Perspektivwechsel Empowerment
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Empower... was?<br />
– Geschichte, (politische) Dimensionen und Ausprägungen<br />
von <strong>Empowerment</strong>-Arbeit in Deutschland<br />
von Miriam Camara<br />
<strong>Empowerment</strong> – was ist das?<br />
Der Begriff ist in aller Munde: <strong>Empowerment</strong>.<br />
Aber was bedeutet er? Was steht dahinter?<br />
Das Konzept des <strong>Empowerment</strong>s steht für Prozesse<br />
der Selbster- und bemächtigung und die Stärkung<br />
und Nutzung von eigenen (Kraft-)Quellen für ein<br />
selbstbestimmtes Leben. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes<br />
steht also der Mensch mit seinen Potenzialen<br />
und Möglichkeiten, sowohl Veränderungen für das eigene<br />
Leben, wie auch in der Gesellschaft zu erwirken.<br />
So weit, so gut.<br />
Von zentraler Bedeutung ist dabei jedoch die politische<br />
Dimension. Die Notwendigkeit des <strong>Empowerment</strong>s<br />
ergibt sich aus den geltenden sozialen und<br />
gesellschaftlichen Strukturen und den darin bestehenden<br />
(strukturellen) Benachteiligungen und Ausschlüssen.<br />
In diesem Sinne geht es beim <strong>Empowerment</strong> auch<br />
immer um die Erarbeitung und das Erlernen von Strategien<br />
und Handlungskonzepten zur Überwindung<br />
von Machtlosigkeit, welche v. a. im Zusammenspiel<br />
der individuellen, kollektiven und der strukturellen<br />
Ebene volle Wirksamkeit erreichen können.<br />
Wenn wir von Machtlosigkeit und Machtstrukturen<br />
sprechen, sind damit immer gesellschaftliche festgelegte<br />
Mechanismen und Konstruktionen gemeint,<br />
die eine „Norm“ aus einer machtvollen Position heraus<br />
definieren. Die Logik dieser „Norm“ schließt<br />
somit Menschen, die davon abweichen aus und<br />
diskriminiert diese bzw. verleiht anderen dadurch<br />
Vorteile und Privilegien. In dieser Logik ist das, was<br />
in einer Gesellschaft als „normal“ oder „fremd“ markiert<br />
wird, maßgeblich durch „Race“-, Klassen- und<br />
Gender-Konstruktionen geprägt [Strega 2005]. Die<br />
Anwendung und Zuschreibungen, die Menschen in<br />
Deutschland aufgrund dieser „Normen“ erfahren, haben<br />
weitreichende Auswirkungen auf Lebens-/Familien-<br />
und Bildungsbiographien.<br />
„[<strong>Empowerment</strong>] beschreibt mutmachende Prozesse<br />
der Selbstbemächtigung, in denen Menschen in Situationen<br />
des Mangels, der Benachteiligung oder der<br />
gesellschaftlichen Ausgrenzung beginnen, ihre Angelegenheiten<br />
selbst in die Hand zu nehmen, in denen<br />
sie sich ihrer Fähigkeiten bewusst werden, eigene Kräfte<br />
entwickeln und ihre individuellen und kollektiven<br />
Ressourcen zu einer selbstbestimmten Lebensführung<br />
nutzen lernen.” [Herriger 2006:20]<br />
„<strong>Empowerment</strong> bezeichnet einen konflikthaften Prozess<br />
der Umverteilung von politischer Macht, in dessen<br />
Verlauf die Menschen aus der Machtunterlegenheit<br />
austreten und sich ein Mehr an Macht, Verfügungskraft<br />
und Entscheidungsvermögen aneignen.“ [Klöck<br />
1998:38]<br />
<strong>Empowerment</strong>-Arbeit beinhaltet also grundsätzlich<br />
die Stärkung von Personen und Communities, denen<br />
aufgrund struktureller Barrieren keine vollwertige soziale,<br />
rechtliche und politische Teilhabe möglich ist.<br />
Strukturelle Ausschlüsse basieren immer auf der geltenden<br />
Gesellschaftsordnung und den darin vorhandenen<br />
sozialen Konstruktionen wie „Race“, Religion,<br />
(Cis-)Gender, Sexualität, Klasse, Disability und Alter.<br />
Diese Konstruktionen wirken oft intersektional, was<br />
bedeutet, dass viele Menschen gleichzeitig von verschiedenen<br />
Diskriminierungsformen betroffen sind<br />
und somit die Wirkung von Ausschlussmechanismen<br />
für die Betroffenen deutlich verstärkt wird.<br />
In diesem Sinn ist das Ziel, sich von Fremdbestimmungen<br />
und -zuordnungen zu befreien und diese zu<br />
überwinden, als ein wesentliches Element von <strong>Empowerment</strong>-Konzepten<br />
zu verstehen.<br />
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