Dr. Stefan Klomfass, Mitglied der Ge - SEB Asset Management
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16<br />
INVESTMENT<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Klomfass</strong>, <strong>Mitglied</strong> <strong>der</strong> <strong>Ge</strong>schäftsleitung<br />
von <strong>SEB</strong> <strong>Asset</strong> <strong>Management</strong>,<br />
erwartet langfristig niedrige Zinsen,<br />
weil sich die Staatsschuldenkrise nicht mit hohen<br />
Zinsen lösen lässt. Institutionelle Investoren<br />
wie Pensionskassen können daher ihre Renditeerwartungen<br />
nicht o<strong>der</strong> nur phasenweise<br />
realisieren.<br />
BOND MAGAZINE: Staatsschuldenkrise,<br />
welche Auswirkungen wird dies auch auf die<br />
wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland<br />
haben?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Klomfass</strong>: Staatsschuldenprobleme gibt<br />
es nicht nur in Europa, son<strong>der</strong>n auch in vielen<br />
an<strong>der</strong>en Teilen <strong>der</strong> Welt. Wichtig ist, wie<br />
man mit den Staatsschulden umgeht. In den<br />
meisten Län<strong>der</strong>n wachsen die Staatsschulden<br />
seit über 50 Jahren, in unterschiedlichen<br />
Phasen mit unterschiedlichen Schüben.<br />
In den 70-er Jahren dachte man, die<br />
Schulden wären das Problem, doch die hohen<br />
Zinsen waren damals das Problem. In<br />
den letzten Jahrzehnten hatten wir sinkende<br />
Zinsen, und das hat noch mehr Schulden<br />
ermöglicht. Viele Investoren haben außerdem<br />
aufgrund niedriger Zinsen Risiken genommen,<br />
die sie nicht verstanden haben,<br />
wie man bei <strong>der</strong> Finanzmarktkrise<br />
2008/2009 gesehen hat. Aktuell sind in <strong>der</strong><br />
Eurozone <strong>der</strong> Schuldenstand o<strong>der</strong> auch die<br />
Leistungsbilanzdefizite nicht schlechter als<br />
an<strong>der</strong>swo. Selbst Griechenland ist bei <strong>der</strong><br />
Defizitquote und beim Schuldenstand nicht<br />
viel schlechter als die USA. Beide Län<strong>der</strong><br />
haben auch ein Leistungsbilanzdefizit. Auf<br />
den ersten Blick gibt es keinen Grund, weshalb<br />
die Zinsen in Griechenland und Spa-<br />
BOND MAGAZINE FLASH | Ausgabe 32 | 26.10.2012 | www.fixed-income.org<br />
„Das Problem ist ein politisches“<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Klomfass</strong>, <strong>Mitglied</strong> <strong>der</strong> <strong>Ge</strong>schäftsleitung, Head of Sales Institutional<br />
Clients Securities, <strong>SEB</strong> <strong>Asset</strong> <strong>Management</strong><br />
Interview<br />
mit <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Klomfass</strong>, <strong>Mitglied</strong> <strong>der</strong> <strong>Ge</strong>schäftsleitung, Head of Sales Institutional Clients<br />
Securities, <strong>SEB</strong> <strong>Asset</strong> <strong>Management</strong><br />
nien so hoch sind, und in den USA und UK<br />
so niedrig. Das Problem ist eher das fehlende<br />
Vertrauen in die Regierungen. Entscheidend<br />
ist, dass die Investoren glauben,<br />
dass sie regelmäßig ihre Zinsen bekommen<br />
und am Ende die Tilgung. Wenn Investoren<br />
das glauben, dann investieren sie, wenn<br />
sie das nicht glauben, dann investieren sie<br />
nicht. Historisch gesehen sind die meisten<br />
Staaten bei 40-80% Schuldenstand pleite<br />
gegangen, und nicht bei 180% - weil das<br />
Vertrauen verloren ging. In Griechenland<br />
wurde durch die Tricksereien Vertrauen verloren.<br />
Die USA haben eine eigene Notenbank,<br />
die Fed, eine Weltleitwährung und<br />
eine fiskalische Staatenunion, das ist <strong>der</strong> Unterschied.<br />
Die Eurokrise hat nun zu einer<br />
Flucht in deutsche Staatsanleihen geführt,<br />
die Zinsen sind gesunken, in den südlichen<br />
Län<strong>der</strong>n sind die Zinsen gestiegen. Deshalb<br />
ist <strong>der</strong> Süden in die Rezession gerutscht. In<br />
Deutschland haben wir eine Son<strong>der</strong>konjunktur.<br />
Die Frage ist, wie lange das noch<br />
gut geht. In vielen Län<strong>der</strong>n schwächt sich<br />
die Konjunktur momentan eher ab. Ich befürchte,<br />
dass wir uns diesem Trend nicht<br />
entziehen können.<br />
BOND MAGAZINE: Wie lange werden<br />
wir die Son<strong>der</strong>konjunktur noch haben?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Klomfass</strong>: Das ist schwer zu sagen. Das<br />
kann durchaus noch eine Weile weitergehen.<br />
Die Frage ist aber auch, wie die Rentenmärkte<br />
das preisen. Wir haben eine relativ<br />
starke Konjunktur und niedrige Zinsen.<br />
Wo ist das Zinsniveau, wenn die Konjunktur<br />
nicht mehr so gut läuft? Zudem ist<br />
wichtig, wie sich die Haftung Deutschlands<br />
für die an<strong>der</strong>en Staaten <strong>der</strong> Eurozone entwickelt.<br />
Dies könnte zu einem Zinsanstieg<br />
in Deutschland führen. Das ist eine <strong>Ge</strong>fahr<br />
für deutsche Anleihen, aber das ist auch die<br />
einzige <strong>Ge</strong>fahr. Denn ein inflationstreiben<strong>der</strong><br />
Aufschwung ist nicht in Sicht.<br />
BOND MAGAZINE: Wie kann die Eurokrise<br />
gelöst werden?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Klomfass</strong>: Die Schuldenquoten sind zu<br />
hoch, dies muss gelöst werden. Entwe<strong>der</strong><br />
müssen die Schulden gesenkt werden o<strong>der</strong><br />
das BIP steigen. Und beides ist nicht so einfach.<br />
Man muss aufpassen, dass man durch<br />
Einsparungen das Wachstum nicht völlig<br />
abwürgt. Denn ohne Wachstum kommt<br />
man nicht aus <strong>der</strong> Krise. Anhebungen direkter<br />
Steuern sind nicht machbar, indirekte<br />
Steuern o<strong>der</strong> Abgaben sind da einfacher zu<br />
erhöhen. Eine höhere Inflation wäre hilfreich.<br />
Man kann indirekte Steuern erhöhen,<br />
Konjunkturprogramme starten und o<strong>der</strong> die<br />
Währung abwerten, all dies führt zu einer<br />
höheren Inflation. Dann würden aber die<br />
langen Zinsen steigen. Wenn man höhere<br />
Zinsen zahlt, dann bringt auch die Inflation<br />
nichts. Daher müssen auch die Zinsen niedrig<br />
gehalten werden. In Japan ist die Postbank<br />
beispielsweise gezwungen, Staatsanleihen<br />
für unter 1% zu kaufen, auch wenn<br />
das keinen Sinn macht. In den USA und in<br />
UK mussten nach dem zweiten Weltkrieg<br />
die großen Institutionellen niedrig verzinste<br />
Staatsanleihen kaufen. Ähnliche Entwicklungen<br />
gibt es schon, in UK wird darüber<br />
diskutiert, ob Pensionsfonds nicht höhere<br />
Quoten in Staatsanleihen investieren müssen.<br />
Und in Spanien wurden die Einlage-
zinsen für Privatanleger gedeckelt, damit<br />
diese nicht in Konkurrenz zu Staatsanleihen<br />
treten. Auch die Rettungsschirme sind ein<br />
ähnliches Instrument, denn sie halten die<br />
Zinsen in den südlichen Län<strong>der</strong>n auf einem<br />
vergleichsweise niedrigeren Niveau, ohne<br />
die Rettungsschirme wären die Zinsen noch<br />
viel höher. Auch Solvency II und Basel III<br />
zwingen institutionelle Investoren zu höheren<br />
Investments in Staatsanleihen.<br />
BOND MAGAZINE: Institutionelle Investoren<br />
wie Pensionskassen haben oft gewisse<br />
Mindestanfor<strong>der</strong>ungen bei den Renditen.<br />
Wie lässt sich das lösen?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Klomfass</strong>: In den vergangenen Jahren<br />
konnten diese Investoren noch auf Spreadprodukte<br />
ausweichen – auf Pfandbriefe, Unternehmensanleihen,<br />
Emerging Markets-<br />
Anleihen, o<strong>der</strong> auch auf längere Laufzeiten.<br />
Das ist inzwischen schwieriger geworden.<br />
Und das Problem wird sich noch weiter zuspitzen.<br />
BOND MAGAZINE: Und wie können<br />
Pensionskassen, etc. Renditen erwirtschaften,<br />
die sie benötigen?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Klomfass</strong>: Sie können es nicht – o<strong>der</strong><br />
nur phasenweise in bestimmten Spreadprodukten<br />
und Aktien. Die Suche nach Renditen<br />
ist groß. Es ist auch eine Mischkalkulation,<br />
viele leben noch von den alten Kupons.<br />
Die Renditen <strong>der</strong> Altersvorsorgeprodukte<br />
werden sinken. Eigentlich hätten wir jetzt in<br />
Deutschland 5% Zinsen, wir haben aber nur<br />
1%. Mit dieser Differenz wird die Euro-<br />
Schuldenkrise bezahlt. Wir zahlen es einfach<br />
weniger spürbar. Da Deutschland ein Land<br />
von Fixed Income-Anlegern ist, ist es auch<br />
ein internationaler Vermögenstransfer.<br />
INVESTMENT<br />
BOND MAGAZINE: Und wie werden sich<br />
die Märkte mittelfristig entwickeln?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Klomfass</strong>: <strong>Ge</strong>nerell erwarte ich langfristig<br />
niedrige Zinsen, weil die Staatsschuldenkrise<br />
mit hohen Zinsen nicht zu lösen<br />
ist.<br />
Das Interview führte Christian Schiffmacher.<br />
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