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Juli - PwC

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<strong>Juli</strong> 2009<br />

pwc:<br />

Das Magazin für Vorausdenker<br />

Die Bürgschaft<br />

Ein Klassiker wird neu entdeckt<br />

Konsenskultur<br />

Salzgitter-Vorstand Schneider im Gespräch<br />

Krisenbewältigung<br />

So bestehen Sie den Psychostresstest<br />

Attraktive<br />

Allianzen<br />

Kooperation ist in:<br />

Unternehmenspartnerschaften<br />

eignen sich sowohl als<br />

Wachstumstreiber als auch als<br />

Lebensretter


pwc: Inhalt<br />

Titel Märkte Wissen Lösungen<br />

Attraktive Allianzen<br />

Unternehmen ketten sich immer enger aneinander<br />

– ohne gesellschaftsrechtliche Verflechtung.<br />

So können Effizienz und Flexibilität<br />

in Einklang gebracht werden. Seite 4<br />

Lebenslange Treue Seite 6<br />

Groß mit Klein Seite 9<br />

Rivalisierende Partner Seite 11<br />

Lösungen für die Auflösung Seite 1<br />

Dobellistik<br />

Der Schweizer Unternehmer und Schriftsteller<br />

Rolf Dobelli über das Miteinander<br />

von Menschen und Bilanzen. Seite 1<br />

Trends Seite 14<br />

Warschau, Istschau, Wirdnochschauer<br />

Zwei Manager erzählen, wie Polen für<br />

den Hochtief­Konzern zum immer näheren<br />

Osten wurde. Seite 16<br />

Kein Bürgschaftsbegehren<br />

Der Bund will Unternehmen mit Bürgschaften<br />

in Höhe von 75 Milliarden Euro<br />

helfen. Seite 0<br />

„Im Konsens meistern wir die Krise besser“<br />

Wie der Salzgitter­Personalvorstand Peter­<br />

Jürgen Schneider die Rezession ohne<br />

Kündigungen überstehen will. Seite 4<br />

Trends Seite 8<br />

Die Geheimniskrämer<br />

Was Exchefs der britischen Geheimdienste<br />

MI5 und MI6 von den Überwachungsmethoden<br />

der Konzerne halten. Seite 0<br />

Blassgrüne Logistik<br />

Eine Branche hat Nachholbedarf in Sachen<br />

Klimaschutz. Seite 4<br />

Stressfest im Stresstest<br />

Wie Manager die Wirtschaftskrise<br />

psychisch überstehen können. Seite 6<br />

Der Reformator<br />

Mit seinen Ideen für Schulreformen setzt<br />

sich Bildungsökonom Ludger Wößmann<br />

zwischen alle Stühle. Seite 40<br />

pwc: | juli 009<br />

Trends Seite 4<br />

Die klösterliche Behörde<br />

Die Klosterkammer Hannover ist eine landesweit<br />

einmalige Institution: eine Behörde<br />

als Fondsverwalter mit kirchlicher Zweckbestimmung.<br />

Seite 44<br />

Schweres Erbe<br />

Wie Unternehmerfamilien auf das neue<br />

Erbrecht reagieren müssen, um keinen<br />

Gestaltungsspielraum einzubüßen. Seite 50<br />

Publikationen Seite 54<br />

Impressum Seite 55<br />

pwc: | juli 009<br />

pwc: Editorial<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

dass man gemeinsam stärker ist und 1 + 1 = sein kann, sind Binsen­<br />

weisheiten – aber trotzdem sind sie richtig und wahr. Gerade jetzt, in<br />

schwierigen Zeiten, besinnen sich Unternehmen darauf, mit anderen<br />

gemeinsame Sache zu machen. Die Krise führt allerdings auch dazu,<br />

dass man sich mit einem möglichen Partner etwas unverbindlicher und<br />

weniger verpflichtend einlassen möchte – nicht im starren Vertrags­<br />

korsett eines Joint Ventures, nicht mit der Endgültigkeit einer Über­<br />

nahme; sondern eher in einer wilden Ehe, aus der man relativ leicht<br />

wieder ausbrechen kann. Wunschpartner sind dabei oft Unternehmen,<br />

die das eigene Portefeuille ergänzen, oder Zulieferer. Aber auch Wett­<br />

bewerber schweißt die Not zusammen, und gleich wurde dafür ein<br />

neuer Begriff kreiert: Coopetition.<br />

Ganz auf Kooperation setzt Stahlproduzent Salzgitter, und zwar auf<br />

die zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft. Wie das aus­<br />

sieht, erklärt Salzgitter­Personalvorstand Peter­Jürgen Schneider im<br />

Interview. Ein wegen der Wirtschaftskrise derzeit in den Medien sehr<br />

präsentes Thema sind Bürgschaften. Dabei sind Bürgschaften kei­<br />

neswegs eine bloße „Krisenhilfe“, sondern ein verlässliches, markt­<br />

schonendes und erfolgreiches Instrument, das gerade gesunden<br />

Unternehmen in der jetzigen Phase der Kreditklemme helfen kann.<br />

Um Hilfe einer ganz anderen Art geht es in einem Artikel, der sich da­<br />

mit beschäftigt, wie Unternehmer und Topmanager psychisch mit der<br />

Belastung umgehen, dass die eigene Existenz, aber auch die vieler<br />

Mitarbeiter und des Unternehmens auf dem Spiel steht.<br />

Hans Wagener,<br />

Vorstandssprecher der<br />

Pricewaterhouse<br />

Coopers AG<br />

Ich wünsche Ihnen eine interessante und anregende Lektüre,<br />

Hans Wagener


pwc: Titel<br />

pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009<br />

Symbiose: Die Orienta-<br />

lische Süßlippe lässt sich<br />

vom Putzerlippfisch das<br />

Maul reinigen. Den Klei-<br />

nen zu schlucken bräch-<br />

te dem Großen ein paar<br />

schnelle Kalorien – und<br />

kostete ihn einen lebens-<br />

lang angenehmen Service.<br />

Attraktive<br />

Allianzen<br />

Unternehmen ketten sich immer enger aneinander –<br />

ohne gesellschaftsrechtlich verflochten zu sein. In<br />

„wilder Ehe“ können die Partner Effizienz und Flexibilität<br />

am besten in Einklang bringen. Von Michael Gneuss<br />

Allein sein möchte Recaro ganz offen-<br />

bar nicht. Vom „Glück guter Beziehungen“<br />

schreibt der Hersteller von Autositzen auf<br />

seiner Website. In ihrer Philosophie sieht<br />

sich die Firma aus Kirchheim unter Teck als<br />

Partner für sämtliche Menschen und Unter-<br />

nehmen, die mit ihr in Verbindung stehen.<br />

Darunter fasst Recaro nicht nur Kunden<br />

und Mitarbeiter, sondern auch Lieferanten,<br />

Importeure und Händler. „Wie in jeder guten<br />

Partnerschaft möchte auch Recaro mehre-<br />

ren Rollen gerecht werden“, heißt es weiter.<br />

Als Ideengeber und Problemlöser sowie als<br />

Kreativ- und Diskussionspartner möchte<br />

das Unternehmen seinen Mitstreitern zur<br />

Seite stehen.<br />

Das Bewusstsein für die Bedeutung von<br />

Partnerschaften rührt aus der mit 180 Mil-<br />

lionen Euro Umsatz und 700 Mitarbeitern<br />

eher bescheidenen Unternehmensgröße.<br />

„Wir können und wollen nicht alles selbst<br />

machen und konzentrieren uns daher auf<br />

strategische Partnerschaften“, erklärt Ein-<br />

kaufsleiter Peter Frentzel. Für ihn sind das<br />

vor allem Kooperationen, in denen gemein-<br />

sam Innovationen realisiert werden. Mit der<br />

BASF hat Recaro zum Beispiel ein Granu-<br />

lat entwickelt, aus dem Sitzlehnen gebaut<br />

werden, welche die gleiche Festigkeit wie<br />

Metalllehnen haben, aber weitaus weniger<br />

wiegen.<br />

Kooperationen werden wichtiger als Fusionen<br />

„Wir sind Spezialist darin, den kompletten<br />

Sitz zusammenzubauen und zu vermarkten.<br />

Andere haben mehr Kenntnisse von den<br />

Werkstoffen“, erklärt Frentzel. Gern stellen<br />

die Recaro-Vertriebsmanager die Innovati-<br />

onen auch gemeinsam mit dem Lieferanten<br />

beim Kunden vor. „Da wir nicht die Größten<br />

sind, ist es positiv, wenn unser Kunde sieht,<br />

dass Konzerne wie BASF oder Bosch mit<br />

uns hinter den Entwicklungen stehen“, so<br />

Frentzel. Die Beziehungen zu den strate-<br />

gischen Lieferanten sollen daher eng und<br />

langfristig ausgerichtet sein. Schon früh<br />

Was CEOs für die bessere Wachstumsstrategie in den nächsten drei Jahren halten<br />

M&A Allianzen weder noch bzw. keine Angabe<br />

2008<br />

2009<br />

19<br />

30<br />

%<br />

22<br />

37<br />

Nordamerika<br />

Quelle: PricewaterhouseCoopers, CEO Survey<br />

2008<br />

2009<br />

36<br />

24<br />

%<br />

51<br />

29<br />

Lateinamerika<br />

2008<br />

2009<br />

36<br />

27<br />

%<br />

41<br />

24<br />

Westeuropa<br />

2008<br />

2009<br />

21<br />

20<br />

%<br />

30 16<br />

Osteuropa<br />

2008<br />

2009 27<br />

22<br />

%<br />

50<br />

46<br />

Asien/Pazifik


pwc: Titel<br />

wird Recaro über die Innovationsprojekte<br />

seiner strategischen Partner informiert, um<br />

daraus schließlich gemeinsam mehr ma-<br />

chen zu können.<br />

In solchen engen und langfristig orientierten,<br />

aber dennoch formbaren Partnerschaften<br />

fühlen sich Unternehmen jeder Größenord-<br />

nung heute am wohlsten, erklärt Professor<br />

Thomas Rautenstrauch von der Hochschule<br />

Luzern, der sich schon lange mit Unterneh-<br />

mensnetzwerken beschäftigt. Egal ob es<br />

kleine Bauunternehmen sind, die sich zu Ar-<br />

beitsgemeinschaften zusammenschließen,<br />

um größere Projekte stemmen zu können,<br />

oder Dax-Konzerne, die in Einkaufs- oder<br />

Entwicklungskooperationen ihre Wettbe-<br />

werbsfähigkeit verbessern: „Wilde Ehen“<br />

erweisen sich im Wettbewerb als wider-<br />

standsfähiger gegenüber verschachtelten<br />

Konglomeraten aus Mutter-Tochter-Bezie-<br />

hungen. Moderne Partnerschaften sind mit<br />

klaren Regeln fixiert, aber jederzeit flexibel.<br />

Sie können je nach Erfolg und Belieben be-<br />

endet, verlängert, intensiviert oder redu-<br />

ziert werden. Gegenseitige Abhängigkeiten<br />

schweißen die Partner aneinander, aber von<br />

einer gesellschaftsrechtlichen Bindung für<br />

die Ewigkeit halten sie wenig.<br />

Der Trend zur Partnerschaft ist jetzt auch<br />

mit Macht auf der Ebene der großen<br />

Konzerne angekommen, wo noch vor<br />

Kurzem der Fokus klar auf dem M&A-Ge-<br />

schäft lag, also der festen, unternehmens-<br />

rechtlichen Bindung. Das belegt der Anfang<br />

2009 veröffentlichte „CEO Survey“ von<br />

PricewaterhouseCoopers (<strong>PwC</strong>), eine Be-<br />

fragung von mehr als 1.000 CEOs aus aller<br />

Welt. In allen Weltregionen schätzten die<br />

Topmanager die Bedeutung von Partner-<br />

schaften höher ein als die von Fusionen und<br />

Übernahmen – ein Jahr zuvor waren die<br />

Partnerschaften nur in Asien höher bewer-<br />

tet worden.<br />

Diese Einschätzung korrespondiert mit dem<br />

dramatischen Einbruch im M&A-Markt im<br />

Lebenslange Treue<br />

Als alles begann, waren die beiden bereits<br />

zusammen. 1971 eröffnete McDonald’s sein<br />

erstes Restaurant in Deutschland. Schon<br />

damals kamen die Gurken auf dem Ham-<br />

burger sowie der Ketchup zu den Pommes<br />

von der Firma Develey aus Unterhaching.<br />

Bis heute sind sich die Deutschlandtochter<br />

des US-Gastrogiganten und das 18 gegründete<br />

bayerische Traditionsunternehmen<br />

treu geblieben.<br />

Kein Zufall, denn es ist die Strategie von<br />

McDonald’s, überall auf der Welt langfristig<br />

mit regionalen Partnern zusammen zu arbeiten.<br />

So könnten Produkt- und Prozessqualität<br />

am besten optimiert, vorangetrieben und<br />

die Versorgungssicherheit gewährleistet werden.<br />

„Wir brauchen schließlich große Mengen“,<br />

heißt es in der Deutschlandzentrale<br />

in München. Und das kommt auch Develey<br />

zugute.<br />

Mittlerweile werden rund 2 0 Produkte für<br />

McDonald’s produziert: Soßen, Gurken und<br />

Senfe, Ketchups, Mayos und Salatdressings.<br />

In rund 0 Länder werden die Develey-<br />

McDonald’s-Produkte exportiert. Und dass<br />

McDonald’s ein bedeutender Partner ist,<br />

beweisen die Zahlen für das Lizenzprodukt<br />

McDonald’s Tomato Ketchup: Über fünf<br />

Millionen Flaschen werden jährlich im Einzelhandel<br />

verkauft.<br />

Als Lebensmittellieferant ist Develey auch in<br />

die Entwicklung von Produkten und Promotionaktionen<br />

bei McDonald’s eng eingebunden.<br />

Und auch bei der Entwicklung neuer<br />

Spezialitäten ist der Rat der Unterhachinger<br />

Lebensmittelexperten gefragt.<br />

Die Gurken aus Unterhaching wurden bei<br />

McDonald’s zur weltweiten Benchmark<br />

gekürt. Auch bei der Zubereitung der Burger<br />

in Schanghai, Kapstadt oder Rio de Janeiro<br />

müssen sich die lokalen Küchenchefs an<br />

der bayerischen Qualität orientieren. Beim<br />

Ketchup allerdings muss Develey einem<br />

fremden Vorbild folgen – hier gilt der<br />

japanische Lieferant als Maß aller Dinge.<br />

vergangenen Jahr: So lag nach einer Studie<br />

der Universität St. Gallen das Gesamt-<br />

volumen aller angekündigten Unterneh-<br />

menstransaktionen mit 3,3 Billionen Dol-<br />

lar satte 28 Prozent unter dem Ergebnis<br />

des Jahres 2007. Den einzigen Rekordwert<br />

schaffte das Krisenjahr 2008 bei der Zahl<br />

der abgesagten Transaktionen: Insgesamt<br />

1.362 angekündigte M&A-Vorhaben wurden<br />

abgebrochen.<br />

Der tatsächliche Rückgang des klassischen<br />

M&A-Geschäfts fiel sogar noch stärker aus,<br />

als es die Transaktionsstatistiken anzeigen.<br />

Denn bei vielen dieser „Deals“ des vergan-<br />

genen Jahres hat nicht ein Unternehmen<br />

das andere gekauft, sondern der Staat sich<br />

bei einem Unternehmen eingekauft, um es<br />

vor der Pleite zu retten. Besonders heftig<br />

traf es da natürlich die Banken: Gleich bei<br />

zwölf der 20 größten Transaktionen in der<br />

europäischen Finanzdienstleistungsbranche,<br />

so eine <strong>PwC</strong>-Studie, traten im Jahr 2008<br />

Staaten oder Zentralbanken als Käufer auf.<br />

Die „wilden Ehen“ in der Wirtschaft sind ein<br />

vergleichsweise junges Phänomen. Zwar<br />

wechselten sich in der Wirtschaftsgeschich-<br />

te schon mehrfach Epochen, in denen es<br />

auf Größenwachstum ankam (wie Ende des<br />

19. Jahrhunderts), mit solchen ab, in denen<br />

Konzentration und Flexibilität belohnt wur-<br />

den (wie in der „Corporate Raider“-Zeit vor<br />

2 Jahren). Aber jetzt, so Professor Rauten-<br />

strauch, geht es nicht so sehr um Groß oder<br />

Klein, sondern um die Fähigkeit, in Netz-<br />

werken zu denken und zu arbeiten. Und für<br />

diesen Trend stehen vor allem zwei Begriffe:<br />

Globalisierung und Internet.<br />

Laut Rautenstrauch wurde das Umden-<br />

ken im Zuge der Globalisierung und dem<br />

sich daraus verschärfenden Wettbewerb<br />

erzwungen. Im harten globalen Wettbe-<br />

werb mussten bei der Herstellung von Wa-<br />

ren und Dienstleistungen auf jeder einzel-<br />

nen Wertschöpfungsstufe Höchstleistungen<br />

vollbracht werden.<br />

Statt viele Produkte auf wenigen Märken<br />

zu verkaufen, galt es nun, mit wenigen Pro-<br />

dukten auf vielen Märkten erfolgreich zu<br />

sein. Ohne lokale Partner war dieses Ziel<br />

schlicht nicht zu erreichen. Die Kommu-<br />

nikationsrevolution der vergangenen zwei<br />

Jahrzehnte schuf die Werkzeuge, um glo-<br />

bale Netzwerke auch tatsächlich installie-<br />

ren und nutzen zu können. Und das auch<br />

nicht nur in einer festen Konstellation, wie<br />

etwa in den internationalen Netzwerken der<br />

großen Werbeagenturen oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften,<br />

sondern in ständig<br />

wechselnden Formen.<br />

6 pwc: | juli 2009<br />

Treue: Seit Jahrtausenden gehen<br />

Hund und Mensch gemeinsam<br />

durchs Leben – in Jagd- oder<br />

Transportgemeinschaft oder ganz<br />

schlicht in gegenseitiger Sympathie.<br />

pwc: | juli 2009 7


pwc: Titel<br />

Für Professor Hans Corsten vom Lehrstuhl<br />

für Produktionswirtschaft an der Universität<br />

Kaiserslautern bestehen solche Netzwerke<br />

aus vielen Partnerschaften, die sich gegen-<br />

seitig permanent auf ihre Qualität hin über-<br />

prüfen und sich von Projekt zu Projekt neu<br />

konfigurieren.<br />

„Im Wettbewerb muss jeder Kooperationspartner<br />

versuchen, attraktiv für das Netzwerk zu bleiben.“<br />

Hans Corsten, Professor für Produktionswirtschaft, Universität Kaiserslautern<br />

Dabei kann die Kooperation durchaus auch<br />

mit Konkurrenzen innerhalb des Netzwerks<br />

einhergehen. „In der Praxis finden wir in<br />

den Unternehmensnetzwerken eine Fül-<br />

le von Kompetenzüberschneidungen“, so<br />

Corsten. Mit „Coopetition“ beschreiben<br />

Fachleute das Phänomen, dass Unterneh-<br />

men sich einerseits auf Märkten bekämpfen,<br />

gleichzeitig und punktuell aber zusammen-<br />

arbeiten.<br />

Pioniere des Coopetition-Modells waren in<br />

den 90er-Jahren die Fluglinien. Im Jahr 1997<br />

wurde die Star Alliance gegründet. Dieser<br />

Kooperation gehören derzeit 21 Fluggesell-<br />

8 pwc: | juli 2009<br />

schaften an, sie ist damit die größte Luft-<br />

fahrtallianz der Welt. Täglich finden im Rah-<br />

men des Verbunds 16. 00 Flüge zu rund<br />

912 Zielen in 1 9 Ländern statt.<br />

Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch<br />

die Lufthansa. Aus ihrer Sicht ist die Star<br />

Alliance eine „wichtige Marketingallianz, aus<br />

der vielen Kunden große Vorteile entstehen“,<br />

so Lufthansa-Sprecher Boris Ogursky. Zu<br />

diesen Vorzügen gehören zum Beispiel auf-<br />

einander abgestimmte Linienflüge und der<br />

Aufbau eines weltweiten Netzwerks. So sind<br />

Around-the-World-Tickets möglich. Reisen-<br />

de benötigen auch für lange Strecken nur<br />

eine Buchung. Gemeinsam wurden auch<br />

Angebote für Vielflieger entwickelt. Dennoch,<br />

so Ogursky, „bleiben in einigen Bereichen<br />

die Teilnehmer der Allianz Wettbewerber“.<br />

Um Fluggäste buhlen die Linien eigenstän-<br />

dig, jeder legt einzeln seine Preise fest.<br />

Koexistenz: Der Madenhacker<br />

pickt sich Insekten und Lar-<br />

ven aus dem Fell der Impala-<br />

antilope, die dadurch parasi-<br />

tenfrei lebt.<br />

Nicht nur entlang der Wertschöpfungskette,<br />

sondern auch auf der gleichen Stufe voll-<br />

ziehen sich daher moderne Partnerschaften.<br />

„Und das ist wichtig“, meint Professor Hans<br />

Corsten. Nur so werde verhindert, dass die<br />

Netzwerke zu Schlafmützenvereinen wür-<br />

den: „Im Wettbewerb muss jeder Teilneh-<br />

mer versuchen, attraktiv für das Netzwerk<br />

zu bleiben.“<br />

Für das globale Wirtschaftssystem haben<br />

sich die erfolgreichen Unternehmen auf<br />

Symbiosen besonnen, die ihnen – zum ge-<br />

genseitigen Vorteil – ein sattes Wachstum<br />

jenseits der Heimatmärkte versprechen.<br />

Beispiel Autoindustrie: Die Hersteller bauen,<br />

oft mit lokalen Partnern, neue Fertigungs-<br />

stätten auf, konzentrieren sich auf die<br />

Montage vorproduzierter Systeme sowie<br />

Marketing und Vertrieb im neuen Land. In<br />

ihrem Gefolge bauen auch die Zulieferer<br />

neue Werke in der Nachbarschaft der Auto-<br />

fabrik auf.<br />

Der Erfolg solcher Kooperationen hat dazu<br />

beigetragen, dass es heute erklärtes Ziel<br />

der Autohersteller ist, gerade nicht an ihren<br />

Partnern beteiligt zu sein. Sie sehen sich als<br />

die Spitze eines Netzwerks aus Kernkom-<br />

petenzen und betrachten dies als System<br />

höchstmöglicher Effizienz. Dass dadurch<br />

auch Abhängigkeiten entstehen, ist ihnen<br />

bewusst. „Aber der Trend ist unumkehrbar“,<br />

sagt Rautenstrauch. „Vertrauen ist ein kon-<br />

stituierendes Element in allen Netzwerken.“<br />

Zulieferer wie Hersteller sind sich bewusst,<br />

dass sie ohneeinander nicht mehr können.<br />

So paradox es auch klingt: Ein Automobil-<br />

hersteller ist heute allein nicht mehr in der<br />

Lage, ein wettbewerbsfähiges Fahrzeug<br />

auf den Markt zu bringen. Aus den Zuliefe-<br />

rungen sind derart hochanspruchsvolle Sys-<br />

temkomponenten geworden, dass ein soge-<br />

nannter Tier-1-Zulieferer gar nicht mehr zu<br />

ersetzen ist.<br />

Dass es sich um eine gegenseitige Abhän-<br />

gigkeit handelt, macht die gegenwärtige<br />

Krise deutlich. Angesichts des starken<br />

Preisdrucks haben viele Zulieferer eine<br />

viel zu geringe Eigenkapitalbasis und sind<br />

schlecht auf die Rezession vorbereitet.<br />

Wenn ein Hersteller hustet, bekommen die<br />

Lieferanten eine Lungenentzündung. Doch<br />

die Hersteller können ihre Lieferanten nicht<br />

einfach sterben lassen, weil sonst die Pro-<br />

duktion und das Know-how gefährdet wä-<br />

ren. Das geht so weit, dass Autokonzerne<br />

sich zu der Geschäftsbeziehung zu insol-<br />

venten Zulieferern bekennen, um damit de-<br />

ren Fortbestand zu sichern – wie gerade<br />

geschehen beim niedersächsischen Boden-<br />

belagshersteller Stankiewicz, dem sowohl<br />

Groß mit Klein<br />

Karlsruhe ist für Peter Poths ein hervorra-<br />

gender Standort. Nicht nur, weil er und sei-<br />

ne rund 20 Mitarbeiter sich in der Region<br />

wohlfühlen, auch seine Firma B2M Soft-<br />

ware, die 200 gegründet wurde, ist dort in<br />

guter Gesellschaft: Rund um die Technische<br />

Universität (TU) hat sich aus Sicht von Po-<br />

ths eine interessante Szene aus kleinen<br />

und mittleren IT-Unternehmen angesiedelt.<br />

Mittendrin sitzt auch das Forschungszentrum<br />

CEC des Softwarekonzerns SAP, und<br />

dessen Zentrale in Walldorf ist auch nur 20<br />

Autominuten entfernt.<br />

Von Anfang an war klar, dass B2M eigen-<br />

ständig, aber nicht einsam bleiben sollte.<br />

Für die Partnersuche setzte Poths vor allem<br />

auf Forschungsprojekte: eine großartige<br />

Gelegenheit, um potenziellen Partnern fürs<br />

Leben näherzukommen.<br />

So zum Beispiel bei Soknos, einer jener<br />

Innovationsallianzen, welche die Bundesregierung<br />

im Rahmen ihrer Hightechstrategie<br />

fördern will. Das mit 9, Millionen Euro<br />

vom Bund unterstützte Projekt soll ein Einsatzleitsystem<br />

schaffen, das eine erheblich<br />

bessere Koordination der Sicherheits- und<br />

Rettungskräfte im Fall von Naturkatastrophen<br />

oder Terroranschlägen ermöglicht.<br />

B2M ist gemeinsam mit SAP beteiligt<br />

– alleine, so Poths, könnte er solche Projekte<br />

nicht stemmen: „Wir müssen 0 Prozent<br />

des Budgets selbst tragen. Unternehmen<br />

unserer Größe fällt es schwer, sich<br />

glaubwürdig allein um ein mehrere Millionen<br />

schweres Projekt zu bewerben.“ Da hilft ein<br />

großer Partner wie SAP.<br />

Die Forschungsallianzen sind für Poths kein<br />

Wert an sich: „Wenn daraus nicht neue Produkte<br />

und neue Kunden resultieren, bringen<br />

sie uns keinen Vorteil.“ Die Chancen<br />

auf neue Produkte und neue Kunden seien<br />

aber nirgends so groß wie in unmittelbarer<br />

Nähe zu einem Konzern wie SAP. „In einer<br />

solchen Partnerschaft ist es viel leichter, die<br />

Marktchancen neuer Produkte abzuschätzen.<br />

Daher sinkt auch das Risiko, Geld in<br />

die falschen Technologien zu investieren.“<br />

BMW als auch Mercedes die Treue aus-<br />

sprachen. Eine ähnliche industrielle Evo-<br />

lution, wie sie die Autobranche schon seit<br />

Jahrzehnten durchfährt, steht nach Ansicht<br />

von Netzwerkexperte Rautenstrauch jetzt<br />

auch der IT-Branche bevor. Eine neue Bau-<br />

weise für Software macht den Wandel mög-<br />

lich. Waren es früher, in der Blütezeit von<br />

pwc: | juli 2009 9


pwc: Titel<br />

„Vertrauen ist ein konstituierendes Element<br />

in allen Netzwerken.“<br />

Thomas Rautenstrauch, Professor für Controlling, Hochschule Luzern<br />

Coopetition: Eigentlich sind sie<br />

Konkurrenten. Was der Pelikan<br />

erjagt, kann der Kormoran nicht<br />

mehr bekommen. Aber weil sie<br />

gemeinsam mehr Beute machen<br />

als allein, gehen die Wettbewerber<br />

zusammen auf Fischzug.<br />

Rivalisierende Partner<br />

Daimler und BMW haben eines gemeinsam:<br />

Sie bauen Premiumfahrzeuge. Gerade<br />

das hat sie zu Rivalen gemacht, die sich im<br />

Wettbewerb nichts schenken. Doch heute<br />

ist aus dem reinen Wettbewerbsverhältnis<br />

eine Coopetition geworden. Die beiden<br />

Automobilhersteller aus Süddeutschland<br />

sind gleichzeitig Konkurrenten und Kooperationspartner.<br />

Entstanden ist eine Einkaufskooperation,<br />

die sogar noch ausgeweitet<br />

werden soll. Hauptwettbewerber ist Audi,<br />

denn der Oberklassekonkurrent aus dem<br />

Volkswagen-Konzern kann Mengenvorteile<br />

aus dem Konzernverbund realisieren. Volkswagen<br />

produziert jährlich sechs Millionen<br />

Autos – das sind mehr als doppelt so viel<br />

wie BMW und Mercedes zusammen. Diese<br />

beiden Hersteller suchen daher nach Teilen<br />

wie Gurtroller, Stellmotoren für Fensterheber<br />

oder Klimaanlagen, die für Kunden nicht<br />

sichtbar sind. Wenn sie davon gemeinsam<br />

größere Stückzahlen bei den Lieferanten<br />

einkaufen, können sie günstigere Konditionen<br />

aushandeln. Gemeinsam bringen<br />

BMW und Daimler auch ein Hybridsystem<br />

Microsoft, große monolithische Blöcke, die<br />

ein Unternehmen überwiegend allein erstell-<br />

te, so ist heute mithilfe der neuen service-<br />

orientierten Architektur – kurz: SOA – eine<br />

modulierte Entwicklung möglich.<br />

Am Ende könnte dann ein Softwareprodu-<br />

zent die Programme – ähnlich wie heute ein<br />

Automobilhersteller – aus einzelnen Sys-<br />

temkomponenten quasi „zusammenste-<br />

cken“. Kunden könnten ihre individuellen<br />

Lösungen entsprechend aus passenden<br />

Komponenten konfigurieren. Auf diese Wei-<br />

se lädt SOA ähnlich wie Open-Source-Soft-<br />

ware die IT-Entwickler zum Mitmachen ein<br />

und führt so zu einer stärkeren Arbeits-<br />

teilung in der Softwareindustrie – wobei an-<br />

ders als bei Open Source auch alle Beteilig-<br />

ten daran verdienen können.<br />

Die Zahl der Unternehmen, die auf die-<br />

se Methode setzen, wächst gerade rasant.<br />

Das zeigt der „SOA Check 2009“, den die<br />

TU Darmstadt und der IT-Analyst Wolfgang<br />

Martin gerade vorgestellt haben. Von 2007<br />

bis 2009 stieg der Anteil der Unternehmen,<br />

die in SOA-Projekten involviert sind, von 31<br />

auf 7 Prozent.<br />

Über SOA macht sich auch Professor Lutz<br />

Heuser Gedanken. Er ist Forschungschef<br />

bei SAP in Walldorf. Sein Unternehmen hat<br />

sich längst dazu bekannt, die Programme<br />

für die S-Klasse von Mercedes und den 7er-<br />

BMW auf den Markt.<br />

Bei Teilen, die der Kunde wahrnimmt und<br />

über welche die beiden Marken sich<br />

differenzieren, gilt eine Kooperation aber<br />

weiterhin als undenkbar. Gemeinsame Antriebsaggregate<br />

von BMW und Daimler sind<br />

daher chancenlos, ebenso wie eine gemeinsame<br />

Plattformstrategie. „Die Unverwechselbarkeit<br />

der Marken ist ein hohes Gut. Ich<br />

verzichte lieber auf einen Größenvorteileffekt,<br />

als unsere Marken zu gefährden“, hat<br />

BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer erklärt.<br />

Reithofer kann sich aber gut vorstellen,<br />

dass weitere Möglichkeiten der Kooperation<br />

mit Daimler bei Teilen geprüft werden,<br />

die nicht markenprägend sind.<br />

So können die Bayern den Nachteil, den sie<br />

als mittelgroßer Hersteller im Einkauf gegenüber<br />

den ganz Großen haben, wettmachen,<br />

ohne ihre Flexibilität und die schlankeren<br />

Strukturen aufzugeben. Man wolle<br />

auch in Zukunft ein unabhängiges Unternehmen<br />

bleiben, betont Reithofer im Zuge<br />

der Kooperationsdiskussion denn auch.<br />

künftig mithilfe der neuen Architektur zu<br />

bauen, um sie besser und ökonomischer<br />

entwickeln zu können und für die Zukunft<br />

immer komplexere Produkte beherrschbar<br />

zu halten. Dazu braucht der Konzern<br />

starke Partner, ist sich Heuser bewusst. So<br />

arbeiten seine Forscher nicht nur an Ideen<br />

für Programme, sondern auch an Netzwerken<br />

– und zwar global, in Karlsruhe, Darmstadt<br />

und Dresden genauso wie in Schanghai,<br />

Brisbane, Pretoria, oder im israelischen<br />

Ra´anana.<br />

Auf allen Kontinenten formt Heuser Kooperationen,<br />

indem er seine SAP-Kollegen mit<br />

Wissenschaftlern aus Hochschulinstituten,<br />

Mittelständlern oder anderen Konzernforschern<br />

vernetzt. Die Partnerschaften,<br />

die daraus entstehen, braucht SAP genauso<br />

wie andere Unternehmen, weil sich die<br />

Märkte der Zukunft immer weniger mit einfachen<br />

Produkten zufriedengeben werden.<br />

„Sie werden nach komplexen Lösungen verlangen,<br />

also Kombinationen aus Produkten<br />

und Dienstleistungen“, erklärt Heuser. Und<br />

natürlich darf Software dabei nicht fehlen.<br />

Damit am Ende wirkliche Innovationen<br />

stattfinden, brauchen Softwareentwickler<br />

den Kontakt zu Hardwareproduzenten, und<br />

beide zusammen wiederum benötigen Integrationsspezialisten,<br />

welche die Komponenten<br />

zusammenführen. Alleine könnte<br />

wohl selbst ein Riese wie SAP die großen<br />

Innovationen der Zukunft gar nicht mehr<br />

beherrschen. Wie in der Automobilindustrie<br />

werden Netzwerke, in denen sich jeder<br />

auf seine Kernkompetenz konzentriert, den<br />

Wettbewerb dominieren.<br />

Vergleichsweise kooperationsfern agiert<br />

hingegen derzeit noch eine andere<br />

Zukunftsbranche: die Biotechnologie. Die<br />

großen Pharmaunternehmen setzen eher<br />

auf Übernahmen als auf Partnerschaften,<br />

so wie sie es aus ihrem klassischen Markt<br />

gewohnt sind. Das ist auch so lange sinnvoll,<br />

wie es bei der Entwicklung neuer Arzneien<br />

vor allem auf die Schutzrechte auf<br />

den Wirkstoff ankommt: Der Großkonzern<br />

verfügt über die Marketingpower, um neue<br />

Medikamente weltweit zu verkaufen, und<br />

wenn seine eigene Forschungsabteilung<br />

nicht genügend Nachschub für die Produktpipeline<br />

liefert, kauft er eben Biotechfirmen<br />

dazu, die über Patente auf aussichtsreiche<br />

Wirkstoffe verfügen.<br />

Aber dieses bewährte Muster ändert sich<br />

gerade. Denn auf dem Pharmamarkt der<br />

Zukunft spielen nicht nur Wirkstoffe, sondern<br />

auch die dazugehörigen Diagnosetechniken<br />

eine große Rolle – und die lassen<br />

sich nicht so einfach kaufen.<br />

Der Schlüsselbegriff für diese neue Entwicklung<br />

heißt Biomarker. Das sind DNA-<br />

Sequenzen, die Aussagen darüber ermöglichen,<br />

ob ein Wirkstoff bei einem Patienten<br />

überhaupt anspricht oder bestimmte Nebenwirkungen<br />

zu erwarten sind. Auch Prädispositionen<br />

für Krankheiten lassen sich so<br />

aufzeigen.<br />

Wenn, so Branchenexperten, die Diagnostik<br />

per Biomarker bald zu den Medikamenten<br />

dazugehören wird, werde das die Unternehmen<br />

auf einen Kooperationspfad zwingen.<br />

Erstens, weil die Schutzrechte an<br />

solchen Biomarkern jetzt schon zu weit<br />

innerhalb der Industrie – auch unter den<br />

großen Playern der Branche – gestreut sind.<br />

10 pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009 11


pwc: Titel<br />

Und zweitens, weil die hohe Nachfrage<br />

nach Biomarkern es nahelege, Netzwerke<br />

mit Anreizsystemen so aufzubauen, dass<br />

möglichst viele Biomarker möglichst schnell<br />

entdeckt werden. Sowohl Coopetition-<br />

Modelle als auch Kooperationen zwischen<br />

kleinen Unternehmen und Großkonzernen<br />

dürften dann auch in der Biotechbranche<br />

Einzug halten.<br />

Der Zwang zu Partnerschaften gilt für die<br />

klein- und mittelständischen Unternehmen,<br />

die KMUs, erst recht. Die im Mittelstand<br />

noch knapperen Ressourcen machen es<br />

noch zwingender erforderlich, zu gemein-<br />

samer Stärke zu finden. Das haben frag-<br />

Lösungen für die Auflösung<br />

Hinter einer Unternehmenskooperation<br />

steht in der Regel der Wunsch nach einer<br />

stabilen und langlebigen Partnerschaft, und<br />

oft sind die Beziehungen auch von Dau-<br />

er. Dennoch sollten Kooperationspartner<br />

schon vor der „wilden Ehe“ darüber nach-<br />

denken, welche Abhängigkeiten im Laufe<br />

der Jahre entstehen und welche Auswir-<br />

kungen eine Trennung haben kann. Denn<br />

oft bestehen keine detaillierten Verträge, in<br />

denen geregelt ist, wie die Auflösung der<br />

Beziehung erfolgen soll. Und alles ist ver-<br />

traglich auch nicht zu regeln.<br />

So ist es geradezu unvermeidlich, dass der<br />

Partner im Laufe der Jahre Know-how auf-<br />

baut und Einblicke in die eigenen Prozesse<br />

und Technologien erhält. Hier ist grund-<br />

sätzlich zu prüfen, wie eng die Beziehung<br />

werden soll und wo kritisches Know-how<br />

nicht die Unternehmensgrenzen verlas-<br />

sen darf. Dafür ist es notwendig, ganz un-<br />

abhängig vom Vertrauen zwischen den<br />

Partnern und der Intensität der Beziehung<br />

einmal das Szenario des Scheiterns durch-<br />

los auch die Wirtschaftsförderungsgesell-<br />

schaften erkannt. Sie bauen seit Jahren<br />

Cluster auf, mit denen sie die Wirtschafts-<br />

kraft der Regionen stärken wollen, indem<br />

zuspielen – das Risikomanagement soll-<br />

te die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes<br />

von Großkunden ebenso berücksichtigen<br />

wie Handlungsoptionen für den Fall neuer<br />

Konstellationen, etwa nach einer fusions-<br />

bedingten Branchenkonsolidierung.<br />

Am Beispiel der Autoindustrie lässt sich<br />

aufzeigen, dass oft auf vertragliche Rege-<br />

lungen zum Trennungsfall verzichtet wird.<br />

Typisch ist, dass der Hersteller mit seinen<br />

Zulieferern nach der Auswahl lediglich ei-<br />

nen Nomination Letter verfasst, erklärt der<br />

Jurist und Transaktionsexperte Denis Ba-<br />

cina von PricewaterhouseCoopers (<strong>PwC</strong>).<br />

Diese „Letter of Intent“ sind Schriftstücke,<br />

in denen im Fall von unvorhergesehenen<br />

Schwierigkeiten mit der Folge einer Auflö-<br />

sung der Beziehung relativ wenig geklärt ist.<br />

Bacina weist darauf hin, dass die Partner<br />

einen Nomination Letter jederzeit beenden<br />

können. Für ihn ist das aber ein eher theo-<br />

retischer Fall: „In der Regel wird das keiner<br />

machen. Die Investitionen in den Beginn der<br />

Partnerschaft sind einfach zu groß.“<br />

Auflösung: Nicht alle Probleme kann man gemein-<br />

sam lösen. Manchmal muss man sich, wie hier Ze-<br />

bras und Gnus, trennen und alleine weitermachen.<br />

sie Unternehmen vernetzen. Christiane<br />

Kerlen, wissenschaftliche Beraterin am VDI/<br />

VDE Innovation und Technik in Berlin und<br />

Expertin für Evaluation von Unternehmens-<br />

netzwerken, hat schon eine ganze Reihe<br />

dieser Kooperationen untersucht. Ihr Urteil:<br />

Das Tempo ist in der Wirtschaft durch den<br />

Einsatz der Informations- und Kommunika-<br />

tionstechnologien derart schnell geworden,<br />

dass es für Firmen immer schwieriger ist,<br />

auf sich allein gestellt zu bleiben.<br />

Erfolgsfaktoren sind aus Sicht der Bera-<br />

terin vor allem Geduld und ein festes Be-<br />

kenntnis der Entscheidungsträger. Denn<br />

es kann Jahre dauern, bis Partnerschaften<br />

echten Nutzen bringen. Und umsonst gibt<br />

es nichts. „Unternehmen müssen Geld und<br />

personelle Ressourcen einbringen“, so Ker-<br />

len. „Sie müssen Mitarbeiter für gemein-<br />

same Arbeitsgemeinschaften abstellen und<br />

Zeit einräumen, damit diese ihre mitge-<br />

brachten Hausaufgaben erledigen können.“<br />

In der Regel zahle sich der Einsatz am Ende<br />

aber aus, weil Kosten gespart werden und<br />

die Wettbewerbsfähigkeit steigt.<br />

Die menschlichen Kontakte sind am Ende<br />

viel entscheidender für den Erfolg als eine<br />

gesellschaftsrechtliche Bindung. Denn die<br />

lenkt nur von den eigentlichen Zielen der<br />

Kooperation ab und schafft neue Probleme<br />

und Konfliktherde. Am Ende ist es das ge-<br />

meinsame Ziel, dass die Partnerschaft zum<br />

Erfolg führt und nicht der Treueschwur vor<br />

dem Handelsregister.<br />

12 pwc: | juli 2009<br />

Der Schweizer Rolf Dobelli, 3, ist Grün-<br />

der, CFO und Aufsichtsratschef von get-Ab-<br />

stract, dem Weltmarktführer für Buchzu-<br />

sammenfassungen, und Schriftsteller.<br />

Er lebt in Miami und Luzern.<br />

Dobellistik<br />

Kooperation, meine Damen und Herren, ist<br />

die Grundlage allen Wirtschaftens. Ohne<br />

Kooperation kein Fortschritt, keine Zivilisa-<br />

tion, kein Wohlstand. Schauen Sie ins Tier-<br />

reich. Es gibt keine Spezies, die so intensiv<br />

kooperiert wie der Mensch. Löwen jagen<br />

in Gruppen von höchstens vier, fünf Tie-<br />

ren. Ein halbes Dutzend Schimpansen rottet<br />

sich zusammen, um Eindringlinge aus ihrem<br />

Revier zu verjagen.<br />

Wie armselig im Vergleich zu uns! Ameisen,<br />

ja, aber die sind genetisch betrachtet alle<br />

Schwestern, und keine Kolonie kooperiert<br />

mit der anderen. Wie mickrig im Vergleich<br />

zur globalen Wirtschaft, wo Millionen von<br />

Menschen, Staaten und Firmen zusammen-<br />

arbeiten. Man darf behaupten: Was den<br />

Menschen zum Menschen macht, ist nicht<br />

seine Intelligenz, sondern seine Fähigkeit<br />

zur Kooperation. Was kann ich Ihnen zum<br />

Thema Kooperation raten? Erstens: Koope-<br />

rieren Sie! Vergessen Sie emotionale Intel-<br />

ligenz. Was Sie brauchen, ist kooperative<br />

Intelligenz. Machen Sie Ihre Kooperations-<br />

fähigkeit zum unschlagbaren Wettbewerbs-<br />

vorteil. Verwirren Sie Ihre Konkurrenten mit<br />

Ihrer Paarungsfähigkeit, mit Ihrer poly-<br />

gamen Potenz. Kündigen Sie jeden Tag<br />

mindestens eine neue Allianz an. Auf Ihrer<br />

Homepage sollten die Logos Ihrer Koope-<br />

rationspartner leuchten wie New York by<br />

Night. Ihr neues Credo lautet: Cooperate or<br />

perish. Zweitens: Stellen Sie sicher, dass<br />

jeder Mitarbeiter mindestens in ein Dutzend<br />

Kooperationen eingebunden ist. Eine vier-<br />

dimensionale Matrixstruktur eignet sich<br />

hierfür bestens. Oft ist es gar nicht so wich-<br />

tig, den Zweck einer Partnerschaft festzu-<br />

legen. Menschen sind kreativ. Sie werden<br />

den Kooperationen einen Sinn geben.<br />

Drittens: Je größer Ihr Kooperationspartner,<br />

desto besser. Großfirmen sind so sehr mit<br />

sich beschäftigt, dass Sie jede Zusammen-<br />

arbeit zu Ihren Gunsten drehen können.<br />

Davids unschlagbarer Vorteil. Wenn Sie eine<br />

kleine Softwarefirma sind, kooperieren Sie<br />

mit Microsoft. Sind Sie ein Sanitärgeschäft,<br />

nennen Sie sich Kooperationspartner des<br />

Stararchitekten Frank Gehry – auch wenn<br />

Sie nur ein Abwasserrohr geliefert haben.<br />

Viertens: Irgendwann werden Sie keine<br />

Partner mehr finden, mit denen Sie koope-<br />

rieren können. Dann kooperieren Sie mit Ih-<br />

ren Konkurrenten. Und wenn Sie sich mit al-<br />

len Ihren Konkurrenten vereint haben, dann<br />

lassen Sie Ihre Kooperationen miteinander<br />

kooperieren. Lassen Sie sie Joint Ventures<br />

eingehen, Mergers anbahnen, Allianzen<br />

schmieden, lassen Sie sie sich gegenseitig<br />

bestäuben. Sie werden staunen, welch<br />

entzückende Firmenflora sich daraus<br />

höchstorganisch entwickelt. Kein Investor,<br />

kein Wirtschaftsprüfer, kein Steuerkommis-<br />

sar wird das wuchernde Dickicht je durch-<br />

dringen. Stattdessen wird man staunen ob<br />

der Vielfalt und Vitalität Ihres Konzerns. Ein<br />

Tipp zum Sprachgebrauch. Nennen Sie<br />

eine Kooperation niemals einfach Koope-<br />

ration. Argumentieren Sie mit Begriffen wie:<br />

natürlicher Fit, Ehe im Himmel, Yin-Yang,<br />

Traumpaar, organische Kombination, Eins-<br />

pluseinsgleichdrei, Verschmelzung, strate-<br />

gisches Bündnis, taktischer Pakt, globale<br />

Entente – und zögern Sie nicht, Adjek-<br />

tive wie revolutionär, bahnbrechend und<br />

epochemachend in den Mund zu nehmen.<br />

Fünftens: Lösen Sie Kooperationen niemals<br />

auf. Auch nicht, wenn sie Ihrer Bottom-Line<br />

schaden. Lassen Sie ein Rumpfteam weiter-<br />

hin Aktivitäten entfalten – einige Meetings<br />

pro Monat und rege E-Mail-Korrespondenz<br />

genügen. Merken Sie sich: Eine Koopera-<br />

tion, die nichts taugt, taugt immerhin für<br />

einen gesunden Komplexitätsschub.<br />

Sie zweifeln? Dann denken Sie sich einmal<br />

das Gegenteil: keine Kooperation. Jede Fir-<br />

ma ein Monolith, klassizistisch rein, sauber,<br />

transparent und langweilig. Mitarbeiter, die<br />

wissen, was zu tun ist. Manager, die erken-<br />

nen, was ihr eigentlicher Auftrag ist. Eine<br />

unmissverständliche Strategie. Ein glas-<br />

klares Organigramm. Ich frage Sie: Wollen<br />

Sie das? Und – was wäre damit gewonnen?<br />

Ich frage Sie auch: Gibt es ein schöneres<br />

Gefühl, als durch Tokio, New York, Moskau,<br />

Buenos Aires oder Zürich zu schlendern<br />

und Menschen anzusprechen mit: „Kennen<br />

wir uns nicht von irgendwoher? Wir haben<br />

doch diese Kooperation …?“ Sie werden<br />

sich in die Arme fallen und vor Freude<br />

schluchzen. Fraternité! 220 Jahre nach der<br />

Französischen Revolution werden wir end-<br />

lich alle Brüder sein.<br />

PS: Wenn ich, meine Damen und Herren,<br />

nach einem anstrengenden Tag nach Hause<br />

komme und meiner Frau eine Kooperation<br />

anbiete, dann könnte sie die Welt umarmen.<br />

Nein: Sie tut es.<br />

pwc: | juli 2009 13


pwc: Trends<br />

Grün einkaufen für den Staatshaushalt<br />

Von Dienstwagen bis zum Kantinenessen,<br />

vom Recyclingpapier bis zum Stromvertrag<br />

– wenn die Bundesregierung shoppen geht,<br />

macht sie das im großen Stil. Mit einem Vo­<br />

lumen von etwa 360 Milliarden Euro macht<br />

die öffentliche Beschaffung rund 17 Pro­<br />

zent des Bruttoinlandsprodukts aus. Solan­<br />

ge aber die Ausgaben nicht an Kriterien der<br />

Nachhaltigkeit ausgerichtet werden, besteht<br />

die Gefahr, dass der Steuerzahler doppelt<br />

zahlt. Denn der Kauf ökologisch vorteilhaf­<br />

ter Produkte schützt nicht nur die Um­<br />

welt. „Dem höheren Einkaufspreis für um­<br />

weltfreundliche Güter stehen in der Regel<br />

niedrigere Betriebskosten gegenüber“, sagt<br />

Stefan Calvi, Nachhaltigkeitsexperte bei<br />

<strong>PwC</strong>. Eine Vergabepraxis nach dem Mot­<br />

to „Geiz ist geil“ führt zwangsläufig in die<br />

Sackgasse. Das weiß man schon lange. Be­<br />

reits im Jahre 2002 beim UN­Weltgipfel für<br />

nachhaltige Entwicklung in Johannesburg<br />

haben sich die teilnehmenden Regierungen,<br />

Süße Grüße aus Mannheim<br />

Mit 50 Kilogramm Schokolade hat Schokinag­Chef Hans­Joachim<br />

Herrmann vier <strong>PwC</strong>­Mitarbeiter aus Mainz belohnt. „Sie haben die<br />

Dinge meisterlich auseinandergenommen und präsentiert und auf<br />

diese Weise wieder einmal unter Beweis gestellt, dass wir uns mit<br />

den richtigen Prüfern zusammengetan haben“,<br />

schreibt Herrmann in einem Brief.<br />

Der Produzent von Rohschokolade<br />

konnte mit Beistand der <strong>PwC</strong>ler Verkaufsverhandlungen<br />

mit dem USamerikanischen<br />

Hersteller von Rohstoffen<br />

für Lebensmittel ADM mit Erfolg<br />

abschließen. Für ADM bedeutet diese<br />

Akquisition einen wichtigen strategischen<br />

Schritt zur Erschließung des<br />

europäischen Markts. Ob ADM nun<br />

auch ein Dankeschönpaket nach<br />

Mainz schickt, bleibt abzuwarten –<br />

es könnte wieder lecker werden.<br />

darunter die Bundesrepublik Deutschland,<br />

dazu verpflichtet, „umweltfreundliche<br />

Produkte und Dienstleistungen durch öffentliche<br />

Beschaffung auf allen Ebenen zu<br />

fördern“. Dennoch hinkt Deutschland hinterher.<br />

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung<br />

verweist auf die Niederlande, wo sich<br />

die Regierung bis 2020 das Ziel gesetzt hat,<br />

100 Prozent der öffentlichen Beschaffung<br />

nachhaltig zu gestalten. In Deutschland<br />

kaufen zwar einige Kommunen fair gehandelten<br />

Kaffee oder Ökostrom, es fehlen aber<br />

gesetzliche Vorgaben und Kontrollen vom<br />

Bund. www.pwc.de/de/sustainability<br />

Sonnige Aussichten für Solarbranche<br />

Mit einer Vervierfachung<br />

des Gesamtwerts der Fusionen<br />

und Beteiligungen<br />

kann die Solarbranche aufwarten,<br />

der Wert ist von<br />

1,15 auf rund 5,36 Milliarden<br />

US­Dollar gestiegen.<br />

Das Potenzial ist noch nicht<br />

ausgeschöpft. „Für Anbieter<br />

erneuerbarer Energien<br />

dürfte 2009 ein Schlüsseljahr<br />

werden“, sagt Manfred<br />

Wiegand, der bei <strong>PwC</strong> weltweit für die Energieversorgungsbranche<br />

verantwortlich ist. Das weitere Wachstum der Branche hängt davon<br />

ab, ob sich die Regierungen – insbesondere die der USA – auch in<br />

Zeiten der Rezession auf Klimaschutzziele verpflichten lassen und<br />

die alternative Energieerzeugung trotz Krise weiter subventionieren.<br />

www.pwc.de/de/pwc367<br />

Attraktivere Renditen in der Krise<br />

München und Hamburg sind die hervorragendsten Städte<br />

Europas – so jedenfalls sehen das internationale Immobilieninvestoren.<br />

<strong>PwC</strong> und das Urban Land Institute fragten über<br />

500 Experten nach ihrer Einschätzung zu den Entwicklungen im<br />

internationalen Immobilienmarkt. Vier deutsche Städte sind im<br />

europäischen Vergleich unter den Top Ten. „Der deutsche<br />

Immobilienmarkt gewinnt in der Krise an Attraktivität“, sagt<br />

Helmut Trappmann, Real­Estate­Experte bei <strong>PwC</strong>. Die Risiken<br />

hierzulande sind niedriger als in früheren Boomregionen. Die<br />

Renditechancen haben zwar unmittelbar nach der Krise nachgelassen,<br />

die deutschen Städte konnten aber mit überdurchschnittlichen<br />

Erträgen punkten – München an der Spitze mit<br />

einem besonders attraktiven privaten Wohnungsmarkt und Hamburg auf Platz zwei. Berlin<br />

und Frankfurt stehen auf dem neunten und zehnten Rang. Frankfurt ist um drei Plätze von<br />

der Sieben auf die Zehn gerutscht. „Die Bankenmetropole bekommt die Finanzkrise zweifellos<br />

zu spüren“, sagt Trappmann. Der Markt für Büroimmobilien scheint gesättigt.<br />

Vorjahressieger Moskau hat 2009 nur den sechsten Platz erreichen können: Investitionsrisiken.<br />

Istanbul, im letzten Jahr die zweitattraktivste Metropole Europas, ist einen Rang<br />

heruntergerutscht und steht jetzt auf Platz drei. Die Schöne am Bosporus biete für Immobilienentwickler<br />

sogar die besten Perspektiven, wird aber von den Experten auch mit einem<br />

hohen Risiko bewertet. www.pwc.de/de/pwc368<br />

16.400.000.000<br />

US­Dollar beträgt das Volumen der Fusionen und<br />

Übernahmen der Metallindustrie in der Region Asia­<br />

Pacific, 2007 waren es noch 7,2 Milliarden. Die Zahl<br />

der Übernahmen ist in Asien von 148 auf 185 gestiegen.<br />

In Europa läuft der Trend konträr: Die<br />

Anzahl der Übernahmen ist von 104 auf 65 gesunken,<br />

die Volumina fielen von 20,1 auf 8,5 Millionen<br />

US­Dollar. www.pwc.de/de/pwc369<br />

Die Welt der Versicherer steht Kopf<br />

Die Versicherungsindustrie ist tief verunsichert. „Für die<br />

Versicherungskonzerne ist die Welt heute eine vollkommen<br />

andere als noch vor 18 Monaten“, sagt Werner<br />

Hölzl, Vorstandsmitglied und Leiter des Bereichs Versicherungen<br />

bei <strong>PwC</strong>. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise<br />

gingen noch über 20 Prozent der Brancheninsider<br />

davon aus, dass die Versicherungswirtschaft gut aufgestellt<br />

sei. Inzwischen sagen das nur noch vier Prozent.<br />

Das ergab der diesjährige „Insurance Banana Skins<br />

Survey“ von <strong>PwC</strong>. 2007 standen noch Überregulierung,<br />

Naturkatastrophen und Managementqualität ganz oben<br />

auf der Sorgenskala der Versicherungsmanager und<br />

Branchenbeobachter. Heute bereiten sinkende Renditen,<br />

volatile Aktienmärkte und Kapitalknappheit der Branche<br />

Kopfschmerzen. www.pwc.de/de/pwc370<br />

Drei Fragen an ...<br />

Jens Rönnberg<br />

... zu Transaktionen im Finanzsektor<br />

pwc: Welche Rolle spielt der Staat aktuell<br />

im Bankensektor?<br />

Rönnberg: Die teilweise oder komplette Verstaatlichung<br />

europäischer Banken ist 2008<br />

weit vorangeschritten. Die Regierungen investierten<br />

rund 104 Milliarden Euro in nationale<br />

Institute. Damit entfielen fast 70 Prozent<br />

des M&A­Transaktionsvolumens im<br />

Bankensektor auf Anteilskäufe von Staaten.<br />

Wie sieht es in den anderen Finanzdienstleistungsbereichen<br />

aus?<br />

Im Vergleich zu 2007 fiel das M&A­Volumen<br />

im gesamten Finanzdienstleistungssektor<br />

von 208 auf 179 Milliarden Euro. Bereinigt<br />

um die staatlichen Aktivitäten wäre das Volumen<br />

sogar um 65 Prozent eingebrochen.<br />

Wie wird sich die staatliche Einflussnahme<br />

auf die Politik der Banken auswirken?<br />

Die Vorstände der Finanzinstitute werden<br />

Übernahmen künftig nicht nur gegenüber<br />

privaten Anteilseignern, sondern auch<br />

gegenüber Ministern und Steuerzahlern<br />

rechtfertigen müssen.<br />

Jens Rönnberg ist Transaktionsexperte im<br />

Bereich Financial Services.<br />

14 pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009 15


pwc: Märkte<br />

Warschau, Istschau,<br />

Wirdnochschauer<br />

Dass Polen für Hochtief zum immer näheren Osten wurde, verdankt der<br />

Baukonzern Managern wie Bernhard Bürklin und Christoph Kohlhaussen.<br />

Von Anja Dilk<br />

Über den Dächern von<br />

Warschau: In Polens<br />

Hauptstadt mischen sich<br />

glitzernde Bürohochhäuser<br />

unter die klassizistischen<br />

Regierungsbauten.<br />

„Polen ist ein glückliches Land, die Wirtschaftskrise<br />

wird sich nicht so stark niederschlagen.“<br />

Christoph Kohlhaussen, CFO Hochtief Polska<br />

16 pwc: | juli 2009<br />

An einem grauen Januarnachmittag 1990<br />

betritt Bernhard Bürklin zum ersten Mal<br />

polnischen Boden. Tief hängen die Wolken<br />

über dem Flughafengelände am Rande von<br />

Warschau. Grau sind auch die Gebäude, in<br />

der Ferne sieht Bürklin Baucontainer, Laster,<br />

Zäune, einen alten Hubschrauberlandeplatz.<br />

Er atmet tief durch: In zweieinhalb<br />

Jahren sollen hier Flugzeuge im Minutentakt<br />

starten und landen. „Wie sollen wir das bloß<br />

schaffen?“ Der 34-Jährige schlägt den Kragen<br />

seiner Jacke hoch und stapft durch den<br />

Schneematsch zum Bauherrenbüro.<br />

April 2009, Essen, Hochtief-Zentrale. Die<br />

Sonne steht hoch über dem Altbau aus<br />

Gründerzeiten. „Herzlich willkommen“, ruft<br />

Bernhard Bürklin lächelnd und bittet in sein<br />

Büro. „Leiter Corporate Projects“ steht inzwischen<br />

auf seiner Visitenkarte. Er ist bester<br />

Stimmung an diesem strahlenden Montagmorgen.<br />

Vielleicht, weil er sich gerne<br />

erinnert an seine Pionierjahre in Polen, von<br />

denen er heute erzählen soll.<br />

19 Jahre ist es jetzt her, dass sein Chef ihn<br />

zu sich bat, kurz nachdem Hochtief den<br />

Zuschlag für den Ausbau des internationalen<br />

Flughafens in Warschau erhalten hatte.<br />

„Bürklin, wir brauchen jemanden für die Bauleitung:<br />

Wollen Sie das machen?“ Ein gewaltiges<br />

Projekt stemmen auf einem neuen<br />

Markt; zwei Jahre in einer völlig neuen Welt<br />

an Deutschlands Ostgrenze.<br />

Natürlich hatte Bürklin schon „Fronterfahrung“,<br />

wie er es nennt: Auslandseinsätze in<br />

Malaysia, Togo, Oman und zwei Jahre in der<br />

Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf.<br />

Auch dieses Mal war der Ingenieur bereit,<br />

mit seiner Frau und drei Kindern die Koffer<br />

zu packen: „Wieder eine besondere Herausforderung<br />

im Ausland, das hat mich gereizt.“<br />

Zumal das Flughafenprojekt zu den ersten<br />

gehörte, bei denen Hochtief nicht nur den<br />

Bau, sondern auch Planung und Strukturierung<br />

der Finanzierung übernehmen sollte.<br />

Ein „Meilenstein“, wie er heute sagt, für die<br />

Geschäftspolitik des Konzerns.<br />

Bernhard Bürklin nimmt einen Schluck grünen<br />

Tee und lehnt sich zurück. Polen kurz<br />

nach dem Mauerfall, „das war eine völlig<br />

andere Welt. Ostzone, mehr Russland als<br />

Europa.“ In der Ausschreibungsphase hatten<br />

Hochtief-Mitarbeiter bereits einige Ansprechpartner<br />

vor Ort kennengelernt, wertvolle<br />

Kontakte für den Start aus dem Nichts.<br />

Nichts hieß: kein Büro, fast keine Mitarbeiter,<br />

keine Unterkünfte, keine Geräte, keine<br />

Bankverbindung, kein Telefon. Bürklin<br />

zapfte seine Kontakte an und die Kontakte<br />

der Kontakte. „Kennt ihr jemanden, habt ihr<br />

Tipps, könnt ihr uns weiterhelfen?“<br />

Er holt einen Ingenieur aus der Essener<br />

Zentrale, einen gebürtigen Polen, der ihm<br />

hilft, über das Polytechnikum in Warschau<br />

Nachwuchs anzuwerben. Studenten für<br />

Praktika, Absolventen für den ersten Job. In<br />

Essen bekommen sie den Endschliff für das<br />

Projekt. Viele der Polytech-Ingenieure sind<br />

heute Bauleiter.<br />

Nach ein paar Monaten zieht die Mannschaft<br />

in einen eigenen Baucontainer, mit<br />

Ikea-Möbeln aus Berlin. Zwar gibt es ein<br />

Telefon, doch durchzukommen ist unmöglich.<br />

Kurzerhand stellt der Bauleiter eine Telefonistin<br />

ein, die nichts anderes zu tun hat,<br />

als morgens eine Leitung herzustellen und<br />

anschließend den Hörer den ganzen Tag<br />

neben die Gabel zu legen. Standleitung auf<br />

polnische Art.<br />

Ohne Sprachkenntnisse fallen die ersten<br />

Schritte schwer. Die Gespräche mit dem<br />

Bauherrn laufen auf Englisch, doch der Arbeitsalltag<br />

ist ohne Dolmetscher undenkbar.<br />

Gerade bei Verhandlungen ein tückischer<br />

Fallstrick. Irgendwann merken Bürklin<br />

und sein Team, dass manche Lieferanten<br />

durchaus Deutsch verstehen, es aber verschweigen,<br />

um sich unbemerkt absprechen<br />

zu können. Wie jener Betonproduzent, der<br />

im Verhandlungsschacher nach polnischer<br />

Rücksprache mit seinem Kollegen sagte:<br />

„Mehr als drei Prozent Nachlass können<br />

wir nicht geben.“ Da hat sich Bürklin aber<br />

schon etwas eingehört in die polnischen<br />

Zahlen: „Ihr Kollege hat aber doch gerade<br />

gesagt, vier Prozent sind absolut machbar.“<br />

Wie versteinert habe da der Lieferant<br />

geschaut. Wie ein Buschfeuer habe sich danach<br />

herumgesprochen: „Der Bürklin ist ein<br />

ganz Arger.“ Der ganz Arge grinst. „Bis heute<br />

denken die von Hochtief Polska, dass ich<br />

gut Polnisch kann.“<br />

Hinter dem Fallstrick Sprache verbirgt sich<br />

freilich noch mehr: Vertrauen. Immer wieder<br />

müssen die Männer erfahren, dass sie<br />

nicht nur Bauexperten sind. Sondern auch:<br />

Deutsche. Gerade mal 45 Jahre ist der<br />

Krieg vorbei, manche auf der Baustelle haben<br />

ihn selbst erlebt. Misstrauische Blicke,<br />

scharfe Bemerkungen, Diskussionen über<br />

den Krieg – damit müssen Bürklin und seine<br />

Mannen leben. „Da blieb nur, in die Defensive<br />

zu gehen.“ Und zu zeigen: Es gibt sie,<br />

die anderen Deutschen.<br />

Im Frühjahr 1991 haben das Land und der<br />

Bauleiter die größten Turbulenzen überstanden.<br />

Mit der Wirtschaft geht es langsam<br />

bergauf, mit dem Flughafenbau zügig<br />

voran. Die polnischen Lieferanten gewinnt<br />

das Team mit Know-how-Transfer. Als etwa<br />

Hochtief bei minus 20 Grad betonieren will,<br />

um den Zeitplan einzuhalten, entwickeln<br />

die deutschen Ingenieure ein spezielles<br />

Heizmittel, um Sand und Kies vor dem Mischen<br />

erwärmen zu können. Das polnische<br />

Unternehmen besorgt die Mischanlagen<br />

und kann nach Abschluss der Arbeiten die<br />

Betonheizanlage billig übernehmen – und<br />

macht bis heute damit gute Geschäfte.<br />

Wo es anfangs manchmal knirscht, kehrt<br />

langsam Routine ein. Zum Beispiel in puncto<br />

Arbeitsweise. Die Mitarbeiter gewöhnen<br />

sich daran, dass die Deutschen klare Vorstellungen<br />

von Struktur, Ablauf, Ende des<br />

Projekts haben, scharfe Termine setzen und<br />

wenn irgend möglich einhalten. Sie gewöhnen<br />

sich an das eng durchgetaktete Qualitätssicherungssystem.<br />

Die Deutschen wiederum<br />

werden erfahrener im Networking,<br />

binden Vertreter aus Wissenschaft, Politik<br />

und Kirche ein.<br />

Das zahlt sich bis heute aus. Denn anders<br />

als ursprünglich geplant bleibt die Hochtief-Crew<br />

auch über den Flughafenausbau<br />

hinaus im Land. Denn mit dem Wirtschaftsaufschwung<br />

kündigt sich ein Bauboom an.<br />

pwc: | juli 2009 17


pwc: Märkte<br />

Bürklin: „Allmählich wurde uns klar: Hier<br />

ist ein gewaltiger Markt, eine ungeheure<br />

Chance für ein Bauunternehmen.“ Neue<br />

Einkaufszentren, Fabriken, Bürohäuser, öf-<br />

fentliche Gebäude sollen entstehen. Warum<br />

also nicht seine Fühler ausstrecken? Am<br />

besten über Beteiligungen.<br />

Bürklins Blick fällt auf die Firma Budokor,<br />

die am Flughafenrand eine Brücke baut.<br />

Man kennt sich. Bürklin kauft für Hochtief<br />

Anteile, erst im kleinen Maßstab. Vorsichtig<br />

locken die Deutschen mit Know-how, finan-<br />

zieller Stabilität und internationalen Aufträ-<br />

gen. Machen immer wieder klar: Wir wollen<br />

euch nicht übernehmen, wir greifen nicht in<br />

eure Strukturen ein. 1993 steigen die Hochtief-Mitarbeiter<br />

in die Geschäftsleitung von<br />

Budokor ein, Bürklin in den Aufsichtsrat.<br />

Die Vertrauensbildung trägt Früchte. Budokor<br />

wird ein polnisch-deutsches Unternehmen.<br />

Die nächsten beiden Hochtief-Beteiligungen,<br />

Ende 1995, fädelt schon nicht<br />

mehr Bürklin ein. Seine Zeit in Polen ist vorbei,<br />

der Schritt auf den Markt geschafft.<br />

Wenn Christoph Kohlhaussen heute nach<br />

seinen schönsten Projekten gefragt wird,<br />

sprudelt es aus dem CFO von Hochtief<br />

Polska nur so heraus. Rondo 1, dieser markante<br />

Bürokomplex mitten in Warschau;<br />

das Containerterminal in Danzig, gemeinsam<br />

mit der Hochtief-Schwester in Hamburg<br />

realisiert; das Einkaufszentrum Galeria<br />

Malta in Posen mit Platz für mehr als 170<br />

Läden; das internationale Business-Center<br />

in der Hauptstadt; das Stadion in Lublin,<br />

ein Referenzprojekt, realisiert mit einem polnischen<br />

Partner, mit dem Hochtief Polska in<br />

der Ausschreibung um die Sportstätten für<br />

die Europameisterschaft 2012 punkten will.<br />

Schneematsch gibt es in Warschau noch<br />

wie zu Bürklins Zeiten. Aber das Grau ist<br />

verschwunden – spiegelnde Glasfassaden<br />

haben es verdrängt. Nach Jahren mit dem<br />

inoffiziellen Titel „größte Baustelle Europas“<br />

ist die achtgrößte Stadt der Europäischen<br />

Union (EU) zum wichtigsten Finanzzentrum<br />

Aufbau und Ausbau: Bernhard Bürklin (links), vor 19 Jahren Hochtief-Pionier in Polen, heute<br />

Leiter Corporate Projects, Christoph Kohlhaussen, seit 2007 CFO von Hochtief Polska.<br />

Ostmitteleuropas geworden, die Skyline<br />

steht der Frankfurts kaum noch nach. 30<br />

Theater, noch mehr Museen und ein<br />

Dutzend Universitäten mit zusammen mehr<br />

als einer Viertelmillion Studenten beleben<br />

die Metropole des modernen Polen – in<br />

dem Hochtief zu einem wichtigen Player geworden<br />

ist: Die vier Tochtergesellschaften<br />

vor Ort (Hochtief Polska, Hochtief Development<br />

Poland, Hochtief Facility Management<br />

Polska und Streif Baulogistik Polska)<br />

beschäftigen zusammen knapp 1.400 Mitarbeiter,<br />

haben Standorte in allen großen<br />

Städten und einen Gesamtumsatz von 444<br />

Millionen Euro im Jahr 2008. Hochtief Polska,<br />

die den klassischen Baubereich abdeckt,<br />

ist die größte der vier Gesellschaften.<br />

Und ihr CFO Christoph Kohlhaussen ist<br />

auch in der aktuellen weltweiten Krise optimistisch:<br />

„Polen ist ein glückliches Land,<br />

die Härte der Wirtschaftskrise wird sich<br />

nicht so stark niederschlagen.“ Die Auftragsbücher<br />

sind ordentlich gefüllt, Hochtief<br />

Polska schaut zuversichtlich auf das Jahresende<br />

2009.<br />

Kohlhaussen ist seit August 2007 dabei,<br />

ein Vorstandskollege kommt ebenfalls aus<br />

Deutschland, der andere aus Großbritannien,<br />

der Rest der Mitarbeiter ist polnisch.<br />

Kein Wunder, dass seine Leute Hochtief<br />

Polska als polnisches Unternehmen mit<br />

deutschem Hintergrund sehen, auch wenn<br />

sich die deutschen Organisationsgrundsätze<br />

vom Risikomanagement bis zur Qualitätssicherung<br />

seit Bürklins Zeit längst<br />

durchgesetzt haben. Kohlhaussen: „Auf<br />

dem Markt allerdings werden wir im Prinzip<br />

als deutsches Unternehmen wahrgenommen,<br />

als Spezialist mit hohen Qualitätsansprüchen<br />

– und haben nichts dagegen.“<br />

Mit Begeisterung hat er sich eingefuchst<br />

in diese Welt, die immer noch ein bisschen<br />

anders tickt als zu Hause. In der alte Seilschaften<br />

und das „Old-Boys-Netzwerk der<br />

Baubranche“ auch 2009 noch eine erstaunlich<br />

große Rolle spielen. In der er sich umso<br />

mehr in die besonderen Geschäftsgepflogenheiten<br />

stürzen musste, um Kontakte<br />

aufzubauen und warmzuhalten. Gemeinsam<br />

essen gehen, feiern, tanzen und zum Nachtisch<br />

singen. Mal polnische Schlager, mal<br />

Volkslieder. Das gehört für die Polen dazu,<br />

„mit unglaublicher Inbrunst und Herzblut“.<br />

Kohlhaussen, Ehrensache, singt mit, zur<br />

Not mangels Textkenntnis mit freundlichem<br />

„Lalalalalala“. Einmal im Jahr lädt er die<br />

Hochtief-Kunden selbst zum Fest, für die<br />

Mitarbeiter gibt es regelmäßig „Integracja“,<br />

also Feiern, „um den Unternehmensgeist zu<br />

beflügeln“.<br />

Bernhard Bürklin wäre gerne mal dabei. Es<br />

hat sich so viel getan seit damals. Schon<br />

bei seinem letzten Besuch in Warschau war<br />

es unübersehbar: Polen ist ein modernes<br />

europäisches Land geworden. Und er hat<br />

ein bisschen dazu beigetragen. Den Orden,<br />

den er damals von den Polen bekam, weil<br />

er und seine Mannschaft den Flughafen tatsächlich<br />

pünktlich fertig bekommen haben,<br />

hält er heute noch in Ehren.<br />

18 pwc: | juli 2009<br />

„Modern und attraktiv“<br />

Günter Westphal lebt seit sechs Jahren in Polen. Als Leiter des German Desk<br />

von <strong>PwC</strong> begleitet er deutsche Unternehmen beim Gang in das osteuropäische<br />

Land und betreut sie vorort.<br />

Von Anja Dilk<br />

Herr Westphal, wie lebt es sich in Polen 2009?<br />

Hervorragend. Polen ist zu einem hochmodernen europäischen<br />

Land geworden, in dem wir auf nichts mehr verzichten müssen.<br />

Weil es sich später und daher schneller modernisiert hat, ist das<br />

Niveau oft so sogar höher als bei uns. So gibt es fantastische Einkaufszentren<br />

wie das Stary Browar in Posen, die alles übertreffen,<br />

was es bislang in Deutschland gibt. Sicher, Straßen und Trinkwasser<br />

entsprechen noch nicht europäischem Standard. Aber die<br />

verstaubten Bilder von einst haben nichts mehr mit dem Polen von<br />

heute zu tun.<br />

Also ein prosperierendes Land?<br />

Absolut. Bis Ende 2008 gab es für die Wirtschaft in Polen nur eine<br />

Richtung: nach oben. Die Wirtschaft wuchs um sechs, sieben Prozent<br />

im Jahr, in der Baubranche gab es Steigerungsraten von 300<br />

bis 500 Prozent. Die Polen wussten: Egal was ich heute tue, morgen<br />

geht es mir noch besser. Diese fulminante Entwicklung hat seit<br />

Ende 2008 auch hier einen Dämpfer bekommen, statt bei sechs<br />

liegt das Wachstum 2009 vermutlich bei etwa einem Prozent. Doch<br />

damit ist Polen immer noch führend in Europa. Außerdem gehen<br />

die Polen viel pragmatischer und offener mit Veränderungen um<br />

als wir. Sie sind harte Zeiten gewohnt und zuversichtlich, dass es<br />

nach ein, zwei Jahren wieder aufwärtsgehen wird.<br />

Für welche deutschen Unternehmen lohnt es sich, die Fühler nach<br />

Polen auszustrecken?<br />

Bereits jetzt kommen die meisten ausländischen Unternehmern in<br />

Polen aus Deutschland, viele Maschinenbauer, Autozulieferer und<br />

Dienstleister. Vor allem Mittelständler, die jetzt flexibel auf die Entwicklungen<br />

reagieren, haben hier sehr gute Perspektiven: um einen<br />

neuen Markt zu erschließen oder um die Produktion an einen günstigeren<br />

Standort zu verlagern. Gerade durch die Krise bleibt Polen<br />

in dieser Hinsicht länger attraktiv, als bislang gedacht. Statt weiter<br />

zu steigen, werden die Löhne plötzlich wieder gekürzt.<br />

Welche Branchen sind besonders lohnenswert?<br />

Die Baubranche. Dort ist ein Ende des Booms gar nicht absehbar.<br />

Milliarden von EU-Fördermitteln fließen hierhin, vor allem in den<br />

Straßen- und Autobahnausbau, denn die Infrastruktur ist in Polen<br />

bis heute wesentlich schlechter als in den meisten osteuropäischen<br />

Ländern. Ebenfalls attraktiv ist das Gesundheitswesen, also Krankenhäuser,<br />

Medizintechnik, medizinische Ausrüstungen.<br />

Von welchen Vorteilen profitieren deutsche Unternehmen?<br />

Neben den niedrigen Löhnen können sie erhebliche Steuererleichterungen<br />

in den 14 Sonderwirtschaftszonen Polens nutzen. Vor<br />

allem produzierende, lohnintensive Industrien werden im Einklang<br />

mit den EU-Regelungen massiv gefördert. Im Idealfall kann ein Unternehmen<br />

dort riesige Gewinne machen, ohne einen Cent Steuern<br />

zahlen zu müssen.<br />

Muss man sich auf eine andere Arbeitsweise einstellen?<br />

Die Mentalität ist schon anders. Statt Punkt für Punkt Tagesordnungen<br />

abzuarbeiten, steuern Polen eher auf Umwegen zum Ziel.<br />

Viel wichtiger als bei uns ist unter Geschäftspartnern das soziale<br />

Miteinander, die Chemie muss stimmen. In vielen Gesprächen geht<br />

es daher erstmal darum, das Eis zu brechen.<br />

Gibt es interkulturelle Fallstricke speziell für Deutsche?<br />

Eines darf ein deutscher Geschäftsmann nie vergessen: Wann immer<br />

Polen und Deutsche miteinander in Kontakt kommen, schwingt<br />

die Geschichte mit. Da spielt nicht nur der Weltkrieg eine Rolle,<br />

sondern auch jene 123 Jahre, in denen Polen von der Landkarte<br />

verschwunden war – mit deutscher Beteiligung. Wer hier daher wie<br />

ein kleiner Preuße auftritt und den Leuten sagen will, wo es langgeht,<br />

ist schlecht beraten. Wer dagegen sensibel mit diesen Themen<br />

umgeht und auch die persönliche Geschichte eines Geschäftspartners<br />

im Blick hat, kann hervorragende Geschäfte machen.<br />

Kontakt: guenter.westphal@de.pwc.com, Tel.: +48 61 850-5103<br />

<strong>PwC</strong>-Polenexperte<br />

Günter Westphal über den<br />

Dächern von Warschau.<br />

pwc: | juli 2009 19


pwc: Wissen<br />

20 pwc: | juli 2009<br />

Kein Bürgschaftsbegehren<br />

Der Bund will mit Bürgschaften im Wert von 75 Milliarden Euro helfen. Doch<br />

Banken und Unternehmen nutzen dieses Angebot nur wenig.<br />

Von Corinna Freudig<br />

Für den Komponisten Kurt Weill, langjähriger<br />

Weggefährte von Bertolt Brecht und<br />

kongenialer Vertoner von dessen „Dreigroschenoper“,<br />

waren Bürgschaften eine Angelegenheit<br />

hoher Moral. Sie gaben sogar<br />

seiner Oper „Die Bürgschaft“ den Titel. Bei<br />

ihr wird der Verfall einer menschlichen Gesellschaft<br />

daran festgemacht, dass niemand<br />

mehr für den anderen bürgt. Es war wohl<br />

kaum ein Zufall, dass die Arbeit an diesem<br />

Werk im August 1930 begann, knapp ein<br />

Jahr nach dem Beginn der Weltwirtschaftskrise.<br />

Die hohe moralische Verpflichtung der<br />

Bürgschaft stellt auch Friedrich Schillers<br />

schulische Lyrik-Pflichtlektüre „Die Bürgschaft“<br />

in den Mittelpunkt: Das mit einer<br />

Bürgschaft für Leib und Leben besiegelte<br />

Vertrauen zweier Freunde erweicht im sizilianischen<br />

Syrakus das versteinerte Herz des<br />

Tyrannen Dionys und lässt ihn die viel zitierte<br />

Bitte aussprechen, im Freundschaftsbunde<br />

der Dritte werden zu dürfen.<br />

So unterschiedlich diese musischen Bürgschaftsbearbeitungen<br />

und eine wirtschaftliche<br />

Bürgschaftsvergabe sein mögen, eine<br />

Gemeinsamkeit gibt es: Auch die materielle<br />

Bürgschaft steht für Vertrauen und damit für<br />

einen Wert, der durch die weltweite Finanzund<br />

Wirtschaftskrise einen massiven Wertverlust<br />

hinnehmen musste. Und sie steht für<br />

Sicherheit. Denn in Deutschland lautet eine<br />

haushaltsrechtliche Voraussetzung für die<br />

Bürgschaftsvergabe unumstößlich: „Es darf<br />

nicht mit einem Ausfall gerechnet werden.“<br />

Ergo: Der Staat bürgt nur für überlebensfähige<br />

Unternehmen.<br />

Die Welt arbeitet daran, Vertrauen und Sicherheit<br />

wiederherzustellen. Die Bundesregierung<br />

hat dafür mittlerweile schon das<br />

zweite Konjunkturprogramm und in dessen<br />

Rahmen den sogenannten Deutschlandfonds<br />

aufgelegt. Der ermöglicht neben Krediten<br />

durch das staatseigene Finanzinstitut<br />

KfW die Übernahme von Bürgschaften von<br />

bis zu 75 Milliarden Euro. Flankierend wurden<br />

für Bürgschaften die Regelungen des<br />

„Temporary Framework“ der Europäischen<br />

Union (EU) umgesetzt: Danach kann für die<br />

Jahre 2009 und 2010 eine Deckungsquote<br />

von 90 Prozent genehmigt werden – bisher<br />

liegt dieser Wert bei maximal 80 Prozent.<br />

Bis Ende 2010 stehen diese 75 Milliarden<br />

Euro zum Abruf bereit, um eine Brücke vom<br />

aktuellen Notstand hin zum erhofften Normalzustand<br />

zu schlagen – vorausgesetzt,<br />

die Eigenkapitalpositionen der Banken sind<br />

wieder belastbarer geworden, die Risikobewertung<br />

erfolgt weniger angstgesteuert,<br />

und die Kreditvergabebereitschaft ist weniger<br />

restriktiv geworden.<br />

Alfred Höhn, Bernd Papenstein und weitere<br />

<strong>PwC</strong>-Experten für die öffentliche Hand im<br />

Allgemeinen und das Bürgschaftsgeschäft<br />

im Besonderen sind seit Monaten als<br />

Mandatare des Bundes und einiger Bun-<br />

Der Weg zur Bürgschaft<br />

Bei der öffentlichen Bürgschaft stellt sich<br />

die öffentliche Hand auf Bundes- oder<br />

Länderebene als Bürge zur Verfügung,<br />

damit Unternehmen von Kreditinstituten<br />

Gelder bekommen, um notwendige Finanzierungen<br />

vornehmen zu können. Eine Antragstellung<br />

erfolgt immer über ein Kreditinstitut,<br />

das auch ein eigenes Risiko – in<br />

der Regel zehn bis 20 Prozent – tragen<br />

muss. Die Banken nehmen damit als erste<br />

Stufe eine Risikoselektion vor. Bürgschaften<br />

werden via Urkunde besiegelt und haben<br />

immer eine definierte Laufzeit. Neben wirtschaftlichen<br />

Aspekten muss es auch einen<br />

volkswirtschaftlichen Nutzen für den Bürgen<br />

öffentliche Hand geben.<br />

Seit 2008 wird der Beilhilfewert aller Bürgschaften<br />

in Deutschland mittels eines Beihilfewertverfahrens<br />

berechnet, das <strong>PwC</strong><br />

entwickelt hat. Darauf hatte die EU gedrängt,<br />

um die Transparenz öffentlicher Fördermaßnahmen<br />

und dabei die Zuwendungen, die<br />

der Staat einem Unternehmen gewährt, zu<br />

verbessern.<br />

desländer in Gesprächen, Verhandlungen,<br />

Konferenzen und Sitzungen unterwegs in<br />

Sachen Bürgschaftsprogramm. So nennt es<br />

die Bundesregierung – laut Höhn handele<br />

es sich aber eben noch nicht um ein Programm:<br />

„Das Thema Bürgschaft wird viel zu<br />

oft einzelfallbezogen betrachtet.“<br />

Ein Fehler aus Sicht der Fachleute, die mit<br />

Verwunderung verfolgen, wie sehr sich<br />

die Medien plötzlich der „Bürgschaften“<br />

annehmen. Verwundert deshalb, weil<br />

dieses Förderinstrument in Deutschland<br />

auf Bundes- und Länderebene seit Jahrzehnten<br />

im Einsatz und damit alles andere<br />

als neu ist. „Bürgschaften sind schon lange<br />

ein verlässliches, marktschonendes und<br />

erfolgreiches Instrument, dessen Ausfall-<br />

quoten niedrig und dessen Risiken gut zu<br />

steuern sind; außerdem sind sie ein Instru-<br />

ment, das im Gegensatz zu der aktuellen<br />

Darstellung keineswegs nur für sanierungs-<br />

bedürftige und krisengeschüttelte Unter-<br />

nehmen von Interesse ist“, sagt Bernd<br />

Papenstein.<br />

Die mediale Darstellung vermittelt aller-<br />

dings oft einen anderen Eindruck, denn das<br />

Wort Bürgschaften wird in aller Regel von<br />

Opel oder Qimonda begleitet. Die Exper-<br />

ten beobachten mit Sorge die negative Pu-<br />

blicity für Unternehmen, die Bürgschaften<br />

beantragen und mit einem Verliererstempel<br />

versehen werden. Denn wer Bürgschaft<br />

hört, denkt heute an extrem krisengeschüttelte<br />

Firmen. „Dabei sollte die Nachfrage<br />

nach Bürgschaften vor allem von den<br />

Unternehmen getrieben werden, die auf der<br />

Grundlage eines an sich tragfähigen Geschäftsmodells<br />

mit temporären Finanzierungsschwierigkeiten<br />

zu kämpfen haben“,<br />

sagt Höhn. „Opel ist völlig atypisch für einen<br />

Bürgschaftsprozess.“<br />

Und was wäre „typisch“? „Wenn Unternehmen<br />

das Instrument jetzt, da wir keinen<br />

funktionierenden Banken- und Kapitalmarkt<br />

haben, nutzen, um ihre Unternehmensfinanzierung<br />

zu sichern“, so Experte Papenstein.<br />

Denn während Bürgschaften in der Vergan-<br />

pwc: | juli 2009 21


pwc: Wissen<br />

genheit häufig für Investitionsfinanzierungen<br />

in Anspruch genommen wurden, so können<br />

sie heute dazu beitragen, den laufenden<br />

Betrieb eines Unternehmens zu unterstüt-<br />

zen.<br />

„Bürgschaften können verhindern, dass<br />

Bücher vielleicht zu früh und unumkehr-<br />

bar zugeschlagen werden“, sagt Papen-<br />

stein, der nicht nur Unternehmer wie Ma-<br />

nager ermuntern möchte, sich mit diesem<br />

Förderinstrument vertraut zu machen, son-<br />

dern vor allem auch die Banken: Denn die<br />

sind die ersten, die ein „Go“ zu einer Bürg-<br />

schaft geben müssen: Über sie werden die<br />

Anträge gestellt, sie müssen zudem einen<br />

bestimmten Prozentsatz des Risikos tragen.<br />

Anträge auf Großbürgschaften des Bundes<br />

werden dem Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung<br />

zur Entscheidung vorgelegt.<br />

Ihm gehören auf Staatssekretärsebene<br />

die Bundesministerien der Wirtschaft (Vorsitz),<br />

der Finanzen und der Justiz an sowie<br />

ein Vertreter des Bundeskanzleramts. Er<br />

wird aktiv bei der Überschreitung bestimmter<br />

Schwellenwerte (Bürgschaften: mehr als<br />

300 Millionen Euro Bundesobligo) und bei<br />

Bürgschaftsfällen von grundsätzlicher Bedeutung<br />

(zum Beispiel bei erhöhten<br />

Risiken, bei besonderer strukturpolitischer<br />

Bedeutung, bei hoher sektoraler oder regionaler<br />

Bedeutung oder bei bedeutenden<br />

Arbeitsmarkteffekten).<br />

Der „Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung“<br />

trifft seine Entscheidungen auf<br />

Basis einer Reihe von Kriterien. So kommt<br />

es insbesondere darauf an, dass das betroffene<br />

Unternehmen nach einer Beruhigung<br />

der wirtschaftlichen Krise ohne staatliche<br />

Hilfe auskommt, die beantragte<br />

Aber was, wenn der Staat am Ende des<br />

Tages – oder Ende 2010 – tatsächlich für<br />

Bürgschaftsausfälle aufkommen muss? Das<br />

wäre in der Tat ein Problem – nach Ansicht<br />

der Bürgschaftskenner allerdings ein sehr<br />

theoretisches, da die Risiken absolut über-<br />

schaubar seien: „Wir analysieren die vorge-<br />

legten Daten und Zahlen bis ins letzte De-<br />

tail und fahren etliche Abstimmungs- und<br />

Strukturierungsschleifen, bis wir eine solide<br />

Entscheidungsgrundlage für die politischen<br />

Gremien haben“, erläutert Höhn. Banken<br />

und Mandatare gehen Punkt für Punkt alle<br />

Risikopositionen durch, entwerfen die ver-<br />

schiedensten Szenarien, Finanzierungs-<br />

und Besicherungsstrukturen, sodass eine<br />

Entscheidungsprozess bei Großbürgschaften<br />

Finanzierung damit nur vorübergehender<br />

Natur ist sowie keine dauerhaften und<br />

gravierenden Wettbewerbsverzerrungen zu<br />

befürchten sind.<br />

Außerdem ist Voraussetzung, dass alle anderen<br />

Möglichkeiten der Finanzierung ausgeschöpft<br />

sind. Dementsprechend hat der<br />

Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags<br />

die Bundesregierung aufgefordert,<br />

dass Unternehmen mit Kapitalmarktzugang<br />

als Antragsteller ausgeschlossen werden,<br />

sofern nicht aus zwingenden Gründen<br />

eine Ausnahme geboten ist. Der Lenkungsausschuss<br />

Unternehmensfinanzierung<br />

entscheidet abschließend. Fälle ab 300<br />

Millionen Euro oder mehr werden dem<br />

Haushaltsausschuss des Deutschen<br />

Bundestags vorab vorgelegt. Die Tätigkeit<br />

des Lenkungsausschusses wird durch einen<br />

Lenkungsrat Unternehmensfinanzierung<br />

begleitet, der sich aus Persönlichkeiten mit<br />

besonderen Erfahrungen in Wirtschaftsund<br />

Finanzfragen zusammensetzt.<br />

verlässliche Risikoeinschätzung für die Ent-<br />

scheidungsgremien möglich ist, bei der ne-<br />

ben betriebswirtschaftlichen Überlegungen<br />

auch volkswirtschaftliche Fragestellungen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Die öffentliche Hand und die Mandatare<br />

sind inhaltlich in einem Bürgschaftspro-<br />

zess übrigens nicht als Erste gefordert: Das<br />

sind die Gesellschafter, das Unternehmen<br />

selbst und die Banken, die in der Pflicht<br />

stehen, ein Konzept zu erarbeiten. Das wird<br />

in einem diskursiven und iterativen Prozess<br />

gegebenenfalls verfeinert, optimiert und angepasst,<br />

auch an die Vorgaben, die es seitens<br />

der EU für Beihilfen gibt. „Die Hauptarbeit<br />

liegt bei den betroffenen Unternehmen.<br />

Die nehmen wir ihnen nicht ab. Aber wir<br />

beurteilen, ob das Ergebnis ihrer Arbeit den<br />

Anforderungen der Bürgen gerecht werden<br />

kann“, macht Höhn deutlich. Dass die Bürgschaftsvergaben<br />

für die aktuellen prominenten<br />

Fälle so lange dauern, sei der beste<br />

Beweis dafür, dass man sich eben nicht mit<br />

dem erstbesten Papier zufriedengebe.<br />

Und wie sieht er aus, der Alltag eines Bürgschaftsberaters<br />

in Zeiten der Krise? Gar<br />

nicht – denn „Alltag“ gibt es nicht. Die Terminplanung<br />

muss mindestens alle zwei<br />

Tage umgeworfen werden, da hier eine<br />

Sitzung im Wirtschaftsministerium, dort<br />

eine Besprechung mit einem Unternehmen<br />

anberaumt wird. Fast immer sitzen<br />

alle Beteiligten gemeinsam an einem Tisch.<br />

„Besonders in der Anfangszeit lief vieles<br />

sehr hektisch – leider waren wir dadurch<br />

nicht immer schnell“, sagt Höhn selbstkritisch.<br />

„Mittlerweile ist etwas mehr Ruhe<br />

eingekehrt, und wir kommen zügiger voran.<br />

Bedauerlich ist aber, dass das Instrumentarium<br />

oft nicht zur rechten Zeit genutzt wird.<br />

Wir wünschen uns einen aktiveren Umgang<br />

mit Bürgschaften, auf Bundes- und Landesebene.<br />

Denn sie bieten jetzt, da der Finanzund<br />

Kapitalmarkt fast zum Erliegen gekommen<br />

ist, eine große Chance – gerade für<br />

gesunde Unternehmen.“<br />

22 pwc: | juli 2009<br />

Das Bürgschaftskrisenprogramm der Bundesregierung<br />

Der Bund entlastet im Zeitraum bis 31.<br />

Dezember 2010 die Hausbanken und Bürg-<br />

schaftsbanken im Risiko bei Investitionsund<br />

Betriebsmittelfinanzierungen stärker<br />

als bisher und beteiligt sich auch am Risiko<br />

der Länder an ihren Bürgschaften.<br />

Gefördert werden Unternehmen der gewerblichen<br />

Wirtschaft, die sich ganz oder<br />

mehrheitlich in privater Hand befinden.<br />

Was wird gefördert?<br />

Für Bürgschaften, in den meisten Bundesländern<br />

bis zu einer Höhe von 2 Millionen<br />

Euro, stehen die Bürgschaftsbanken oder<br />

Kreditgarantiegemeinschaften der Länder<br />

bereit, um Investitions- und Betriebsmittelkredite<br />

für Existenzgründer und mittelständische<br />

Unternehmen abzusichern.<br />

Für Bürgschaften bis 50 Millionen (in den<br />

neuen Ländern bis zehn Millionen) Euro<br />

können die Länder oder Landesförderinstitute,<br />

soweit nicht die neun Bürgschaftsbanken<br />

zuständig sind, mit Risikobeteiligung<br />

des Bundes Bürgschaften zum Ausgleich<br />

unzureichender Sicherheiten übernehmen.<br />

Für höhere Bürgschaftsbeträge sind<br />

parallel Bundes- und Landesbürgschaften<br />

vorgesehen.<br />

Welche Voraussetzungen gibt es?<br />

Das Vorhaben muss volkswirtschaftlich förderungswürdig,<br />

das Unternehmenskonzept<br />

muss wirtschaftlich tragfähig und das Vorhaben<br />

darf nicht anderweitig finanzierbar<br />

sein. Ferner ist das EG-Beihilferecht zu beachten;<br />

es ist jedoch für den Zeitraum bis<br />

Ende 2010 flexibilisiert worden.<br />

Staatsbürgschaften sind bei ausgetrockneten<br />

Kapitalmärkten eine gute Alternative. Und zwar<br />

keineswegs für Problemunternehmen, sondern für<br />

solche, deren Überleben als sicher gilt.<br />

Wie und in welcher Höhe wird gefördert?<br />

Die Bürgschaften decken höchstens 80 Prozent<br />

– unter besonderen Voraussetzungen<br />

bis 90 Prozent – des Ausfallrisikos ab; das<br />

den Kredit gewährende Institut muss ein Eigenrisiko<br />

von mindestens 20 Prozent oder<br />

zehn Prozent ohne Vorabbefriedigungsrecht<br />

und Sondersicherheiten übernehmen. Die<br />

Investoren/Anteilseigner müssen sich angemessen<br />

mit Eigen- respektive Haftkapital<br />

an der Finanzierung beteiligen und für alle<br />

Bürgschaften ein Bürgschaftsentgelt zahlen.<br />

Kann die Förderung zusätzlich zu anderen<br />

Förderinstrumenten beantragt werden?<br />

Grundsätzlich können Bürgschaften mit anderen<br />

Förderinstrumenten kombiniert werden.<br />

Dabei sind allerdings die Kumulationsregeln<br />

des EG-Beihilferechts zu beachten.<br />

Kontakt<br />

alfred.hoehn@de.pwc.com<br />

bernd.papenstein@de.pwc.com<br />

Tel.: 030 2636-1245, 0211 981-2639<br />

www.pwc.de/de/pwc371<br />

pwc: | juli 2009 23


pwc: Märkte<br />

„Im Konsens meistern<br />

wir die Krise besser“<br />

Wie Salzgitter-Personalvorstand Peter-Jürgen Schneider mit nordeuropäischer<br />

Kultur den Dax-30-Neuling durch die Rezession bringen will.<br />

Das Gespräch führte Detlef Gürtler.<br />

pwc: Herr Schneider, Sie stecken mitten in einer heftigen Krise ...<br />

Schneider: ... wie die gesamte Stahlindustrie. Alle Abnehmerbranchen,<br />

die für uns wichtig sind, außer der Energiebranche, haben ihre<br />

Produktion reduziert. Der Einbruch ist bei uns derzeit besonders<br />

dramatisch, weil das, was unsere Abnehmer produzieren, im Augenblick<br />

sehr stark aus den Lagerbeständen bestückt wird. Deshalb<br />

trifft es die Stahlindustrie härter, als die Produktionsrückgänge in<br />

den Abnehmerbranchen ausfallen. Wenn diese Bestände abgebaut<br />

sind, werden wir auch verstärkt neue Auftragseingänge verzeichnen.<br />

Der aktuelle Einbruch folgte direkt auf eine Hochkonjunktur ...<br />

... innerhalb von ein paar Wochen knickte das ab, in einer noch nie<br />

da gewesenen Geschwindigkeit.<br />

Wie ist dieser Umbruch vor sich gegangen? Wo war der Punkt, als<br />

Sie merkten, dass es ans Eingemachte geht?<br />

In einigen Geschäftsbereichen gab es bereits im Frühjahr 2008<br />

eine Reduktion, wenn auch auf sehr hohem Niveau. Der rapide<br />

Einbruch wurde erst nach der Sommerpause spürbar, und zwar<br />

in jenen Bereichen, die unmittelbar an die Autoindustrie liefern. In<br />

anderen Bereichen, etwa Grobblech, gab es da noch gar keine<br />

Auswirkungen – die sind erst mit ein paar Monaten Verzögerung im<br />

Zuge der allgemeinen Wirtschaftskrise gekommen. Das Großrohr-<br />

geschäft hingegen ist ein Teilbereich, der auch weiterhin gut läuft.<br />

Ihre Zuständigkeit ist der Personalbereich. Gab es auch dort einen<br />

Punkt, an dem Sie von der Boom- zur Krisenstrategie wechselten?<br />

Der Begriff Strategiewechsel ist an dieser Stelle nicht der richtige.<br />

Ich unterscheide hier zwischen Strategie und Taktik: Die Strategie<br />

bleibt – die Taktik muss sich verändern. Wir haben im Personal-<br />

bereich einige grundsätzliche strategische Probleme zu lösen und<br />

daraus Entscheidungen abgeleitet. Und die ändern sich nicht durch<br />

eine veränderte Konjunktur.<br />

Zum Beispiel?<br />

Ein ganz wichtiger Bereich ist das Phänomen der alternden Belegschaft.<br />

Das ist in der Stahlindustrie deutlich ausgeprägter als in anderen<br />

Branchen – aus historischen Gründen, weil man über viele<br />

Jahre keinen Personalaufbau, sondern nur -abbau betrieben hat.<br />

Das führt naturgemäß zu Überalterung. Um gegenzusteuern, habe<br />

ich konzernweit das Projekt GO gestartet – Generationenoffensive<br />

2025. In diesem Projekt bearbeiten wir auch die Bereiche Personalbeschaffung<br />

und -marketing. Wir reden also nicht nur über alte<br />

Mitarbeiter, sondern auch über junge. Da gibt es zum Beispiel den<br />

Versuch, Schüler aus der Stadt Salzgitter für naturwissenschaftlichtechnische<br />

Berufe zu interessieren.<br />

Zu diesem Interesse gehört der persönliche Nutzen – wo soll der für<br />

die Schüler herkommen, wenn Sie auf absehbare Zeit kaum noch<br />

junge Leute einstellen können?<br />

Na klar können wir das. Wir haben immer über Bedarf ausgebildet,<br />

auch in den allerschlechtesten Zeiten, und werden das auch<br />

weiter tun. Und wir haben uns dann immer bemüht, möglichst viele<br />

der Ausgebildeten auf feste Arbeitsplätze zu bringen. Die Reaktionszeiten<br />

in diesem Gewerbe sind so lang, dass ich das nicht nach<br />

der aktuellen Konjunktur entscheiden kann – wenn ich heute entscheide,<br />

wie viele junge Menschen ich ausbilden möchte, muss ich<br />

mich am voraussichtlichen Bedarf in vier bis fünf Jahren orientieren.<br />

Da helfen Ihnen die Prognosen der Ökonomen auch nicht weiter.<br />

Überhaupt nicht. Deswegen ist man gut beraten, auf Kontinuität zu<br />

setzen. Die eigentliche Frage stellt sich, wenn die Auszubildenden<br />

ihre Ausbildung abschließen – oder Studenten ihr Studium: Können<br />

wir ihnen die Tür aufhalten? Darüber müssen wir uns natürlich<br />

immer neu unterhalten. Aber auch da werden wir uns weiterhin bemühen,<br />

möglichst vielen, und natürlich insbesondere den Besten,<br />

eine Chance zu geben. Wenn der junge Ingenieur hier nicht unter-<br />

Heißer Stuhl: Der Salzgitter-Personalvorstand<br />

Peter-Jürgen Schneider, 61, muss den<br />

Stahlkonzern durch den heftigsten<br />

Konjunktureinbruch seit Jahrzehnten steuern.<br />

24 pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009 25


pwc: Märkte<br />

kommt und sich dann anderswo etabliert – dann kommt er auch<br />

nicht wieder zurück.<br />

Mitten im schärfsten Produktionseinbruch der Nachkriegszeit kön-<br />

nen Sie aber nicht nur auf Kontinuität setzen.<br />

Bei der Strategie schon. Die Sicherung des Nachwuchses und der<br />

Wettbewerbsfähigkeit und der Umgang mit dem Problem, dass die<br />

Belegschaften immer älter werden, weil die Menschen immer älter<br />

werden, das ist die strategische Aufgabe, der wir uns stellen, und<br />

da wackeln wir auch nicht. Gleichzeitig müssen wir aktuell kurz-<br />

fristig auf die Krise reagieren. Aber auch da werden wir alles ver-<br />

suchen, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Dafür<br />

müssen wir allerdings das ganze Instrumentarium nutzen, das uns<br />

Gesetzgeber und Tarifverträge einräumen. Wir haben erfreulicher-<br />

weise in Deutschland in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe<br />

flexibler Instrumente entwickelt.<br />

Alle auf einmal oder eines nach dem anderen?<br />

Eher Letzteres. Für die verschiedenen konjunkturellen Situationen<br />

gibt es auch unterschiedliche Instrumente. Das erste sind die Ar-<br />

beitszeitkonten. Wenn mehr als vereinbart gearbeitet wurde, wurde<br />

das nicht über Überstunden abgegolten, sondern dem Konto gut-<br />

geschrieben. Als die Konjunktur schwach wurde, konnten die ge-<br />

speicherten Schichten abgebucht werden – die Leute konnten zu<br />

Hause bleiben und wurden trotzdem bezahlt.<br />

Gibt es auch die Möglichkeit, Minuskonten aufzubauen – sozusa-<br />

gen der Dispo auf dem Arbeitszeitkonto?<br />

Gibt es. Aber irgendwann müssen sie das bereits verdiente Geld<br />

abarbeiten. Dieses Instrument lässt sich nicht beliebig ausweiten.<br />

Der Dispo ja auch nicht ...<br />

Der zweite Bereich war die Reduzierung des Einsatzes von Leih-<br />

arbeitern. Wir haben noch nicht alle Leiharbeitsverhältnisse aufge-<br />

löst, aber es werden deutlich weniger von Monat zu Monat. Die drit-<br />

te Ebene sind Zeitverträge, die nach dem Auslaufen nicht verlängert<br />

werden, und dann fremd vergebene Arbeitsvolumina, die wieder<br />

zurück ins eigene Unternehmen verlagert wurden. Das alles hat uns<br />

dazu verholfen, einige Monate weitgehend ohne Kurzarbeit auszu-<br />

kommen. Das ist jetzt aber ausgereizt, weshalb wir in großem Aus-<br />

maß in die Kurzarbeit gegangen sind.<br />

„Wenn die Krise länger dauert und härter wird, wird auch die<br />

Diskussion im Unternehmen härter werden – weil es Interessengegensätze<br />

gibt, die man nicht so einfach wegschieben kann.“<br />

Aber auch Kurzarbeit ist ein Instrument, das nicht ewig laufen kann.<br />

Kurzarbeit ist eine Brücke und eine Brücke braucht zwei Pfeiler.<br />

Den einen haben wir, das ist die Vergangenheit. Und über den zweiten,<br />

die Zukunft, ist keine verlässliche Aussage möglich. Außer der:<br />

So schlecht, wie es jetzt ist, wird es nicht bleiben.<br />

Und das alles, um auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten?<br />

Konzernvorstand und Konzernbetriebsrat sind sich einig im Ziel,<br />

betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern. Das ist schon seit<br />

Jahrzehnten Praxis bei uns und an diesem erklärten Ziel halten wir<br />

auch fest. Mein Finanzkollege hat das kürzlich so formuliert: In unserer<br />

Werteskala stehen betriebsbedingte Kündigungen ganz hinten.<br />

Was wir aber nicht machen können, ist eine verbindliche Garantie<br />

für die Zukunft abgeben.<br />

Dass der Betriebsrat keine Kündigungen möchte, ist klar. Aber<br />

warum ist dem Management der Verzicht auf Kündigungen so<br />

wichtig?<br />

Eine neue Produktionsanlage kann sich jeder hinstellen, der das<br />

Geld dazu hat. Die deutschen Anlagenbauer bauen rund um die<br />

Welt, und die letzte Anlage ist immer die beste. Trotzdem sind wir<br />

hier, auch mit unseren hohen Löhnen und Sozialkosten, immer<br />

noch wettbewerbsfähig auf dem Weltmarkt. An den Anlagen kann<br />

es also nicht liegen, da haben alle im Prinzip die gleichen. Es liegt<br />

daran, dass wir besser qualifizierte, engagierte Mitarbeiter haben.<br />

Wenn wir das aufgeben, verlieren wir unseren entscheidenden<br />

Wettbewerbsvorteil. Das ist sicherlich nicht jedem in der Industrie<br />

so richtig klar. Aber hier bei uns ist das Konsens. Wir haben ohnehin<br />

über die Jahre eine Konsenskultur entwickelt. Keine Konfrontation,<br />

flache Hierarchien nicht im Sinne von Organigrammen,<br />

sondern im Sinne des Umgangs miteinander.<br />

Funktioniert das in der Krise genauso? Wenn 50 Prozent der Auf-<br />

träge wegfallen, muss man vielen Menschen wehtun – geht das mit<br />

einer Konsenskultur?<br />

Wir haben uns bemüht, die Anpassungen verträglich zu gestalten<br />

und insoweit den Konsens nicht aufzukündigen. Wenn die Krise<br />

länger dauert und härter wird, wird auch die Diskussion härter wer-<br />

den – weil es natürlich Interessengegensätze gibt, die man nicht so<br />

einfach wegschieben kann. Aber ich bin davon überzeugt, dass das<br />

Konsensmodell am Ende das bessere ist. Weil wir die Krise besser<br />

bewältigen werden, wenn wir mit den Betriebsräten und den<br />

Beschäftigten gemeinsam nach Lösungen suchen, als wenn wir<br />

auf Demonstrationen und Konfrontation setzen. Da werden die Lösungen<br />

nicht besser und die Motivation auch nicht.<br />

Ist denn die in Deutschland weitverbreitete Konsenskultur ins Ausland<br />

exportierbar?<br />

Nicht so einfach. Weltweit ohnehin nicht, aber auch in Europa kann<br />

man im Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Unternehmen<br />

eine nordeuropäische und eine südeuropäische Kultur unterscheiden.<br />

Im Norden setzen die Gewerkschaften eher auf Kooperation:<br />

26 pwc: | juli 2009<br />

Erst verhandeln wir und wenn wir uns nicht einigen können, streiten<br />

wir. In Südeuropa herrscht eher Konfrontation: Erst streiten wir und<br />

auf dieser Grundlage wird dann verhandelt. Die Arbeitgeber denken<br />

dort ähnlich. So eine Kultur zu verändern gestaltet sich sehr<br />

zäh. Es gibt zwar einen langfristigen Trend zur stärkeren Konsensorientierung<br />

– aber der ist sehr langfristig.<br />

Das Konsensmodell hatte es in den vom Shareholder-Value-Denken<br />

dominierten Jahren schwer, in denen die Interessen der Aktionäre<br />

besonders hoch gewichtet wurden. Mussten Sie sich daran anpassen<br />

– gerade als Sie im Dax landeten?<br />

Wir haben damals unsere Argumentation nicht geändert, deshalb<br />

müssen wir sie auch heute nicht ändern. Der Shareholder-Value-<br />

Ansatz ist für die Stahlindustrie unbrauchbar. Wir sind eine kapitalgetriebene<br />

Branche mit Großanlagen. Von der Überlegung, eine<br />

Anlage zu bauen, bis zum Abschluss der Hochlaufkurve vergehen<br />

drei bis fünf Jahre. Da ist mit Quartalsberichten nichts zu machen.<br />

Wir führen derzeit ein Investitionsprogramm von 1,7 Milliarden Euro<br />

an den Standorten Peine und Salzgitter durch und machen damit<br />

diese Werke fit für die nächsten 20 Jahre. Die Mittel, die wir dort<br />

binden, werden sich später auszahlen – aber kurzfristig natürlich<br />

den Überschuss mindern. Alle kurzfristig orientierten Maßstäbe sind<br />

nicht geeignet, um solche Investitionen zu bewerten. Eigentlich<br />

Peter-Jürgen Schneiders Karriere begann<br />

1970 im Salzgitter-Konzern und wird dort<br />

vermutlich auch zu Ende gehen. Aber dazwischen<br />

hat der heute 61-jährige Vorstand<br />

mit Zuständigkeit für Personal und Dienstleistungen<br />

eine ganz andere berufliche Laufbahn<br />

absolviert: in der Politik. 1986 gewann<br />

er bei der niedersächsischen Landtagswahl<br />

für die SPD das Direktmandat im Wahlkreis<br />

Salzgitter. Nach drei Wahlperioden wurde<br />

er 1997 Regierungspräsident in Braunschweig<br />

und 1999 Leiter der Staatskanzlei<br />

in Hannover: Sein Vorgänger Frank-Walter<br />

Steinmeier war mit Gerhard Schröder ins<br />

dürften wir als Vorstand solchen Investitionen gar nicht zustimmen,<br />

weil wir wegen der Tantiemeregelungen damit unser aktuelles Einkommen<br />

schmälern ...<br />

... zugunsten des zukünftigen Einkommens ...<br />

... von dem aber einige dann nicht mehr profitieren werden, weil sie<br />

dann gar nicht mehr im Amt sind. Als verantwortungsbewusste Vorstände<br />

haben wir die Investitionsentscheidung natürlich trotzdem<br />

getroffen, weil sie richtig ist. Der Aufsichtsrat hat dies ebenso bewertet.<br />

Mit Stock-Options braucht man Ihnen wohl gar nicht zu kommen?<br />

Wir haben im Konzern eine Gewinnbeteiligung für die Beschäftigten,<br />

von ganz unten bis ganz oben, aber keinen einzigen Aktienoptionsplan,<br />

und auch keine Kapitalbeteiligungsprogramme<br />

für die Belegschaft. Wir haben das einmal versucht und sind auf<br />

ein sehr geteiltes Echo bei den Beschäftigten gestoßen. Eine<br />

Herausgabe von Aktien an die Belegschaft setzt eine Bewusst-<br />

seinslage voraus, dass es sich dabei um eine langfristige Wert-<br />

anlage handeln soll. Sonst verkaufen die Arbeitnehmer die Aktien<br />

gleich wieder – da geben wir ihnen lieber gleich das Geld, anstatt<br />

den Umweg über Aktien zu machen. Wer will, kann dann Aktien<br />

davon kaufen.<br />

Zwischen Stahl und Politik<br />

Kanzleramt gegangen. Im April 2003 wechselte<br />

Schneider zurück zu seinem Heimatkonzern<br />

in seine heutige Position. Nach den<br />

Regeln der Montan-Mitbestimmung liegt<br />

das Vorschlagsrecht für den Posten des<br />

Arbeitsdirektors beziehungsweise Personalvorstands<br />

bei der Gewerkschaft. Bei Salzgitter<br />

ist Schneider zuständig für weltweit<br />

mehr als 25.000 Beschäftigte. Diese erwirtschafteten<br />

bei einem Umsatz von 12,5<br />

Milliarden Euro einen Jahresüberschuss von<br />

677 Millionen Euro (alle Zahlen für 2008).<br />

Die wichtigsten Unternehmensbereiche sind<br />

Stahl- und Röhrenproduktion.<br />

Hat der Dax Ihr Leben verändert?<br />

Kein bisschen. Wir haben unseren Job vor der Aufnahme in den Dax gut gemacht, und wir<br />

machen ihn weiter wie bisher.<br />

Was ist Ihr bestes Argument, um Leute nach Salzgitter zu holen?<br />

Ein Häuschen im Grünen ist hier 100.000 Euro billiger als an der Ruhr.<br />

Wann hat Sie zuletzt ein Headhunter angerufen?<br />

Es ist noch gar nicht so lange her, da wollte mich einer zu einem wesentlich größeren Konzern<br />

abwerben. Aber schon altersbedingt ist Salzgitter meine letzte Karrierestation.<br />

Wie sieht Ihre Bonusregelung aus?<br />

Der variable Teil der Vergütung der Salzgitter-Vorstände misst sich zum kleineren Teil an der<br />

persönlichen Performance, zum größeren an der Entwicklung des ROCE (Return on Capital<br />

Employed). Insoweit sausen unsere Einkommen jetzt nach unten.<br />

Wann war Ihre letzte Weiterbildung?<br />

Ich bin jeden Tag in Weiterbildung.<br />

Was zog Sie nach Salzgitter?<br />

Ich bin hier geboren. Am Hüttenwerkszaun.<br />

pwc: | juli 2009 27


pwc: Trends<br />

Inflation<br />

Niedriglohnwettbewerber<br />

Das macht den CEOs Sorgen<br />

Ressourcenknappheit<br />

Terrorismus Terrorismus<br />

Protektionismus Protektionismus Ressourcenknappheit<br />

Rezession<br />

Klimawandel<br />

Klimawandel<br />

Rezession<br />

Überregulierung Überregulierung<br />

Infrastrukturmängel Infrastrukturmängel Energiekosten<br />

Niedriglohnwettbewerber<br />

Pandemien Pandemien<br />

Kapitalmarkt-Chaos<br />

So dramatisch wie die ökonomische Lage ist auch der Stimmungsumschwung bei den CEOs. Das hat der „Global CEO Survey“ ergeben,<br />

den <strong>PwC</strong> jedes Jahr im Rahmen des Weltwirtschaftsgipfels in Davos vorstellt und für den 2009 1.124 Unternehmenschefs aus 50 Ländern<br />

befragt wurden. Klimawandel und Ressourcenknappheit, aber auch der Wettbewerb durch Niedriglohnkonkurrenz haben auf der Sorgen-<br />

skala an Relevanz verloren, ganz obenauf stehen in diesem Jahr die Weltwirtschaftskrise und die Erschütterungen an den Kapitalmärkten.<br />

Das Bild zeigt die Probleme und ihre Gewichtung in 2008 (Hellbraun) und in 2009 (Dunkelbraun). www.pwc.de/de/ceosurvey2009<br />

Leonardo da Vinci hat die Mona Lisa nie signiert<br />

Gutes Theater – wie geht<br />

das? Wo liegen die Ursprünge<br />

der Töpferkunst?<br />

Und warum sind eigentlich<br />

Leonardo da Vincis<br />

Bilder so berühmt? Ist es<br />

überhaupt wichtig, die<br />

Antworten auf solche Fragen<br />

zu kennen? „Nutzloses<br />

Wissen“, sagen die<br />

einen ganz salopp, „kulturelle<br />

Bildung ist lebensnotwendig“,<br />

entgegnen die anderen. „Kunst und Kultur gehören zur<br />

menschlichen Reife“, das sagen die Dritten. Und Reife sei schließ-<br />

lich auch ein Einstellungskriterium für Unternehmen. So ganz unnütz<br />

kann eine ästhetische Ausbildung also nicht sein. Um Kindern<br />

und Jugendlichen den Zugang zu Kunst und Kultur zu eröffnen, hat<br />

die <strong>PwC</strong>-Stiftung im Februar gemeinsam mit der Deutschen Kinderund<br />

Jugendstiftung (DKJS) das Programm KULTUR.FORSCHER!<br />

gestartet. 24 Schulen haben sich erfolgreich beworben. Jeweils drei<br />

Lehreinrichtungen in Hamburg, Rostock, Berlin, Düsseldorf, Stuttgart,<br />

Dresden, Frankfurt und München hat die Jury der Initiative<br />

auserkoren. In den nächsten drei Jahren wird an diesen Schulen<br />

geforscht, gemalt, musiziert, getanzt oder analysiert. Die <strong>PwC</strong>-Stiftung<br />

stellt den kleinen Forschern und ihren Schulen in dieser Zeit<br />

über 1,3 Millionen Euro zur Verfügung. Theater, Museen und andere<br />

kulturelle Einrichtungen vernetzen sich projektbezogen mit den jeweiligen<br />

Schulen. www.pwc-stiftung.de<br />

Digitale Kriminalität attackieren<br />

Wie im echten Leben tummeln sich allerlei Gestalten in<br />

der virtuellen Welt des Internets – auch Gauner und<br />

Halunken. „Die Kriminalität im Internet nimmt zu, allein<br />

schon deshalb, weil unsere Abhängigkeit von dem<br />

Medium tagtäglich wächst“, sagt Steffen Salvenmoser,<br />

bei <strong>PwC</strong> im Bereich Forensic Services tätig. Die Internet-<br />

nutzer sind auf der Hut: Jeder Zweite vermeidet es, sei-<br />

ne Bankverbindung oder Kreditkartennummer bei Online-<br />

geschäften zu nennen. Das ergab eine <strong>PwC</strong>-Umfrage auf<br />

der diesjährigen Cebit. Schlecht für Unternehmen, die im E-Commerce angesiedelt<br />

sind. Die Ängste der User sollten von der Branche ernst genommen werden, die Unternehmen<br />

sollten noch sicherere Lösungen anbieten, um so das Vertrauen der Kunden<br />

zu gewinnen. Der Beliebtheit des Internets an sich tut die Vorsicht mit den persönlichen<br />

Daten aber keinen Abbruch. 74 Prozent der Internetsurfer halten das World Wide Web<br />

für „praktisch, um Dinge im Alltag schnell zu erledigen“. Allerdings bewegen sich auch<br />

bis zu 40 Prozent der Deutschen gar nicht im weltweiten Netz.<br />

Netzbetreiber kaum verbunden<br />

Die prognostizierte Konsolidierung auf dem DSL-<br />

Markt lässt auf sich warten. Der Grund: Die Preiserwartungen<br />

von Käufern und Verkäufern liegen<br />

häufig noch zu weit auseinander. „Noch ist kein<br />

Handlungsdruck da, weil Spieler sich beispielsweise<br />

refinanzieren müssten oder ihre operativen<br />

Ergebnisse einbrechen“, sagt Arno Wilfert, Telekommunikationsexperte<br />

bei <strong>PwC</strong>. Und solange das<br />

nicht gegeben ist, warten alle noch eine Weile ab.<br />

Hansenet und AOL fusionieren mit Versatel, United Internet<br />

übernimmt das DSL-Geschäft von Freenet, die drei<br />

Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland, Kabel BW und Unitymedia<br />

verbünden sich: Gedankenspiele wie diese gab es in den vergangenen Jahren reichlich<br />

– passiert ist bisher wenig. Zwar interessiert sich aktuell der Telekommunikationsanbieter<br />

Telefónica für eine Übernahme der Telecom-Italia-Tochter Hansenet, aber nicht um jeden<br />

Preis. Vodafone und United Internet schielen auch nach Hansenet, aber nur interessiert und<br />

nicht gierig. www.pwc.de/de/pwc373<br />

Es bleibt dabei: Anteile an einer Ka-<br />

pitalgesellschaft und Gesellschaftsdarlehen sind<br />

steuerlich gesehen zwei verschiedene Wirtschafts-<br />

güter – mit unterschiedlichen Rechtsfolgen im Falle<br />

der Wertminderung. Eine Revision gegen das Urteil<br />

des Finanzgerichts Niedersachsen (6K 442/05) wur-<br />

de im Januar als unbegründet zurückgewiesen.<br />

Drei Fragen an ...<br />

Derk Fischer<br />

... zum Datenschutz<br />

pwc: Aus welchem Grund sollten sich Unternehmen<br />

mit Datenschutz befassen?<br />

Fischer: Das Risiko, morgen ebenfalls zum<br />

Thema „Datensicherheit im Unternehmen“<br />

in einer der großen Tageszeitungen aufzutauchen,<br />

die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes<br />

und das für Mitte 2010 angekündigte<br />

Datenschutzauditgesetz sind für<br />

sich genommen schon valide Gründe.<br />

Derk Fischer ist Experte für Datensicherheit<br />

und Datenschutz bei <strong>PwC</strong>.<br />

Gibt es weitere Gründe?<br />

Allein die steigende Bedeutung von Informationen<br />

als Rohstoff der heutigen Wirtschaft<br />

und als wesentliches, aber oft vernachlässigtes<br />

Gut sind weitere gute Gründe,<br />

die Datensicherheit in Firmen einer unabhängigen<br />

Analyse zu unterziehen.<br />

Wie helfen Sie den Unternehmen?<br />

Wir unterstützen sie bei der Erstellung geeigneter<br />

Konzepte zu Datenschutz und Datensicherheit<br />

und überprüfen bestehende<br />

Konzepte. Und wir machen Unternehmen<br />

mit unserem Know-how fit für Datenschutz-<br />

Audits.<br />

28 pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009 29


pwc: Wissen<br />

Stella Rimington leitete von 1992 bis 1996 den britischen Inlandsgeheimdienst MI5 – und war zugleich die erste Frau an der Spitze der<br />

Behörde, die „dem Schutz des Königreichs und dessen Wirtschaft“ dient. Heute ist Rimington eine bekannte Autorin von Thrillern.<br />

30 pwc: | juli 2009<br />

Die Geheimniskrämer<br />

Immer mehr Unternehmen fallen mit dubiosen Überwachungsmethoden auf.<br />

Doch was sagen echte Agenten zu dem Trend? pwc: fragte die Ex-Chefs der<br />

britischen Geheimdienste MI5 und MI6: Stella Rimington und Richard Dearlove.<br />

Von Peter Littger<br />

Ihr Name ist M. Nur M. Seit 1995 ist sie die<br />

Chefin von Agentenlegende James Bond.<br />

Das reale Vorbild für M ist eine Agentin aus<br />

dem wahren Leben: Stella Rimington. Die<br />

schmächtige Dame sitzt vor mir auf einem<br />

englischen Sofa. Kurze Haare, warmer,<br />

Blick, die faltigen Hände einer Gärtne-<br />

rin und eine leise Stimme. Von 1992 bis<br />

1996 war Rimington die erste Frau an der<br />

Spitze des britischen Nachrichtendiensts<br />

MI5 – und sie war auch die erste Person<br />

in diesem Amt, die dem Volk bekannt war.<br />

Denn gegen jede Konvention hatte sie ihre<br />

Identität preisgegeben und sogar eine Bro-<br />

schüre über die Arbeit des MI5 veröffent-<br />

licht. Und auch nach ihrer Pensionierung<br />

hat sie sich nicht in Schweigen gehüllt. Ri-<br />

mington wurde zur öffentlichen Kritikerin<br />

der zunehmenden Überwachung durch den<br />

Staat und warnt vor „polizeistaatlichen Ten-<br />

denzen“. Außerdem hat sie sich einen mitt-<br />

lerweile großen Namen gemacht als Autorin<br />

von Kriminalromanen, in denen sie aus dem<br />

Geheimdienstmilieu erzählt. So wie Ian Fle-<br />

ming, der Erfinder von James Bond.<br />

Wir haben uns verabredet, weil sich Stel-<br />

la Rimington auch gut auskennt in einem<br />

Grenzbereich zwischen unternehmerischen<br />

Interessen und verdeckter Ermittlung, der<br />

gerade in letzter Zeit immer häufiger ins<br />

Licht der Öffentlichkeit rückt. Denn als MI5-<br />

Chefin war es Rimingtons Aufgabe, das<br />

britische Königreich und ausdrücklich auch<br />

seine Wirtschaft zu beschützen. („to protect<br />

national security and safeguard the eco-<br />

nomic well-being“). Ihre Agenten mussten<br />

also Gefahren für Unternehmen identifizie-<br />

ren, die manchmal nur in Umrissen und oft<br />

gar nicht bekannt waren. Nach ihrer aktiven<br />

Zeit als Topagentin brachte Stella Rimington<br />

ihr Wissen als Beraterin bei British Gas und<br />

beim Handelskonzern Marks & Spencer ein,<br />

wo sie sogar Aufsichtsrätin wurde.<br />

Ich frage Rimington, was in der Wirtschaft<br />

eigentlich schief läuft, wenn ein Großkon-<br />

zern nach dem anderen dabei ertappt wird,<br />

mit geheimdienstlichen Methoden gegen<br />

potenzielle Gegner inner- und außerhalb<br />

des Unternehmens vorzugehen – ist dieser<br />

vermeintliche Selbstschutz der Unterneh-<br />

men gerechtfertigt? „Die Entwicklung hat<br />

mit dem mangelnden Traditionsbewusstsein<br />

der Manager zu tun. Und das sind meistens<br />

Männer.“ Die mittlerweile 73 Jahre alte<br />

Dame lächelt triumphierend über ihren ausholenden<br />

und auch provozierenden Gedanken.<br />

Dann nimmt sie einen Schluck Wasser.<br />

Wir sitzen im Computerraum des Londoner<br />

Carlton Clubs, ein traditioneller Ort der<br />

britischen Konservativen – Männer. Zwar<br />

hat es die eiserne Margaret Thatcher einst<br />

geschafft, den Club zur Gleichbehandlung<br />

zu zwingen, sodass auch Frauen Mitglieder<br />

werden konnten. Doch den Salon im Erdgeschoss<br />

dürfen die Ladys noch immer<br />

nicht betreten. Deshalb treffen sie sich hier,<br />

im dritten Stock – die Computer benutzt sowieso<br />

meist niemand.<br />

„Genauso wie Staaten haben natürlich auch<br />

Unternehmen handfeste Gründe, sich bedroht<br />

zu fühlen – und sich vielleicht auch zu<br />

wehren“, betont Rimington. Doch das kurz-<br />

fristige, zyklische Denken von Managern<br />

unterscheide die Wirtschaft fundamental<br />

von staatlichen Diensten, erklärt die studierte<br />

Archivwissenschaftlerin. Am Anfang ihrer<br />

Laufbahn arbeitete sie mehrere Jahre als<br />

Archivarin. Das wenig ausgeprägte historische<br />

Denken führe zu einem großen Fehler<br />

vieler Manager, nämlich unüberlegt, also<br />

ohne „Intelligence“, zu handeln. „Und das,<br />

obwohl es die Pflicht von Unternehmenslenkern<br />

sein muss, jede Aktion zu verhindern,<br />

die später dauerhaft ein schlechtes<br />

Licht auf die Firma werfen könnte, weil sie<br />

unverhältnismäßig und illegal ist.“<br />

Es sei ein grober Fehler, fährt Rimington<br />

fort, wenn in die Firmenkultur kein Sinn für<br />

die Unternehmensgeschichte eingebaut<br />

ist. „Der muss gepflegt und weitergegeben<br />

werden.“ Beim MI5 sei Kontinuität selbst<br />

in stürmischen Zeiten wichtig: „Das Büro<br />

lebt von seiner Geschichte, die es ernst<br />

nimmt. Von den Details seiner Organisation.<br />

Eigenschaften, die prägend sind. Und von<br />

einem großen Gedächtnis.“ Dieses „große<br />

Gedächtnis“ bedeutet vor allem eine flächendeckende<br />

Archivierung aller internen<br />

Abläufe. „Es ist falsch, die Gefahren zuerst<br />

außerhalb der Organisation zu suchen anstatt<br />

im Kreis der handelnden Personen“,<br />

sagt Rimington. In Geheimdiensten werde<br />

jeder Brief und jede E-Mail registriert, und<br />

von den meisten Sitzungen würden Aufzeichnungen<br />

gemacht – manchmal auch per<br />

Video –, um Zwischentöne und menschliche<br />

Regungen der Verantwortlichen festzuhalten.<br />

„Die meisten Unternehmen machen<br />

das nicht, soweit ich das richtig sehe.“<br />

Nun ja, Miss Rimington, zumindest in<br />

Deutschland werden einige große Unter-<br />

„Es ist nicht einzusehen, warum ein Vorstand Informationen<br />

über alle Mitarbeiter sammelt und damit<br />

Misstrauen sät, anstatt bei sich selber anzufangen.“<br />

Stella Rimington, Exchefin des britischen Nachrichtendiensts MI5<br />

nehmen gerade dafür angegriffen, dass sie<br />

alles und jedes über ihre Mitarbeiter herausfinden<br />

wollen. Sie lächelt. Natürlich könne<br />

es von Bedeutung sein zu wissen, wie<br />

das Personal tickt, was die Leute bewegt<br />

und frustriert, welche Hobbys, Unarten und<br />

Schwächen sie haben. Fahnder, die jedoch<br />

mit der Datenrecherche zu kleinmaschig<br />

und zu technisch würden, verlören die Spur.<br />

Dasselbe gelte für Fahnder, die unwichtige<br />

Menschen beobachtete und nicht die wichtigsten.<br />

„Es ist nicht einzusehen, warum ein<br />

pwc: | juli 2009 31


pwc: Wissen<br />

Vorstand Informationen über alle Mitarbeiter<br />

sammelt und damit Misstrauen sät, anstatt<br />

bei sich selbst anzufangen.“<br />

Sammeln, Verstehen, Planen – das sind<br />

die Prinzipien der „Intelligence“ – jeder ge-<br />

heimdienstlichen Arbeit. „Das bedeutet<br />

nicht automatisch, dass es sich um eine<br />

Geheimwissenschaft handelt“, unterstreicht<br />

Rimington. Vielmehr gehe es in der Beurteilung<br />

darum, den gesunden Menschenverstand<br />

einzusetzen: „Wie reagiert jemand?<br />

Wofür ist er anfällig? Wann wird er<br />

schwach? Wo bleibt er stark? Das ist Psychologie,<br />

aber ich behaupte: Psychologie,<br />

die jeder versteht.“<br />

Stella Rimington ist überzeugt, dass Sicherheit<br />

historisches Denken erfordert, die Pflege<br />

und Deutung kritischer Unterlagen – und<br />

die dafür notwendigen Budgets. Darüber<br />

hinaus sei langfristige Sicherheit nur möglich,<br />

wenn die Verantwortlichen abwarten<br />

und vor allem abwägen könnten.<br />

Das Abwägen gefällt auch Richard Dearlove.<br />

„Ich bin ein starker Verfechter des Prinzips<br />

der Verhältnismäßigkeit: Übermäßig ausgefeilte<br />

Kontrollen bringen nichts, wenn nicht<br />

genau klar ist, was wirklich wichtig ist, was<br />

wirklich kontrolliert werden muss und wer<br />

und was wirklich kontrolliert werden kann.“<br />

Viele Manager hätten Schwierigkeiten zu<br />

akzeptieren, dass es heutzutage sehr viele<br />

Dinge gebe, die sich nicht mehr geheim<br />

halten lassen.<br />

„Im Internet befinden sich selbst technische<br />

Details über Atomkraftwerke.Diese Uhr können<br />

wir nicht zurückdrehen.“ Richard Dearlove<br />

zählt zu denjenigen, die nur allzu gut<br />

wissen, wie sehr sich die Schleusen der Informationsflut<br />

alleine in den vergangenen<br />

zehn Jahren geöffnet haben. Zwischen<br />

1999 und 2004 war er Chef („The big C“)<br />

des britischen Auslandsgeheimdiensts MI6.<br />

Im selben Zeitraum wuchsen die Speicherkapazitäten<br />

sowie die Rechen- und Übertragungsgeschwindigkeiten<br />

der Computersysteme<br />

so stark wie niemals zuvor.<br />

„The big C“: Richard Dearlove war von 1999 bis<br />

2004 Chef des britischen Auslandsgeheimdiensts<br />

MI6. Heute ist er Master des Pembroke College<br />

in Cambridge.<br />

Dearlove sitzt an einem leeren Holztisch in<br />

einem leeren Dachzimmer des altehrwürdigen<br />

Pembroke College in Cambridge. Er<br />

ist dort seit 2004 „Master“ – eine Art Ehrenpräsident.<br />

Er arrangiert Kontakte, vielleicht<br />

zu Spendern, vielleicht zu hochrangigen<br />

Politikern, vielleicht zu zukünftigen Agenten.<br />

Keiner weiß das so genau. Durch das Gaubenfenster<br />

hinter seinem Rücken strahlt die<br />

Sonne und lässt von seinem großem Kopf<br />

und den weißen Schläfen beinahe nur die<br />

Silhouette erkennen. Gut möglich, dass der<br />

Mann nicht einmal der Queen verraten hat,<br />

was er über die Umstände von Prinzessin<br />

Dianas Tod weiß und über die Hintergründe<br />

des Irakkriegs. Zyniker mögen unterstellen,<br />

er heiße „Dearlove“, um über das Böse hinwegzutäuschen.<br />

James-Bond-Fans stellen<br />

sich lieber vor, dass seine Sekretärin „Miss<br />

Moneypenny“ ist.<br />

Sir Richard setzt auf Kontrolle. Auf totale<br />

Kontrolle – nicht durch verdeckte Operationen,<br />

sondern durch Gesetz und Ordnung:<br />

„Wenn Unternehmen glauben, dass sie geheimdienstliche<br />

Methoden benötigen, müssen<br />

sie den Fall bei den Behörden anzeigen<br />

und um Unterstützung bitten.“ Gerade in<br />

Großbritannien entwickele sich die Koopera-<br />

32 pwc: | juli 2009<br />

tion zwischen Staat und Unternehmen gut –<br />

es gebe sogar gemeinsame Workshops.<br />

Dass Firmen eigene Spione oder private<br />

Dienste beauftragen, illegal zu handeln,<br />

nennt Dearlove „unerträglich, lächerlich und<br />

dumm“. Vor allem, wenn Mitarbeiter überwacht<br />

werden, damit sie kein Klopapier<br />

stehlen oder Onlinevideos schauen. Solche<br />

Fälle bereiten dem coolen Charakter eine<br />

gewisse Hitze. „Diese Unternehmen zerstören<br />

viel Vertrauen. Wenn ich Vorstand eines<br />

Unternehmens wäre, das Menschen aushorcht,<br />

würde ich zurücktreten.“ Er fordert<br />

deshalb „drakonische Strafen“ mit hohem<br />

Abschreckungswert, selbst noch für den<br />

größten Konzern. Damit liegt Dearlove fast<br />

auf einer Linie mit den deutschen Datenschützern,<br />

die der Meinung sind, dass einige<br />

Unternehmen eine Straftat begehen und<br />

dabei von vornherein kalkulieren, dass sie<br />

anschließend die Strafe aus der Portokasse<br />

bestreiten.<br />

Unbehagen bereitet Sir Richard auch die<br />

Paradoxie, dass Geheimdienste in Europa<br />

immer mehr der Überwachung durch<br />

Parlamente und Gerichte unterstellt werden,<br />

während parallel ein unkontrollierter,<br />

privater Graumarkt für Spionageleistungen<br />

entsteht – der allerdings nicht selten von<br />

ehemaligen MI6-Kollegen aufgebaut wird.<br />

„Ich sage das nicht, weil ich es sagen muss,<br />

sondern aus tiefster Überzeugung und zum<br />

Schutz unserer Demokratie: Es darf keine<br />

Freiräume für Überwachung außerhalb der<br />

Gesetze geben.“<br />

Mit der Krise habe der Trend hin zur Überwachung<br />

nichts zu tun, argumentiert Dearlove,<br />

sondern mit dem Wesen des Menschen.<br />

Die Formel dazu ist einfach: Da es<br />

immer leichter wird, andere zu bespitzeln,<br />

wird es auch immer mehr gemacht. „Die<br />

Gesetze werden schon bald erheblich verschärft<br />

werden müssen, weil sich die Technologie<br />

rasant weiterentwickelt und immer<br />

mehr Möglichkeiten bietet, in alle möglichen<br />

Systeme und Privatsphären einzudringen.<br />

Also müssen wir auch die Regeln weiterentwickeln.“<br />

Doch was rechtfertigt dann überhaupt<br />

Überwachungen – wo lauern die größten<br />

Gefahren? Durch Wirtschaftsspionage sollen<br />

jährlich Schäden in gigantischer Höhe<br />

entstehen, die OECD gab vor zwei Jahren<br />

Forensic Services<br />

Wirtschaftskriminelle manipulieren Bilanzen,<br />

unterschlagen, veruntreuen, richten hohe finanzielle<br />

Schäden an und erschüttern das<br />

Vertrauen der Anteilseigner, Kapitalgeber<br />

und Mitarbeiter. Zwar sind nur zwei Prozent<br />

aller in Deutschland verübten Verbrechen<br />

sogenannte Fraud-Delikte, der angerichtete<br />

Schaden ist aber horrend. Etwa 50 Prozent<br />

der Gesamtschadenssumme aller Straftaten<br />

geht auf das Konto von Wirtschaftskriminellen.<br />

PricewaterhouseCoopers (<strong>PwC</strong>) bietet<br />

seinen Kunden Unterstützung bei Prävention<br />

und Aufklärung von wirtschaftskriminellen<br />

Vorfällen an. Zu den Leistungen des<br />

Bereichs Forensic Services gehören unter<br />

anderem die Ermittlung bei Verdacht auf<br />

dolose Handlungen, die Erstellung gerichtsverwertbarer<br />

Sachverhaltsdarstellungen und<br />

die Analyse der individuellen Risikostruktur<br />

eines Unternehmens. Ausgehend von tatsächlichen<br />

Fällen haben die <strong>PwC</strong>-Experten<br />

das Software-Tool FRAUD-SCAN® entwickelt.<br />

Damit können unsaubere Praktiken in<br />

Firmen verhindert und betrügerische Handlungen<br />

identifiziert werden. FRAUD-SCAN®<br />

wurde im April von der Standortinitiative<br />

„Deutschland – Land der Ideen“ mit dem<br />

Innovationspreis „Ausgewählter Ort 2009“<br />

ausgezeichnet. www.pwc.de/de/pwc358<br />

eine Schätzung von 50 Milliarden Euro ab.<br />

Dearlove rät deshalb dazu, „die Augen sehr<br />

weit offen zu halten“. Mit anderen Worten:<br />

sich Hilfe zu holen und in Sicherheit zu investieren.<br />

Also brauchen Unternehmen eher mehr als<br />

weniger Geheimdienstler in ihren Sicherheitsabteilungen?<br />

Es sei der falsche Weg,<br />

hier über die Besetzung von einzelnen<br />

Planstellen oder die Vergabe von Schnüffel-<br />

„Wenn ich Vorstand eines Unternehmens wäre,<br />

das Menschen aushorcht, würde ich zurücktreten.“<br />

Richard Dearlove, Master des Pembroke College (Cambridge), Ex-MI6-Chef<br />

aufträgen nachzudenken, meint Dearlove,<br />

das Problem liege tiefer. „Ich bezweifle,<br />

dass viele Unternehmen überhaupt eine Ahnung<br />

davon haben, was Sicherheit wirklich<br />

heißt. Wer sie in seinem Unternehmen will,<br />

muss bereit sein, die Kultur radikal darauf<br />

einzustellen.“ In einer Regierungsabteilung,<br />

die absolute Geheimhaltung praktizierte,<br />

wollten die meisten Menschen nicht arbeiten<br />

– weil sie auch gar nicht könnten.<br />

Eine Regel, die Dearlove selber stets beachtet<br />

haben will und die das Wissen als<br />

wertvollste Ressource schützt, nennt er<br />

„Need to know“. „Sie erfordert Disziplin und<br />

Genauigkeit“, erklärt Dearlove. Im Prinzip<br />

funktioniere sie wie ein Fragenkatalog und<br />

sämtliche Antworten müssten ständig absolut<br />

zuverlässig gegeben werden können.<br />

Zum Beispiel: Wer weiß etwas? Welche Sekretärin<br />

ist involviert? Wer hat Zugang zu<br />

den Patenten? Wer versteht überhaupt die<br />

Patente? Unternehmen, denen es gelingt,<br />

sich nach dieser Regel zu strukturieren,<br />

seien automatisch sicherer.<br />

Richard Dearlove hat drei konkrete Tipps:<br />

„Erstens: Ich habe noch nie einen Papierkorb<br />

in meiner beruflichen Laufbahn<br />

verwendet, sondern alles geschreddert.<br />

Zweitens habe ich alle noch so banalen Vorgänge<br />

wenigstens einmal überprüft: Welches<br />

Putzpersonal hat welchen Zugang?<br />

Wer hat welchen Schlüssel? Und drittens<br />

müssen sie Luftschleusen anlegen, sogenannte<br />

Air-Gaps, wenn sie ein wirklich<br />

großes Geheimnis schützen wollen. Keine<br />

Computernetze, keine Stromnetze, gar keine<br />

Netze dürfen dorthin führen. Dorthinein<br />

legen sie ihr größtes Geheimnis.“<br />

Doch die Haltbarkeit und die Relevanz von<br />

Unternehmensgeheimnissen seien meistens<br />

nicht von langer Dauer. Dearlove spricht in<br />

englischer Sprache von „Limited Shelf-Life“.<br />

Manche Dinge müsse man nur ein paar Wochen,<br />

vielleicht Monate behüten, selten Jahre.<br />

Verantwortliche gehen, Straftaten verjähren,<br />

Unternehmen verändern sich – werden<br />

geschluckt, verkauft oder geschlossen.<br />

Welches Geheimnis lebt ewig?<br />

Dann fällt Dearlove das Coca-Cola-Rezept<br />

ein, das schon viel imitiert, aber nie vollständig<br />

kopiert worden ist. Eine Meisterleistung<br />

der Verschwiegenheit. Das Geheimnis<br />

hat Kriege überstanden und ganze Generationen<br />

von Produzenten reich – und noch<br />

viel mehr Menschen dick – gemacht. Es<br />

zählt zu der Sorte von Geheimnissen, die es<br />

nicht oft gibt, nicht einmal in Geheimdiensten.<br />

„Das größte Geheimnis der Briten ist<br />

die wahre Identität unserer Spione während<br />

des Kalten Kriegs. Sie mögen im Laufe der<br />

Geschichte von anderen entlarvt werden –<br />

wir Briten werden sie jedenfalls niemals<br />

verraten. Ihre Akten werden für immer verschlossen<br />

bleiben.“<br />

Und das ist dann indirekt vielleicht der letzte<br />

Tipp: Akten, die es gar nicht mehr gibt,<br />

kann auch niemand mehr öffnen.<br />

pwc: | juli 2009 33


pwc: Wissen<br />

Blassgrüne Logistik<br />

Die deutschen Transport- und Logistikunternehmen tun sich schwer mit<br />

dem Klimaschutz. Dabei wäre gerade jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.<br />

Ein Kommentar von Michael Werner, Nachhaltigkeitsexperte bei <strong>PwC</strong><br />

Mit Maßnahmen zum Klimaschutz im Sinne<br />

der Verringerung des Ausstoßes von CO2 kann der Klimawandel begrenzt und sein<br />

Tempo verlangsamt werden. Neben den üblichen<br />

Kriterien wie Preis, Liefertreue und<br />

Schadensquoten rücken Themen wie Klimaschutz<br />

und verantwortliches Handeln zunehmend<br />

auch in den Fokus der Transportund<br />

Logistikbranche.<br />

Die großen Kunden der Logistikunternehmen<br />

nutzen die Zeit des wirtschaftlichen<br />

Abschwungs, um ihre Lieferkette zukunftsfähig<br />

zu machen. Der Nachweis von CO2-<br />

Emissionen, die mit der Herstellung und<br />

Lieferung eines Produkts verbunden sind,<br />

wird insbesondere für Markenartikelhersteller<br />

und Handelsunternehmen immer wichtiger.<br />

Diese werden in zunehmendem Maße<br />

auch von ihren Logistikdienstleistern CO2- Nachweise verlangen. Die wiederum stehen<br />

in der Verantwortung, den Klimaschutz<br />

als festen Bestandteil eines strategischen<br />

Nachhaltigkeitskonzepts zu integrieren.<br />

Die multinationalen Logistikunternehmen<br />

haben mit der Umsetzung von Maßnahmen<br />

zum Klimaschutz schon begonnen.<br />

Das zeigte eine Untersuchung der Internetauftritte<br />

von 25-Toplogistikunternehmen im<br />

April 2009. Sechs der betrachteten Unternehmen<br />

• Veröffentlichen eigene Umwelt- oder<br />

Nachhaltigkeitsberichte.<br />

• Berichten über ihre CO2-Emissionen. • Implementieren ein Umweltmanagementsystem<br />

nach ISO 14001.<br />

• Bieten teilweise CO2-neutrale Dienstleistungen<br />

an.<br />

• Berichten über weitere Nachhaltigkeitsthemen.<br />

Die Studie<br />

Nur 30 Prozent der<br />

mittleren und großen<br />

deutschen Logistikunternehmen<br />

bieten ökologische<br />

Produkte an. Das<br />

ergab eine Befragung<br />

von PricewaterhouseCoopers (<strong>PwC</strong>)<br />

unter den Top 100 der Branche. Weitere<br />

17 Prozent tragen sich immerhin mit dem<br />

Gedanken, ihre Produktpalette entsprechend<br />

zu erweitern. Die Kunden würden<br />

solche Produkte nicht verlangen, antworteten<br />

62 Prozent der befragten Manager.<br />

Bei den global agierenden deutschen Logistikkonzernen<br />

stellt sich das Kundenverhalten<br />

schon anders dar. Hier gab fast jeder<br />

zweite Befragte (47 Prozent) an, dass die<br />

Kunden Nachweise über Emissionsreduktionen<br />

erwarten. www.pwc.de/de/pwc364<br />

Korrelierend mit der Umsatzstärke zeigen<br />

die mittleren und kleinen Spediteure<br />

durchweg weniger oder gar keine diesbezüglichen<br />

Aktivitäten. Die im Mittelfeld<br />

angesiedelten Unternehmen veröffentlichen<br />

zwar Nachhaltigkeitsberichte, erfassen<br />

und dokumentieren die CO2-Emis sionen, doch die Zertifizierung nach ISO<br />

14001 und grüne Logistikprodukte sind für<br />

sie keine relevanten Themen. Insgesamt 14<br />

der Top-25-Logistikunternehmen bilden das<br />

Schlusslicht in Sachen Klimaschutz –<br />

keines der genannten Themen ist für sie<br />

von Bedeutung.<br />

Immer mehr Kunden werden von ihren Logistikpartnern<br />

Nachweise über die CO2-Emissionen<br />

verlangen. Die Branche sollte deshalb ökologisch<br />

nachhaltige Services in ihr Angebot aufnehmen.<br />

Die Großen der Transport- und Logistikbranche<br />

beginnen jetzt, ihre Logistikpartner<br />

in die Klimaschutzmaßnahmen einzubeziehen,<br />

indem sie Basisinformationen wie Angaben<br />

über Alter und Zusammensetzung<br />

des Fuhrparks sowie Treibstoffverbrauch<br />

und den Auslastungsgrad anfordern. Aber<br />

auch weitergehende Fragen zu technischen,<br />

organisatorischen und betrieblichen Maßnahmen<br />

sind Bestandteil der teilweise sehr<br />

umfangreichen Fragebögen.<br />

Die Umfrageergebnisse der aktuellen <strong>PwC</strong>-<br />

Studie zeigen deutlich, dass gerade kleine<br />

Logistikdienstleister den Trend zum kundenseitig<br />

geforderten Nachweis der Emissionen<br />

verkennen. Als Teil der Lieferkette<br />

sollten auch diese Unternehmen in der<br />

Lage sein, diese Angaben zu liefern. Heute<br />

gestellte Fragen können schon morgen Kriterien<br />

für die Auftragsvergabe sein.<br />

Die vollständige Erfassung und Dokumentation<br />

der CO2-Emissionen ist die erste und<br />

größte Hürde. Der Weg zum „grünen“ Produktangebot<br />

ist dann nur noch ein verhältnismäßig<br />

kleiner Schritt. Ist die Herausforderung<br />

der Emissionsdokumentation erst<br />

einmal bewältigt, überdenken vielleicht<br />

auch einige der bisherigen Nichtanbieter<br />

grüner Logistikprodukte ihre Haltung.<br />

Die aktuell geringeren Wachstumsraten im<br />

Transport- und Logistikmarkt sollten als<br />

Chance begriffen werden, sich neuen Herausforderungen<br />

wie dem klimaschonenden<br />

Transport zu widmen und neue Geschäftsfelder<br />

oder Produkte wie die klimaneutrale<br />

Logistikdienstleistung zu entdecken – mit<br />

dem Ziel, gestärkt in den Aufschwung hineinzugehen.<br />

Kontakt<br />

michael.werner@de.pwc.com<br />

<strong>PwC</strong>-Experte Nachhaltigkeit<br />

klaus-dieter.ruske@de.pwc.com<br />

<strong>PwC</strong>-Experte Transport und Logistik<br />

34 pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009 35


pwc: Wissen<br />

Stressfest im Stresstest<br />

Die Wirtschaftskrise schlägt vielen Managern auf Gesundheit und Gemüt. Wie<br />

sie den Existenzkampf physisch und psychisch überstehen.<br />

Von Heike Littger<br />

36 pwc: | juli 2009<br />

Wenn Roland Stiefel in die Gesichter seiner<br />

Mitarbeiter blickt, weiß er genau: Sie möch­<br />

ten von ihm klare Antworten. Wie geht es<br />

mit unserem Unternehmen weiter? Wird es<br />

weitere Entlassungen geben? Können wir<br />

unserer Zukunft sicher sein? 100 Prozent<br />

verlässlich kann sich der Geschäftsführer<br />

der französischen und der Schweizer Nie­<br />

derlassung des norddeutschen Familien­<br />

unternehmens Ado Goldkante dazu nicht<br />

äußern. „Das ist das Schwierige an der mo­<br />

mentanen Situation“, sagt er. „Keiner kann<br />

sagen, wie lange die Krise noch andauern<br />

und wie sie sich konkret auswirken wird.“<br />

Nach Januar und Februar – zwei Monaten<br />

mit Umsatzeinbußen von bis zu 20 Prozent<br />

in seinen Märkten – zog das Geschäft da­<br />

nach wieder deutlich an. „Ich gehe aber da­<br />

von aus, dass es das übliche Saisonhoch<br />

ist – Gardinen werden vor allem im Frühjahr<br />

gekauft – und wir auch noch über das Jahr<br />

2010 hinaus mit der Krise zu kämpfen ha­<br />

ben werden.“ Mit dieser Einschätzung ist<br />

Stiefel nicht allein.<br />

PricewaterhouseCoopers (<strong>PwC</strong>) hat zum<br />

Auftakt des diesjährigen Weltwirtschafts­<br />

forums im schweizerischen Davos 1.124<br />

Chief Executive Officers aus 50 Ländern<br />

befragt. Ihr Vertrauen in die zukünftige ge­<br />

schäftliche Entwicklung ist tief gesunken.<br />

<strong>PwC</strong>­Vorstandssprecher Hans Wagener:<br />

„Der Optimismus hat in allen Bereichen ab­<br />

genommen. Nur 21 Prozent der befragten<br />

CEOs rechnen mit einem Wirtschafts­<br />

wachstum in laufenden Jahr.“ Nicht viel<br />

besser: die langfristigen Prognosen. „Le­<br />

diglich 34 Prozent glauben an ein Wachs­<br />

tum in den nächsten drei Jahren“, so Wa­<br />

gener. „In der Befragung des Vorjahrs, als<br />

sich das Ausmaß der weltweiten Finanz­<br />

und Wirtschaftskrise langsam abzuzeich­<br />

nen begann, waren es noch 42 Prozent.“<br />

Die Frage: Was steckt hinter diesen Zah­<br />

len? Wie wirkt sich die Krise, die Unge­<br />

wissheit vor der Zukunft auf die physische<br />

und psychische Gesundheit von Managern<br />

und Unternehmern aus?<br />

Der Sozialwissenschaftler und Manage­<br />

mentberater Peter Wollsching­Strobel<br />

erzählt: „Gerade in Frankfurt sind die<br />

Arztpraxen voll, Hörsturz und Magenge­<br />

schwür stark im Trend.“ Und auch er hat<br />

gut zu tun. In seinem Kalender findet sich<br />

für die kommenden acht Wochen keine<br />

Lücke. „Die Stimmungslage unter meinen<br />

Klienten ist angespannt, alle sind sehr be­<br />

sorgt.“ Die schlimmsten Nachrichten sind<br />

noch gar nicht über den Newsticker ge­<br />

laufen, so die Überzeugung, die Banken<br />

haben noch längst nicht alles gebeichtet.<br />

„Manche rechnen sogar mit einem Staats­<br />

bankrott innerhalb der EU­Zone“, so Woll­<br />

sching­Strobel. Die Reaktion hänge von<br />

der Persönlichkeit ab: Flucht oder Angriff.<br />

„Die einen ducken sich weg – ich kann so­<br />

wieso nichts tun. Die anderen arbeiten wie<br />

verrückt – jetzt nur nicht aufgeben.“<br />

„Besonders gefährdet“, sagt Ulrich Soll­<br />

mann, „sind Manager und Unternehmer,<br />

die nicht wissen, wo sie in ihrem Leben<br />

hinwollen und was ihnen wirklich wich­<br />

tig ist.“ Sie funktionieren, so der Manage­<br />

mentcoach aus Bochum, weil sie gelernt<br />

haben zu funktionieren. Nur: Inmitten der<br />

tiefsten und am stärksten synchronisierten<br />

Rezession, wie OECD­Chefvolkswirt Klaus<br />

Schmidt­Hebbel kürzlich sagte, scheinen<br />

ihre alten Handlungsmuster nicht mehr zu<br />

greifen, und auch die herkömmlichen, vertrauten<br />

Alternativen nicht. „Es herrscht die<br />

große Desillusionierung“, so Sollmann, „wer<br />

da keine verinnerlichten Ziele hat, an die er<br />

selbst noch glauben kann, hat keinen inneren<br />

Piloten mehr und fällt ins Bodenlose.“<br />

So wie jener Manager, der seit drei Monaten<br />

den Vertrieb eines mittelständischen<br />

Unternehmens leitet. Sein Vorgänger hatte<br />

versucht, den Laden trotz Krise am Laufen<br />

zu halten. Plötzlich fiel er tot um. Herzinfarkt.<br />

Er selbst liegt seit zwei Wochen wegen<br />

einer schweren Autoimmunerkrankung<br />

im Krankenhaus. Doch anstatt sich zu erholen,<br />

macht er vom Krankenbett aus weiter<br />

Geschäfte. „Das ist kein extremer Fall. Viele<br />

Manager haben keinen Zugang zu ihrer körperlichen<br />

und seelischen Gesundheit“, so<br />

pwc: | juli 2009 37


pwc: Wissen<br />

Sollmann. „Sie machen sich hart bis zur<br />

Selbstaufgabe. Das Funktionieren und die<br />

Illusion von der eigenen Allmacht stehen im<br />

Vordergrund.“<br />

Andreas Hillert kennt das. Der Chefarzt an<br />

der Medizinisch­Psychosomatischen Klinik<br />

Roseneck in Prien am Chiemsee hat<br />

derzeit alle Hände voll zu tun. Auf seiner<br />

Station liegen viele Manager, welche die<br />

Krise völlig unvorbereitet aus dem Alltag<br />

geschleudert hat. „Die meisten erleben das<br />

entweder als Kränkung oder als Hilflosigkeit,<br />

besonders, wenn sie mit Macht­ oder<br />

Gesichtsverlust verbunden ist“, so Hillert.<br />

Wer so eine Möglichkeit in seiner Lebensplanung<br />

bisher für ausgeschlossen hielt,<br />

gerät jetzt ins Schlingern. Allzu oft hört der<br />

Psychiater Sätze wie diese: „Herr Doktor,<br />

seien wir mal ehrlich, wer in meiner Branche<br />

mal in eine Psychoklinik musste, der<br />

ist doch fertig ...“ Da ist der Schritt nicht<br />

weit, die Schuld bei anderen zu suchen<br />

und resigniert in Richtung Berufsunfähigkeitsrente<br />

zu schielen. „Zumal viele Spitzenleute<br />

auch mit dem Imagewandel vom<br />

coolen Erfolgsmenschen zum raffgierigen<br />

Sündenbock nicht fertig werden. Sie sehen<br />

sich selbst als unschuldige Opfer globaler<br />

Entwicklungen.“ Es ist ein langer Prozess,<br />

diese Depression zu bewältigen und neue<br />

Perspektiven zu entwickeln. Entscheidend<br />

sei dabei, dass Manager aufhörten, nur<br />

nach außen zu schauen, der Blick müsse<br />

sich nach innen richten, so Götz Mundle,<br />

Professor für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

an der Universität Tübingen und<br />

Geschäftsführer der Oberberg­Kliniken<br />

Schwarzwald. „Die meisten kennen ihr<br />

Leistungsprofil hervorragend, doch sie wissen<br />

wenig über ihr emotionales Persönlich­<br />

Seelische Alarmsignale<br />

Eine psychische Krise kündigt sich an. Warnzeichen,<br />

die man ernst nehmen sollte:<br />

• Das Gefühl „Ich werde gebraucht“ schlägt<br />

um in das Gefühl „Ich bin unersetzlich“.<br />

• Eigene Bedürfnisse werden verdrängt,<br />

der Terminkalender lässt angeblich keine<br />

Freiräume für Privates zu. Selbst für Mittagessen<br />

und Toilettengänge bleibt kaum Zeit.<br />

• Joggen, Paragliding, ins Konzert gehen –<br />

was auch immer früher wichtig war, erscheint<br />

als Zeitverschwendung. Der Job ist<br />

das Maß aller Dinge.<br />

• Körperliche Symptome wie Kopf­, Magen­<br />

oder Rückenschmerzen, Harndrang,<br />

Ohrensausen oder Atembeschwerden wer­<br />

den kleingeredet, Fragen nach dem Sinn<br />

des Lebens ignoriert.<br />

• Kollegen werden als stupide, faul, ständig<br />

keitsprofil. Nur durch den wechselseitigen<br />

Abgleich bleiben sie dauerhaft leistungsfähig<br />

und gesund.“ Das heißt, sich zu fragen:<br />

Wo bin ich stark, wo bin ich verwundbar,<br />

wo brauche ich im Arbeitsalltag Unterstützung,<br />

wovor habe ich Angst, was ist meine<br />

innere Richtschnur?<br />

Nur wer sich darüber im Klaren ist, hat<br />

die Kraft und die Souveränität, auch in<br />

Zeiten extremer Dauerbelastung und enormen<br />

Stresses in einer Krise zu bestehen.<br />

Mundle: „Doch Topleute haben oft nicht<br />

einmal gelernt, abzuschalten, sich Zeit zu<br />

nehmen, um nachzudenken und zur Ruhe<br />

zu kommen. Ein erster Schritt ist, die Rahmenbedingungen<br />

zu verbessern.“ Einen<br />

von sieben Tagen Pause machen, egal<br />

was ansteht; 15 Minuten die Tür schließen<br />

und Entspannungsübungen machen, auch<br />

wenn der nächste Termin im Vorzimmer<br />

„Die meisten Manager wissen zu wenig über ihr<br />

emotionales Persönlichkeitsprofil.“<br />

Götz Mundle, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Tübingen<br />

drängelt; zweimal die Woche Sport machen<br />

und Zeiten für Familie und Freunde<br />

einplanen. „Dann fällt es leichter, in sich<br />

hineinzuhören und seinem Persönlichkeitsprofil<br />

auf die Spur zu kommen.“<br />

Das ist ein weiter Weg, der alleine manchmal<br />

kaum zu bewältigen ist. Ado­Goldkante­Geschäftsführer<br />

Roland Stiefel hat sich<br />

bereits im Sommer vergangenen Jahres an<br />

fordernd und undiszipliniert wahrgenommen,<br />

ebenso Freunde und Bekannte. Man<br />

geht auf Distanz, reduziert soziale Kontakte<br />

auf ein Minimum.<br />

• Freie Tage bringen keine Erholung mehr,<br />

Alkohol und Drogen sorgen für Entspannung,<br />

Schlaf und Energie.<br />

Jörg­Peter Schröder gewandt. „Ado steckte<br />

damals mitten in einer Reorganisation, und<br />

auch damals wollten seine Mitarbeiter von<br />

ihm Antworten“, so der Arzt und Managementcoach<br />

aus Mainz. „Dazu war er aber<br />

nicht wirklich in der Lage. Seine Gedanken<br />

kreisten um seine eigene Existenz. Um seine<br />

Angst und zum Teil auch Machtlosigkeit.“<br />

Heute weiß Stiefel: „Eine Krise, auch die<br />

Weltwirtschaftskrise, hat nichts mit meinem<br />

persönlichen Glück zu tun. Sie kann mir im<br />

Grunde nichts anhaben. Sie gefährdet nicht<br />

meine nackte Existenz, sondern höchstens<br />

mein Leben in gewohnten Bahnen.“ Das<br />

zu wissen gibt dem 35­Jährigen heute die<br />

nötige Kraft, Entscheidungen zu treffen,<br />

Perspektiven zu wechseln und selbstbewusst<br />

vor seine Mitarbeiter zu treten und zu<br />

sagen: „Ich weiß auch nicht, was morgen<br />

und übermorgen kommt. Aber lasst es uns<br />

trotzdem anpacken und flexibel auf die Entwicklung<br />

reagieren.“ Im Moment die einzig<br />

sinnvolle Strategie.<br />

Rudolf Bündgen hat seine Entscheidungen<br />

längst getroffen. Er weiß genau, wo es hin­<br />

gehen soll in den nächsten Monaten und<br />

Jahren. Vielleicht ist es auch das, was ihn<br />

so anpackend, so wohlgelaunt, so krisen­<br />

stark erscheinen lässt, wenn er den Hörer<br />

abhebt. Und das, obwohl der Vorstands­<br />

sprecher sein Unternehmen gerade in die<br />

Insolvenz führt: die Schiesser AG.<br />

38 pwc: | juli 2009<br />

Schlägt das nicht auf die Stimmung?<br />

„Ganz und gar nicht“, sagt Bündgen. „Die<br />

Stimmung bei uns ist gut. Denn wir wis­<br />

sen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“<br />

Seit 2007 ist der CEO dabei, das Unter­<br />

nehmen wieder auf das Kerngeschäft zu<br />

eichen. Mit Ausflügen in wenig ertragreiche<br />

Geschäftsfelder wie die Lizenzproduktion<br />

für Markenhersteller wie Puma oder Mexx<br />

hatte sich sein Vorgänger gründlich ver­<br />

galoppiert. Gemeinsam mit seinen beiden<br />

Vorstandskollegen warf Krisenmanager<br />

Bündgen das Ruder herum: Er stieß den<br />

größten Teil dieser Felder ab, entließ 1.000<br />

Mitarbeiter weltweit, machte Prozesse im<br />

Unternehmen effizienter. Ein gewaltiges<br />

Restrukturierungsprogramm, von dem 70<br />

Prozent bereits geschafft waren. Da drehte<br />

die Krise dem Unternehmen den Saft ab:<br />

Die Banken strichen die Kredite, mit denen<br />

Schiesser jedes Halbjahr die Saisonware<br />

vorfinanziert. Ausreichend Rücklagen gab<br />

es nicht. Da blieb nur die Insolvenz.<br />

Wie macht es einer wie Bündgen, an so<br />

einem Druck nicht zu zerschellen, seine<br />

Leute mitzuziehen? „Ich gehe offen mit der<br />

Situation um und beziehe permanent die<br />

anderen mit ein“, sagt er. „Statt meinen<br />

Mitarbeitern vorzumachen, alles sei in But­<br />

ter, und plötzlich streift uns doch noch ein<br />

D­Zug, nehme ich lieber in Kauf, dass wir<br />

gemeinsam lange Phasen der Unsicherheit<br />

durchlaufen. Das macht die Lage transparent,<br />

und ich bekomme mehr davon mit,<br />

was im Unternehmen passiert.“ Einmal im<br />

Monat versammelt er die Belegschaft und<br />

informiert sie über den Status quo. Bündgen<br />

bleibt optimistisch. Das Konzept für<br />

den Weg aus der Insolvenz hat er schon in<br />

der Tasche. Die Auftragsbücher sind gefüllt,<br />

die Handelspartner solidarisch, der<br />

Insolvenzverwalter auf seiner Seite. Jetzt<br />

muss er nur noch die Gläubigerversammlung<br />

überzeugen. Bündgen: „Ich befürchte<br />

nichts, wir schaffen es aus eigener Kraft.<br />

100 Prozent.“<br />

„Tief getroffen“<br />

Oliver Sinner, einst Dotcomgründer, heute Hotelier,<br />

über Nackenschläge und Auswege in der Krise.<br />

Das Gespräch führte Heike Littger.<br />

Herr Sinner, in Sachen Krise macht Ihnen<br />

keiner mehr etwas vor. Als 2001 die Dotcom­Blase<br />

an den Börsen und in der Wirklichkeit<br />

zerplatzte, hat Ihr Unternehmen, der<br />

Onlinedienstleister SinnerSchrader, überlebt.<br />

Wie haben Sie das gemacht?<br />

Es hat sich ausgezahlt, dass wir die Langweiler<br />

der Branche waren: im Grunde ein<br />

Unternehmen alter Schule. Wir waren finanziell<br />

nicht vom Aktienkurs abhängig, hatten<br />

weder mit Venture Capital noch mit Darlehen<br />

unser Geschäft aufgebaut – sondern<br />

nur mit Geld, das wir bereits verdient hatten.<br />

Außerdem haben wir nie coole Websites<br />

gebaut oder Branding gemacht. Natürlich<br />

brach auch unser Aktienkurs am Neuen<br />

Markt ein, da wurden wir genauso abgestraft<br />

wie alle anderen. Aber die Existenz<br />

unseres Unternehmens war dadurch nicht<br />

gefährdet.<br />

War die Krise nach dem Ende des Internetbooms<br />

für Sie als Unternehmer ein Schock?<br />

Eigentlich nicht, denn bei uns kam die Krise<br />

schleichend an. Unsere Kunden waren nicht<br />

die Dotcoms, die nach dem Börsencrash<br />

den Bach runtergingen, sondern Unternehmen<br />

wie die Deutsche Bank oder Tchibo.<br />

Natürlich, die Zeit zum Feiern war ebenso<br />

vorbei wie die der Wachstumsraten im dreistelligen<br />

Bereich.<br />

Also nur eine ganz normale Normalisierung?<br />

Nein. Eines hat sich nach dem Crash von<br />

einem auf den anderen Tag geändert: die<br />

Stimmung der Mitarbeiter. Sie wurden ungeheuer<br />

nervös, hatten Angst um ihren Job ...<br />

... und bald mussten Sie tatsächlich Mitarbeiter<br />

entlassen ...<br />

... auch wir mussten schließlich sehen, dass<br />

wir nicht in die Miesen rutschen. Leichtgefallen<br />

ist mir das nicht. Aber ich habe es<br />

einfach gemacht. Das gehört zum Unter­<br />

nehmertum. Zum Glück waren das alles<br />

Leute zwischen 20 und 30, die würden bald<br />

etwas Neues finden. Hätte ich Familien­<br />

väter, die sich für ein Haus verschuldet<br />

haben und in einer strukturschwachen<br />

Gegend leben, entlassen müssen – Heidewitzka,<br />

das wäre etwas völlig anderes gewesen!<br />

Und doch sind Sie 2002 aus der Firma ausgestiegen.<br />

Warum?<br />

Es hat mir keinen Spaß mehr gemacht. Der<br />

Umgang mit den Mitarbeitern wurde immer<br />

schwieriger. Solange alles schön lief, war<br />

das Vertrauen groß. Als der Markt einbrach,<br />

war schnell Misstrauen da. Das hat mich<br />

persönlich enttäuscht, ja, in den Grundfesten<br />

meines Unternehmertums erschüttert.<br />

Ich hatte immer eine enge, persönliche<br />

Beziehung zu meinen Leuten, kein Arbeitgeber­Angestellten­Verhältnis.<br />

Zum Ende hin nicht mehr ...<br />

Eines Tages bekam ich einen Anruf in<br />

meinem Ferienhaus auf Mallorca: Morgen<br />

darfst du nicht ins Unternehmen, die Gewerkschaft<br />

will mit den Mitarbeitern einen<br />

Betriebsrat gründen. Das hat mich tief getroffen.<br />

Antriebslos habe ich noch ein bisschen<br />

weitergemacht. Und mich auf das Leben<br />

mit meiner Familie und meiner kleinen<br />

Tochter gefreut.<br />

pwc: | juli 2009 39


pwc: Wissen<br />

Der Reformator<br />

Seine Ideen für Schulreformen tun manchem weh. Ludger Wößmann ist<br />

Bildungsökonom – das allein ist hierzulande schon fast unerhört. Trotzdem<br />

hören immer mehr auf ihn.<br />

Von Oliver Driesen<br />

Ludger Wößmann konnte nur verlieren.<br />

Eisige Ablehnung erwartete den Münchner<br />

Professor für Bildungsökonomie auf dem<br />

Podium und im Saal. Das verhieß erstens<br />

der Titel der Tagung im Stuttgarter Haus<br />

der Wirtschaft: „Das Wahre wird zur Ware –<br />

Privatisierung im Bildungswesen“. Zwei­<br />

tens der Veranstalter: die stramm rot­grüne<br />

Lehrergewerkschaft GEW. Und schließlich<br />

die Begrüßung durch Rainer Dahlem, einen<br />

ehemaligen GEW­Landesvorsitzenden, der<br />

Wößmann mit den Worten ankündigte: „Er<br />

kann es weder den Linken noch den Konservativen<br />

recht machen.“<br />

Dieses Versprechen löste der erst 35­jährige<br />

Professor spielend ein: mit seiner Kernforderung<br />

nach mehr Privatschulen, die<br />

aber bitte schön ausschließlich vom Staat<br />

finanziert werden und auf Schulgebühren<br />

verzichten müssten. Ein Tritt mit dem Spielbein<br />

in die Weichteile der Linken, einer mit<br />

dem Standbein in die der Rechten, die indes<br />

gar nicht anwesend waren.<br />

Es ist aber auch irritierend: Ein Thirtysomething,<br />

der als Kinnbartträger in Cordsakko<br />

und Jeans bei der Arbeit zunächst an einen<br />

progressiven Sozialkundelehrer erinnert,<br />

setzt sich in der Bildungsdebatte offensiv<br />

zwischen alle Stühle. Fordert einerseits,<br />

dass Deutschland die Schullaufbahnen<br />

wesentlich später als nach der vierten Klas­<br />

se aufteilen müsse, weil sozial benachteilig­<br />

te Jugendliche mit 15 oder 18 Jahren sonst<br />

keine Möglichkeit mehr zum Umsteuern<br />

hätten. Findet andererseits, dass staatli­<br />

che Schulen viel mehr Wettbewerb bräuch­<br />

ten, statt sich träge der Zuteilungen von<br />

Vater Staat gewiss sein zu dürfen. Hat für<br />

alles empirische Belege aus internationalen<br />

Schulvergleichsstudien, die er interpretie­<br />

ren kann wie wenige in Deutschland – und<br />

ist allemal angriffslustig: „Diese Fakten zu<br />

Leuten zu tragen, die es überhaupt nicht<br />

hören wollen, das macht doch Spaß. War­<br />

um sollen wir uns was erzählen, worüber wir<br />

Bildung in der Bilanz<br />

Bildung ist nicht nur ein Wert an sich, son­<br />

dern auch ein Wert für Unternehmen. Auf<br />

dem Weg in die Wissensgesellschaft nimmt<br />

der Anteil stetig zu, den Wissen, Bildung<br />

und Erfahrung, kurz: das Humankapital<br />

der Beschäftigten, am Unternehmenserfolg<br />

haben. Nur in der Bilanz taucht dieser<br />

Wert weiterhin nicht auf: Die Aktivierung des<br />

Humankapitals als Vermögenswert ist weder<br />

nach deutschen noch nach internationalen<br />

Bilanzregeln zulässig. Für die Unternehmensbewertung<br />

ist es jedoch wichtig,<br />

alle Werttreiber identifizieren und quantifizieren<br />

zu können.<br />

Bei PricewaterhouseCoopers ist ein Team<br />

um Fachfrau Jutta Menninger für die Bewertung<br />

immaterieller Vermögenswerte zuständig.<br />

Sowohl für Marken als auch für<br />

Patente, als auch für Humankapital liegen<br />

aktuelle Studien vor.<br />

www.pwc.de/de/pwc331<br />

uns einig sind? Wenn sich irgendwo etwas<br />

ändern soll, dann muss man genau da hin­<br />

gehen, wo es wehtut.“<br />

In keine Schublade passt dieser junge<br />

Mann, der sich außer Professor auch noch<br />

Bereichsleiter Humankapital und Innovation<br />

nennen darf – am renommierten Ifo Institut<br />

für Wirtschaftsforschung. „Humankapital“<br />

ist schon mal zum Unwort des Jahres<br />

gewählt worden. Natürlich nicht von Öko­<br />

nomen wie Wößmann, der es gerne be­<br />

nutzt: „Es bedeutet ja, dass zum ersten Mal<br />

der einzelne Mensch ins Zentrum der wirt­<br />

schaftswissenschaftlichen Überlegungen<br />

gerückt wird.“ Und nicht mehr ein anonymer<br />

„Faktor Arbeit“.<br />

Eines ist Wößmann mit Sicherheit: ein<br />

Überflieger. Abi mit 1,0 am Bischöflichen<br />

Gymnasium im münsterländischen Ahlen,<br />

Volkswirtschaftsdiplom in Marburg mit sehr<br />

gut, Promotion zum Doktor der Politikwis­<br />

senschaften an der Uni Kiel, summa cum<br />

laude, mit 28 Jahren. Habilitiert in München<br />

mit 33, Gastprofessuren in Harvard und<br />

Stanford.<br />

Das Bischöfliche Gymnasium, das Müns­<br />

terland und Wößmann sind übrigens alle<br />

katholisch. Das ist erwähnenswert, weil er<br />

später mit einem Forschungsergebnis von<br />

sich reden machte, das den Soziologen­<br />

Urvater Max Weber (1864–1920) widerlegte.<br />

Weber zufolge war der messbare Wohl­<br />

standsvorsprung der preußischen Protes­<br />

tanten vor den Katholiken ihrer besonderen<br />

„Arbeitsethik“ zu verdanken.<br />

40 pwc: | juli 2009<br />

Wößmann aber hinterfragte und publizierte<br />

im vergangenen Jahr seine eigene „Human<br />

Capital Theory of Protestant Economic His­<br />

tory“: Der teilweise bis heute feststellbare<br />

höhere Wohlstand lag am protestantischen<br />

Bildungswesen. Wo Lutheraner lebten, ent­<br />

standen Schulen, Schulen schafften Alpha­<br />

betisierung, Bildung schaffte Arbeit, Arbeit<br />

schaffte Wohlstand. So schlicht ist das,<br />

aber alles andere als einfach.<br />

Heutigen Hauptschülern mit Migrationshin­<br />

tergrund steht kein Reformator bei, sie wer­<br />

den früh und gnadenlos aufs Abstellgleis<br />

verschoben. Gegen diese Ungerechtigkeit<br />

helfe nur längeres gemeinsames Lernen vor<br />

der Aufteilung der Schullaufbahnen – und<br />

der clevere Umgang mit begrenzten Mitteln:<br />

„Effizienz ist sehr wichtig, denn damit holen<br />

wir aus den knappen Ressourcen das Beste<br />

heraus. Gerade für benachteiligte Schichten,<br />

denen man sonst etwas vorenthält, das<br />

sie eigentlich bekommen könnten.“<br />

Auch deshalb ist Wößmann in der Bildungsökonomie<br />

gelandet. Sein steiler Aufstieg in<br />

dieser Disziplin wird angetrieben von Idealismus<br />

und von Fragen. Er beginnt beim<br />

Aufbau eines Dritte­Welt­Ladens, wo Wöß­<br />

mann auch Zivildienst leistet und anfängt,<br />

sich für Entwicklungsländerökonomien zu<br />

interessieren: Warum kommen so viele nie<br />

auf einen grünen Zweig? Er geht zum Studium<br />

nach Marburg, Entwicklungsökonomie.<br />

Doch er findet nur unzureichende Antworten,<br />

wechselt nach Kiel, wendet sich internationalen<br />

Wachstumstheorien zu. Erstmals<br />

gibt es Ende der 90er­Jahre weltweit<br />

konsistente Daten über den Zusammenhang<br />

zwischen Bildungsanstrengungen und<br />

Wohlstandswachstum.<br />

In den USA stößt er auf Bildungsökonomen.<br />

Die Amerikaner beackern dieses Feld seit<br />

Jahrzehnten, denn sie wissen, dass ihr<br />

teures Schul­ und Universitätssystem neben<br />

wenigen Eliteleuchttürmen viel zu viel<br />

traurige Massenware produziert. Als einer<br />

der Ersten hierzulande nimmt sich Wößmann<br />

die Daten der international vergleichenden<br />

Bildungsstudie TIMSS vor und<br />

macht daraus seine Dissertation. Da trifft<br />

Deutschland zur Jahrtausendwende mit voller<br />

Wucht der PISA­Schock. Und plötzlich<br />

ist er ein gefragter Experte, denn nun will<br />

alle Welt Lösungen. Und Wößmann bohrt<br />

Der krumme Weg kam gerade recht: Vom Zivi im Dritte­Welt­Laden<br />

zum Ordinarius für Bildungsökonomie gelangte Ludger Wößmann<br />

durch Idealismus und Hartnäckigkeit.<br />

sich in die Daten. Das genau bringt Ifo­Chef<br />

Hans­Werner Sinn dazu, ihn 2003 an sein<br />

Münchner Institut zu holen: „Wößmann ist<br />

ein hartnäckiger Forscher, der sich innovativen<br />

Themen zuwendet und sich dann mit<br />

großem Einsatz durchkämpft, bis die Wahrheit<br />

ans Licht kommt. Er ist ergebnisoffen<br />

und versteht es, die Daten zum Sprechen<br />

zu bringen. Ein begnadeter Forscher.“<br />

Sinn hat als Koberichterstatter auch Wößmanns<br />

Habilitation den Weg geebnet. Der<br />

ist nun einer von neun Professoren des<br />

Aktionsrats Bildung, der auf Initiative der<br />

Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft<br />

das deutsche Bildungssystem mit Jahresgutachten<br />

begleitet. Die aktuelle Krise<br />

hat Wößmanns Vision von mehr Chancengleichheit<br />

durch mehr Wettbewerb im Bildungssektor<br />

nicht erschüttert. Ein Zwang<br />

zur Konkurrenz um Schüler, so glaubt er,<br />

dürfte auch öffentliche Schulen kreativer<br />

machen. Seine eigenen Kinder sind noch<br />

im Kindergarten. Doch voll Zuversicht will<br />

er sie zunächst dem Staat anvertrauen:<br />

„Ich möchte, dass sie einen ganz normalen<br />

Schulweg nehmen, weil öffentliche Schulen<br />

genauso gut sein können wie private.“<br />

pwc: | juli 2009 41


pwc: Trends<br />

Werkzeuge<br />

gegen<br />

die Krise<br />

Gegen die Wirtschaftskrise ist kein Kraut<br />

gewachsen – fast jedes Unternehmen<br />

muss sich mit ihren Folgen befassen. Eini-<br />

ge schlittern sogar in eine Liquiditätskrise.<br />

Mithilfe der richtigen Tools können die Ver-<br />

antwortlichen aber Geschäftsprozesse so<br />

umgestalten, dass sie zunächst transparent<br />

werden, um dann auf Basis eines ganzheit-<br />

lichen Konzeptes mit Bedacht durchgreifen<br />

zu können. „Die Erfolgsaussichten einer Re-<br />

strukturierung steigen bei Einsatz der rich-<br />

tigen Tools“, bestätigt Patrick Ziechmann,<br />

Restrukturierungsberater bei <strong>PwC</strong>. „Dabei<br />

kommt dem Liquiditätsmanagement be-<br />

sondere Bedeutung zu – Cash is King!“ Die<br />

Manager sollten auf Basis einer detaillier-<br />

ten, verlässlichen und permanent aktuali-<br />

sierten Liquiditätsplanung operieren. Wirt-<br />

schaftsprüfer, die ein Unternehmen bei<br />

Stadtwerke trauen sich<br />

Zahlungsunfähigkeit beraten, nutzen etwa<br />

als fachliche Grundlage den Prüfstandard<br />

(PS) 800 des Instituts der Wirtschaftsprü-<br />

fer (IDW). Die Anforderungen des IDW PS<br />

800 machen eine rollierende Liquiditätspla-<br />

nung sinnvoll, also eine periodenorientierte,<br />

möglichst detaillierte Planung, die immer<br />

wieder aktualisiert wird. Ein integriertes<br />

„Sehr wahrscheinlich“ oder „wahrscheinlich“ werden 72 Prozent der<br />

Stadtwerke in Deutschland noch in diesem Jahr untereinander<br />

kooperieren. Der Kostendruck steigt, der Markt hat nach der<br />

Liberalisierung an Dynamik gewonnen – die sonst unabhängig<br />

wirtschaftenden Stadtwerke fangen an, die Branche nach einem<br />

passenden Partner zu durchkämmen. Von Dienstleistungsmodellen<br />

bis zur Fusion – die Entwürfe, die gedacht werden, sind vielfältig.<br />

Nach dem Motto „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht<br />

etwas Besseres findet“ sollten<br />

auch die Stadtwerke ihre Partner<br />

mit Bedacht wählen, raten<br />

die Experten von <strong>PwC</strong>. Eine<br />

Kooperation ist dann von Erfolg<br />

gekrönt, wenn strategische,<br />

technische, kulturelle und persönliche<br />

Übereinstimmungen<br />

schon bestehen.<br />

www.pwc.de/de/pwc374<br />

Planungstool, mit dem die wechselseitigen<br />

Effekte der Gewinn-und- Verlust-Rechnung,<br />

der Bilanz und der Cashflow-Rechnung mit-<br />

einander verknüpft und so deren Effekte auf<br />

die Liquidität hin simuliert und analysiert<br />

werden können, sollte die Landkarte aus<br />

der Krise darstellen. Ein externer Sachverständiger<br />

kann in so einer Lage auch Wunder<br />

vollbringen.<br />

www.pwc.de/de/pwc365<br />

Bürokratie digital dezimieren<br />

Rechnungen sollen künftig auch in elektronischer Form verschickt<br />

und archiviert werden dürfen, schlägt die EU-Kommission im Zuge<br />

der Überprüfung der Mehrwertsteuervorschriften vor. Auch die<br />

2006 eingeführte Signaturpflicht für digitale Rechnungen möchten<br />

die Herrschaften in Brüssel wieder kippen. Ein deutscher Händler<br />

muss etwa seine elektronisch versandten Rechnungen digital<br />

mit seiner Signatur versehen, damit sein Vertragspartner Vorsteuerabzug<br />

bei deutschen Finanzämtern geltend machen kann. Viel zu<br />

kompliziert, so die Kommission,<br />

außerdem viel zu bürokratisch.<br />

Durch die neuen Regelungen<br />

könnten die Unternehmen jährlich<br />

18 Milliarden Euro einsparen.<br />

Der Europäische Rat und<br />

das Europaparlament müssen<br />

noch zustimmen, dann könnten<br />

die Regelungen 2013 in Kraft<br />

treten.<br />

Günstig und schnell,<br />

individuell und präventiv<br />

Die Pharmaindustrie hatte bisher ein bewährtes Modell:<br />

Medizin entwickeln und verkaufen. Diese Strategie<br />

wird jetzt hinfällig – die Gesundheitssysteme in den<br />

Industriestaaten ändern sich, und mit ihnen steht die<br />

Pharmabranche unter Reformdruck. Da Patienten im<br />

Jahr 2020 einen großen Teil der Gesundheitsausgaben<br />

selbst übernehmen müssen, werden sie verstärkt nach<br />

Alternativen zur Verschreibung teurer Medikamente fragen,<br />

heißt es in der <strong>PwC</strong>-Studie „Pharma 2020“. Die<br />

immer besser informierten Patienten werden künftig<br />

vermehrt auf individualisierte Behandlung pochen. Der<br />

Pharmaindustrie wird nichts anderes übrig bleiben, als<br />

sich mit Ärzten, Kliniken, Forschern, Versicherungen und<br />

last but not least den Patienten kurzzuschließen. Einzige<br />

Alternative zum Netzwerkmodell ist die Diversifikation. Das stelle aber eine neue Herausforderung<br />

an die Unternehmenskultur der jeweiligen Unternehmen, sagt Volker Fitzner,<br />

Pharmaexperte bei <strong>PwC</strong>. Es wird nicht mehr darum gehen, Medikamente zu kreieren und<br />

zu vertreiben, die Mitarbeiter der künftigen Gesundheitskonzerne müssten das Ziel „optimale<br />

Gesundheitsversorgung“ im Visier haben. www.pwc.de/de/pwc347<br />

+1 646 471–4058<br />

ist die Rufnummer des German Desk von Wirtschaftsprüfer<br />

Jürgen Lehnus und +1 646 471-8242 die von Steuerberater<br />

Stefan Brunsbach. Beide leiten das German Desk von <strong>PwC</strong><br />

in den Vereinigten Staaten. Die größten Tochtergesellschaften<br />

deutscher Unternehmen sind immer noch in Nordamerika<br />

ansässig. Das German Network von <strong>PwC</strong> in den USA hilft<br />

deutschen Unternehmern, transatlantische Geschäfte zu stabilisieren<br />

oder neu anzugehen.<br />

Ein sicherer Hafen für Manager<br />

Über Recht und Wirklichkeit der Managerhaftung<br />

gibt es landläufig abenteuerliche Spekulationen.<br />

So wird etwa behauptet, dass Manager für fehler-<br />

hafte Weisungen nicht haften, jedenfalls nicht mit<br />

Privatvermögen. Ganz so simpel ist die Rechtslage<br />

nicht. Der Gesetzgeber hat 2005 durch das Gesetz<br />

zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des An-<br />

fechtungsrechts (UMAG) die aus dem angelsächsischen<br />

Raum bekannte Business Judgment Rule (BJR) in das deutsche<br />

Aktienrecht aufgenommen. Geschäftsleiter, also Vorstände, Geschäftsführer und<br />

Aufsichtsräte, sind danach nur unter genau bezeichneten Bedingungen haftungsfrei.<br />

Beispielsweise ist eine Pflichtverletzung nur dann hinfällig, wenn der Manager bei einer<br />

unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage<br />

angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Die BJR gilt übrigens<br />

über das Aktienrecht hinaus auch für Verantwortliche von KGaA, Genossenschaft und<br />

Thomas Schräder ist bei <strong>PwC</strong> Experte für<br />

Corporate Treasury Solutions.<br />

42 pwc: | juli 2009 pwc: | juli 2009 43<br />

GmbH.<br />

Drei Fragen an ...<br />

Thomas Schräder<br />

... zu Hedge Accounting<br />

pwc: Hedging wird als Form der Risiko-<br />

absicherung von Experten kritisiert.<br />

Welche Alternative bietet sich den Unter-<br />

nehmen?<br />

Schräder: Derivate sind infolge der Finanz-<br />

marktkrise in die Diskussion geraten, blei-<br />

ben aber für viele Firmen unverzichtbar zur<br />

Absicherung gegen Marktpreisrisiken.<br />

Welche Konsequenzen ergeben sich<br />

daraus?<br />

Das Problem war bisher, dass kompensie-<br />

rende Effekte durch Derivate nicht zeitgleich<br />

in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung<br />

abgebildet wurden. Dieser unerwünschte<br />

Ergebniseffekt ist nur unter Anwendung<br />

komplizierter Bilanzierungsvorschriften,<br />

dem sogenannten Hedge Accounting, zu<br />

vermeiden.<br />

Ist der Gesetzgeber gefragt?<br />

Gefordert sind Bilanzregeln, die Hedging<br />

für Anteilseigner, Gläubiger und ande-<br />

re Geschäftspartner transparent machen,<br />

ohne den Unternehmen effektive Instrumen-<br />

te zur Risikobegrenzung zu nehmen.


pwc: Lösungen<br />

Zuständig für ganz neue<br />

und ganz alte Immobili-<br />

en: Neubaugrundstücke<br />

aus Klosterkammerbesitz<br />

in Lüneburg (links), Kloster<br />

Lüneburg mit Äbtissin<br />

Freifrau Reinhild von der<br />

Goltz an den Glockenseilen<br />

(rechts).<br />

Klosterfrau<br />

Behördengeist<br />

Die Klosterkammer Hannover verwaltet eines der ältesten deutschen<br />

Stiftungsvermögen – als Behörde mit kirchlicher Zweckbestimmung.<br />

Von Susanne Osadnik<br />

pwc: | juli 2009 45


pwc: Lösungen<br />

Dass sie ihren Job hat, hat Sigrid Maier-<br />

Knapp-Herbst eigentlich Martin Luther zu<br />

verdanken. Ohne den Reformator hätte<br />

es niemals jenes welfische Sondervermö-<br />

gen gegeben, das sie heute verwalten darf,<br />

aber auch vermehren muss. Keine ganz<br />

einfache Aufgabe: „Wir arbeiten hier im<br />

Spannungsfeld zwischen Verwaltung und<br />

Fondsmanagement“, sagt die Präsidentin<br />

der Klosterkammer Hannover, der ältesten<br />

Behörde in Niedersachsen.<br />

Die Klosterkammer ist eine Institution mit<br />

Seltenheitswert. Besser gesagt: Sie ist<br />

hierzulande einzigartig – der Form nach<br />

Staat, dem Inhalt nach Kirche. Sie verwal-<br />

tet vier selbstständige, historisch gewach-<br />

sene öffentlich-rechtliche Stiftungen: den<br />

Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds,<br />

den Domstrukturfonds Verden, das Stift<br />

Ilfeld und den Hospitalfonds Sankt Bene-<br />

dikt. Die Stiftungen sind mit ihrem Ver-<br />

mögen und ihren Erträgen getrennt vom<br />

Landeshaushalt und auch unabhängig<br />

von ihm – hingegen kirchlichem Interes-<br />

se verpflichtet. Rund 40.000 Hektar Land,<br />

darunter 24.500 Hektar Wald und 11.000<br />

Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche,<br />

gehören dazu – insgesamt eine Fläche, die<br />

fast so groß ist wie der Stadtstaat Bremen.<br />

Und dann sind da noch die Calenberger<br />

Klöster: Barsinghausen, Mariensee, Mari-<br />

enwerder, Wennigsen und Wülfinghausen<br />

sowie zahlreiche evangelische und katho-<br />

lische Kirchen.<br />

Die Existenz des Klosterfonds ist eng ver-<br />

bunden mit der Geschichte Niedersach-<br />

sens und einer weitsichtigen Herrscherin,<br />

der Herzogin Elisabeth von Calenberg-Göt-<br />

tingen. Ihr ist es zu verdanken, dass der<br />

ehemals kirchliche und klösterliche Besitz<br />

Säkulare Klöster<br />

Mit der Reformation werden die meisten<br />

Klöster in Nord- und Ostdeutschland auf-<br />

gelöst und von den Landesfürsten häu-<br />

fig in Bildungsstätten umfunktioniert. Denn<br />

zu Beginn des 16. Jahrhunderts liegt die<br />

Volksbildung am Boden. So entstehen in<br />

dieser Zeit etwa die sächsischen Landes-<br />

gymnasien: Sankt Afra in Meißen, Sankt<br />

Augustin in Grimma und die Landesschule<br />

Pforta. Auch die älteste Hauptstadtschule,<br />

das Evangelische Gymnasium zum Grauen<br />

Kloster, war bis 1574 ein Franziskanerklos-<br />

ter, benannt nach den grauen Kutten seiner<br />

einstigen Bewohner.<br />

Rund 250 Jahre später geht es wieder ge-<br />

gen die Klosterbesitzungen. Infolge der<br />

militärischen Siege Napoleons weht der<br />

antiklerikale Geist der Französischen Revo-<br />

lution durch die Lande und verstaatlicht die<br />

vorwiegend in Süd- und Westdeutschland<br />

noch verbliebenen Klöster. Die meisten wer-<br />

den als landwirtschaftliche Betriebe weiter-<br />

geführt. Sie dienen im 19. Jahrhundert aber<br />

auch als Eisenhütte, Gefängnis oder „Irren-<br />

heil- und Pflegeanstalt“.<br />

als einheitliches Vermögen erhalten blieb<br />

und nicht aufgelöst wurde – wie es oft ge-<br />

schah, wenn Regenten vom katholischen<br />

zum damals neuen lutherischen Glauben<br />

konvertierten und so nebenbei mit den<br />

enteigneten Schätzen ihre eigene Kasse<br />

füllten. Stattdessen ordnete die Welfen-<br />

herzogin 1542 an, dass ehemals katho-<br />

lische Klöster zu evangelischen Damen-<br />

stiften umgewandelt wurden. „Wenig spä-<br />

ter verfügte Elisabeth, dass der durch die<br />

Reformation an ihr Fürstentum gefallene<br />

Klosterbesitz nicht mit dem Staatsvermö-<br />

„Wären wir nicht bodengebunden als Stiftung,<br />

hätten wir die beiden Weltkriege nicht überlebt.“<br />

Sigrid Maier-Knapp-Herbst, Präsidentin der Klosterkammer Hannover<br />

gen verschmolzen werden sollte“, erklärt<br />

Maier-Knapp-Herbst die Entstehungsge-<br />

schichte des zehntgrößten öffentlich-recht-<br />

lichen Stiftungsvermögens in Deutschland.<br />

„Die Erträge der Klöster sollten für kirch-<br />

liche, schulische und soziale Zwecke ver-<br />

wendet werden.“<br />

Das ist auch mehr als 450 Jahre später<br />

noch so: Die Arbeit mit trauernden Kin-<br />

dern und Jugendlichen, Unterstützung<br />

von Lernbehinderten, Schreibwerkstätten<br />

mit Schriftstellern in Hauptschulen – der<br />

sechsten Klosterkammerpräsidentin liegen<br />

vor allem Projekte am Herzen, die Kindern<br />

und Eltern erlauben, in der „Begegnung<br />

mit Kunst, Kultur und Glauben jene Kraft<br />

zu entwickeln, die sie brauchen, um das<br />

eigene Leben zu gestalten“, sagt die Päda-<br />

gogin Maier-Knapp-Herbst. „Wir fühlen<br />

uns bis heute unserem Auftrag verpflich-<br />

tet, das welfische Erbe zu bewahren – und<br />

zwar nicht nur im materiellen Sinne.“<br />

Prinzregent Georg IV., der spätere König<br />

von Großbritannien, Irland und Hannover,<br />

hat dafür 1818 mit der Gründung der „Kö-<br />

niglichen Klosterkammer“ die heute noch<br />

bestehende Institution geschaffen. Über<br />

Deutschland tobte erst Napoleon und dann<br />

eine Enteignungswelle kirchlicher Güter<br />

– und der Klosterfonds wuchs dabei gewal-<br />

tig an. Dem Kurfürstentum Hannover fielen<br />

die Fürstbistümer Hildesheim und Osna-<br />

brück zu, dem Fonds deren Klöster. Nach<br />

dem Ende der Wirren und der territorialen<br />

Neuordnung auf dem Wiener Kongress<br />

1814/1815 hatte sich das Fondsvermögen<br />

mehr als vervierfacht.<br />

Georg IV. wollte, wie einst Elisabeth, das<br />

Vermögen „auf ewige Zeiten“ sichern. Es<br />

solle „auf eine den Erfordernissen der Zeit<br />

angemessene Art die geistlichen Bedürf-<br />

nisse Unserer Untertanen nach Möglich-<br />

keit befriedigen und solche namentlich für<br />

Kirchen, Schulen, höhere Gymnasien und<br />

wohltätige Anstalten aller Art verwenden“.<br />

Und diese angemessene Art war nicht mehr<br />

ein Fonds, sondern eine Behörde. Eine Bü-<br />

rokratisierung, die sich auszahlte: Nach der<br />

Kammergründung stiegen die Einnahmen<br />

des Klosterfonds von 50.000 auf 300.000<br />

Taler jährlich.<br />

Heute liegen die Einkünfte des Kloster-<br />

fonds regelmäßig im zweistelligen Millio-<br />

nenbereich, im Jahr 2007 waren es fast<br />

25 Millionen Euro. Der Löwenanteil davon,<br />

56,3 Prozent oder mehr als 13 Millionen<br />

Euro, wurde mit Erbbauzinsen erwirtschaf-<br />

46 pwc: | juli 2009<br />

In direkter Linie: Klosterkammer-<br />

präsidentin Sigrid Maier-Knapp-<br />

Herbst vor einem Bild Georgs IV.<br />

(1762–1830). Der spätere König von<br />

Großbritannien, Irland und Hannover<br />

gründete 1818, noch als Prinzregent,<br />

die Königliche Klosterkammer.<br />

pwc: | juli 2009 47


pwc: Lösungen<br />

tet. Denn die Klosterkammer vergibt seit<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts Baugrund-<br />

stücke auf dem Wege des Erbbaurechts für<br />

die Dauer von 80 Jahren und gegen jähr-<br />

liche Zinszahlung. Derzeit sind rund 16.500<br />

solcher Verträge geschlossen. „Erbbau-<br />

rechte und Verpachtung sind unsere Cash-<br />

cow“, bekennt Kammerdirektor Andreas<br />

Hesse freimütig.<br />

Dass das nicht immer so bleiben muss,<br />

weiß der Direktor der Klosterkammer aber<br />

auch. „Die Einnahmesituation des Fonds<br />

ist von der Entwicklung des Immobilien-<br />

markts abhängig. Und im ländlichen Raum<br />

werden künftig nicht mehr so viele Erbbau-<br />

rechte vergeben.“ Sinkende Bevölkerungs-<br />

zahlen machen auch weniger Wohnraum<br />

notwendig. In Niedersachsen sank die Zahl<br />

der Baugenehmigungen allein von 2006<br />

auf 2007 um 39 Prozent. „Somit lief auch<br />

die Nachfrage nach Erbbaurechten äußerst<br />

schleppend“, erläutert Hesse. „Einnahme-<br />

steigerungen sind hauptsächlich auf erneu-<br />

erte Erbbaurechte und die vertraglich ange-<br />

passten Erbbauzinsen zurückzuführen.“ Bis<br />

zur nächsten großen Erneuerungswelle ist<br />

es aber noch ein bisschen Zeit – sie steht<br />

Tradition mit hohen<br />

Unterhaltskosten: Stiftskirche<br />

Bardowick bei Lüneburg, vor<br />

mehr als 600 Jahren erbaut.<br />

48 pwc: | juli 2009<br />

2030 an, wenn viele Erbbaurecht-Verträge<br />

aus den 20er-Jahren auslaufen.<br />

Ab und zu werden Grundstücke auch verk-<br />

auft, aber nicht „im großen Stil“, erklärt die<br />

Kammerpräsidentin das Immobilien-<br />

management. „Grundbesitz ist schließlich<br />

unser Kapital.“ Außerdem sei das Fonds-<br />

vermögen auch laut Landesverfassungs-<br />

gesetz von 1840 unveräußerlich. „Wären<br />

wir nicht bodengebunden als Stiftung, hät-<br />

ten wir die beiden Weltkriege nicht über-<br />

lebt“, ist Sigrid Maier-Knapp-Herbst über-<br />

zeugt. „Das sehen wir jetzt auch. Viele<br />

Stiftungen, die rein kapitalorientiert sind,<br />

haben enorme Probleme.“<br />

So habe die weltweite Krise die Hannove-<br />

raner bislang auch nur „marginal“ getroffen,<br />

sagt Kammerdirektor Hesse. Im Immobi-<br />

lienbereich gebe es keine Ausfälle: „Die<br />

Zahl der notleidenden Verträge ist nicht<br />

gestiegen.“ Generell würden jährlich nur<br />

knapp ein Prozent aller Verträge zwangs-<br />

vollstreckt. Mit Vermögensanlagen hat<br />

die Klosterkammer in vergangenen Jahr<br />

jedoch auch knapp neun Prozent Rendi-<br />

te gemacht. Allerdings liege der Anteil an<br />

Wertpapieren nie höher als 30 Prozent,<br />

derzeit sogar darunter, so Hesse.<br />

Zocken passt ohnehin nicht zur Tradition<br />

der Institution und birgt auch zu viele Ri-<br />

siken für das jahrhundertealte Erbe, ist man<br />

hier sicher. Außerdem hat die Kammer er-<br />

hebliche Unterhaltszahlungen zu leisten<br />

gegenüber Kirchengemeinden und Klös-<br />

tern – allein 42 Kirchen, davon auch elf ka-<br />

tholische, die zum Fondsvermögen gehören,<br />

sowie auch Gotteshäuser, die nicht dazu-<br />

gehören, aber unterhalten werden müssen.<br />

Komplizierte Systeme, die sich über die<br />

Jahrhunderte entwickelt haben. „Wir haben<br />

allein drei Sorten von Klöstern“, sagt Maier-<br />

Knapp-Herbst. Da gibt es die Calenberger<br />

Klöster, die zum Fonds gehören, die Lüne-<br />

burger Klöster, die rechtlich eigenständig<br />

sind, aber zwischen 50 und 90 Prozent vom<br />

Fonds finanziert werden, und die eigenstän-<br />

digen Stifte, die ihren Alltag finanzieren kön-<br />

nen. Aber, so die Präsidentin, „wenn ihnen<br />

das Dach auf den Kopf fällt, brauchen sie<br />

Zuwendungen vom Fonds“.<br />

Für die Zukunft ist deshalb auch Kreativität<br />

gefragt, um neue Einnahmequellen zu er-<br />

schließen: Da werden stadtnahe Kleingar-<br />

tenkolonien in Bauland umgewandelt, eine<br />

Biogasanlage für das Kloster Wülfing-<br />

Begehrlichkeiten<br />

Im Laufe der Jahrhunderte musste sich die<br />

Klosterkammer immer wieder gegen Be-<br />

gehrlichkeiten staatlicher Stellen zur Wehr<br />

setzen, die auf das Klosterfondsvermö-<br />

gen zugreifen wollten. So versuchte etwa<br />

Feldmarschall Wilhelm Keitel während des<br />

Zweiten Weltkriegs, an einen Forst im Be-<br />

sitz des Klosterfonds heranzukommen. Nur<br />

durch Verzögerungstaktik, etwa durch die<br />

Behauptung, der keitelsche Kaufvorgang sei<br />

Opfer von Luftangriffen geworden, schiebt<br />

die Kammer den Verkauf so lange hinaus,<br />

bis sich die Sache durch das Kriegsende<br />

von selbst erledigt. Noch in den 70er-Jah-<br />

ren versucht der sozialdemokratische Minis-<br />

terpräsident Niedersachsens, Alfred Kubel,<br />

das Fondsvermögen zu vereinnahmen. Der<br />

Staatsgerichtshof entschied jedoch 1972,<br />

dass der Klosterfonds als „überkommene<br />

heimatgebundene und daher verfassungs-<br />

rechtlich geschützte Einrichtung zu gelten<br />

habe“. Seitdem genießt der Fonds Be-<br />

standsschutz nach der Niedersächsischen<br />

Verfassung.<br />

hausen entwickelt oder es wird auch darü-<br />

ber nachgedacht, „inwieweit man Wasser-<br />

gewinnungsverbände zum Aufforsten und<br />

Pflegen des Waldes mit heranziehen kann“.<br />

Denn große Teile des Fondswaldbestands<br />

liegen beispielsweise in der Lüneburger<br />

Heide, dem Wasserreservoir Hamburgs.<br />

„Wald als Wasserreiniger wird bisher aber<br />

nicht bezahlt“, sagt Maier-Knapp-Herbst.<br />

Und dann sind da noch die Klöster selbst,<br />

deren Popularität in den vergangenen Jah-<br />

ren als Orte der Ruhe und Besinnung, aber<br />

auch als Experimentierfeld des Glaubens<br />

stetig stieg. Selbst Berliner Politiker ziehen<br />

sich regelmäßig in die Klöster zurück, weiß<br />

die Kammerpräsidentin. Seminare, in de-<br />

nen es um die Lehren des heiligen Benedikt<br />

für Manager von heute geht, seien immer<br />

ausgebucht. „Die Menschen spüren zuneh-<br />

mend, dass Auto, Haus und Urlaub nicht<br />

ausreichen, um glücklich zu werden“, ist<br />

Maier-Knapp-Herbst überzeugt.<br />

Trägt auch ein deutsches Oberhaupt der ka-<br />

tholischen Kirche mit zur Beliebtheit evan-<br />

gelischer Klöster bei? Nein, ganz sicher<br />

nicht, sagt die Kammerpräsidentin: „Ein Ba-<br />

rack Obama kann sicher mehr zur Popula-<br />

rität der Klöster beitragen als ein deutscher<br />

Papst. Obamas Charisma basiert ja auch<br />

auf seiner geistigen Dimension, ohne dass<br />

er sie vor sich herträgt.“<br />

pwc: | juli 2009 49


pwc: Lösungen<br />

21 Generationen des Hauses Habsburg: Wären Herrscherhäuser auch so stabil gewesen, wenn sie hätten Erbschaftsteuer zahlen müssen?<br />

50 pwc: | juli 2009<br />

Schweres Erbe<br />

Unternehmerfamilien, die sich nicht beizeiten auf die neuen Spielregeln<br />

einstellen, riskieren spürbar höhere Erbschaft- und Schenkungsteuer und<br />

büßen Gestaltungsspielraum ein.<br />

Von Ulrike Wirtz<br />

Alles scheint wichtiger als die Nachfolge-<br />

planung. Quer durch die Wirtschaft fordert<br />

die weltweite Krise ihren Tribut, mit Um-<br />

satzeinbrüchen, Kurzarbeit, Entlassungen<br />

und Dividendenkürzungen. Es stehen Ver-<br />

handlungen mit Arbeitsämtern, Banken, Be-<br />

triebsräten, Kunden und Lieferanten an.<br />

Obwohl das Anfang 2009 novellierte<br />

Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz<br />

(ErbStG) Familienunternehmen die attrak-<br />

tive Option auf 85 oder 100 Prozent Steuer-<br />

befreiung eröffnet, wenn die nächste<br />

Generation das Ruder übernimmt, stellen<br />

Unternehmerfamilien derzeit die Planung<br />

für diesen Schritt zurück. Und gehen damit<br />

ein weiteres Risiko ein, noch dazu in der<br />

Rezession. Denn das neue ErbStG knüpft<br />

die Verschonung zwar an strikte, aber teils<br />

gestaltbare Kriterien – und bittet ohne sie<br />

brutaler zur Kasse als vor der Reform. Familienunternehmer<br />

sollten bedenken, dass<br />

Schenkung und Erbe jetzt rechtsformunabhängig<br />

zum hohen Verkehrswert abzurechnen<br />

sind.<br />

Ab sofort gelten für die nächste Generation<br />

gerade auch Behaltensfristen von sieben<br />

beziehungsweise zehn Jahren, sonst geht<br />

die Begünstigung der Übertragung ganz<br />

oder anteilig verloren. „Fristen und Folgen<br />

zwingen dazu, die Nachfolge steuerlich regelrecht<br />

zu managen – von der Planung<br />

bis zum Monitoring der Fristen“, betont Lothar<br />

Siemers, Steuerberater bei PricewaterhouseCoopers<br />

(<strong>PwC</strong>) in Düsseldorf, Leiter<br />

des Geschäftsbereichs Private Client Solutions<br />

und Experte für Nachfolgeplanung.<br />

Manche Steuerabteilungen von Familienunternehmen<br />

stellen sich daher trotz Krise<br />

vorsorglich im neuen „Bereich“ auf, andere<br />

sind notgedrungen mit Hochtouren dabei<br />

– wegen eines plötzlichen Todesfalls. Die<br />

neuen Verschonungswege für unternehmerisches<br />

Vermögen sind vielversprechend,<br />

werfen aber komplexe Fragestellungen,<br />

aufwendige Datenrecherche und umfängliche<br />

Berechnungen auf. Immerhin gibt es<br />

ein Wahlrecht: Bei der „Regelverschonung“<br />

gehen 85 Prozent des Betriebsvermögens<br />

steuerfrei über, vorausgesetzt, Erbe oder<br />

Beschenkter führen den Betrieb sieben Jahre<br />

unverändert fort und halten eine Mindestlohnsumme<br />

von 650 Prozent im Verhältnis<br />

zur Ausgangslohnsumme ein. Das „Optionsmodell“:<br />

100 Prozent steuerfrei bei zehn<br />

Jahren Fortführung, gemessen an der Mindestlohnsumme<br />

von 1.000 Prozent im Verhältnis<br />

zur Ausgangslohnsumme.<br />

Geht es nur um deutsche Sachverhalte,<br />

gestalten sich die Ermittlungen der Lohnsummen<br />

nicht so aufwendig, wie es der<br />

Gesetzeswortlaut befürchten lässt. Das<br />

verspricht der inzwischen als Entwurf vorliegende<br />

Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums<br />

(BMF) zur Novelle.<br />

„Danach werden Löhne und Gehälter ohne<br />

Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung<br />

aus den vorliegenden handelsrechtlichen<br />

Gewinn-und-Verlust-Rechnungen übernommen“,<br />

so Siemers. „Das ist eine deutliche<br />

Erleichterung bei der Lohnsummenklausel.<br />

Dennoch wirkt die Klausel an sich in ihrer<br />

aktuellen Gestaltung in einer Rezession krisenverschärfend“,<br />

betont Raimund Niklas,<br />

Leiter des Fachbereichs Steuern bei der<br />

SMS Group in Hilchenbach.<br />

Das gilt genauso bei der Übertragung mehrstufiger<br />

Unternehmensgruppen. Die müssen<br />

die Lohnsummen aus jeder ihrer mittelbaren<br />

und unmittelbaren Beteiligungen<br />

einbeziehen, „was natürlich sehr viel Aufwand<br />

durch Ermittlung und Überwachung<br />

mit sich bringt“, so SMS-Steuerchef Niklas.<br />

Die Gruppe weist 2008 eine Bilanzsumme<br />

von rund 3,8 Milliarden Euro aus, ist in<br />

Besitz der Familie Weiss und baut weltweit<br />

Anlagen. Und konkurriert dabei auch mit<br />

anonymen Kapitalgesellschaften. Niklas: „In<br />

diesem Wettbewerb bleibt die Erbschaftsteuer<br />

trotz Reform weiter ein Wettbewerbsnachteil,<br />

nicht nur in Krisenzeiten.“<br />

In einer anderen Frage lässt der Erlassentwurf<br />

ebenfalls klarsehen, nämlich wenn<br />

im Konzern die Holdinggesellschaft, deren<br />

Anteile übertragen werden, keine zehn Arbeitnehmer<br />

beschäftigt. Dann kommt das<br />

Lohnsummenkriterium erst gar nicht zum<br />

Tragen. <strong>PwC</strong>-Experte Siemers: „Auf die<br />

Lohnsummen der zum Konzern gehörenden<br />

Tochter- und Enkelgesellschaften kommt es<br />

dann auch nicht an.“ Auch das könne hilfreich<br />

sein. Dagegen wird es nicht einfacher<br />

bei der Ermittlung der Lohnsummen, sobald<br />

es in den Raum der Europäischen Wirtschaft<br />

oder der EU geht. „Kommt bei einer<br />

ausländischen Betriebsstätte der vorgesehene<br />

Regelfall – Rückgriff auf die Gewinnund-Verlust-Rechnung<br />

– nicht zum Tragen,<br />

bedeutet das womöglich, die dortigen<br />

Lohn- und Gehaltskonten über 12 oder 15<br />

Jahre analysieren zu müssen“, so Berthold<br />

„Die Lohnsummenklausel wirkt in ihrer aktuellen<br />

Form in einer Rezession krisenverschärfend.“<br />

Raimund Niklas, Leiter des Fachbereichs Steuern der SMS Group<br />

Welling, Leiter des Bereichs Recht, Steuern,<br />

Wettbewerb im Bundesverband der<br />

Deutschen Industrie. Besonders diffizil wird<br />

es bei der Ausgangslohnsumme, was die<br />

EU-Länder im Osten angeht. „Sie gehören<br />

erst kurz zur EU, arbeiten erst kurz mit dem<br />

Euro und führen ihre Bücher oft nach anderen<br />

handelsrechtlichen Grundsätzen. Dort<br />

lassen sich die Lohnsummen kaum nach<br />

Vorgabe des deutschen ErbStG ermitteln.“<br />

Bleibt nur zu hoffen, dass die Finanzverwaltung<br />

das pragmatisch angeht.<br />

Worauf Familienunternehmen sich zusätzlich<br />

einstellen müssen, wenn in diesem<br />

pwc: | juli 2009 51


pwc: Lösungen<br />

Jahr der Erbfall eintritt oder Schenkungen<br />

erfolgen: Rezessionsbedingt fallen zwar<br />

die Löhne. „Für die Ausgangslohnsumme<br />

ist trotzdem die durchschnittliche jährliche<br />

Lohnsumme der Jahre 2004 bis 2008 anzulegen,<br />

insbesondere ab 2006 deutliche<br />

Boomjahre“, so Welling. Abgerechnet wird<br />

am Ende der Haltefrist. Die Verschonung<br />

geht anteilig verloren – prozentual in der<br />

Höhe, wie die Mindestlohnsumme (650<br />

oder 1.000 Prozent) in der Haltezeit (sieben<br />

oder zehn Jahre) die hohe Ausgangslohnsumme<br />

unterschreitet.<br />

Fest steht auch, dass das neue Recht<br />

gewisse Ausweich- und Rettungsmanöver<br />

in der Sieben- oder Zehnjahresfrist mit<br />

zeitanteiligem Entzug der Begünstigung<br />

bestraft. Schädlich sind Verkauf und Teilverkauf<br />

von Betrieb/Teilbetrieb, überdies<br />

die Veräußerung geschenkter oder geerbter<br />

Anteile an Personen- oder Kapitalgesellschaften<br />

sowie der Verkauf wesentlicher<br />

Betriebsteile. Sogar die Insolvenz gilt als<br />

schädliche Betriebsaufgabe und löst eine<br />

Nachversteuerung aus.<br />

Zwingend zur Prophylaxe gehört die akribische<br />

Prüfung, was nach dem ErbStG als<br />

begünstigtes Betriebsvermögen gilt und<br />

was als schädliches Verwaltungsvermögen.<br />

Siemers: „Es bedarf eines gewissen<br />

Vorlaufs, weil die Wertverteilung alles oder<br />

nichts bedeuten kann und je nachdem vorbeugend<br />

Umstrukturierungen erfolgen müssen.“<br />

Erreicht nämlich das Verwaltungsvermögen<br />

im Zeitpunkt der Übertragung<br />

gegenüber dem Unternehmenswert prozentual<br />

einen zu hohen Anteil, entfällt jede<br />

Verschonung. Die Grenzen von Gesetzes<br />

wegen: In der Regelverschonung darf das<br />

Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50<br />

Prozent des Unternehmenswerts insgesamt<br />

ausmachen, im Optionsmodell nicht mehr<br />

als zehn Prozent.<br />

Als Verwaltungsvermögen gelten laut<br />

ErbStG Dritten zur Nutzung überlassene<br />

Grundstücke – außer bei Betriebsaufspal-<br />

„Besser, man überlässt die Substanzwertermittlung<br />

nicht dem Finanzamt, sondern macht das selbst.“<br />

Lothar Siemers, Leiter Private Client Solutions bei <strong>PwC</strong> Deutschland<br />

tung, Sonderbetriebsvermögen oder Konzernvermietung<br />

–, überdies Wertpapiere<br />

und vergleichbare Forderungen. SMS-Steuerchef<br />

Niklas kritisch: „Entsprechend sehen<br />

Erlassentwurf und Gesetz selbst Wertpapiere<br />

und vergleichbare Forderungen zur<br />

So bereiten Sie sich mit vertretbarem Aufwand<br />

und angemessenen Kosten auf die<br />

Nachfolge vor:<br />

1. Wert: Verlässlichen Unternehmenswert<br />

ermitteln. Der sollte künftig jährlich aktualisiert<br />

vorliegen. Das gilt umso mehr, je mehr<br />

Gesellschafter ein Unternehmen hat, je größer,<br />

je internationaler oder komplexer es ist.<br />

2. Verwaltungsvermögen: Sein Anteil ist im<br />

Verhältnis zum Unternehmenswert zu identifizieren<br />

und zu dokumentieren. Fehler können<br />

den kompletten Steuernachlass kosten.<br />

3. Pool: Liegt der Anteil an einer Kapitalgesellschaft<br />

bei nicht mehr als 25 Prozent,<br />

greift die Verschonung nicht. Es sei denn,<br />

die Beteiligten poolen ihre Anteile vor dem<br />

Ernstfall. Szenarien auf Machbarkeit durchspielen<br />

und Verträge vorbereiten.<br />

4. Lohnsummen-Controlling: Der neue<br />

BMF-Erlass erleichtert die Erhebung der<br />

Lohnsummen nur im Inland, nicht im<br />

EU-/EWR-Raum. Diese Daten daher beizeiten<br />

ermitteln, da das viel aufwendiger wird.<br />

Jährliche Fortschreibung installieren.<br />

5. Altverträge: Gesellschaftsverträge und<br />

Testamente, Eheverträge und sonstige relevante<br />

Vereinbarungen sind auf Passgenauigkeit<br />

zum neuen Gesetz zu checken.<br />

6. Fristen: Monitoring der Bezugsgrößen installieren.<br />

Absicherung von Pensionsrückstellungen<br />

als schädlich an.“ Siemers: „Das gilt hier<br />

auch für Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen.“<br />

Laut Erlasspapier dagegen<br />

unschädlich: Forderungen an verbundene<br />

Unternehmen und Festgeldguthaben.<br />

Derzeit ist die SMS-Steuerabteilung mit<br />

Hochdruck an der Analyse ihres Unternehmensvermögens<br />

und prüft, was sich an<br />

„schädlichem“ Verwaltungsvermögen umverteilen<br />

lässt, damit für den Fall der Fälle<br />

eine optimale Steuerverschonung greift. Je<br />

mehr Stufen ein Unternehmen hat, umso<br />

höher der Aufwand für Analyse und Bewertung.<br />

Oft genug hält die ältere Generation nicht<br />

mehr als 25 Prozent an einer Kapitalgesellschaft.<br />

Hier sieht das ErbStG eine Lösung<br />

vor, wenn es diese Anteile auch grundsätzlich<br />

einstuft als Verwaltungsvermögen und<br />

damit nicht begünstigt. Doch es erlaubt<br />

das Poolen, damit kleine Beteiligungen gemeinsam<br />

die kritische 25-Prozent-Marke<br />

nehmen – eine attraktive Familienkomponente<br />

nicht nur für in der Rechtsform der<br />

Kapitalgesellschaft geführte Traditionsbetriebe<br />

mit Hunderten von Familiengesellschaftern.<br />

Bleibt nicht zuletzt die Bewertung – als Bemessungsgrundlage<br />

der konkreten Steuerlast.<br />

Zu ermitteln ist der gemeine Wert,<br />

sprich Verkehrswert, unter Beachtung der<br />

Ertragsaussichten des Unternehmens oder<br />

einer anderen betriebswirtschaftlich anerkannten<br />

Methode – in Zeiten wie diesen oft<br />

ein mit Negativzahlen behafteter Wert. Im<br />

neuen Bewertungsgesetz (BewG) gibt der<br />

Gesetzgeber selbst ein Bewertungsverfahren<br />

vor – aus „Vereinfachungsgründen“.<br />

„Aber dieses vereinfachte Ertragswertverfahren<br />

stellt auf die Vergangenheit ab – mit<br />

zu Beginn einer Rezession regelmäßig drei<br />

guten Jahren – und arbeitet noch dazu mit<br />

einen Kapitalisierungsfaktor von 12,33“, erklärt<br />

Siemers. „Das ergibt in der Rezession<br />

kein realistisches Bild.“<br />

52 pwc: | juli 2009<br />

Im Zuge der Novelle wird der Vorbehaltsnießbrauch für den Schenker<br />

wieder attraktiver. Hier hatte der Steuergesetzgeber zuvor einen<br />

Abzug der Nießbrauchslast nicht zugelassen, sondern nur<br />

einen Stundungseffekt gewährt. Nun findet der Kapitalwert<br />

einer Schenkung unter vorbehaltenem Nießbrauch wieder<br />

Berücksichtigung. Das zeigt folgender Vergleich. Die Ausgangslage:<br />

Vater V ist mit einem Zehn-Prozent-Kommanditanteil<br />

an einer gewerblich tätigen GmbH & Co. KG beteiligt. Der anteilige Unternehmenswert der<br />

Beteiligung beträgt zehn Millionen Euro. V will im Jahr 2009 seinen Anteil im Wege der vorweggenommenen<br />

Erbfolge der Tochter T schenken. Er behält sich bei der Schenkung auf rund 80<br />

Prozent der Erträge den Nießbrauch vor, dessen Kapitalwert beträgt sechs Millionen Euro. Das<br />

Verwaltungsvermögen der GmbH & Co. KG liegt zwischen zehn und 50 Prozent des Unternehmenswerts.<br />

Die persönlichen Freibeträge sind bereits durch Vorschenkungen verbraucht.<br />

Besser gerechnet wird nach der in Deutschland<br />

gängigen Ertragsbewertung nach<br />

IDW S 1, auf Basis der dem Unternehmen<br />

künftig entziehbaren Überschüsse und je<br />

nach Branche variabler Kapitalisierungsfaktoren.<br />

Hier ist eine Planung auf Dreijahresbasis<br />

samt laufendem Jahr zugrunde zu legen,<br />

die sich aktuell ebenfalls als schwierig<br />

erweist. Klar ist nur, dass die Erträge fallen<br />

werden. Eine besonders bittere Pille: Das<br />

Gesetz schreibt als Untergrenze den sogenannten<br />

Substanzwert vor, wenn der höher<br />

ist als der Ertragswert. Siemers: „Also<br />

bleibt nichts anderes übrig, als auch noch<br />

den Substanzwert zu ermitteln. Dieser wird<br />

künftig im Rahmen der Steuererklärung in<br />

jedem Fall anzugeben sein. Besser man<br />

überlässt die Substanzwertermittlung nicht<br />

dem Finanzamt, sondern macht das selbst.“<br />

Auf einfachere Zeiten in Sachen Werter-<br />

Das neue Erbschaftsteuerrecht enthält für Unternehmen<br />

sowohl Fußangeln als auch Gestaltungsspielräume.<br />

Wer Letztere nutzen will, sollte nicht<br />

auf den Ernstfall warten, sondern Vorsorge treffen.<br />

mittlung macht auch der neue Erlass wenig<br />

Hoffnung. In den Substanzwert sollen<br />

alle Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert<br />

eingehen, auch solche, die einem Bilanzierungsverbot<br />

unterliegen wie etwa selbst<br />

entwickelte Patente. Laut Erlass sind alle<br />

abnutzbaren Wirtschaftsgüter mit 30 Prozent<br />

der Anschaffungskosten anzusetzen<br />

– es sei denn, das führt zu unzutreffenden<br />

Ergebnissen. Wann das der Fall ist, sagt<br />

der Erlass nicht. Klar ist aber: Die komplexe<br />

Wertermittlung – mit eventuell drei Bewertungsmethoden<br />

– kostet die Unternehmen<br />

Zeit und Geld.<br />

Daher hat <strong>PwC</strong> standardisierte, jedoch auf<br />

das betreffende Unternehmen zuschneidbare<br />

technische Lösungen entwickelt, die<br />

neben der Dokumentation der Lohnsumme<br />

die Wertermittlung erleichtern und eine<br />

integrierte Steuerplanung erst ermöglichen.<br />

Dabei wird nicht nur auf die Bewertung abgestellt,<br />

sondern die Ermittlung des Verwaltungsvermögens<br />

wird einbezogen. Denn es<br />

muss nicht nur positiv sein, wenn der Unternehmenswert<br />

besonders gering ausfällt.<br />

Ist doch der Wert auch maßgebend, um<br />

das verschonte Betriebsvermögen mit dem<br />

schädlichen Verwaltungsvermögen abzugleichen.<br />

Siemers: „Im Zähler steht das Verwaltungsvermögen<br />

mit seinem Bruttowert,<br />

im Nenner der Nettowert des Unternehmens.<br />

Ist Letzterer zu niedrig, überschreitet<br />

das Verwaltungsvermögen eventuell die<br />

kritische Marke von 50 oder zehn Prozent.<br />

Dann steht Erben und Beschenkten eventuell<br />

keine Begünstigung zu. Also besser auf<br />

15 Prozent von 1.000 Steuer zahlen, als auf<br />

100 Prozent von 500.“ Ein unnötig hoher Tribut<br />

für Nachfolger – gerade im Abschwung.<br />

Kontakt<br />

Lothar Siemers<br />

lothar.siemers@de.pwc.com<br />

Tel.: 0211 981-2757<br />

www.pwc.de/de/pwc366<br />

pwc: | juli 2009 53


pwc: Lösungen<br />

Publikationen<br />

Back to the future<br />

Zurück in die<br />

„heimische“ Zukunft?<br />

Die sechste<br />

<strong>PwC</strong>-Studie zu<br />

den europäischen<br />

M&A-Aktivitäten<br />

von Finanzdienstleistern<br />

zeigt,<br />

dass die Konsolidierung<br />

auf nationaler<br />

Ebene für<br />

die Branche Vorrang hat vor der Erschließung<br />

neuer Geschäftsfelder. Von dem durch<br />

die Finanzkrise bedingten starken Konsolidierungsdruck<br />

sind die Kreditinstitute weiterhin<br />

am stärksten betroffen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

jens.roennberg@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-2226<br />

Download: www.pwc.de/de/pwc373<br />

Europas Städte<br />

Die Studie<br />

„Emerging Trends<br />

in Real Estate<br />

Europe 2009“<br />

wurde zum<br />

sechsten Mal<br />

vom Urban Land<br />

Institute durchgeführt<br />

und zusammen<br />

mit <strong>PwC</strong><br />

herausgegeben.<br />

Rund 500 Immobilienspezialisten in ganz<br />

Europa wurden darum gebeten, europäische<br />

Städte in Bezug auf Immobilieninvestitionen<br />

und die Herausforderungen<br />

am Markt einzuschätzen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

helmut.trappmann@de.pwc.com<br />

Tel.: 030 2636-1161<br />

Download: www.pwc.de/de/pwc368<br />

Käufer aus dem Osten<br />

Investoren aus<br />

Schwellenländern<br />

wollen sich<br />

zunehmend in<br />

Westeuropa engagieren<br />

– trotz<br />

der weltweiten<br />

Finanzkrise. Im<br />

Jahr 2008 erreichte<br />

die Zahl<br />

der Transaktionen<br />

ein Rekordniveau. Doch oft erschweren<br />

Interessenkonflikte und kulturelle Unterschiede<br />

die Zusammenarbeit. Die neue<br />

Veröffentlichung von <strong>PwC</strong>, „Eastern Approaches“,<br />

zeigt, wie es doch funktioniert.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

werner.suhl@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-5650<br />

Bestellbar unter: www.pwc.de/de/pwc372<br />

Hedging von Risiken<br />

Im Zentrum der<br />

Untersuchung<br />

von <strong>PwC</strong> und<br />

der Justus-<br />

Liebig-Universität<br />

Gießen zum<br />

Hedging von<br />

Finanzrisiken in<br />

börsennotierten<br />

Industrie- und<br />

Handelsunternehmen<br />

steht die Anwendung des Hedge<br />

Accounting nach IAS 39. Die Studie basiert<br />

auf einer breit angelegten Befragung von<br />

Unternehmen.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

thomas.schraeder@de.pwc.com<br />

Tel.: 0211 981-2110<br />

Preis: 38 Euro<br />

Bestellbar unter: www.pwc.de/de/treasury<br />

Auf einen Blick<br />

Die Flut neuer<br />

Steuern ist gewaltig<br />

– und das<br />

Risiko groß, in der<br />

Hektik des Beratungsalltags<br />

eine<br />

wichtige, beratungsrelevante<br />

Neuerung zu verpassen.<br />

Das Arbeitshandbuch<br />

„Steueränderungen 2009“ aus der renommierten<br />

Reihe „Haufe aktuell“ bereitet alle<br />

wichtigen Änderungen praxisorientiert und<br />

übersichtlich auf.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

dieter.endres@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 9585-6459<br />

Preis: 48 Euro, Rudolf Haufe Verlag<br />

ISBN 978-3-44808-7550-0<br />

Pharma 2020<br />

Jahrzehnte haben<br />

sich Pharmaunternehmen<br />

auf<br />

die Entwicklung<br />

neuer Präparate<br />

und den Arzneimittelverkauf<br />

konzentriert.<br />

Bislang war diese<br />

Strategie erfolgreich.<br />

Doch nun<br />

steht das bewährte Geschäftsmodell vor<br />

grundlegenden Veränderungen. Das geht<br />

aus der Studie „Pharma 2020: Challenging<br />

Business Models. Which path will you<br />

take?“ von <strong>PwC</strong> hervor.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

volker.booten@de.pwc.com<br />

Tel.: 089 5790-6347<br />

Download: www.pwc.de/de/pwc347<br />

54 pwc: | juli 2009<br />

Grünes Wirtschaften lohnt sich<br />

Die Möglichkeiten, Umweltbelange in den<br />

Beschaffungsprozess der öffentlichen<br />

Hand zu integrieren, ist seit Langem ein<br />

viel diskutiertes Thema. Mit der in Kürze<br />

auch in Deutschland umgesetzten Reform<br />

des Vergaberechts ist nun ausdrücklich<br />

klargestellt, dass soziale, umweltbezogene<br />

und innovative Aspekte bei der<br />

Vergabe öffentlicher Aufträge berücksichtigt<br />

werden können. Im Auftrag der Europäischen<br />

Kommission hat <strong>PwC</strong> zusammen<br />

mit den niederländischen Beratungsunternehmen Significance<br />

und Ecofys eine Studie zum Thema umweltfreundliche öffentliche<br />

Beschaffung erstellt. Im Rahmen dieser Studie wurden über 2.500<br />

öffentliche Stellen in sieben Mitgliedsstaaten der Europäischen<br />

Union befragt.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

stefan.calvi@de.pwc.com<br />

Tel.: 069 7431-2112<br />

Download: www.pwc.de/de/sustainability<br />

Bilanzrecht für Familienunternehmen<br />

Das deutsche Bilanzrecht ist mit dem<br />

Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz auf<br />

Reformkurs. Wie wirkt sich das bei Familienunternehmen<br />

aus? Dieser Frage gehen<br />

Norbert Winkeljohann, der als <strong>PwC</strong>-Vorstand<br />

das Geschäft mit Familienunternehmen<br />

und mittelständischen Unternehmen<br />

verantwortet, und der Vorstandsvorsitzende<br />

der VMEBF, Frank Reuther, mit weiteren<br />

Experten in ihrem Buch nach. Gefragt<br />

wird nach: Anforderungen an das<br />

Bilanzrecht aus Sicht von Familienunternehmen, Ausschüttungsbemessung,<br />

steuerliche Gewinnermittlung, Rechnungslegung als<br />

Basis einer effektiven Corporate Governance und vielem mehr. Das<br />

Werk zeigt Lösungsvorschläge für die Bilanzierung in der Praxis auf.<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

norbert.winkeljohann@de.pwc.com<br />

Tel.: 0541 3304-517<br />

Preis: 44 Euro, Erich Schmidt Verlag<br />

ISBN 978-3-503-11426-9<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

PricewaterhouseCoopers AG WPG<br />

Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Main<br />

www.pwc.de<br />

Verantwortlich für den Inhalt (V.i.S.d.P.):<br />

Oliver Heieck (PricewaterhouseCoopers AG)<br />

Tel.: 069 9585-1577<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

die Meinung der Autoren wieder.<br />

Adressänderungen: pwc_magazin@de.pwc.com<br />

Chefredaktion:<br />

Corinna Freudig (PricewaterhouseCoopers AG),<br />

Detlef Gürtler (Facts & Figures)<br />

E-Mail an die Redaktion: pwc_magazin@de.pwc.com<br />

CvD: Heiko Hamann<br />

Art-Direktion: Frauke Backer/backerdesign.com<br />

Bildredaktion: Gudrun Glaser<br />

Infografik: Katharina Erfurth (Golden Section Graphics)<br />

Redaktionelle Mitarbeit: Oranus Mahmoodi<br />

Lektorat: Christiane Barth, Werkstatt für moderne Sprache<br />

Verlagsleitung: Frank Parlow<br />

Verlag:<br />

Facts & Figures GmbH<br />

Ein Unternehmen der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND<br />

Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg<br />

Tel.: 040 31990-622, E-Mail: cp@guj.de<br />

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Chandric<br />

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Druck:<br />

Druckhaus Berlin-Mitte GmbH<br />

Schützenstraße 18, 10117 Berlin<br />

pwc: erscheint viermal im Jahr in einer Auflage von<br />

12.000 Exemplaren.<br />

© <strong>Juli</strong> 2009. PricewaterhouseCoopers AG<br />

PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers<br />

AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen<br />

und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der<br />

PricewaterhouseCoopers International Limited.<br />

PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.<br />

pwc: | juli 2009 55


Erfolgsformeln<br />

Nach dieser Formel des britischen Mathematikers James Murray ist das Verhalten eines Partners<br />

in einer Beziehung von seinem Wesen, seinem bisherigen Verhalten und vom Einfluss des anderen<br />

Partners auf ihn abhängig. Gilt für Menschen – und auch für Unternehmen? Mehr ab Seite 4.

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