SOCIETY 367 / 2015
Nr. 367 I Nr. 1 - 2015
Nr. 367 I Nr. 1 - 2015
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USA<br />
KOMMENTAR<br />
Typisches Straßenbild in Kuba.<br />
und Kuba vergeben. Für den Warenaustausch<br />
wie für Reisende wird dies eine Alternative<br />
bieten zu den Charterflügen, die<br />
„dank“ des Embargos Menschen und Konsumgüter<br />
in den Karibik-Staat transportieren.<br />
Auch die Fußballdiplomatie zeigte<br />
Wirkung. Jüngst reiste das Team von New<br />
York Cosmos nach Havanna, um sich mit<br />
der kubanischen National-Elf zu messen.<br />
Kubanische Fans applaudierten bei den Nationalhymnen<br />
beider Seiten. Dass Cosmos<br />
siegte, war Nebensache. Mit dabei war der<br />
einstige brasilianische Fußball-Star Pelé.<br />
Auch diverse Celebrities aus den USA<br />
haben Kuba zuletzt ihre Aufwartung gemacht.<br />
Rihanna, die karibische Wurzeln<br />
hat, drehte ein Musik-Video. Im Februar<br />
war das Party-Girl Paris Hilton beim Zigarrenfestival<br />
in Erscheinung getreten.<br />
Die Amerikanerin scheute sich nicht, im<br />
Hotel „Habana Libre“ abgelichtet zu werden.<br />
Nach der Revolution hatte Fidel Castro<br />
das einstige Hilton-Hotel zu seinem<br />
Hauptquartier gemacht. Historische Fotos<br />
in der Hotelhalle zeigen bewaffnete Revolutionäre,<br />
die in der Lobby posieren.<br />
•<br />
Auslandsinvestoren im<br />
Wettstreit<br />
Potenzielle Investoren aus Amerika<br />
und Europa sondieren unterdessen die<br />
Marktchancen. Auch für kubanische Exporteure<br />
dürfte die neue Entspannungspolitik<br />
von Nutzen sein. Als sich die Autorin<br />
vor drei Monaten in Havanna aufhielt,<br />
tagten dort gerade Repräsentanten der<br />
größten US-Agrarkonzerne, um die Möglichkeiten<br />
auszuloten. 80 Prozent der<br />
Nahrungsmittel werden importiert, großteils<br />
aus den USA, um Kubaner und Touristen<br />
auf der Insel zu versorgen.<br />
Der zu erwartende Tourismus-Boom<br />
stellt Kuba vor große Herausforderungen.<br />
In den letzten Jahren wurde die Privatisierung<br />
von Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben<br />
eingeleitet. Doch die Bettenkapazitäten<br />
müssen enorm aufgestockt werden.<br />
Derzeit reisen rund 300.000 US-Touristen<br />
jährlich auf dem Umweg über Kanada oder<br />
Karibik-Staaten nach Kuba; vor der Revolution<br />
waren es drei Millionen. Für Europäer ist<br />
Kuba als Urlaubsland äußerst populär.<br />
Die EU-Außenbeauftragte Federica<br />
Mogherini weilte Ende März in Kuba,<br />
Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande<br />
beeilte sich Mitte Mai, als erster<br />
EU-Staatschef auf der Insel zu erscheinen.<br />
Wie vor ihm US-Geschäftsleute, forderte<br />
auch Hollande in Havanna die Aufhebung<br />
des US-Handelsembargos. Mehrere EU-<br />
Staaten machten sich seit Jahren für ein<br />
Ende des „bloqueo“ stark. Bei Voten im<br />
UN-Sicherheitsrat hatten die USA zuletzt<br />
kaum mehr Verbündete für ihr „Nein“.<br />
Die Gemeinsame Position der EU verknüpft<br />
das Verhältnis zu Havanna mit der<br />
Stärkung der Menschenrechte.<br />
Die Lockerung der Staatswirtschaft in<br />
Gewerbe und Landwirtschaft hat bisher<br />
wenig gebracht. Die Spielräume für Industriefirmen<br />
und freie Berufe sind zu<br />
gering, das duale Währungssystem Kubas<br />
ist ein Hemmnis. Bei kubanischen Edelprodukten<br />
wie Rum und Zigarren sowie<br />
im Bergbau (Nickel) und in der Hotellerie<br />
ist mit Rechtsstreitigkeiten um Lizenzen<br />
oder mit Forderungen nach Entschädigungen<br />
zwischen Firmen in den USA bzw.<br />
in europäischen Staaten und Kuba zu<br />
rechnen.<br />
•<br />
Die meisten Kubaner<br />
freuen sich<br />
Die Kubaner auf der Insel freuen sich<br />
über die Öffnung. Experten in Havanna<br />
halten den Strukturwandel, den Raul<br />
nach dem Abtreten seines großen Bruders<br />
Fidel einleitete, für dringend notwendig.<br />
Unter den US-Kubanern sind die Gefühle<br />
gemischt. Doch selbst in der Exil-Hochburg<br />
Florida wird die Versöhnungspolitik<br />
Obamas als Chance wahrgenommen, für<br />
Familie und Business. Entscheidend ist<br />
die Generationenfrage. Je jünger die US-<br />
Kubaner sind, desto weniger halten sie<br />
laut Umfragen von der Isolationspolitik<br />
ihrer Eltern. „Unter den Älteren sind viele<br />
Hardliner, die alles verloren haben“,<br />
bringt es ein US-Kubaner in unserem Gespräch<br />
am Malecón auf den Punkt. •<br />
<strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2015</strong> | 45