THAILAND KOMMENTAR Trauer um einen legendären Monarchen Das thailändische Volk trauert um seinen zutiefst verehrten König Bhumibol. Die Welt gedenkt eines Staatenlenkers durch sieben Jahrzehnte. Österreich erinnert sich an die engen Bande mit der Königsfamilie. Text: Hermine Schreiberhuber Fotos: wilfried steinacker, The Government Public Relations Department, Government of Thailand 54 | <strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2016</strong>
THAILAND KOMMENTAR 70 Jahre hat König Bhumibol Adulyadej die Geschicke des südostasiatischen Landes gelenkt. In dieser langen Periode durchlebte das ASEAN-Mitgliedsland bewegte Zeiten, politische und wirtschaftliche Krisen. Rama IX., der neunte Monarch aus der Chakri-Dynastie, führte in seiner Amtszeit das ehemalige Siam in die Moderne. „Mein Platz ist mitten unter meinem Volk“, lautete sein Credo. Ein großes Anliegen waren ihm Entwicklungsprojekte im ländlichen Raum, auf dem Agrar- und Wassersektor, im Gesundheits- und Bildungswesen. Der Tod des 88-jährigen Monarchen, der Mitte Oktober nach langer, schwerer Krankheit verstarb, hat das thailändische Volk in tiefe Trauer gestürzt. König Bhumibol galt als Integrationsfigur und als Garant für Kontinuität und Zusammenhalt des asiatischen Landes, das sich vom traditionellen Agrarstaat zum wirtschaftlichen Tigerstaat gewandelt hat. Für die 70 Millionen Thailänder war Bhumibol, der in den USA geboren wurde und in Europa aufwuchs, eine moralische Instanz, die „Seele der Nation“. • Einjährige Staatstrauer angeordnet Thailand wird ein Jahr lang Trauer tragen. Die Militärregierung rief die Bürger zu Verzicht auf Festivitäten und zu Trauerkleidung auf. Während des offiziellen Trauerjahres sind aber auch ausländische Besucher angehalten, sich respektvoll zu verhalten. Dies hat das österreichische Außenamt unterstrichen. Die sterbliche Hülle des Monarchen wurde vom Krankenhaus in den Königspalast von Bangkok überführt. Tausende Menschen fanden sich zu Trauerbekundungen ein und defilierten am Sarg vorbei. Im Palast werden mehrere Monate lang traditionelle buddhistische Trauerrituale zelebriert. Interimistisch führt der Präsident des Kronrates, der frühere Ministerpräsident Prem Tinsulanonda, die königlichen Amtsgeschäfte. In Sachen Nachfolgeregelung herrscht nach thailändischen Gepflogenheiten strengste Diskretion. Wann Kronprinz Maha Vajiralongkorn (64) den Thron besteigen sollte, war zunächst offen. Thailand hält sich offiziell bedeckt. Nach westlichen Medienberichten habe der künftige Monarch einen Aufschub und Trauerzeit erbeten. Am 1. Dezember wurde er zum König proklamiert. Die Krönung soll aber erst nach Ende der Staatstrauer stattfinden. • Mit 19 Jahren auf den Thron Bhumibol hatte 1946 als 19-Jähriger den Thron bestiegen. Geboren wurde er 1927 in Cambridge in den USA, teilweise wuchs er in Lausanne in der Schweiz auf, wo er auch Studien absolvierte. 1950 heiratete er Sirikit und wurde zum König gekrönt. Der Monarch startete zahlreiche Initiativen zum Wohle der armen Landbevölkerung. Stets stand ihm dabei seine Gemahlin, Königin Sirikit, zur Seite, die durch ihr humanitäres Engagement ebenfalls hohes Ansehen genießt. 2006 beging König Bhumibol im Beisein von Herrschern aus aller Welt sein 60-jähriges Thronjubiläum. • Freundschaft mit Wien seit der Kaiserzeit Die amikalen österreichisch-thailändischen Bande reichen bis in die Donaumonarchie zurück. 1897 stattete der Großvater Bhumibols, König Chulalongkorn (Rama V.), dem Habsburger- Kaiser Franz Joseph in Wien einen Besuch ab. Die beiden Monarchen unterzeichneten damals einen Freundschafts- und Handelsvertrag. Fast 70 Jahre später, 1964, absolvierte das Königspaar Bhumibol und Sirikit in Österreich einen Staatsbesuch, den Bundespräsident Franz Jonas 1967 erwiderte. 1995 reiste Bundespräsident Thomas Klestil zu einer Staatsvisite nach Bangkok. Die Verfasserin dieser Zeilen erinnert sich an das glanzvolle Staatsbankett im Government House im Bangkok, wo die österreichischen Gäste mit rot-weiß-roten Orchideen-Gestecken und Walzerklängen empfangen wurden. Sie erinnert sich aber auch an den Wiener Festakt anlässlich des 50-jährigen Thronjubiläums des Königs – eine Huldigung an den musizierenden Monarchen. Jazzige Kompositionen des begeisterten Saxophonisten Bhumibol wurden im Palais Schwarzenberg dargeboten. Bhumibol war auch Ehrenmitglied der Wiener Akademie für Musik und Darstellende Kunst. Die freundschaftlichen Beziehungen fanden auch in wiederholten Österreich-Besuchen von Mitgliedern des Könighauses ihren Niederschlag. Königin Sirikit weilte zuletzt 2002 privat in Wien. 1993 war sie, begleitet von ihrer ältesten Tochter und Ex-Premier Prem, in offizieller Mission gekommen. Im Völkerkundemuseum eröffnete sie die Ausstellung „700 Jahre Thailand“, in der kostbare Objekte aus der königlichen Schatzkammer Bangkok gezeigt wurden. Prem Tinsulanonda erzählte der Autorin von seinem ersten Wien-Besuch – beim damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky. • Büste des Königs Bhumibol Adulyadej »Mein Platz ist mitten unter meinem Volk. « Das Credo von König Bhumibol von Thailand FACTS Kurzbiografie zu König Bhumibol Bhumibol Adulyadej wurde am 5. Dezember 1927 in Cambridge, USA, geboren. Er wuchs teilweise in Lausanne in der Schweiz auf. Nach der Abdankung seines Onkels und dem Tod seines älteren Bruders bestieg er am 9. Juni 1946 als Rama IX. aus der Chakri-Dynastie den Thron. 1950 vermählte sich Bhumibol mit der 17-jährigen Sirikit. Im selben Jahr erfolgte die Krönung. Das Königspaar hat drei Töchter und den Sohn Maha Vajiralongkorn, der ihm auf den Thron folgen soll. 2006 feierte Bhumibol das 60-jährige Thronjubiläum. Am 13. Oktober <strong>2016</strong> starb der Monarch nach langer schwerer Krankheit. Die Regierung rief eine einjährige Staatstrauer aus. <strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2016</strong> | 55