04.07.2016 Aufrufe

ALLGÄU ALTERNATIV Sommerausgabe 2016

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Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />

Schutzgebühr: 4,- Euro<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Das Allgäu macht sich stark für Holz<br />

Wasserkraft: Erfolgreiche Wiederbelebung<br />

Forschung: E-Mobil als Transporter


Auf ein Wort<br />

Weniger ist mehr<br />

Die Ansprüche an unsere Energieversorgung<br />

haben sich in den letzten Jahrzehnten<br />

grundlegend geändert. Wurde es früher nur<br />

als notwendig erachtet, dass ausreichend Energie sowohl<br />

für die privaten Haushalte als auch für die Wirtschaft<br />

vorhanden ist, legen heute immer mehr<br />

Menschen Wert auf Energieeffizienz sowie umweltund<br />

klimafreundliche Energieträger. Das Handwerk<br />

trägt einen ganz entscheidenden Teil dazu bei, diesen<br />

Ansprüchen gerecht werden zu können. Insbesondere<br />

bei den Immobilien gibt es ein enormes Einsparpotenzial,<br />

das genutzt werden muss, damit aus der Energiewende<br />

eine Erfolgsgeschichte wird und die<br />

ambitionierten Klimaziele erreicht werden können.<br />

Die energetische Sanierung des bisherigen Gebäudebestandes<br />

spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie<br />

eine energiesparende Bauweise und Ausstattung neuer<br />

Gebäude.<br />

Bei allen Diskussionen über Energiewende und<br />

Klimaschutz können wir doch eines mit Gewissheit<br />

sagen: Die sicherste, sauberste und günstigste Energie<br />

ist diejenige, die gar nicht erst verbraucht wird. In vielen<br />

privat oder geschäftlich genutzten Immobilien<br />

wird heute jedoch sehr viel mehr Energie verbraucht,<br />

als eigentlich notwendig wäre. Die Ursachen hierfür<br />

sind vielfältig und reichen von undichten Fenstern<br />

und Türen über unzureichende Dämmung bis hin zur<br />

veralteten Heizungsanlage, die mit ihrem enormen<br />

Ressourcenverbrauch nicht nur der Umwelt, sondern<br />

auch dem Geldbeutel schadet. Da die Zeit sowohl aufgrund<br />

des beschlossenen Zeitplans der Energiewende<br />

als auch mit Blick auf die Erderwärmung drängt, setzt<br />

sich das Handwerk dafür ein, die energetische Gebäudesanierung<br />

steuerlich zu fördern. Dies wäre ein wichtiges<br />

politisches Signal, das der Bedeutung einer der<br />

größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer<br />

Zeit gerecht würde und die Angst der Immobilienbesitzer<br />

vor langen Amortisationszeiten lindern könnte.<br />

Bei der Errichtung neuer Gebäude achten die<br />

meisten Bauherren heute ohnehin auf eine möglichst<br />

energiesparende Bauweise und eine saubere Stromversorgung.<br />

Lösungen von der Stange, die für jedes Bauvorhaben<br />

optimale Ergebnisse hervorbringen, gibt es<br />

jedoch nicht – im Gegenteil: Viele zu berücksichtigende<br />

Faktoren machen eine individuelle Planung unverzichtbar.<br />

Dabei ist jedoch niemand auf sich alleine gestellt,<br />

sondern kann sich an qualifizierte Energieberater<br />

aus dem Handwerk wenden, die sich dank permanenter<br />

Weiterbildung stets auf dem neuesten Stand der<br />

Technik befinden und ihren Kunden mit Rat und Tat<br />

zur Seite stehen.<br />

Die Handwerkskammer für Schwaben hat sich<br />

den Klimaschutz schon lange auf die Fahnen geschrieben<br />

und bereits im Jahr 2008 ein Netzwerk gegründet,<br />

das derzeit mehr als 750 Betriebe umfasst. Die Internetseite<br />

www.klimaschutz-hwk-schwaben.de liefert<br />

Immobilienbesitzern, Bauherren und Handwerkern<br />

alle wichtigen Informationen aus den Bereichen der<br />

erneuerbaren Energien und des energieeffizienten<br />

Bauens. Neben einer Reihe von Best-Practice-Beispielen<br />

findet hier außerdem jeder den richtigen Ansprechpartner<br />

für sein individuelles Vorhaben. Mehr<br />

über das Klimaschutznetzwerk lesen Sie in dieser Ausgabe<br />

von allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>.<br />

Herzliche Grüße<br />

Eine Lanze für das Energie -<br />

spar-Programm des Hand -<br />

werks bricht HwK-Präsident<br />

Hans-Peter Rauch<br />

Foto: HwK Schwaben<br />

Ihr<br />

Hans-Peter Rauch<br />

Präsident der Handwerkskammer für Schwaben<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

3


Inhalt<br />

Impressum<br />

Verlag und Herstellung:<br />

Verlag HEPHAISTOS,<br />

EDITION <strong>ALLGÄU</strong><br />

Lachener Weg 2<br />

87509 Immenstadt-<br />

Werdenstein<br />

Tel. 08379/728616<br />

Fax 08379/728018<br />

info@heimat-allgaeu.info<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

Herausgeber:<br />

Peter Elgaß<br />

Redaktion:<br />

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),<br />

Thomas Niehörster,<br />

Claudia Schöwe,<br />

Annette Müller,<br />

Volker Wille<br />

Gekennzeichnete Beiträge<br />

stellen die Meinung des<br />

Ver fassers, nicht aber des<br />

Verlages dar.<br />

Layout:<br />

Bianca Elgaß,<br />

Ramona Klein,<br />

Dominik Ultes<br />

Anzeigen:<br />

Sven Abend (Ltg.),<br />

Katharina Böttger<br />

Tel. 08379/728616;<br />

gültige Anzeigenpreisliste:<br />

1/2010<br />

58<br />

Vorwort Seite 3<br />

Klimaschutz<br />

Oberallgäu Seite 6<br />

Ostallgäu Seite 7<br />

Unterallgäu Seite 8<br />

Landkreis Lindau Seite 9<br />

Memmingen Seite 10<br />

Kempten Seite 11<br />

Kaufbeuren Seite 12<br />

Auszeichnung<br />

Jede Wende beginnt im Kopf Seite 14<br />

Anerkennung für Schüler Seite 17<br />

Klima macht Schule<br />

Exkursion nach Kempten Seite 19<br />

Wettbewerb<br />

Die Jugend ist gefragt Seite 20<br />

Netzwerk<br />

Handwerk und Klima Seite 22<br />

Alternativen<br />

Wind und Sonne auf der Alpe Seite 26<br />

Beratung<br />

Bündnis für Qualität Seite 32<br />

eza!-Partner<br />

Alles aus einer Hand Seite 34<br />

Vom Öl zu Holzpallets Seite 36<br />

Vor Ort<br />

Berater kommt ins Haus Seite 38<br />

Wald und Holz<br />

Unser Allgäuer Wald Seite 40<br />

Regionales Holz<br />

Auf dem richtigen Holzweg Seite 42<br />

Bankverbindung Verlag:<br />

Raiffeisenbank Oberallgäu-<br />

Süd eG, IBAN:<br />

DE97733699200007126999,<br />

BIC: GENODEF1SFO<br />

Druck und Bindung:<br />

Kastner & Callwey<br />

Medien GmbH<br />

Jahnstraße 5<br />

85661 Forstinning<br />

42<br />

Titelfotos: Peter Elgaß, Josef Gartner, ABT Sportsline<br />

4 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


68<br />

E-Mobil<br />

Huckepack mit E-Mobil Seite 58<br />

E-Mobil<br />

In Echtzeit Seite 63<br />

40<br />

Interview<br />

Blaue Briefe vom Holzforum Seite 46<br />

Interreg-Projekt<br />

Holz wird international Seite 48<br />

Holztechnik<br />

Rekord mit Holzfassade Seite 50<br />

Meldungen<br />

Ziegelwerk Klosterbeuren steht im Finale Seite 52<br />

Erstmals Nachtbusangebot der Mona Seite 52<br />

Die Wärmewende richtig planen Seite 53<br />

Quartierskonzept Stiftsstadt-Ost Seite 53<br />

Ein Luftfahrzeug für alle? Seite 53<br />

Bei Herz & Lang Strom tanken Seite 54<br />

Green-Tec Award: Rennergy landet vorne Seite 55<br />

Von Energy Consulting Allgäu zu ECA Concept Seite 55<br />

Pioniere<br />

Mit Kalk ging es los Seite 64<br />

Wasserkraft<br />

Neue Turbinen an der Iller Seite 68<br />

Lindau Seite 72<br />

Wangen Seite 74<br />

Selbstversorger<br />

Test im Inselnetz Seite 78<br />

Medienversorgung<br />

Gas und Glas Seite 82<br />

Bioenergie<br />

Erneuerbare sollen wachsen Seite 84<br />

Brennstoffzelle<br />

Galileo kommt ins Haus Seite 86<br />

Umwelt<br />

LBV lobt die Stadt Kempten Seite 88<br />

Themenvorschau Seite 90<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste Ausgabe ist der 29. September <strong>2016</strong><br />

74<br />

Fotos: Dominik Ultes, Hochschule Kempten, Volker Wille<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

5


Klimaschutz<br />

Fotos: Landratsamt Landkreis Oberallgäu<br />

Oberallgäu<br />

Manfred Berktold<br />

Wir stellen Ihnen die Klimaschutzbeauftragten der Landkreise<br />

und kreisfreien Städte im Allgäu vor und zeigen, was sie leisten.<br />

Den Anfang macht Manfred Berktold, der im Oberallgäu dafür<br />

sorgt, dass die gesteckten Ziele erreicht werden.<br />

Manfred Berktold treibt als<br />

Klimaschutzbeauftragter den<br />

Klimaschutz im Oberallgäu<br />

voran<br />

Info<br />

Mitte des Jahres soll ein Ex -<br />

terner die Stelle des Klima -<br />

schutzbeauftragten über neh -<br />

men, der dann konkret und<br />

ausschließlich für die Thematik<br />

zuständig ist.<br />

Im Landkreis Oberallgäu sorgt Manfred Berktold<br />

als Klimaschutzbeauftragter dafür, dass vermehrt<br />

Energie aus regionalen regenerativen Quellen genutzt<br />

wird. Immer vor Augen hat er dabei das Ziel des<br />

Landkreises: Bis 2022 sollen 70 Prozent der benötigten<br />

Energiemenge mittels erneuerbarer Energien gedeckt<br />

werden. Berktold ist kein hauptberuflicher Klimaschutzbeauftragter,<br />

denn nebenbei ist er weiterhin<br />

Sachgebietsleiter für den Bürgerservice. Der Übergang<br />

in seine »Nebentätigkeit« war fließend und begann bereits<br />

2010. Damals wurde mit der Ausarbeitung des<br />

Klimaschutzkonzeptes begonnen, und zu dem Zeitpunkt<br />

war er auch Sachgebietsleiter für die Hauptverwaltung.<br />

Dadurch war er für die Verwaltung der<br />

kommunalen Liegenschaften verantwortlich, die Bestandteil<br />

des Klimaschutzkonzeptes sind. So kam<br />

Manfred Berktold über das Liegenschaftsmanagement<br />

an die Stelle des Klimaschutzbeauftragten. Um das gesetzte<br />

Ziel bis 2022 auch wirklich zu erreichen, wurde<br />

im April 2013 das Klimaschutzkonzept beschlossen.<br />

Die verschiedenen Projekte darin sind vier Bereichen<br />

zugeordnet: »Nachhaltig Bauen & Sanieren«, »Erneuerbare<br />

Energien«, Energieeffizienz« und »Mobilität«.<br />

Dazu gibt es noch übergeordnete Aufgaben, in denen<br />

es hauptsächlich darum geht, dass der Landkreis als<br />

Vorbild agiert.<br />

Erfolgreiche Arbeit<br />

In diesem Bereich laufen aktuell auch einige Projekte<br />

wie etwa die Teilnahme am European Energy<br />

Award. Damit möchte der Landkreis die mit dem<br />

Klimaschutzkonzept begonnene Arbeit fortsetzen<br />

und sich immer weiter verbessern. Das Vorhaben<br />

scheint erfolgreich zu sein, denn Ende letzten Jahres<br />

gewann das Oberallgäu den Award. Damit war es der<br />

erste Landkreis in Bayern, der den Preis für seine<br />

herausragende Energie- und Klimaschutzpolitik erhalten<br />

hat.<br />

Ein weiteres vielversprechendes Projekt, das<br />

momentan läuft, ist die kommunale Energieallianz,<br />

die 2013 mit zehn Gemeinden startete und heute<br />

knapp über 20 umfasst. Im Rahmen dieses Zusammenschlusses<br />

erhalten Gemeinden Unterstützung bei<br />

ihrer kommunalen Energiepolitik und verpflichten<br />

sich im Gegenzug zur Umsetzung verschiedener<br />

Maßnahmen wie etwa der Einführung einer Energiebuchhaltung<br />

mit monatlichen Verbrauchsaufzeichnungen.<br />

Ein weiteres Projekt, bei dem alle mitmachen<br />

können, ist beispielsweise der Stromsparwettbewerb,<br />

der zusammen mit den Allgäustrom-Partnern<br />

und eza! ins Leben gerufen wurde. Teilnehmen<br />

können Bürger, Betriebe, Behörden und Firmen –<br />

wer von ihnen am meisten spart, wird belohnt. Zur<br />

Berechnung werden die prozentualen Einsparungen<br />

2015/16 denen der letzten Abrechnungsperiode<br />

2014/15 gegenübergestellt. Damit werden alle animiert,<br />

etwas für den Klimaschutz zu tun, denn prämiert<br />

werden nicht nur die ersten drei Plätze, sondern<br />

es warten noch Sachgewinne auf die anderen<br />

Teilnehmer.<br />

(cs)<br />

Dass der Landkreis in Sachen<br />

Klimaschutz erfolgreich ist, zeigt<br />

der Gewinn des European<br />

Energy Award<br />

6<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Klimaschutz<br />

Ostallgäu<br />

Johannes Fischer<br />

Der Landkreis Ostallgäu setzt sich bereits seit Jahren aktiv mit<br />

der Thematik des Klimaschutzes auseinander und hat ein klares<br />

Ziel vor Augen. Für dessen Verwirklichung, setzt sich der Klimaschutzbeauftragte<br />

Johannes Fischer ein.<br />

Fotos: Landratsamt Ostallgäu, Andreas Neukam<br />

Seit dreieinhalb Jahren besetzt Johannes Fischer<br />

die Stelle des Klimaschutzbeauftragten<br />

im Ostallgäu, doch auch davor war ihm die<br />

Thematik nicht ganz unbekannt. Er absolvierte zunächst<br />

eine landwirtschaftliche Ausbildung mit abschließender<br />

Meisterprüfung. Bereits damals machte<br />

er sich Gedanken hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes.<br />

Nachdem er sein Abitur nachgeholt hatte,<br />

studierte er Wirtschaftsingenieurswesen und Maschinenbau.<br />

Anschließend arbeitete Johannes Fischer vier<br />

Jahre für eine Photovoltaikfirma – seine damaligen<br />

Aufgaben waren eher technisch ausgerichtet, und er<br />

war beispielsweise für Projektplanungen verantwortlich.<br />

Da zu der Zeit das Ende des Solarbooms bereits<br />

abzusehen war, schaute er sich nach etwas Neuem um,<br />

und so kam es zur Bewerbung auf die Stelle des Klimaschutzbeauftragten.<br />

Nun kümmert er sich darum,<br />

dass der Masterplan des Ostallgäus umgesetzt wird: Er<br />

bringt Leute zusammen, die etwas bewegen können,<br />

und ebnet den Weg für klimaschutzrelevante Aktivitäten.<br />

Weiterhin ist die Neufassung des Masterplans<br />

eine seiner Aufgaben, denn manche Projekte sind veraltet<br />

und müssen überarbeitet werden. Bei den angedachten<br />

Projekten des Landkreises prüft er, ob sie<br />

umsetzbar sind. Er legt detaillierte Inhalte fest, überlegt,<br />

wer bei der Umsetzung helfen kann, und klärt die<br />

Finanzierung.<br />

Verschiedenste Projekte<br />

Aktuell laufen mehrere Projekte im Ostallgäu wie<br />

etwa die »Energiesparclubs« an den Grundschulen des<br />

Landkreises. In deren Rahmen lernen die Schüler der<br />

dritten Klasse mehr über »Energiesparen«. Die Kinder<br />

sollen sich interaktiv mit dem Thema auseinandersetzen.<br />

Ein weiteres Projekt, das im März dieses Jahres<br />

angelaufen ist, dreht sich um die Beratung und Begleitung<br />

bei Sanierungsvorhaben durch Experten. Obwohl<br />

es erst so kurz läuft, kann schon ein positives Fazit<br />

gezogen werden, denn es gibt eine nennenswerte<br />

Nachfrage, was zeigt, dass der Bedarf da ist. Weiterhin<br />

leistet der Landkreis viel Informationsarbeit rund um<br />

den Klimaschutz. So gibt es eine Wanderausstellung<br />

an Gymnasien zu dem Thema – anders, als man es<br />

kennt: Sie ist mehr bildlich als textlich aufgestellt, 34<br />

großformatige Bilder von einem renommierten Naturfotografen<br />

sollen die Schüler auf einer emotionalen<br />

Ebene ansprechen. Weiterhin gibt es eine Informationsbroschüre<br />

mit dem Titel »Besonders sparsame<br />

Haushaltsgeräte«. Interessierte Bürger können darin<br />

vor der Neuanschaffung von Waschmaschinen, Kühlschränken<br />

und anderen Geräten die Verbrauchsdaten<br />

überprüfen. Eine weitere Maßnahme, die für den Klimaschutz<br />

getroffen wird: Johannes Fischer darf sich<br />

die Bebauungspläne der Kommune ansehen. So kann<br />

er Änderungsvorschläge machen, was aus seinem<br />

Blickwinkel hinsichtlich des Klimaschutzes sinnvoll<br />

wäre. Im Ostallgäu wird aber auch vorausgedacht, und<br />

so stehen für die kommende Arbeit schon zwei<br />

Schwerpunkte fest. Zum einen die Anpassung an das<br />

Klima, denn es wird sich ändern. Und zum anderen<br />

soll die Energieeffizienz der Unternehmen angegangen<br />

werden. Hier müssen Wege der Ansprache gefunden<br />

werden, damit sich Unternehmen auf das Projekt<br />

einlassen. Johannes Fischer wird also auch zukünftig<br />

viel zu tun haben.<br />

(cs)<br />

Johannes Fischer war schon<br />

vorher mit der Thematik<br />

Klimaschutz vertraut<br />

Beim Energiesparclub lernen<br />

die Kleinen spielerisch mehr<br />

darüber, wie Energie<br />

eingespart werden kann<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

7


Klimaschutz<br />

Fotos: Landratsamt Landkreis Unterallgäu<br />

Unterallgäu<br />

Andrea Ruprecht<br />

Die Klimaveränderung ist eine der größten Herausforderungen<br />

unserer Zeit. Der Landkreis Unterallgäu stellt sich ihr mit einem<br />

integrierten Klimaschutzkonzept. Dass dieses auch umgesetzt<br />

wird, dafür sorgt die Klimaschutzmanagerin.<br />

Andrea Ruprecht ist die<br />

Klimaschutzbeauftragte des<br />

Landkreises Unterallgäu.<br />

Zusammen mit ihrer Kollegin will<br />

sie das Klimaschutzkonzept<br />

umsetzen<br />

»Mehr Bäume für den<br />

Klimaschutz« hieß es wieder am<br />

internationalen Tag des Baumes<br />

Andrea Ruprecht ist seit 2014 dafür verantwortlich,<br />

dass die im Klimaschutzkonzept<br />

gesetzten Ziele bis zum Jahr 2021 erreicht<br />

werden. Zusammen mit ihrer Kollegin Susanne Ruf<br />

treibt sie den Klimaschutz im Landkreis aktiv voran.<br />

Ruprecht ist schon lange im »grünen« Bereich tätig<br />

– zunächst studierte sie an der Fachhochschule in<br />

Freising Landschaftsplanung und -architektur und<br />

war nach Abschluss des Studiums in diesem Feld<br />

tätig. Seit 2009 ist sie im Landratsamt beschäftigt, zunächst<br />

in der Naturschutzbehörde, wo sie freiberuflich<br />

die Ausgleichsflächen des Landkreises erfasste<br />

und bewertete. Danach wechselte sie ins Bauamt,<br />

und Ende 2013 bewarb sie sich erfolgreich auf die<br />

ausgeschriebene Stelle als Klimamanagerin.<br />

In dieser Funktion ist sie nun dafür verantwortlich,<br />

dass das Klimaschutzkonzept nicht eine Ansammlung<br />

von Zielen bleibt, sondern dass diese auch<br />

umgesetzt werden. Zu dem Zweck wurden viele<br />

Maßnahmen für den Landkreis erarbeitet, und Ruprecht<br />

sieht sich und ihre Kollegin als Schnittstelle<br />

zwischen der Regierung von Schwaben und den einzelnen<br />

Gemeinden. Mit zu ihren Aufgaben zählen<br />

die Wissensverbreitung, die Motivierung von Bürgern,<br />

die Weitergabe von Informationen und die Vernetzung<br />

von Klimaschutzakteuren der 52 Gemeinden<br />

im Landkreis. Es sollen alle ins Boot geholt werden,<br />

damit der Klimaschutz in der Region weiter vorankommt.<br />

Viele abgeschlossene Projekte<br />

Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht Andrea<br />

Ruprecht in der Bildung, vor allem in der der Kinder,<br />

aber auch der der Erwachsenen. Aus diesem Grund<br />

wurden mehrere Projekte ins Leben gerufen und bereits<br />

erfolgreich abgeschlossen wie etwa »PrimaKlimaKids«.<br />

Das ist eine landesweite Bildungsinitiative<br />

für Kindergärten und Grundschulen, die vom Bund<br />

Naturschutz durchgeführt wurde und dieses Jahr erneut<br />

stattfindet. Ein weiteres gelungenes Projekt ist<br />

das 2015 fertiggestellte Energiespardorf. Unter Anleitung<br />

des Bund Naturschutz haben Berufsschüler<br />

aus Mindelheim ein reales Modell eines Dorfes nachgebaut.<br />

Damit können nun verschiedene Energieerzeugungsformen<br />

und Energieverbrauchssituationen<br />

simuliert und komplexe Zusammenhänge anschaulich<br />

dargestellt werden. Die Einsatzmöglichkeiten<br />

sind vielfältig, wie etwa in Bildungseinrichtungen<br />

oder politischen Gremien in den Gemeinden des<br />

Landkreises.<br />

Ein weiteres abgeschlossenes Projekt, das dieses<br />

Jahr wiederholt wurde, ist »Mehr Bäume für den Klimaschutz«.<br />

Mit der landkreisweiten Aktion soll auf<br />

die Bedeutung von Bäumen hingewiesen werden.<br />

Die Maßnahme findet immer am internationalen Tag<br />

des Baumes statt, und um den zu würdigen, pflanzen<br />

die Fachstellen Klimaschutz und Gartenkultur am<br />

Landratsamt den jeweiligen Baum des Jahres – dieses<br />

Jahr war es die Winterlinde.<br />

(cs)<br />

8<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Klimaschutz<br />

Landkreis Lindau<br />

Steffen Riedel<br />

Der Landkreis Lindau beschäftigt seit Anfang Oktober 2015 einen<br />

Klimaschutzmanager, und der ist kein Unbekannter in der Region –<br />

die Rede ist von Steffen Riedel. In seiner neuen Funktion wird er versuchen,<br />

die Energiewende weiter zu beschleunigen.<br />

Fotos: Landratsamt Landkreis Lindau<br />

Steffen Riedel trat am 1. Oktober 2015 die neu<br />

geschaffene Stelle als Klimaschutzmanager<br />

im Landkreis Lindau an. Im Zuge des Bewerbungsverfahrens<br />

hatte er sich gegen 80 andere Kandidaten<br />

durchgesetzt, und mit Blick auf seine Vita ist die<br />

Entscheidung nachvollziehbar. Der gelernte Versorgungsingenieur<br />

beschäftigte sich schon mit den Themen<br />

Energiewende und Klimaschutz, als diese noch<br />

für die Mehrheit der Bevölkerung unbekannt waren.<br />

Weiterhin war er jahrelang Kreisrat der Fraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen sowie bereits Klimaschutzbeauftragter<br />

für den Landkreis. Bis zum Antritt seiner<br />

neuen Stelle war Riedel außerdem von 1999 an Fachbereichsleiter<br />

im eza! Energie- und Umweltzentrum<br />

Allgäu. Nach wie vor ist der Klimaschutzmanager Vorsitzender<br />

des Fördervereins Erneuerbare Energien<br />

(FEE) sowie Dozent für Gebäudeenergietechnik an<br />

der Hochschule Kempten, zertifizierter Energieauditor<br />

und Autor verschiedener Fachpublikationen. Er war<br />

bereits an zahlreichen Energieprojekten des Landkreises<br />

beteiligt, und das größte war wohl die Verabschiedung<br />

des Klimaschutzkonzeptes im Jahr 2013. Nun<br />

muss er als Klimaschutzmanager dafür sorgen, dass<br />

die darin enthaltenen Maßnahmen umgesetzt werden,<br />

und bisher befindet er sich auf einem guten Weg. Mit<br />

Hilfe des Konzeptes soll der Klimaschutz im Landkreis<br />

Lindau systematisch vorangetrieben werden, indem<br />

darauf geachtet wird, wo Energie eingespart werden<br />

kann und in welchem Umfang erneuerbare Energien<br />

eingesetzt werden können. Im Klimaschutzkonzept<br />

sind sechs Handlungsfelder aufgeführt, und für jedes<br />

gibt es ein strategisches Leitziel.<br />

Taten statt Worte<br />

Um diese Ziele zu erreichen, wurden 28 Maßnahmen<br />

beschlossen, die jeweils den Handlungsfeldern<br />

zugeordnet wurden. Noch kein Jahr nach Arbeitsbeginn<br />

kann Steffen Riedel bereits Taten sprechen<br />

lassen, denn einige Projekte sind bereits abgeschlossen<br />

oder auf den Weg gebracht worden. So war beispielsweise<br />

als Projekt aufgelistet, dass sich der Landkreis<br />

zum Bezug von grünem Strom verpflichtet. Seit dem<br />

1. Januar <strong>2016</strong> liefern nun die Stadtwerke Lindau CO2-<br />

freien Strom in das Landratsamt, in die Landkreisliegenschaften<br />

und an alle Schulen. Außerdem werden<br />

derzeit alle Liegenschaften des Landkreises mit Geräten<br />

zur automatischen Erfassung des Energie- und<br />

Wasserverbrauchs ausgestattet, damit der Verbrauch<br />

von Strom, Gas und Wasser besser kontrolliert werden<br />

kann. Weiterhin werden im Rahmen eines Wettbewerbes<br />

die Schüler an den Schulen in der Aufwandsträgerschaft<br />

des Landkreises dieses Jahr wieder für ihre<br />

Klimaschutz- und Energiesparbemühungen prämiert.<br />

Eine weitere Maßnahme, die bald umgesetzt wird, betrifft<br />

die Förderung der Elektromobilität, denn noch<br />

in diesem Jahr werden im Landkreis Lindau zwei<br />

Fahrzeuge aus dem Fuhrpark gegen Elektroautos getauscht.<br />

Dies sind nur einige Projekte, die auf den Weg<br />

gebracht oder bereits abgeschlossen wurden. Derzeit<br />

laufen noch weitere Maßnahmen, und über den aktuellen<br />

Stand der Umsetzung des Maßnahmenkatalogs<br />

informiert auch das Landratsamt Lindau. (cs)<br />

Steffen Riedel kümmert sich<br />

nun hauptamtlich um den<br />

Klimaschutz im Landkreis<br />

Lindau<br />

Ein weiteres Projekt: der<br />

Stromsparcheck für Haushalte<br />

mit niedrigem Einkommen soll<br />

<strong>2016</strong> fortgeführt werden


Klimaschutz<br />

Memmingen<br />

Stephan Pawelke<br />

Fotos: Stadt Memmingen<br />

Die kreisfreie Stadt Memmingen widmet sich seit Jahren dem<br />

Thema Energie und stellt sich den Herausforderungen, die der<br />

Klimawandel mit sich bringt. Der Energiebauftragte kämpft<br />

sozusagen an vorderster Front.<br />

Schon seit gut fünf Jahren ist<br />

Stephan Pawelke der Energiebeauftragte<br />

von Memmingen<br />

Das Berufsbildungszentrum<br />

wird nachhaltig beheizt – mit<br />

einer Hackschnitzelanlage<br />

Bereits im Jahr 1999 wurde die Stelle des Energiebeauftragten<br />

in Memmingen geschaffen,<br />

und seit Herbst 2011 ist nun Stephan Pawelke<br />

für das Energiemanagement der Stadtverwaltung verantwortlich.<br />

An seinem beruflichen Werdegang sieht<br />

man, dass die Thematik für ihn nicht unbekannt ist. Zunächst<br />

absolvierte er eine Ausbildung zum Sanitär-,<br />

Heizungs- und Klimainstallateur und danach eine<br />

Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker. Anschließend<br />

war er Projektleiter für Gebäudetechnik<br />

mit Fokus auf Wartung und Sanierung für Großkunden.<br />

Darüber hinaus arbeitete er als Fachlehrer für<br />

Anlagenmechaniker an der Berufsschule Krumbach,<br />

bevor er dann die Stelle als Energiebeauftragter antrat.<br />

Auch in dieser Position qualifiziert er sich weiter, er<br />

schloss noch 2015 eine Weiterbildung zum Kommunalen<br />

Energiewirt ab. Das Aufgabenspektrum von Stephan<br />

Pawelke ist breit gefächert und umfasst<br />

verschiedenste Formen der effizienten Energienutzung.<br />

Dazu gehört zum Beispiel die Mitarbeit im Contracting-Projekt:<br />

In 31 Liegenschaften wurden die<br />

Heizungs- und Regeltechnik erneuert und insgesamt<br />

acht Mini-Blockheizkraftwerke installiert. Während<br />

der 15-jährigen Laufzeit wird der Energieverbrauch<br />

laufend extern kontrolliert. Weiterhin berät er externe<br />

Planer, wie die energetischen Anforderungen der Stadt<br />

umgesetzt werden können. Auch für die Betreuung<br />

der Klimaschutzseiten auf der städtischen Homepage<br />

ist er verantwortlich und aktualisiert regelmäßig die<br />

Daten. Zum Beispiel werden in Memmingen seit 1996<br />

die Energieverbräuche der kommunalen Gebäude monatlich<br />

bilanziert, um Auffälligkeiten sofort festzustellen<br />

und Störungen kurzfristig beheben zu lassen.<br />

Alle profitieren<br />

Eine andere Maßnahme, die die Stadt seit 2001<br />

jährlich durchführt, ist das »Fifty/Fifty«-Projekt an<br />

Schulen. Die Schüler und Lehrer achten auf einen sparsamen<br />

Energie- und Wassereinsatz und melden beispielsweise<br />

undichte Toilettenspülungen sofort dem<br />

Hausmeister. Die Hälfte der eingesparten Energiekos -<br />

ten wird direkt an die Schulen ausgezahlt. Zehn Prozent<br />

der Ausschüttungen fließen dann in einen Soli-<br />

Fonds, damit auch kleinere Schulen, die nicht so viel<br />

einsparen können und deswegen weniger Geld bekommen,<br />

energetische Verbesserungen finanzieren können.<br />

Über die Verwendung der Mittel entscheiden<br />

jährlich die Energiebeauftragten der Schulen auf einer<br />

gemeinsamen Sitzung. Ein weiteres Projekt, das seit<br />

2008 realisiert wird, ist ÖKOPROFIT®. Es richtet sich<br />

an die heimischen Betriebe, die im Zuge ihrer Teilnahme<br />

Maßnahmen in den Bereichen Strom, Wärme,<br />

Emissionen, Wasser, Abfall und mehr erarbeiten. Mit<br />

diesen sollen dann die Umwelt entlastet und Kosten<br />

gesenkt werden. Dass das Projekt erfolgreich ist, zeigt<br />

ein Blick auf die Zahlen: So wurden im Jahr 2012 mit<br />

92 Einzelmaßnahmen nicht nur 200.000 Euro eingespart,<br />

sondern auch der Ausstoß von 434 Tonnen CO2<br />

vermieden. Seit 2014 läuft noch ein weiteres Projekt<br />

mit dem Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!),<br />

bei dem 26 kleinere Liegenschaften außerhalb des Contracting-Vertrages<br />

auf energetische Schwachstellen geprüft<br />

und diese schnellstmöglich behoben werden.<br />

Demnächst werden weitere Maßnahmen in Angriff genommen<br />

– so soll beispielsweise in den Duschen auf<br />

einem städtischen Sportplatzgelände eine 20 Quadratmeter<br />

große Solarthermieanlage für das warme Wasser<br />

sorgen und in der Übergangszeit sogar die Fußbodenheizung<br />

unterstützen. In den nächsten Jahren stehen<br />

Sanierungen von alten Gebäuden und der Heizungsund<br />

Lüftungstechnik an, um sie energetisch zu verbessern<br />

und zu optimieren.<br />

(cs)


Klimaschutz<br />

Kempten<br />

Thomas Weiß<br />

Die kreisfreie Stadt übernimmt bereits seit langer Zeit Verantwortung<br />

für den Klimaschutz, und seit einigen Jahren hat sie diesen zum<br />

strategischen Ziel erklärt. Klimaschutzmanager Thomas Weiß hat sich<br />

der Aufgabe »Klima schützen« angenommen.<br />

Fotos: Stadt Kempten<br />

Seit März 2012 besetzt Thomas Weiß die Stelle<br />

des Klimaschutzmanagers in der kreisfreien<br />

Stadt Kempten. Im Zuge eines Bewerbungsverfahrens<br />

hatte sich gegen seine Mitstreiter durchgesetzt,<br />

denn sein Lebenslauf spricht für sich. Er<br />

studierte in Amerika Umweltwissenschaften und war<br />

im Bereich der Umweltberatung tätig, teilweise auch<br />

als Selbstständiger. Seit den frühen 2000-Jahren war<br />

er Nachhaltigkeitsmanager in einer Brauerei. Dort<br />

kümmerte er sich nicht nur um die Nachhaltigkeit des<br />

Betriebes, sondern kommunizierte und interagierte<br />

auch mit den Mitarbeitern, um ihnen die Aspekte<br />

näher zu bringen. Außerdem ist Weiß eine gestandene<br />

Persönlichkeit und ein Mann, der weiß wovon er<br />

spricht – er brachte das mit, was Kempten gesucht<br />

hatte. Die Aufgaben von Thomas Weiß als Klimaschutzmanager<br />

sind relativ weit gefasst, denn er kümmert<br />

sich nicht nur um die Projekte aus dem<br />

Masterplan, sondern auch um einige der Stadt. Er vernetzt<br />

Akteure von Projekten, schiebt Vorhaben an und<br />

begleitet sie. Ein weiterer wichtiger Aspekt seiner Arbeit<br />

ist die Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung,<br />

nicht nur bei den Bürgern, sondern auch in der<br />

Verwaltung.<br />

Kempten denkt voraus<br />

Um dies zu erreichen, fand beispielsweise 2013<br />

ein Bürgerforum statt, und weiterhin gab die Stadt<br />

Kempten eine Bürgerbroschüre zum Masterplan heraus,<br />

in der die Ziele und Szenarien für jeden erläutert<br />

werden. Darin können sich die Einwohner Kemptens<br />

über die wichtigsten Aspekte des Masterplans informieren<br />

und müssen dafür nicht die über hundert Seiten<br />

dicke Schrift lesen. Ein anderes wichtiges Projekt,<br />

das gerade läuft, ist das Neubaugebiet »Halde-Nord«,<br />

das im Zuge des strategischen Zielkonzeptes der Stadt<br />

entstehen soll. Im Fokus steht dort energetisches Bauen,<br />

denn das Quartier ist ein Klimaschutzmodellprojekt<br />

und soll ein Masterquartier werden. Bedeutungsvoll<br />

beim Klimaschutz ist die Thematik der Mobilität,<br />

dessen ist sich auch Kempten bewusst. Aus diesem<br />

Grund wurde der Fuhrpark der Stadt durch die Anschaffung<br />

mehrerer Elektrofahrzeuge emissionsoptimiert.<br />

Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit den<br />

Kollegen vom Bauhof, besonders mit dem Fuhrparkleiter,<br />

und mit dem Amt für zentrale Dienste. Doch<br />

damit ist das Thema Mobilität für Thomas Weiß noch<br />

längst nicht abgehakt, denn es gibt noch viele offene<br />

Projekte, die angegangen werden sollen. So soll etwa<br />

der Radverkehr der kreisfreien Stadt gefördert werden,<br />

und unter Federführung des Tiefbauamtes sollen Radstationen<br />

in Kempten entstehen. Außerdem nimmt<br />

Kempten dieses Jahr erneut am Stadtradeln teil und<br />

wird dabei vom RSC Kempten unterstützt. Wichtig ist<br />

für den Klimaschutzmanager auch die Anpassung an<br />

den Klimawandel, denn der findet bereits statt, und so<br />

langsam wird überlegt, wie sich die Stadt dagegen<br />

wappnen kann. Doch auch dieses Projekt geht die<br />

kreisfreie Stadt mit der Unterstützung von Thomas<br />

Weiß bereits an.<br />

(cs)<br />

Thomas Weiß und die kreisfreie<br />

Stadt Kempten reden nicht nur,<br />

sie handeln auch<br />

Mit dem Energieeffizienz netz -<br />

werk wird regionalen Unter -<br />

nehmern eine Plattform zu<br />

Erfahrungsaustausch, beispiels -<br />

weise über realisierte Ein -<br />

sparungs maßnahmen, gegeben<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

11


Klimaschutz<br />

Fotos: Stadt Kaufbeuren, Hermann Grondinger<br />

Kaufbeuren<br />

Hermann Grondinger<br />

Es geht auch ohne – genau das beweist Kaufbeuren. Von den<br />

vorgestellten Landkreisen und kreisfreien Städten ist die<br />

Wertachstadt die einzige ohne Klimaschutzkonzept. Trotzdem<br />

wird auch in Kaufbeuren einiges für ein gutes Klima getan.<br />

Hermann Grondinger sorgt in<br />

Kaufbeuren dafür, dass der<br />

Klimaschutz nicht zu kurz<br />

kommt<br />

Das Bärensee-Kraftwerk südlich<br />

von Kaufbeuren erzeugt Strom<br />

aus Wasserkraft und<br />

Sonnenenergie<br />

In dieser Reihe steht die kreisfreie Stadt alleine da<br />

mit ihrer Entscheidung, kein Klimaschutzkonzept<br />

zu haben. Eigentlich hatte der Stadtrat vor einigen<br />

Jahren für die Erstellung eines Konzeptes gestimmt,<br />

doch dann änderten sich die Förderrichtlinien, und<br />

die Stadt hätte mehr Geld investieren müssen. Die<br />

Entscheidung wurde wieder dem Stadtrat übergeben,<br />

und diesmal viel das Votum negativ aus. Doch damit<br />

hat man sich nicht gegen Klimaschutz entschieden,<br />

denn das Geld, das in die Erstellung des Konzeptes geflossen<br />

wäre, sollte lieber gleich für gezielte Maßnahmen<br />

und Projekte verwendet werden. Gesagt, getan!<br />

Dafür, dass das auch geschieht, sorgen unter anderem<br />

Rainer Bäurle, der städtische Energiemanager, und<br />

Hermann Grondinger, der als kommunaler Energieberater<br />

auch mit dem Energie- und Umweltzentrum<br />

Allgäu, kurz eza!, zusammenarbeitet. Bevor Grondinger<br />

im Jahr 1999 seine Stelle in Kaufbeuren antrat, war<br />

er bei der Stadt Augsburg im Umweltamt beschäftigt.<br />

Somit ist er seit Jahren mit der Thematik des Klimaund<br />

Umweltschutzes vertraut.<br />

Wichtige Informationsarbeit<br />

Seine Aufgaben in der Energieberatung bei privaten<br />

Haushalten sieht er in der Vermittlung von Informationen<br />

an die Menschen. Die Themen reichen<br />

dabei vom Wärmeschutz über das Beheizen von Gebäuden,<br />

die Nutzung erneuerbarer Energien bis zu<br />

möglichen Förderprogrammen. Er hilft, das gesamte<br />

System »Haus« zu sehen, und will Verständnis bei<br />

den Interessierten dafür wecken, dass immer mehrere<br />

Faktoren zusammenhängen. Die Leute kommen<br />

meist mit konkreten Fragen zu ihm. Selten gibt es dabei<br />

den Königsweg. So versucht Hermann Grondinger,<br />

Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten<br />

aufzuzeigen. Im Rahmen von Gebäudesanierungen<br />

weist er auch immer wieder auf die Notwendigkeit<br />

hin, das Nutzerverhalten den neuen Gegebenheiten<br />

anzupassen. In Kaufbeuren gibt es zahlreiche weitere<br />

Projekte. Seit vielen Jahren erfolgt im Hochbauamt<br />

bei Energiemanager Bäurle ein sogenanntes »Verbrauchscontrolling«.<br />

Über die regelmäßige Kontrolle<br />

der Energieverbräuche wird dabei auf deren Senkung<br />

hingewirkt. Weiterhin werden immer mehr städtische<br />

Gebäude auf einen modernen Energiestandard<br />

gebracht. Eine Besonderheit ist auch, dass das Jakob-<br />

Brucker-Gymnasium in Kaufbeuren durch eine<br />

oberflächennahe Geothermie-Anlage mit Wärme<br />

versorgt wird. Eine weitere Maßnahme für den Klimaschutz<br />

ist das Projekt »Energieteams an Kaufbeurer<br />

Schulen«. Die pädagogische Idee dahinter ist,<br />

dass Schüler und Lehrer sich ihrer Verantwortung<br />

für die Schule stärker bewusst werden. Sie sollen verinnerlichen,<br />

dass jeder mit seinem Handeln seine<br />

Umgebung und damit auch den Energieverbrauch<br />

beeinflusst. Ein aktuelles Projekt, das gerade begonnen<br />

hat, ist das neue Eishockey-Stadion der Stadt.<br />

Dieses soll als Niedrigenergiehaus erbaut werden. So<br />

zeigt sich, dass sich der Klimaschutz und das Vergnügen<br />

verbinden lassen. Und es zeigt sich weiter, dass<br />

ein Klimaschutzkonzept nicht unbedingte Voraussetzung<br />

dafür ist, sich für den Klimaschutz zu engagieren.<br />

(cs)


Auszeichnung<br />

Jede Wende beginnt im Kopf<br />

Ein pädagogischer Beitrag zur Energiewende<br />

Die Staatliche Berufsschule Mindelheim startete vor drei Jahren ein Projekt mit<br />

Energieeffizienzkursen für ihre Schüler. Dieses Jahr wurde dieser pädagogische<br />

Beitrag zur Energiewende mit dem Deutschen Klimapreis der Allianz Umweltstiftung<br />

ausgezeichnet. Karl Geller, Initiator und Umsetzer des Ganzen, erzählt uns mehr<br />

über das Pilotprojekt.<br />

Energieeffizienz kann man<br />

»begreifen«: Das wird im<br />

Kursthema »Beleuchtung«<br />

deutlich<br />

Können Sie uns helfen? Manchen Betrieben<br />

steht das Wasser schon bis zum Hals, die<br />

Energiekosten werden zum Standortfaktor!<br />

Was wir brauchen, ist eine neue Generation junger<br />

Menschen, die energetische Zusammenhänge kapiert<br />

und die Einsparpotenziale sieht!«, so kurz und bündig<br />

brachte Alexander Gundling, der damalige Leiter des<br />

Referats Innovation und Umwelt der IHK Schwaben,<br />

die Lage bei unserem ersten Treffen auf den Punkt.<br />

Wie alles begann<br />

Im Frühjahr 2013 erreichte alle Berufsschulleiter<br />

der Region ein Schreiben der Regierung von Schwaben<br />

mit dem Inhalt, die IHK in Augsburg wünsche<br />

sich mehr Zusammenarbeit mit den schwäbischen Berufsschulen<br />

beim Thema »Effizienter Umgang mit<br />

Energie«. Die einzige Berufsschule, die sich dieser<br />

Herausforderung annahm, war die BS Mindelheim.<br />

Nach Rücksprache mit dem Kultusministerium entstand<br />

ein bayernweit einmaliges dreijähriges Pilotprojekt<br />

für alle Berufsschulen, das im Februar <strong>2016</strong> in die<br />

dritte Runde ging und bereits auf die Erfahrungen der<br />

ersten beiden Jahre zurückgreifen kann. Der dritte<br />

Durchgang dient nun dem Test des fertig entwickelten<br />

Kurses mit dem niedergeschriebenen Lehrplan und<br />

mit den kompletten Unterrichtsmaterialien, wie er an<br />

jeder anderen Berufsschule ebenfalls abgehalten werden<br />

könnte, was dem ausdrücklichen Wunsch des<br />

bayerischen Kultusministeriums entspricht.<br />

Großer Zuspruch der Schüler<br />

Im ersten Jahr waren drei parallele Kurse abgehalten<br />

worden, die Berufsschüler aus fünf verschiedenen<br />

Berufsrichtungen und zwei Jahrgangsstufen<br />

(Nutzfahrzeugmechatroniker, Land- und Baumaschinenmechatroniker,<br />

Berufskraftfahrer, Einzelhandelskaufleute,<br />

Landwirte sowie interessierte Schüler der<br />

Technikerschule für Maschinenbau) besuchten. Aufgrund<br />

des großen Zuspruchs unter den Schülern waren<br />

im zweiten Durchgang vier Kurse gebildet worden,<br />

wobei die Berufsschüler nur noch aus einer Jahrgangsstufe<br />

kamen und die Techniker einen separaten Kurs<br />

erhielten, da diese dadurch zusätzlich auf ihr Erasmus+<br />

Projekt »Energieberatung an einer englischen<br />

14<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Bei der Eröffnung des Pilotprojektes waren<br />

Staatssekretät Pschierer, Georg Renner von der<br />

Regierung von Schwaben und Oberstudiendirektor<br />

Reinhard Vetter anwesend<br />

Partnerschule« vorbereitet wurden. Insgesamt haben<br />

bislang weit über 100 Teilnehmer ihre Prüfung bestanden<br />

und ihr Zertifikat in Händen, das für Bewerbungen<br />

sehr gefragt ist. Auch im dritten Durchgang werden<br />

wieder vier Kurse angeboten; die Technikerschule<br />

führt ihr Projekt mit der nächsten Klasse auf Wunsch<br />

der englischen Partner weiter.<br />

Wenig Aufwand, viel Nutzen<br />

Ein Kurs besteht aus zwölf Abenden und einer<br />

vierstündigen Exkursion zu einem vorbildlichen Betrieb<br />

entsprechend der Blockbeschulung an unserer<br />

Schule. Dies entspricht 40 Stunden zusätzlicher Ausbildung<br />

beziehungsweise einer Wochenstunde im Tagesunterricht,<br />

passt also auf jede übliche Beschulungsform<br />

an Berufsschulen. Die Kurse verfolgen mehrere<br />

Ziele. Zum einen sollen junge Berufstätige befähigt<br />

werden, unnötige Energieverschwendung in ihrem<br />

Betrieb, in ihren Vereinen und natürlich auch zu Hause<br />

zu erkennen. Außerdem sollen sie durch eine Beratung<br />

eine ungefähre Lösung inklusive der Kosten und<br />

der damit verbundenen Einsparungen vorschlagen<br />

können. Weiterhin befähigen sie die Kurse dazu, Ansprechpartner<br />

für professionelle Energieberater zu sein<br />

und deren Vorschläge dann im Betrieb umzusetzen.<br />

Gerade der letzte Punkt fehlt laut IHK auf breiter Front<br />

in den Betrieben, sodass Beratungen sehr oft ins Leere<br />

laufen, bei Neuanschaffungen und Betriebsänderungen<br />

nicht auf die Folgekosten im Energiebereich ge- <br />

Die Inhalte des Kurses in Kurzform<br />

• Blick in die Zukunft (Probleme heutiger und zukünftiger<br />

Energiebereitstellung und ihrer Kosten für unsere<br />

Wirtschaft und den Verbraucher)<br />

• Was ist Energie (Berechnungen, Formeln, Einheiten,<br />

Beispiele, Vermittlung an Dritte)?<br />

• Energieeffiziente Erstellung von Gebäuden<br />

(u-Werte und deren Berechnung mit Profiunterlagen)<br />

• Beurteilung von Bauteilen<br />

(Wände, Fenster, Türen, Dämmung etc.)<br />

• Effiziente Energiebereitstellung (Verbrennungsmotoren,<br />

Solaranlagen, Elektromotoren, BHKWs,<br />

Wärmepumpen/Kältemaschinen, Synergieeffekte,<br />

Lüftungsanlagen etc.)<br />

• Energieeffiziente Druckluftanlagen<br />

(Aufbau, Problemstellen, Einsparmöglichkeiten)<br />

• Energieeffiziente Beleuchtungseinrichtungen<br />

(Beispiele aus Betrieben, Kostenrechnungen)<br />

• Beurteilung eines konkreten Objektes vor Ort<br />

mit dem Energieberater<br />

• Exkursion zu einem Unternehmen mit Vorbildfunktion<br />

• Beschaffung von Finanzmitteln, Förderprogramme<br />

(KfW, BAFA etc.), Amortisationsberechnungen<br />

• Systemisches Denken in Gemeinde und Unternehmen<br />

– Planspiel Energiedorf<br />

• Durchführung eines Beratungstermins/Rollenspiel<br />

(Vorbereitung, nötige Informationen, Formularwesen,<br />

Umgang mit Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden)<br />

• Die Kenntnisse werden durch einen Abschlusstest<br />

nachgewiesen<br />

Karl Geller hat das<br />

Projekt initiiert und<br />

umgesetzt<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

15


Auszeichnung<br />

Schulhausrundgang einmal<br />

anders – die Thermokamera<br />

zeigt die Schwachstellen auf<br />

achtet wird und so häufig hohe Verluste entstehen, die<br />

völlig unnötig sind und im schlimmsten Fall den wirtschaftlichen<br />

Erfolg des Unternehmens gefährden.<br />

Die professionellen Beratungsbüros der IHK<br />

schätzen, dass 30 Prozent der Energie in jedem Unternehmen<br />

ohne Funktions- oder Komfortverluste eingespart<br />

werden, und am Ende werden sogar Gewinne<br />

erwirtschaftet. Zielperson unserer Bemühungen ist<br />

demnach nicht der Spezialist, sondern die auf dem<br />

Energiesektor sensibilisierte, abteilungsübergreifend<br />

vernetzte Fachkraft und der mündige Konsument. Dabei<br />

machen alle weiteren Maßnahmen im Betrieb nur<br />

dann wirtschaftlich Sinn, wenn diese Einsparpotenziale<br />

vorher ausgeschöpft werden.<br />

Eine ausgezeichnete Idee<br />

Nach zwei erfolgreich abgeschlossenen Jahren<br />

kann eine positive Bilanz gezogen werden. Die Rückmeldungen,<br />

die wir von mittlerweile sieben Gruppen<br />

mündlich, durch vorgegebene Fragebögen oder offene,<br />

anonyme Abfragen erhielten, waren mehr als ermutigend.<br />

Im Grunde spricht auch die permanent hohe Zahl<br />

der Teilnehmer an einem Abendkurs nach immerhin<br />

neun Stunden Schule und trotz zum Teil langer Heimwege<br />

für den Kurs. Was vor allem für eine Weiterverbreitung<br />

des Kurses spricht, sind die Dinge, die von den<br />

Teilnehmern teils zu Hause, teils in den Betrieben umgesetzt<br />

werden und sich rechnen. Der Kurs wurde auch<br />

schon mehrfach ausgezeichnet, unter anderem als<br />

»Gute Allgäu-Idee«, 2. Bundessieger beim Energiesparmeisterwettbewerb<br />

2015 des Umweltbundesamtes, Sonderpreis<br />

der VR-Bank Memmingen und natürlich mit<br />

dem Hauptpreis der Allianz Umweltstiftung.<br />

Ein Projekt mit Zukunft<br />

Die Lehrerakademie in Dillingen bildet dazu seit<br />

Frühjahr dieses Jahres in eigenen Kursen Lehrpersonal<br />

aus, sodass die Multiplikation in die Fläche beginnen<br />

kann, sofern die entsprechenden Ressourcen an den<br />

Schulen zur Verfügung gestellt werden können. Wir<br />

versuchen übrigens auch zum Beispiel durch den Bau<br />

von Kursmaterial, unseren Asylbewerberklassen einerseits<br />

die nötigen handwerklichen Fähigkeiten für<br />

den Arbeitsmarkt wie beispielsweise Schreinern und<br />

Elektroarbeiten und andererseits die Klimaproblematik<br />

beziehungsweise deren Lösungsmöglichkeiten zu<br />

vermitteln. Selbst für abgelehnte Asylbewerber leisten<br />

wir damit immer noch eine (energie-)effiziente, sehr<br />

preisgünstige Entwicklungshilfe und empfehlen Bayern<br />

als den Wirtschaftsstandort für die Zukunft.<br />

Fotos: Berufsschule Mindelheim<br />

Exkursion zu Manfred<br />

Guggenmos und seiner<br />

Firma »Erneuerbare<br />

Energien Allgäu GmbH«<br />

16<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Auszeichnung<br />

Anerkennung für Schüler<br />

Klimaparcours gewinnt Preis<br />

Die Albert-Schweitzer-Schule in Sonthofen kann sich freuen, denn auch sie gewann<br />

einen Preis der Allianz Umweltstiftung. Ausgezeichnet wurden die Schüler der Klasse<br />

7a – die kleinen Klimaexperten erarbeiteten weitgehend selbstständig den<br />

Klimaparcours und wurden für ihre Mühen nun belohnt.<br />

Klimaschutz geht uns alle an, und wir können<br />

nicht früh genug damit anfangen, auch Kinder<br />

für das Thema zu sensibilisieren. Das<br />

Wissen darüber sollte nicht nur zu Hause, sondern<br />

auch in Schulen vermittelt werden, und genau das war<br />

Ziel der Albert-Schweitzer-Schule in Sonthofen, als sie<br />

das Projekt »Klimaparcours« startete. Die Idee dahinter<br />

war, dass die Schüler der Klasse 7a weitgehend<br />

eigeninitiativ Modelle von Kraftwerken und ein Energiesparmemory<br />

erstellen und das Thema Klimawandel<br />

und -schutz veranschaulichen und präsentieren.<br />

So gestalten sie einen Klimaparcours, der dann<br />

den Schülern der Klassenstufen 3 bis 5 dargeboten<br />

werden soll.<br />

Von Schülern für Schüler<br />

Ziel des Projektes ist, dass die Schüler der Projektklasse<br />

als Klimaexperten auftreten und ihr Wissen mit<br />

altersangemessenen und motivierenden Medien <br />

Im Technikunterricht bauten die Schüler Modelle wie<br />

beispielsweise ein Windkraftrad für die Präsentation<br />

Anzeigen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

17


Auszeichnung<br />

Eine Station des<br />

Klimaparcours war das<br />

»Energiesparmemory«<br />

hier: Anhand der Turbine<br />

zeigten die Schüler, wie in einem<br />

Wasserkraftwerk<br />

Strom erzeugt wird<br />

und Materialen an die Jüngeren weitergeben. Somit setzen<br />

sich dann die Schüler aus den unteren Jahrgangsstufen<br />

spielerisch und handlungsorientiert mit klimaverträglicher<br />

Stromerzeugung und klimaverträglichem<br />

Verhalten im Haushalt auseinander. Um jedoch Wissen<br />

an andere weitergeben zu können, muss es zunächst erlangt<br />

werden. Aus diesem Grund ging dem Projekt ab<br />

Dezember 2014 eine sechswöchige Unterrichtssequenz<br />

zum Thema »Klima« voraus. Es wurde aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven beleuchtet: in der geografischen<br />

lernten die Siebtklässler etwas über Klimazonen und -<br />

diagramme, in der gesellschafts-wissenschaftlichen<br />

über den Klimawandel und seine Folgen, und bei der<br />

physikalischen Perspektive ging es um die Stromerzeugung.<br />

Daran anschließend erstellten die Schüler der<br />

Klasse 7a, die alle einen sonderpädagogischen Förder-<br />

Fotos: Albert-Schweitzer-Schule Sonthofen, Claudia Schöwe<br />

bedarf in den Bereichen Lernen, Sozialverhalten, Emotionen<br />

und/oder Sprache haben, im Technikunterricht<br />

die Materialien und Modelle. Parallel dazu erarbeiteten<br />

sie im Deutschunterricht die Präsentation und übten<br />

diese mit den fertigen Modellen und Materialien, sodass<br />

schließlich im Juni und Juli 2015 der Klimaparcours<br />

dreimal durchgeführt werden konnte.<br />

Spielerisch Wissen erlangen<br />

Der Parcours startete immer mit einer Vorstellungsrunde<br />

und einem gemeinsamen Spiel zum warm<br />

werden. Danach begleiteten Schüler der Projektklasse<br />

die Jüngeren zu den vier Stationen mit den jeweiligen<br />

Themen »Schwarzer Strom«, »Wasserkraftwerk«,<br />

»Windkraftwerk« und »Energiesparmemory«. Jeder<br />

durchlief jedes Thema, und am Ende des Klimaparcours<br />

wurde in einer Abschlussrunde die Mitarbeit gewürdigt<br />

und das erlernte Wissen gesammelt. Begleitet wurde die<br />

Durchführung von Lehrern, die das Ganze filmten, und<br />

so entstand abschließend eine Dokumentation, die von<br />

zwei Schülern der Projektklasse, die die Film-AG der<br />

Schule besuchen, selbst geschnitten wurde.<br />

Anerkennung für die Arbeit<br />

Die Schüler gewannen nicht nur einen Preis, sondern<br />

auch die damit verbundenen 1000 Euro. Am 25.<br />

April kam Anton Klotz, Landrat des Landkreises<br />

Oberallgäu, in die Schule, um den Schülern, die mittlerweile<br />

die 8. Klasse besuchen, den symbolischen<br />

Scheck zu überreichen. Nun haben die Schüler und<br />

Lehrer der Albert-Schweitzer-Schule zwei Jahre Zeit,<br />

sich zu überlegen, für was sie das Geld ausgeben wollen<br />

– einzige Bedingung: Es muss für ein Klimaprojekt<br />

genutzt werden.<br />

(cs)<br />

Foto oben: Eine Stoffsammlung auf<br />

Memory-Kärtchen - wo kann Energie<br />

gespart werden? Foto rechts:<br />

Zur Scheckübergabe versammelte<br />

sich die Klasse mit ihrem Lehrer<br />

Steffen Buser und Direktor Eberhard<br />

Vaas um Landrat Anton Klotz<br />

18<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Klima macht Schule<br />

Exkursion nach Kempten<br />

Schüler aus dem Landkreis Lindau besuchen ZAK<br />

Im Zuge des Klimaschutzwettbewerbes<br />

des Landkreises Lindau besuchten Schüler<br />

und Lehrer von fünf verschiedenen<br />

Schulen den Zweckverband für Abfallwirtschaft<br />

Kempten, kurz ZAK. Dort<br />

sollten sie die Arbeit des ZAK und die<br />

Müllverbrennungsanlage kennenlernen.<br />

ZAK-Geschäftsführer<br />

Karl Heinz Lumer erkärt<br />

die Steuerung der<br />

Verbrennungsanlage<br />

Am 12. Mai war es soweit – eine Schuldelegation<br />

aus dem Landkreis Lindau machte sich<br />

auf den Weg nach Kempten. Mit dabei waren<br />

25 Schüler und Lehrer aus fünf verschiedenen Schulen,<br />

beteiligt waren das Bodenseegymnasium, das Valentin-Heider-Gymnasium,<br />

die Berufsschule, die Realschule<br />

Lindenberg und die Antonio-Huber-Schule.<br />

Begrüßt wurden sie vom Geschäftsführer der ZAK<br />

GmbH, Karl-Heinz Lumer, höchstpersönlich. In einem<br />

Einführungsvortrag erklärte er das umfangreiche Tätigkeitsfeld<br />

des ZAK – angefangen von der Müll- und<br />

Wertstoffsammlung an den Wertstoffhöfen und Einsammeln<br />

von Problemmüll über Müllverbrennung,<br />

Verwertung von Biomüll, Fernwärme und Kompostierung<br />

bis zum Betrieb von Solarstromanlagen auf stillgelegten<br />

Deponien und Blockheizkraftwerken. Tiefer<br />

stiegen die Schüle und Lehrer dann in die Funktionsweise<br />

der Müllverbrennungsanlage ein, die anhand<br />

eines Fließschemas gezeigt wurde. Dabei erfuhren sie<br />

auch, dass die Rauchgasreinigung der Anlage so effektiv<br />

ist, dass sie die gesetzlichen Schadstoffgrenzwerte<br />

weit unterschreitet. Anschließend führten Thomas<br />

Settele und Peter Kurz von der ZAK die Delegation,<br />

aufgeteilt in zwei Gruppen, durch das Müllheizkraftwerk.<br />

Dabei erhielten diese einen Einblick in die Anlage,<br />

bestehend aus Kompaktofen, Müllbunker,<br />

Rauchgasreinigung, Steuerungszentrale und Energieerzeugung.<br />

(cs)<br />

Fotos: Landkreis Lindau<br />

Lindauer Lehrer und Schüler<br />

beim Rundgang<br />

durch die Anlagen<br />

Der Blick in den Müllbunker<br />

mit dem Brenngut<br />

Erklärung der Vorgänge in der<br />

Verbrennungsanlage anhand<br />

einer schematischen Darstellung<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

19


Wettbewerb<br />

Die Jugend ist gefragt<br />

LEW ruft zu Wettbewerben auf<br />

Die Lechwerke AG ruft in diesem Jahr gleich zu zwei<br />

Wettbewerben auf. Bei beiden sind die Jugendlichen gefragt<br />

und müssen ihre Kreativität unter Beweis stellen. Verbindendes<br />

Motiv der Wettbewerbe ist das Thema »Energie«, wenn auch in<br />

unterschiedlichen Ausrichtungen.<br />

Der erste Wettbewerb startete bereits Ende<br />

April, und demnächst sollen bereits die Gewinner<br />

bekannt gegeben werden. Unter dem<br />

Thema »Energie macht Zukunft. Mach mit!« konnten<br />

Jugendliche selbstgedrehte Videos rund um Energiewende,<br />

erneuerbare Energien und Energiezukunft einreichen.<br />

Jugendteams konnten für ihren Verein oder<br />

eine soziale Einrichtung am Wettbewerb teilnehmen.<br />

In ihrem eingesendeten Video sollten sie zeigen, was<br />

Energiewende für sie bedeutet, wie sie aussehen soll<br />

oder was sich ändern wird.<br />

Alle können entscheiden<br />

Inzwischen kann per Online-Voting abgestimmt<br />

werden – die fünf besten Filme werden prämiert. Alle<br />

Gewinner-Gruppen erhalten für ihre Einrichtung oder<br />

20<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: LEW/Adrian Beck/Christina Bleier<br />

»Volle Energie <strong>2016</strong>«<br />

Die Bewerbungsunterlagen gehen<br />

an folgende Adresse:<br />

Bezirksjugendring Schwaben<br />

Holbeinstraße 12<br />

86150 Augsburg<br />

Einsendeschluss ist<br />

am 28. Oktober <strong>2016</strong><br />

Das Teilnahmeformular und weitere<br />

Informationen zum Wettbewerb gibt es im<br />

Internet unter www.lew.de/volleenergie und<br />

beim Bezirksjugendring Schwaben unter<br />

www.bezirksjugendring-schwaben.de<br />

Links: Beim LEW<br />

Videowettbewerb sollen<br />

Jugendliche zeigen, was die<br />

Energiewende für sie bedeutet.<br />

Oben: Die Teilnehmer des<br />

Wettbewerbes »Volle Energie<br />

2015« bei der Preisverleihung<br />

im vergangenen November im<br />

Kloster Irsee<br />

ihren Verein eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher<br />

im Wert von 15.000 Euro inklusive der Anschlusskosten.<br />

Finanziert werden die Preise aus dem<br />

Förderfonds des Ökostromproduktes »LEW Strom<br />

Aqua Natur«: Damit wird mit Ökostrom der Ausbau<br />

von erneuerbaren Energien in der Region gefördert.<br />

Ende der Abstimmung ist der 3. Juli, und nun werden<br />

bald die Gewinner bekannt gegeben.<br />

Leistung im Rampenlicht<br />

Auch bei dem zweiten Wettbewerb dreht es sich<br />

um das Hauptthema »Energie«, was sich auch schon<br />

am Motto zeigt. Noch bis Ende Oktober heißt es »Volle<br />

Energie <strong>2016</strong>«: Dabei können Jugendliche aus ganz<br />

Schwaben zeigen, wie sie ihre Energie positiv umsetzen.<br />

Der Jugendwettbewerb ist eine Initiative des Bezirksjugendrings<br />

Schwaben und der LEW und möchte<br />

besonders die Leistungen von Jugendtreffs, Jugendzentren<br />

und Jugendinitiativen ins Rampenlicht rü -<br />

cken.<br />

Neue Ideen werden gesucht<br />

Um am Wettbewerb teilnehmen zu können, dürfen<br />

nur Projekte eingereicht werden, die nicht älter als<br />

zwei Jahre sind. Den Jugendlichen stehen sechs Themenbereiche<br />

zur Auswahl, in denen sie sich bewerben<br />

können: Medien & Onlinewelten, Migration & Vielfalt<br />

der Kulturen, Sucht & Gewalt, Politik & Engagement,<br />

Umwelt & Natur sowie Kunst & Literatur. Dazu<br />

müssen die Jugendlichen in einer schriftlichen Bewerbung<br />

ihr Projekt vorstellen und zeigen, wie sie aktiv<br />

an der Vorbereitung und Durchführung mitgewirkt<br />

haben. Die Gewinner können sich auf bis zu 1500<br />

Euro freuen.<br />

(cs)<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

21


Netzwerk<br />

Handwerk und Klima<br />

Energieeffizienz im Blick<br />

Die HwK Schwaben betreibt als einzige Kammer in Deutschland<br />

seit acht Jahren ein internetbasiertes Klimaschutznetzwerk mit<br />

über 750 aktiven Mitgliedern. Sie fördert und vernetzt innovative<br />

Handwerksbetriebe aus den Bereichen erneuerbare Energien und<br />

energieeffizientes Bauen und Sanieren und unterstützt den Endverbraucher<br />

im Bereich Energieeffizienz und Klimaschutz.<br />

Im Fokus der Aktivitäten und Maßnahmen stehen<br />

bei der Handwerkskammer die schwäbischen<br />

Handwerksunternehmen und ihre Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter sowie die breite Öffentlichkeit, die<br />

auf die qualitative und nachhaltige Arbeit des Handwerks<br />

aufmerksam gemacht werden soll. Darüber hinaus<br />

soll aber auch die Leistung des Handwerks für den<br />

Klimaschutz in der Politik verdeutlicht werden.<br />

Ein bunter Teppich von<br />

Serviceleistern unserer Region<br />

tut sich auf, wenn man die<br />

Be triebs datenbank der HwK<br />

Augsburg aufruft<br />

Verbraucher und Handwerker profitieren<br />

Ein Wohnzimmer im<br />

Grünen: Best-Practice-<br />

Beispiele wie dieses werden<br />

von der Kammer auch in<br />

den Medien publiziert<br />

Auf der Internetseite www.klimaschutz-hwkschwaben.de<br />

gibt es Informationen und Tipps für den<br />

Verbraucher und alle interessierten Nutzer rund um<br />

Energieeinsparung, Bauen und Sanieren, regenerative<br />

Energien, Förderprogramme und vieles mehr. Ein Veranstaltungskalender<br />

informiert aktuell über Veranstaltungen<br />

rund um das Thema Klimaschutz.<br />

Verbraucher suchen einen Handwerker, der das<br />

Dach saniert oder die alten Fenster austauscht? Oder<br />

suchen ihr Glück bei einem Schornsteinfeger? In der<br />

Betriebsdatenbank des Klimaschutznetzwerkes findet<br />

der Kunde all das und viele andere kompetente Fachbetriebe<br />

des Handwerks, passend zum jeweiligen Thema<br />

von Solarthermie bis Wärmedämmung.<br />

Mit der Resonanz auf die Seite ist die HwK sehr<br />

zufrieden. »Rund 12.000 Verbraucher besuchen uns<br />

monatlich auf der Seite des Klimaschutznetzwerks«,<br />

freut sich Susanne Sadremoghaddam, die seit acht Jahren<br />

das Netzwerk betreut. »Großes Interesse besteht<br />

vor allem für die Betriebsdatenbank, in der Verbraucher<br />

zu Themen wie Solarenergie oder Dachdämmung<br />

Handwerker aus der Region suchen können«,<br />

so Sadremoghaddam weiter.<br />

Sehr beliebt sind auch die Best-Practice-Beispiele<br />

aus Schwaben. Jeden Monat zeigen gute Objekte von<br />

energieeffizienter Bauweise oder innovativer Technik<br />

anschaulich, dass Klimaschutz in der Praxis machbar<br />

22<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


ist. So nutzt zum Beispiel der Geschäftsführer der<br />

Blockhausbau Josef Hummel e.K. aus Ottobeuren, seit<br />

einem Jahr Mitglied im Klimaschutznetzwerk, die<br />

Möglichkeit, eines seiner Referenzprojekte zu präsentieren.<br />

Der Artikel »Wohnzimmer im Grünen« wurde<br />

im Mai 250-mal aufgerufen. »Werbung, die nichts kostet,<br />

wo bekommt man das sonst? Die Möglichkeiten,<br />

die die HwK Schwaben den Handwerkern mit ihrem<br />

Klimaschutznetzwerk bietet, sind sehr gut, und wir<br />

freuen uns, dass unser energieeffizientes Gartenbüro<br />

so gut bei den Lesern ankommt«, erklärt Josef Hummel.<br />

Zusätzlich informiert die HwK mit regelmäßigen<br />

Beiträgen auf den Immobilienseiten der Augsburger<br />

Allgemeinen Zeitung und Artikeln in Fachzeitschriften<br />

wie allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> Verbraucher und Immobilienbesitzer<br />

zu Klimaschutzthemen und Energienutzung.<br />

Praxisnah, vor Ort und informativ<br />

Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder des<br />

Klimaschutznetzwerkes zu einer Exkursion. Mit dem<br />

Handwerkerbus geht es dann zu einem besonderen<br />

Bauprojekt oder auch mal zu einem Handwerksbetrieb.<br />

Unter dem Motto »Voneinander lernen« tauschen<br />

sich die Teilnehmer – oft in der Werkstatt – über<br />

verschiedene Themen aus. Das Fachliche und Praktische<br />

kommt dabei natürlich nicht zu kurz.<br />

Susanne Sadremoghaddam vom<br />

HwK-Klimaschutz-Netzwerk:<br />

»Unser Angebot vermittelt dem<br />

Verbraucher sachkundige Beratung«<br />

Vor fünf Jahren zum Beispiel ging die Tour zu einem<br />

auf Passivhaus-Standard sanierten Einfamilienhaus<br />

in Aichach. Lohnt sich eine solche Sanierung<br />

überhaupt? Was muss beachtet werden? Welche Gewerke<br />

müssen eng zusammenarbeiten und sich abstimmen?<br />

Wie erreiche ich die Luftdichtigkeit des al-<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

23


Netzwerk<br />

Das Team der Handwerks -<br />

kammer organisiert Netzwerk -<br />

treffen und Exkursionen zur<br />

Weiterbildung des Personals in<br />

den Handwerksbetrieben<br />

Fotos: Handwerkskammer Schwaben<br />

Auftritt des HwK-Klimaschutz-<br />

Netzwerks bei den Immobilien -<br />

tagen in Augsburg (Foto unten)<br />

und Werbung auf den Fahrzeu -<br />

gen der Partnerbetriebe<br />

(Foto rechts unten)<br />

ten Hauses? Fragen, die die Teilnehmer offen mit dem<br />

Architekten und Bauherrn vor Ort diskutiert haben.<br />

In den Jahren darauf folgten Exkursionen zum<br />

»House of Energy« in Kaufbeuren und zu dem Projekt<br />

der LEW, Smart Operator, in Schwabmünchen. Im<br />

Jahr 2015 stand die Exkursion unter dem Thema<br />

Energiespeicher. Die Klimaschutznetzwerker besichtigten<br />

den Betrieb der Firma Varta Storage in Nördlingen<br />

und besuchten anschließend das benachbarte<br />

Handwerksunternehmen Heinle Energie- und Automationstechnik<br />

GmbH. Diese Exkursionen fördern<br />

den wichtigen Austausch der Handwerker untereinander<br />

und zwischen Planern und Handwerkern.<br />

Informationen auf dem Tablett serviert<br />

Durch einen wöchentlichen Newsletter werden<br />

die Mitglieder des Klimaschutznetzwerkes aktuell mit<br />

den neuesten Informationen beispielsweise zu Förderprogrammen<br />

oder rechtlichen Bestimmungen versorgt.<br />

Veranstaltungen, Weiterbildungsangebote und<br />

sonstige relevante Themen aus dem Bereich Klimaschutz<br />

dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Auch einzelne<br />

Betriebe oder neue Mitglieder werden vorgestellt<br />

beziehungsweise mit Best-Practice-Beispielen präsentiert<br />

– getreu dem Motto »aus dem Handwerk für das<br />

Handwerk«.<br />

Dies fördert die Vernetzung und die Kooperation<br />

der Betriebe untereinander und stärkt den Netzwerksgedanken.<br />

Das Netzwerk in der Öffentlichkeit<br />

Die Handwerkskammer für Schwaben gibt den<br />

Mitgliedsbetrieben die Möglichkeit, sich an regionalen<br />

Messen zu beteiligen und sich als »starke Gemeinschaft«<br />

unter dem Deckmantel »Klimaschutz ist unser<br />

Handwerk« zu präsentieren.<br />

Auf den Immobilientagen Augsburg präsentierte<br />

sich die HwK mit dem Gemeinschaftsstand »Klimaschutz<br />

ist unser Handwerk« seit dem Jahr 2011.<br />

Klimaschutz ist ihr Handwerk<br />

Alle Mitgliedsbetriebe<br />

haben die Möglichkeit, das<br />

Logo »Klimaschutz ist unser<br />

Handwerk« kostenfrei<br />

zu nutzen. Für den<br />

Firmengeschäftsbrief, die<br />

Bautafel oder für die Roll-<br />

Ups – es gibt viele Möglichkeiten,<br />

das Logo als Marke-<br />

24<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


tinginstrument einzusetzen. Dieses Angebot erhöht<br />

den Wiedererkennungswert in der Öffentlichkeit und<br />

wird bereits von einigen Mitgliedsfirmen genutzt.<br />

Woche der Umwelt 2012 in Berlin<br />

Das Klimaschutznetzwerk hat es einmal sogar bis<br />

nach Berlin geschafft.<br />

Der Bundespräsident hat am 5. und 6. Juni 2012<br />

gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt<br />

(DBU) zur vierten »Woche der Umwelt« in den Park von<br />

Schloss Bellevue eingeladen. Die Handwerkskammer für<br />

Schwaben wurde als Aussteller ausgewählt und hat auf<br />

der Woche der Umwelt das Klimaschutznetzwerk mit<br />

zwei Handwerksbetrieben aus dem Netzwerk präsentiert.<br />

In Berlin mit dabei waren Elektro Guggenmos<br />

GmbH & Co. KG und die Firma Solarzentrum Allgäu.<br />

Die Vertreter der HwK Schwaben, Hans-Peter Rauch (l.) und<br />

Jürgen Schmid (r.) stellen Bundespräsident Joachim Gauck<br />

das Netzwerk bei der Woche der Umwelt in Berlin vor<br />

Vernetzt mit Partnern aus der Region<br />

Die Kooperation mit Partnern aus der Region ist<br />

ein wichtiger Bestandteil der Netzwerksarbeit. Dazu<br />

gehören u.a. die Regionale Energieagentur Augsburg<br />

REA, Klimaschutzmanager der Landkreise, das Bayerische<br />

Landesamt für Umwelt LfU, die Hochschule<br />

Augsburg, Architekten und Energieberater sowie die<br />

Kreishandwerkerschaften und Innungen. Deutschland<br />

will die Energiewende! Darauf muss das Handwerk gut<br />

vorbereitet sein, denn die Energiewende ist nur mit<br />

dem Handwerk machbar.<br />

Mit dem Klimaschutznetzwerk der HwK Schwaben<br />

wird insbesondere der Wirtschaftszweig Handwerk<br />

in Bayern unterstützt. Durch Öffentlichkeitsarbeit<br />

im Bereich Klimaschutz werden Investitionen in<br />

der Region initiiert, die sich wiederum positiv auf Beschäftigung<br />

und Wirtschaftlichkeit der Firmen auswirken.<br />

Dadurch werden neue Arbeitsplätze geschaffen<br />

und vorhandene Beschäftigungsverhältnisse gesichert.<br />

Die umfangreichen Aktivitäten im Klimaschutznetzwerk<br />

leisten einen guten Beitrag zur Umsetzung<br />

der Klimaschutzziele der bayerischen Staatsregierung.<br />

Vernetzung, wie es das Klimaschutznetzwerk betreibt,<br />

ist vor allem im Bereich Klimaschutz bedeutsam. Viele<br />

Bereiche greifen ineinander, und nur wenn alle Beteiligten<br />

in dieselbe Richtung gehen, funktioniert Klimaschutz.<br />

Umfassende energetische Sanierungsmaßnahmen<br />

greifen nur mit Betrieben, die querschnittsorientiert<br />

und gewerkeübergreifend denken.<br />

Zukunftsbranche Handwerk<br />

Wer in den Energieberufen des Handwerks arbeitet,<br />

muss sich um seinen Arbeitsplatz keine Sorgen<br />

machen. Alles, was Energie einspart, ist trendy: Die<br />

beste Dämmung für die Wand, das Solarmodul mit<br />

optimalem Wirkungsgrad oder gleich ein Passivhaus,<br />

das mehr Energie liefert, als seine Bewohner verbrauchen<br />

können.<br />

Die Entwicklungen aus Forschung und Industrie<br />

schreiten rasant voran. »Eine tolle Sache« findet<br />

Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer<br />

für Schwaben. Doch Rauch weiß auch genau, dass es<br />

für den Erfolg der Energiewende vor allem tüchtige<br />

Experten im Handwerk braucht, die diese Technologien<br />

und Entwicklungen auch in die Praxis umsetzen<br />

können.<br />

»Im schwäbischen Handwerk sind circa 13.500<br />

Unternehmen rund um die Energiewende tätig. Fast<br />

80 Prozent der 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

dieser Firmen sind Fachkräfte«, betont der<br />

Kammerpräsident und weist gleichzeitig darauf hin,<br />

dass die konjunkturelle Lage in den Bau- und Ausbauhandwerken<br />

auf höchstem Niveau ist. In der letzten<br />

Konjunkturumfrage der HwK Schwaben zeigten<br />

sich rund 80 Prozent dieser Unternehmen mit ihrer<br />

geschäftlichen Situation zufrieden – Tendenz steigend.<br />

»Wer als Gesellin oder Geselle beispielsweise in<br />

Baugeschäften, bei Dachdeckern, Zimmerern, Sanitär-,<br />

Heizungs- und Klimatechnik-Unternehmen,<br />

Elektroinstallateuren, Klempnern oder auch Malern<br />

beschäftigt ist, hat langfristig einen zukunftssicheren<br />

Arbeitsplatz, meist noch vor der Haustüre«, ist sich<br />

Rauch sicher.<br />

Die wirtschaftliche Stabilität der Firmen bedeutet<br />

gleichermaßen Stabilität und Sicherheit für die Beschäftigten.<br />

»Unsere Handwerksbetriebe setzen auf<br />

eine enge Mitarbeiterbindungung, es gibt im Handwerk<br />

kaum befristete Arbeitsverträge, und auch die<br />

Fluktuation ist nach unseren Erfahrungen gering«,<br />

stellt Rauch die Vorteile einer Berufstätigkeit im<br />

Handwerk heraus. »Wer im Handwerk als Fachkraft<br />

arbeitet, muss sich kaum Gedanken um Unternehmensverlagerungen<br />

oder Schließungen machen. Unsere<br />

Unternehmen sind in der Region verwurzelt und<br />

standorttreu.« Diese Arbeitsplätze sind zukunftssicher<br />

und bieten ausgezeichnete Perspektiven.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

25


Alternativen<br />

26<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Wind und Sonne auf der Alpe<br />

Verblüffende Lösungen auf dem Steinberg<br />

Abseits gelegene Gehöfte gibt es im Allgäu viele. Können solche<br />

meist landwirtschaftlichen Betriebe energetisch sinnvoll betrieben<br />

werden? Welche Lösungen bieten sich an? Was macht Sinn, was ist<br />

Spielerei? Was ist zweckmäßig und was macht sich bezahlt?<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat einen Mächler besucht, der für sich den<br />

Weg gefunden hat.<br />

Die Adelegg wird vom Allgäu-Kenner Rudi<br />

Holzberger als »Das dunkle Herz des Allgäus«<br />

bezeichnet. Mitten in der Adelegg liegt Kreuzthal,<br />

und wer von dort aus auf die Anliegerstraße ins<br />

Kreuzbachthal abbiegt, könnte meinen, ein Stück in heimelige<br />

Vergangenheit zu gelangen. Aber nur, bis er nach<br />

einer weiteren Abzweigung in Richtung Steinberg auf<br />

den Hof von Günter Bischoff kommt – zu Fuß übrigens,<br />

denn ein Gatter verhindert die Auffahrt. Dieser ehemalige<br />

Bauernhof – auf halber Höhe zum Steinberg (1050<br />

Meter) gelegen – schmiegt sich idyllisch an den Hang<br />

und wird heute als Wohnhaus und Alpe für Jungvieh<br />

betrieben. Seit 22 Jahren ist Günter Bischoff (67) Eigentümer<br />

dieses stattlichen Hofes. Ein abgelegenes früheres<br />

Wochenend-Domizil hat er in vielen Jahren intensiver<br />

Arbeit zu einem modernen, fast autarken landwirtschaftlichen<br />

Betrieb umgestaltet. Strom erzeugt er mit<br />

Windkraft und Solarenergie, das Haus wird mit einer<br />

Scheitholz-Heizung auch im kältesten Winter wohnlich<br />

warm gehalten. Er hat seine eigene Wasserversorgung,<br />

und auch das Abwasser wird nachhaltig wiederaufbereitet<br />

und entsorgt. Seit drei Monaten steht im Schuppen<br />

ein E-Auto Renault-Zoe. »Es war einfach sinnvoll,<br />

dieses Fahrzeug anzuschaffen, denn ich kann es selbst<br />

mit überschüssigem Strom laden.«<br />

Zunächst ist man etwas verdutzt, denn auf den<br />

ersten Blick findet man um den Hof herum keine sichtbaren<br />

Solarelemente. Woher also kommt der Strom für<br />

den Zoe? Günter Bischoff lüftet das Geheimnis: Vier<br />

Schleifen weiter auf dem Alpweg in Richtung Gipfel des<br />

Foto linke Seite: das Alpgebäude<br />

mit dem Solardach und das<br />

Windrad auf dem Steinberg.<br />

Foto unten: Der Hof von<br />

Günter Bischoff versorgt sich<br />

weitgehend selbst


Alternativen<br />

Das Windrad der Firma Heyde im<br />

Gegenlicht, dahinter der schnee -<br />

bedeckte Gipfel des Grünten<br />

Monat<br />

Wind, m/sek,<br />

Durchschnitt<br />

KWh pro Tag,<br />

Durchschnitt<br />

KWh im<br />

Monat<br />

Jul 2015 2,92 6,0 186,7<br />

Aug 2015 2,13 3,1 96,7<br />

Sep 2015 3,39 11,1 331,5<br />

Okt 2015 2,17 3,9 119,6<br />

Nov 2015 4,27 19,5 585,5<br />

Dez 2015 3,55 11,8 365,3<br />

Jan <strong>2016</strong> 4,25 16,7 516,9<br />

Feb <strong>2016</strong> 4,49 21,3 617,4<br />

Mrz <strong>2016</strong> 3,05 10,1 311,7<br />

Apr <strong>2016</strong> 2,69 6,5 194,7<br />

Mai <strong>2016</strong> 2,69 6,4 197,9<br />

Jahr<br />

Aktuelle Leisungsübersicht: Windrad<br />

Wind, m/sek,<br />

Durchschnitt<br />

KWh pro Tag,<br />

Durchschnitt<br />

KWh im<br />

Jahr<br />

2015 3,24 10,6 3.524<br />

2014 2,93 8,6 3.145<br />

2013 2,93 7,9 2.887<br />

2012 2,89 7,6 2.790<br />

2011 3,16 9,2 3.380<br />

Steinberges findet man die 22-kW-Solar-Anlage. Montiert<br />

auf ein neues Alpgebäude. Und dort steht nicht nur<br />

der Unterstand für das Jungvieh, sondern gleich daneben<br />

auch ein Windrad auf einem Gittermast.<br />

Der Betreiber des Internet-Portals www.kleinwindkraftanlagen.com,<br />

Patrick Jüttemann aus Bad Honnef:<br />

»Diese privat betriebene Kleinwindanlage ist ein typisches<br />

Beispiel für Bürgerengagement in Zeiten der<br />

Energiewende. Das in Höhenlage im Alpenvorland installierte<br />

Windrad deckt ein Drittel des Stromverbrauchs<br />

beim Betreiber. Dieser war Inhaber eines Konstruktionsbüros<br />

im Bereich Innenausbau. Sein technisches<br />

Verständnis erlaubte ihm die Umsetzung des Kleinwind-Projektes<br />

ohne größere externe Hilfe.«<br />

Bischoff verrät, dass die beiden Anlagen auf dem<br />

Steinberg eigentlich aus Tierschutzgründen entstanden:<br />

»Die Rinderbremsen da oben setzten den Rindern so<br />

zu, dass ich einen sicheren Unterstand brauchte. Denn<br />

unter dem Dach ließen die Insekten die Tiere in Ruhe.«<br />

In nur vier Monaten baute Bischoff das Gebäude mit<br />

dem Sheet-Dach – und hatte dabei bereits die Solar-Anlage<br />

auf dem Dach im Hinterkopf. Die Ausrichtung und<br />

Form des Daches wurde optimal nach der Sonne eingerichtet.<br />

»Als Dacheindeckung wählte ich ganz be-<br />

28 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Peter Elgaß<br />

Günter Bischoffs neueste Erungenschaft, ein Renault Zoe.<br />

Für das Fahrzeug hat er gleich eine eigene multifunktionale<br />

Ladestation eingerichtet und den Kofferraum zweckmäßig<br />

umgebaut<br />

Das Windrad in voller Aktion: Bei<br />

noch stärkerem Wind geht der<br />

Rotor in Helikopterstellung, das<br />

heißt, er schwenkt nach hinten<br />

wusst hohe Trapezbleche. Denn im Winter brauche ich<br />

nur den unteren Bereich der Fläche von Schnee säubern,<br />

dann wird diese Fläche aufgewärmt, die wärmere<br />

Luft steigt in den Lamellen der Trapezbleche nach oben,<br />

und schon rutscht der restliche Schnee von Dach und<br />

die Sonne sorgt wieder für Strom.«<br />

Der Fachmann für Kleinwindanlagen, Partrick<br />

Jüttemann, wollte natürlich von Günter Bischoff vor allem<br />

wissen, warum er auch noch ein Windrad neben<br />

die Solar-Anlage bestellt hat. Auf seiner Homepage berichtet<br />

er: »Wichtigster Beweggrund für den Betreiber<br />

ist der Wunsch nach einer aktiven Gestaltung der Energiewende.<br />

Wirtschaftlichkeit oder Rendite sind für ihn<br />

zweitrangig. Eine Amortisierung der Anlage erwartet<br />

er nicht. Die Erzeugung von Strom durch Windenergie<br />

macht ihn unabhängiger. Nicht zuletzt ist es der Spaß<br />

an der Technik, die Freude am Windrad merkt man<br />

ihm an. Der durch die Kleinwindkraftanlage produzierte<br />

Strom wird über eine Stromleitung ins rund 700<br />

Meter entfernte Wohnhaus transportiert.«<br />

Von Batteriespeichern, die derzeit auf dem Markt<br />

angeboten werden, hält Günter Bischoff noch nichts.<br />

Er speist überschüssigen Strom ins Netz ein. Zwar<br />

schaut er nicht unbedingt auf eine zeitnahe Amortisa-<br />

Windgenerator von Heyde<br />

Bei der Suche nach einem geeigneten Klein -<br />

windrad hatte Günter Bischoff zunächst Kon -<br />

takt zu zwei fragwürdigen Herstellern. Er rät<br />

jedem Kleinwind-Interessenten, sich mindes -<br />

tens drei Referenzanlagen und deren Ertragszahlen<br />

zeigen zu lassen. Der Hersteller soll<br />

eine ehrliche Auskunft zu den Jahresenergie -<br />

erträgen bei realistischen Windbedingungen<br />

geben (z.B. 4 m/s mittlere Jahreswind -<br />

geschwindigkeit). Vollmundigen Versprechun -<br />

gen der Anbieter, vor allem, wenn sie allzu<br />

positiv sind, sollte man kritisch begegnen.<br />

Schließlich hat er sich für die Heywind 5.0<br />

vom Hersteller Heyde Windtechnik entschie -<br />

den. Er lobt die Seriosität und Ehrlichkeit des<br />

Unternehmens, das ihm nicht das Blaue vom<br />

Himmel versprochen habe.<br />

Das Kleinwindrad mit einer Nennleistung von<br />

5 kW bei 11 m/s Windgeschwindigkeit hat einen<br />

Rotordurchmesser von 4,5 Metern. Als<br />

Sturmsicherung umfasst die Heywind eine<br />

Helikopterstellung, d.h., bei zu starkem Wind<br />

schwenkt der Rotor nach hinten, um die<br />

Windangriffsfläche zu verringern.<br />

Als Wechselrichter kommen zwei SMA<br />

Windyboy 3.300 zum Einsatz. Es erfolgt eine<br />

Einspeisung auf zwei Phasen. Die Windturbine<br />

sitzt auf einem Dreieck-Gittermast mit aufge -<br />

setztem Rohrmast im Flügelbereich, die<br />

Rotor höhe beträgt 15 Meter. Der Betreiber<br />

überprüft täglich die Erträge der Windkraft -<br />

anlage und erstellt langfristige Statistiken.<br />

Über eine Webcam hat er die Anlage jeder -<br />

zeit auf seinem Computer im Blick.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

29


Alternativen<br />

Eigenes Scheitholz für den<br />

modernen Feststoffofen<br />

Haushund Anton freut<br />

sich über die Zuwendung<br />

des Hofbesitzers<br />

Günter Bischoff online auf<br />

»Beobachtungsstation« an<br />

seinem Börorechner<br />

tion seiner Investitionen wie beispielsweise bei seinem<br />

Windrad, aber ganz aus dem Auge will er die Sache<br />

doch nicht lassen: »Ich kann mir aktuell ausrechnen,<br />

dass sich so ein teurer Batteriespeicher zumindest derzeit<br />

noch nicht rechnet. Ich habe Alternativen.«<br />

Den Spaß an technischen Lösungen findet man<br />

auch in der Umgebung des Wohnhauses überall. Zunächst<br />

könnte man es für einen Faible des Hofbesitzers<br />

und seiner Partnerin halten, dass rund ums Haus und<br />

den Schuppen überall große Holzlegen zu sehen sind.<br />

Zum Teil sogar nach »Erntejahren« sortiert. Wenn<br />

man Günter Bischoff jedoch in den Heizraum folgt,<br />

wird klar, dass diese Vorratswirtschaft keine Spinnerei,<br />

sondern wohlüberlegte energetische Vorsorge ist.<br />

»Holz brennt eigentlich gar nicht richtig!« verblüfft er<br />

seinen Besucher. »Es gibt seine Energie erst so richtig<br />

ab einer Temperatur von 600 Grad Celsius ab, wenn<br />

es vergast.« Und das funktioniert bei Bischoff in einem<br />

modernen Scheitholz-Ofen, der mit zwei 3000-Liter-<br />

Wasserspeichern gekoppelt ist. Die Meter-Stücke im<br />

Ofen heizen die 6000 Liter Wasser in acht Stunden von<br />

40 auf 85 Grad Celsius auf. Dieser Puffer speist die<br />

Fußbodenheizung und die gesamte Wasserversorgung<br />

des Gebäudes. Schmunzelnd dreht Bischoff an einem<br />

Schalter neben dem Ofen, wo viele isolierte Leitungen<br />

zusammenlaufen: »…und das hier ist meine Temperaturregelung<br />

– ganz einfach!« Auf Nachfrage verrät<br />

er: »Weitgehend selbst geplant und gebaut!« Augenzwinkernd<br />

deutet der auf die großen Stapel Holz und<br />

die vielen Säcke mit Hackschnitzeln im Vorraum:<br />

»Wer holt schon gerne das Holz im Winter von draußen?<br />

Ich trockne das Holz aus dem eigenen Wald bis<br />

zu vier Jahre draußen – dann kommt es hierher.« Mit<br />

Blick auf die Hackschnitzel berichtet er: »Der Stamm<br />

eines Baumes bringt 50 Prozent Scheitholz. Der Rest<br />

des Baumes die anderen 50 Prozent – als Hackschnitzel.<br />

Die bringen zwar nicht ganz so viel Energie wie<br />

das Scheitholz, aber der Ofen schluckt das Hackgut genauso.«<br />

So wie früher hat Günter Bischoff vieles in seinem<br />

Hof auf Kreislauf-Wirtschaft eingerichtet. Bäume<br />

pflanzen, Holz ernten, Energie zurückgewinnen, Sonne<br />

und Wind nutzen und verwenden, was die Natur<br />

kostenlos bietet. Oberhalb des Hauses ist ein kleiner<br />

naturnah angelegter Löschwasserteich, der mit Bachwasser<br />

und überschüssigem Trinkwasser gespeist<br />

wird. Auch die Kessel der Heizanlage werden mit eigenem<br />

Wasser versorgt. Abwasser wird dreikammervorgeklärt<br />

und gereinigt. Gerne hätte er auch noch<br />

überschüssige Wasserkraft zu Energie verarbeitet –<br />

aber da stehen so viele Vorschriften davor, dass er lieber<br />

die Finger davon lässt.<br />

Die natürliche Kreislaufwirtschaft wird optimal<br />

kontrolliert. Vor allem die Erträge von Wind und Sonne<br />

können am Bildschirm im Büro statistisch und online<br />

überwacht werden. In diesem Büro erkennt man,<br />

dass Bischoff auch als Innenausbauer eine ganzheitli-<br />

30 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


che Sichtweise hat: viel Holz, Möbel Marke Eigenbau,<br />

Bücher über Bücher in vielen Regalen und ein riesiger<br />

Schreibtisch mit Rechner und Bildschirm – fast wie in<br />

einem Cockpit beobachtet er seine Anlagen über den<br />

Bildschirm. Aber er hat nicht nur seine Anlage im<br />

Blick. Er kann die Daten von fünf benachbarten Solardächern<br />

zuschalten. Beim Vergleich der Leistungskurven<br />

kann er feststellen, ob an der einen oder anderen<br />

Anlage Anomalien festzustellen sind. »Hat man<br />

nur seine Anlage unter Beobachtung, merkt man zum<br />

Beispiel den Ausfall eines Gleichrichters nicht unbedingt<br />

sofort.«<br />

Eine Lücke in seiner energetisch schlüssigen Kette<br />

hat Bischoff vor drei Monaten mit dem Kauf eines<br />

E-Autos Zoe geschlossen. »Ich fahre ja jetzt nicht<br />

mehr so viel – und oft steht das Auto tagelang da, ohne<br />

bewegt zu werden.« Die Konsequenz daraus? Bischoff<br />

kann sein Auto langsam laden und dabei eigenen<br />

Strom verwenden – oder es, wenn nötig, auch schnell<br />

an der heimischen Ladesäule wieder »einsatzbereit«<br />

machen. Dann allerdings muss er auch auf externen<br />

Strom zurückgreifen. Denn logischerweise hängt er<br />

noch am allgemeinen Stromnetz und wird dabei auch<br />

bleiben. »Wenn ich unterwegs bin und auswärts Strom<br />

tanken muss – das habe ich jetzt schon gemerkt – treffe<br />

ich viele nette Leute und erlebe Dinge, wie nur selten<br />

mit einem normalen Auto.«<br />

Günter Bischoff wäre nicht Günter Bischoff,<br />

wenn er nicht auch an seinem fabrikneuen Zoe Veränderungen<br />

vorgenommen hätte. Der Boden des Kofferraumes<br />

wurde durch eine Holzkonstruktion angehoben.<br />

Zwei Fächer für Ladekabel und E-Auto-Utensilien<br />

wurden eingebaut und die hintere Sitzbank steiler<br />

fixiert, damit für den Haushund Anton genügend<br />

Platz im Fond ist. Die Rückbank wurde durch eine<br />

herausnehmbare Holzkonstruktion zur Ladefläche<br />

umfunktioniert.<br />

Faszinierend, wenn man sieht, dass das E-Auto<br />

in unmittelbarer Nähe des alten Eicher-Traktors parkt.<br />

Und auf dem Schreibtisch neben den Auswertungen<br />

der Solaranlage spitzt eine Zeitschrift über Oldtimer-<br />

Fahrzeuge hervor – vielseitig muss der Mensch sein.<br />

Buchtipp:<br />

Kleinwindkraftanlagen<br />

Das Buch richtet sich an alle potenziellen<br />

Betreiber und Planer von Kleinwindkraft -<br />

anlagen: private Hausbesitzer, Handwerks -<br />

betriebe, Stadtwerke, Architekten und Ver -<br />

waltungen. Kleinwindkraftanlagen versorgen<br />

einzelne Gebäude oder Geräte mit Strom für<br />

den Eigenbedarf. Eine perfekte Ergänzung von<br />

Solaranlagen, da Windanlagen vor allem im<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

31


Beratung<br />

Im eza!-Partner-Netzwerk finden Bauherren<br />

kompetente Fachleute aus sämtlichen Bereichen<br />

der Baubranche<br />

Bündnis für Qualität<br />

eza! – kompetente Partner am Bau<br />

130 Mitglieder aus sämtlichen Bereichen der Baubranche<br />

hat das eza!-Partner-Netzwerk. Die beteiligten Firmen stehen<br />

für Qualität am Bau und verpflichten sich, regelmäßig an<br />

Weiterbildungen teilzunehmen – zum Wohle ihrer Kunden.<br />

Als im Herbst 2002 das eza!-Partner-Netzwerk<br />

für energieeffizientes Bauen und Sanieren<br />

mit Allgäuer Firmen gegründet wurde, war<br />

das ein Novum in Deutschland. 14 Jahre später genießt<br />

das Netzwerk mit seinen derzeit 130 Mitgliedern<br />

als gewerkeübergreifende Informationsplattform<br />

deutschlandweit immer noch Vorbildcharakter – was<br />

sich auch daran zeigt, dass mit Unterstützung von eza!<br />

ähnliche Netzwerke unter anderem in Bremen, Hannover<br />

oder Hildesheim aufgebaut worden sind.<br />

»Das Netzwerk war damals ins Leben gerufen<br />

worden, um den Allgäuern kompetente Fachleute zur<br />

Verfügung zu stellen«, erklärt Martin Sambale, Geschäftsführer<br />

des Energie- und Umweltzentrums Allgäu<br />

(eza!). »Ziel war eine Art Empfehlungsliste mit Betrieben<br />

aus sämtlichen Bereichen, ein Qualitätssiegel,<br />

das den Bauherren die Sicherheit gibt, dass die beauftragten<br />

Firmen regelmäßig an Weiterbildungen teilnehmen<br />

und somit beim energieeffizienten Bauen und<br />

Sanieren stets auf dem neuesten Wissensstand sind.«<br />

Tatsächlich sind heute im eza!-Partner-Netzwerk<br />

Firmen aus allen Baubranchen vertreten: Heizungsbauer,<br />

Haustechnikspezialisten, Zimmerer, Architekten,<br />

Ingenieure, Planer, Baufirmen und Fensterbauer.<br />

Dass auch die Qualität der abgelieferten Arbeit<br />

stimmt, beweisen laut Sambale die zahllosen positiven<br />

Rückmeldungen der Bauherren. So unterziehen sich<br />

alle eza!-Partner laufend der Bewertung durch die eigenen<br />

Kunden. Die Durchschnittsnote für alle eza!-<br />

Partner zusammen liegt, in Schulnoten ausgedrückt,<br />

seit Jahren stabil bei einem guten Einser.<br />

Die Kundenbewertung ist aber nur ein Baustein in<br />

der Qualitätssicherung des eza!-Partner-Netzwerks. Daneben<br />

müssen die beteiligten Firmen regelmäßig an<br />

32<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: eza!<br />

Weiterbildungen teilnehmen und neue Referenzprojekte<br />

nachweisen. »Das Bauen wird immer komplexer«,<br />

stellt Christian Wörz fest, der das eza!-Partner-Netzwerk<br />

betreut. »Deshalb ist uns das Thema Fortbildung<br />

so wichtig.« Auch dem Erfahrungs- und Informationsaustausch<br />

zwischen den Vertretern der einzelnen Gewerke<br />

kommt große Bedeutung zu. Experten bemängeln<br />

immer wieder, dass auf den Baustellen die Kommunikation<br />

zwischen den beteiligten Handwerksfirmen<br />

unzureichend ist, was zu Baumängeln und höheren<br />

Baukosten führen kann. Im eza!-Partner-Netzwerk findet<br />

der gewerkeübergreifende Austausch statt – unter<br />

anderem bei den eza!-Partnertagen, bei denen sich<br />

mehrmals im Jahr Vertreter der beteiligten Firmen treffen<br />

und über wichtige Bauthemen informiert werden.<br />

Weitere Infos unter www.eza-partner.de<br />

Stehen für Qualität am Bau:<br />

die Mitglieder des<br />

eza!-Partner-Netzwerks<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

33


eza!-Partner<br />

Alles aus einer Hand<br />

Auf Du und Du mit Energieeffizienz<br />

Alles aus einer Hand – so lautet die Firmenphilosophie der Hubert Bader<br />

Holzbau GmbH aus Waltenhofen, einem von 130 eza!-Partner-Betrieben. Neben<br />

den klassischen Zimmererarbeiten bietet das Unternehmen den Kunden auch<br />

Planungs- und Bauleitungsdienste an. Von Anfang an wird dabei großer Wert<br />

auf Energieeffizienz gelegt, egal, ob im Neubau- oder Sanierungsbereich.<br />

Als sich Hubert Bader in den 1980er-Jahre das<br />

Thema Energieeffizienz auf die Fahne schrieb,<br />

wurde er von vielen nur milde belächelt. 1983<br />

hatte sich der Zimmerermeister selbstständig gemacht<br />

und vier Jahre später das erste Holzhaus für einen Kunden<br />

gebaut – mit einer wärmegedämmten Gebäudehülle.<br />

»Heizöl war damals billig und Energiesparen kein<br />

Thema«, erinnert sich der heute 57-Jährige, »und energetisch<br />

Sanieren schon gleich gar keins.«<br />

Hubert Bader ließ sich nicht beirren und war<br />

2000 bei den 1. Allgäuer Altbautagen in Kempten als<br />

Aussteller dabei. Eine perfekte Plattform für den umtriebigen<br />

Handwerker, der längst nicht mehr nur Zimmererleistungen,<br />

sondern Neubauten, aber auch Gebäudesanierungen<br />

zu Festpreisen schlüsselfertig anbot.<br />

Egal, ob Elektrik, Heizung, Sanitär oder Lüftungstechnik<br />

– Holzbau Bader übernimmt die Planung, organisiert<br />

die nötigen Fachfirmen und koordiniert die<br />

Abläufe auf der Baustelle. Ein Service, so Baders Eindruck,<br />

den immer mehr Bauherren zu schätzen wissen.<br />

»Die Leute wollen einen Fachmann, der sich um<br />

alles kümmert – weil sie selber keine Zeit dazu haben<br />

und ihnen das Know-how fehlt.«<br />

So war und ist Hubert Bader stets auf der Suche<br />

nach guten Handwerksfirmen aus der Region. Gefunden<br />

hat er die im eza!-Partner-Netzwerk. »Da weiß<br />

34<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Thomas Bader verfügt als<br />

Diplom-Ingenieur über reichlich<br />

Fachwissen und hat<br />

2013 die Leitung des Familienbetriebes<br />

unternommen<br />

Fotos: Hubert Bader Holzbau, eza!<br />

Hubert Baders Live-<br />

Sanierungen zählen zu den<br />

Attraktionen der alljähr -<br />

lichen Allgäuer Altbautage<br />

Energieeffizienz und Qualität<br />

werden bei der Hubert<br />

Bader Holzbau GmbH seit<br />

jeher groß geschrieben<br />

man einfach, dass man auf der Baustelle immer kompetente<br />

und zuverlässige Partner an seiner Seite hat.«<br />

Die Hubert Bader Holzbau GmbH mit Sitz in Waltenhofen<br />

war dem Netzwerk selbst schon kurz nach dessen<br />

Gründung im Jahr 2002 beigetreten. Der gewerkeübergreifende<br />

Austausch sei ihm sehr wichtig, betont<br />

Hubert Bader. Aber auch der Kontakt zu anderen<br />

Zimmerern im eza!-Partner-Netzwerk ist in seinen<br />

Augen ein großes Plus. »Ich weiß, dass ich dort gute<br />

Kollegen habe, die sich gegenseitig helfen und sich<br />

nicht in erster Linie als Konkurrenten sehen.«<br />

Sohn Thomas, der 2014 den Betrieb mit 14 Mitarbeitern<br />

übernommen hat, steht voll hinter der Philosophie<br />

seines Vaters, der wie Mutter Helga, die im<br />

Büro die Fäden zieht, immer noch fleißig mithilft.<br />

»Energieeffizient bauen und sanieren macht absolut<br />

Sinn«, lautet die feste Überzeugung von Thomas Bader.<br />

Wie Bader Senior schätzt auch er das Fortbildungsangebot<br />

von eza! – im Rahmen der eza!-Partner-Tage,<br />

aber auch darüber hinaus. So hat der Diplom-Ingenieur<br />

erfolgreich den eza!-Passivhausplaner-Kurs<br />

absolviert. »Im Baubereich gibt es ständig<br />

Änderungen«, erklärt Thomas Bader. »Daher sind<br />

Fortbildungen für uns sehr wichtig.«<br />

Rund die Hälfte aller Aufträge der mehrfach von<br />

der deutschen Bauwirtschaft mit dem Prädikat »Meis -<br />

terhaft mit 4 Sternen« ausgezeichneten Zimmerer fällt<br />

unter die Rubrik Sanierung, 20 bis 30 Prozent in die<br />

Sparte Neubau. Der Rest sind Zimmererarbeiten wie<br />

der Bau eines Carports oder der Einbau von Dachfens -<br />

tern. Tatsächlich sehen Vater und Sohn in der energetischen<br />

Optimierung von Gebäuden nach wie vor die<br />

größten Potenziale für ihr Holzbauunternehmen – und<br />

Hubert Bader hat das damals schon erkannt.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

35


eza!-Partner<br />

Vom Öl zu Holzpellets<br />

Energiehandelsunternehmen Adolf Präg<br />

Mit dem Handel von Schmierstoffen hat vor 112 Jahren alles begonnen. Die Adolf Präg<br />

GmbH & Co. KG mit Sitz in Kempten entwickelte sich zu einem der größten<br />

mittelständischen Mineralölhändler Deutschlands. Seit seiner Gründung ist es dem<br />

Unternehmen stets gelungen, sich den Trends auf dem Energiesektor anzupassen.<br />

Auch, weil man die klassische Produktpalette rund um den fossilen Energieträger Öl<br />

erweitert hat – zum Beispiel durch Holzpellets oder Solaranlagen.<br />

Unser Kernprodukt ist immer noch Heizöl«,<br />

betont Katrin Müller-Bentrop, Marketingleiterin<br />

der Firma Präg. Aber man mache sich<br />

nichts vor: Der Ölmarkt sei aus unterschiedlichen<br />

Gründen ein schrumpfender Markt. Deshalb gelte es,<br />

sich frühzeitig neue und alternative Wege zu suchen.<br />

»Darüber hinaus », fügt die Marketingleiterin hinzu,<br />

»ist es uns sehr wichtig, mit den Energieressourcen<br />

sinnvoll und schonend umzugehen.« Das zeigt sich<br />

unter anderem daran, dass die Präg-Gruppe, die derzeit<br />

217 Mitarbeiter an fünf Standorten beschäftigt,<br />

2006 mit Pellets einen klimaneutralen und nachwachsenden<br />

Brennstoff ins Warensortiment aufgenommen<br />

hat. 2011 kamen Gas und Strom dazu – natürlich jeweils<br />

mit einer Öko-Variante.<br />

Passend dazu hat die Firma Präg den Kontakt<br />

zum Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) gesucht<br />

und ist seit 2013 Mitglied im eza!-Partner-Netzwerk.<br />

»Um unsere Ziele zu erreichen, brauchen wir<br />

Netzwerke und Know-how – auch bei den Themen<br />

Klimaschutz und Energieeffizienz«, erklärt Katrin<br />

Müller-Bentrop.<br />

36<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Die Geschichte der Firma Präg beginnt am 5. Dezember<br />

1904. Der Großhandelskaufmann Adolf Präg<br />

gründete in Augsburg eine Warenagentur, die im Wesentlichen<br />

Leuchtpetroleum und Schmierstoffe verkaufte.<br />

Der Start-Zeitpunkt war günstig: Die damals<br />

noch bedeutende Textil- sowie die aufstrebende Maschinenbauindustrie<br />

waren ideale Abnehmer für die<br />

von Präg vermarkteten Spezialschmierstoffe wie z.B.<br />

Zylinder-, Maschinen- und Vaselineöle.<br />

1916 eröffnete Adolf Präg die erste Niederlassung<br />

in Kempten, die von Anna Meisle, seiner späteren<br />

Ehefrau, geleitet wurde. Nach seinem plötzlichen Tod<br />

führte Anna Präg das Unternehmen weiter. 1948 trat<br />

dann schließlich Josef Deisenhofer in die Firma ein.<br />

Um in Schwaben eine flächendeckende Mineralölversorgung<br />

zu sichern, wurde 1948 neben den bestehenden<br />

Tanklagern Kempten und Augsburg ein<br />

weiteres in Krumbach gebaut. 1951 eröffnete die Firma<br />

Präg die erste DEA-Tankstelle Deutschlands im<br />

Allgäu. Zehn Jahre später betrieb Präg bereits 120<br />

DEA-Tankstellen. Zugleich wurde Heizöl in die Produktpalette<br />

aufgenommen.<br />

Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg<br />

zum Erfolg des Unternehmens war die frühe Einführung<br />

von Selbstbedienungstankstellen. Gerd Deisenhofer<br />

erkannte frühzeitig das Potenzial von SB-Tankstellen<br />

und eröffnete 1972 in Lagerlechfeld bei Augsburg<br />

die erste SB-Tankstelle der Marke Texaco in<br />

Europa. Dadurch stieg der Umsatz um ein Vielfaches,<br />

was eine weitere Expansion ermöglichte. 1977 war die<br />

Zahl der von Präg betriebenen Tankstellen auf 146 gestiegen.<br />

Die Firma Präg hat sich ständig weiterentwickelt:<br />

vom einfachen Schmierstoffhändler zum umfassenden<br />

Energiehandelsunternehmen. Eine Entwicklung, die<br />

noch nicht abgeschlossen ist. »Vor dem Hintergrund<br />

sich stark wandelnder Energiemärkte wird die Neuausrichtung<br />

des Unternehmens konsequent vorangetrieben«,<br />

erklärt Katrin Müller-Bentrop.<br />

Dass neben Strom und Gas auch die Aufnahme<br />

von Pellets ins Warensortiment gehört, mag den einen<br />

oder anderen Außenstehenden überrascht haben. Laut<br />

Katrin Müller-Bentrop hat sich aberdieser Schritt geradezu<br />

angeboten: »Holzpellets entwickeln sich insbesondere<br />

im Süden Deutschlands als echte Alternative<br />

zu anderen Brennstoffen, und wir verfügen über große<br />

Erfahrung, was die Lagerung und die Logistik von<br />

Brennstoffen angeht.« Und mehr noch – inzwischen<br />

zählen auch Solar- und LED-Anlagen zum Portfolio<br />

der Adolf Präg GmbH & Co. KG.<br />

Fotos: Präg<br />

Pellets – der klimaneutrale Brennstoff erfreut sich ins besondere in Süd deutsch land wachsender Beliebt heit. Darauf hat die<br />

Adolf Präg GmbH & Co. KG frühzeitig reagiert und Pellets ins Warensortiment aufgenommen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

37


Vor Ort<br />

Berater kommt ins Haus<br />

Kurzcheck als Service-Angebot<br />

Rund 50 eza!-Energieberatungsstellen gibt es über das<br />

Allgäu verteilt. 17 Kommunen bieten ihren Bürgern einen<br />

zusätzlichen Service an: Auf Wunsch kommen dort die<br />

eza!-Energieberater auch zum Kurzcheck ins Haus.<br />

Kompetente und neutrale<br />

Beratung vor Ort: 17 Allgäuer<br />

Kommunen bieten ihren<br />

Bürgern in Zusammenarbeit mit<br />

eza! verschiedene Kurzchecks<br />

kostenlos an – wie zum Beispiel<br />

den Gebäudekurzcheck<br />

Seien es die Unterstützung von Kommunen<br />

und Landkreisen in ihren Klimaschutzbe -<br />

müh ungen, die Weiterbildungsangebote für<br />

Baufachleute oder die Organisation von Infoveranstaltungen<br />

wie die Allgäuer Altbautage – das Tätigkeitsfeld<br />

des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (eza!)<br />

ist seit seiner Gründung im Jahr 1998 stetig gewachsen.<br />

Damals wie heute zählt die Energieberatung für<br />

die Bürger zu den Kernaufgaben von eza! Auch hier<br />

hat sich die Einrichtung, die weit über die Grenzen des<br />

Allgäus hinaus bekannt ist, an die Bedürfnisse seiner<br />

Klienten angepasst. War früher der Gang in die örtlichen<br />

Energieberatungsstelle die einzige Möglichkeit,<br />

um von den eza!-Experten kompetente und neutrale<br />

Antworten zu erhalten, kommen heute die eza!-Energieberater<br />

auf Wunsch ins Haus – zum Kurzcheck.<br />

Vier Arten dieses Vor-Ort-Beratungsangebot bietet<br />

eza! in Zusammenarbeit hält mit derzeit 17 Allgäuer<br />

Kommunen bereit: den Gebäudecheck, die Heizungsvisite,<br />

den Solarcheck und den Stromsparcheck.<br />

Gemeinsam ist allen Kurzchecks: Sie dauern rund 45<br />

Minuten, werden von fachkundigen eza!-Energieberatern<br />

durchgeführt und sind für die Bürger in den beteiligten<br />

Gemeinden kostenlos.<br />

Beim Gebäudecheck analysiert der eza!-Energieberater<br />

den Ist-Zustand des Gebäudes und der Heizungstechnik.<br />

Anhand der Ergebnisse werden sinnvolle<br />

Sanierungsschritte und Maßnahmen aufgezeigt,<br />

die neben einem geringeren Energiebedarf ein besseres<br />

Raumklima und eine Wertsteigerung der Immobilie<br />

bewirken. Der eza!-Experte weist zudem auf die<br />

passenden Förderprogramme hin. So können sich die<br />

Zuschüsse für eine energetische Sanierung auf über<br />

40.000 Euro summieren.<br />

Ist meine Heizung richtig eingestellt? Welche Optimierungsmöglichkeiten<br />

gibt es? Oder ist es an der<br />

Zeit, die alte Anlage gleich gegen ein effizienteres Modell<br />

auszutauschen? All diese Fragen beantworten<br />

Energieexperten bei einer Heizungsvisite. Schon<br />

durch einfache Maßnahmen lässt sich häufig im laufenden<br />

Betrieb der Energieverbrauch der Heizung<br />

spürbar senken. Manchmal reicht das aber nicht aus.<br />

Der eza!-Energieberater klärt auf, ob es Zeit für einen<br />

Heizungsaustausch ist, und wenn ja, welche Anlage<br />

zum Haus passt.<br />

Beim Stromsparcheck werden der Stromverbrauch<br />

des Haushalts analysiert und einzelne Elektrogeräte<br />

gemessen. Rund 4000 Kilowattstunden (kWh)<br />

beträgt der durchschnittliche Stromverbrauch einer<br />

vierköpfigen Familie in Deutschland pro Jahr. »Dabei<br />

ließen sich locker 1000 Kilowattstunden einsparen –<br />

ohne Komfortverlust«, betont eza!-Geschäftsführer<br />

Martin Sambale. Wie, das zeigen die eza!-Energieberater<br />

beim Stromsparcheck auf. »Oftmals sind es nur<br />

Änderungen im täglichen Verhalten oder kleine Maßnahmen,<br />

die nicht viel Geld kosten, die aber in der<br />

Summe richtig Wirkung zeigen«, erklärt Sambale.<br />

Beim Solarcheck werden unter anderem folgende<br />

Fragen beantwortet: Lohnt sich bei meinem Haus der<br />

Einbau einer Solarwärmeanlage und/oder einer Photovoltaikanlage?<br />

Mit welchen Erträgen kann ich rechnen?<br />

Wie kann ich möglichst viel Solarstrom selbst<br />

nutzen? Dank stark gesunkener PV-Modul-Preise ist<br />

der Strom Marke Eigenproduktion insbesondere bei<br />

einem hohen Eigenverbrauch sehr lukrativ. Er kann


Anzeigen<br />

Fotos: eza!<br />

Bei der Heizungsvisite geben eza!-Experten Tipps, wie der<br />

Energieverbrauch der Anlage gesenkt werden kann<br />

mithilfe eines Batteriespeichers von 30 auf 60 Prozent<br />

erhöht werden. »Angesichts der vielen Sonnenstunden<br />

sollten Bauherren oder Hausbesitzer auch das Thema<br />

Solarwärme im Auge behalten«, empfiehlt Sambale.<br />

Schon mit einer kleineren Anlage kann von Mai bis<br />

September das Warmwasser komplett bereitgestellt<br />

werden. Mit einer Kollektorfläche von zehn bis 14<br />

Quadratmetern lässt sich in den Übergangsmonaten<br />

zusätzlich die Heizung wirkungsvoll unterstützen.<br />

Buxheim zählt zu jenen Kommunen im Allgäu,<br />

die ihren Bürgern in Zusammenarbeit mit eza! kostenlose<br />

Kurzchecks anbieten. »Ein Service, der von den<br />

Bürgern gut angenommen wird«, berichtet der erste<br />

Bürgermeister Werner Birkle. »Es gibt doch einige<br />

Leute, die sich den Gang zur eza!-Energieberatungsstelle<br />

im Rathaus lieber sparen.« Generell hält der Rathaus-Chef<br />

die eza!-Energieberatung für eine wichtige<br />

Sache: »Wir wollen damit die Bürger für das Thema<br />

Energieeffizienz sensibilisieren.« Die Gemeinde selbst<br />

lässt im Rahmen des kommunalen Energiemanagements<br />

ihre eigenen Liegenschaften von den eza!-Experten<br />

auf Einsparpotenziale hin untersuchen. »Weil<br />

die Gemeinde beim Energiesparen mit gutem Beispiel<br />

vorangehen sollte«, findet Birkle.<br />

In folgenden Gemeinden werden Kurzchecks angeboten:<br />

Altusried, Oy-Mittelberg, Wiggensbach, Betzigau,<br />

Wertach, Sonthofen (mit Bad Hindelang, Blaichach,<br />

Burgberg, Rettenberg), Füssen, Bad Grönenbach,<br />

Wolfertschwenden, Buxheim, Opfenbach,<br />

Heimenkirch und Scheidegg.<br />

Weitere Infos unter www.eza-energieberatung.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

39


Wald und Holz<br />

Unser Allgäuer Wald<br />

Mehr als ein regionaler Rohstoff<br />

Als nachwachsender Rohstoff ist Holz auch heute noch von Bedeutung, sowohl für<br />

Möbel, Einrichtungen, Kunst und Bauwerke als auch als Energieträger. Die Erzeugung<br />

und Gewinnung von Holz zu den vielseitigen Verwendungen wird nach Phasen, die<br />

von Rodung und Raubbau geprägt waren, seit nunmehr über 300 Jahren bei uns in<br />

Form der nachhaltigen Waldbewirtschaftung praktiziert.<br />

Er regte unsere Märchen -<br />

dichter an und belebte die<br />

Sagenwelt. unser Wald. Für die<br />

Holzwirtschaft hat er aber noch<br />

eine andere Bedeutung<br />

Die Waldbewirtschaftung und die Gewinnung<br />

des Rohstoffs Holz war und ist ein wesentlicher<br />

Bestandteil der menschlichen Zivilisation<br />

und Kulturgeschichte. Das Holz der Stämme ist<br />

einer der vielen nutzbaren Bestandteile von Bäumen,<br />

die unsere Wälder bilden. Diese werden seit jeher von<br />

den Menschen sehr unterschiedlich wahrgenommen.<br />

Als nutzbarer Rohstofflieferant, als Erlebnisraum, als<br />

Naturraum, als Schutzbereich für Tierarten und sogar<br />

als Nahrungsquelle. So meinte einst der erste Bundespräsident<br />

Theodor Heuss: »Holz ist ein einsilbiges<br />

Wort, aber dahinter verbirgt sich eine Welt der Märchen<br />

und Wunder.«<br />

Heute steht der Wald im Fokus vieler Menschen,<br />

die sich aus den unterschiedlichsten Beweggründen<br />

um den Wald »sorgen« und über dessen Entwicklung<br />

bestimmen wollen. Dabei wird aber meist übersehen,<br />

dass der Wald bzw. der Grund, auf dem er wächst, im<br />

Eigentum der Waldbesitzer ist, diese gehen eigenverantwortlich<br />

damit um. Der Schutz des Eigentums ist<br />

in Art. 14 Grundgesetz geregelt. Daher sollte bedacht<br />

werden, dass viele Forderungen, die an den Wald gestellt<br />

werden, von Menschen gestellt werden, die überhaupt<br />

keine Verantwortung für die Folgen ihrer Forderungen<br />

tragen.<br />

Neben der Rohstoffversorgung rücken die vielen<br />

anderen Funktionen unserer Wälder immer mehr in<br />

den Mittelpunkt. Was sind das für Funktionen des<br />

Waldes, von denen wir alle profitieren? Die Kronen<br />

der Bäume sind ein riesiger Luftfilter, durch die Wurzeln<br />

wird der Boden stabilisiert und Erosion verhindert.<br />

Bäume sind Wasserverbraucher und sorgen damit<br />

für die Verminderung von Hochwasserspitzen, daher<br />

sind der beste Schutz vor Hochwasser intakte, weil<br />

bewirtschaftete Wälder. Trinkwassergebiete sind oft in<br />

den Wäldern zu finden, da der Boden, auf dem der<br />

Wald steht, das Wasser bestmöglich filtert und keine<br />

Dünger oder ähnliche Substanzen verwendet, die in<br />

den Boden eingespült werden können.<br />

Bei der Assimilation nehmen die Bäume über die<br />

Blätter/Nadeln Kohlendioxid (CO2) auf, binden den<br />

Kohlenstoff im Holz und geben den Sauerstoff frei.<br />

40<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Im Allgäu kümmern sich<br />

Fachleute bei Waldbegehungen<br />

um die beste Waldpflege<br />

Fotos: Archiv EIDTION <strong>ALLGÄU</strong> und WBV<br />

Brennholz sollte nur ein<br />

wertvolles Abfall-Produkt der<br />

Bewirtschaf tung unserer<br />

Wälder sein<br />

Daher werden bewaldete Parks in den Städten auch als<br />

grüne Lungen bezeichnet. In diesem Zusammenhang<br />

steht auch die bedeutsame Funktion der Erholung, die<br />

in unseren Wälder möglich ist. Erholung und immer<br />

mehr sportliche Aktivitäten finden im Wald statt, dies<br />

ist nicht immer konfliktfrei, denn unterschiedliche<br />

Nutzer haben entsprechend unterschiedliche Anforderungen.<br />

Dabei ist gerade im Wald die Rücksichtnahme<br />

auf die Natur und die anderen »Nutzer« von großer<br />

Bedeutung. Doch nicht nur Rücksichtnahme auf<br />

andere Nutzer gilt es im Wald zu befolgen, noch viel<br />

wichtiger ist es, die im, am und vom Wald lebenden<br />

Tiere und Pflanzen zu beachten, nicht zu stören, nicht<br />

zu zerstören und sie nicht zu beschädigen.<br />

Dem Erhalt und der Sicherung dieser vielfältigen<br />

Funktionen dient die nachhaltige, naturnahe Waldbewirtschaftung.<br />

Durch sie ist der Wald aber auch Arbeitsplatz<br />

für Forstunternehmer, Holzrücker, Fuhrleute<br />

und in der Folge auch für Sägewerker, Zimmerer<br />

und Schreiner in der Region, die den Rohstoff auf kurzen<br />

Wegen bekommen. In Zahlen ausgedrückt bedeutet<br />

dies: 100 geerntete Festmeter oder 10 Hektar sichern<br />

einen Arbeitsplatz (ein Festmeter ist ein fünf<br />

Meter langer Stamm mit 50 Zentimetern Durchmesser;<br />

ein Hektar = 100x100 Meter).<br />

Dort, wo Bäume gefällt und entnommen werden,<br />

gibt es Platz für die verbliebenen Bäume, sowohl in der<br />

Krone als auch im Wurzelraum. Es kommt mehr Licht<br />

in den Wald, das wiederum für Wachstum und Leben<br />

sorgt. Darüber hinaus wird der im Holz gespeicherte<br />

Kohlenstoff durch die Verwendung des heimischen<br />

Holzes in Bauwerken und Möbeln langfristig dem<br />

Kreislauf entzogen. Holz, das im Wald verwittert oder<br />

verfault, setzt diesen Kohlenstoff wieder frei.<br />

Wie die Bundeswaldinventuren der letzten Jahrzehnte<br />

gezeigt haben, wächst im Wald mehr Holz<br />

nach, als genutzt wird. Das sichert die Funktionalität<br />

der Wälder und damit den Lebensraum für Mensch,<br />

Tier und Pflanze. Bewirtschaftete Wälder vermeiden<br />

volkswirtschaftliche Schäden von rund 18.000 Euro<br />

pro Hektar und Jahr und optimieren den Schutz unserer<br />

Umwelt.<br />

Damit die Wälder weiterhin von den Eigentümern<br />

bewirtschaftet und gepflegt werden, ist es von<br />

überragender Bedeutung, deren Interesse am Wald zu<br />

erhalten und zu fördern. Dies ist in unserer kleinräumig<br />

parzellierten Waldbesitzstruktur im Allgäu eine<br />

wichtige gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche<br />

Aufgabe. Sie wird von den Selbsthilfeorganisationen<br />

der Waldbesitzer, den Forstbetriebsgemeinschaften<br />

beziehungsweise Waldbesitzervereinigungen im<br />

Allgäu wahrgenommen.<br />

Die »Produktionsstätte« Wald kann nicht ins<br />

Ausland verlagert werden, somit ist die nachhaltige<br />

Waldbewirtschaftung für Arbeitsplätze, Einkommenssicherung,<br />

Steueraufkommen, Lebensqualität und Lebensraumsicherung<br />

im ländlichen Raum ein unverzichtbarer<br />

Bestandteil.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

41


Regionales Holz<br />

Schon von außen erkennt man die<br />

Liebe zum Holz des Unternehmens<br />

Auf dem richtigen Holzweg<br />

Aktiver Umweltschutz mit regionalen Produktion<br />

Viele Verbraucher setzen mittlerweile auf Nachhaltigkeit. Dabei spielt<br />

die Regionalität eine wichtige Rolle. Menschen wollen wissen, wo die Produkte<br />

herkommen – das gilt nicht mehr nur für Lebensmittel. Die Allgäuer<br />

Wert- und Edelholz GmbH & Co. KG setzt dort an. Sie bietet hochwertiges<br />

Allgäuer Wertholz an und lebt die Wertschätzung regionaler Produkte.<br />

Holz ist warm, es vermittelt Behaglichkeit und<br />

hat eine optimale Energiebilanz, vor allem,<br />

wenn es aus der Region kommt und keine<br />

langen Transportwege anfallen. Holz aus dem Allgäu<br />

für das Allgäu – das ist das Motto der Allgäuer Wertund<br />

Edelholzgesellschaft von Ignaz Einsiedler. Das<br />

Unternehmen im »Energiedorf« Wildpoldsried betreibt<br />

somit aktiven Umweltschutz, denn das Allgäuer<br />

Wertholz ist Kohlendioxid- und Energiespeicher,<br />

schont die Ressourcen und ist der intelligente Wertstoff<br />

der Zukunft. Außerdem erfolgt die Produktion<br />

und Verarbeitung ohne Umweltbelastung.<br />

Aus Liebe zum Holz<br />

Bereits 2010 und noch vor der Gründung des<br />

Unternehmens begann Ignaz Einsiedler mit dem ste-<br />

42<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Aus heimischem Holz kann viel entstehen, auch ein kleines Firmenschild neben dem Eingang<br />

Um das Holz draußen vor dem Wetter zu schützen,<br />

mussten die Mitarbeiter erfinderisch sein<br />

Fotos: Claudia Schöwe, Volker Wille<br />

Diese speziellen Stäbe sorgen dafür, dass das Holz<br />

beim Trocknen nicht so oft gewendet werden muss<br />

tigen Einkauf von Wertholz aus dem Allgäu und Bodenseeraum<br />

und lagerte es ein. Dabei beschränkte er<br />

sich nicht nur auf die traditionellen Sorten wie Fichte<br />

und Tanne, sondern gab jedem Holz eine Chance –<br />

auch den Laubbäumen, denen früher nur Brennholzqualität<br />

zugesprochen wurde, ungeachtet ihres schönen<br />

Holzes.<br />

Im Oktober 2012 erfolgte dann die Firmirung<br />

mit 15 Kommanditisten, und schon zwei Monate später<br />

wurde das jetzige Unternehmensgrundstück erworben.<br />

Im Lauf der nächsten Monate tat sich einiges:<br />

Es traten weitere Gesellschafter ein und die beiden Lagerhallen<br />

wurden fertiggestellt, die erste im Dezember<br />

2013 und die zweite im Mai 2014. Die Anzahl der<br />

Kommanditisten ist auf 30 angestiegen. Diese kommen<br />

aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern, vom<br />

Förster bis zur Sekretärin ist alles dabei. Sie alle eint<br />

die Liebe zum Rohstoff Holz.<br />

Zertifizierte Nachhaltigkeit<br />

Mit der Betriebsgründung tragen sie alle zu einer<br />

angemessenen Wertschöpfung und werkstoffgerechten<br />

Verarbeitung der allgäutypischen Baumarten bei.<br />

Die Lieferanten sind nach PEFC zertifiziert und somit<br />

auch die Holzerzeugnisse des Unternehmens. Dieses<br />

Gütesiegel garantiert nachhaltige Waldwirtschaft im<br />

Einklang mit Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Es<br />

muss sich auch keiner Sorgen machen, dass unsere gesamten<br />

Wälder abgeholzt werden – es wächst genug<br />

nach. Ein Drittel des jährlich nachwachsenden Holzes<br />

im Allgäu wird gar nicht genutzt. Der Großteil des<br />

Holzes, ungefähr 80 Prozent, stammt aus einem Umkreis<br />

von 50 Kilometern und der Rest aus den angrenzenden<br />

Gebieten wie dem Bodenseeraum, aus dem<br />

viele Obsthölzer kommen. Der Weg zu neuem Holz<br />

ist dabei unterschiedlich, denn zum einen werden<br />

Ignaz Einsiedler und seinen Mitarbeitern Bäume zum<br />

Kauf angeboten und zum anderen begeben sie sich<br />

auch selbst aktiv auf die Suche nach schönen Hölzern.<br />

Immer im Blick dabei: Umweltschutz durch Nachhaltigkeit.<br />

Umweltfreundliche Produktion<br />

Nicht nur das Holz ist nachhaltig, sondern auch<br />

die Produktion und Verarbeitung im Unternehmen.<br />

Sie verläuft ohne Umweltbelastung, und es fällt kein<br />

Müll an. Die beim Sägen entstehenden Späne werden<br />

an Nachbarn aus dem Ort abgegeben, die damit ihre<br />

Hühner- und Kuhställe einstreuen. Die Baumrinde<br />

und andere Produktionsabfälle gelangen über den Biomassehof<br />

in Kempten zum Holzheizkraftwerk der<br />

Stadt. Auch die Trocknung des Holzes erfolgt umwelt-<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

43


Regionales Holz<br />

In dem Vakuumkammertrockner wird das Holz ohne chemische<br />

Zusätze bei konstanten 70 Grad Celsius getrocknet<br />

Auch »nicht typische«<br />

Bäume werden verarbeitet<br />

wie etwa der Tulpenbaum<br />

Mit der Säge kann der Baum<br />

in einzelne Bretter zerteilt werden<br />

freundlich. Zunächst trocknet das Holz, je nach Sorte,<br />

zwischen sechs Monaten und bis zu zwei Jahren in einer<br />

Lagerhalle oder geschützt im Freien. Anschließend<br />

kommt es in den Vakuumkammertrockner. Auch dort<br />

variiert die Zeit – es kann zwei Tage darin verbringen<br />

oder zwei Wochen. In diesem letzten Trocknungsschritt<br />

wird komplett auf den Einsatz von Chemikalien<br />

verzichtet, denn bei einer konstanten Temperatur von<br />

70 Grad Celsius sterben Würmer und kleine Käfer, die<br />

sich im Baum »verstecken«, von alleine ab. Hat das<br />

Holz eine ungefähre Restfeuchte von acht Prozent, ist<br />

es bereit für den Weiterverkauf. Erwähnenswert ist<br />

noch: Die für die Trocknung benötigte Wärme stammt<br />

aus einem mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk<br />

in Wildpoldsried.<br />

Es bleibt im Allgäu<br />

Die meisten Kunden des Unternehmens stammen<br />

auch aus dem Allgäu – das Holz bleibt also da, wo es<br />

herkommt. Das zeigt, dass Regionalität ein immer<br />

wichtigerer Aspekt wird, vor allem im Zusammenhang<br />

mit Nachhaltigkeit und der eigenen Identität.<br />

Das Angebot der Allgäuer Wert- und Edelholzgesellschaft<br />

richtet sich vorwiegend an Holzfachleute wie<br />

44 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Obsthölzer wie hier die Zwetschge werden auch verarbeitet<br />

Vor den beiden Lagerhallen wartet schon<br />

weiteres Holz auf die Verarbeitung<br />

Die Entrindung der zersägten Bäume ist hier noch Handarbeit<br />

Mitarbeiter Jörg Böck<br />

sowie die Geschäftsführer<br />

Ignaz Einsiedler und<br />

Robert Mayr (v.l.) eint<br />

die Liebe zum Holz<br />

In den Lagerhallen stapeln sich<br />

die verschiedenen Holzsorten<br />

bis unter die Decke<br />

Schreiner und Zimmerer, aber auch an Planer, Hobbybastler<br />

und Endkunden. Jeder, der qualitativ hochwertiges<br />

Holz schätzt und gleichzeitig die Umwelt<br />

schützen möchte, ist dort gut aufgehoben.<br />

In nächster Zeit soll auch noch ein digitales Warensystem<br />

in Betrieb genommen werden, in dem dann<br />

die Bestände eingesehen werden können und auch,<br />

von wo genau ein bestimmtes Stück Holz stammt. So<br />

können sich Allgäuer ein Stück Holz aus ihrem Ort<br />

oder aus der Nähe aussuchen und daraus etwas Schönes<br />

entstehen lassen. Das schafft ein ganz neues Gefühl<br />

von Verbundenheit.<br />

(cs)<br />

Trotz ihres schönen Holzes wurde Laubbäumen früher nur Brennholzqualität zugesprochen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

45


Interview<br />

Blaue Briefe vom Holzforum<br />

Hugo Wirthensohn mahnt Chefetagen<br />

Hugo Wirthensohn, 1. Vorstand bei Holzforum Allgäu e.V., ist ein rühriger Protagonist für<br />

die Nutzung des heimischen Waldes. Das Holzforum, dem Waldbesitzer, Säger, Zimmerer,<br />

Schreiner und Holzbaufirmen angehören, setzt sich für Nachhaltigkeit und kurze Wege<br />

ein – das bedeutet unter anderem, dass es ein Auge darauf hat, dass mit dem Material<br />

aus heimischen Wäldern auch gebaut wird – nicht nur bei privaten Einfamilien häusern,<br />

sondern ebenso im öffentlichen Bereich. Und da hatte Hugo Wirthensohn in letzter<br />

Zeit wohl Grund zur Klage. allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat mit ihm darüber gesprochen.<br />

Ein Mahner in Sachen Holz<br />

und Holzbau: der Vorsitzende<br />

des Holzforums Allgäu e.V.,<br />

Hugo Wirthensohn<br />

Fotos: Peter Elgaß<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>: Herr Wirthensohn, die<br />

Sparkasse Allgäu und der Kemptener Oberbürger -<br />

meister haben von Ihnen »blaue Briefe« bekommen.<br />

Was war der Grund dafür?<br />

Wirthensohn: Es geht um die Vernachlässigung<br />

von Holz in aktuellen Bauprojekten. Es scheint, als ob<br />

sowohl bei den Entscheidern in den Chefetagen als<br />

auch bei den Stararchitekten offenbar noch nicht angekommen<br />

ist, dass der Baustoff Holz gerade mit großem<br />

Erfolg bei Geschäfts- und Gewerbebauten zurückkehrt.<br />

Glas und Beton dominieren momentan<br />

vielerorts das Stadtbild – so leider auch beim Neubau<br />

der Sparkasse in Kempten. London, Oslo, Vancouver<br />

– immer mehr Metropolen schmücken sich mit modernen<br />

Holzhochhäusern. In Mailand sind gerade vier<br />

Neungeschosser fertig geworden – komplett aus Holz.<br />

Nur hier im Allgäu wird scheinbar noch geschlafen,<br />

und das auf Kosten der regionalen Wirtschaft und<br />

eines regionalen, CO 2 -neutralen und nachwachsenden<br />

Rohstoffes. Wenn wir dann auch noch von einem<br />

der Sparkassen-Verwaltungsräte, der Vorstand im<br />

Holzforum ist, erfahren, dass nicht einmal innovative<br />

Fassaden aus Holz in Betracht gezogen wurden, kommen<br />

bei uns schon Zweifel auf, ob der Regionalgedanke<br />

und die Innovationsbereitschaft der Sparkasse Allgäu<br />

wirklich gelebt werden oder nur Plattitüden sind.<br />

Die Sparkassenvorstände haben allerdings auf den<br />

Brief reagiert und uns zu einem Gespräch eingeladen.<br />

Dabei wurde erklärt, dass die Entscheidung für den<br />

Neubau des Sparkassenhauptsitzes schon vor mehreren<br />

Jahren gefallen ist und zu dieser Zeit Holz leider<br />

noch nicht im Fokus war.<br />

Wir vermuten, aus dem gleichen Grund haben<br />

Sie dem Kemptener Oberbürgermeister Thomas<br />

Kiechle geschrieben?<br />

Ja. In der letzten Ausgabe von allgäuALTERNA-<br />

TIV hat OB Kiechle betont, dass Stadtrat und Stadtverwaltung<br />

gezielt Klimaschutzmaßnahmen und Projekte<br />

angehen, um den Energieverbrauch zu senken<br />

und CO 2 -Emissionen zu reduzieren. Dafür wurde<br />

Kempten sogar mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis<br />

ausgezeichnet. Wir vom Holzforum sind der<br />

Meinung, dass im neuen Baugebiet »An der Halde-<br />

Nord« beides wunderbar durch den Einsatz von Holz<br />

erreicht werden kann.<br />

Haben Sie weitere »blaue Briefe« im Köcher, oder<br />

waren die beiden Kemptener Adressen die einzigen,<br />

die eine Mahnung vom Holzforum bekommen haben?<br />

Natürlich werden wir auch weiterhin die Augen<br />

offen halten und uns für den Einsatz von Holz stark<br />

machen. Gerade bei der öffentlichen Hand oder bei<br />

Verbänden ist es in Bauentscheidungen oft ausschlaggebend,<br />

welcher Planer beauftragt wird. Ist dieser offen<br />

für Holz, hat Holz auch eine Chance. Ist er oder<br />

sie es nicht, kommt Holz maximal als Dachstuhl zum<br />

Einsatz. Es heißt immer: Wer zahlt, bestimmt. Unsere<br />

Erfahrungen aber zeigen, dass dies sehr oft nicht der<br />

Fall ist, weil sich der Laie auf die Fachaussagen der Planer<br />

verlässt. Da bleibt nur eine Lösung: Wenn sich der<br />

Bauherr Holz als Baustoff vorstellen kann, sollte er<br />

darauf achten, welchen Planer er auswählt.<br />

Die meisten Menschen verbinden mit Holz zunächst<br />

Tische, Stühle und Inneneinrichtung. Holzschuppen,<br />

Blockhütten und Gartenhäuser aus Holz –<br />

das kennen viele. Aber moderne Häuser oder gar öffentliche<br />

Gebäude aus Holz wie das grüne Zentrum in<br />

Immenstadt – das ist für Normalbürger oft nicht vorstellbar.<br />

Warum, denken Sie, ist das so?<br />

Das betrifft nicht nur die Normalbürger, sondern<br />

auch und vor allem Entscheidungsträger der öffentlichen<br />

Hand oder größerer Firmen oder Institutionen.<br />

Diese wollen wir sensibilisieren, dass mit Holz ein hervorragender,<br />

traditioneller und moderner Baustoff vor<br />

46<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Ort zur Verfügung steht. Wir stellen oft fest, dass bei<br />

vielen Akteuren noch ein veraltetes Bauchgefühl vorherrscht<br />

gegen die Verwendung von Holz als Baustoff.<br />

An diesem Bauchgefühl arbeiten wir.<br />

Das Holzforum ist nun schon seit einigen Jahren<br />

im Allgäu aktiv. In den Wäldern unserer Region wachsen<br />

die unterschiedlichsten Holzarten. Das Holzforum<br />

will aufzeigen, dass zertifiziertes heimisches Holz bewusst<br />

in der Region eingesetzt wird. Auch wegen der<br />

CO 2 -Einsparung auf kurzen Transportwegen. Ist dieses<br />

Ziel erreicht, oder »gilt der Prophet im eigenen<br />

Land nichts«?<br />

Wir haben in den letzten zwei Jahren mehrere<br />

Bachelorarbeiten erstellen lassen, in denen wir die<br />

Holzströme im Allgäu untersucht haben. Das Ergebnis<br />

kann sich sehen lassen. Die 27 Sägebetriebe, die es<br />

noch im Allgäu gibt, beziehen 95 Prozent ihres Holzes<br />

aus dem Allgäu oder den angrenzenden Gebieten. Regionaler<br />

geht es kaum.<br />

Die Allgäuer Zimmereibetriebe beziehen ebenfalls<br />

mehr als 80 Prozent des Bauholzes von Allgäuer<br />

Sägern oder Händlern. Hier muss allerdings dazugesagt<br />

werden, dass sich dies nicht auf die Leimbinder<br />

(KVH, Brettschichtholz etc.) bezieht, da es dafür nur<br />

wenige kleine Werke im Allgäu gibt.<br />

Sie sehen, die Voraussetzungen für Allgäuer Betriebe<br />

oder Kommunen, Holzbauten mit Allgäuer Holz<br />

und mit Allgäuer Firmen zu errichten, sind gegeben.<br />

Wie können sich Bauwillige über Holzbau beraten<br />

lassen? Welche Angebote macht das Holzforum,<br />

und welche Beratungen bieten die Mitglieder des<br />

Holzforums?<br />

Die Mitglieder des Holzforums Allgäu bilden die<br />

komplette Wertschöpfungskette von Holz ab. Vom<br />

Waldbesitzer über die Säger, Zimmerer, Hausbauer bis<br />

zu den Planern. Sie finden auf unserer Homepage für<br />

alle Fragen rund ums Holz und das Bauen mit Holz<br />

kompetente Ansprechpartner. Ein Service des Holzforums<br />

ist die direkte Vermittlung an das passende Mitglied.<br />

Das Holzforum ist eine Plattform für alles, was<br />

mit Holz zu tun hat. Informationen erhält man von<br />

unserer Geschäftsstelle, oder sie können über unsere<br />

Homepage bezogen werden:<br />

www.holzforum-allgaeu.de<br />

Anzeigen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

47


Interreg-Projekt<br />

Holz wird international<br />

Holzforum mischt kräftig mit<br />

Wer sich nicht ständig bewegt und sich zu Wort meldet, der wird schnell vergessen. Die Forstund<br />

Holzwirtschaft hat in den letzten Jahren intensiv für ihre Bereiche geworben und Lobbyarbeit<br />

betrieben. Das Holzforum Allgäu ist dafür ein lebender Beweis. Bisher aber wurde diese Arbeit<br />

überwiegend im regionalen Bereich getan. Jetzt kommt »Inno4wood«, ein Interreg-Projekt<br />

zwischen Tirol und Bayern. Und das Holzforum Allgäu mischt als Partner wieder kräftig mit.<br />

Fördermittel und Eigenleistungen summieren sich auf insgesamt fast 900.000 Euro.<br />

Die Holz-Protagonisten aus<br />

Bayern und Tirol wollen<br />

900.000 Euro einsetzen, um<br />

sich eine internationale<br />

Marketing--Strategie zuzusägen<br />

Der Forst, die Säge- und Holzindustrie, Holzhandel,<br />

Tischlerei, Zimmerei und Holzbau<br />

sowie auch angrenzende Bereiche wie Architekten,<br />

Statiker und Bauingenieure hielten schon in der<br />

Vergangenheit engen Kontakt. Mit den sogenannten<br />

Holzclustern wurden zur Stärkung dieser Wirtschaftsbereiche<br />

in der Vergangenheit funktionierende Strukturen<br />

und Ressourcen für die jeweiligen Regionen<br />

aufgebaut mit dem Ziel einer langfristig wettbewerbsfähigen<br />

regionalen Wirtschaft, der Stärkung des ländlichen<br />

Raumes sowie hoher Beschäftigung vor Ort. Wie<br />

die Kritik von Hugo Wirthensohn an der Stadt Kempten<br />

und der Sparkasse Allgäu (siehe Seite 46) zeigt, ist<br />

die Initiative für Holz und Holzbau bei Weitem noch<br />

nicht überall angekommen. Es muss also weiter vernetzt<br />

und intensiv geworben werden.<br />

Während der Fokus der Clustertätigkeiten der<br />

letzten 10 bis 15 Jahre aber primär auf der Vernetzung<br />

der Unternehmen und Akteure einer Region lag, wollen<br />

die Partner zukünftig einen verstärkt überregionalen<br />

Ansatz verfolgen. Vorhandene Ressourcen und Infrastrukturen<br />

nicht nur innerhalb einer Region, sondern<br />

auch überregional sollen effizienter genutzt werden.<br />

Mit dem neuen Interreg-Programm<br />

»Inno4wood« sollen nun also die deutsch-österreichischen<br />

Grenzen bewusst überschritten werden.<br />

48<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Hugo Wirthensohn vom Holzforum Allgäu:<br />

»Den Projekt-Titel haben die Partner in Tirol beigesteuert.<br />

Die mögen solche Wortschöpfungen. Uns ist<br />

eher wichtig, dass die im Antrag formulierten Ziele erreicht<br />

werden. Dabei besteht die besondere Herausforderung<br />

darin, die Unternehmen bei ihren ersten<br />

Schritten zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit<br />

professionell zu unterstützen und damit ihren derzeit<br />

noch engen Aktionsradius zu erweitern. Bisherige Erfahrungen<br />

zeigen, dass viele überregionale Ansätze an<br />

einer fehlenden aktiven Beteiligung der Unternehmen<br />

scheitern. Hier gilt es, neue Wege zu gehen. Es gilt, den<br />

Einzugsbereich für Know-how, Erfahrungen und<br />

Technologie für die Unternehmen mittels langfristig<br />

wirkender Strukturen zu erweitern, um flexibel auf die<br />

wirtschaftlichen Herausforderungen reagieren sowie<br />

Synergien wesentlich effizienter nutzen zu können.<br />

Die sehr ähnlichen Strukturen im Unternehmenssektor<br />

sowie der rahmenbildenden Organisationsstrukturen<br />

der bayrisch-tirolerischen Forst- und Holzwirtschaft<br />

ermöglichen eine rasche und nachhaltige Umsetzung<br />

der geplanten Maßnahmen.«<br />

Damit das funktioniert, haben sich folgende<br />

Partner für Inno4wood zusammengeschlossen: die<br />

Vereinigung proHolz Tirol, die Universität Innsbruck<br />

mit der Fakultät »Technische Wissenschaften, Arbeitsbereich<br />

Holzbau«, die Cluster-Initiative Forst und<br />

Holz in Bayern gGmbH mit Sitz in Freising und das<br />

Holzforum Allgäu. Die Organisationen haben für die<br />

nächsten drei Jahre eine Reihe von Zielen formuliert,<br />

die mithilfe der Interreg-Förderung erreicht werden<br />

sollen:<br />

Beispielsweise den Einsatz von Holzbotschaftern:<br />

Zur Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit<br />

innerhalb der Branche werden drei sogenannte<br />

»Holzbotschafter für Innovation und Technologie«<br />

aufgebaut und geschult. Sie bilden die bisher fehlende<br />

persönliche Schnittstelle zwischen den Regionen. Jeder<br />

Holzbotschafter wird in den beteiligten Regionen<br />

auf die jeweiligen Besonderheiten hingewiesen und<br />

geschult (Kennenlernen der Unternehmensstrukturen<br />

und der Forschungs- und Entwicklungslandschaft<br />

F&E). Es sollen spezifische wirtschaftliche und thematische<br />

Schwerpunkte gesetzt werden. Geplant ist der<br />

gezielte Aufbau von persönlichen Kontakten. Jeder<br />

Botschafter trägt das Wissen und die Erfahrungen aus<br />

den anderen Regionen zurück in seinen Wirkungskreis,<br />

wo es gezielt Unternehmen zur Verfügung gestellt<br />

wird. Diese werden wiederum gezielt »face to<br />

face« vernetzt, um konkrete Projekte zu initiieren beziehungsweise<br />

fortzusetzen.<br />

Ergänzend zu den Holzbotschaftern werden innovative<br />

Akteure aus der Forst- und Holzwirtschaft<br />

als temporäre Innovationsbotschafter nach dem Motto<br />

»best practice« eingesetzt. Die Erfolgsgeschichten werden<br />

praxisnah kommuniziert, sie sollen helfen, Barrieren<br />

zu überwinden und die Beispiele zum Nutzen<br />

des eigenen Unternehmens auszuwerten.<br />

Vorhandene Forschungs- und Entwicklungskompetenz<br />

soll besser dargestellt und genutzt werden.<br />

F&E-Einrichtungen und deren Kompetenzen werden<br />

gezielt in den verschiedenen Regionen dargestellt und<br />

nutzbar gemacht. Das neue Holzkompetenzzentrum<br />

in Absam/Tirol wird strategisch als Test- und Qualifizierungsumgebung<br />

sowie für den Prototypenbau positioniert.<br />

Grenzüberschreitend soll die Plattform »IQ-Holz«<br />

für Innovation und Qualifizierung zur Programm- und<br />

Konzeptentwicklung weiterentwickelt werden. Darüber<br />

hinaus soll gezielt der »Hightech-Faktor Holz« vor allem<br />

an die Jugend, aber auch an die Bevölkerung und<br />

die Bauherren herangetragen werden.<br />

Holz ist nicht nur das richtige<br />

Material für Einfamilienhäuser,<br />

auch Zweck- und Kommunal -<br />

bauten können mit Holz<br />

errichtet werden – wie<br />

beispielsweise das Grüne<br />

Zentrum in Immenstadt<br />

Fotos: Peter Elgaß und Volker Wille


Holztechnik<br />

Rekord mit Holzfassade<br />

Sechs Stockwerke in sechs Tagen<br />

Das Allgäu ist für seine Innovationen in Sachen Holzbau weit über seine Grenzen hinaus<br />

bekannt. Mit speziellen vorgefertigten Fassadenelementen ergeben sich bei der energetischen<br />

Gebäudesanierung ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten, wie ein Beispiel in der Münchner<br />

Innenstadt zeigt. Maßgeblich beteiligt daran ist der Ostallgäuer Holzbauer Ambros.<br />

In die Jahre gekommen:<br />

So sah das Gebäude Baujahr<br />

1972 vor der Sanierung aus<br />

Zunächst musste die<br />

baufällige Natursteinfassade<br />

entfernt werden<br />

Wie bekommt man eine energetische Verbesserung<br />

ohne eine gestalterische Verschlechterung<br />

hin? Das war die<br />

Problemstellung, vor der das Münchner Büro Braun<br />

Krötsch Architekten bei der Neugestaltung des Gebäudes<br />

mit 32 Nutzungseinheiten stand. »Viele Gebäude<br />

aus den 50er-, 60er- oder 70er-Jahren sind ziemlich<br />

schmucklos«, erklärt Stefan Krötsch. »Sie leben von<br />

den Proportionen. Aber die verändern sich grundlegend,<br />

wenn das Gebäude einfach nur mit einer dicken<br />

Dämmung eingepackt wird.« Die Architekten konnten<br />

den Hausbesitzer – selbst ein Architekt aus Südtirol –<br />

schnell davon überzeugen, dass es bessere Wege gibt,<br />

ein Gebäude aus den 70er-Jahren nahezu auf Passivhaus-Standard<br />

zu sanieren.<br />

Stefan Krötsch und Florian Braun, die gerne ungewöhnliche<br />

Materialien für die Fassadengestaltung<br />

einsetzen, entschieden sich im Falle des Wohn- und Geschäftshauses<br />

in der Münchner Donnersbergerstraße<br />

für eloxierte Aluminiumbleche als äußerste Schicht. Die<br />

Maschen sind hochkant angeordnet. Dadurch entsteht<br />

eine textil anmutende Oberfläche, die von unterschiedlichen<br />

Seiten betrachtet vollkommen unterschiedliche<br />

Erscheinungsbilder bietet. Mal erscheint das Gebäude<br />

dunkel mit einer filigranen Struktur. Von Süden aus betrachtet<br />

passt sich dagegen die Fassade dem beigen Rauputz<br />

des nebenstehenden Jugendstilgebäudes an.<br />

Holztechnik nach München »exportiert«<br />

Dass man sich für ein System mit werksseitig vorgefertigten<br />

Fassadenelementen entschieden hat, war<br />

nach Ansicht der Architekten gleich in mehrfacher<br />

Hinsicht ein Glücksgriff. Die circa 3 mal 13 Meter großen<br />

Elemente wurden inklusive ökologisch hochwertiger<br />

Zellulosedämmung, Fenstern, Vorrichtung für<br />

den Sonnenschutz und Fassadenbekleidung just in<br />

time von der Firma Ambros (Hopferau) auf die Baustelle<br />

geliefert. So konnte die gesamte sechsgeschossige<br />

Fassade in nur sechs Tagen montiert werden. »Bei der<br />

konventionellen Methode hätte der Umbau ein halbes<br />

Jahr gedauert«, ist sich Krötsch sicher. Unmittelbar<br />

nach dem Abbruch der alten Fenster wurde das Fassadenelement<br />

samt der neuen Fenster mit Stahlwinkeln<br />

am Bestand fixiert und mittels eingepresster Buchenholzdübel<br />

quasi wie ein Legostein auf das darunterliegende<br />

Element gesteckt, sodass die Wohnungen<br />

meist nicht länger als eine Stunde ohne Fenster blieben.<br />

»Viele Bewohner«, erzählt der Architekt, »verfolgten<br />

den Montagevorgang interessiert aus dem Inneren<br />

ihrer Wohnung.« Auch der Baustellenverkehr,<br />

gerade im innerstädtischen Bereich ein ernstes Problem,<br />

wurde auf ein Minimum reduziert.<br />

50<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Inklusive Fenster und<br />

Däm mung wurden die<br />

circa drei mal 13 Meter<br />

großen Ele mente auf die<br />

Baustelle geliefert<br />

Fotos: S. Kratzer, Matthias Renert; privat<br />

Ein weiterer wichtiger Vorteil der werksseitigen<br />

Fertigung: Die allermeisten Bleche konnten schon in<br />

der Zimmerei an den Holz-Tafelelementen befestigt<br />

werden. »Das Montieren der riesigen Bleche auf der<br />

Baustelle wäre ein Riesenproblem gewesen«, meint<br />

Krötsch. In der Werkshalle störten dagegen keine Gerüste<br />

die Arbeiten mit dem filigranen Material. Mit<br />

dem Ostallgäuer Holzbauspezialisten Ambros wurde<br />

ein Unternehmen und Partner im eza!-Netzwerk engagiert,<br />

der über reichlich Erfahrung mit den sogenannten<br />

TES-Fassadenelementen verfügt und als ers -<br />

tes Holzbauunternehmen überhaupt damit gearbeitet<br />

hat. Firmenchef Josef Ambros spricht dennoch von<br />

»Neuland«, das man mit dem Projekt in der Donnersbergerstraße<br />

betreten habe, insbesondere, was die<br />

Kombination Metall und Holz angeht.<br />

Beim TES-Fassadensystem (timberbased element<br />

systems for improving the energy efficiency of the<br />

building envelope) wird das Bestandsgebäude digital<br />

aufgemessen und dieses Aufmaß in die Werkstattplanung<br />

übertragen. Auf der Grundlage dieser Planung<br />

stellt eine automatisierte Abbundanlage alle Einzelteile<br />

der Tafelbauelemente her. Fenster, Sonnenschutz und<br />

die Fassadenbleche wurden im Falle des Objektes in<br />

München ebenso auf der Grundlage dieser Werksplanung<br />

angefertigt. »Die geschlossene digitale Prozesskette<br />

vom Aufmaß bis zur Montage erfordert große<br />

Sorgfalt und Umsicht, ermöglicht aber höchste Präzision<br />

und maximale Vorfertigung«, betont Stefan<br />

Krötsch. Umso wichtiger sei es gewesen, mit der Firma<br />

Ambros einen absoluten Spezialisten für das TES-Fassadensystem<br />

ins Boot geholt zu haben.<br />

Mit dem TES-Fassadensystem öffnen sich nach<br />

Ansicht von Krötsch generell für den Holzbau ganz<br />

neue Möglichkeiten – insbesondere im städtischen<br />

Kontext. »Im Sinne der Nachhaltigkeit geht es darum,<br />

möglichst viele biogene, nachwachsende Baustoffe<br />

einzusetzen.« Holz aus der Region sei da perfekt. Die<br />

TES-Elemente mit ihrer Holzrahmenbauweise bestünden<br />

eben vorwiegend aus diesem Material. »Da fällt<br />

eine dünne Aluschale in ökologischer Hinsicht nicht<br />

mehr ins Gewicht«, findet Krötsch. »Mit dem TES-<br />

Fassadensystem hat der Holzbau ein Höchstmaß an<br />

Flexibilität gewonnen.«<br />

Alles eine Frage des Blick -<br />

winkels: Die neue Fassade bietet<br />

von verschiedenen Seiten<br />

betrachtet unterschiedliche<br />

Erscheinungsbilder - mal wirkt<br />

sie dunkel...<br />

…mal passt sie sich farblich<br />

dem beigen Rauputz des<br />

nebenstehenden Jugend -<br />

stilgebäudes an


Meldungen<br />

Pink und preiswürdig:<br />

das Ziegelwerk in Kloster beuren<br />

in der Endrunde beim großen<br />

Preis des Mittelstandes<br />

Foto: Ziegelwerk Klosterbeuren<br />

Ziegelwerk Klosterbeuren steht im Finale<br />

Das Ziegelwerk Klosterbeuren ist<br />

erneut eine der Top-Adressen des<br />

deutschen Mittelstandes: Das Familienunternehmen<br />

aus dem Unterallgäu<br />

hat es beim »Großen Preis<br />

des Mittelstandes« der angesehenen<br />

Oskar-Patzelt-Stiftung zum zweiten<br />

Mal in Folge bis in die Jurystufe geschafft.<br />

Kriterien für die Preisvergabe sind<br />

unter anderem die Gesamtentwicklung<br />

des Unternehmens, die Schaffung<br />

und Sicherung von Arbeitsund<br />

Ausbildungsplätzen, Innovation<br />

und Modernisierung sowie Engagement<br />

in der Region. Mit einer<br />

200-jährigen Geschichte vereint das<br />

Klosterbeurer Werk Tradition und<br />

Fortschritt. »Mit der gerade erst er-<br />

folgten Erneuerung der Rauchgasreinigungsanlage<br />

haben wir bewiesen,<br />

dass wir besonders nachhaltig<br />

und ökologisch arbeiten. Dieses Engagement<br />

wird von der Jury geschätzt«,<br />

so Thomas Thater, der<br />

kaufmännische Geschäftsführer. In<br />

den vergangenen fünf Jahren investierte<br />

das Ziegelwerk Klosterbeuren<br />

mehr als 2,5 Millionen Euro in<br />

Energiesparmaßnahmen, die größtenteils<br />

robotergesteuerte Fertigung<br />

in Klosterbeuren zählt zu den modernsten<br />

Anlagen der Ziegelindustrie<br />

in Europa.<br />

Mit dem Erreichen der sogenannten<br />

Juryliste hat das Ziegelwerk<br />

Klosterbeuren die nächste Hürde<br />

genommen und zählt zu den 689<br />

Nominierten, die von der Fachjury<br />

aus 4796 eingereichten Vorschlägen<br />

ausgewählt wurden. Unternehmen<br />

können sich nicht selbst für den<br />

»Großen Preis des Mittelstandes«<br />

bewerben, sondern müssen von<br />

Kunden, Partnern oder Behörden<br />

vorgeschlagen werden.<br />

Nicht erst die Auszeichnung, sondern<br />

bereits die Nominierung sei<br />

wirkungsvoll nutzbar, betont der<br />

bayerische Finanzminister Markus<br />

Söder, einer der Schirmherren der<br />

Oskar-Patzelt-Stiftung, die den<br />

»Großen Preis des Mittelstandes«<br />

an hervorragende mittelständische<br />

Unternehmen aus Industrie,<br />

Dienstleistung, Handel, Handwerk<br />

und Gewerbe vergibt. (red/jm)<br />

Erstmals Nachtbusangebot der Mona<br />

Während des Kemptener Stadtfest-<br />

Wochenendes im Juni setzte die<br />

Mona GmbH (Mobilitätsgesellschaft<br />

für den Nahverkehr im Allgäu)<br />

erstmals für Besucher der Innenstadt<br />

Nachtbusse ein. Mona ist<br />

eine Kooperation von Allgäuer Verkehrsunternehmen,<br />

unterstützt von<br />

Landkreisen und Städten. Ihr Ziel<br />

ist die Verbesserung der Mobilität<br />

in der Region Allgäu. Neun Nachtbusse<br />

fuhren zwischen 22.30 Uhr<br />

und 0.30 Uhr ab der ZUM in die<br />

Kemptener Umlandgemeinden.<br />

In diesem Jahr präsentierte die Mona<br />

ihre Leistungen im Nahverkehr erstmalig<br />

an einem eigenem Stand beim<br />

Stadtfest und stellte den ersten neu<br />

gestalteten »mona Bus« vor. Besucher<br />

konnten ihr Wissen über die<br />

Mo bilitätsgesellschaft für den Nahverkehr<br />

im Allgäu und deren Aktionen<br />

bei einem Gewinnspiel unter<br />

Foto: Mona<br />

Tag und Nacht sind die Busse der Mona-Kooperation in Kempten unterwegs<br />

Beweis stellen und dabei Preise gewinnen:<br />

Eintrittskarten zum Römerfest<br />

am 6. und 7. August, Tickets für<br />

die Allgäuer Festwoche sowie Fahrkarten<br />

für den Busverkehr im Mona-<br />

Gebiet. Als Hauptpreis verloste die<br />

Mona ein Bus-Jahresticket.<br />

Beim Stadtfest gab es auch einen<br />

Ticket-Vorverkauf: Kombi-Eintrittskarten<br />

für das Römerfest und<br />

Kombi-Tickets für die Allgäuer<br />

Festwoche. Alle Informationen zu<br />

Mona-Angeboten finden Sie unter<br />

www.mona-allgaeu.de<br />

52<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Die Wärmewende richtig planen<br />

Aufbau des Netzwerkes<br />

in aufeinander aufbauenden<br />

Entstehungs-Phasen<br />

Mit der neuen Planungshilfe »Ein<br />

Netzwerk für die Wärmewende« informiert<br />

die Agentur für Erneuerbare<br />

Energien (AEE) Kommunen und<br />

Bürger, wie sie ein lokales Netzwerk<br />

gründen können, um eine regenerative<br />

Wärmeversorgung auf kommunaler<br />

Ebene strategisch anzugehen.<br />

Die Publikation kann als kostenloses<br />

Druckexemplar bestellt oder heruntergeladen<br />

werden. Der kurze Leitfaden<br />

vermittelt einen Überblick,<br />

wie ein Netzwerk zur Förderung der<br />

lokalen Wärmeversorgung auf Basis<br />

von Bioenergie und anderen erneuerbaren<br />

Energien angestoßen werden<br />

kann. Zielgruppen sind all jene,<br />

die eine strategische Planung der erneuerbaren<br />

Wärmeversorgung auf<br />

lokaler Ebene anstreben, also zum<br />

Beispiel Kommunalvertreter, Energiegenossenschaften<br />

oder Bürger<br />

und Betriebe.<br />

»Wer die Wärmewende in der eigenen<br />

Kommune plant, steht vor<br />

der Herausforderung, viele verschiedene<br />

Handlungs- und Akteurs-Ebenen<br />

umfassend zu verzahnen«,<br />

so Philipp Vohrer, Geschäftsführer<br />

der Agentur für Erneuerbare<br />

Energien. »Ein Netzwerk<br />

kann diesen Prozess voranbringen.«<br />

Die Planungshilfe »Ein Netzwerk<br />

für die Wärmewende« kann ab sofort<br />

in der Mediathek der Agentur<br />

für Erneuerbare Energien heruntergeladen<br />

oder als kostenlose Printpublikation<br />

im AEE-Shop bestellt<br />

werden: www.unendlich-viel-energie.de/shop<br />

Quartierskonzept Stiftsstadt-Ost<br />

Bürgerinnen und Bürger aus der<br />

Stifts stadt-Ost in Kempten den ken<br />

über Verbesserungen nach<br />

Foto: Stadt Kempten<br />

Im März fand die Auftaktveranstaltung<br />

zum »Quartierskonzept Stiftsstadt-Ost«<br />

statt, zu der alle Bewohner<br />

des Viertels eingeladen waren.<br />

Nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister<br />

Thomas Kiechle<br />

wurde das Konzept zunächst vom<br />

Baureferenten der Stadt vorgestellt,<br />

und im Anschluss erläuterte Martin<br />

Sambale von der eza! die Inhalte des<br />

Ganzen. Bei den Planungen geht es<br />

darum, Verbesserungen in der<br />

Energieversorgung und Gebäudetechnik<br />

(Stromspeicher, Blockheizkraftwerke,<br />

Wärmenetze, Gebäudesanierung<br />

und Haustechnik) sowie<br />

im Verkehr (Fußwege, Nahverkehr,<br />

E-Mobilität, Carsharing und Radwege)<br />

zu erreichen. Auch das<br />

Wohnumfeld steht im Fokus des<br />

Quartierskonzeptes. Stadtgrün, Begegnungsräume<br />

und Barrierefreiheit<br />

sind hier die Stichwörter. Wichtigster<br />

Punkt der Veranstaltung waren<br />

die Gesprächsrunden zu unterschiedlichen<br />

Themen mit den Bürgern.<br />

Sie boten den Eigentümern<br />

und Mietern der Stiftsstadt-Ost die<br />

Möglichkeit, Fachleuten Fragen zu<br />

stellen und eigene Ideen, Vorstellungen<br />

und Wünsche anzubringen.<br />

Die Konzepterstellung soll im Sommer<br />

erfolgen, und im September/<br />

Oktober soll das fertige Quartierskonzept<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt<br />

werden.<br />

(cs)<br />

Ein Luftfahrzeug für alle?<br />

18 Propeller bringen den<br />

Volocopter in die Luft<br />

Seit April hat die Karlsruher e-volo<br />

GmbH für ihren Volocopter VC200<br />

eine vorläufige Verkehrszulassung<br />

als Ultraleicht-Luftfahrtgerät. Ziel<br />

Foto: Volocopter<br />

von e-volo ist es, für ihre Volocopter<br />

mittelfristig eine Ultraleicht-<br />

Musterzulassung zu erhalten und<br />

den Zweisitzer in Serie zu produzieren.<br />

Das völlig neuartige Fluggerät<br />

soll leicht zu fliegen, leise und emissionsfrei<br />

sein. Ein umfassendes<br />

Redundanzkonzept für alle elektronischen<br />

Bauteile ermöglicht auch<br />

beim Ausfall mehrerer Antriebe ein<br />

sicheres Landen. Gesteuert wird<br />

der Volocopter einhändig mit einem<br />

Joystick. Der Volocopter ist<br />

aus Faserverbundwerkstoffen in<br />

Leichtbauweise gefertigt und beherrscht<br />

neben dem Reiseflug die<br />

Fähigkeit zum senkrechten Starten<br />

und Landen sowie zum Schweben<br />

auf der Stelle und ist damit auch für<br />

schwieriges Gelände wie das Alpenvorland<br />

geeignet. Das Fluggerät ist<br />

elektrisch angetrieben. Die Elektromotoren<br />

der 18 Antriebseinheiten<br />

werden von neun unabhängigen<br />

Akkus versorgt. Der Leistungsbedarf<br />

des VC200 beträgt im Schwebezustand<br />

bei einem Abfluggewicht<br />

von 450 Kilo je nach Luftdruck/<br />

Temperatur und Beladung etwa 50<br />

Kilowatt.<br />

(red)


Meldungen<br />

Foto: Herz & Lang<br />

Dieter Herz an der neuen<br />

E-Tankstelle in Weitnau, die<br />

von Privatleuten kostenlos<br />

benutzt werden kann<br />

Bei Herz & Lang Strom tanken<br />

Gute Nachricht für alle Besitzer von<br />

Elektrofahrzeugen: In Weitnau hat<br />

die erste E-Tankstelle zwischen<br />

Kempten und Wangen ihren Betrieb<br />

aufgenommen. Auf dem Firmengelände<br />

des Planungsbüros Herz &<br />

Lang können ab sofort die Batterien<br />

von Elektroautos, -rollern und -bikes<br />

aufgeladen werden – und zwar<br />

kostenlos für Privatleute. »Wir stehen<br />

als Spezialisten für energieeffizientes<br />

Bauen und Sanieren für<br />

Nachhaltigkeit und Klimaschutz«,<br />

erklärt Dieter Herz, mit Florian<br />

Lang Geschäftsführer von Herz &<br />

Lang. »Eine Tankstelle für E-Fahrzeuge<br />

passt daher perfekt zu unserer<br />

Firmenphilosophie«, erläutert er<br />

und fügt hinzu: »Sowohl unser Firmengebäude<br />

in Weitnau als auch die<br />

Niederlassungen in Kaufbeuren und<br />

Schongau sind Null-Emissions-<br />

Häuser und liefern mehr Energie, als<br />

sie verbrauchen.« Gespeist wird die<br />

Stromzapfsäule von der firmeneigenen<br />

Photovoltaikanlage sowie mit<br />

Ökostrom von den Allgäuer Überlandwerken.<br />

Um ein Zeichen zu setzen, sollen E-<br />

Mobil-Nutzer von der Anlage profitieren.<br />

»Es wird viel über Elektromobilität<br />

gesprochen, aber wenig<br />

für den Ausbau der dafür nötigen<br />

Infrastruktur durch die Verdich-<br />

tung des Tankstellennetzes getan«,<br />

klagt Dieter Herz. »Ein Experte hat<br />

es kürzlich auf den Punkt gebracht:<br />

Deutschland bewegt sich hier auf<br />

dem Niveau von Ghana und Nigeria.«<br />

Der flächendeckende Bau von<br />

Ladestationen sei dringend notwendig,<br />

so Herz. »Sonst hilft die<br />

beste staatliche Förderung für den<br />

Kauf eines Elektroautos nichts.«<br />

Genutzt werden kann die E-Tankstelle<br />

in Weitnau während der Geschäftszeiten<br />

von Herz & Lang:<br />

Montag bis Donnerstag von 8 bis 17<br />

Uhr und am Freitag von 8 bis 12<br />

Uhr, Telefon 08375/921133-0.<br />

jm/Roland Wiedemann<br />

Anzeige<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

55


Meldungen<br />

Green-Tec Award: Rennergy landet ganz vorne<br />

Seit 2008 werden in München die<br />

GreenTec-Awards auf 20 verschiedenen<br />

Gebieten der Technologie<br />

vergeben. Im Bereich Energie war<br />

das Buchenberger Team von Rennergy<br />

Systems AG auf Anhieb mit<br />

einer Neuentwicklung unter die<br />

ersten Sieger gekommen. Beworben<br />

hatten sich in dieser Kategorie<br />

beim begehrtesten Umweltpreis in<br />

Europa über einhundert Firmen<br />

mit ihren neuen Entwicklungen.<br />

Das PV-Heiz q-hybrid solo ist ein<br />

heizungsunterstützendes System<br />

zur Anbindung an eine Eigenverbrauchs-Photovoltaikanlage.<br />

Die<br />

Entwicklung der Buchenberger<br />

Tüftler hat die Jury (71 Fachleute<br />

aus den verschiedensten Wissenschaften)<br />

überzeugt. Rennergy beschreibt<br />

das Modul so:<br />

»Bei dieser Neuentwicklung wird<br />

das Energiemanagement über das<br />

integrierte Touch-Display parametrisiert<br />

und eingestellt. Ein Zwei-<br />

Wege-Zähler misst laufend den bezogenen<br />

und eingespeisten Strom,<br />

wodurch die modulierende Luft-<br />

Wasser-Wärmepumpe mit einer<br />

Heizleistung bis zu 14 kW dem<br />

Überschuss angepasst wird. Ertragsspitzen<br />

werden schnell und<br />

hocheffizient mittels der integrierten<br />

Heizeinheit in Wärme umgewandelt.<br />

Somit ist eine optimale<br />

und schnelle Reaktion auf Leis -<br />

tungsänderungen der Photovoltaik -<br />

anlage garantiert. Die Zieltemperatur<br />

der Heizeinheit kann individuell<br />

auf den Einsatzbereich angepasst<br />

werden und ist im Bereich von 25<br />

bis 85 Grad Celsius einstellbar.<br />

Durch die Kommunikation des<br />

Energie-Managements mit dem<br />

Wechselrichter und dem Verbrauchszähler<br />

wird der Überschussstrom<br />

immer optimal an die<br />

Verbrauchsstellen geleitet. Somit<br />

wird zuverlässig eine maximale Eigenverbrauchsquote<br />

erreicht. Die<br />

wichtigsten Komponenten des PV-<br />

Heiz-Systems sind neben der Photovoltaikanlage<br />

das Energiemanagement-Tool,<br />

das die entsprechenden<br />

Geräte nach Bedarf zuschaltet.<br />

Außerdem gehören eine Wärmepumpe,<br />

ein Pufferspeicher, Funksteckdosen,<br />

ein Batterieladesystem<br />

sowie das Überwachungssystem<br />

zum neuen PV-Heiz.«<br />

Worauf Rennergy besonderen Wert<br />

legt: Das ganze System arbeitet nahezu<br />

wartungsfrei.<br />

Aus Energy Consulting Allgäu wird ECA Concept<br />

Die Energy Consulting Allgäu ist<br />

mittlerweile weit über die reine<br />

Energieberatung hinausgewachsen,<br />

als die das Beratungsunternehmen<br />

vor zehn Jahren begann. Um dies<br />

auch nach außen hin deutlich zu<br />

machen und nicht mehr nur auf die<br />

regionale Energieberatung reduziert<br />

zu werden, trennt sich das Unternehmen<br />

von seinem bisherigen<br />

Namen.<br />

Als Matthias Voigtmann vor zehn<br />

Jahren ein eigenes Beratungsunternehmen<br />

gründete, sollte der Fokus<br />

der Tätigkeiten auf der Unterstützung<br />

von regionalen Unternehmen<br />

in Fragen der Energieeffizienz liegen.<br />

Das neu gegründete Unternehmen<br />

wurde deshalb folgerichtig<br />

Energy Consulting Allgäu genannt,<br />

um diese Ausrichtung wiederzugeben.<br />

Mit den Jahren entwuchsen<br />

die Kemptener aber immer mehr<br />

den anfangs gesetzten Grenzen: Einerseits<br />

ist das Unternehmen mittlerweile<br />

im gesamten Bundesgebiet<br />

tätig und verfolgt in steigendem<br />

Maß auch internationale Projekte<br />

und Kooperationen. Andererseits<br />

geht das Produktportfolio inzwischen<br />

weit über die reine Energieeffizienzberatung<br />

hinaus.<br />

Die Entwicklung, die die Energy<br />

Consulting Allgäu dabei in den vergangenen<br />

zehn Jahren durchgemacht<br />

hat, ist auf mehrere Arten<br />

bemerkenswert. So wurden aus<br />

dem Gründungsteam von zwei Personen<br />

im Jahr 2006 aktuell 20 fest<br />

angestellte Mitarbeiter, der Firmensitz<br />

wurde vom Gründerzentrum in<br />

eigene Büroräume verlegt, und vor<br />

knapp einem Jahr wurde eine Außenstelle<br />

in Wien eröffnet. Die<br />

Kunden werden mittlerweile nicht<br />

mehr nur in der Steigerung ihrer<br />

Energieeffizienz unterstützt, sondern<br />

über die Erweiterung auf Materialströme<br />

auch in ressourceneffizienter<br />

und nachhaltiger Produktion.<br />

Daneben hat sich aber auch die<br />

Einführung von Managementsystemen<br />

gemäß DIN EN ISO 9001,<br />

14001 und 50001 zu einem Schwerpunktthema<br />

des Unternehmens<br />

entwickelt.<br />

Um diesem Wandel auch nach außen<br />

hin Rechnung zu tragen, wird<br />

aus der Energy Consulting Allgäu<br />

nun die ECA Concept. Damit einher<br />

gehen ein neues Markendesign<br />

sowie ein komplett umstrukturierter<br />

Internetauftritt. Das äußere Erscheinungsbild<br />

wird dabei allerdings<br />

das einzige bleiben, das sich<br />

ändert, versichert Geschäftsführer<br />

Voigtmann: »Die Inhalte und Kompetenzen<br />

der ECA Concept werden<br />

die gleichen bleiben, um die Zusammenarbeit<br />

mit den Kunden auf<br />

unverändert hohem Niveau fortsetzen<br />

zu können.«<br />

56<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

jetzt auch<br />

online lesen!<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

57


E-Mobil<br />

Huckepack mit E-Mobil<br />

E-Lieferung liefern kann sich im Allgäu lohnen<br />

Tempo und Umweltfreundlichkeit miteinander<br />

verbunden durch Abt-Technologie<br />

Die Hochschule Kempten und ihre Projektpartner<br />

aus der Wirtschaft sammeln<br />

positive Erkenntnisse für den Einsatz von<br />

Elektrofahrzeugen im Lieferverkehr.<br />

Über einen Zeitraum von dreieinhalb<br />

Jahren wurde im Rahmen des Projektes<br />

»E-Lieferungen im Allgäu« die<br />

Praxistauglichkeit der Elektromobilität<br />

im kommerziellen Lieferverkehr<br />

untersucht. allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> stellt<br />

die Ergebnisse vor.<br />

58 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Nach Abschluss des vom Land Bayern geförderten<br />

Projektes zeigt sich: E-Fahrzeuge<br />

können bereits heute im logistischen Einsatz<br />

in Handwerksbetrieben oder in der Brief- und Paketzustellung<br />

erfolgreich eingesetzt werden. Die<br />

größten Hürden für einen schnellen Ausbau der Elektromobilität<br />

bei gewerblichen wie auch privaten Nutzern<br />

sind nach wie vor Informationsdefizite und<br />

Vorbehalte im Hinblick auf die Zuverlässigkeit und<br />

Fahrzeugreichweite.<br />

Regionale Firmen engagieren sich<br />

Das im Herbst 2012 von der Hochschule Kempten<br />

gestartete und wissenschaftlich betreute Projekt wurde<br />

öffentlich gefördert und von Partnern aus der regionalen<br />

Wirtschaft begleitet. Die Allgäuer Firma ABT<br />

Sportsline GmbH entwickelte 38 elektrische Lieferfahrzeuge<br />

in drei unterschiedlichen Fahrzeugklassen sowie<br />

eine Schnittstelle zur weltweiten UMTS-Diagnose. Parallel<br />

dazu wurde in Zusammenarbeit mit der AL-KO<br />

Alois Kober GmbH der Prototyp eines 4,25-Tonnen-<br />

Die gelbe Post – im ländlichen Raum des Allgäus unterwegs<br />

mit Energie aus den Batterien<br />

E-Mobilität im Allgäu<br />

Unter der Marke »E-Mobilität Allgäu« bündeln<br />

sich Projekte, Maßnahmen, Partner, Unter -<br />

nehmen und Institutionen, die aktiv in der<br />

Region Allgäu die E-Mobilität fördern und<br />

voranbringen. Die wesentlichen Ziele für die<br />

beteiligten Partner sind:<br />

• die Gewinnung von Know-how und weiteren<br />

Erkenntnissen zur E-Mobilität<br />

• die Nutzung weiterer Geschäftsfelder und<br />

Geschäftsideen<br />

• der Ausbau regionaler Netzwerke und<br />

Partnerschaften<br />

• die Umsetzung eigener Innovations- und<br />

Nachhaltigkeitsziele<br />

Mit dem Markenauftritt »E-Mobilität Allgäu«<br />

sollen den verschiedenen Zielgruppen in der<br />

Region wie der einheimischen Bevölkerung,<br />

Unternehmen, Institutionen sowie Touristen<br />

die Nutzungsmöglichkeiten und Vorteile der<br />

neuen Technologie nähergebracht werden.<br />

Geleitet von dem Ziel, die Marke Allgäu als<br />

innovative und nachhaltige Region zu<br />

positionieren, nimmt »E-Mobilität Allgäu« eine<br />

wichtige Rolle ein und soll Einzelinteressen<br />

mit den übergeordneten Zielen der gesamten<br />

Region Allgäu verbinden. Die Vision: Das<br />

Allgäu ist einer der führenden Standorte<br />

Deutschlands für die Entwicklung und den<br />

Einsatz der E-Mobilität als innovative und<br />

nachhaltige Zukunftstechnologie.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

59


Initiatoren und Förderer<br />

Das Projekt »E-Lieferungen im Allgäu« ist ein<br />

Teilprojekt des Schaufensterprojektes »Bayern-<br />

Sachsen« im Rahmen des Förderprogramms<br />

der Bundesregierung »Schaufenster Elektro -<br />

mobilität« und wird gefördert vom Bayerischen<br />

Staatsministerium für Wirtschaft und<br />

Medien, Energie und Technologie.<br />

Die Bundesregierung hat im April 2012 vier<br />

Regionen in Deutsch land als »Schaufenster<br />

Elektromobilität« ausgewählt. Hierfür stellt<br />

der Bund für Forschung und Entwicklung<br />

alternativer Antriebe 180 Millionen Euro zur<br />

Verfügung. Im Schaufenster »Bayern-<br />

Sachsen« entwickeln über 100 Partner in 40<br />

Projekten mit einem Fördervolumen von rund<br />

70 Millionen Euro Innovationen und Konzepte<br />

rund um die Elektromobilität, von der Fahr -<br />

zeugtechnik über Verkehrs- und Energiesysteme<br />

bis hin zur Aus- und Weiterbildung. Das<br />

Projekt »E-Lieferungen im Allgäu« wird von folgenden<br />

Partnern gemeinsam getragen:<br />

• ABT Sportsline GmbH<br />

• Deutsche Post DHL Group<br />

• Sensor-Technik Wiedemann GmbH<br />

• Hochschule Kempten<br />

• Allgäuer Überlandwerk GmbH<br />

(assoziierter Partner)<br />

• Allgäu GmbH (assoziierter Partner)<br />

Elektrolieferfahrzeugs auf Basis des VW T6 erprobt. Jedes<br />

Fahrzeug wurde mit einem Datenlogger der Firma<br />

Sensor-Technik Wiedemann GmbH ausgestattet, mit<br />

dem sämtliche Betriebsdaten gesammelt und ausgewertet<br />

werden konnten. Die Praxistauglichkeit wurde im<br />

konkreten Lieferalltag der Deutschen Post DHL Group<br />

und von Handwerksbetrieben wie der Bäckerei Wipper<br />

erfolgreich getestet. Aber auch das Allgäuer Überlandwerk<br />

und die Allgäu GmbH unterstützten das Projekt<br />

als assoziierte Partner.<br />

Elektrische Nutzfahrzeuge alltagstauglich<br />

Die Ansprüche an Fahrzeuge im Lieferverkehr<br />

sind besonders hoch. Dennoch haben die E-Fahrzeuge<br />

in der Postauslieferung mit extrem vielen Stopps und<br />

einer Einsatzzeit von rund zehn Stunden annähernd<br />

60 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


E-Mobil<br />

Ein Anblick, der jetzt immer öffer in den Dörfern<br />

und Städten des Allgäus zu sehen sein wird:<br />

Lieferfahrzeuge mit E-Antrieb<br />

Energiemodell als Entscheidungshilfe<br />

Damit Unternehmen herausfinden können, ob<br />

sich der Umstieg auf elektrische Nutzfahrzeuge lohnt,<br />

hat die Hochschule Kempten ein »Elektromobilitäts -<br />

coaching« entwickelt. Über einen Zeitraum von sechs<br />

Wochen werden die Fahrten mit vorhandenen konventionellen<br />

Fahrzeugen aufgezeichnet und damit die<br />

vorliegenden Mobilitätsanforderungen beschrieben.<br />

Die aufgezeichneten Fahrten werden dann mit virtuellen<br />

Modellen marktgängiger E-Autos simuliert und<br />

im Hinblick auf die erforderliche Reichweite, die geeignete<br />

Lade-Infrastruktur, die Kosten und die mögliche<br />

Einsparung von CO2 bewertet. Außerdem werden<br />

die Auslastung von Fahrzeugflotten und die Einbindung<br />

von E-Autos unter Beachtung der Ladezeiten<br />

betrachtet. Auf dieser Basis können interessierte Flottenbetreiber<br />

eine fundierte Entscheidung für oder<br />

gegen eine Elektrifizierung treffen.<br />

Erkenntnisse für morgen<br />

Die Elektromobilität wird in Zukunft noch an<br />

Bedeutung gewinnen und eine Kerntechnologie im<br />

nachhaltigen Lieferverkehr sein. Die stärkere Nutzung<br />

der Vernetzung wird die Technologie weiter aufwerten.<br />

Welche Themen bei der Weiterentwicklung besonders<br />

wichtig sind, hat das Projekt ebenfalls gezeigt.<br />

Dazu zählen die genaue Vorausplanung der Einsatzzeiten<br />

und Lieferstrecken, der zusätzliche Aufwand in<br />

der betrieblichen Flottenplanung, die Sensibilisierung<br />

für eine energiesparende Fahrweise und der Aufbau<br />

eines umfassenden Ökosystems aus technischer Zuverlässigkeit,<br />

betrieblicher Variabilität und externen<br />

Dienstleistungen wie der Lade-Infrastruktur und dem<br />

In der Halle des Projekt-<br />

Partners ABT in Kempten<br />

wurde das Spektrum der<br />

E-Mobilität gegenübergestellt<br />

das technische Niveau der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren<br />

erreicht – ein deutliches Indiz für deren<br />

Alltagstauglichkeit. Auch in den von der Hochschule<br />

durchgeführten Interviews mit den beteiligten<br />

Fahrern, Kunden und Kommunen schnitten die E-<br />

Fahrzeuge äußerst positiv ab. Hervorgehoben wurden<br />

die einfache Bedienung und der Aspekt des emissionsfreien<br />

Fahrens im Vergleich zur Abgas- und Geräuschentwicklung<br />

eines Verbrennungsmotors. Die Deutsche<br />

Post DHL Group lobte insbesondere die guten Fahreigenschaften<br />

der E-Fahrzeuge. In einer flächendeck -<br />

enden Befragung zeigten sich Handwerker als besonders<br />

interessierte Zielgruppe. Die aktuellen Reichweiten<br />

und Ladekapazitäten erfüllen bereits weitgehend<br />

die Anforderungen an einen betrieblichen Einsatz in<br />

Handwerksbetrieben.<br />

Fotos: Hochschule Kempten, ABT Sportsline<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

61


Trotz der vielen Stopps: Ein E-<br />

Moblil bewährt sich in der<br />

Postzustellung<br />

Service. Auch die Aufzeichnung, Analyse und Auswertung<br />

der Fahrzeug- und Bewegungsdaten in Verbindung<br />

mit drahtlosen Kommunikationsschnittstellen<br />

wird ein zentrales Thema sein. Nur so können die<br />

Batterien präzise auf den Energieverbrauch abgestimmt<br />

und die Kosten optimiert werden.<br />

Vorzüge besser kommunizieren<br />

Die größte Aufgabe dürfte jedoch darin liegen,<br />

die zukünftigen Nutzer-Zielgruppen stärker in den<br />

Entwicklungsprozess der Elektromobilität einzubinden<br />

und die Vorzüge klar zu kommunizieren. Dazu<br />

gehören zum Beispiel die Reduzierung der Emissionen<br />

am Arbeitsplatz und die positiven Auswirkungen auf<br />

die Umwelt. Erst dann wird die Akzeptanz steigen und<br />

die Bereitschaft zunehmen, auf die neue Technologie<br />

umzusteigen. Eine wichtige Erkenntnis hat das Projekt<br />

»E-Lieferungen im Allgäu« noch gebracht: Das Thema<br />

Elektromobilität muss immer von zwei Seiten her angegangen<br />

werden. Nicht nur die Technologie muss an<br />

die Verhaltensweisen der Nutzer angepasst werden –<br />

auch das Nutzerverhalten muss sich an die neue Technologie<br />

anpassen.<br />

Das Allgäu als Modellregion<br />

In der noch jungen Geschichte der Elektromobilität<br />

ist das Allgäu von Anfang an mit dabei. Bereits<br />

seit 2009 beschäftigt sich die Hochschule Kempten intensiv<br />

mit der innovativen und nachhaltigen Zukunftstechnologie<br />

– vor allem im Bereich der Informations-<br />

und Kommunikationstechnologie. »E-Lieferungen<br />

im Allgäu« ist das vierte große Projekt unter<br />

dem Dach der Marke »E-Mobilität Allgäu«. Diese soll<br />

in der Region die Elektromobilität im Sinne innovativer<br />

und nachhaltiger Zukunftstechnologie bündeln<br />

und fördern.<br />

Mehr Infos unter: www.schaufenster-elektromobilitaet.org<br />

und www.elektromobilitaet-verbindet.de<br />

62 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


E-Mobil<br />

In Echtzeit<br />

»Ladeatlas Bayern« gestartet<br />

Eine freie Ladesäule zu finden, ist eine der größten Herausforderungen für Fahrer<br />

von Elektromobilen. Die in einem Kooperationsprojekt der Bayern Innovativ GmbH<br />

mit dem Start-up CIRRANTiC GmbH entwickelte Web-App »Ladeatlas Bayern«<br />

schafft jetzt Abhilfe und zeigt auch Lademöglichkeiten im Oberland.<br />

Erfahrungen mit E-Mobilität:<br />

Staatsministerin Ilse Aigner<br />

überzeugte sich persönlich<br />

von der Funktionalität des<br />

»Ladeatlas Bayern«<br />

Foto: Bayern Innovativ<br />

Derzeit gibt es vor allem außerhalb der Ballungsräume<br />

noch zu wenige Ladesäulen für<br />

Elektroautos und insbesondere zu ungenaue<br />

Informationen über die vorzufindende Infrastruktur.<br />

Der »Ladeatlas Bayern« – entwickelt von dem Münchener<br />

Start-up CIRRANTiC in Kooperation mit Bayern<br />

Innovativ und mit Unterstützung des Bayerischen<br />

Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie<br />

und Technologie – bildet Bayerns Ladeinfrastruktur<br />

weitestgehend ab und bietet zuverlässige<br />

Standortinformationen in Echtzeit an.<br />

Zuverlässige Informationen<br />

»Die Verfügbarkeit von Ladestationen ist eine der<br />

zentralen Herausforderungen für den Erfolg der Elektromobilität.<br />

Wir haben im Ladeatlas Bayern bereits<br />

über 1000 Stationen erfasst, und das Angebot wird stetig<br />

weiterentwickelt. Die App zeigt aber nicht nur an,<br />

wo die nächste Station ist, sondern liefert auch weitere<br />

Informationen: Ist die Ladestation frei? Welcher Ste -<br />

cker ist verfügbar? Wie kann man bezahlen? Das ist<br />

bislang einzigartig«, so Staatsministerin Ilse Aigner,<br />

die sich bei einer Probefahrt persönlich von der Funktionalität<br />

des »Ladeatlas Bayern« informierte. Bereits<br />

zum Start der Web-App konnten alle mit roaming -<br />

fähigen Ladekarten oder Smartphone-Apps nutzbaren<br />

Ladestationen der Betreiber Allego, BELECTRIC,<br />

ebee, E.ON und RWE sowie kommunaler Stadtwerke<br />

wie AÜW (Allgäu), SWM (München) und SWI (Ingolstadt)<br />

integriert werden. Diese decken einen großen<br />

Teil des derzeitigen Angebotes ab. Dazu kommen<br />

Ladestationen relevanter Betreiber aus den Modell -<br />

regionen E-WALD, e-Gap, Bad Neustadt und Kempten<br />

bzw. aus den bayerischen Infrastrukturprojekten<br />

SLAM und CEGC. Angezeigt werden auch alle weiteren<br />

Angebote, sofern diese der CIRRANTiC GmbH<br />

gemeldet werden.<br />

Aktivitäten integrieren<br />

»Bayern Innovativ und CIRRANTiC gehen im<br />

Rahmen der Weiterentwicklung des Ladeatlasses aktiv<br />

auf Partner zu, um den koordinierten Aufbau von Ladelösungen<br />

voranzutreiben. Das Nutzerfeedback fließt<br />

dabei mit in die Planung ein. Der zukünftige Fokus<br />

liegt auf Interoperabilität und Zugänglichkeit der Lade -<br />

infrastruktur. Dies wird insbesondere durch die Einbindung<br />

von Roaming-Plattformen unterstützt«,<br />

blickt Dr. Johann Schwenk, Leiter Projektstelle Elektromobilität<br />

bei Bayern Innovativ, in die Zukunft. Insbesondere<br />

Gemeinden und Städte sind dazu aufgerufen,<br />

geplante Aktivitäten hinsichtlich Neuaufbau und<br />

Vernetzung parallel zur Umsetzung der Ladesäulenverordnung<br />

in den »Ladeatlas Bayern« zu integrieren.<br />

Auszug aus dem Journal »vernetzt«,<br />

Ausgabe 1/<strong>2016</strong>, der Bayern Innovativ GmbH<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

63


Pioniere<br />

Links: das Kalkwerk<br />

Hindelang im Jahre 1905.<br />

Mitte: das Werk 1957 mit<br />

dem neuen Kalkofen.<br />

Rechts: ein Blick auf das<br />

heutige Baumit-Gelände<br />

Mit Kalk ging es los<br />

Vom Gips-Steinbruch zum Baustoffspezialisten<br />

Es ist noch gar nicht so lange her, dass an der B 308 bei<br />

Reckenberg ein hoher Kalkbrennofen in Betrieb war – Aus -<br />

rufezeichen für ein europaweit tätiges Familienunternehmen.<br />

Bis heute ist das Kalkwerk Wachter – inzwischen Baumit<br />

GmbH – der größte Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler im<br />

Ostrachtal. Was mit einem Gips-Steinbruch in Bad Oberdorf<br />

begann, hat sich inzwischen zu einem europaweit agierenden<br />

Spezialisten für Putze, Dämmstoffe und Produkte für die<br />

Renovierung entwickelt.<br />

Pferde zogen die Loren einst aus dem Kalkstollen Liebenstein<br />

Im Gebiet des Wildbachtobels bei Oberdorf, unter<br />

dem Gsend, befand sich seit Vorväterzeiten ein<br />

Gips-Steinbruch, der zum Allgemeinbesitz der<br />

Ortsgemeinde Oberdorf gehörte. Anton Heinrich<br />

Mang, Besitzer des Gasthofs »Letzter Heller«, erwarb<br />

ihn im März 1848 und errichtete dort einen Gipsmühlenbetrieb.<br />

Der erzeugte Gips wurde per Fuhrwerk bis<br />

Kempten und Lindau geliefert. Wahrscheinlich wegen<br />

Rohstoffmangel und der schwierigen Gewinnung<br />

wurde das Werk in den 1860er-Jahren geschlossen.<br />

Mang erwarb ein Grundstück bei Liebenstein und errichtete<br />

darauf eine Zementfabrik, die 1872 von Martin<br />

Wachter erworben wurde, der damit die Nachfolge<br />

seiner Familie gründete. 1902 begann im Werk Liebenstein<br />

die Produktion von Baukalk.<br />

Der Rohstoff vor der Haustür<br />

Der Rohstoff wurde von der Ostrach geliefert, die<br />

am Werk vorbeifloss. In den frühen Jahren mussten<br />

Arbeiter das Geschiebe aus den Bergen per Schubkarre<br />

heranbringen. Später wurde es mit Loren zum Kalkofen<br />

gefahren. Darauf erfolgte die Verarbeitung im<br />

Werk, wobei es zerkleinert, bei ca. 900 Grad Celsius<br />

gebrannt und schließlich gelöscht wurde. Kalk benötigte<br />

man als Bindemittel bei Mörtel und für Innenwie<br />

Außenputz. Mit den vorzüglichen Eigenschaften<br />

des Liebensteiner »Wetterkalks«, der sich im rauen<br />

Allgäuer Wetter ausgezeichnet bewährte, schuf sich<br />

das Kalkwerk Wachter einen guten Namen. 1905 besaß<br />

das Werk einen der ersten Lastkraftwagen im<br />

Ostrachtal. Durch fortlaufende Modernisierungen der<br />

Anlagen setzte sich die Aufwärtsentwicklung des Betriebes<br />

fort. In den Jahren 1923 und 1928 traten die<br />

beiden Söhne Martin und Max Wachter in das Unternehmen<br />

ein. Jetzt wurde Kalk auch im Liebensteiner<br />

64<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Anton Wachter, Baumit und Thomas Niehörsster<br />

Steinbruch in Stollen abgebaut. Im Einsatz waren 1936<br />

Brecher, Quetscher und Kalksieder. Die beiden Weltkriege<br />

ebenso wie eine Reihe von Katastrophen wie<br />

Brände und Überschwemmungen durch die Ostrach<br />

bewirkten erhebliche Rückschläge. Fleiß, Zähigkeit<br />

und Erfindungsgabe ließen jedoch die Schwierigkeiten<br />

überwinden. 1938 übernahm eine wassergetriebene<br />

Kaplanturbine die eigene Stromerzeugung. Von 1939<br />

bis 1945 wurden französische Kriegsgefangene als Arbeiter<br />

im Werk eingesetzt, die sich nach eigenem Bekunden<br />

dort bestens aufgehoben fühlten.<br />

Wachstum durch neue Produkte<br />

Ende der 1960er-Jahre lieferte das Werk neben<br />

Baukalk Kalksteinmehl für den Straßenbau, Kies,<br />

Sand, Splitt für den Hoch- und Tiefbau, Bitumenmischgut<br />

für den Straßenbau und mehrere Sorten<br />

Düngekalk für die Landwirtschaft. Mit dem Bau eines<br />

modernen Kalkofens, dessen Silhouette von nun an<br />

den Blick auf das Werk bestimmte, wurde 1957 eine<br />

wichtige Ausbaustufe erreicht. Allein die Betonfundamente<br />

zu gießen, bedeutete einen gewaltigen Aufwand.<br />

1963 konnte das 100-jährige Bestehen gefeiert<br />

werden. 1964 wurde ein Kieswerk gebaut.<br />

Nach dem vorzeitigen Ableben des ältesten Sohnes<br />

Martin verstarb 1956 der Firmengründer Anton<br />

Wachter. Die Unternehmensführung übernahm die<br />

dritte Generation mit einem weiteren Anton Wachter<br />

als alleinigem, persönlich haftendem Gesellschafter<br />

der bayosan GmbH, anfänglich unterstützt von Max<br />

Wachter, einem weiteren Sohn des Gründers. Mit der<br />

von Anton Wachter II eingeleiteten Einführung der<br />

Fertigputzproduktion begann eine Umstrukturierung<br />

des gesamten Unternehmens. Mit diesem Schritt war<br />

Wachter ein Pionier bei der Modernisierung von Baustellen<br />

und legte damit den Grundstein für eine rasche<br />

Aufwärtsentwicklung des Unternehmens. Seit der Ein-<br />

Stromgewinnung vor Ort:<br />

Mit einer Kaplanturbine wird<br />

Energie aus der Wasserkraft<br />

erzeugt<br />

Unten: Anton Wachter sen.<br />

im Jahre 1935<br />

Einer der ersten Lastwagen im Ostrachtal im Einsatz<br />

Anton Wachter (geb. 1933)<br />

Vizepräsident der IHK-Regionalversammlung Kempten<br />

Oberallgäu (ab 1994) und Mitglied der IHK-<br />

Vollversammlung<br />

2002 Ehrenmitglied und Träger des Ehrenrings der IHK<br />

Unternehmervertreter bei der AOK Allgäu Süd von 1968<br />

bis 1974<br />

Gründungsmitglied Lions-Club Sonthofen<br />

2002 Goldmedaille für herausragende Leistungen in der<br />

europäischen Denkmalpflege<br />

Herausgeber des Buches »Schritte«, Hindelanger<br />

Heimatgeschichte für Schulabgänger<br />

Förderer des Heimatdienst Hindelang e.V.


Pioniere<br />

So sah es im Firmengelände<br />

im Jahre 1999 nach dem<br />

Pfingsthochwasser aus<br />

Baumit und Bayosan –<br />

Werbung auf den Speicher-<br />

Behältern<br />

Anne Charlotte und Anton<br />

Wachter freuen sich über viele<br />

langjährig treue Mitarbeiter<br />

führung der Fertigputzproduktion im Jahr 1969 stiegen<br />

die Umsätze von 2,1 Mio. DM auf 4,4 Mio. DM<br />

im Jahr 1979. Ein großer Vorteil war u.a., dass dank<br />

der Fertigputzproduktion fortan Mischfehler auf der<br />

Baustelle vermieden wurden.<br />

Jedem den eigenen Putz<br />

Putz wird im Neubau oder bei der Restaurierung<br />

von alten Gebäuden auf das Mauerwerk oder die Betonwände<br />

im Innen- wie Außenbereich aufgebracht. Er<br />

dient als Untergrund zum Streichen oder Tapezieren, reguliert<br />

die Raumfeuchte bei Innenputz, dient als Wärme-<br />

und Schalldämmung und schützt die Außenhaut<br />

eines Gebäudes vor Feuchtigkeit. Putz lässt sich strukturieren,<br />

bemalen und einfärben. Eine besondere Modifizierung<br />

der Produkte erlaubt heute den Auftrag auch<br />

auf schwierige Untergründe wie z.B. Sanierputz auf<br />

feuchtes Mauerwerk. Anton Wachters besondere Leis -<br />

tung war, den Transport der Fertigputze zu den Baustellen<br />

in werkseigenen Silos auf Spezialfahrzeugen in die<br />

Wege zu leiten und mithilfe angebauter Mische oder<br />

Pumpen Putz und Mörtel direkt in den Krankübel oder<br />

zur Spritzdüse vor die Wand zu transportieren..<br />

Für Bauherren machten sich die kürzeren Ausführungszeiträume<br />

und die höheren Quadratmeterleistungen<br />

der Verarbeiter bezahlt. Die modernen Produkte<br />

waren in allen Baubereichen einsetzbar, ob Einfamilienhaus,<br />

gewerblicher Bau oder Industriebau. Anton<br />

Wachter richtete ein gut ausgestattetes Entwicklungslabor<br />

ein, in dem er selber oft anzutreffen war.<br />

Die neuen Produkte, u.a. ein Therm-Dämm-Mauermörtel,<br />

kamen unter dem Namen maxit auf den Markt.<br />

Erfahrene Mitarbeiter und Nachhaltigkeit<br />

Der Mitarbeiterstamm setzte sich aus Menschen<br />

zusammen, die zu 40 Prozent zehn Jahre oder länger<br />

im Unternehmen waren. Dazu beitragen mag, dass die<br />

Mitarbeiter größtenteils aus der näheren Umgebung<br />

stammten. Zeitweilig waren bis zu 200 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Wie seine Vorgänger hatte auch Anton<br />

Wachter ein gutes Verhältnis zu ihnen und befüllte,<br />

wenn mal Not am Mann war, auch selber übers Wochenende<br />

den Kalkofen. Die Mechanisierung und Automatisierung<br />

brachte eine erhebliche Arbeitserleichterung<br />

für die Belegschaft.<br />

Die Lage des Werkes in einem Urlaubsgebiet erforderte<br />

besondere Maßnahmen hinsichtlich des Umweltschutzes.<br />

Entstaubungsanlagen zur Vermeidung<br />

von Staubemissionen und Klärbecken zur Vermeidung<br />

von Wasserverschmutzungen erforderten 25 – 30 Prozent<br />

bei Neuinvestitionen. Anton Wachter pflegte eine<br />

hervorragende Zusammenarbeit mit seinen Kunden<br />

und dem Baustoffhandel sowie seinem Außendienst.<br />

Nicht nur in der Erinnerung der Bevölkerung,<br />

sondern auch bei Anton Wachter und seiner Frau<br />

Anne ist das Pfingsthochwasser von 1999 geblieben,<br />

das im Werk großen Schaden anrichtete und das Betriebsgelände<br />

unter Wasser setzte. Es war die höchste<br />

Niederschlagsmenge seit 250 Jahren.<br />

Aus Bayosan wird Baumit<br />

Im Jahr 2003 wurde das Unternehmen Bayosan<br />

von der österreichischen Baumit-Gruppe übernommen<br />

und unter der Firmierung BaumitBayosan geführt. Mit<br />

dieser Doppel-Namensgebung wurden die Veränderungen<br />

der Besitzverhältnisse angezeigt, gleichzeitig<br />

aber durch das Weiterführen des Namens Bayosan die<br />

bekannte Marke genutzt. Am 1. Januar 2009 firmierte<br />

das Unternehmen dann endgültig um: Der bisherige<br />

Name änderte sich in Baumit GmbH. Der bekannte<br />

und bewährte Name Bayosan bleibt dabei als Produktmarke<br />

für den Sanierungsbereich erhalten.<br />

Quelle: Scholl, Ulrich, Aus der Geschichte des Ostrachtales,<br />

Marktgemeinde Hindelang, 1986, Archiv Anton Wachter<br />

1957 wurde der neue Kalkofen Liebenstein erbaut<br />

66<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


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Wasserkraft<br />

Neue Turbinen an der Iller<br />

Fische als Forschungsobjekte<br />

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, damit die Energiewende<br />

in Deutschland gelingt. Der Anteil der Wasserkraft stagniert seit Jahren. Jetzt wurde im Allgäu<br />

ein neues Wasserkraftwerk in Sulzberg/Au (Vorbericht in allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> 3/2015) in Betrieb<br />

genommen, das neue Standards bei Wirtschaftlichkeit und Fischverträglichkeit setzen soll.<br />

68


Die Turbinen im Gebäude hinten sind in Deutschland<br />

erstmals eingesetzt worden. In Kombiantion mit dem<br />

Schlauchwehr stellen sie eine »Weltneuheit« dar<br />

Die VLH-Turbine wird ins Wasser gelassen<br />

Binnen eines Jahres ist in Sulzberg/Au im Allgäu<br />

ein Wasserkraftwerk mit einer neuen<br />

Turbinentechnik gebaut worden. Die sogenannten<br />

Very-Low-Head-Turbinen (VLH) stellen in<br />

Kombination mit der variablen Stauzielregelung durch<br />

ein wassergefülltes Schlauchwehr eine Weltneuheit<br />

dar, so die Betreiber in einer Mitteilung. Seit Jahresbeginn<br />

<strong>2016</strong> liefern die zwei Turbinen mit einer Leistung<br />

von je 450 kW bereits Strom. Im April wurde<br />

AÜW-Geschäftsführer Michael<br />

Lucke erklärt der bayerischen<br />

Umweltministerin Ulrike Scharf<br />

die Funktionsweise des Werkes<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

69


Wasserkraft<br />

Fotos: Peter Elgaß, Martin Erd/AÜW, VLH<br />

Freute sich bei der Einweihung des Kraftwerkes über die<br />

innovativen Allgäuer Überlandwerke: Ministerin Ulrike Scharf<br />

Dankte allen Beteiligten für die Zusammenarbeit bei der<br />

Installation: AÜW-Geschäftsführer Michael Lucke<br />

die Anlage offiziell eingeweiht. Das Investitionsvolumen<br />

betrug den Angaben der Betrieber zufolge insgesamt<br />

8,7 Millionen Euro.<br />

Innovation am alten Standort<br />

Mit dem Ziel, eine bestehende Staustufe mit<br />

niedriger Fallhöhe wirtschaftlich für die Erzeugung<br />

von Strom aus Wasserkraft zu nutzen und gleichzeitig<br />

eines der fischverträglichsten Wasserkraftwerke zu<br />

bauen, gründeten die Allgäuer Überlandwerk GmbH<br />

(AÜW) und die Bayer. Landeskraftwerke GmbH<br />

(LaKW) die gemeinsame Gesellschaft Illerkraftwerk<br />

Au GmbH. Dieses Wasserkraftprojekt ist weltweit einmalig<br />

und hat Vorbildcharakter für eine gesicherte<br />

Energieerzeugung im Einklang mit Natur und Umwelt.<br />

Das Besondere an dem Wasserkraftwerk ist die<br />

erstmals in Deutschland eingesetzte Technologie der<br />

»Very Low Head-Turbine« in Kombination mit einer<br />

variablen Stauzielregelung durch ein wassergefülltes<br />

Schlauchwehr sowie einer Geschiebe- und Treibholzschleuse.<br />

Bei der Einweihung ging AÜW-Geschäftsführer<br />

Michael Lucke auf den historischen Standort ein:<br />

»Hinter mir, hier auf unserem AÜW-Betriebsgelände,<br />

befindet sich das Geburtshaus von Karl Böhm, dem<br />

Gründer des Allgäuer Überlandwerks. Sein Vater<br />

Adolf Böhm war es, der an dieser Wehranlage bereits<br />

im Jahr 1907 die Wasserkraft zur Energiegewinnung<br />

nutzte. In der Nachkriegszeit sanken die Strompreise,<br />

und somit wurde dieser Standort aufgrund der zu<br />

niedrigen Fallhöhe eher unwirtschaftlich. Das Kraftwerk<br />

wurde zurückgebaut. Heute, knapp 110 Jahre<br />

später, weihen wir an dieser Stelle ein neues Kraftwerk<br />

ein. Ein Kraftwerk, das aufgrund seiner Eigenschaften<br />

einen wirtschaftlichen Betrieb verspricht. Der Einsatz<br />

der VLH-Technologie ermöglicht an dieser Wehranlage<br />

nun wieder eine effiziente erzeugung Erneuerbarer<br />

Energie aus Wasserkraft.«<br />

Die Festgäste bei der<br />

Einweihung sehen von der<br />

Turbine nicht mehr viel – sie<br />

dreht sich langsam unter<br />

Wasser im Kanal<br />

70<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Am Auslaufkanal der Turbinen werden die Fische zur Beobachtung und Zählung mit Netzen abgefangen<br />

Nach dem Spatenstich im November 2014, dem<br />

Einhub der Turbinen im Oktober 2015 und der Fertigstellung<br />

des Schlauchwehrs im Dezember 2015 ging<br />

die Anlage zum Jahreswechsel in den Probebetrieb. In<br />

dessen Verlauf wurde die technische Steuerung der<br />

Turbinen und Maschinen mit der Steuerung des<br />

Schlauchwehrs abgestimmt. Das ist notwendig, damit<br />

die dynamische Stauzielregulierung funktioniert.<br />

Nachdem diese Technologie im Zusammenspiel mit<br />

einem variablen Schlauchwehr weltweit erstmalig zum<br />

Einsatz kommt, betrat man hier Neuland. Die Betreiber<br />

konnten auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen<br />

und somit den optimalen Betrieb nicht per Knopfdruck<br />

aufnehmen. Je nach Stauziel und Wasserführung<br />

füllt und legt sich das Wehr künftig vollautomatisch.<br />

Bei starker Wasserführung der Iller oder Hochwasser<br />

legt sich das Schlauchwehr flach, um Überschwemmungen<br />

zu vermeiden<br />

Ökologie als oberstes Ziel<br />

Im Rahmen ihrer Festrede betonte die bayerische<br />

Umweltministerin Ulrike Scharf, an diesem Standort<br />

Technische Daten<br />

Das VLH-Wasserkraftwerk wird mit zwei<br />

baugleichen Maschinensätzen betrieben.<br />

Turbinentyp: VLH (Very Low Head)<br />

Turbinenleistung: je 450 kW<br />

Nenndurchfluss: je 27 m³/s<br />

Laufraddurchmesser: 5000 mm<br />

Nettofallhöhe maximal: 2,32 m<br />

(minimal 1,40 m)<br />

Turbinendrehzahl: 15 - 20 Umdrehungen/min<br />

Generatortyp: Permanentmagnet-Generator<br />

sei ein Vorzeigeprojekt entstanden. Im Frühjahr 2015<br />

wurde ein umfangreiches Monitoringprogramm des<br />

Lehrstuhls für Aquatische Systembiologie der TU<br />

München begonnen, um die ökologischen Auswirkungen<br />

der Anlage im Vergleich mit dem Vorher-Zustand<br />

und mit herkömmlichen Wasserkraftanlagen zu<br />

untersuchen. Die Auswertung der Forschungsarbeit<br />

wird nach einer weiteren umfangreichen Versuchsreihe<br />

im Herbst 2017 erwartet.<br />

Drehzahl: wie Turbine (direktgekoppelt)<br />

Spannung: 500 V<br />

Kühlung: Wasserkühlung<br />

Jahresarbeit: ca. 3,9 Mio kWh,<br />

ca. 1100 Haushalte (3500 kWh/a)<br />

Fischaufstiegshilfe: Vertical-Slot-Pass<br />

Nenndurchfluss: 0,5 m³/s<br />

Wehranlage: zweifeldrige<br />

Schlauchwehranlage<br />

Länge/Höhe: 15 Meter/4 Meter<br />

sowie 62,4 Meter/2,55 Meter<br />

Alle Komponenten des<br />

Kraftwerkes werden in der<br />

Schaltzentrale überwacht<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

71


Wasserkraft<br />

Lindau<br />

Renaissance der Mühlen<br />

Im Landkreis Lindau wird schon seit Jahrzehnten die Kraft des Wassers genutzt –<br />

früher zum Mühlenbetrieb, heute zur Energiegewinnung. Die momentane Anzahl<br />

der Wasserkraftanlagen beläuft sich auf 13, doch in früheren Zeiten gab es<br />

wesentlich mehr. Dieses Frühjahr startete eine Untersuchung zur Reaktivierung<br />

und Erweiterung der Stromerzeugung aus Wasserkraft.<br />

Ein sich drehendes Mühlenrad<br />

sieht nicht nur schön aus, es ist<br />

auch nützlich<br />

Fotos: Josef Gartner, Landkreis Lindau<br />

In vergangenen Zeiten gab es zahlreiche Standorte<br />

im Landkreis Lindau, an denen sich Klein-Wasserkraftwerke<br />

befanden. Davon zeugen nicht nur<br />

etliche Straßennamen, sondern auch die vielen aufgelassenen<br />

Wasserkraftanlagen und brachliegenden<br />

Mühlen an den Fluss- und Bachläufen. Im Laufe der<br />

Jahre wurden diese aus ökonomischen Gründen aufgegeben,<br />

sich selbst überlassen oder sogar abgerissen.<br />

Reaktivierung alter Standorte<br />

Nun läuft in Lindau eine Untersuchung, mit der<br />

ermittelt werden soll, welche Standorte zur Stromerzeugung<br />

aus Wasserkraft reaktiviert und erweitert<br />

werden können. Die Vorbereitungen begannen bereits<br />

2014 und stehen in enger Verbindung mit dem Kreisklimaschutzprojekt<br />

des Landkreises. Die Untersuchung<br />

ist ein Schritt des dort aufgeführten Projektes<br />

Nummer 13 »Reaktivierung und Erweiterung der<br />

Stromerzeugung aus Wasserkraft«, das das Ziel hat, die<br />

Stromerzeugung durch Wasserkraft zu erhöhen. Jedoch<br />

ist das Potenzial im Landkreis fast ausgeschöpft,<br />

und auch die Reaktivierung alter Standorte wird nicht<br />

viele Kilowattstunden einbringen.<br />

Wasserkraft positiv besetzen<br />

Warum also der ganze Aufwand? Die Wasserkraftnutzung<br />

zählt zu den ältesten und umweltfreundlichs -<br />

ten Formen der Energiegewinnung. Die Bevölkerung<br />

hat oft eine emotionale Beziehung zu ihr und besetzt<br />

sie häufig sehr positiv. Doch gerade in den letzten Jahren<br />

wurde die Wasserkraft von vielen schlecht gemacht<br />

– als Fischhäcksler-Anlage verschrien, steht Energiegewinnung<br />

mit der Kraft des Wassers nun des Öfteren in<br />

einem sehr fragwürdigen Licht dar.<br />

Natürlich ist jedem bekannt, dass Wasserkraft einen<br />

Eingriff in die Natur bedeutet, doch es sollte nicht<br />

vergessen werden, dass sie auch dazu beigetragen hat,<br />

den Wohlstand unserer Gesellschaft zu mehren. In früheren<br />

Zeiten war sie schließlich die einzige externe<br />

Quelle zur Energiegewinnung.<br />

Ästhetik und Nutzen<br />

Die Untersuchung soll nun dazu beitragen, das<br />

positive Image der Wasserkraft zu stärken, und den<br />

72 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Früher gab es an Flüssen und Bächen mehrere Klein-Wasserkraftanlagen – diese sollen nun<br />

reaktiviert und erweitert werden. Die Wasserkraftanlage in Flossing, Oberbayern, von Josef<br />

Gartner kann als Vorbild angesehen werden<br />

Ziel des Projektes ist es auch, die Wasserkraft wieder in ein<br />

besseres Licht zu rücken und zu zeigen, dass sie eine der<br />

umweltfreundlichsten Methoden der Energiegewinnung ist<br />

Menschen soll gezeigt werden, was Wasserkraft kann<br />

und bedeutet. Steffen Riedel, Klimaschutzmanager des<br />

Landkreises Lindau, ist der Meinung, dass Ästhetik<br />

und industrieller Nutzen nicht im Widerspruch stehen<br />

– ein sich drehendes Mühlenrad sieht gut aus und ist<br />

nützlich. Ab März dieses Jahres waren Mitarbeiter des<br />

Fördervereins für erneuerbare Energien im Landkreis<br />

Lindau unterwegs und nahmen mithilfe eines Erfassungsbogens<br />

mögliche Standorte auf, bei denen es sich<br />

lohnen würde, sie zu reaktivieren oder zu erweitern.<br />

Dabei kam heraus, dass es ungefähr 100 potenzielle<br />

Standorte gibt, die zu untersuchen sind. Dies wird in<br />

den folgenden Monaten der Dipl.-Ing Josef Dennenmoser<br />

aus Leutkirch übernehmen.<br />

Vor allem die Reaktivierung alter Mühlen ist ein<br />

gesetztes Ziel, denn wenn sich die Mühlenräder wieder<br />

drehen, dann hat dies einen doppelten Nutzen.<br />

Erstens kann Energie erzeugt werden, wenn auch<br />

nicht sehr viel, und zweitens stellen sie dann eine touristische<br />

Aufwertung dar, beispielsweise für die Westallgäuer<br />

Wasserwege.<br />

Die große Hoffnung ist, dass Privatleute und Besitzer<br />

von Mühlen eigenes Geld in die Hand nehmen<br />

und mit viel Herz die alten Bauwerke sanieren. Steffen<br />

Riedel weiß selber, dass der Aufwand in keinem Verhältnis<br />

zum wirtschaftlichen Nutzen steht. Doch darum<br />

geht es ihm nicht vorrangig. Ihm ist es wichtig, die<br />

Wasserkraft wieder in ein gutes Licht zu rücken und<br />

die alten Mühlen zur Schau zu stellen. Damit geht der<br />

Klimaschutzmanager die Thematik einmal ganz anders<br />

an – es geht nicht um den Profit, sondern um die<br />

Liebe zur Wasserkraft.<br />

(cs)<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

73


Wasserkraft<br />

Der Horizontalrechen am<br />

Kanaleingang bewahrt die<br />

Fische davor, in den Kanal<br />

zu schwimmen<br />

Wangen<br />

Eine Stadt investiert in Anlagen<br />

Die Stadt Wangen im Allgäu ist aus der Tradition heraus eng mit der Wasserkraft<br />

verbunden. Bereits im Mittelalter wurde das kühle Nass in Mühlen, Stampfen,<br />

Sägen und Schmieden intensiv genutzt. An der Argen existieren bis heute mehrere<br />

Wasserkraftwerke, und drei von ihnen sind Eigentum der Stadt. Darüber<br />

hinaus wurde noch ein neues gebaut.<br />

Bereits seit langer Zeit spielt die Wasserkraft in<br />

der Stadt Wangen im Allgäu eine große und<br />

wichtige Rolle, doch das, was in den letzten<br />

Jahren dort geschehen ist, hat so wohl niemand erwartet,<br />

es ist vielleicht einzigartig in Deutschland. Im Jahr<br />

2009 kaufte die Stadt Wangen das Wasserkraftwerk T<br />

8 auf dem ehemaligen Gelände der ERBA-Spinnerei.<br />

Diese musste 1992 nach rund 130 Jahren den Betrieb<br />

einstellen, doch das werkseigene Wasserkraftwerk lief<br />

weiter. Der Erwerb des Kraftwerkes war dann Auslöser<br />

für die Gründung des Eigenbetriebes Stadtwerke, der<br />

in den Jahren 2013 und 2014 das Kraftwerk modernisierte.<br />

Im Zuge dessen wurde die alte Technik von<br />

1948 durch moderne und effiziente ersetzt. Es folgte<br />

der Einbau einer neuen doppeltgeregelten, Kaplan-<br />

Turbine in den alten Wellenschacht. Des Weiteren<br />

wurde ein permanentmagnet-erregter Generator installiert,<br />

der fast 98 Prozent Wirkungsgrad bringt und<br />

dabei vergleichsweise leise vor sich hin arbeitet. Die<br />

alten Maschinenteile des Werkes sollen erhalten bleiben<br />

und spätestens zur Landesgartenschau 2024 ausgestellt<br />

werden. Dazu soll über der neuen Technik im<br />

Untergeschoss ein Glasboden eingelassen werden, auf<br />

dem dann Teile der alten Turbine stehen werden. So<br />

können Besucher die alte und neue Technik auf einen<br />

Blick erfassen.<br />

Keine Gefahr für Fische<br />

Brachte das Wasserkraftwerk vor der Modernisierung<br />

etwa 1,0 bis 1,8 Millionen Kilowattstunden pro<br />

Jahr, sind es danach rechnerisch mindestens 1,7 Millionen.<br />

Beachtlich ist das Nutzgefälle des Kraftwerkes<br />

von fast zehn Metern. Der aufmerksame Leser wird<br />

sich nun fragen, wie Fische das Gefälle überwinden<br />

sollen beziehungsweise, wie es mit der ökologischen<br />

Durchgängigkeit aussieht. Die Antwort darauf ist<br />

ziemlich simpel: Niemand muss sich um die kleinen<br />

Flussbewohner sorgen, denn die kommen gar nicht<br />

erst in die Nähe des Wasserkraftwerkes. Das T 8 wird<br />

durch einen Kanal mit Wasser versorgt, der sich von<br />

der Argeninsel bis nach Niederwangen erstreckt. Am<br />

Ausleitungswehr, auch Argenwehr genannt, entstand<br />

ein im Vorgriff auf die 2024 in Wangen stattfindende<br />

Landesgartenschau sehr großzügig gestaltetes Umgehungsgewässer<br />

für Fische. Durch einen Horizontalrechen<br />

am Kanaleinlauf werden die Fische gleich umge-<br />

74 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Der Kanal wurde 1863 in<br />

Handarbeit gebaut und reicht<br />

vom Argenwehr in der Stadt<br />

bis nach Niederwangen<br />

Links: Die alten Maschinenteile<br />

vom Wasserkraftwerk T 8 sol len<br />

erhalten und ausgestellt werden<br />

Der Kanal, der T 8 mit Wasser<br />

versorgt, ist stellenweise noch<br />

nicht modernisiert<br />

leitet in den Fischpass. Das bewahrt sie davor, in den<br />

Kanal zu schwimmen und somit in Richtung des Wasserkraftwerkes<br />

in der ehemaligen Spinnerei. Stattdessen<br />

bewegen sie sich nun um das Wehr und das neue<br />

Mindestwasserkraftwerk T 8a herum und verbleiben<br />

dabei stets in der Argen. Das Umgehungsgewässer<br />

und das neue Kraftwerk an der Oberen Argen sorgen<br />

für die ökologische Durchlässigkeit. Fertiggestellt wurden<br />

beide im Sommer 2014, und seitdem werden dort<br />

das ganze Jahr über immer mindestens 800 Liter Wasser<br />

pro Sekunde in die vorher oft trockengefallene<br />

Ausleitungsstrecke unterhalb des Wehres abgegeben.<br />

Erwartungen übertroffen<br />

Parallel dazu wird das Argenwasser in das kleine<br />

Krafthaus umgelenkt, wo es knapp vier Meter fällt<br />

und so die dortige Turbine antreiben kann. Bei dieser<br />

handelt es sich ebenfalls um eine doppeltgeregelte Kaplan-Turbine;<br />

außerdem wurde ein Asynchrongenerator<br />

mit Riemenantrieb verbaut. Die errechnete<br />

Stromerzeugungsmenge des Mindestwasserkraftwerkes<br />

beträgt 200.000 Kilowattstunden pro Jahr, doch<br />

schon in den ersten Probetagen im Jahr 2014 zeigte<br />

sich, dass dieser prognostizierte Wert vermutlich<br />

überschritten werden kann.<br />

Führt die Argen mehr Wasser als die 800 Liter<br />

pro Sekunde, die im Fluss verbleiben sollen, so fließt<br />

der Überschuss in den Kanal Richtung ehemalige<br />

ERBA-Spinnerei. Beide Anlagen produzieren pro Jahr<br />

also etwa 1,9 Millionen Kilowattstunden Strom und<br />

somit trotz Mindestwasserabgabe um einiges mehr<br />

als die alte Anlage. Damit können eine Reihe kommunaler<br />

Liegenschaften versorgt werden wie etwa die<br />

Schulen und Sporthallen in der näheren Umgebung<br />

oder ein Pflegeheim. Der Triebwerkskanal wurde partiell<br />

schon saniert und erhielt ab dem Kanaleinlauf<br />

am Argenwehr neue Wände. Weiter kanalabwärts soll<br />

eine Sanierung noch stattfinden.<br />

Weiterer Meilenstein<br />

Neben den Wasserkraftwerken T 8 und T 8a gehören<br />

den Stadtwerken auch noch Kraftwerke in Niederwangen<br />

(T 9) und weiter flussaufwärts an der alten<br />

Ausrüstung in Wangen (T 4). Der Kauf des Werkes in<br />

Niederwangen ging einher mit der ökologischen Modernisierung<br />

des T 8. Für die Stadtwerke ist es ein gro-<br />

Fotos: Dominik Ultes<br />

Der Rechen vom Wasserkraft -<br />

werk T 8 ist zwar alt, erfüllt aber<br />

noch seinen Zweck<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

75


Wasserkraft<br />

Das neue Mindestwasserkraftwerk an der<br />

Argen wurde 2014 in Betrieb genommen<br />

Dank des Fischpasses sind die<br />

Flussbewohner in Sicherheit und<br />

verbleiben stets in der Argen<br />

ßer Vorteil, Eigentümer des Werkes T 9 zu sein, denn<br />

bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrages wäre die<br />

Rechtslage schwierig gewesen. Dadurch, dass mittlerweile<br />

weniger Wasser durch den Kanal fließt, da eine<br />

gewisse Menge in der Argen verbleibt, erbringt die<br />

Turbine des Kraftwerkes in Niederwangen weniger<br />

Energieertrag. Der Vorbesitzer hätte zum Ausgleich<br />

kräftig investieren müssen, und somit war es für ihn<br />

eine Frage der Wirtschaftlichkeit, das Kraftwerk zu<br />

verkaufen. Durch den Erwerb Mitte 2013 setzen die<br />

Stadtwerke einen weiteren Meilenstein auf dem Weg<br />

zur Eigenversorgung mit Strom aus Wasserkraft. Die<br />

Technik des Wasserkraftwerkes in Niederwangen war<br />

ebenfalls ein wenig in die Jahre gekommen, denn die<br />

einfachgeregelte Kaplan-Turbine mit Generator<br />

stammt noch aus dem Jahr 1948. Ein Jahr nach Kauf<br />

wurde das Kraftwerk modernisiert – es wurde eine<br />

neue Hydraulik eingebaut und die Steuerung auf den<br />

neuesten Stand gebracht. Damit wurde das Kraftwerk<br />

nicht nur wieder betriebssicher gemacht, sondern es<br />

erzeugt nun auch wieder ungefähr 500.000 Kilowattstunden<br />

pro Jahr trotz der Mindestwasserabgabe am<br />

Wehr. Eine komplette Sanierung ist in den nächsten<br />

Jahren vorgesehen.<br />

Reaktivierung von Wasserkraft<br />

Ebenfalls saniert und reaktiviert werden soll das<br />

Wasserkraftwerk T 4 in der ehemaligen ERBA-Ausrüs -<br />

tung in Sigmanns/Epplings. Dieses liegt seit dem<br />

Pfingsthochwasser 1999 und einem damit verbundenen<br />

Schaden am Aquädukt des Triebwerkskanals still. Im<br />

Jahr 2012 erwarben die Stadtwerke das Wasserkraftwerk<br />

mit dem Plan, es zu reaktivieren. Dafür müssen<br />

größere Modernisierungsarbeiten vorgenommen werden<br />

wie etwa die Ertüchtigung des Einlaufbauwerkes,<br />

ein Neubau der Argenquerung und des Krafthauses mit<br />

Turbine sowie die Erneuerung des Kanals. Außerdem<br />

muss die ökologische Durchgängigkeit am Epplingser<br />

Wehr hergestellt werden, was durch den Bau eines naturnahen<br />

Umgehungsgewässers geschehen soll.<br />

Die eingebauten Francis-Turbinen aus dem Jahr<br />

1918 hatten früher eine Jahresstromerzeugung von 0,6<br />

bis 1 Million Kilowattstunden. Nach der Modernisierung<br />

sollen sie rund 1,7 Millionen Kilowattstunden pro<br />

Jahr produzieren. Wenn alles wie geplant verläuft, sollen<br />

die Arbeiten bis Ende 2017 beendet werden. Ist dies geschehen,<br />

werden die insgesamt vier Werke pro Jahr ungefähr<br />

4,2 Millionen Kilowattstunden Strom aus heimischer<br />

Wasserkraft liefern.<br />

(cs)<br />

76 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Selbstversorger<br />

Test im Inselnetz<br />

Wildpoldsried klemmt sich ab<br />

Eine Gemeinde getrennt vom Verbundnetz: Für die Einwohner von Wildpoldsried ist<br />

das ein weiterer Schritt zum Erfolg ihres Projektes – und damit auch zum Erfolg des<br />

Forschungsvorhabens IREN2. Denn der Pionier-Ort hat das erklärte Ziel, seine komplette<br />

Energieversorgung selbst zu übernehmen.<br />

Forscher der Hochschule Kempten und der<br />

RWTH Aachen, des Netzbetreibers Allgäu-<br />

Netz sowie der Industriepartner Siemens und<br />

ID.KOM stehen jetzt mit dem Einbau einer Umrichterkopplung<br />

vor dem Abschluss der ersten Stufe zum<br />

Test eines Inselnetzes. Im bestehenden Stromnetz von<br />

Wildpoldsried finden sich zur Energieerzeugung vor<br />

allem Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Doch<br />

auch, wenn die erneuerbaren Energien schon jetzt<br />

jährlich die 4,5-fache Menge des benötigten Stroms<br />

produzieren: Der Ort bezieht zeitlich gesehen an 60<br />

Prozent des Jahres Energie aus dem Verbundnetz. Ein<br />

stabiles, eigenständiges Inselnetz muss jedoch jederzeit<br />

die benötigte Energie bereitstellen. Darum muss<br />

einerseits bei starkem Wind und Sonnenschein der<br />

Überschuss gespeichert und bedarfsgerecht zur Verfügung<br />

gestellt werden. Auf der anderen Seite müssen<br />

die Anlagen auch Systemdienstleistungen erfüllen.<br />

Um ein Inselnetz zu testen, greifen die Ingenieure<br />

auf eine erweiterte Batterie des Vorgängerprojektes<br />

IRENE zurück. Der 16 Tonnen schwere Energiespeicher<br />

mit den Maßen eines Überseecontainers dient<br />

dazu, Lasten auszugleichen und das Netz zu stabilisieren.<br />

Er besitzt eine Leistung von 300 kVA und kann in<br />

allen vier Quadranten betrieben werden. Durch diese<br />

flexible Betriebsweise kann sowohl Blind- als auch<br />

Wirkleistung aufgenommen und abgegeben werden.<br />

Des Weiteren kann die Batterie als Netzbildner zur Sicherstellung<br />

einer stabilen Frequenz und Spannung<br />

eingesetzt werden.<br />

78<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Bernhard Rindt von<br />

egrid Application&<br />

Consulting GmbH in<br />

Kempten wirft einen Blick<br />

in die Ortsnetzstation<br />

Andreas Armstorfer von<br />

der Hochschule Kempten<br />

erklärt den Batteriespeicher<br />

Zur Überprüfung der Regelung des Netzbildners<br />

wurde zudem eine ohmsche Last mit 150 kW installiert,<br />

die sowohl symmetrische als auch unsymmetrische<br />

Belastungen erzeugen kann. Als nächstes installierten<br />

die Projektpartner zwei Generatoren, von denen<br />

einer mit Pflanzenöl betrieben wird.<br />

Neue Umrichterkopplung wird installiert<br />

»Um das Ganze noch weiter auszureizen und zu<br />

testen, wird eine Gleichstromkurzkupplung mit 500<br />

kVA installiert, die direkt in das Inselnetz einspeist«,<br />

erklärt Andreas Armstorfer von der Hochschule<br />

Kempten. Dabei handelt es sich um eine inverterbasierte<br />

Kopplung zwischen dem Verbundnetz und dem<br />

zu testenden Inselnetz. Mit dem Konverter bringen die<br />

Ingenieure dann bewusst Störgrößen in das Inselnetz<br />

ein, um beispielsweise steuerbare Photovoltaikanlagen<br />

nachzubilden. Zudem kann die Umrichterkopplung<br />

als »virtueller Speicher« mit nahezu unendlicher Kapazität<br />

eingesetzt werden. Die Energie dazu bezieht sie<br />

aus dem Verbundnetz.<br />

Testabläufe in mehreren Stufen<br />

Um die Stabilität des Microgrids zu testen, bringen<br />

die Entwickler gezielt symmetrische und unsymmetrische<br />

Lastsprünge in das Netz ein. Dazu nutzen<br />

sie die Umrichterkopplung und den ohmschen Verbraucher.<br />

Weiterhin ist es wichtig, das Inselnetz wieder<br />

mit dem Verbundnetz synchronisieren zu können. Im<br />

letzten Schritt soll gezeigt werden, dass das Inselnetz<br />

Fotos: Andreas Michels/BINE Informationsdienst, Peter Elgaß<br />

mit den gewählten Komponenten und Regelungen<br />

schwarzstartfähig ist – also nach einem Stromausfall<br />

selbstständig wieder den Betrieb aufnehmen kann.<br />

Getrennt vom Rest Europas<br />

Die ersten Versuche fanden bereits in einem isolierten<br />

Testgebiet statt. Als nächstes sollen einige Verbraucher<br />

einbezogen werden, ehe im letzten Schritt<br />

das gesamte Ortsnetz »Wildpoldsried Salzstraße« für<br />

den Test zur Verfügung steht. In diesem letzten Projektschritt<br />

werden die Haushalte der Anwohner eben-<br />

Der Wildpoldsrieder<br />

Batterie speicher am Bahn -<br />

damm bei der Einweihung


Selbstversorger<br />

BINE Informationsdienst –<br />

Energieforschung für die Praxis<br />

Die Informationen in diesem Bericht stam men<br />

vom BINE Informationsdienst. BINE be richtet<br />

über Themen der Energieforschung: neue<br />

Materialien, Systeme und Komponen ten,<br />

innovative Konzepte und Methoden. BINE-Leser<br />

werden so über Erfahrungen beim Ein satz neuer<br />

Technologien in der Praxis infor miert. Denn<br />

erstklassige Informationen sind die Grundlage<br />

für richtungsweisende Ent scheidungen, sei es<br />

bei der Planung ener getisch optimierter<br />

Gebäude, der Effizienz steigerung industrieller<br />

Prozesse oder bei der Integration erneuer -<br />

barer Energien in bestehende Systeme. BINE<br />

Informations dienst ist ein Service von FIZ<br />

Karlsruhe und wird gefördert vom Bundes -<br />

ministerium für Wirtschaft und Energie.<br />

Weitere Informationen unter www.bine.info<br />

falls vom Inselnetz versorgt. Wenn der Plan aufgeht,<br />

kann die gesamte Stromversorgung in Wildpoldsried<br />

dann autark vom europäischen Verbundnetz erfolgen.<br />

Den Einwohnern wird es gefallen – ist das doch ein<br />

weiterer Schritt zum Gelingen ihres Projektes.<br />

Simulation mit Microgrids<br />

Das Ziel des Forschungsprojektes IREN2 ist es, ein<br />

neues Regelungssystem für Microgrids zu entwickeln.<br />

Das ist notwendig, um die stetig wachsende Menge<br />

von regenerativ erzeugtem Strom unter den Anforderungen<br />

an die Netzbetriebsführung zu integrieren. Ein<br />

Schwerpunkt im Projekt neben der Entwicklung der<br />

Regelung ist die Einsatzplanung. Mit Simulationen untersuchen<br />

die Forscher Grenzen für Systemdienstleistungen,<br />

die ein topologisches Kraftwerk in die<br />

Netzbetriebsführung einbringen kann.<br />

Den Netzaufbau von unten angehen<br />

Kennzeichnend für Microgrids ist die Möglichkeit,<br />

zeitweise als elektrische Insel zu agieren. Das ist zum<br />

Beispiel dann vorteilhaft, wenn das überlagerte Netz einen<br />

Fehlerfall aufweist. Microgrids können in diesem<br />

Fall eigenständig betrieben werden und ihr Gebiet weiterhin<br />

mit elektrischer Energie versorgen. Im Rahmen<br />

des Forschungsvorhabens untersuchen die Ingenieure<br />

zudem die Möglichkeit, einen Netzaufbau »von unten«<br />

zu realisieren. Konkret bedeutet das, dass Microgrids<br />

selbstständig angefahren werden können, bevor sie an<br />

das Verbundnetz angeschlossen werden. Nach einer Simulation<br />

des stationären und dynamischen Betriebsverhaltens<br />

wollen die Entwickler um Projektleiter Dr.<br />

Michael Metzger die Verifizierung der theoretischen Ergebnisse<br />

in einem realen Netz vornehmen.<br />

Projekt erfolgreich gestartet<br />

Bereits zum Projektstart haben die Verantwortlichen<br />

eine Auftaktveranstaltung durchgeführt und die<br />

Bürger aus Wildpoldsried über ihr Vorhaben informiert.<br />

So konnten sie die Anwohner zur Mitarbeit ermutigen.<br />

Außerdem haben bereits im Jahr 2014 die Arbeiten<br />

an einem Microgrid in Wildpoldsried begonnen.<br />

Die Projektpartner haben in ihren ersten Schritten sowohl<br />

hardwareseitig als auch softwareseitig die notwendigen<br />

Materialien und Programme beschafft. Anschließend<br />

haben sie eine erste Modellierung und Simulation<br />

der einzelnen Komponenten begonnen.<br />

Grundsätzlich sind topologische Kraftwerke in Größenordnungen<br />

konventioneller Kraftwerke denkbar,<br />

in der Machbarkeitsstudie des Projektes IREN2 behandeln<br />

die Ingenieure allerdings zunächst ein Umspannwerk<br />

auf der 110-kV-Ebene.<br />

Erneuerbare in topologischen E-Werken<br />

Topologische Kraftwerke werden für die Netzbetriebsführung<br />

die Möglichkeit schaffen, die Systemstabilität<br />

mit weniger konventionellen Kraftwerken am<br />

Windpapst Wendelin Einsiedler<br />

erklärt, wie in Wildpoldsried<br />

Strom gemacht wird.<br />

Bei der Installation von »IRENE«<br />

durften viele den Startknopf<br />

drücken und die Speicher ein -<br />

heiten besichtigen<br />

80 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeige<br />

Netz sicherzustellen. Damit sie dieses leisten können,<br />

müssen einige Herausforderungen bewältigt werden:<br />

• Wie lassen sich viele dezentrale Erzeuger so koordinieren<br />

und ihre Einspeisung vorhersagen, dass sie<br />

einen signifikanten Beitrag zur Frequenz- und Spannungsregelung<br />

im Übertragungsnetz leisten können?<br />

• Wie lassen sich eventuell entstehende Engpässe<br />

im Verteilungsnetz vorhersagen und entsprechend berücksichtigen?<br />

• Wie lässt sich die von den dezentralen Erzeugern<br />

bereitstellbare Kurzschlussleistung überwachen<br />

und kommunizieren?<br />

Inwieweit die beschriebenen Systemdienstleis -<br />

tungen von topologischen Kraftwerken erbracht werden<br />

können und welche Schwierigkeiten hierbei auftreten<br />

können, ist Gegenstand des Forschungsprojekts.<br />

Die Meilensteine des Projektes<br />

Ein Vorteil des Projektes ist die Möglichkeit, die<br />

im Untersuchungsgebiet installierten elektrischen Komponenten<br />

und Regelungstechnik nach der Projektlaufzeit<br />

für weitere Untersuchungen verwenden zu können.<br />

Neben den Industriepartnern Siemens AG, Allgäuer<br />

Überlandwerk GmbH und IDKOM Networks GmbH<br />

begleiten die RWTH Aachen und die Hochschule<br />

Kempten das Projekt wissenschaftlich. Sie sind unter<br />

anderem für die mathematische Modellbildung, Simulation<br />

und Optimierung der Regelung des Microgrids<br />

zuständig. Weiterhin befassen sich die Hochschulpartner<br />

mit der Funktionsweise und dem Einsatz eines topologischen<br />

Kraftwerks sowie dem Aufbau, der Inbetriebnahme<br />

und den Tests des realen Microgrids.<br />

Zusätzlich zu den Projektpartnern ist der zuständige<br />

Übertragungsnetzbetreiber Amprion in das Forschungsvorhaben<br />

eingebunden.<br />

Besichtigung<br />

der Speicher-<br />

Einheiten im<br />

Batterie-<br />

Container<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

81


Medienversorgung<br />

Gas und Glas<br />

Einmal graben, zweimal gewinnen<br />

Mitglieder des Kinderparla ments<br />

Tussenhausen, Helmut Kaumeier,<br />

Projektleiter gas&glas Erdgas<br />

Schwaben, stellv. Landrätin<br />

Marlene Preißinger, Unterallgäu,<br />

Franz-Josef Pschierer, Staats -<br />

sekretär, Johannes Ruf, Erster<br />

Bürgermeister Tussenhaus en,<br />

Klaus-Peter Dietmayer, der<br />

Geschäftsfüherer von Erdgas<br />

Schwaben, beim Spatenstich<br />

Tussenhausen bei Mindelheim hat knapp 3000 Einwohner. Bisher heizten<br />

die Einwohner des Ortes ihre Häuser wie in den meisten Allgäuer Orten:<br />

mit Öl und Holz. Das soll nun anders werden, denn Anfang Juni fiel der<br />

Startschuss für die Verlegung eines Gasnetzes durch die Erdgas-Schwaben-<br />

Tochter »Schwaben-Netz«.<br />

das Logo für gas & glas:<br />

Zu Hause in der Welt –<br />

daheim in Tussenhausen<br />

Zunächst einmal nicht besonders erwähnenswert,<br />

möchte man meinen. Denn Erdgas<br />

Schwaben versorgt 190 Kommunen im Allgäu<br />

und in Schwaben mit Erdgas. Trotzdem ist die Gemeinde<br />

Tussenhausen eine Ausnahme. Die Region ist<br />

so ländlich strukturiert, dass sich ein eigenes Gasnetz<br />

eigentlich gar nicht rechnet. Dass trotzdem Anfang<br />

Juni der Startschuss für die Gasversorgung fiel, hat zwei<br />

Gründe, wie Erdgas-Schwaben-Geschäftsführer Klaus-<br />

Peter Dietmayer beim Spatenstich betonte: »Erstens,<br />

dass über 70 Prozent der Hausbesitzer einen Antrag auf<br />

Anschluss gestellt haben; eine so hohe Beteiligung hat<br />

es bisher noch nirgendwo gegeben – zweitens, weil wir<br />

zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können – nämlich<br />

mit kostengünstigem und klimaschonendem Erdgas<br />

heizen und schnelles Internet nutzen.« Gas und<br />

Glas lauten die Schlagwörter, denn die Tiefbaukosten,<br />

die in der Regel den Löwenanteil der Kosten ausmachen,<br />

fallen durch die gemeinsame Verlegung von Erdgas-<br />

und Breitbandnetz nur einmal an. Alle drei<br />

Ortsteile, also Tussenhausen, Zaisertshofen und Mattsies,<br />

bekommen ein Erdgas-Leitungsnetz in allen Straßen.<br />

Damit einher geht erstmalig die Verlegung eines<br />

Leerrohrnetzes für schnelles Internet via Glasfaser in<br />

jedes Gebäude. Dieses Rohrnetz wird nach Fertigstellung<br />

an einen Telekommunikationsprovider vermietet.<br />

82<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeige<br />

Fotos: Erdgas Schwaben<br />

Bürgermeister Johannes Ruf und Valentin Leinsle vom<br />

Kinderparlament. Sein Kommentar zu gas & glas: »Ist gut<br />

für die Eltern. Und ist gut für die Kinder. Damit das Internet<br />

so schnell wird wie in der Stadt.«<br />

In der aktuellen Planung wird von einer Gesamtbauzeit<br />

von zwei bis drei Jahren ausgegangen. Sieben Millionen<br />

Euro verbuddelt Erdgas Schwaben in diesem Zeitraum.<br />

17 Millionen Euro an Folgeinvestitionen löse dieses<br />

Projekt z. B. bei Heizungsbauern und Installateuren<br />

aus. Rund sechs Millionen Euro könnten sich die Bürger<br />

wieder zurückholen, bemerkte Klaus-Peter Dietmayer,<br />

wenn sie Zuschüsse und Förderungen<br />

verschiedener Einrichtungen ausschöpfen.<br />

Voraussetzung für das Projekt war eine mindes -<br />

tens fünfzigprozentige Quote neuer Erdgas-Netzanschlussverträge.<br />

Bürgermeister Johannes Ruf berichtete<br />

in seinem Grußwort vom vorbildlichen Zusammenhalt<br />

aller Beteiligten. Er lobte die ausführlichen<br />

Beratungen in den vorhergehenden Info-Veranstaltungen<br />

und die Aufgeschlossenheit der Tussenhausener<br />

Bürger. Rund 700 Gebäude werden an das geplante<br />

Netz angeschlossen. Die Haushalte haben sich für klimaschonendes<br />

Erdgas entschieden und bekommen<br />

quasi das Highspeed-Glasfasernetz dazu. Bei den stetig<br />

wachsenden Datenvolumina, die nicht nur im Gewerbebereich,<br />

sondern auch in Privathaushalten übers<br />

Netz gehen, künftig ein absolutes Muss für gleiche Lebensbedingungen<br />

in Stadt und Land.<br />

Zahlreiche Info-Veranstaltungen und die volle<br />

Unterstützung durch den Bürgermeister: Beim offiziellen<br />

Akt war auch »Platzhirsch« Franz-Josef Pschierer,<br />

Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, dabei. Er<br />

ließ nicht unerwähnt, dass der Freistaat das Projekt mit<br />

700.000 Euro direkt fördert, und spekulierte darauf,<br />

dass mit der Breitbandversorgung vielleicht schon in<br />

naher Zukunft nicht mehr so viele Menschen in die<br />

Städte pendeln müssen, »weil sie ihre Arbeit auch von<br />

Tussenhausen aus erledigen können.«<br />

Gewinner ist in jedem Fall das Klima. Denn nach<br />

Fertigstellung werden die Tussenhausener gut 3000<br />

Tonnen Klimakiller CO2 einsparen. Die Gemeindebürger<br />

werden dann nur noch halb so viel CO2 in die<br />

Umwelt verbreiten wie ein Bundesbürger im Landesdurchschnitt.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

83


Bioenergie<br />

Erneuerbare sollen wachsen<br />

Unterallgäuer Gemeinden bekommen Förderung<br />

Von heute knapp 40 auf 60 Prozent erneuerbarer Energie bei<br />

Strom- und Wärmeverbrauch in nur fünf Jahren – das ist das<br />

ambitionierte Ziel der Modellregion Unterallgäu Nordwest.<br />

Unter Koordination des Energie- und Umweltzentrums Allgäu<br />

(eza!) wollen der Landkreis Unterallgäu und die Lechwerke AG<br />

(LEW) gemeinsam mit weiteren Partnern Projekte anstoßen,<br />

um Energie einzusparen, die Energieeffizienz zu erhöhen und<br />

erneuerbare Energien auszubauen.<br />

Fotos: Benreis/Buch/HwK Schwaben und Peter Elgaß<br />

Dafür erhalten die Projektpartner eine Förderung<br />

von knapp 870.000 Euro aus dem Energie-<br />

und Klimafonds der Bundesregierung<br />

über das Bundesministerium für Ernährung und<br />

Landwirtschaft und dessen Projektträger, die Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe. Als Modellregion<br />

wurde der nordwestliche Landkreis ausgewählt mit<br />

den Verwaltungsgemeinschaften Babenhausen, Boos,<br />

Memmingerberg, Erkheim, Pfaffenhausen und Kirchheim.<br />

Die Modellregion soll zeigen, ob und wie eine<br />

überwiegend auf erneuerbaren Energien beruhende<br />

Versorgung machbar ist. Landrat Hans-Joachim Weirather<br />

begrüßt die Auswahl der Modellregion: »Seit<br />

Jahren arbeiten wir im Unterallgäu ambitioniert an der<br />

Ausgestaltung der Energiewende. Nun werden wir als<br />

Modellregion für dieses Engagement belohnt.« Vor allem<br />

freut sich Weirather − nachdem der Landkreis,<br />

eza! und LEW detaillierte Vorarbeit geleistet haben −,<br />

nun dank Förderung innovative Projekte anzustoßen.<br />

Neben dem Landkreis stehen auch die Kommunen<br />

und viele öffentliche und private Institutionen<br />

hinter der Energiewende-Modellregion. Mit dem<br />

Stromversorger und Verteilnetzbetreiber Lechwerke<br />

AG konnte ein wichtiger Partner gewonnen werden,<br />

der sich inhaltlich und finanziell einbringt. Zum Beispiel<br />

soll die Stromerzeugung aus vielen Solarstromanlagen,<br />

Biogasanlagen und Wasserkraftwerken auf den<br />

Stromverbrauch abgestimmt werden.<br />

Eine tragende Rolle kommt außerdem der Bioenergie<br />

zu. Verschiedene innovative Bioenergie-Ansätze<br />

insbesondere zur Wärmeversorgung kommen<br />

dazu auf den Prüfstand. Geprüft werden soll auch, wie<br />

die Abwärme der Biomasseanlagen besser genutzt<br />

werden kann. »Wenn die Energiewende mit Bioenergie<br />

momentan irgendwo in Deutschland gelingen<br />

kann, dann hier«, ist sich der eza!-Geschäftsführer<br />

und Projektleiter Martin Sambale sicher.<br />

Martin Sambale (eza!):<br />

»Eine gute Wahl«<br />

Landrat Hans-Joachim<br />

Weirather: »Gute Vorarbeit!«<br />

Foto oben: Zusammen mit<br />

Baben hau sen, Boos, Pfaf -<br />

fen hausen und Kirchheim<br />

ist Erkheim als Fördergebiet<br />

aus erkoren worden.<br />

Foto rechts: Babenhausen<br />

gehört zur Modellregion<br />

84<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Brennstoffzelle<br />

Galileo kommt ins Haus<br />

E-Werke Reutte beim Feldversuch dabei<br />

Eine Brennstoffzelle ist eine galvanische Zelle ähnlich einer Batterie, die die<br />

chemische Reaktionsenergie eines kontinuierlich zugeführten Brennstoffes<br />

und eines Oxidationsmittels in elektrische Energie wandelt. Seit 2011 sind<br />

die Elektrizitätswerke Reutte (EWR) mit Sitz in Füssen in einen Feldversuch<br />

eingebunden, der Brennstoffzellen in der Praxis beobachtet und auswertet.<br />

Dieses Jahr wurde in Pfronten die vierte Anlage in Betrieb genommen.<br />

Die Brennstoffzelle Galileo sieht<br />

aus wie ein Kühlschrank<br />

Die Gewinnung von elektrischer Energie aus<br />

chemischen Energieträgern erfolgt zumeist<br />

durch Verbrennung und Nutzung der entstehenden<br />

heißen Gase in einer Wärmekraftmaschine.<br />

Das ist ein nachgeschalteter Generator, wie er in thermischen<br />

Kraftwerken üblich ist. In einer Verbrennungsanlage<br />

wird thermische Energie in mechanische<br />

Arbeit und anschließend in elektrische Energie umgewandelt.<br />

In einer Brennstoffzelle findet die Umformung<br />

ohne die Umwandlung in Wärme und Kraft<br />

direkt von der chemischen in elektrische Energie zu<br />

erreichen. Damit ist sie potenziell effizienter als Wärmekraftmaschinen.<br />

Brennstoffzellen werden seit langem<br />

als Energiewandler in der Raumfahrt (Apollo,<br />

Space Shuttle) und auch für U-Boot-Antriebe verwendet,<br />

wie in Wikipedia nachzulesen ist.<br />

Einsatzbereich: kleinere Gebäude<br />

Die Elektrizitätswerke Reutte (EWR) nehmen seit<br />

2011 an einem Feldversuch teil, der Brennstoffzellen der<br />

Firma Hexis AG mit Namen »Galileo« im Praxisbetrieb.<br />

Das besondere an der Galileo ist ihr Einsatzbereich. Sie<br />

wurde entwickelt, um Ein- und Zweifamilienhäuser mit<br />

Strom und Wärme zu versorgen. Sie verwendet Erdgas<br />

(Methan) als Brennstoff, das zunächst in Wasserstoff<br />

und andere chemische Verbindungen gewandelt wird.<br />

Das Innenleben von zwei<br />

Brennstoffzellen im<br />

schematischen Aufbau<br />

Fotos: von EWR zur Verfügung gestellt<br />

86<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Zentrales Bauteil der oxidkeramischen Brennstoffzelle<br />

(SOFC: Solid Oxide Fuel Cell) ist der gasdichte<br />

und bei Betriebstemperatur Sauerstoffionen leitende<br />

feste Elektrolyt. An ihn grenzen die beiden porösen<br />

Elektroden Anode und Kathode. Die Anode<br />

wird von Brenngas durchströmt, die Kathode von Luft.<br />

Das entstehende Sauerstoff-Konzentrationsgefälle<br />

zwischen den Elektroden treibt die Sauerstoffionen<br />

durch den Elektrolyt und erzeugt so eine elektrische<br />

Spannung. Wird der Stromkreis nun durch einen externen<br />

elektrischen Leiter geschlossen, fließen die<br />

Elektronen und können als elektrische Energie genutzt<br />

werden. So beschreibt die Firma Hexis die Funktionsweise<br />

von Galileo. Dort ist zudem ein Zusatzbrenner<br />

eingebaut, der die restliche Wärme für die Versorgung<br />

eines Gebäudes liefert.<br />

Brennstoffzellen unter Beobachtung<br />

Die Elektrizitätswerke Reutte betreiben drei Galileo-Anlagen<br />

in privaten und öffentlichen Gebäuden.<br />

Rund um die Uhr werden Daten gesammelt und ausgewertet.<br />

Sämtliche zu- und abgehenden Medien werden<br />

gezählt und über Internet in die Zentralen weitergeleitet.<br />

Der Versuch ist auf mindestens drei Jahre anberaumt.<br />

Der Verkauf von Galileo an private Kunden startete<br />

bereits im Jahre 2013. Die Elektrizitätswerke Reutte<br />

erwarten sich aus ihrem Engagement, Erfahrungen<br />

für zukünftige Entscheidungen zu sammeln, um an<br />

vorderer Stelle dabei zu sein. Aus diesem Grund engagieren<br />

sich die Elektrizitätswerke Reutte mit dem<br />

Einbau von Brennstoffzellen der neuesten Generation<br />

und nehmen damit teil am EU-weiten Projekt »enefield«.<br />

Die Elektrizitätswerke Reutte betrachten die<br />

Nutzung von Brennstoffzellen als zentrales Element<br />

einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft und damit als<br />

einen zentralen Baustein der Energiewende. Für die<br />

Ostallgäuer ist es wichtig, nicht nur den Markt zu beobachten,<br />

sondern aktiv beteiligt zu sein.<br />

Ein Blick in das Innere der<br />

Brennstoffzelle Galileo<br />

Leistungsdaten von drei Galileo-<br />

Brennstoffzellen werden von EWR<br />

aufgezeichnet und verglichen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

87


Umwelt<br />

LBV lobt die Stadt Kempten<br />

Neue Straße – neuer Lebensraum<br />

Beim Bau der sogenannten Nordspange, der Verbindungsstraße zwischen dem<br />

Kemptener Stadtteil Halden und Ursulasried, mussten erhebliche Eingriffe in<br />

die Natur vorgenommen werden. Dass solche notwendigen Maßnahmen nicht<br />

immer zulasten der Natur gehen, hat die Stadt Kempten bewiesen.<br />

Dieses Luftbild zeigt die<br />

Illerüberquerung mit einem Teil<br />

der Ausgleichsflächen in der<br />

Stiftsbleiche bei Kempten<br />

Fotos: Stadt Kempten<br />

Ganz oben: der verlegte Ursulasrieder Bach mit dem<br />

wertvollen Auwald. Darunter: die aufgeweitete Iller mit der<br />

neu angelegten Insel<br />

Der Bau der Verbindungstrasse war vom Landesbund<br />

für Vogelschutz (LBV) sowie von<br />

anderen Naturschutzverbänden zunächst abgelehnt<br />

worden. Die groß angelegten ökologischen und<br />

landschaftspflegerischen Maßnahmen auf 24 Hektar<br />

Ersatzfläche haben den LBV nun aber veranlasst, der<br />

Stadt Kempten zu bestätigen, damit ein »in unserer Region<br />

beispielloses Konzept umgesetzt« zu haben.<br />

»Wir haben während der Planungsphase den Eingriff<br />

in Natur und Landschaft nie verharmlost oder<br />

kleingeredet, sondern uns vielmehr zum Ziel gesetzt,<br />

diesen Eingriff bestmöglich auszugleichen. Dies ist uns<br />

offenbar gelungen«, so Markus Wiedemann, Leiter des<br />

städtischen Amtes für Tiefbau und Verkehr. Planung<br />

und Umsetzung der Maßnahmen sieht der LBV als<br />

»Aushängeschild für die Stadt Kempten bezüglich Eingriffsplanungen«.<br />

Durch die gelungenen und großzügig<br />

gedachten Maßnahmen hat sogar eine ökologische Aufwertung<br />

stattgefunden. »Man darf nicht immer nur kritisieren,<br />

sondern muss auch einmal verdientes Lob aussprechen<br />

können«, stellt der LBV fest.<br />

Bei der Umsetzung des Projektes wurde der<br />

Ursulasrieder Bach auf einer Länge von 840 Metern<br />

nach ökologischen Gesichtspunkten durch den Auwald<br />

verlegt, sodass dort eine Vernässung stattfinden kann<br />

und Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten entstand<br />

und immer noch weiter entsteht. An der Iller ließ<br />

88<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


sich durch eine Aufweitung des Flussbettes eine Kiesinsel<br />

schaffen, die vielen Wasservögeln als Rast- und<br />

Brutstätte dient. Eisvogel, Wasseramsel und Gänsesäger<br />

sind dort laut LBV schon häufig zu beobachten.<br />

Leiteinrichtungen entlang der Straße kommen<br />

den Amphibien zugute und die Pflanzung hochstämmiger<br />

Bäume am Straßenrand den Fledermäusen, die<br />

hierdurch am niedrigen Überqueren der Straße gehindert<br />

werden. Auch an eine seltene Schmetterlingsart,<br />

den »Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling«, wurde gedacht<br />

und sein Vorkommen auf einer nahen Wiese<br />

durch Entbuschung und Einsaat des Wiesenknopfes<br />

gesichert. LBV hat in seinem Jahresheft <strong>2016</strong> die umfangreichen<br />

Ausgleichsmaßnahmen der Stadt Kempten<br />

im Rahmen des Baues der Nordspange mit einem<br />

Artikel gewürdigt.<br />

Der Wiesenkopf-Ameisen-<br />

Bläuling besiedelt die neuen<br />

Fluss-Auen<br />

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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

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Themenvorschau<br />

Terra Preta –<br />

Schwarze Erde<br />

selber machen<br />

Wichtiger Bestandteil für<br />

gute, fruchtbare Böden ist<br />

gute Pflanz erde. Damit<br />

aus Grashäcksel, Gartenund<br />

Gemüseabfällen<br />

schnell gute Erde wird,<br />

braucht es Holzkohle zum<br />

Vermischen. Wir berichten,<br />

wie der Fachmann<br />

Rainer Sagawe mit einem<br />

eigens konstruierten Ofen<br />

selbst umweltfreundlich<br />

Holzkohle herstellt, auf<br />

diesem Ofen auch noch kocht, und wie er es schafft, dass schon<br />

nach einem halben Jahr aus Abfällen und Holzkohle wertvolle<br />

»Terra Preta« wird.<br />

Vorstellung der Studiengänge<br />

in der Hochschule Biberach<br />

In der Hochschule Biberach werden junge Leute in Energie-<br />

Ingenieurwesen, Energiewirtschaft und industrieller Biotech -<br />

nologie ausgebildet. allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat schon öfter über<br />

Projekte dieser nahe gelegenen Hochschule berichtet. Nun<br />

stellen wir die Studiengänge genauer vor.<br />

Strom-Vernetzung und -Speicherung<br />

Der Einsatz von Energiespeichern und die Vernetzung von alternativen<br />

Energieerzeugern wie PV-Anlagen, Windkraftwerken,<br />

Biogasanlagen und Mikro-KWK-Anlagen spielen eine<br />

zentrale Rolle für die Energiezukunft. Wir haben uns nach Lösungen<br />

umgesehen, die im Allgäu bereits verwirklicht sind.<br />

Auch im Restwasser steckt noch Kraft<br />

Wieder ging ein neues Wasserkraftwerk in Kempten in Betrieb.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> war beim Spatenstich des Restwasserkraftwerkes<br />

an der Kaufbeurer Straße dabei. Wir berichten über die<br />

Inbetriebnahme und die Funktionsweise am Wehr auf unserem<br />

Foto unten.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />

Ausgabe ist der 29.09.<strong>2016</strong><br />

Anzeigen-Kontakt:<br />

Sven Abend,<br />

Tel. +49 (0)8379 728616<br />

E-Mail: sven.abend@heimat-allgaeu.info<br />

90 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>

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