Netz sind sie leicht von<br />
den Negativbeispielen zu unterscheiden: Sie<br />
profitieren gerne von den Erfahrungen anderer<br />
und geben ihre eigenen ebenso gerne weiter.<br />
Für sie dient eine Diskussion vor allem dem<br />
Austausch von Meinungen und nicht dazu, dem<br />
Gegenüber die eigene Meinung partout aufdrücken<br />
zu wollen. Sie beurteilen andere Teilnehmer<br />
<strong>nach</strong> dem, was diese schreiben und<br />
weniger da<strong>nach</strong>, welchem Verband sie angehören<br />
und welche taucherischen Vorlieben sie<br />
haben. Diese User haben vielleicht – wie auch<br />
die Macher und Moderatoren von Taucher.Net<br />
– viel zu lange nur einen Fehler gemacht: Der<br />
Handvoll „Herren Wichtig“ das Stimmungsbild<br />
zu überlassen. lG
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