Hinweise für den ärztlichen Gutachter - Deutsche Gesetzliche ...
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LVBG<br />
Landesverband<br />
Südwestdeutschland<br />
der gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften<br />
Heidelberg<br />
<strong>Hinweise</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>ärztlichen</strong><br />
<strong>Gutachter</strong><br />
von V. KAISER und K. WEISE<br />
9., überarbeitete Auflage 2005
Verfasser:<br />
Dr. jur. Volker Kaiser, Geschäftsführer der Bezirksverwaltung Stuttgart der Holz-<br />
Berufsgenossenschaft, Vollmoellerstraße 11, 70563 Stuttgart<br />
Professor Dr. med. Kuno Weise, Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen<br />
Unfallklinik Tübingen und o. Professor <strong>für</strong> Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der<br />
Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Schnarrenbergstraße 95, 72076 Tübingen<br />
Herausgeber:<br />
Landesverband Südwestdeutschland der gewerblichen Berufsgenossenschaften,<br />
Kur<strong>für</strong>sten-Anlage 62, 69115 Heidelberg<br />
Druck:<br />
Kepnerdruck Druckerei + Verlag GmbH, 75031 Eppingen<br />
9., überarbeitete Auflage 2005
GELEITWORT<br />
In der gesetzlichen Unfallversicherung bedarf es zur Gewährung von Leistungen<br />
regelmäßig eines medizinischen Gutachtens, weil die Anspruchsvoraussetzungen in<br />
typischer Weise auf bestimmte gesundheitliche Verhältnisse abstellen. Der Sachverständigentätigkeit<br />
des Arztes kommt damit hervorragende soziale Bedeutung zu. Von<br />
existenziellem Gewicht ist sie oft <strong>für</strong> <strong>den</strong> Verletzten und Berufserkrankten und deren<br />
Hinterbliebene. Erfreulich, dass die Ärzteschaft zunehmend in der Begutachtungsarbeit<br />
eine zur klassischen Patientenbehandlung gleichrangige Berufsaufgabe sieht.<br />
Eine gerechte Leistung hängt wesentlich von der sachgerechten Gutachtenerstellung<br />
ab, die – auch in methodisch-formeller Hinsicht – meist nicht einfach ist. Deswegen<br />
haben die Unfallversicherungsträger immer auf die Qualitätsfrage, also auch auf das<br />
ärztlich-medizinische Begutachtungswesen, besonderes Augenmerk gerichtet. Bei<br />
verstärkter Anstrengung um eine Verbesserung der gutachtlichen Verhältnisse wur<strong>den</strong><br />
vom Landesverband Südwestdeutschland der gewerblichen Berufsgenossenschaften<br />
bereits „<strong>Hinweise</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> Sachbearbeiter zur <strong>ärztlichen</strong> Begutachtung“ herausgegeben.<br />
Die jetzt vorgelegten<br />
<strong>Hinweise</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>ärztlichen</strong> <strong>Gutachter</strong><br />
sollen vor allem dem noch wenig gutachterlich erfahrenen Arzt eine Hilfe bei seiner<br />
verantwortungsvollen Sachverständigenaufgabe bieten.<br />
Wir hoffen, dass diese Schrift ebenso gut aufgenommen wird, wie dies der Reihe der<br />
Veröffentlichungen des Landesverbandes Südwestdeutschland der gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften bisher zuteil wurde.<br />
Heidelberg, im August 1988<br />
1
ZUR 8. AUFLAGE<br />
Den hohen Rang der medizinischen Begutachtung in der <strong>ärztlichen</strong> Berufspraxis dokumentiert<br />
auch der große Bedarf an <strong>den</strong> „<strong>Hinweise</strong>n“, der ihre Neuauflage erforderlich macht. Zugleich<br />
zeigt sich in der fortbestehen<strong>den</strong> Nachfrage, dass die Qualitätsbemühungen im Begutachtungswesen<br />
auf einer breiten Basis erfolgen und insbesondere die nachwachsen<strong>den</strong> Fachärzte einbeziehen.<br />
Mit dieser Schrift und ihrem Beitrag zur allgemeinen Qualitätssicherung des ärztlichmedizinischen<br />
Sachverständigenbeweises soll letztlich die sachgerechte Entscheidungsfindung<br />
der Unfallversicherungsträger unterstützt wer<strong>den</strong>. Im Übrigen wird auf die Bemerkungen zur<br />
Vorauflage hingewiesen.<br />
Die Verfasser haben aktuelle Entwicklungen und neue Erfahrungen in der Gutachtenerstattung<br />
eingearbeitet. Außerdem wur<strong>den</strong> wiederum generell die Textinhalte und einzelne Formulierungen<br />
kritisch durchgesehen, um die hohe Zuverlässigkeit der „<strong>Hinweise</strong>“ weiterhin zu gewährleisten.<br />
Heidelberg, im Oktober 2004<br />
ZUR 9. AUFLAGE<br />
Die erforderliche Neuauflage dieses „Klassikers“ der <strong>ärztlichen</strong> Begutachtungspraxis in der<br />
gesetzlichen Unfallversicherung haben die Verfasser vor allem dazu genutzt, neue Entwicklungen<br />
und aktuelle Fragen einzuarbeiten. Hervorzuheben sind die Leitsätze <strong>für</strong> die Begutachtung von<br />
Schmerzen und die Kennzeichnung von Befun<strong>den</strong> sowie Diagnosen nach wissenschaftlichen<br />
Klassifikationssystemen. Daneben wur<strong>den</strong> weitere Checklisten zur unmittelbaren Qualitätssicherung<br />
der einzelnen Gutachtenerstattung aufgenommen und zahlreiche Einzeltexte geändert.<br />
Trotz der intensiven Überarbeitung ist der äußere Umfang der Broschüre gleich geblieben.<br />
Neben ihrer hohen fachlichen Zuverlässigkeit ist damit auch die bewährte Praktikabilität der<br />
„<strong>Hinweise</strong>“ weiterhin gegeben.<br />
Heidelberg, im Dezember 2005<br />
2<br />
Dr. Radek<br />
(Geschäftsführer)
INHALT, HINWEISE<br />
Seite<br />
1 Allgemeine Begutachtungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
2 Eingang des Gutachtenauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
3 Vorbereitende Begutachtungsarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
4 Untersuchung des Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
5 Gutachtlich-medizinische Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
6 Erstattung des Gutachtens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
7 Nachgehende Sachverständigenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
8 Besondere Begutachtungsfälle und -materien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
9 Unfallversicherungsrechtliche Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
10 Musterformulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />
11 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
ABKÜRZUNGEN:<br />
BG Berufsgenossenschaft<br />
BKV Berufskrankheitenverordnung<br />
gem. gemäß<br />
ggf. gegebenenfalls<br />
insbes. insbesondere<br />
MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit<br />
SGB Sozialgesetzbuch<br />
SGB VII Siebtes Buch des Sozialgesetzbuches<br />
(Unfallversicherung)<br />
SGB IX Neuntes Buch des Sozialgesetzbuches (Rehabilitation)<br />
SGB X Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches<br />
(Verwaltungsverfahren)<br />
UV-Träger Unfallversicherungsträger<br />
Zur Anwendung dieser „<strong>Hinweise</strong>“:<br />
– Die methodisch-praktischen Empfehlungen und Anleitungen stellen keine allgemeingültigen<br />
und unmittelbar verbindlichen Regeln dar. Sie entsprechen aber einer<br />
weitgehen<strong>den</strong> Übung in der gesetzlichen Unfallversicherung und beruhen auf einer<br />
gesicherten Rechtslage.<br />
– Die <strong>Hinweise</strong> sollen eine Hilfestellung in <strong>den</strong> regelmäßig anfallen<strong>den</strong> Begutachtungssachen<br />
bieten. Der <strong>Gutachter</strong> kann erwarten, dass die Verwaltung auf<br />
Besonderheiten und spezielle Anforderungen des konkreten Gutachtenauftrags<br />
hinweist.<br />
3
1<br />
4<br />
Zu Nr. 1.2 – 1.7:<br />
Rechtliche Bedeutung der Begutachtungsmethodik<br />
– Das Gutachten ist eine bestimmte Form der (fachlichen)<br />
Aussage eines Sachverständigen, es setzt vor allem einen<br />
Auftrag voraus und muss eine Ausarbeitung (insbes.<br />
Begründung seiner Ergebnisse bzw. Antworten) aufweisen.<br />
Deshalb hat es eine begriffliche Bedeutung und ist von<br />
anderen <strong>ärztlichen</strong> Aussagen (Atteste usw.) zu unterschei<strong>den</strong>.<br />
– Da das Sachverständigengutachten rechtlich auch ein<br />
Beweismittel (im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren) ist,<br />
muss außerdem die Art und Weise seiner Erstattung<br />
bestimmten formalen Anforderungen genügen.<br />
Deshalb ist bei der gesamten gutachtlich-<strong>ärztlichen</strong><br />
Tätigkeit eine grundsätzliche Sachverständigen- und<br />
Begutachtungsmethodik zu beachten.
ALLGEMEINE BEGUTACHTUNGSGRUNDSÄTZE 1<br />
1.1 Auch bei der <strong>Gutachter</strong>tätigkeit <strong>für</strong> die gesetz- ● Grundlegende Sachliche<br />
Unfallversicherung hat der Arzt die allgemeinen verständigenpflichten<br />
Sachverständigenpflichten zu beachten, insbesondere:<br />
– Neutralität<br />
– Objektivität<br />
– Zuverlässigkeit<br />
Diese Anforderungen bestehen gleichermaßen gegenüber<br />
dem Versicherten und der Verwaltung. Das<br />
gesamte Verhalten des <strong>Gutachter</strong>s ist darauf auszurichten.<br />
Mit der Zuverlässigkeit muss der Arzt insbesondere<br />
seine persönliche Qualifikation zur sachgerechten<br />
Begutachtung im Einzelfall gewährleisten.<br />
1.2 Das ärztliche Gutachten soll der Verwaltung ● Allgemeiner Zweck<br />
helfen, einen bestimmten (entscheidungserheblichen) der Begutachtung<br />
Sachverhalt zu klären. Dazu wird ihr die erforderliche<br />
besondere (medizinische) Sachkunde durch einen<br />
Experten vermittelt.<br />
Verantwortlich <strong>für</strong> die Tatsachenfeststellung bleibt der<br />
UV-Träger. Dieser Grundsatz gilt ungeachtet des im<br />
Einzelfall großen (faktischen) Einflusses der Gutachtenergebnisse<br />
auf die Verwaltungsentscheidung.<br />
1.3 Neben seiner äußeren Form hat das Gutachten ● Grundsätzlicher Inhalt<br />
auch einen typischen Inhalt, der zu seinem Begriff des Gutachtens<br />
gehört:<br />
– Wiedergabe eigener Wahrnehmungen (insbes.<br />
Untersuchungsergebnisse) und sonstiger sog.<br />
Anknüpfungstatsachen,<br />
– Feststellung und Erläuterung einschlägiger medizinischer<br />
Erfahrungssätze,<br />
– Bewertung der Anknüpfungstatsachen und andere<br />
schlussfolgernde, individuelle Beurteilungen.<br />
1.4 Der <strong>Gutachter</strong>arzt darf generell nur soweit tätig ● Zuständigkeitsbereich des<br />
wer<strong>den</strong>, wie seine Mithilfe im Einzelfall angefordert <strong>ärztlichen</strong> Sachverständiwird<br />
und seine Inanspruchnahme als Sachverständi- gen<br />
ger <strong>für</strong> die konkrete Angelegenheit notwendig und<br />
möglich ist.<br />
Deshalb hat er nur medizinische Fragestellungen zu<br />
beurteilen und muss sich auf sein Fachgebiet<br />
beschränken. Insbesondere soll er nicht Ermittlungen,<br />
die keine besondere Sachkunde erfordern, anstellen<br />
oder sich unmittelbar zur Rechtslage und hinsichtlich<br />
der Verwaltungsentscheidung äußern. 5
1<br />
6<br />
Verwaltung<br />
<strong>Gutachter</strong><br />
Verwaltung<br />
Regel-Ablauf der Begutachtung<br />
Entscheidung über<br />
– Arbeitsunfall<br />
– Leistungen<br />
Erforderlichkeit<br />
einer Begutachtung?<br />
– Vorauswahl von <strong>Gutachter</strong>n<br />
– <strong>Gutachter</strong>vorschlag an Vers.<br />
Erteilung des Gutachtenauftrags<br />
Prüfung des<br />
Gutachtenauftrags<br />
Untersuchung des Versicherten<br />
– Erstellung des Gutachtens<br />
– Ablieferung des Gutachtens<br />
Prüfung / Auswertung<br />
des Gutachtens<br />
Umsetzung des Gutachtens<br />
in die Verwaltungsentscheidung<br />
mit: Ermittlung bzw. Feststellung<br />
der Begutachtungsgrundlagen(Beurteilungs-Ausgangssachverhalt)<br />
mit: weiteren <strong>Hinweise</strong>n an <strong>den</strong><br />
Versicherten<br />
mit: – evtl. Abklärungen mit<br />
dem Auftraggeber bzw.<br />
Verwaltung<br />
– Vorbereitung der Begutachtung<br />
mit: evtl. Berücksichtigung von<br />
Zusatzgutachten<br />
mit: evtl. nachgehen<strong>den</strong><br />
<strong>Gutachter</strong>aufgaben<br />
mit: evtl. Rückfragen beim<br />
<strong>Gutachter</strong>
1.5 Für die <strong>Gutachter</strong>tätigkeit gilt die allgemeine ● Qualitätsanforderungen<br />
berufliche Qualitätsverpflichtung des Arztes. Die an die Begutachtung<br />
Begutachtungsqualität besteht insgesamt in der Erstattung<br />
eines gebrauchstauglichen Gutachtens und in<br />
der Wahrung der weiteren (berechtigten) Interessen<br />
der Beteiligten.<br />
Die Gebrauchstauglichkeit richtet sich nach dem<br />
allgemeinen Zweck eines Gutachtens sowie nach der<br />
speziellen Bestimmung im einzelnen Gutachtenauftrag.<br />
Außerdem müssen vor allem Untersuchung und<br />
Formulierungen scha<strong>den</strong>sfrei vorgenommen wer<strong>den</strong>.<br />
1.6 Im Hinblick auf <strong>den</strong> maßgeblichen Einfluss der ● Aufgaben des auftrags-<br />
Verwaltungsarbeit auf die Gutachtenqualität muss ggf. erteilen<strong>den</strong> UV-Trägers<br />
der Arzt die Mitwirkung <strong>für</strong> eine einwandfreie<br />
Begutachtung abverlangen. Darüber hinaus ist der<br />
UV-Träger verpflichtet, <strong>den</strong> <strong>Gutachter</strong> vor persönlichen<br />
Beeinträchtigungen zu schützen.<br />
Wesentliche Aufgaben des Auftraggebers sind:<br />
Feststellung der Begutachtungsgrundlagen (z. B. des<br />
Unfallhergangs), korrekte Auftragserteilung (z. B.<br />
konkrete Fragestellung), Steuerung der Gutachtenerstattung<br />
(z. B. bei Zusatzgutachten), Betreuung des<br />
<strong>Gutachter</strong>s (z. B. Beschaffung von Spezialliteratur).<br />
1.7 Der beauftragte Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, ● Persönliche Begutachtungsdie<br />
Begutachtung selbst vorzunehmen. Es liegt in der pflicht<br />
Entscheidung der Verwaltung, ob sie das von<br />
anderen Personen erstellte Gutachten annimmt.<br />
Soweit ärztliche Mitarbeiter und andere Hilfspersonen<br />
zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens<br />
hinzugezogen wer<strong>den</strong>, erfolgt dies unter voller<br />
Verantwortung des bestellten Sachverständigen. Dies<br />
muss auch bei der Unterzeichnung des Gutachtens<br />
zum Ausdruck kommen.<br />
Vgl. auch Nr. 4.5 und Nr. 10.<br />
1<br />
7
2<br />
8<br />
Zu Nr. 2.1 ff.:<br />
Arbeitsvorgänge nach Eingang des Gutachtenauftrags<br />
(bis zur unmittelbaren Begutachtung)<br />
1. Sofortige Auftragsbearbeitung<br />
Zielrichtung: äußere Vollständigkeit und generelle<br />
Übernahme sowie Durchführbarkeit des Gutachtenauftrags<br />
– Eingangskontrolle (s. S. 10)<br />
– Planung der Durchführung der Begutachtung<br />
– Inhaltliche Vorprüfung des Gutachtenauftrags<br />
Reaktion: Rückfrage beim Auftraggeber bzw. <strong>Hinweise</strong>,<br />
Rückgabe des Gutachtenauftrags<br />
2. Vorbereitende Begutachtungsarbeiten (s. S. 15 ff.)<br />
Zielrichtung: Endgültige Übernahme des Auftrags und<br />
Vornahme der Begutachtung<br />
– Abschließende inhaltliche Prüfung des Gutachtenauftrags<br />
– Vorbereitung der Untersuchung und Gutachtenerstattung<br />
Reaktion: Rückfrage beim Auftraggeber bzw. <strong>Hinweise</strong>,<br />
Rückgabe des Gutachtenauftrags, Kontaktaufnahme<br />
mit dem zu Untersuchungen
EINGANG DES GUTACHTENAUFTRAGS 2<br />
2.1 Die einzelne <strong>Gutachter</strong>tätigkeit setzt einen aus- ● Rechtliche Bedeutung<br />
drücklichen Auftrag des UV-Trägers voraus, ungeach- des Gutachtenauftrags<br />
tet der <strong>Gutachter</strong>auswahl durch <strong>den</strong> Versicherten. Die<br />
Beauftragung (z. B. mit einem Zusatzgutachten) kann<br />
z. B. auch über <strong>den</strong> Hauptgutachter erfolgen, der<br />
hierzu von der Verwaltung ermächtigt wurde.<br />
Der Gutachtenauftrag muss ausdrücklich als ein solches<br />
Ersuchen angegeben sein (z.B. „Stellungnahme“<br />
nicht ausreichend). Er bezieht sich auf eine formelle<br />
Begutachung mit <strong>den</strong> maßgeblichen rechtlichen und<br />
methodischen Regeln.<br />
2.2 Der D-Arzt und behandelnde Arzt sind gem. ● Begutachtungspflicht des<br />
Vertrag Arzt/UV-Träger und jeder approbierte Arzt Arztes und Begutachtungsgesetzlich<br />
zur Gutachtenerstattung verpflichtet. Die vertrag<br />
konkrete Begutachtung beruht auf einem im Einzelfall<br />
abgeschlossenen Vertrag (mit entsprechen<strong>den</strong> Verpflichtungen<br />
der Beteiligten).<br />
Der Gutachtenauftrag muss vom Arzt nicht ausdrücklich<br />
angenommen wer<strong>den</strong>. Eine verbindliche Erklärung<br />
kann auch (mittelbar) mit seinem weiteren<br />
Verhalten erfolgen (z.B. Anforderung von Unterlagen<br />
oder Einbestellen des Verletzten).<br />
2.3 In ihrem Auftrag legt die Verwaltung (ausdrücklich ● Allgemeine Regelungen<br />
oder mittelbar) die wesentlichen Bedingungen der des Auftrags<br />
Gutachtenerstattung fest und gibt dem Arzt die Beurteilungsgrundlagen<br />
(sog. Ausgangssachverhalt oder<br />
Anknüpfungstatsachen) vor, soweit sie nicht mit der<br />
Untersuchung (als Befundtatsachen) festgestellt wer<strong>den</strong><br />
sollen.<br />
Insbesondere befindet der Auftraggeber über<br />
– <strong>den</strong> speziellen Verwendungszweck des Gutachtens<br />
(z. B. zur Erteilung eines Bescheides zur beruflichen<br />
Verursachung eines Gesundheitsscha<strong>den</strong>s)<br />
– die allgemeine Begutachtungsmaterie (z. B. Beurteilung<br />
nach Aktenlage oder mit Untersuchung)<br />
– die Form und weitere Regelung der Gutachtenerstattung<br />
(z. B. Formular- oder freies Gutachten,<br />
Begutachtungsfrist)<br />
Vgl. auch Nr. 1.5, Nr. 4.4 und Nr. 6.3.<br />
9
2<br />
10<br />
Checkliste/Gutachtenauftrag-Eingangskontrolle<br />
(Vorliegen der wesentlichen Bestandteile eines Auftrags)<br />
1. Auftrag <strong>für</strong> eine Begutachtung<br />
– eindeutiges Ersuchen um ein formelles Gutachten<br />
(nicht z.B. eine Feststellung der aktuellen Befundung)<br />
2. Angabe des <strong>Gutachter</strong>s<br />
– Benennung einer Person (nicht z.B. eines Begutachtungsinstituts)<br />
– eindeutige Bezeichnung des Arztes, zumindest Bestimmbarkeit<br />
(z.B. durch „Chefarzt der ..... Abteilung<br />
des .....)<br />
3. Fachgebietliche Zuständigkeit<br />
– Festlegung eines bestimmten Fachgebietsgutachtens im<br />
Gutachtenauftrag<br />
– eindeutige Bestimmbarkeit der Zuständigkeit aus der<br />
Begutachtungsmaterie (z.B. nur unfallchirurgische<br />
Verletzung)<br />
4. Art des Gutachtens<br />
– Bestimmung der Form des Gutachtens (z.B. sog. freies<br />
Gutachten, Zusammenhangsgutachten, Zusatzgutachten)<br />
– Gutachten mit Untersuchung oder nach Aktenlage<br />
5. Stellung der Gutachtenfragen<br />
– Formulierung einzelner Fragen<br />
– Ausrichtung auf medizinische Beurteilungen (insbes.<br />
nicht rechtliche Fragestellung wie z.B.: „Ist ein Arbeitsunfall<br />
gegeben?)<br />
6. Unterlagen des Gutachtenauftrags<br />
– Übersendung der Verwaltungsakten<br />
– Beifügung sonstiger – im Auftragsschreiben aufgeführter<br />
– Unterlagen (z.B. Einbestellschreiben, Röntgenaufnahmen)<br />
7. Regelung der allgemeinen Auftragsbedingungen<br />
– insbes. spezielle Erstattungsfrist, bes. Verwendungszweck<br />
Sofort-Reaktion des <strong>Gutachter</strong>s je nach Auftragsmangel:<br />
Rückfrage beim Auftraggeber oder Rückgabe des Gutachtenauftrags
2.4 Der Auftrag zur Begutachtung ist umgehend auf ● Aufgabe des <strong>Gutachter</strong>s<br />
seine Vollständigkeit und persönliche wie sachliche beim Auftragseingang<br />
Durchführbarkeit überschlägig durchzusehen. Wenn<br />
der Arzt ihn nicht zu erledigen vermag oder sonstige<br />
Fragen bestehen, hat er sogleich die Verwaltung zu<br />
informieren.<br />
Eine nur teilweise Ausführung des Auftrags ist im<br />
Regelfall nicht zulässig. Ebenso wenig darf der<br />
ersuchte Arzt – ohne vorherige Zustimmung des<br />
Auftraggebers – die Begutachtungssache an einen<br />
anderen Arzt weitergeben.<br />
Vgl. auch Nr. 3.1 ff.<br />
2.5 Zur Frage, ob der <strong>Gutachter</strong> <strong>den</strong> Auftrag selbst ● Persönliche Vorausübernehmen<br />
kann, hat er zu beachten: setzungen der Auftragsübernahme<br />
– Betrifft die Begutachtungssache seine Fachdiszi-<br />
plin und verfügt er über die erforderlichen Spezialkenntnisse<br />
und kann er sich das Wissen kurzfristig<br />
(insbes. durch Literatur) verschaffen?<br />
– Verfügt er über die erforderliche personelle (Hilfskräfte<br />
usw.) und sächliche (Untersuchungsgeräte<br />
usw.) Ausstattung?<br />
– Besteht – bei entsprechen<strong>den</strong> Bemühungen – die<br />
<strong>für</strong> eine fristgerechte Auftragserfüllung notwendige<br />
Arbeitskapazität?<br />
– Können <strong>für</strong> die Beteiligten auf Grund konkreter<br />
Umstände (z. B. frühere persönliche Differenzen)<br />
ernstliche Be<strong>für</strong>chtungen hinsichtlich einer objektiven<br />
und neutralen Begutachtung bestehen? Vgl.<br />
dazu auch Nr. 2.5.<br />
2<br />
11
2<br />
12<br />
Zu Nr. 2.1 ff.:<br />
Gutachtentypik in der gesetzlichen Unfallversicherung<br />
(vor allem gem. Vertrag Ärzte/UV-Träger und Gebührenverzeichnis,<br />
vgl. Nr. 11)<br />
● Formulargutachten und freie Gutachten<br />
– Formulargutachten <strong>für</strong> bestimmte Anlässe (vgl. unten)<br />
und einzelne Fachgebiete<br />
– freie Gutachten vgl. unten<br />
● Freie Gutachten<br />
– ohne oder mit Frage zum ursächlichen Zusammenhang,<br />
vgl. unten<br />
– regelmäßige freie Gutachten oder eingehend<br />
begründete wissenschaftliche Gutachten<br />
● Zusammenhangsgutachten<br />
– nur freie Gutachten<br />
– Hauptfrage: Ursächlichkeit eines Gesundheitsscha<strong>den</strong>s<br />
mit dem Unfallereignis bzw. <strong>den</strong> Folgen eines<br />
Arbeitsunfalls<br />
● Rentengutachten<br />
– zumeist Formulargutachten<br />
– zur erstmaligen Rentenfeststellung und Rentennachprüfung<br />
(<strong>für</strong> unterschiedliche Entscheidungen)<br />
● Zusatzgutachten<br />
– Formulargutachten oder freies Gutachten<br />
– selbständiges Gutachten auf anderem Fachgebiet,<br />
neben dem Hauptgutachten<br />
Regelfall: Begutachtung mit Untersuchung (des<br />
Versicherten).<br />
Gutachten nach Aktenlage bei bereits erhobenen<br />
(aktuellen) Befun<strong>den</strong>, alleiniger Prüfung der Kausalfrage oder<br />
zur Überprüfung anderer ärztlicher Stellungnahmen.<br />
Vgl. auch Nr. 8.1 ff.
2.6 Im Verwaltungsverfahren hat der <strong>Gutachter</strong> selbst ● <strong>Gutachter</strong>tätigkeit bei<br />
kein formelles Ablehnungsrecht. Ungeachtet des Gut- besonderen Beziehungen<br />
achterauswahlverfahrens (vgl. Nr. 2.1) hat er aber<br />
die Beteiligten auf entsprechende Umstände (vgl. Nr.<br />
2.4) hinzuweisen und kann aus entsprechen<strong>den</strong><br />
Grün<strong>den</strong> eine Übernahme des Auftrags ablehnen.<br />
Keine generellen Ablehnungsgründe sind:<br />
– Tätigkeit in einer BG-Klinik oder als Durchgangsbzw.<br />
H-Arzt,<br />
– Vorhergehende oder aktuelle Behandlung des<br />
Versicherten,<br />
– Tätigkeit als Beratender Arzt der auftraggeben<strong>den</strong><br />
Verwaltung.<br />
2.7 Die („orientierende“) Vorprüfung des Gutachten- ● Inhaltliche Vorprüfung<br />
auftrags hat sich im Wesentlichen auf folgende des Gutachtenauftrags<br />
Punkte zu erstrecken. Dabei besteht ebenfalls eine<br />
entsprechende Hinweispflicht gegenüber dem Auftraggeber,<br />
der <strong>Gutachter</strong> kann nicht selbst <strong>den</strong> Auftrag<br />
abändern oder fehlende Informationen bei anderen<br />
Stellen einholen:<br />
– Ist die erbetene Begutachtung in medizinischer Hinsicht<br />
grundsätzlich sinnvoll und ausführbar, auch mit<br />
<strong>den</strong> wesentlichen Fragen und im gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt?<br />
– Ist der Gutachtenauftrag vollständig oder fehlen<br />
insbes. angegebene Unterlagen?<br />
– Gibt es andere allgemeine bzw. wesentliche<br />
Be<strong>den</strong>ken gegen die Begutachtungssache?<br />
2<br />
13
3<br />
Notizen<br />
14
VORBEREITENDE BEGUTACHTUNGSARBEITEN 3<br />
3.1 Spätestens im Rahmen der Vorbereitung der ● Umfassende Kontrolle<br />
Begutachtung ist der Gutachtenauftrag vom Arzt des Gutachtenauftrags<br />
umfassend, insbes. auch medizinisch-inhaltlich, zu<br />
prüfen. Maßstab ist die erkennbare, vom Auftraggeber<br />
bezweckte Sachaufklärung.<br />
Auch in diesem Verfahrensstadium muss und kann<br />
(nur) der <strong>Gutachter</strong> auf offene Fragen hinweisen und<br />
eine Überprüfung des Gutachtenauftrags empfehlen.<br />
Eine Ablehnung der Gutachtenerstellung kommt jetzt<br />
nur noch in seltenen Fällen in Betracht.<br />
3.2 Bei der inhaltlichen Prüfung des Gutachtenauf- ● Wesentliche Aspekte<br />
auftrags sind hauptsächlich folgende Überlegungen der materiellen<br />
anzustellen: Auftragsprüfung<br />
– Sind die einzelnen Begutachtungsfragen (unter<br />
Berücksichtigung der Unterlagen) verständlich und<br />
ausreichend präzise sowie <strong>für</strong> die – vom Auftraggeber<br />
zutreffende – Sachverhaltsfeststellung und<br />
Entscheidung vollständig und geeignet?<br />
– Hat die Berufsgenossenschaft <strong>den</strong> zu beurteilen<strong>den</strong><br />
(Ausgangs-)Sachverhalt (sog. Anknüpfungstatsachen)<br />
eindeutig bestimmt (vor allem bei Vergleichsbegutachtung<br />
und widersprüchlichem Akteninhalt) und<br />
vollständig ermittelt (u. a. Aufklärung des Verletzungshergangs,<br />
Feststellung der Arbeits- und<br />
Berufsverhältnisse, Beiziehung von Krankenunterlagen)?<br />
– Enthält der Verwaltungsauftrag notwendige<br />
(kostenintensive) Spezialuntersuchungen und liegt<br />
eine Ermächtigung zur Einholung von Zusatzgutachten<br />
(auf welchem Fachgebiet und bei welchem<br />
<strong>Gutachter</strong>) vor?<br />
15
3<br />
16<br />
Zu Nr. 3.3 ff.:<br />
Mithilfe des Auftraggebers (Verwaltung) bei<br />
der Vorbereitung der Untersuchung<br />
– Steuerung der Einhaltung des Untersuchungstermins bei<br />
Verzögerung durch Versicherten<br />
– Beschaffung von Untersuchungsunterlagen, insbes. bei<br />
erforderlicher Mitwirkung des Versicherten<br />
– Beauftragung eines Dolmetschers auf Bitte des <strong>Gutachter</strong>s<br />
oder Versicherten
3.3 Für die Begutachtung erforderliche Kranken- ● Fremde Krankenunterunterlagen,<br />
Röntgenbilder usw. anderer, vor allem lagen, Arbeitgeberausfrüher<br />
behandelnder Ärzte sind – sofern nicht bereits künfte, eigene Vorgänge<br />
dem Auftragsschreiben beigefügt – über die auftraggebende<br />
Verwaltung einzuholen. Ebenso soll in der<br />
Regel nicht direkt mit dem Arbeitgeber Verbindung<br />
aufgenommen wer<strong>den</strong>, um z. B. Auskünfte über <strong>den</strong><br />
Unfallhergang oder betriebliche Verhältnisse zu<br />
erhalten.<br />
Die unmittelbare Verwendung eigener Vorgänge über<br />
<strong>den</strong> zu Begutachten<strong>den</strong>, etwa aus vorangegangenen<br />
Behandlungen, ist hingegen zumeist erlaubt: es kann<br />
im allgemeinen von einer konklu<strong>den</strong>ten Einwilligung<br />
des Unfallversicherten ausgegangen wer<strong>den</strong>. Andernfalls<br />
muß die Berufsgenossenschaft eingeschaltet<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
3.4 Es ist Aufgabe des Versicherungsträgers, die Mit- ● Beteiligung des Verwirkung<br />
des Unfallverletzten zur Untersuchung sicher- sicherten<br />
zustellen. Es kann aber im Allgemeinen davon ausgegangen<br />
wer<strong>den</strong>, dass er aus eigenem Antrieb<br />
erscheint und keine besonderen Maßnahmen der<br />
Verwaltung veranlasst wer<strong>den</strong> müssen (auch wegen<br />
seiner Beteiligung vor dem Gutachtenauftrag, vgl.<br />
Nr. 11.3).<br />
Der Arzt darf <strong>den</strong> genauen Termin sowie <strong>den</strong> Ort der<br />
Untersuchung bestimmen. Insoweit kann er auch<br />
(zweckmäßigerweise) direkt mit dem Proban<strong>den</strong> in<br />
Verbindung treten und ihn zur Begutachtung bitten.<br />
Die Verwaltung ist hierüber in Kenntnis zu setzen<br />
(z. B. durch Übersendung einer Kopie des Einbestellungsschreibens).<br />
Vgl. auch Übersicht auf S. 20 und S. 22.<br />
3<br />
17
3<br />
18<br />
Zu Nr. 3.4 und 3.5:<br />
Regelmäßige <strong>Hinweise</strong> im Einbestellungsschreiben<br />
– Anlass der Einbestellung und Untersuchung (zu einer<br />
Gutachtenerstattung)<br />
– Auftraggeber der Begutachtung<br />
– Gegenstand der Untersuchung (zu beurteilende Verletzung<br />
usw.)<br />
– Ambulante oder stationäre Untersuchung, genereller Hinweis<br />
auf besondere Untersuchungsmaßnahmen<br />
– Verhaltensmaßnahmen vor der Untersuchung (z. B. Absetzen<br />
von Medikamenten)<br />
– Mitbringen von Krankheitsunterlagen (z. B. Röntgenbilder)
3.5 Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Begutach- ● Rücksichtnahme bei<br />
tungsorganisation der Praxis oder des Krankenhauses der Einbestellung<br />
muss bei der Ladung zur Untersuchung so weit wie<br />
möglich auf die Belange des Verletzten Rücksicht<br />
genommen wer<strong>den</strong>. Vor allem ist seine zeitliche Inanspruchnahme<br />
gering zu halten, um ihn vor Nachteilen<br />
(z. B. durch die Abwesenheit vom Arbeitsplatz) zu<br />
bewahren.<br />
Es sind insbes. mehrfache Untersuchungen (verschie<strong>den</strong>e<br />
Organbereiche, Zusatzbegutachtungen usw.) in<br />
diesem Sinne zu koordinieren. Erforderlichenfalls hat<br />
der <strong>Gutachter</strong> hierzu die auftraggebende Verwaltung<br />
einzuschalten.<br />
3.6 Bei ausländischen Proban<strong>den</strong> hat der <strong>Gutachter</strong> ● Hinzuziehung eines<br />
zu prüfen, ob zur Untersuchung ein Übersetzer zuge- Dolmetschers<br />
zogen wer<strong>den</strong> soll. Erscheint dies als zweckmäßig,<br />
kann er in der Regel auch ohne vorherige ausdrückliche<br />
Genehmigung des Versicherungsträgers (auf<br />
dessen Kosten) einen Dolmetscher beauftragen.<br />
Sofern dies dem Arzt nicht möglich ist, bleibt es letztlich<br />
Aufgabe der Berufsgenossenschaft, <strong>für</strong> einen<br />
geeigneten Dolmetscher zu sorgen. Wenn hierüber<br />
nicht bereits der Gutachtenauftrag eine Regelung<br />
enthält, muss die Verwaltung darauf hingewiesen<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Vgl. auch Übersicht auf S. 22.<br />
3<br />
19
4<br />
20<br />
Mitwirkungspflicht des Versicherten bei der<br />
Untersuchung<br />
– Untersuchungen (§ 62 SGB I):<br />
Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf<br />
Verlangen des zuständigen Leistungsträgers <strong>ärztlichen</strong> und<br />
psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen,<br />
soweit dies <strong>für</strong> die Entscheidung über die Leistung<br />
erfoderlich sind.<br />
– Grenzen der Mitwirkung (§ 65 Abs. 2 SGB I):<br />
Behandlungen und Untersuchungen,<br />
1. bei <strong>den</strong>en im Einzelfall ein Scha<strong>den</strong> <strong>für</strong> Leben oder<br />
Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
ausgeschlossen wer<strong>den</strong> kann,<br />
2. die mit erheblichen Schmerzen verbun<strong>den</strong> sind oder<br />
3. die einen erheblichen Eingriff in die körperliche<br />
Unversehrtheit bedeuten, können abgelehnt wer<strong>den</strong>.
UNTERSUCHUNG DES VERSICHERTEN 4<br />
4.1 Der Umgang des Arztes mit dem Versicherten wird ● Rolle des <strong>Gutachter</strong>s<br />
durch <strong>den</strong> Zweck der Begutachtung (objektive Sachverhaltsermittlung<br />
usw.) und spezifische <strong>Gutachter</strong>pflichten<br />
(Neutralität usw.) bestimmt. Das Tätigwer<strong>den</strong><br />
und die Stellung des <strong>Gutachter</strong>s weichen insoweit<br />
von der Heilbehandlung des Patienten ab.<br />
Der <strong>Gutachter</strong> soll u. a. durch ein angemessenes<br />
persönliches Verhalten auf ein Vertrauensverhältnis<br />
hinwirken, das auf der objektiven und kompetenten<br />
Wahrnehmung der gutachtlichen Aufgaben beruht<br />
und die Beteiligten eine sachgemäße Begutachtung<br />
erwarten lassen.<br />
Vgl. auch Nr. 1.1 und 1.5.<br />
4.2 Der <strong>Gutachter</strong> hat besonders bei der Unter- ● Allgemeine <strong>Gutachter</strong>suchung<br />
die Interessen der Beteiligten zu wahren. pflichten bei der Unter-<br />
Z. B. darf er sich dem Versicherten gegenüber nicht suchung<br />
in menschlich unangemessener Weise verhalten oder<br />
mit einzelnen Äußerungen Anlass zur Besorgnis einer<br />
Voreingenommenheit geben.<br />
Bei ausländischen Untersuchungspersonen ist deren<br />
Kulturkreis und Vorstellungswelt zu berücksichtigen, um<br />
Verständigungsschwierigkeiten und falschen gutachtlichen<br />
Wertungen zu begegnen. Wesentliche Vorkommnisse<br />
bei der Untersuchung sind im Gutachten<br />
anzuführen, auch wenn sie nicht unmittelbar sachlich<br />
bedeutsam sind.<br />
21
4<br />
22<br />
Zu Nr. 4.4:<br />
Besondere Aufgaben des <strong>Gutachter</strong>s bei der<br />
Untersuchung<br />
1. Hinzuziehung eines Dolmetschers:<br />
Prüfung der Notwendigkeit durch <strong>den</strong> <strong>Gutachter</strong>, der ihn<br />
im Regelfall auch bestellt (zu Lasten des Auftraggebers)<br />
vgl. auch Nr. 3.6<br />
2. Aufklärung und Beratung vor Untersuchungsmaßnahmen<br />
Aufgabe des <strong>Gutachter</strong>s, Erläuterung der Maßnahmen<br />
(Selbstbestimmungs- oder Eingriffsaufklärung) und Hinweis<br />
auf mögliche nachteilige Folgen bei Ablehnung von<br />
Untersuchungen<br />
3. Information des Versicherten über Untersuchungsergebnisse<br />
(gem. Hauptverband der gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften):<br />
Zulässig hinsichtlich tatsächlicher Feststellungen (insbes.<br />
Befunde) und – auf ausdrückliches Verlangen und soweit<br />
bereits möglich – gutachterlicher Einschätzungen (mit<br />
ausdrücklichem Hinweis auf die abschließende Beurteilung<br />
durch <strong>den</strong> UV-Träger). Geboten <strong>für</strong> behandlungsbedürftige<br />
Diagnosen und erforderliche (nicht in <strong>den</strong> Begutachtungsrahmen<br />
fallende) Untersuchungen.
4.3 Über Art und Ausmaß der Untersuchungsmaß- ● Umfang der gutachtlichen<br />
nahmen hat grundsätzlich der <strong>Gutachter</strong> zu befin<strong>den</strong>. Untersuchung<br />
Der Auftraggeber darf darüber hinaus um die Vornahme<br />
einzelner Untersuchungen zur Befunderhebung<br />
(z. B. bestimmte Röntgenaufnahme oder Organdiagnostik)<br />
bitten.<br />
Eine Untersuchung darf in jedem Fall nur in so weit<br />
vorgenommen wer<strong>den</strong>, als die konkrete Gutachtenerstattung<br />
sie verlangt. Auch eine Einwilligung des<br />
Versicherten berechtigt nicht zu weiteren Maßnahmen<br />
des Arztes innerhalb des Auftrags der Verwaltung<br />
(z. B. aus allgemeinem wissenschaftlichen Interesse).<br />
4.4 Der auftraggeben<strong>den</strong> Verwaltung obliegt auch ● Befragung der Unterdie<br />
Feststellung des weiteren Ausgangssachverhalts suchungsperson<br />
(bzw. Anknüpfungstatsachen), zu dem vor allem die<br />
gesamte berufliche und gesundheitliche Vorgeschichte<br />
gehört. Ausgenommen sind lediglich Erhebungen, die<br />
eine besondere (medizinische) Sachkunde verlangen.<br />
Fehlende (maßgebliche) Verwaltungsermittlungen hat<br />
der <strong>Gutachter</strong> nachholen zu lassen.<br />
Dennoch darf auch der Arzt <strong>den</strong> Versicherten während<br />
der Untersuchung zu tatsächlichen Verhältnissen<br />
– informatorisch und zur Ergänzung – befragen. Bei<br />
unklaren, widersprüchlichen oder sonst nicht<br />
überzeugen<strong>den</strong> Angaben ist aber kein wahrheitsforschendes<br />
Insistieren (Vorhaltungen usw.) zulässig.<br />
Vielmehr obliegt dem UV-Träger die weitere Abklärung.<br />
Vgl. auch Nr. 2.2 und 5.4.<br />
4<br />
23
4<br />
24<br />
Begleitung des Versicherten bei der Untersuchung durch einen<br />
Bevollmächtigten bzw. Beistand (<strong>Hinweise</strong> des Landesverbandes<br />
Südwestdeutschland vom 2. 1. 1996):<br />
1. Eine förmliche Vertretung und Hande!n <strong>für</strong> <strong>den</strong> Versicherten, wie z. B. durch<br />
einen Rechtsanwalt im Rahmen eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens,<br />
ist bei der Begutachtung nicht möglich. Zulässig ist jedoch die bloße<br />
Begleitung und Anwesenheit einer Vertrauensperson bei der Untersuchung<br />
(als Beistand), soweit es die Begutachtungssache und die äußeren<br />
Umstände (Untersuchungsablauf usw.) – ohne wesentliche Störungen –<br />
erlauben.<br />
2. Diese Person kann nur <strong>den</strong> Verletzten bei dessen gutachterlicher Befragung<br />
unterstützen, etwa durch Verdeutlichung seiner Angaben gegenüber dem<br />
Arzt. Insbesondere kann der Beistand nicht anstelle des Verletzten befragt<br />
wer<strong>den</strong> und <strong>für</strong> diesen antworten. Ebenso darf der Arzt kommentierte<br />
Äußerungen zur Untersuchung und Fragen an ihn zurückweisen.<br />
3. Wenn eine solche Bitte um Begleitung bei der Untersuchung geäußert wird,<br />
wird es sich empfehlen, daß der <strong>Gutachter</strong> kurz <strong>den</strong> Sinn und Zweck der<br />
Begutachtung erläutert (vorliegender Auftrag der Verwaltung, Zuständigkeit<br />
der Berufsgenossenschaft <strong>für</strong> die Leistungsfeststel!ung, Anfechtungsmöglichkeit<br />
des Bescheides mit einem Rechtsbehelf) und <strong>den</strong> wesentlichen<br />
Untersuchungsablauf schildert. Dann wird auch in aller Regel das Ansinnen<br />
auf eine Begleitung während der gutachterlichen Untersuchung nicht weiter<br />
verfolgt wer<strong>den</strong>.<br />
4. Selbstverständlich muß der <strong>Gutachter</strong> wegen seines vorrangigen<br />
Persönlichkeitsrechts Foto- oder Videoaufnahmen bei der Untersuchung nicht<br />
dul<strong>den</strong>, selbst wenn er sich mit der Anwesenheit eines Beistandes<br />
einverstan<strong>den</strong> erklärt hat. Ebensowenig muß beispielsweise der <strong>Gutachter</strong><br />
Auskünfte usw. über die eigene Qualifikation geben, zumal seine Auswahl<br />
alleinige Sache der auftraggeben<strong>den</strong> Verwaltung ist.<br />
5. Grundsätzlich kann der Arzt seine Begutachtung unter <strong>den</strong> obigen<br />
Umstän<strong>den</strong> ablehnen, auch wenn nur die begleitende bzw. unterstützende<br />
Anwesenheit eines Beistandes begehrt wird. Schon um eine Verzögerung<br />
der Begutachtungssache zu vermei<strong>den</strong>, ist es empfehlenswert, ein<br />
Einvernehmen mit dem Verletzten zu erzielen. Falls erfolgsversprechend,<br />
kann hierzu auch die auftraggebende Verwaltung eingeschaltet wer<strong>den</strong>.<br />
6. Die – zugelassene – Anwesenheit einer Begleitperson des Verletzten ist im<br />
Gutachten zu dokumentieren. Die Berufsgenossenschaft ist auch daran<br />
interessiert, vom Arzt sofort unterrichtet zu wer<strong>den</strong>, wenn die Begutachtung<br />
an dem Verhalten des Verletzten scheitert.
4.5 Ein begutachtungsrelevantes allgemeines Ver- ● Feststellungen außerhalb<br />
halten des Versicherten vor, nebenbei oder nach <strong>den</strong> der unmittelbaren Untereigentlichen<br />
Untersuchungshandlungen fällt noch in suchung<br />
die umfassende Befunderhebung. Dazu gehören z. B.<br />
die Art und Weise des Betretens des Untersuchungszimmers<br />
und die Körperhaltung beim Verlassen des<br />
Klinikgebäudes.<br />
Entsprechende Beobachtungen sind deshalb grundsätzlich<br />
im Gutachten zu dokumentieren und zu<br />
bewerten (Ausnahme: gezieltes Provozieren und<br />
Ausspähen bestimmter Verhaltensweisen). Nicht mehr<br />
Teil des Untersuchungsvorgangs ist das zufällige<br />
Treffen (und Beobachten) des Versicherten auf der<br />
Straße.<br />
4.6 Ärztliche Hilfskräfte und weiteres nachgeord- ● Einsatz von Mitarbeitern,<br />
netes Personal können mit einzelnen Untersuchungen Mitwirkung anderer<br />
betraut wer<strong>den</strong>, so weit es deren Sachkunde und die Fachärzte<br />
Schwierigkeit der Begutachtungssache zulassen. Zur<br />
notwendigen Befunderhebung auf anderen Fachgebieten<br />
sind da<strong>für</strong> zuständige Ärzte (z. B. Radiologen,<br />
Neurologen) einzuschalten, wozu es grundsätzlich<br />
keiner besonderen Genehmigung des Auftraggebers<br />
des Gutachtens bedarf.<br />
Die Gesamtverantwortung des beauftragten Arztes <strong>für</strong><br />
die Befunderhebung (als Bestandteil des Gutachtens)<br />
wird dadurch nicht eingeschränkt. Deshalb sind die<br />
Mitarbeiter zu leiten und zu überwachen; ihre Untersuchungsergebnisse<br />
sind zu prüfen und zu beurteilen<br />
(vor allem hinsichtlich sachgerechter Erzielung, Vollständigkeit,<br />
Schlüssigkeit, Aussagewert <strong>für</strong> die Gutachtenfragen).<br />
Auf anderen Fachgebieten eingeholte<br />
Befunde sind entsprechend (innerhalb eigener Sachkompetenz)<br />
zu bewerten.<br />
Vgl. auch Nr. 1.7 und 6.7.<br />
4<br />
25
5<br />
26<br />
Zu Nr. 5.1:<br />
Allgemeine Kriterien des Gutachtens<br />
(Formal-rechtliche Begriffsbestimmung)<br />
● Besondere Äußerungsform eines (in einer Einzelsache)<br />
hinzugezogenen bzw. angehörten Sachverständigen<br />
● Persönliche und selbständige (eigenverantwortliche)<br />
Erstattung des Gutachtens<br />
● Gutachtenerstattung auf Grund eines konkreten (individuellen)<br />
Auftrags<br />
● Beantwortung vorgegebener (einzelner) Fragen des<br />
Auftraggebers<br />
● Ausarbeitung, insbesondere (nachvollziehbare) Begründung<br />
der (wertend-schlussfolgern<strong>den</strong>) Beurteilungen<br />
● Anwendung von besonderen (medizinisch-wissenschaftlichen)<br />
Kenntnissen und (ärztlich-fachlichen) Erfahrungsregeln<br />
(Vgl. auch Nr. 1.3 und 6.1)
GUTACHTLICH-MEDIZINISCHE BEURTEILUNG 5<br />
5.1 Der Sachverständige muss seine Funktion als ● Allgemeiner Rahmen der<br />
<strong>Gutachter</strong> und sein Fachgebiet beachten, sich auf die gutachterlichen Stellung-<br />
Beantwortung der vom Auftraggeber gestellten Fragen nahme<br />
beschränken sowie andere Vorgaben des Gutachtenauftrags<br />
(z. B. hinsichtlich des Ausgangssachverhalts)<br />
beachten. Die Hinweis- und Beratungspflicht <strong>für</strong> eine<br />
(medizinisch) sachgerechte Begutachtung (Nr. 2.3 ff.,<br />
Nr. 3.1 ff.) bleibt hiervon unberührt.<br />
Der <strong>Gutachter</strong> darf vor allem nicht die Verwaltungsentscheidung<br />
selbst treffen wollen (z. B. hat er nicht<br />
unmittelbar einen Rentenanspruch zu entschei<strong>den</strong>,<br />
eine Sehnenruptur als Arbeitsunfall zu qualifizieren<br />
oder einen Bescheid als zutreffend zu bestätigen).<br />
Vgl. auch Nr. 1.4.<br />
5.2 Die gutachtlichen Beurteilungen sind objektiv, ● Pflicht zur objektiven<br />
ohne Rücksicht auf Interessen der Beteiligten vorzuneh- Begutachtung<br />
men. Weder hat sich der <strong>Gutachter</strong> von allgemeinen<br />
Kostenaspekten des Auftraggebers bzw. der gesetzlichen<br />
Unfallversicherung leiten zu lassen noch darf er<br />
einem Versicherten wirtschaftlich helfen wollen.<br />
Die Begutachtung darf deshalb zum Beispiel keinen<br />
„strengen“ oder andererseits „großzügigen“ Maßstab<br />
anlegen. Ebensowenig ist eine „wohlwollende“<br />
Beurteilung zugunsten der Verwaltung oder des<br />
Versicherten zulässig. Einen Grundsatz „in dubio pro<br />
aegroto“ gibt es nicht.<br />
Vgl. auch Nr. 1.1 und 9.2.<br />
5.3 Bei der Prüfung der Gutachtenfragen ist die ● Sorgfalt bei <strong>den</strong><br />
objektiv erforderliche Sorgfalt (<strong>für</strong> fachlich-sachlich Beurteilungen<br />
richtige Begutachtungsergebnisse, Nr. 1.5) einzuhalten.<br />
Die Sorgfaltswaltung bezieht sich auf alle<br />
Begutachtungsaspekte (z. B. zutreffende Würdigung<br />
des Ausgangssachverhalts).<br />
Der <strong>Gutachter</strong> hat vor allem <strong>den</strong> aktuellen Wissensstand<br />
zu berücksichtigen und sich erforderlichenfalls<br />
(durch Literaturrecherche usw.) in eine spezielle Frage<br />
einzuarbeiten. Er muss sich zumindest soweit<br />
Kenntnisse zu verschaffen, dass er z. B. die Notwendigkeit<br />
einer Zusatzbegutachtung beurteilen kann.<br />
Vgl. auch Nr. 6.5. 27
5<br />
28<br />
Zu Nr. 5.1 ff.:<br />
Gutachtlich-methodische Beurteilungsregeln<br />
– Unmittelbar sach- und fallbezogene, argumentative<br />
Erörterungen<br />
(keine „lehrbuchmäßige“, allgemein bleibende oder<br />
sozialpolitische Ausführungen)<br />
– Berücksichtigung aller maßgeblichen Ausgangstatsachen<br />
und ihre richtige Einschätzung, ggf. Alternativbeurteilungen<br />
(aus Verwaltungsakte: Unfallhergang, Krankheitsvorgeschichte<br />
usw., eigene Untersuchungsbefunde und ihre<br />
Objektivierung)<br />
– Beachtung der einschlägigen Rechtsbegriffe und begutachtungsmethodischen<br />
Kriterien<br />
(z. B. MdE, Sachverständigenfunktion bzw. Gutachten als<br />
Beweismittel)<br />
– Stellungnahme auf der Grundlage der herrschen<strong>den</strong><br />
Lehrmeinung und gesicherter Erfahrungssätze sowie nach<br />
dem aktuellen Stand der Wissenschaft<br />
(Abweichung nur mit eigener Meinungsbildung)<br />
– Klare Aussagen, auch hinsichtlich einer nicht möglichen<br />
sicheren Beantwortung von Gutachtenfragen<br />
(Hinweis auf Grenzen des <strong>ärztlichen</strong> Beurteilungsvermögens,<br />
aufgrund der Umstände des Einzelfalls oder wegen<br />
unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnisse)<br />
– Beschränkung auf die gestellten Fragen, keine eigene<br />
Umformulierung oder Umdeutung<br />
(evtl. <strong>Hinweise</strong> an Auftraggeber auf medizinisch<br />
„kritische“ Fragen)
5.4 Es können der Beurteilung nur objektivierte ● Objektivierung von<br />
Untersuchungsbefunde zugrunde gelegt wer<strong>den</strong>. Befun<strong>den</strong><br />
Vom Versicherten geschilderte und demonstrierte<br />
Beschwer<strong>den</strong> usw. müssen grundsätzlich durch<br />
willensunabhängige oder weniger subjektiv bestimmte<br />
Umstände (z. B. Laborbefunde, medizinische<br />
Erfahrungssätze) erhärtet wer<strong>den</strong>.<br />
Das Außmaß der Objektivierung muss <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
konkrenten Fall diskutiert wer<strong>den</strong>. Der Rückgriff auf<br />
einen „Durchschnittserkrankten“ oder „Normalzustand“<br />
ist nich zulässig. Angaben über einen früheren<br />
Gesundheitszustand (z. B. volle Bewegungsfreiheit<br />
der Schulter) sind ebenfalls – so weit möglich –<br />
hinsichtlich ihrer Plausibilität zu prüfen.<br />
5.5 Wenn im Gutachtenauftrag der Verwaltung nicht ● Unklare oder widerausdrücklich<br />
etwas vorgegeben ist, hat der Arzt von sprüchliche Beurteilungs<strong>den</strong><br />
aus der Akte ersichtlichen Unfallhergang und <strong>den</strong> grundlagen<br />
anderen maßgeblichen Verhältnissen auszugehen<br />
(Nr. 2.2). Die Hinweis- und Beratungspflicht <strong>für</strong> eine<br />
(medizinisch) sachgerechte Begutachtung (Nr. 2.3 ff.,<br />
Nr. 3.1 ff.) bleibt hiervon unberührt.<br />
Ist der Inhalt der Verwaltungsunterlagen widersprüchlich<br />
oder wer<strong>den</strong> bei der Untersuchung abweichende<br />
bzw. neue Angaben gemacht, dann bietet sich eine<br />
Alternativbeurteilung an. Die Differenzen sind dabei<br />
aus medizinisch-gutachtlicher Sicht zu bewerten<br />
(vgl. auch Nr. 4.4).<br />
5<br />
29
6<br />
30<br />
Zu Nr. 6.3:<br />
Regelaufbau des (freien) Gutachtens<br />
Eingang<br />
(Bezugnahme auf Gutachtenauftrag, Begutachtungsunterlagen,<br />
Untersuchungstag)<br />
Anamnese<br />
(kurze Vorgeschichte mit Eigenauskunft des Proban<strong>den</strong>,<br />
Klagen und Beschwer<strong>den</strong>)<br />
Befunde<br />
(klinische Untersuchung, Laborbefunde, Testungen usw.)<br />
Beurteilung<br />
(Bewertung der Untersuchungsergebnisse und anderen<br />
Begutachtungsgrundlagen, Erörterung der Gutachtenfragen)<br />
Zusammenfassung<br />
(unmittelbare Beantwortung der Beweisfragen)
ERSTATTUNG DES GUTACHTENS 6<br />
6.1 Die Stellungnahme muss die begrifflichen ● Qualitätsziel der<br />
Kriterien eines Gutachtens erfüllen und ist insgesamt Gutachtenerstattung<br />
so zu erstatten dass sie <strong>für</strong> ihren Bestimmungszweck<br />
(Nr. 1.2 ff.) unmittelbar geeignet ist. Das Gutachten<br />
muss vor allem als eine nachprüfbare Entscheidungsgrundlage<br />
dienen und sofort umgesetzt wer<strong>den</strong><br />
können.<br />
Die Beteiligten (Verwaltung, Versicherter) müssen<br />
grundsätzlich in der Lage sein, das Gutachten selbst<br />
– ohne weitere ärztlich-medizinische Hilfe – zu<br />
würdigen. Es gibt u. a. keine generelle „Übersetzungspflicht“<br />
des UV-Trägers gegenüber dem<br />
Versicherten.<br />
6.2 Das erstattete Gutachten hat seine Funktion als ● Grundsätze <strong>für</strong> die Ab-<br />
Hilfe zur Sachverhaltsaufklärung und Beratung des fassung des Gutachtens<br />
Auftraggebers (Nr. 1.2, 1.3) erkennen zu lassen.<br />
Insbes. darf nicht der Eindruck entstehen, dass die<br />
Verwaltungsentscheidung vorweggenommen wird.<br />
Auch in der Niederschrift des Gutachtens hat die<br />
objektive und unparteiische Sachverständigenbeurteilung<br />
(Nr. 1.1) zum Ausdruck zu kommen. Das Gutachten<br />
ist auf <strong>den</strong> gemäß Auftrag (Nr. 2.2) sachlich<br />
notwendigen Inhalt zu beschränken.<br />
6.3 Das Gutachten ist in der beauftragten Form ● Äußere Gestaltung<br />
(Nr. 2.3) zu erstatten. Der UV-Träger bestimmt insbes., des Gutachtens<br />
ob ein Formulargutachten oder ein freies Gutachten in<br />
Betracht kommt. Weitere Vorgaben <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
können sich aus dem ausdrücklichen oder erkennbaren<br />
Verwendungszweck des einzelnen Gutachtens<br />
ergeben.<br />
Die <strong>für</strong> typische Begutachtungssachen möglichen<br />
Formulare sind im Vertrag Ärzte/UV-Träger festgelegt.<br />
Die freien Gutachten sind in der allgemeinen anerkannten<br />
Art und Weise abzufassen, die dem Sachverständigen<br />
eine zuverlässige Erstattung und dem Auftraggeber<br />
eine sachgerechte Würdigung und<br />
Umsetzung des Gutachtens ermöglicht.<br />
Vgl. auch Bild auf S. 12 und Nr. 8.1.<br />
31
6<br />
32<br />
Zu Nr. 6.4 ff.:<br />
Gutachtlich-methodische Abfassungsregeln<br />
1. Wiedergabe von Informationen und Befunde:<br />
– Kenntlichmachung der aus frem<strong>den</strong> Feststellungen übernommenen<br />
Umstände und der eigenen Erhebungen (insbes.<br />
Befunde),<br />
– Unterscheidung der Äußerungen des Begutachteten von<br />
objektiven Untersuchungsergebnissen,<br />
– weitgehend wörtliche Wiedergabe der Angaben von<br />
Beschwer<strong>den</strong> („Klagen“),<br />
– klare Bezeichnung der Verdachtsdiagnosen gegenüber<br />
unzweifelhaften Tatsachen (z. B. sichere Befunde).<br />
2. Darstellung der Beurteilungen:<br />
– Offenlegung der angewandten Erfahrungssätze und des<br />
besonderes wissenschaftlichen Ansatzes,<br />
– Diskussion widerstreitender Lehrmeinungen und Begründung<br />
des eigenen Standpunktes,<br />
– kritische Würdigung früherer ärztlicher Feststellungen und<br />
Beurteilungen (z. B. fremde Diagnosen).<br />
3. Beschreibung des Unfallfolgezustandes:<br />
– Stichwortartige Aufzählung der Funktionsstörungen, mit<br />
Voranstellung der schwersten Unfallfolgen,<br />
– Auflistung der Befunde nach <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Verletzungsarten<br />
bei Mehrfachverletzungen,<br />
– detaillierte Beschreibung der (erklärbaren) Schmerzen, nur<br />
Ungefähr-Angabe von (z. B. cm-)Messgrößen.<br />
4. Diktion der Aussagen:<br />
– Wiedergabe der als negativ angesehenen oder nachteiligen<br />
Feststellungen in möglichst schonender Weise,<br />
– Vermeidung subjektiv gefärbter oder mit einer bestimmten<br />
Ten<strong>den</strong>z verbun<strong>den</strong>er Ausdrücke (z. B. Aggravation),<br />
– Übersetzung bzw. Erläuterung nicht geläufiger Fachausdrücke<br />
und Diagnosen.
6.4 Dem UV-Träger ist eine unmittelbare und er- ● Inhaltliche Darstellung der<br />
schöpfende Antwort auf seine einzelnen Gutachten- Begutachtungsergebnisse<br />
fragen zu geben. Andererseits hat der <strong>Gutachter</strong><br />
lediglich die gestellten Fragen zu beantworten (ungeachtet<br />
der Hinweis- und Beratungspflicht zum Gutachtenauftrag,<br />
vgl. Nr. 3.1 f.).<br />
Die Begründung muss erkennen lassen, wie der<br />
<strong>Gutachter</strong> zu <strong>den</strong> Ergebnissen gelangt ist. Dazu ist<br />
das Gutachten klar und sachlogisch zu gliedern<br />
sowie insgesamt transparent aufzubauen. Die<br />
einzelnen Begutachtungsschritte müssen methodisch<br />
nachvollziehbar und auf ihre Schlüssigkeit kritisch zu<br />
bewerten sein. Die Feststellungen und Beurteilungen<br />
sind in so weit vollständig und lückenlos wiederzugeben.<br />
6.5 Im Gutachten sind die maßgeblichen Beurtei- ● Wiedergabe der Feststellungsgrundlagen,<br />
mitsamt <strong>den</strong> eigenen Erhebungen lungen und Beurteilungen<br />
und Untersuchungsergebnissen (Ausgangssachverhalt<br />
mit <strong>den</strong> Befundtatsacchen), abzuhandeln. Bei <strong>den</strong><br />
gutachtlichen Überlegungen müssen die Beurteilungsmaßstäbe<br />
(z. B. eine bestimmte Leitlinie) angegeben<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Bei <strong>den</strong> (regelmäßig abgefragten) Unfallfolgen<br />
handelt es sich um (verletzungsbedingte) Funktionsstörungen.<br />
Sie sind grundsätzlich derart zusammenzufassen,<br />
dass sie vom UV-Träger unmittelbar in ihren<br />
Bescheid übernommen wer<strong>den</strong> können. Wenn<br />
eindeutige Aussagen zu wesentlichen Fragen nicht<br />
möglich sind, muss ein solches Ergebnis dargelegt<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
6<br />
33
6<br />
34<br />
Zu Nr. 6.7:<br />
Beispielhafte Zusätze bei der Unterschrift des<br />
Chefarztes usw.<br />
– Bei maßgeblicher Unterstützung durch <strong>ärztlichen</strong> Mitarbeiter<br />
(alternativ):<br />
„Aufgrund eigener Untersuchung und Beurteilung sowie<br />
durch endgültige Fassung des Gutachtens“<br />
„Der mit unterzeichnende Mitarbeiter hat die Gutachtenerstattung<br />
vorbereitet, die Untersuchung eingeleitet, sowie<br />
eine erste Beurteilung vorgenommen und einen Entwurf<br />
des Gutachtens gefertigt. Die abschließende Untersuchung<br />
und Beurteilung sowie die endgültige Fassung des<br />
Gutachtens sind von mir vorgenommen wor<strong>den</strong>.“<br />
– Bei Abwesenheit des Chefarztes (und vollständiger<br />
Gutachtenerstattung durch seinen Chefarzt):<br />
„Als ständiger Vertreter des abwesen<strong>den</strong> Chefarztes<br />
Dr. …“
6.6 Die ärztlich-medizinische Stellungnahme muss ● Gutachtliche Sprache<br />
im Gutachten genau und sachlich richtig vermittelt und Formulierungen<br />
wer<strong>den</strong>. In diesem Rahmen sind vor allem die Begutachtungsergebnisse<br />
möglichst (<strong>für</strong> <strong>den</strong> Laien) allgemeinverständlich<br />
wiederzugeben (Nr. 6.1).<br />
Die Aussagen sind objektiv zu fassen und in distanzierter<br />
Form zu treffen (Nr. 6.2). Außerdem ist darauf<br />
zu achten, dass einzelne Äußerungen in ihrem sachlichen<br />
Inhalt und mit ihrer Ausdrucksweise nicht missverständlich<br />
erscheinen.<br />
6.7 Das Gutachten ist vom beauftragten Arzt zu ● Unterzeichnung<br />
unterzeichnen. Wenn (ärztliche) Mitarbeiter bei der des Gutachtens<br />
Begutachtung maßgeblich mitwirken, ist dies z. B. am<br />
Ende des Gutachtens – mit Hinweis auf <strong>den</strong> Umfang<br />
ihrer Zuarbeit – anzugeben. Eine Vertretung des Chefarztes<br />
(z. B. wegen Urlaub) ist ebenfalls ausdrücklich<br />
anzumerken.<br />
Die Unterschriftsleistung des Chefarztes usw. (regelmäßig<br />
links) muss erkennen lassen, dass er trotz<br />
Unterstützung durch nachgeordnetes Personal die<br />
volle Verantwortung <strong>für</strong> das Gutachten übernimmt. Der<br />
Mitarbeiter unterzeichnet regelmäßig das Gutachten<br />
mit.<br />
Vgl. auch Nr. 1.7 und 4.5.<br />
6<br />
35
6<br />
36<br />
Zu Nr. 6.8:<br />
Checkliste/Gutachten-Abschlusskontrolle<br />
(<strong>für</strong> die hauptsächlichen Prüfkomplexe)<br />
1. Gutachten insgesamt<br />
– Form des Gutachtens gemäß Auftrag<br />
– Standardisierte Gliederung des Gutachtens<br />
– Vollständigkeit der beizufügen<strong>den</strong> Unterlagen<br />
2. Eingang des Gutachtens<br />
– Bezugnahme auf Gutachtenauftrag<br />
– Aufführung der vorgelegten Begutachtungsgrundlagen<br />
– Angabe von: Proband, Untersuchungstag, Zeitdauer<br />
der Untersuchung<br />
3. Anamnese<br />
– Informationen aus <strong>den</strong> Verwaltungsakten<br />
– Angaben der untersuchten Person<br />
4. Befunderhebung<br />
– Wiedergabe der eigenen Untersuchungsergebnisse<br />
– Befundmäßige Bewertung der Angaben des Proban<strong>den</strong><br />
– Berücksichtigung fremder Befunderhebungen<br />
– Beachtung des Beweismaßstabs <strong>für</strong> die Befundfeststellung<br />
5. Beurteilungen<br />
– Wiedergabe der einzelnen festgestellten Gesundheitsstörungen<br />
5. – Prüfung der Unfallkausalität der einzelnen Gesundheitsstörungen<br />
5. – Einschätzung der MdE<br />
6. Zusammenfassung der Begutachtungsergebnisse<br />
– Klare, vollständige Beantwortung der Gutachtenfragen<br />
– Insbesondere Angabe der Unfallfolgen<br />
7. Besondere <strong>Hinweise</strong><br />
z.B. auf zweckmäßige Nachuntersuchung, abklärungsbedürftige<br />
Nebenbefunde<br />
8. Unterzeichnung des Gutachtens<br />
insbes. korrekter Zusatz bei der Mitwirkung von Mitarbeitern
6.8 Zur einzelnen Qualitätssicherung empfiehlt es ● Abschlussprüfung des<br />
sich, das fertig gestellte Gutachten vor der Zusendung Gutachtens<br />
an <strong>den</strong> Auftraggeber zu überprüfen (ggfs. auch im<br />
Rahmen der Durchsicht des Gutachtenentwurfs eines<br />
Mitarbeiters). Eine solche Abschluss- bzw. Ausgangskontrolle<br />
sollte standardisiert, z. B. mit Hilfe einer<br />
Checkliste, vorgenommen wer<strong>den</strong>.<br />
Für die Gutachtenprüfung bietet sich folgende allgemeine<br />
Struktur an:<br />
– Vollständige Kontrolle der formellen Anforderungen<br />
und des äußeren Gesamtzustands des Gutachtens<br />
– Plausibilitätsprüfung der inhaltlichen Feststellungen<br />
und Beurteilungen<br />
– Erforderlichkeit oder Zweckmäßigkeit von <strong>Hinweise</strong>n<br />
an <strong>den</strong> Auftraggeber.<br />
6<br />
37
7<br />
38<br />
Zu Nr. 7.1:<br />
Rückinformation des <strong>Gutachter</strong>s durch die<br />
Verwaltung<br />
(unabhängig von Rückfragen des UV-Trägers gemäß Nr. 7.1)<br />
– Zur eigenen Qualitätskontrolle kann der <strong>Gutachter</strong> <strong>den</strong><br />
UV-Träger in bedeutsamen Fällen bitten, ihn über die<br />
Akzeptanz seines Gutachtens bei der Verwaltungsentscheidung<br />
und in einem nachfolgen<strong>den</strong> Widerspruchs- und<br />
Gerichtsverfahren zu informieren. Es ist auch eine<br />
entsprechende spontane Rückmeldung des UV-Trägers<br />
möglich.<br />
– Bei wesentlicher Kritik durch einen anderen Sachverständigen,<br />
insbesondere im Sozialgerichtsverfahren, kann es<br />
zweckmäßig sein, daß die Verwaltung eine gezielte<br />
Stellungnahme bei ihm – auch zur schriftsätzlichen<br />
Verwertung – einholt.
NACHGEHENDE SACHVERSTÄNDIGENPFLICHTEN 7<br />
7.1 Sofern das erstattete Gutachten inhaltlich oder ● Ergänzungs- und<br />
sonst nicht allen (allgemeinen oder speziellen) Anforde- Erläuterungspflicht des<br />
rungen entspricht, muss der Arzt seine Aussagen (Fest- <strong>Gutachter</strong>s<br />
stellungen und Beurteilungen) ergänzen, erläutern und<br />
auch berichtigen. Entsprechendes gilt, wenn darüber<br />
hinaus Fragen offen geblieben sind, die noch zum<br />
Begutachtungsgegenstand gehören.<br />
Derartige Pflichten (gegenüber der Verwaltung)<br />
bestehen vor allem bei<br />
– unvollständiger Beantwortung der gestellten Begutachtungsfragen,<br />
– unklaren oder mißverständlichen Äußerungen,<br />
– ungeeigneten Ausdrücken oder anderen nicht<br />
sachgemäßen Formulierungen (z. B. nicht<br />
geläufige medizinische Fachbegriffe, allgemein<br />
ehrenrührige Bekundungen),<br />
– beachtlichen Gegenvorstellungen des Unfallversicherten<br />
und nachträglich bekannt gewor<strong>den</strong>en<br />
Umstän<strong>den</strong> (z. B. Befunderhebungen anderer<br />
Ärzte).<br />
7.2 Das Gutachten darf nicht ohne Zustimmung des ● Keine Verwendung des<br />
Auftraggebers <strong>für</strong> fremde Angelegenheiten (z. B. zur Gutachtens durch Arzt<br />
Scha<strong>den</strong>sregulierung einer privaten Haftpflichtversicherung)<br />
herausgegeben wer<strong>den</strong>. Auch gegenüber dem<br />
Untersuchten bzw. Versicherten muss der Arzt ein<br />
solches Verlangen zurückweisen.<br />
Ebensowenig können einzelne Begutachtungsergebnisse<br />
eigenmächtig bekanntgegeben wer<strong>den</strong>. Anderes<br />
gilt lediglich hinsichtlich der Vorab-Information des<br />
Versicherten über Untersuchungsergebnisse (Bild zu<br />
Nr. 4.4) und Mitteilung von (reinen) Befun<strong>den</strong> <strong>für</strong><br />
Behandlungszwecke.<br />
Vgl. auch Nr. 7.3.<br />
39
7<br />
40<br />
Zu Nr. 7.2 f.:<br />
Rechte am Gutachten – von <strong>Gutachter</strong> und Auftraggeber<br />
– Allgemeines Urheberrecht des <strong>Gutachter</strong>s,<br />
Begrenzung durch Verwertungsrecht des Auftraggebers<br />
– Kein Verwendungsrecht des <strong>Gutachter</strong>s, ausgenommen<br />
Untersuchungsbefunde (<strong>für</strong> Behandlungszwecke)<br />
– Verwendung durch Auftraggeber nur <strong>für</strong> bestimmungsgemäßen<br />
(vertraglichen oder gesetzlichen) Zweck<br />
– Beschränkung der Rechte am Gutachten durch<br />
gesetzliche Mitteilungspflichten (insbes. der Verwaltung),<br />
bei Zustimmung aller Beteiligten
7.3 Der <strong>Gutachter</strong> ist zur umfassen<strong>den</strong> Geheimhal- ● Beachtung des „allgemeitung<br />
aller schutzwürdigen Umstände des Begutach- nen <strong>Gutachter</strong>geheimteten<br />
verpflichtet, die er bei seiner Sachverständigen- nisses“<br />
tätigkeit erfahren hat (u. a. Befunde, Anamnese, die<br />
Tatsache der Begutachtung selbst). Hierin eingeschlossen<br />
sind nicht allgemein bekannte Verhältnisse<br />
anderer Personen.<br />
Deshalb dürfen nicht ohne vorhergehende Zustimmung<br />
des Betroffenen Befunde anderen Ärzten (z. B.<br />
durch Übersendung einer Gutachtenausfertigung)<br />
mitgeteilt wer<strong>den</strong>. Dies gilt auch hinsichtlich solcher<br />
Ärzte, bei <strong>den</strong>en er sich in Behandlung befindet.<br />
Vgl. auch Nr. 7.2.<br />
7.4 Die Pflicht des <strong>ärztlichen</strong> <strong>Gutachter</strong>s, auf die ● Nachträgliche Wahrung<br />
Belange von Auftraggeber und Untersuchungsperson der Beteiligteninteressen<br />
(Unfallversichertem) Rücksicht zu nehmen, besteht<br />
nach der Gutachtenerstellung fort. Insbesondere darf<br />
er nicht noch nachträglich die Verwertbarkeit des Gutachtens,<br />
hauptsächlich seine Beweiskraft, gefähr<strong>den</strong><br />
oder beeinträchtigen.<br />
Insoweit obliegt dem Arzt u. a.:<br />
– seine neutrale und objektive Sachverständigenrolle<br />
<strong>für</strong> die betreffende Begutachtungsangelegenheit<br />
beizubehalten,<br />
– <strong>den</strong> Versicherten nicht einseitig hinsichtlich der<br />
Umsetzung des Gutachtens (durch die Verwaltung)<br />
zu beraten,<br />
– auf kritische Äußerungen des Versicherten gegenüber<br />
gutachterlichen Feststellungen nur allgemein<br />
und zurückhaltend einzugehen und im übrigen auf<br />
die Zuständigkeit des (auftraggeben<strong>den</strong>) UV-Trägers<br />
hinzuweisen.<br />
7<br />
41
8<br />
42<br />
Bezeichnungen von Gutachten:<br />
– „Haupt- und Zusatzgutachten“: Nur Bezeichnungen<br />
<strong>für</strong> bestimmte tatsächliche Gutachtentypen; keine<br />
rechtliche Klassifizierungen, vgl. auch Bild auf S. 12 und<br />
Nr. 8.3.<br />
– „Zweitgutachten“: kein rechtlicher Begriff und kein<br />
einheitlicher Sprachgebrauch, zumeist verwendet im Sinne<br />
von: Einholung eines weiteren Gutachtens in der selben<br />
Begutachtungssache (weil z.B. erstes Gutachten nicht<br />
überzeugend erscheint).<br />
– „Obergutachten“: kein rechtlicher Begriff, kein<br />
Gutachten mit einer (von vornherein) rechtlich höheren<br />
bzw. streitentschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Sachkompetenz oder höheren<br />
Beweiskraft des Gutachtens.
BESONDERE BEGUTACHTUNGSFÄLLE UND -MATERIEN 8<br />
8.1 Begutachtungen zur Feststellung der Rente <strong>für</strong> ● Rentengutachten<br />
Versicherte (sog. Rentengutachten) wer<strong>den</strong> in der<br />
Regel formularmäßig erbeten. Hierzu sind in dem<br />
Vertrag Ärzte/UV-Träger u. a. <strong>für</strong> das chirurgische<br />
Fachgebiet bestimmte Gutachtenvordrucke, mit<br />
standardisierten Fragen und einheitlicher Erstattungsform,<br />
vereinbart wor<strong>den</strong>.<br />
Entsprechende Gutachtenaufträge können erteilt<br />
wer<strong>den</strong><br />
– zur erstmaligen Rentenfeststellung,<br />
– wegen einer Weitergewährung der Rente nach<br />
Gesamtvergütung oder Rente <strong>für</strong> zurückliegende<br />
Zeit,<br />
– <strong>für</strong> die Nachprüfung einer laufen<strong>den</strong> Rente<br />
(Erhöhung, Minderung oder Entziehung wegen<br />
„wesentlicher Änderung der Verhältnisse“),<br />
– über die Frage der Wiedergewährung einer früher<br />
gezahlten Rente.<br />
Hierbei kann es sich jeweils um eine vorläufige Entschädigung<br />
oder Rente auf unbestimmte Zeit handeln<br />
(vgl. Nr. 9.10).<br />
Vgl. auch Nr. 2.2 (mit Bild) und 6.3.<br />
8.2 Bei <strong>den</strong> sog. Zusammenhangsgutachten geht es ● Zusammenhangsgutachten<br />
um die (Haupt-)Frage, ob bestimmte Gesundheitsstörungen<br />
(z. B. Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule)<br />
ursächlich auf ein Unfallereignis und<br />
seine Verletzungsfolgen (z. B. Sturz mit Prellung des<br />
Rückens) zurückzuführen sind. Diese Beurteilung hat<br />
sich nach dem zentralen (unfallversicherungsrechtlichen)<br />
Rechtsbegriff der rechtlich wesentlichen<br />
Bedingung auszurichten (vgl. Nr. 9.4).<br />
Gutachten zur Zusammenhangsfrage wer<strong>den</strong> in freier<br />
Form angefordert. Soweit das Kausalitätsproblem<br />
nicht im Vordergrund der gutachtlichen Gesamtklärung<br />
steht (vielmehr z. B. die Verschlimmerung von<br />
Gesundheitsstörungen), ist es beim hauptsächlichen<br />
Begutachtungsgegenstand (z. B. in einem Formular-<br />
Rentengutachten) mit zu prüfen.<br />
Vgl. auch Nr. 2.2 (mit Bild S. 12).<br />
43
8<br />
44<br />
Zu Nr. 8.3:<br />
Verfahrensweise bei Zusatzgutachten:<br />
– Für die Prüfung und Entscheidung der Einholung eines<br />
Zusatzgutachtens sowie <strong>für</strong> die Auswahl und Benennung<br />
eines Zusatzgutachters ist allein der UV-Träger zuständig.<br />
– Das <strong>Gutachter</strong>auswahlverfahren (§ 200 Abs. 2 SGB VII,<br />
§ 14 Abs. 5 SGB IX) ist hinsichtlich des Zusatzgutachters<br />
uneingeschränkt anzwen<strong>den</strong>. Die Einholung des Einverständnisses<br />
des Versicherten <strong>für</strong> einen bestimmten Zusatzgutachter<br />
durch <strong>den</strong> Hauptgutachter reicht nicht aus.<br />
– Dem Hauptgutachter kann aber die unmittelbare Beauftragung<br />
des Zusatzgutachters – <strong>für</strong> und im Namen des UV-<br />
Trägers – übertragen wer<strong>den</strong>, nach Vorgabe des UV-<br />
Trägers bzw. dem Ergebnis des Auswahlverfahrens.
8.3 Gesundheitsstörungen auf einem anderen ● Zusatzgutachten<br />
(eigenständigen) medizinischen Fachgebiet als dem<br />
Schwerpunkt der Begutachtung (z. B. Lähmungserscheinungen<br />
bei einem Knochenbruch) sind durch ein<br />
sog. Zusatzgutachten abzuklären. Voraussetzung ist,<br />
dass der hauptsächlich zuständige <strong>Gutachter</strong> auf<br />
Grund allgemeiner oder speziell vorhan<strong>den</strong>er Fachkompetenz<br />
die Nebenbefunde nicht beurteilen kann.<br />
Das Zusatzgutachten ist ein eigenständiges Gutachten,<br />
<strong>für</strong> das die allgemeinen Kriterien gelten. Allein<br />
zur Feststellung von einzelnen Befun<strong>den</strong> (z. B. radiologische<br />
oder neurologische Befunde), insbes. ohne<br />
erforderliche Kausalbeurteilung, ist im Regelfall keine<br />
(Zusatz-)Begutachtung erforderlich (vgl. z. B.<br />
Nr. 8.4).<br />
Vgl. auch Bild zu Nr. 2.2 ff.<br />
8.4 Grundsätzlich fällt es in das Aufgabengebiet des ● Begutachtung mit<br />
Chirurgen/Orthopä<strong>den</strong>, erforderliche konventionelle radiologischen<br />
Röntgenaufnahmen zu fertigen oder herstellen zu Untersuchungen<br />
lassen und <strong>für</strong> das Gutachten auszuwerten. Insbesondere<br />
bleibt dieser Arzt auch dann <strong>für</strong> die Begutachtung<br />
allein verantwortlich, wenn derartige Befunde<br />
aufgrund einer internen Krankenhausorganisation von<br />
einem Radiologen aufgenommen wer<strong>den</strong>.<br />
Erfordert hingegen die Begutachtungssache spezielle<br />
radiologische Untersuchungen (z. B. mit Kontrastmitteldarstellungen,<br />
Computertomographie), so wird der<br />
damit beauftragte Spezialarzt im Rahmen einer<br />
Zusatzbegutachtung tätig. Diese schließt immer die<br />
Beurteilung der Untersuchungsbefunde ein.<br />
8<br />
45
8<br />
46<br />
Leitsätze <strong>für</strong> die gutachtliche Beurteilung von<br />
Schmerzen:<br />
– Vorrangige Abklärung organisch-pathologischer Schmerzursachen<br />
(Gewebeschä<strong>den</strong>)<br />
– Erforderliche „Objektivierung“ organisch nicht erklärbarer<br />
Schmerzangaben durch vom Proban<strong>den</strong> unabhängige<br />
Umstände (auch: gesicherte ärztlich-medizinische<br />
Erfahrung)<br />
– Analyse und Konkretisierung des Schmerzes hinsichtlich<br />
Lokalisation, Art, Ausmaß und Häufigkeit bzw. Chronifizierung<br />
(Maßstab: individuelle „Schmerzbetroffenheit“ des<br />
Proban<strong>den</strong>)<br />
– Entschei<strong>den</strong>d als „Unfallfolge“ und <strong>für</strong> die MdE-Bewertung:<br />
funktionelle (körperliche und geistige) Auswirkungen<br />
des Schmerzes (Leistungseinbuße)<br />
– Zwei Fallvarianten der Kausalitätsbeurteilung: Bedingungen<br />
des Schmerzes, Reaktionen auf <strong>den</strong> Schmerz (jeweils<br />
haftungsausfüllende Kausalität)<br />
– Einschluss der „üblichen“ Begleitschmerzen in <strong>den</strong> MdE-<br />
Erfahrungswerten <strong>für</strong> organische Gesundheitsschä<strong>den</strong>,<br />
besondere Berücksichtigung (in der „Gesamt-MdE-<br />
Bildung“) der „außergewöhnlichen“ Schmerzen
8.5 Der Chirurg/Orthopäde kann die normale Ver- ● Kompetenz des Chirurarbeitungsreaktion<br />
nach einem Trauma (nicht unge- gen/Orthopä<strong>den</strong>:<br />
wöhnliche Verhaltensweisen von Verletzten) beurteilen. psychische Reaktion<br />
Voraussetzung ist, dass die psychischen Erscheinungen auf ein Trauma<br />
keinen Krankheitswert haben und auch nicht die<br />
Gefahr einer krankhaften Entwicklung in sich bergen.<br />
Außerdem sollte es sich jeweils um offenkundige Fälle<br />
handeln.<br />
Eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung ist<br />
insbesondere angezeigt in folgen<strong>den</strong> Fällen: Es<br />
besteht eine außergewöhnliche psychoreaktive<br />
Symptomatik (im Hinblick auf das Verletztenverhalten<br />
oder die Umstände des Unfalls bzw. der Verletzung);<br />
das Ausmaß der Klagen des Verletzten ist so<br />
erheblich, dass es <strong>für</strong> die MdE oder Gewährung<br />
einer Berufshilfe von Bedeutung sein kann; die zu<br />
beurteilen<strong>den</strong> Verhältnisse sind (auf Grund der<br />
Reaktion des Verletzten, die Persönlichkeitsstruktur<br />
usw.) zweifelhaft und nicht einfach gelagert.<br />
8.6 Psychologische Untersuchungen im Rahmen ● Neurologisch-psychiatrieiner<br />
neurologisch-psychiatrischen Begutachtung sind sche Gutachten mit psyin<br />
der Regel keine eigenständige Gutachten, auch chologischer Diagnostik<br />
nicht in Form einer Zusatzbegutachtung (Nr. 8.3). Es<br />
ist vielmehr Aufgabe des mit der Gutachtenerstattung<br />
beauftragten Neurologen, derartige Nebenuntersuchungen<br />
zu steuern und die Ergebnisse in seine<br />
eigene Bewertung zu übernehmen.<br />
In der gesetzlichen Unfallversicherung sind – im<br />
Hinblick auf die Beweisgrundsätze (vgl. Nr. 9.2) –<br />
an die Feststellung (Objektivierung und Quantifizierung)<br />
psychischer Allgemeinstörungen (vor allem:<br />
Hirnleistungseinbuße und Wesensveränderung)<br />
besondere Anforderungen zu stellen. Deshalb muss im<br />
Allgemeinen ein klinischer Psychologe hinzugezogen<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
8<br />
47
9<br />
48<br />
Unfall<br />
Unfall ist ein<br />
Zu Nr. 9.1 und 9.4:<br />
Arbeitsunfall =<br />
(Voraussetzungen)<br />
eines<br />
+ + „infolge“ +<br />
Versicherten<br />
– plötzliches (zeitlich auf längstens eine Arbeitsschicht begrenztes)<br />
– von außen einwirkendes (nicht aus innerer Ursache kommendes)<br />
– körperlich schädigendes (auch im Psychisch-Geistigen)<br />
Ereignis<br />
Arbeitsunfall und seine Folgen (§ 8 Abs. 1 SGB VII)<br />
„infolge“: Unfall muss durch die versicherte Tätigkeit verursacht sein<br />
Ursächliche Verknüpfungen beim Arbeitsunfall:<br />
Unfallbringende,<br />
versicherte Tätigkeit<br />
(z. B. Arbeit auf Dach)<br />
verursacht Ereig-<br />
Unfall<br />
ver- Körper- verursacht<br />
nis ursacht scha<strong>den</strong><br />
(z. B. Sturz) (z. B. Beinbruch)<br />
haftungsbegrün<strong>den</strong>de<br />
Kausalität<br />
haftungsausfüllende<br />
Kausalität<br />
versicherter<br />
Tätigkeit<br />
Weitere Scha<strong>den</strong>s-<br />
Folgen<br />
(z. B. Thrombose)<br />
} }
UNFALLVERSICHERUNGSRECHTLICHE REGELN 9<br />
9.1 Arbeitsunfall ist ein Unfall, <strong>den</strong> ein Versicherter ● Voraussetzungen des<br />
„infolge“ versicherter Tätigkeit erleidet. Wer ver- Arbeitsunfalls<br />
sicherte Person ist und welche Verrichtungen unter<br />
Unfallversicherungsschutz stehen, wird im Gesetz<br />
aufgeführt.<br />
Ein Arbeitsunfall kann auch gegeben sein bei<br />
– einem „Unfall des täglichen Lebens“ (z. B. Ausrutschen<br />
beim Gehen)<br />
– keiner „dem Betrieb eigentümlichen Gefahr“<br />
– üblicher bzw. gewöhnlicher betrieblicher Belastung<br />
(Tätigkeit, Arbeitsvorgang)<br />
– ordnungsgemäßem (nicht normwidrigem) Arbeitsablauf<br />
9.2 Die speziellen Beweisregeln in der gesetzlichen ● Beweismaßstäbe:<br />
Unfallversicherung <strong>für</strong> die Feststellung des entschei- Sicherheit, Wahrscheindungserheblichen<br />
Sachverhalts gelten auch <strong>für</strong> die lichkeit<br />
<strong>ärztlichen</strong> Erhebungen und Beurteilungen. Demzufolge<br />
hat auch der <strong>Gutachter</strong> die Beweisgrundsätze zu<br />
berücksichtigen.<br />
– Gesundheitsstörungen (Befunde) müssen mit Sicherheit<br />
(Gewissheit, sog. Vollbeweis) festgestellt<br />
wer<strong>den</strong> können (ohne „vernünftige Zweifel“). Der<br />
Unfallzusammenhang muss lediglich mit Wahrscheinlichkeit<br />
beurteilt (bejaht) wer<strong>den</strong> (sog. einfache<br />
oder hinreichende Wahrscheinlichkeit: es<br />
spricht mehr <strong>für</strong> als gegen einen Zusammenhang).<br />
– Die bloße Möglichkeit ist immer unzureichend.<br />
Auch können Gutachtenergebnisse nicht auf Unterstellungen<br />
oder Vermutungen gestützt wer<strong>den</strong>. Im<br />
Zweifel darf nicht zugunsten des Versicherten<br />
begutachtet wer<strong>den</strong>.<br />
Vgl. auch Nr. 5.2.<br />
49
9<br />
Zu Nr. 9.1, 9.4 und 9.5:<br />
● Kausalbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung (Rechtsbegriff):<br />
– wesentlich: wegen der besonderen Bedeutung der Bedingung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Erfolg<br />
(Scha<strong>den</strong>seintritt)<br />
– (rechtlich) unbeachtlich: sog. Gelegenheitsursache<br />
● Konkurrierende Bedingungen verlangen diese Abwägung:<br />
Äußeres Ereignis<br />
bzw. Unfall<br />
Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung<br />
andere Bedingungen<br />
(z. B. Vorscha<strong>den</strong>)<br />
Wertung erforderlich<br />
Gesundheitsstörung<br />
(Erst- bzw.<br />
Folgescha<strong>den</strong>)<br />
– Teil – (mitwirkende) Ursache reicht aus (wenn zugleich nichtversicherte Bedingungen<br />
wesentlich sind – Gleichwertigkeit aller oder mehrerer Bedingungen)<br />
– nicht notwendig: (versicherte) wesentliche Bedingung als alleinige Ursache<br />
● Entstehung oder Verschlimmerung eines Körperscha<strong>den</strong>s kann Unfallfolge sein<br />
(gleichermaßen rechtlich beachtlich)<br />
– Verschlimmerung: Unfall trifft auf einen bereits bestehen<strong>den</strong> Krankheitszustand<br />
(funktionelle Störung, nicht nur Degeneration ohne klinisch manifeste Beschwer<strong>den</strong>)<br />
– Formen: vorübergehend oder dauernde Verschlimmerung, abgrenzbare oder<br />
richtunggebende Verschlimmerung<br />
● Unmittelbare oder mittelbare (Unfall)Ursachen bzw. (Unfall)Folgen sind möglich<br />
(maßgeblich ist nur die Wesentlichkeit)<br />
50<br />
Verursachung von Unfallschä<strong>den</strong>
9.3 Der <strong>Gutachter</strong>arzt hat die Angaben (z. B. ● Objektivierung und Glaub-<br />
Schmerzempfindungen) und Demonstrationen (z. B. haftigkeit des Proban<strong>den</strong>-<br />
Schonhinken) des Verletzten mit weniger subjektiv- verhaltens<br />
willensbedingten Feststellungen (z. B. Röntgenaufnahmen,<br />
Unfallhergang nach Aktenlage) sowie sonstigen<br />
Aspekten (z. B. wissenschaftliche Lehre, ärztliche<br />
Erfahrung) zu vergleichen. Diese Beurteilung der<br />
„Glaubhaftigkeit“ ist lediglich als eine Plausibilitätsprüfung<br />
vorzunehmen; über die abschließende<br />
Richtigkeit der Äußerungen usw. muss die Verwaltung<br />
innerhalb ihrer allgemeinen Beweiswürdigung<br />
entschei<strong>den</strong>.<br />
Für eine solche „objektivierende Begutachtung“ sind<br />
die konkreten Umstände maßgebend. Insbesondere<br />
hat der Arzt die einzelne Persönlichkeit zu begutachten;<br />
es kommt insoweit nicht auf einen „Durchschnittsverletzten“<br />
oder einen „Normalzustand“ an.<br />
9.4 Der Ursachenzusammenhang des Gesundheits- ● Grundsätze der<br />
scha<strong>den</strong>s (sog. haftungsausfüllende Kausalität) ist auf- Kausalitätsprüfung<br />
grund der gelten<strong>den</strong> Theorie der rechtlich wesentlichen<br />
Bedingung in zwei Stufen zu beurteilen:<br />
– Das Unfallereignis bzw. seine Verletzungsfolgen<br />
müssen zunächst im naturwissenschaftlichen Sinn<br />
kausal sein („conditio sine qua non“).<br />
– Erst dann ist zu prüfen, ob die betreffende Bedingung,<br />
unter Abwägung ihres und des Wertes<br />
anderer (naturwissenschaftlicher) Ursachen, wegen<br />
der besonderen Bedeutung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Erfolg in medizinischer<br />
Hinsicht wesentlich zum Entstehen der<br />
Gesundheitsstörung (mit) beigetragen hat.<br />
Der sog. Gelegenheitsursache fehlt diese Voraussetzung,<br />
da hier die kausale Verbindung nur zufällig<br />
(zeitlich, örtlich) besteht. Das Unfallereignis war lediglich<br />
der auslösende Faktor (Anlaß) <strong>für</strong> das Krankheitsgeschehen,<br />
da es dazu nicht besonderer, in ihrer<br />
Eigenart unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurft<br />
hätte (z. B. Bandscheibenvorfall beim Anheben einer<br />
Last; Austauschbarkeit dieses Vorgangs mit anderen<br />
alltäglich vorkommen<strong>den</strong>, ähnlich gelagerten<br />
Ereignissen, die etwa im selben Zeitpunkt ebenfalls<br />
diese Gesundheitsstörung herbeigeführt hätte).<br />
Anderseits kann aber eine betriebsüblicheVerrichtung<br />
eine rechtlich wesentliche Ursache bedeuten.<br />
9<br />
51
9<br />
52<br />
Zu Nr. 9.6:<br />
Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit<br />
Arbeitsunfähigkeit „im Sinne der Krankenversicherung“<br />
Der Versicherte kann<br />
– überhaupt nicht oder nur mit Gefahr der Verschlimmerung<br />
– seine bisherige oder eine ähnliche (gleichartige) Tätigkeit<br />
ausüben<br />
● Verweisung des Versicherten auf eine ähnliche Tätigkeit ist möglich bei<br />
– wesentlicher Übereinstimmung mit bisheriger Arbeit<br />
und<br />
– tatsächlichem Angebot des Betriebes<br />
● Arbeitsunfähigkeit wird auch beendet, wenn der Versicherte freiwillig eine fremde (andersartige)<br />
Tätigkeit aufnimmt<br />
– Es gibt keine „Teil-Arbeitsfähigkeit“ oder „Schon-Arbeitsfähigkeit“<br />
– Eine bloße Scheintätigkeit hebt nicht die Arbeitsunfähigkeit auf<br />
Rechtsbegriff: Entscheidung durch die Verwaltung<br />
(Bedeutung <strong>für</strong> Verletzten- und Übergangsgeld, Verletztenrente)<br />
● keine Arbeitsunfähigkeit bei Schulunfällen
9.5 Grundsätzlich ist nur der unfallbedingte Ver- ● Verschlimmerung<br />
schlimmerungsanteil zu entschädigen. Kann ein solcher einer vorbestehen<strong>den</strong><br />
nicht von der Vorerkrankung bzw. dem Anlagelei<strong>den</strong> Erkrankung<br />
abgegrenzt wer<strong>den</strong>, so knüpfen die Leistungen am<br />
Gesamtscha<strong>den</strong> an.<br />
Hinsichtlich jeder (späteren) Verschlimmerung muss die<br />
Kausalität zum versicherten Ereignis (erneut) geprüft<br />
wer<strong>den</strong>. Dabei darf nicht über <strong>den</strong> gegenwärtigen<br />
Zustand hinausgegangen wer<strong>den</strong>; insbesondere eine<br />
richtunggebende (dauernde) Verschlimmerung ist ohne<br />
die Einbeziehung zukünftiger Entwicklungsmöglichkeiten<br />
(medizinisch) zu beurteilen (keine Prognoseentscheidung).<br />
9.6 Der Arzt beurteilt die medizinischen Voraus- ● Beurteilung der<br />
setzungen der Arbeitsunfähigkeit: Verletzungsfolgen, Arbeitsfähigkeit<br />
Unfallzusammenhang, verbliebene Leistungsfähigkeit<br />
des Versicherten (im Hinblick auf die bisherige bzw.<br />
eine ähnliche und einer anderen Tätigkeit). Sein Attest<br />
ist eine gutachterliche Beurteilung und dient dem<br />
Verletzten als Beweismittel gegenüber dem Arbeitgeber.<br />
Die Verwaltung hilft bei Bedarf mit bei der Feststellung<br />
der früheren Arbeitsplatzverhältnisse und Klärung der<br />
Frage, ob eine geeignete Tätigkeit im Unfallbetrieb<br />
aufgenommen wer<strong>den</strong> kann. Zur sicheren, abschließen<strong>den</strong><br />
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit kann eine<br />
medizinische Belastungserprobung im Betrieb<br />
angebracht sein.<br />
9<br />
53
9<br />
54<br />
Zu Nr. 9.8 und 9.9:<br />
Beispiele zur MdE-Bemessung<br />
1. Unterschiedliche Auswirkung eines Vorscha<strong>den</strong>s<br />
– Durch früheren Freizeit- oder Arbeitsunfall: Verlust des linken<br />
Daumens, durch zu beurteilen<strong>den</strong> Arbeitsunfall: Verlust des<br />
linken Zeigefingers<br />
MdE: etwa 25 % (je nach Einzelverhältnissen)<br />
– Durch früheren Freizeit- oder Arbeitsunfall: Verlust des linken<br />
Fußes, durch zu beurteilen<strong>den</strong> Arbeitsunfall: Verlust des<br />
Unterschenkels im Kniegelenk<br />
MdE: etwa 25 % (je nach Einzelverhältnissen, bei Ausgangswert<br />
<strong>für</strong> Fußverlust: 30 % MdE und <strong>für</strong> Unterschenkelverlust:<br />
50 % MdE)<br />
2. Bildung der Gesamt-MdE<br />
– Folgen des Arbeitsunfall: Bewegungseinschränkung des<br />
Handgelenkes nach Bruch des körperfernen Unterarmes mit<br />
Schädigung des Ellennervens, MdE auf unfallchirurgischem<br />
Fachgebiet: 20 % MdE und auf neurologischem Fachgebiet:<br />
20 % MdE<br />
Gesamt-MdE: etwa 20 % („Überschneidung der Unfallfolgen“,<br />
je nach Einzelverhältnissen)<br />
– Folgen des Arbeitsunfalls: Verlust des linken Beines im<br />
Hüftgelenk, Verlust des linken Auges und erhebliche Hirnleistungsschwäche<br />
MdE: 100 % (Höchstgrenze der MdE eines Arbeitsunfalls)
9.7 Die MdE ist ein Rechtsbegriff, der hauptsächlich ● Die MdE-Einschätzung<br />
durch medizinische Merkmale ausgefüllt wer<strong>den</strong> muss; des <strong>Gutachter</strong>s<br />
dem MdE-Vorschlag des Arztes kommt demgemäß<br />
eine große Bedeutung zu. Die eigentliche gutachtliche<br />
Aufgabe besteht darin, die (funktionelle)<br />
Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen<br />
Leistungsvermögen (im Erwerbsleben) zu bewerten.<br />
Für die gesetzliche Unfallversicherung gilt ein – vor<br />
allem gegenüber dem sozialen Entschädigungs- und<br />
Schwerbehindertenrecht – besonderer MdE-Begriff.<br />
Schon aus Grün<strong>den</strong> der Gleichbehandlung sind die<br />
durch ständige Übung entstan<strong>den</strong>en und in der<br />
Literatur verbreiteten Werte zu beachten. Sofern <strong>für</strong><br />
bestimmte Funktionsausfälle noch keine Erfahrungssätze<br />
veröffentlicht wur<strong>den</strong>, ist die MdE im Vergleich mit<br />
ähnlichen, bereits bekannten Anhaltspunkten zu<br />
bemessen.<br />
9.8 Die (auf <strong>den</strong> allgemeinen Arbeitsmarkt zu bezie- ● Kriterien der<br />
hende bzw. nach Ausschöpfung aller Erwerbsmöglich- MdE-Bemessung,<br />
keiten noch vorhan<strong>den</strong>e) MdE ergibt sich aus der Vor- und Nachscha<strong>den</strong><br />
Differenz beider Werte:<br />
– Individuelle Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor<br />
dem Arbeitsunfall (mit 100% anzusetzen),<br />
– Ausmaß der nach dem Unfall verbliebenen<br />
Erwerbsfähigkeit.<br />
Vorschä<strong>den</strong> beeinflussen grundsätzlich die MdE, da<br />
sie die unfallbedingten Funktionsausfälle (gegenüber<br />
einem vorher Unversehrten) verstärken können;<br />
Voraussetzung hier<strong>für</strong> ist eine Wechselwirkung<br />
zwischen <strong>den</strong> jeweiligen Körperschä<strong>den</strong>. Unbeachtlich<br />
ist hingegen ein Nachscha<strong>den</strong>, d. h. eine nach<br />
dem Unfallereignis eingetretene (weitere) gesundheitliche<br />
Beeinträchtigung.<br />
9<br />
55
9<br />
56<br />
Zu Nr. 9.10:<br />
Renten an Versicherte<br />
● § 56 Abs. 1 S. 1:<br />
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls<br />
über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall<br />
hinaus um wenigstens 20 vom Hundert<br />
gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente.<br />
…<br />
● § 62 Abs. 1 S. 1:<br />
Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall<br />
soll der Unfallversicherungsträger die Rente als<br />
vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der<br />
Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch<br />
nicht abschließend festgestellt wer<strong>den</strong> kann.<br />
…<br />
● § 62 Abs. 2 S. 1:<br />
Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall<br />
wird die vorläufige Entschädigung als<br />
Rente auf unbestimmte Zeit geleistet.<br />
…
9.9 Mehrfache (von einem Arbeitsunfall herrührende) ● Bildung der Gesamt-MdE,<br />
Verletzungsfolgen sind mit einer einheitlichen MdE (im zukünftige MdE-Ände-<br />
Rahmen einer „Gesamtschau“) zu bemessen; die An- rungen<br />
sätze der Einzelschä<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> aber nicht addiert,<br />
sondern der maßgebliche Gesamtzustand ist auch<br />
dann regelmäßig niedriger zu bewerten, wenn sich<br />
die Gesundheitsstörungen nicht überschnei<strong>den</strong>.<br />
Entsprechend muß eine „Gesamt-MdE“ aus <strong>den</strong> MdE-<br />
Sätzen verschie<strong>den</strong>er Fachgutachten gebildet<br />
wer<strong>den</strong>; der Versicherungsträger bestimmt <strong>den</strong> hier<strong>für</strong><br />
zuständigen Arzt.<br />
Eine Abstufung der MdE <strong>für</strong> die Zukunft (ab Untersuchung<br />
bzw. Beurteilung) lassen die Gesundheitsverhältnisse<br />
nicht zu; vielmehr ist bei einer voraussichtlichen<br />
Änderung der MdE (Erhöhung oder Minderung)<br />
eine erneute Begutachtung bzw. aktuelle Einschätzung<br />
erforderlich. Ausgenommen davon sind lediglich<br />
die Prognosen bei der Gesamtvergütung.<br />
9.10 Die vorläufige Entschädigung soll <strong>den</strong> erfah- ● Vorläufige Entschädigung<br />
rungsgemäß innerhalb von drei Jahren nach dem und Rente auf unbe-<br />
Unfall noch nicht verfestigten Verletzungsverhältnissen stimmte Zeit, Gesamt-<br />
Rechnung tragen; insbesondere wirken sich oft die vergütung<br />
Beschwer<strong>den</strong> anfangs stärker aus (z. B. wegen<br />
fehlender Gewöhnung an die Funktionseinbußen). Bei<br />
entsprechendem Beharrungszustand kann die Rente<br />
auf unbestimmte Zeit auch früher festgestellt wer<strong>den</strong><br />
und die Berufsgenossenschaft einen diesbezüglichen<br />
Gutachtenauftrag erteilen.<br />
Eine Gesamtvergütung kommt – nach der gesetzlichen<br />
Regelung – nur dann in Betracht, wenn auch<br />
noch zukünftig eine Rente (vorläufige Entschädigung)<br />
zu gewähren ist bzw. eine rentenberechtigende MdE<br />
vorliegt. Diese Voraussetzung richtet sich nach dem<br />
Zeitpunkt der Bescheiderteilung. In <strong>den</strong> geeigneten<br />
Fällen sollte der <strong>Gutachter</strong> der Verwaltung eine<br />
Gesamtvergütung vorschlagen.<br />
9<br />
57
10<br />
58<br />
Kennzeichnung von Befun<strong>den</strong> und Diagnosen<br />
mit Klassifikationsmerkmalen<br />
– Generell hilfreich zur Transparenz und Vergleichbarkeit<br />
von Gutachten, so weit Klassifikationssystem mit Fragestellung<br />
und Beurteilungskriterien (der gesetzl. Unfallvers.)<br />
vereinbar.<br />
– AO-Klassifikation: sinnvoll bei (unfallchirurgischen) Verletzungsfolgen<br />
bzw. Untersuchungsergebnissen (erbeten<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> Durchgangsarztbericht)<br />
– ICD (10. Fassung): zweckmäßig <strong>für</strong> unfallchirurgische<br />
Verletzungsfolgen, erforderlich <strong>für</strong> die (diagnostische)<br />
Kennzeichnung psychischer Störungen<br />
– ICF (früher: ICIDH): nicht geeignet <strong>für</strong> die Renten- und<br />
Zusammenhangsbegutachtung
MUSTERFORMULIERUNGEN 10<br />
10.1 Rückgabe des Gutachtenauftrags (Schreiben<br />
an die Verwaltung):<br />
Meine Prüfung Ihres Gutachtenauftrags, unter Berück- ● Mangelnde Fachsichtigung<br />
des Akteninhalts, hat ergeben, daß ich <strong>für</strong> kompetenz des Arztes<br />
die gestellten Fragen von meinem Fachgebiet als …<br />
her (oder: wegen der erforderlichen Spezialkenntnisse<br />
und besonderen Erfahrungen) nicht kompetent bin.<br />
Geeigneter <strong>Gutachter</strong> in dieser Sache ist vielmehr ein<br />
Facharzt <strong>für</strong> … (oder: ein auf dem Gebiet … tätiger<br />
Arzt). Nach meiner Kenntnis kann zum Beispiel<br />
Professor … <strong>für</strong> die anstehende Begutachtung in<br />
Betracht kommen.<br />
10.2 Hinweis auf Ergänzung oder Klarstellung des<br />
Gutachtenauftrags (Schreiben an die Verwaltung):<br />
Zu Ihren Begutachtungsfragen muss ich Ihnen mitteilen, ● Unzulängliche Fragedaß<br />
diese in fachlich-medizinischer Hinsicht nicht stellung<br />
sachgerecht gestellt (und/oder: unvollständig) sind.<br />
Entschei<strong>den</strong>d <strong>für</strong> die von Ihnen offenkundig gewollte<br />
Klärung ist nämlich (auch noch), ob … Ich rege an,<br />
dass Sie Ihren Gutachtenauftrag entsprechend<br />
überprüfen.<br />
Bei der Untersuchung hat Herr … angegeben, dass er ● Nachholung von Ermittschon<br />
vor dem Unfall wegen Wirbelsäulenbeschwer- lungen durch die<br />
<strong>den</strong> im Krankenhaus … behandelt wor<strong>den</strong> sei. Da die Verwaltung<br />
damaligen <strong>ärztlichen</strong> Feststellungen <strong>für</strong> meine gutachtliche<br />
Beurteilung von Bedeutung sind, bitte ich Sie,<br />
diese Angelegenheit zu überprüfen und vor allem die<br />
Krankenunterlagen anzufordern sowie mir zu<br />
übersen<strong>den</strong>.<br />
59
10<br />
Notizen<br />
60
10<br />
10.3 Wiedergabe von Auskünften des Proban<strong>den</strong><br />
zur Anamnese oder dem Unfallhergang bzw.<br />
Verletzungsgeschehen (im Gutachten):<br />
Nach seinen Angaben hatte Herr … in der Kindheit ● Informatorische Befragung<br />
keinerlei Ohrerkrankungen durchgemacht. Ebenso- des zu Begutachten<strong>den</strong><br />
wenig habe er vor dem Unfall irgendeine Kopfverletzung<br />
erlitten.<br />
Herr … wird nochmals – informatorisch – zum<br />
unmittelbaren Unfall – und Verletzungshergang<br />
befragt. Dabei bestätigt er im Wesentlichen die in<br />
<strong>den</strong> Akten enthaltenen Ermittlungen und Feststellungen<br />
der Verwaltung. Er gibt jetzt lediglich an, dass das<br />
Gerüst, von dem er heruntergefallen ist, nicht 2 m,<br />
sondern 4 m hoch gewesen sei; sein Arbeitgeber<br />
müsse sich insoweit irren, weil …<br />
10.4 Formulierung der geltend gemachten<br />
Unfallfolgen und vorgetragenen Klagen (im Gutachten):<br />
Herr … äußert sich zu seinen jetzigen Beschwer<strong>den</strong> ● Aufnahme der geschilderund<br />
dem sonstigen Gesundheitszustand wie folgt: ten Beschwer<strong>den</strong><br />
Nach längerer Arbeit schwillt das verletzte Handgelenk<br />
noch stark an; außerdem sind die Schmerzen so<br />
heftig, dass er regelmäßig nachts aufwacht … Diese<br />
Angaben sind im Beisein von Herrn … diktiert<br />
wor<strong>den</strong>. Sie wer<strong>den</strong> von ihm ausdrücklich als richtig<br />
und vollständig wiedergegeben bestätigt.<br />
61
10<br />
Notizen<br />
62
10.5 Stellungnahme zu nicht erklärbaren bzw.<br />
sicher feststellbaren Gesundheitsstörungen (im<br />
Gutachten):<br />
Die von Herrn … gezeigte erhebliche Einschränkung ● Nicht mögliche Objektides<br />
Faustschlusses der linken Hand sowie die vierung von Unfallfolgen<br />
geäußerte Kraftlosigkeit des ganzen Armes lassen<br />
sich weder durch objektive Feststellungen bestätigen<br />
noch entsprechen sie der allgemeinen <strong>ärztlichen</strong><br />
Erfahrung: Wenn die Finger vom Arzt geführt wer<strong>den</strong>,<br />
können sie in der Hohlhand eingeschlagen und auch<br />
sonst vollständig bewegt wer<strong>den</strong>, und zwar bei<br />
unmittelbarer Betätigung ohne jegliche Schmerzangabe.<br />
Die gesamte Muskulatur des linken Armes ist<br />
kräftig entwickelt …<br />
10.6 Zusammenfassung der unfallbedingten<br />
Gesundheitsstörungen und Begründung von MdE-<br />
Vorschlägen (im Gutachten):<br />
Geringe Bewegungseinschränkung des linken Knie- ● Formulierung der Unfallgelenks,<br />
Blutumlaufstörungen im gesamten linken Bein folgen<br />
mit dadurch allgemein verringerter Belastbarkeit,<br />
erklärbare stärkere Schmerzen nach längerer<br />
Gehstrecke, zwischenzeitlich verheilte Fistel am linken<br />
Schienbein in Kniegelenknähe, Versteifung des<br />
Endgelenks am linken Ringfinger.<br />
Die oben angegebene Abstufung der MdE <strong>für</strong> die ● MdE: Abstufung,<br />
zurückliegende Zeit ergibt sich daraus, dass mit <strong>den</strong> nicht objektivierbare<br />
vorhergehen<strong>den</strong> Behandlungsmaßnahmen eine deut- Beschwer<strong>den</strong><br />
liche Verbesserung der Fingerbeweglichkeit erreicht<br />
wurde … Im übrigen ist beim MdE-Vorschlag die<br />
nicht erklärbare völlige Kraftlosigkeit der verletzten<br />
Hand unberücksichtigt geblieben; andernfalls müsste<br />
die MdE mit … eingeschätzt wer<strong>den</strong>.<br />
10<br />
63
11<br />
64<br />
Rechtsgrundlagen <strong>für</strong> die Beurteilung und Feststellung<br />
von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten<br />
1. SGB VII/Unfallversicherungsrecht<br />
– Es gilt grundsätzlich auch <strong>für</strong> die Berufskrankheiten,<br />
zumindest sind die allgemeinen Regelungen entsprechend<br />
anzuwen<strong>den</strong>.<br />
– Die wichtigste Spezialregelung ist § 9 SGB VII<br />
(„Grundnorm des Berufskrankheitenrechts“)<br />
2. Berufskrankheitenverordnung/BKV<br />
– Sie ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung (mit<br />
Zustimmung des Bundesrats) gemäß der Ermächtigung<br />
in § 9 Abs. 1 und 6 SGB VII<br />
– Zur Zeit gilt die BKV vom 31.10.1997 in der Fassung<br />
der Änderungsverordnung vom 5.9.2002<br />
3. SGB X/Verwaltungsverfahren<br />
– Die Regelungen gelten grundsätzlich auch <strong>für</strong> die<br />
Feststellung von Berufskrankheiten (insbes. Sachverhaltsermittlung<br />
und Erteilung von Beschei<strong>den</strong>)<br />
– Einige Sonderregelungen <strong>für</strong> das BK-Verfahren enthält<br />
die BKV<br />
4. SGB IX/Rehabilitationsrecht<br />
– Es enthält erstmals einheitliche Begutachtungsregelungen<br />
<strong>für</strong> alle Rehabilitationsträger; <strong>für</strong> die UV-Träger<br />
sind entsprechende Vorschriften des SGB VII vorrangig.<br />
– Das SGB gilt insbes. nur hinsichtlich Entscheidungen<br />
über einen Rehabilitationsbedarf (medizinische<br />
Behandlung, Berufshilfeleistungen, soziale Rehabilitation),<br />
wozu die UV-Träger i.d.R. keine Gutachten<br />
einholen.<br />
5. Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger<br />
– Er ist mit der Kassen<strong>ärztlichen</strong> Bundesvereinigung <strong>für</strong><br />
alle Ärzte, die an der vertrags<strong>ärztlichen</strong> Versorgung<br />
teilnehmen oder von <strong>den</strong> UV-Trägern zugelassen sind,<br />
abgeschlossen.<br />
– Er gilt grundsätzlich auch <strong>für</strong> <strong>den</strong> Bereich der Berufskrankheiten,<br />
zumindest in entsprechender Anwendung.<br />
Es sind auch einige BK-Spezialregelungen enthalten.
ANHANG 11<br />
11.1 Vertrag Ärzte/ ● Vertragsregelungen<br />
Unfallversicherungsträger zur Begutachtung<br />
Der Arzt, der die Erstversorgung geleistet oder <strong>den</strong> § 46<br />
Versicherten behandelt hat, erstattet dem Unfallver- (Erstattungspflicht)<br />
sicherungsträger die Auskünfte, Berichte und Gutachten,<br />
die dieser im Vollzuge seiner gesetzlichen<br />
Aufgaben von ihm einholt (§ 201 SGB VII).<br />
(1) Der Unfallversicherungsträger entscheidet darüber, § 48<br />
ob das vereinbarte Formulargutachten oder ob ein (Gutachtenanforderung)<br />
freies Gutachten zu erstellen ist.<br />
(2) Der Versicherte ist vom Arzt zu unterrichten über:<br />
1. <strong>den</strong> Erhebungszweck der Daten und die Auskunftspflicht<br />
gegenüber dem Unfallversicherungsträger<br />
und<br />
2. das Recht, vom Unfallversicherungsträger verlangen<br />
zu können, über die von <strong>den</strong> Ärzten<br />
übermittelten Daten unterrichtet zu wer<strong>den</strong> (vgl.<br />
§ 201 SGB VII).<br />
(1) Der Arzt ist im Interesse des Unfallverletzten zu § 49<br />
pünktlicher Berichterstattung verpflichtet. Die Frist (Erstattungsfrist)<br />
beträgt vom Tag des Eingangs der Anforderung ab<br />
gerechnet <strong>für</strong> Auskünfte und Berichte längstens acht<br />
Tage, <strong>für</strong> Gutachten längstens drei Wochen; …<br />
(2) Für <strong>den</strong> Fall, dass es dem mit der Begutachtung<br />
beauftragten Arzt nicht möglich ist, das Gutachten<br />
innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist bzw. des<br />
im Gutachtungsauftrag genannten Termins zu<br />
erstatten, ist der Unfallversicherungsträger unverzüglich<br />
zu benachrichtigen.<br />
(1) Andere als zwischen <strong>den</strong> Vertragspartnern verein- § 58<br />
barte Vordrucke dürfen nicht verwendet wer<strong>den</strong>. (Vereinbarte Vordrucke)<br />
(2) Beim Einsatz DV-gestützter Textverarbeitung muss<br />
sichergestellt sein, dass die Ausdrucke mit <strong>den</strong><br />
vereinbarten Vordrucken i<strong>den</strong>tisch sind.<br />
(3) …<br />
Vgl. auch 11.3 (§ 48 Abs. 2 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger)<br />
65
11<br />
66<br />
Zu Nr. 11.2:<br />
Einzelne Vergütungshinweise:<br />
– Eingehend begründetes wissenschaftliches Gutachten:<br />
Aufgrund der Vorgeschichte, der Angaben und des<br />
Befundes erstelltes und durch wissenschaftliche Äußerungen<br />
gestütztes und zugleich die wissenschaftlichen<br />
Erwägungen (notwendige Beiziehung und Auswertung<br />
wissenschaftlicher Literatur) erläuterndes ausführliches<br />
Gutachten.<br />
– Unklare Gutachten sind ohne zusätzliche Honorierung auf<br />
Bitte der Verwaltung – zu erläutern bzw. zu ergänzen.<br />
– Vorbereitungsarbeiten (Aktendurchsicht usw.) <strong>für</strong> ein nicht<br />
erstattetes Gutachten (z. B. weil Versicherter kurzfristig<br />
nicht zur Untersuchung erscheint), können angemessen<br />
vergütet wer<strong>den</strong> (z. B. 25 Euro, zuzüglich Erstattung<br />
belegter Auslagen).
11.2 Honorierung von Gutachten nach dem ● Regelungen zur<br />
Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger<br />
Gebührenverzeichnis (Nr. 146 ff.)<br />
Gutachtenvergütung<br />
1. Formulargutachten:<br />
Erstes Rentengutachten . . . . . . . . . . . . 67,13 Euro<br />
Zweites Rentengutachten . . . . . . . . . . . 58,82 Euro<br />
(Rente auf unbestimmte Zeit)<br />
Zweites Rentengutachten . . . . . . . . . . . 58,82 Euro<br />
(Rentennachprüfung)<br />
Rentengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . 58,82 Euro<br />
(zur Rentenfeststellung nach<br />
einer Gesamtvergütung)<br />
Rentengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . 58,82 Euro<br />
(Nachprüfung MdE)<br />
2. Freie Gutachten:<br />
Ohne Fragestellung zum ursäch- 67,13 Euro<br />
lichen Zusammenhang (je nach bis<br />
Schwierigkeitsgrad und Umfang) 156,20 Euro<br />
Mit Fragestellung zum ursäch- 84,05 Euro<br />
lichen Zusammenhang (je nach bis<br />
Schwierigkeitsgrad und Umfang) 236,16 Euro<br />
Eingehend begründetes wissen- 100,96 Euro<br />
schaftliches Gutachten (je nach bis<br />
Schwierigkeitsgrad und Umfang) 317,58 Euro<br />
Schreibgebühren je Seite 3,50 Euro<br />
11<br />
67
11<br />
68<br />
§ 57 Abs. 2:<br />
Unvollständige Auskünfte, Bescheinigungen und<br />
Berichte wer<strong>den</strong> nicht vergütet.<br />
§ 59:<br />
Die Höchstsätze <strong>für</strong> frei erstattete Gutachten … dürfen<br />
bei Vorliegen besonderer Gründe und mit vorhergehender<br />
Zustimmung des Unfallversicherungsträger<br />
überschritten wer<strong>den</strong>. Lehnt dieser einen dahingehen<strong>den</strong><br />
vom Arzt gestellten Antrag ab, so ist das<br />
Gutachten zu <strong>den</strong> (allgemeinen) Sätzen … zu honorieren.<br />
Falls der Arzt damit nicht einverstan<strong>den</strong> ist,<br />
gibt er <strong>den</strong> Gutachtenauftrag unverzüglich an <strong>den</strong><br />
Unfallversicherungsträger zurück.<br />
§ 60:<br />
Ärztliche Leistungen, die im Zusammenhang mit<br />
Begutachtungen erbracht wer<strong>den</strong>, wer<strong>den</strong> nach <strong>den</strong><br />
Gebührensätzen <strong>für</strong> die besondere Heilbehandlung<br />
vergütet.
11.3 <strong>Gutachter</strong>auswahl und Informierung ● Rechtsvorschriften zur<br />
des Versicherten Durchführung der Begutachtung<br />
§ 200 Abs. 2 1. HS SGB VII<br />
Vor Erteilung eines Gutachtenauftrags soll der Unfallversicherungsträger<br />
dem Versicherten mehrere<br />
<strong>Gutachter</strong> zur Auswahl benennen.<br />
Hinweis: „mehrere“ bedeutet in der Regel drei<br />
<strong>Gutachter</strong> (vgl. auch § 14 Abs. 5 SGB IX)<br />
§ 14 Abs. 5 S. 3 und 4 SGB IX<br />
Er (d.h.: der Rehabilitationsträger) benennt <strong>den</strong><br />
Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst<br />
wohnortnahe Sachverständige unter Berücksichtigung<br />
bestehender sozialmedizinischer Dienste. Haben sich<br />
Leistungsberechtigte <strong>für</strong> einen benannten Sachverständigen<br />
entschie<strong>den</strong>, wird dem Wunsch Rechnung<br />
getragen.<br />
Hinweis: Die Regelungen sind bei der Auslegung<br />
des § 200 Abs. 2 SGB VII zu beachten<br />
§ 48 Abs. 2 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger<br />
Der Versicherte ist vom Arzt zu unterrichten über:<br />
1. <strong>den</strong> Erhebungszweck der Daten und die<br />
Auskunftspflicht gegenüber dem Unfallversicherungsträger<br />
und<br />
2. das Recht vom Unfallversicherungsträger verlangen<br />
zu können, über die von <strong>den</strong> Ärzten<br />
übermittelten Daten unterrichtet zu wer<strong>den</strong> (vgl.<br />
auch § 201 SGB VII)<br />
11<br />
69
11<br />
Notizen<br />
70
11.4 In der BG-Begutachtungspraxis ● Auswahl von<br />
verwendete Fachliteratur u. a.: Begutachtungsliteratur<br />
– Feldmann, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-<br />
Arztes, Georg Thieme Verlag, Stuttgart<br />
– Fritze (Hrsg.), Die ärztliche Begutachtung,<br />
Steinkopff Verlag, Stuttgart<br />
– Gramberg-Danielsen (Hrsg.), Medizinische<br />
Grundlagen der augen<strong>ärztlichen</strong> Begutachtung,<br />
Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart<br />
– Ludolph/Lehmann/Schürmann,<br />
Kursbuch der <strong>ärztlichen</strong> Begutachtung,<br />
ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg<br />
– Marx (Hrsg.), Medizinische Begutachtung,<br />
Georg Thieme Verlag, Stuttgart<br />
– Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung,<br />
Walter de Gruyter Verlag, Berlin<br />
– Mollowitz (Hrsg.), Der Unfallmann,<br />
Springer Verlag, Berlin<br />
– Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und<br />
Berufskrankheit, Erich Schmidt Verlag, Berlin<br />
– Suchenwirth (Hrsg.), Neurologische Begutachtung,<br />
G. Fischer Verlag, Berlin<br />
11<br />
71
11<br />
Notizen<br />
72