Studie: Kundenkompass Stress - Techniker Krankenkasse
Studie: Kundenkompass Stress - Techniker Krankenkasse
Studie: Kundenkompass Stress - Techniker Krankenkasse
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<strong>Kundenkompass</strong><br />
<strong>Stress</strong><br />
Aktuelle Bevölkerungsbefragung:<br />
Ausmaß, Ursachen und Auswirkungen<br />
von <strong>Stress</strong> in Deutschland<br />
.
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
INHALT<br />
Vorwort 2<br />
Zusammenfassung 4<br />
<strong>Stress</strong> – die unterschätzte Alltagsgefahr 8<br />
Ergebnisse der Bürgerbefragung<br />
– Volksleiden <strong>Stress</strong> 12<br />
– Arbeiten am Limit 16<br />
– Familie als Belastungsprobe 20<br />
– <strong>Stress</strong> schadet Körper und Seele 22<br />
– Bewegung und Sport helfen am besten 26<br />
Service: Links und Literaturhinweise 29<br />
Glossar 30<br />
IMPRESSUM<br />
Mai 2009<br />
Haftungsausschluss:<br />
Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt.<br />
Für die Richtigkeit und Vollständigkeit<br />
des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen<br />
übernehmen Redaktion und Verlag keine Gewähr.<br />
Herausgeber:<br />
©2009 F.A.Z.-Institut für Management-, Markt-<br />
und Medieninformationen GmbH<br />
Postfach 20 01 63, 60605 Frankfurt am Main<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong><br />
Pressestelle<br />
Bramfelder Straße 140, 22305 Hamburg<br />
Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen<br />
Wiedergabe und der Speicherung in elektronischen Medien.<br />
Redaktion: Karin Gangl, Dr. Guido Birkner<br />
Gestaltung: Nicole Bergmann<br />
Korrektur: Anna Knetsch, Juliane Streicher<br />
Druck & Verarbeitung: Boschen Offsetdruck GmbH,<br />
Frankfurt am Main<br />
Bürgerbefragung:<br />
forsa Gesellschaft für Sozialforschung<br />
und statistische Analysen mbH<br />
Max-Beer-Straße 2/4<br />
10119 Berlin<br />
ISBN-13: 978-3-89981-755-3<br />
2<br />
Vorwort<br />
<strong>Stress</strong> hat viele Gesichter. Menschen stehen<br />
unter Leistungs- und Zeitdruck, sie<br />
haben Freizeit- und Prüfungsstress,<br />
sind belastet durch die Schule, den Beruf und<br />
Geldsorgen. Die alltäglichen Anforderungen<br />
und Konflikte summieren sich und lösen im<br />
Körper schließlich <strong>Stress</strong>alarm aus. Das muss<br />
nicht negativ sein: Wohl dosiert, steigert<br />
<strong>Stress</strong> die Motivation und beflügelt zu geistigen<br />
und körperlichen Höchstleistungen.<br />
Doch wenn die Anspannung zum Dauerzustand<br />
wird, droht Gefahr für die Gesundheit.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht<br />
darin sogar eines der größten Gesundheitsrisiken<br />
des 21. Jahrhunderts.<br />
Evolutionsgeschichtlich ist <strong>Stress</strong> eine Überlebensstrategie.<br />
Für Gefahrensituationen hat<br />
der Körper ein spezielles Warnsystem eingerichtet.<br />
Das mobilisiert den gesamten Organismus<br />
und setzt Energiereserven frei. Alle<br />
Funktionen, die nicht zum Überleben notwendig<br />
sind, werden vorübergehend abgestellt.<br />
Der frühzeitliche Mensch konnte so bei<br />
einer akuten Bedrohung sofort auf Flucht<br />
oder Angriff umschalten.<br />
Im Vergleich dazu sind heutige <strong>Stress</strong>auslöser<br />
wie Hetze und Termindruck zwar nicht<br />
lebensgefährlich. Der Körper reagiert aber<br />
mit denselben Mechanismen, also zumeist<br />
unverhältnismäßig. Er produziert in der<br />
Nebenniere Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin<br />
und Kortisol. Puls, Blutdruck,<br />
Atemfrequenz und Blutzuckerspiegel steigen,<br />
die Verdauungstätigkeit wird gedrosselt,<br />
der Blutgerinnungsfaktor nimmt zu. Da Weglaufen<br />
und körperliche Gegenwehr meist
keine Optionen sind, bleiben die Reserven,<br />
die zur Muskelaktivierung freigesetzt werden,<br />
ungenutzt. Kommen permanent neue<br />
<strong>Stress</strong>reize hinzu, ohne dass der Mensch die<br />
notwendigen Erholungsphasen einhält, richten<br />
sich die <strong>Stress</strong>reaktionen schließlich gegen<br />
den eigenen Körper – mit zum Teil<br />
schwerwiegenden gesundheitlichen Konsequenzen.<br />
Das Spektrum möglicher Beeinträchtigungen<br />
reicht von Muskelverspannungen,<br />
Kopfschmerzen und Magenproblemen über<br />
psychische Leiden wie Depressionen und<br />
Angststörungen bis hin zu lebensbedrohlichen<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Selbst<br />
wenn der <strong>Stress</strong> die Beschwerden nicht immer<br />
unmittelbar auslöst, kann er sie doch<br />
verschlimmern.<br />
Nicht in jedem Fall sind äußere Umstände<br />
die Ursache für <strong>Stress</strong>. Oft ist es auch die individuelle<br />
Lebenseinstellung. Je nach Persönlichkeit<br />
bewerten Menschen ein Ereignis unterschiedlich,<br />
ja gegensätzlich. Selbst geringfügige<br />
Anlässe, die die meisten Menschen<br />
kaum belasten, empfinden andere als bedrohend.<br />
Gerade in der Berufswelt kommt es dadurch<br />
häufig zu einer gefährlichen Kettenreaktion,<br />
die bis zum Burnout führen kann.<br />
Mit der <strong>Studie</strong> „<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong>“ untersuchen<br />
die Herausgeber <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong><br />
und F.A.Z.-Institut auf der Basis<br />
einer aktuellen Bevölkerungsbefragung, wie<br />
gestresst Deutschland gegenwärtig ist. Wir<br />
wollten erfahren, welche Ursachen <strong>Stress</strong><br />
hervorrufen. Wie gehen die Menschen mit<br />
akutem Druck und Ärger um? Wie wirkt sich<br />
<strong>Stress</strong> auf ihre körperliche und seelische<br />
Gesundheit aus?<br />
Im Januar 2009 befragte das Berliner Meinungsforschungsinstitut<br />
forsa für uns 1.014<br />
Bundesbürger zwischen 14 und 65 Jahren zu<br />
ihrem persönlichen <strong>Stress</strong>pegel, dem Umgang<br />
mit <strong>Stress</strong> sowie dessen gesundheitlichen<br />
Folgen. Die interviewten Personen<br />
repräsentieren den Querschnitt der Bevölkerung<br />
in Deutschland in dieser Altersgruppe.<br />
Die Erhebung erfolgte im Rahmen einer<br />
Mehrthemenumfrage mittels computergestützter<br />
Telefoninterviews anhand eines<br />
strukturierten Fragebogens (Computer Aided<br />
Telephone Interviewing oder CATI-Methode).<br />
Das Einführungskapitel erläutert den Begriff<br />
<strong>Stress</strong>. Des Weiteren stellt das Kapitel Gesundheitstrends<br />
rund um dieses Thema und aktuelle<br />
Erkenntnisse der <strong>Stress</strong>forschung dar.<br />
Relevante Internetseiten und Hinweise auf<br />
weiterführende Literatur finden Sie auf<br />
Seite 29.<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong><br />
F.A.Z.-Institut<br />
3
Zusammenfassung<br />
Deutschland im <strong>Stress</strong><br />
<strong>Stress</strong> ist in Deutschland allgegenwärtig. Alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten<br />
sind davon betroffen. Ob am Arbeitsplatz, zu Hause,<br />
in der Schule oder in der Berufsbildung: Überall lauern <strong>Stress</strong>fallen.<br />
Durch wachsenden Druck wird die Anspannung für viele Menschen zu<br />
einem Dauerzustand. Das wirkt sich gravierend auf die Gesundheit und<br />
das Wohlbefinden aus.<br />
4<br />
JEDER DRITTE DEUTSCHE UNTER DAUERDRUCK<br />
Mehr als 80 Prozent der Deutschen klagen<br />
über <strong>Stress</strong>. Bei etwa jedem Dritten ist die Anspannung<br />
schon zum Dauerzustand geworden.<br />
Das Phänomen <strong>Stress</strong> berührt alle Bevölkerungsschichten,<br />
unabhängig vom Alter<br />
und sozialen Status. 30- bis 39-Jährige sind davon<br />
am stärksten betroffen. Als Ursache nennen<br />
die Menschen in erster Linie Belastungen<br />
am Arbeitsplatz, in der Schule und im Studium.<br />
Dahinter folgen finanzielle Sorgen sowie<br />
<strong>Stress</strong> im Straßenverkehr.<br />
ARBEITEN BIS ZUR BELASTUNGSGRENZE: WORK-<br />
LIFE-BALANCE AUS DEM LOT<br />
Der Berufsalltag bringt viele Menschen an<br />
die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Jeder dritte<br />
Berufstätige arbeitet nach eigener Aussage<br />
häufig am Limit. Das gilt besonders für Menschen,<br />
die unregelmäßige Arbeitszeiten<br />
haben oder im Schichtdienst tätig sind. Vor<br />
allem in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen<br />
kommen Privatleben, Familie und Freunde<br />
durch die beruflichen Verpflichtungen oft<br />
zu kurz. Mehr als jeder zweite Erwerbstätige<br />
bezeichnet Hetze und Termindruck am<br />
Arbeitsplatz als Hauptgründe für <strong>Stress</strong>. Zudem<br />
leiden die Beschäftigten unter Informationsüberflutung<br />
und der permanenten Erreichbarkeit<br />
via E-Mail, Handy und Blackberry.<br />
Daneben verursachen ungenaue Anweisungen<br />
und Vorgaben sowie ein zu hohes<br />
Arbeitspensum den größten <strong>Stress</strong> im Job.<br />
Ein Urlaub hilft nach Ansicht der Befragten<br />
in dieser Lage nur kurzzeitig. 52 Prozent geben<br />
an, dass der Erholungseffekt schnell verpufft.<br />
GESTRESST SCHON IN DER SCHULZEIT<br />
Neun von zehn Schülern und <strong>Studie</strong>renden<br />
klagen über <strong>Stress</strong>. 30 Prozent stehen nach<br />
eigener Aussage häufig oder permanent<br />
unter Druck. <strong>Stress</strong>faktor Nummer eins sind<br />
Prüfungssituationen, dicht gefolgt von dem<br />
allgemein starken Leistungsdruck. Auch die<br />
Sorge um eine unsichere Zukunft belastet<br />
viele junge Menschen. 37 Prozent befürchten,<br />
nach ihrer Ausbildung keinen Arbeitsplatz<br />
zu finden. Weitere <strong>Stress</strong>verursacher in<br />
den Schulen und Hochschulen sind Auseinandersetzungen<br />
mit Mitschülern bzw.<br />
Kommilitonen. Bei jedem siebten Schüler<br />
und <strong>Studie</strong>renden lösen zudem Konflikte mit<br />
Lehrern oder Dozenten <strong>Stress</strong>gefühle aus.<br />
STRESSFALLE FAMILIE: HAUSFRAUEN<br />
GESTRESSTER ALS MANAGER<br />
Weit mehr, als es im Bevölkerungsdurchschnitt<br />
der Fall ist, stehen diejenigen Menschen<br />
unter <strong>Stress</strong>, die ihr Leben in erster<br />
Linie der Familie widmen. 95 Prozent der<br />
Hausfrauen und Hausmänner fühlen sich<br />
stressbelastet, 38 Prozent leiden unter häufigem<br />
bis dauerhaftem Druck. Dabei sind die<br />
Kindererziehung und die Sorge um die
Finanzen der Familie jeweils für ein Drittel<br />
der Betroffenen die größten <strong>Stress</strong>quellen.<br />
Für die Familie und den Partner stellen<br />
insbesondere weibliche Befragte oftmals<br />
eigene Interessen zurück. Jede zweite Frau<br />
setzt sich unter Druck, weil sie es immer<br />
allen recht machen möchte. Menschen, die<br />
sich darüber hinaus um kranke oder ältere<br />
Angehörige kümmern, sehen dies mit einem<br />
Anteil von 41 Prozent als ihre Hauptbelastung<br />
an.<br />
KEIN JOB, KEINE PERSPEKTIVE: ZUKUNFTSANGST<br />
GRÖSSTER STRESSFAKTOR FÜR ARBEITSLOSE<br />
Arbeitslosigkeit stellt für die meisten Betroffenen<br />
eine große psychische Belastung dar.<br />
Vier von zehn leben in permanenter Sorge<br />
um den Lebensunterhalt, ein Drittel bangt<br />
um die Altersversorgung. Zudem kommen<br />
Selbstzweifel auf. Jeder fünfte Erwerbslose<br />
befürchtet, nicht mit gesellschaftlichen und<br />
technischen Entwicklungen Schritt halten<br />
zu können. 28 Prozent haben Angst, den Neubzw.<br />
Wiedereinstieg in das Berufsleben nicht<br />
zu schaffen. Die ständige Anspannung führt<br />
bei den Betroffenen unter anderem zu Magenbeschwerden<br />
und Rückenleiden, raubt ihnen<br />
den Schlaf und verursacht seelische<br />
Störungen wie Depressionen.<br />
KÖRPER UND PSYCHE LEIDEN UNTER<br />
DAUERSTRESS<br />
Wer oft gestresst ist, ist anfälliger für körperliche<br />
und seelische Erkrankungen. Jeder fünfte<br />
Befragte ist davon überzeugt, dass der<br />
<strong>Stress</strong> bei ihm bereits gesundheitliche Folgen<br />
hat. Die Symptome sind vielfältig: So leiden<br />
zwei Drittel der Vielgestressten unter Muskelverspannungen<br />
und Rückenschmerzen. 57<br />
Prozent von ihnen sind ständig erschöpft,<br />
zum Teil sogar ausgebrannt. Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen, die in Deutschland nach wie<br />
vor die meisten Todesfälle verursachen,<br />
treten bei den Menschen unter Dauerdruck<br />
doppelt so häufig auf wie bei den wenig bis<br />
gar nicht Gestressten. Auch Kopfschmerzen,<br />
Jeder dritte Deutsche unter Dauerdruck<br />
(Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der insgesamt 1.014 Befragten)<br />
gelegentlich gestresst<br />
50<br />
22<br />
häufig gestresst<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
10<br />
17<br />
1<br />
nie gestresst<br />
w.n./k.A.<br />
ständig gestresst<br />
Muskelverspannungen und Rückenschmerzen am häufigsten<br />
(Angaben zu häufigen bzw. dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen,<br />
in % der insgesamt 1.014 Befragten1) )<br />
Muskelverspannungen und Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl, ausgebrannt zu sein<br />
Kopfschmerzen, Migräne<br />
Erkältungskrankheiten<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Schlafstörungen<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Übelkeit, Magenbeschwerden<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
Tinnitus, Ohrgeräusche<br />
12<br />
12<br />
12<br />
9<br />
31<br />
28<br />
26<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Polterer oder Problemlöser? Die Ärgertypen im Überblick<br />
(Selbsteinschätzung zum Umgang mit Ärger und Konflikten, in % der insgesamt<br />
1.014 Befragten)<br />
47<br />
Problemlöser<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
20<br />
20<br />
w.n./k.A. In-sich-Hineinfresser<br />
3 10<br />
Polterer<br />
28<br />
12<br />
Konfliktvermeider<br />
53<br />
5
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
6<br />
Nervosität, Angstzustände, eine niedergedrückte<br />
Stimmung und Schlafstörungen stellen<br />
sich umso häufiger ein, je gestresster sich<br />
ein Mensch fühlt.<br />
PROBLEMLÖSER LEBEN GESÜNDER<br />
Über das subjektiv empfundene <strong>Stress</strong>niveau<br />
und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit<br />
und das Wohlbefinden entscheidet auch<br />
der individuelle Umgang mit Ärger oder Problemen.<br />
Dabei haben sich in der Befragung<br />
vier unterschiedliche <strong>Stress</strong>bewältigungstypen<br />
herauskristallisiert: Menschen, die<br />
sich in Belastungssituationen nicht aus der<br />
Ruhe bringen lassen, konstruktive Lösungen<br />
suchen und sich bemühen, aus jeder Situation<br />
das Beste zu machen (so genannte<br />
„Problemlöser“), fühlen sich weniger gestresst<br />
und sind deutlich gesünder als der<br />
Bevölkerungsdurchschnitt. Die Neigung,<br />
Dinge persönlich zu nehmen und seinem<br />
Ärger lautstark Luft zu machen („Polterer“),<br />
sowie die Tendenz, eigene Interessen zurückzustellen,<br />
um Konflikte zu vermeiden („Konfliktvermeider“),<br />
steigern dagegen das <strong>Stress</strong>niveau.<br />
Den höchsten <strong>Stress</strong>pegel weisen diejenigen<br />
Menschen auf, die Probleme permanent<br />
herunterschlucken oder mit sich selbst<br />
ausmachen („In-sich-Hineinfresser“). Neben<br />
körperlichen Beeinträchtigungen wie Muskelverspannungen<br />
und Rückenschmerzen<br />
zeigen sich bei ihnen auch seelische Auswirkungen.<br />
18 Prozent von ihnen haben depressive<br />
Verstimmungen, 31 Prozent leiden unter<br />
Schlafstörungen, und 41 Prozent zeigen Anzeichen<br />
eines Burnout-Syndroms.<br />
SPORT UND BEWEGUNG AN DER FRISCHEN LUFT<br />
ENTSPANNEN AM BESTEN<br />
Die bevorzugten Mittel gegen <strong>Stress</strong> sind für<br />
72 Prozent der Deutschen eine sportliche<br />
Betätigung oder Bewegung an der frischen<br />
Luft. Sieben von zehn Befragten bauen Druck<br />
ab, indem sie Probleme mit dem Lebenspartner,<br />
der Familie oder Freunden besprechen.<br />
Insbesondere ein Großteil der jüngeren Befragten<br />
sowie jeder zweite Abiturient oder<br />
Hochschulabgänger entspannt sich gerne vor<br />
dem Fernseher oder dem Computer. Rund ein<br />
Viertel der Menschen greift bei <strong>Stress</strong> zu Alkohol,<br />
Zigaretten, Chips und Süßigkeiten.<br />
Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen<br />
den Geschlechtern. Während vor allem<br />
Männer bei <strong>Stress</strong> gerne zu einem Glas Wein<br />
oder Bier greifen, bevorzugen Frauen Chips<br />
oder Schokolade. Entspannungstechniken<br />
wie Yoga, Meditation oder autogenes Training<br />
praktiziert derzeit mit 15 Prozent nur<br />
eine Minderheit. Diese speziellen Entspannungsformen<br />
sprechen tendenziell eher<br />
Frauen, Menschen ab 50 sowie die Bewohner<br />
von Großstädten an.<br />
Die verschiedenen Wege des <strong>Stress</strong>abbaus<br />
sind unterschiedlich effektiv. Dies zeigt sich<br />
sowohl im subjektiv empfundenen <strong>Stress</strong>niveau<br />
als auch im Gesundheitszustand der<br />
Befragten. Während die Einnahme von Genussmitteln<br />
sowie die Flucht vor den Fernseher<br />
oder Computer keine aktive Auseinandersetzung<br />
mit der Drucksituation darstellen,<br />
sondern diese nur kurzzeitig verdrängen,<br />
helfen körperliche Aktivitäten sowie das<br />
Gespräch mit Vertrauten den Betroffenen<br />
auch längerfristig, Belastungsphasen besser<br />
zu bewältigen.<br />
BADEN-WÜRTTEMBERG HAT HÖCHSTE<br />
STRESSRATE<br />
In der Bewertung der <strong>Stress</strong>belastung zeigen<br />
sich deutliche regionale Unterschiede. Besonders<br />
ausgeprägt ist der Druck in Baden-Württemberg.<br />
Auf Platz zwei der <strong>Stress</strong>skala liegen<br />
die nördlichen Bundesländer Schleswig-<br />
Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen,<br />
dicht gefolgt von Hessen, Rheinland-<br />
Pfalz und dem Saarland. In Bayern liegt das<br />
<strong>Stress</strong>niveau dagegen deutlich unter dem<br />
Bundesdurchschnitt. Der außergewöhnlich<br />
hohe Belastungswert in Baden-Württemberg<br />
erklärt sich größtenteils durch Druck am Arbeitsplatz.<br />
Fast jeder Zweite unter den Badenern<br />
und Schwaben fühlt sich in seinem<br />
Beruf gestresst. Auch Geldsorgen plagen die<br />
Baden-Württemberger überdurchschnittlich<br />
häufig.<br />
TENDENZ: STEIGEND!<br />
Mehr als die Hälfte der Befragten hat das Gefühl,<br />
ihr Leben sei in den letzten Jahren immer<br />
stressiger geworden. Hohe Anforderungen<br />
im Beruf, ein vernachlässigtes Privatleben<br />
sowie das Empfinden, zu wenig Einfluss<br />
auf die eigenen Arbeitsbedingungen zu haben,<br />
verstärken diese Wahrnehmung. Vor allem<br />
Menschen unter 40 Jahren sind zudem<br />
davon überzeugt, dass sich dieser Trend fortsetzt:<br />
Sie glauben, dass der <strong>Stress</strong> in ihrem<br />
persönlichen Umfeld und im Beruf in den<br />
nächsten Jahren weiter zunehmen wird.
ZUSAMMENSETZUNG DER BEFRAGTEN<br />
Die 1.014 befragten deutschsprachigen Bürger<br />
zwischen 14 und 65 Jahren repräsentieren<br />
den Querschnitt der Bevölkerung in<br />
dieser Altersgruppe.<br />
Sie unterteilen sich nach Geschlecht in 49,6<br />
Prozent Frauen und 50,4 Prozent Männer.<br />
25,1 Prozent der Befragten fallen in die Altersgruppe<br />
der 14- bis 29-Jährigen. 17,8 Prozent<br />
sind 30 bis 39 Jahre und 23 Prozent 40<br />
bis 49 Jahre alt. Der ältesten Gruppe von 50<br />
bis 65 Jahren gehören 34,1 Prozent der Befragten<br />
an.<br />
Nach Bildungsabschluss unterteilen sich<br />
die Befragten in 38 Prozent Hauptschulabsolventen,<br />
31,7 Prozent mit mittlerem Bildungsabschluss<br />
sowie 29,1 Prozent Abiturienten<br />
und Hochschulabgänger.<br />
12,6 Prozent gehören der untersten Einkommensgruppe<br />
an, deren Haushaltsnettoeinkommen<br />
unter 1.000 Euro liegt.<br />
21,6 Prozent verdienen zwischen 1.000 und<br />
2.000 Euro. Bei 21,9 Prozent liegt das Haushaltsnettoeinkommen<br />
zwischen 2.000 und<br />
3.000 Euro. Besserverdiener mit einem<br />
Haushaltsnettoeinkommen ab 3.000 Euro<br />
sind 17,8 Prozent.<br />
57,5 Prozent der Befragten sind erwerbstätig,<br />
42,5 Prozent sind es nicht. 83,7 Prozent<br />
der Erwerbstätigen gehen einer Vollzeitbeschäftigung<br />
nach. 18,5 Prozent arbeiten<br />
im Schichtdienst.<br />
11,2 Prozent der Befragten sind Hausfrauen<br />
bzw. Hausmänner. 13,8 Prozent pflegen ältere<br />
oder kranke Angehörige. 58,7 Prozent<br />
sind verheiratet, 38,4 Prozent sind ledig.<br />
35,2 Prozent leben in einem Haushalt mit<br />
Kindern.<br />
Befragte nach Altersgruppen<br />
(Anteile der Befragten nach Alter, in % der insgesamt 1.014 Befragten)<br />
50 bis 65 Jahre<br />
34,1<br />
23,0<br />
40 bis 49 Jahre<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Abitur / Hochschule<br />
Mittlerer Abschluss<br />
keine Antwort<br />
1,2<br />
25,1<br />
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
14 bis 29 Jahre<br />
17,8<br />
30 bis 39 Jahre<br />
Befragte nach Bildungsniveau<br />
(Anteile der Befragten nach Bildungsniveau, in % der insgesamt 1.014 Befragten)<br />
29,1<br />
31,7<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Hauptschule<br />
38,0<br />
Befragte nach Art der Tätigkeit<br />
(Angaben zu beruflichen und häuslichen Tätigkeiten, in % der insgesamt<br />
1.014 Befragten1) )<br />
Vollzeitbeschäftigung<br />
Teilzeitbeschäftigung<br />
Regelmäßige Arbeitszeit<br />
Unregelmäßige Arbeitszeit<br />
Schichtdienst<br />
Heimarbeit<br />
Hausfrau/Hausmann<br />
Betreuung kranker oder älterer Angehöriger<br />
Schüler/Student<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
5,5<br />
11,2<br />
10,7<br />
11,2<br />
10,6<br />
14,0<br />
13,8<br />
42,4<br />
48,1<br />
7
<strong>Stress</strong> – die unterschätzte<br />
Alltagsgefahr<br />
� Vom Überlebensprogramm zur Zivilisationsplage<br />
� Dauerstress schadet der Gesundheit<br />
� Eustress versus Disstress<br />
� Belastungen in der Arbeitswelt nehmen zu<br />
� Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch<br />
� Kampf dem <strong>Stress</strong>: Strategien gegen Überforderung<br />
8<br />
Jeder Mensch kennt <strong>Stress</strong>. Die Aussage<br />
„ich bin gestresst“ gehört beinahe zum<br />
guten Ton und ist für manchen eine Art<br />
Selbstbestätigung. Doch was bezeichnet<br />
<strong>Stress</strong> genau? Das englische Wort „stress“<br />
kommt aus der Physik und benennt das Verhalten<br />
von Elementarteilchen unter Druck.<br />
In der Materialprüfung steht der Begriff für<br />
die Anspannung und Verzerrung von Metallen<br />
sowie von Glas.<br />
Der ungarisch-kanadische Mediziner Hans<br />
Selye, der als Pionier der <strong>Stress</strong>forschung gilt,<br />
übertrug den Begriff in der Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
erstmals auf den Menschen. Schon<br />
Jahre zuvor hatte er entdeckt, dass äußere<br />
Reize wie Hitze, Lärm und die Einnahme toxischer<br />
Substanzen, aber auch emotionale<br />
Faktoren wie etwa Kummer fast identische<br />
Reaktionen des Körpers hervorrufen. Seine<br />
Entdeckung bezeichnete er als allgemeines<br />
Anpassungssyndrom. Die auslösenden Faktoren<br />
heißen <strong>Stress</strong>oren. Inzwischen ist <strong>Stress</strong><br />
weltweit ein Synonym für körperliche und<br />
seelische Reaktionen auf Belastungen.<br />
VOM ÜBERLEBENSPROGRAMM ZUR<br />
ZIVILISATIONSPLAGE<br />
Durch <strong>Stress</strong>reaktionen ist der Mensch in der<br />
Lage, sich auf schnell wechselnde Lebensumstände<br />
einzustellen. Sie sind ein uralter Mechanismus,<br />
dessen Hauptziel es war, das<br />
Überleben zu sichern. In einer Gefahrensituation<br />
aktiviert das Gehirn den gesamten<br />
Organismus und setzt Energiereserven frei,<br />
um je nach Art der Bedrohung blitzschnell<br />
angreifen oder fliehen zu können. Über die<br />
Nervenbahnen erfolgt das Signal an die<br />
Nebenniere, <strong>Stress</strong>hormone und Neurotransmitter<br />
wie Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol<br />
auszuschütten. Sie lösen zahlreiche biochemische<br />
Reaktionen im Körper aus.<br />
Körperliche <strong>Stress</strong>reaktionen<br />
� Das Herz schlägt schneller, und der Blutdruck<br />
steigt. Dadurch werden vermehrt Sauerstoff<br />
und Zucker zu den Muskeln transportiert.<br />
� Die Atmung beschleunigt sich, um die Sauerstoffaufnahme<br />
zu erhöhen.<br />
� Die Verdauung wird heruntergeschaltet.<br />
� Blut wird von der Haut und den inneren Organen<br />
weg zum Gehirn und den Skelettmuskeln<br />
geleitet.<br />
� Die Muskeln spannen sich an.<br />
� Die Blutgefäße verengen sich, und die Blutgerinnungsfähigkeit<br />
steigt, um den Körper bei<br />
Verletzungen vor unnötigem Blutverlust zu<br />
schützen.<br />
� Es wird vermehrt Schweiß abgesondert, weil<br />
der Körper Kühlung braucht.<br />
� Die Pupillen weiten sich.<br />
� Die Leber wandelt Glykogen in Glukose um,<br />
die sich mit freien Fettsäuren verbindet, um<br />
Sofortenergie für die Muskeln bereitzustellen.<br />
� Die Schmerzempfindlichkeit sinkt.
Die <strong>Stress</strong>reaktion kennt vier Phasen:<br />
1. Orientierungsphase: Ein äußerer Reiz,<br />
beispielsweise ein Geräusch, erreicht das<br />
Zwischenhirn. Dort wird entschieden, ob<br />
es sich um eine Bedrohung handelt. Falls<br />
ja, kommt es zur<br />
2. Alarm- oder Aktivierungsphase: Der gesamte<br />
Organismus rüstet sich für die Auseinandersetzung<br />
mit der Gefahr. Nicht<br />
unmittelbar lebensnotwendige Funktionen<br />
wie die Verdauung und der Stoffwechsel<br />
werden vorübergehend eingestellt.<br />
3. Anpassungs- oder Handlungsphase: Die<br />
bereitgestellten Energiereserven werden<br />
verbraucht, beispielsweise in einem<br />
Kampf oder auf der Flucht. Im Anschluss<br />
benötigt der Mensch eine<br />
4. Erholungsphase: Ist die Gefahr vorüber,<br />
kann der Organismus regenerieren, die<br />
Energiespeicher füllen sich wieder auf.<br />
DAUERSTRESS SCHADET DER GESUNDHEIT<br />
Die meisten <strong>Stress</strong>auslöser von heute sind<br />
nicht unmittelbar lebensbedrohlich. Auch ist<br />
ein körperlicher Angriff oder das Davonlaufen<br />
selten eine geeignete Option. Die für die<br />
Bewegung mobilisierten Energiereserven<br />
bleiben somit ungenutzt. Wenn immer neue<br />
<strong>Stress</strong>faktoren hinzukommen und die Anpassungs-<br />
und Erholungsphase ausbleibt, werden<br />
die Energievorräte des Körpers früher<br />
oder später erschöpft. Die gestauten <strong>Stress</strong>hormone<br />
richten sich dann gegen den eigenen<br />
Organismus. Der schaltet auf Daueralarm<br />
und ist irgendwann nicht mehr in der<br />
Lage, angemessen auf äußere Anforderungen<br />
und Belastungen zu reagieren.<br />
Zu den naheliegenden gesundheitlichen Folgen<br />
gehören Muskelverspannungen und<br />
Bluthochdruck. Weitere mögliche Konsequenzen<br />
sind Störungen des Verdauungssystems,<br />
eine geschwächte Immunabwehr sowie<br />
depressive Verstimmungen aufgrund einer<br />
überhöhten Kortisolausschüttung. Auch<br />
ernsthafte Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind<br />
möglich. So setzen sich die freigesetzten<br />
Fette als Cholesterin an den Gefäßwänden ab,<br />
was zu Arterienverkalkung und Infarkten<br />
führen kann.<br />
Forscher der Universität von Kalifornien haben<br />
herausgefunden, dass <strong>Stress</strong> zudem den<br />
Alterungsprozess beschleunigen kann. Sie<br />
entdeckten, dass bei Frauen, die über viele<br />
Jahre einem erheblichen Druck ausgesetzt<br />
waren, die Telomere schwinden. Diese sitzen<br />
an den Enden der Erbgutstränge und bestimmen,<br />
wie oft sich die Körperzellen teilen können.<br />
Die Forscher vermuten, dass <strong>Stress</strong> die<br />
Bildung freier Radikale begünstigt, die dann<br />
wiederum die Zellalterung beschleunigen.<br />
Selbst wenn der <strong>Stress</strong> die meisten Erkrankungen<br />
nicht alleine auslöst, kann er sie<br />
doch verschlimmern. Zudem neigen Menschen<br />
unter Drucksituationen häufiger zu<br />
gesundheitsschädigenden Verhaltensweisen<br />
wie einer ungesunden Ernährung, wenig Bewegung<br />
und dem Konsum von Nikotin und<br />
Alkohol.<br />
EUSTRESS VERSUS DISSTRESS<br />
Ob eine Anforderung als Herausforderung<br />
oder als Belastung empfunden wird, ist individuell<br />
verschieden und wird von der eigenen<br />
Persönlichkeitsstruktur beeinflusst. Dabei<br />
spielen die Grundeinstellung zum Leben,<br />
die Belastbarkeit und Begabungen eine Rolle.<br />
Fachleute unterscheiden hier zwei Arten von<br />
<strong>Stress</strong>. Eustress (griechisch „eu“ = gut) ist die<br />
positive Form von <strong>Stress</strong>. Sie spornt zu körperlichen<br />
und geistigen Höchstleistungen an<br />
und löst insbesondere in Wettbewerbssituationen<br />
Glücksmomente aus.<br />
Die negative Art von <strong>Stress</strong> ist der Disstress<br />
(lateinisch „dis“ = schlecht). Sie wird als belastend<br />
empfunden und führt dazu, dass man<br />
sich hilflos und ausgeliefert fühlt. Beim Disstress<br />
entsteht ein Missverhältnis zwischen<br />
9
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
10<br />
dem, was ein Mensch erreichen möchte, und<br />
dem, wozu er tatsächlich in der Lage ist. Entscheidend<br />
ist die <strong>Stress</strong>dosis. Sie wird durch<br />
Häufigkeit, Dauer und Intensität des <strong>Stress</strong>es<br />
sowie durch die individuelle Bewertung der<br />
<strong>Stress</strong>faktoren bestimmt, denen ein Mensch<br />
ausgesetzt ist. Zu den Faktoren, die <strong>Stress</strong> herbeiführen,<br />
zählen äußere Umstände wie etwa<br />
Lärm, Wartezeiten, Krankheiten und Konflikte<br />
sowie innere Auslöser wie überhöhte<br />
Ansprüche und Erwartungen.<br />
BELASTUNGEN IN DER ARBEITSWELT NEHMEN ZU<br />
Vor allem im modernen Berufsleben ist es<br />
von der Anspannung zur Überforderung oft<br />
nur ein kleiner Schritt. Häufig sind personelle,<br />
technische und finanzielle Ressourcen in<br />
einem Unternehmen knapp. Wenn die qualitativen<br />
und quantitativen Anforderungen,<br />
die an einen Beschäftigten gestellt werden,<br />
seine zeitlichen Möglichkeiten oder seine<br />
Leistungsfähigkeit übersteigen, entsteht<br />
arbeitsbedingter <strong>Stress</strong>. Davon war laut der<br />
Europäischen Agentur für Sicherheit und<br />
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 2005<br />
etwa jeder vierte Arbeitnehmer in den EU-15-<br />
Ländern betroffen. Rund 60 Prozent der Fehlzeiten<br />
gehen ihren Angaben zufolge auf<br />
beruflichen <strong>Stress</strong> zurück, wodurch jährlich<br />
geschätzte Kosten von 20 Milliarden Euro entstehen.<br />
Meist ist Zeitknappheit der Grund,<br />
doch auch Konkurrenz- und Leistungsdruck,<br />
unklare Zielvorgaben sowie Langeweile und<br />
Unterforderung lösen <strong>Stress</strong> aus. Hinzu kommen<br />
soziale und organisatorische Faktoren<br />
wie belastende Arbeitszeiten (beispielsweise<br />
Schichtdienst), ein schlechtes Betriebsklima,<br />
die Angst um den Arbeitsplatz sowie die Unvereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie.<br />
Eine Ursache von extremem psychosozialen<br />
<strong>Stress</strong> ist das Mobbing. Dabei wird eine<br />
Person über einen längeren Zeitraum durch<br />
Kollegen oder Vorgesetzte schikaniert, herabgewürdigt<br />
oder ignoriert. Typische Formen<br />
des Mobbings sind üble Nachrede, die Zuweisung<br />
sinnloser Aufgaben, soziale Isolation<br />
und ständige Kritik. Die Betroffenen leiden<br />
häufig unter Ängsten und Schlafstörungen,<br />
ihr Selbstwertgefühl geht verloren. Mobbing<br />
kann auch Kopf- und Magenschmerzen sowie<br />
Leistungseinbrüche und Depressionen hervorrufen<br />
und zu krankheitsbedingten Fehltagen<br />
bis hin zur Arbeitsunfähigkeit führen.<br />
Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin sind in vielen Fällen mangelhafte<br />
betriebliche Rahmenbedingungen mit-<br />
<strong>Stress</strong>faktoren am Arbeitsplatz<br />
Arbeitsinhalt:<br />
� Monotone, uninteressante oder sinnlose<br />
Aufgaben (qualitative Unterforderung)<br />
� Zu komplizierte oder zu komplexe Aufgaben<br />
(qualitative Überforderung)<br />
� Unklare Arbeitsanweisungen und Ziele<br />
Arbeitsorganisation/Arbeitsprozesse:<br />
� Hoher Zeit- und/oder Leistungsdruck<br />
� Mangelnde Koordination der Prozesse<br />
� Störungen des Arbeitsablaufs/<br />
außerplanmäßige Anforderungen<br />
Position/Rollenverständnis:<br />
� Unklare Verantwortungszuweisung/<br />
zu hohe Verantwortung<br />
� Rollenkonflikt oder Rollenunsicherheit<br />
� Zu wenig Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
Psychosoziale Bedingungen:<br />
� Betriebsklima und Führungsstil<br />
� Mangelnde soziale Unterstützung (bis hin<br />
zum Mobbing)<br />
� Kommunikationsbarrieren<br />
� Abhängigkeiten und Kooperationszwänge<br />
Arbeitsumgebung:<br />
� Lärm, Hitze, Lichtverhältnisse, Luftfeuchtigkeit<br />
� Schadstoffe<br />
� Unergonomischer Arbeitsplatz<br />
Organisatorische Rahmenbedingungen:<br />
� Belastende Arbeitszeiten<br />
(z.B. Schichtdienst, Überstunden)<br />
� Unfaire Lohnpolitik<br />
� Zu wenig Anerkennung/Statusprobleme<br />
� Negative Zukunftsaussichten (Arbeitsplatzunsicherheit,<br />
mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten)<br />
� Veränderungen und Umstrukturierungen<br />
Quellen: Nach Weltgesundheitsorganisation/<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>.<br />
verantwortlich. Dazu zählen eine unzureichende<br />
Arbeitsorganisation mit unklaren<br />
Kompetenzzuweisungen, der Karrierewettbewerb,<br />
aber auch betriebliche Umstrukturierungen,<br />
die häufig mit Arbeitsplatzunsicherheit<br />
einhergehen. So ist das Risiko für Arbeitnehmer,<br />
gemobbt zu werden, in solchen<br />
Organisationen hoch, die große technische<br />
Neuerungen einführen oder ihre Eigentümerstruktur<br />
verändern. Das wirkungsvollste Ge-
genmittel gegen Mobbing ist ein kompetentes<br />
und verantwortungsvolles Führungsverhalten,<br />
bei dem Vorgesetzte ihrer Fürsorgepflicht für<br />
den einzelnen Mitarbeiter gerecht werden und<br />
feste Regeln für das Miteinander etablieren.<br />
PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN AUF DEM<br />
VORMARSCH<br />
Kommt zum Arbeitsstress auch noch privater<br />
oder familiärer Druck hinzu, ist die Grenze der<br />
Belastbarkeit schnell erreicht. Im schlimmsten<br />
Fall kommt es zur völligen Erschöpfung. Die<br />
betroffene Person sieht in ihrem Leben keinen<br />
Sinn mehr, fühlt sich hilflos, ist frustriert und<br />
ausgebrannt. Dieser Zustand wird als Burnout-<br />
Syndrom bezeichnet.<br />
Laut dem Gesundheitsbericht des Bundes verursachten<br />
psychische Störungen und Erkrankungen<br />
in Deutschland 2006 Kosten in Höhe<br />
von 26,7 Milliarden Euro und bestätigten damit<br />
ihren Zuwachs der vorangegangenen Jahre.<br />
Damit haben sie erstmals die Krankheiten<br />
des Muskel- und Skelettsystems von Rang drei<br />
der teuersten Erkrankungen verdrängt. Die<br />
Zahl der Arbeitnehmer, die psychisch erkranken,<br />
steigt. Der Gesundheitsreport 2008 der<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong> belegt, dass die Mediziner<br />
2006 bereits bei jedem fünften Erwerbstätigen<br />
psychische Störungen diagnostizierten.<br />
Der Anteil der Frauen ist dabei höher als<br />
der der Männer. Fast jede dritte Frau zwischen<br />
15 und 65 Jahren war von psychischen Störungen<br />
betroffen.<br />
Im Durchschnitt sind Arbeitnehmer elf Tage<br />
pro Jahr krankgeschrieben. Davon entfallen<br />
mehr als zehn Prozent auf psychisch bedingte<br />
Beschwerden. Zu den häufigsten Diagnosen<br />
zählten Depressionen, Reaktionen auf<br />
schwere Belastungen und psychisch bedingte<br />
körperliche Beschwerden wie beispielsweise<br />
Herzrasen. Auch stieg die Zahl der verschriebenen<br />
Psychopharmaka, allen voran der Antidepressiva.<br />
Sie stehen auf der Liste der am<br />
meisten verordneten Medikamente auf Platz<br />
acht. Besonders gefährdet sind Callcenter-<br />
Mitarbeiter oder Menschen, die soziale Berufe<br />
ausüben.<br />
KAMPF DEM STRESS: STRATEGIEN GEGEN<br />
ÜBERFORDERUNG<br />
<strong>Stress</strong>situationen lassen sich im Alltag nie<br />
ganz vermeiden, aber die Reaktion darauf ist<br />
zum Teil steuerbar. Der erste Schritt ist, die<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt.<br />
Belastung zu erkennen und richtig einzuschätzen.<br />
Dies setzt eine genaue Analyse des<br />
eigenen Verhaltens voraus, auf deren Basis<br />
gezielt Gegenmaßnahmen ergriffen werden<br />
können. Welche <strong>Stress</strong>bewältigungsstrategie<br />
den größten Erfolg verspricht, ist individuell<br />
verschieden. Neben Entspannungstechniken<br />
helfen insbesondere Sport und Bewegung,<br />
die durch <strong>Stress</strong> freigesetzten Energiereserven<br />
abzubauen und längerfristig schädliche<br />
Auswirkungen der <strong>Stress</strong>reaktion zu vermeiden.<br />
Auch die Arbeitgeber sind gefragt, die <strong>Stress</strong>belastung<br />
ihrer Mitarbeiter durch gezieltes<br />
<strong>Stress</strong>- und Ressourcenmanagement zu reduzieren.<br />
Das empfiehlt sich im eigenen Interesse,<br />
denn Beschäftigte, die dauerhaft überlastet<br />
sind, sind weniger leistungsfähig und<br />
öfter krank. Zudem setzen sich Arbeitgeber,<br />
die den Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter<br />
vernachlässigen, gemäß dem Arbeitsschutzgesetz<br />
einem Haftungsrisiko aus. Deshalb<br />
lohnt es sich für die Verantwortlichen, in ein<br />
gesundes Arbeitsumfeld zu investieren. Darüber<br />
hinaus sollten Betriebe gesundheitsdienliches<br />
Verhalten belohnen und den Mitarbeitern<br />
aufzeigen, wie sie mit <strong>Stress</strong>situationen<br />
besser umgehen können. Unterstützen können<br />
dabei die <strong>Krankenkasse</strong>n, die etwa entsprechende<br />
Leitfäden herausgeben und Seminare<br />
für Führungskräfte veranstalten.<br />
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
<strong>Stress</strong> ist Mitverursacher der häufigsten und teuersten<br />
Erkrankungen in Deutschland<br />
(Krankheitskosten in Deutschland 2006 nach ausgewählten Erkrankungen und<br />
Geschlecht in Milliarden Euro)<br />
Männer Frauen<br />
Krankheiten des<br />
Kreislaufsystems<br />
Krankheiten des<br />
Verdauungssystems<br />
Psychische und<br />
Verhaltensstörungen<br />
Krankheiten des<br />
Muskel-Skelett-Systems<br />
Tumore<br />
Hormonelle, Ernährungs- und<br />
Stoffwechselkrankheiten<br />
Krankheiten des<br />
Atmungssystems<br />
5,630<br />
6,997<br />
6,130<br />
5,932<br />
9,788<br />
9,607<br />
7,861<br />
9,246<br />
16,879<br />
18,300<br />
15,740<br />
16,911<br />
16,869<br />
17,023<br />
11
Ergebnisse der Bürgerbefragung<br />
Volksleiden <strong>Stress</strong><br />
Ob Hausfrau, Schüler oder Topmanager: <strong>Stress</strong> betrifft in<br />
Deutschland alle Lebensbereiche, Altersgruppen und Gesellschaftsschichten.<br />
Acht von zehn Deutschen fühlen sich gestresst,<br />
ein Drittel der Menschen steht sogar unter Dauerdruck.<br />
Mehr als jeder Zweite glaubt, dass die Belastungen in<br />
den letzten Jahren zugenommen haben. Dabei stehen vor<br />
allem junge Erwachsene zwischen 30 und 40 Jahren beruflich<br />
wie privat unter großem Druck. Als Hauptursache geben die<br />
Menschen die wachsenden Anforderungen am Arbeitsplatz, in<br />
der Schule beziehungsweise in der Ausbildung an.<br />
12<br />
gelegentlich gestresst<br />
49<br />
häufig gestresst<br />
25 19<br />
<strong>Stress</strong> prägt den Alltag der meisten Deutschen.<br />
82 Prozent der befragten Frauen<br />
und Männer fühlen sich von Zeit zu Zeit<br />
gestresst. Etwa jeder Dritte steht häufig oder<br />
sogar ständig unter Druck. Frauen beklagen<br />
öfter regelmäßigen <strong>Stress</strong> als die männlichen<br />
Interviewten (35 Prozent gegenüber 29 Prozent).<br />
Besonders stark betroffen sind Menschen<br />
mittleren Alters, allen voran die 30- bis<br />
39-Jährigen. Unter ihnen stehen vier von<br />
zehn Befragten unter Dauerdruck.<br />
Auch bei Haushalten mit ein bis zwei Kindern<br />
sowie bei Geschiedenen ist die tägliche<br />
Anspannung überdurchschnittlich groß. Es<br />
lässt sich hingegen kein direkter Bezug zwischen<br />
dem jeweiligen Schulabschluss der Befragten<br />
und ihrer <strong>Stress</strong>belastung erkennen.<br />
Der Anteil der häufig bzw. ständig gestressten<br />
Personen ist unter Abiturienten oder<br />
10<br />
ständig gestresst<br />
1<br />
21<br />
w.n./k.A.<br />
nie gestresst<br />
Hochschulabgängern nur geringfügig höher<br />
als bei Menschen mit einem niedrigeren<br />
Bildungsabschluss (34 Prozent gegenüber 31<br />
Prozent). Gleichermaßen gering fallen die<br />
Unterschiede in der Dauerstressbelastung<br />
zwischen Großstädtern (34 Prozent) und Bewohnern<br />
kleinerer und mittelgroßer Städte<br />
(je 31 Prozent) aus.<br />
JOB- UND LERNSTRESS VOR FINANZIELLEN<br />
SORGEN<br />
Als Hauptgrund für <strong>Stress</strong> nennen 43 Prozent<br />
der Befragten die hohen Anforderungen am<br />
Arbeitsplatz bzw. in Schule oder Studium.<br />
Für mehr als jeden zweiten Vollzeitbeschäftigten<br />
stehen Jobbelastungen an oberster<br />
Stelle der <strong>Stress</strong>skala. Führungskräfte empfinden<br />
mit einem Anteil von 62 Prozent noch<br />
Frauen leiden häufiger unter Dauerstress (Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der insgesamt 1.014 Befragten nach Geschlecht)<br />
Männer Frauen<br />
gelegentlich gestresst<br />
51<br />
häufig gestresst<br />
25<br />
10<br />
w.n./k.A.<br />
ständig gestresst<br />
1<br />
13<br />
nie gestresst<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.
Mittlere Altersgruppen sind besonders<br />
stark belastet (Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in %<br />
der insgesamt 1.014 Befragten nach Alter)<br />
ständig gestresst häufig gestresst<br />
14–29 Jahre<br />
30–39 Jahre<br />
40–49 Jahre<br />
50–65 Jahre<br />
7<br />
14<br />
12<br />
10<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
stärkeren Druck. Gut drei Viertel der Schüler<br />
und <strong>Studie</strong>renden klagen über Lernstress.<br />
Bereits auf Rang zwei der Auslöser von <strong>Stress</strong><br />
steht im Bevölkerungsdurchschnitt die Sorge<br />
um das finanzielle Auskommen. Sie plagt<br />
angesichts der derzeit unsicheren Wirtschaftslage<br />
mehr als ein Viertel der Befragten.<br />
Ein erhebliches <strong>Stress</strong>potenzial birgt<br />
auch der Straßenverkehr. Jeder vierte Befragte<br />
empfindet Fahrten zu Hauptverkehrszeiten,<br />
ob mit dem Auto oder mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln, als belastend. Staus und<br />
Verspätungen, rücksichtslose Verkehrsteilnehmer,<br />
überfüllte Busse und Bahnen sowie<br />
Parkplatzmangel sorgen bei vielen Menschen<br />
für einen erhöhten Adrenalinausstoß.<br />
Mehr als jeden fünften Befragten belasten<br />
Konflikte mit dem Partner, im Verwandtenoder<br />
Bekanntenkreis. Insbesondere Schüler<br />
und <strong>Studie</strong>rende haben mit einem Anteil von<br />
fast 30 Prozent häufiger Beziehungsstress<br />
oder anderen privaten Ärger.<br />
Zwar geben insgesamt nur rund 15 Prozent<br />
der Befragten Hausarbeit und Kindererziehung<br />
als spezielle <strong>Stress</strong>faktoren an. Doch<br />
mit einem Anteil von 38 Prozent fühlen sich<br />
Hausfrauen bzw. Hausmänner häufiger<br />
dauergestresst als beispielsweise Führungskräfte.<br />
Eine ganz besondere Belastung stellt<br />
die Betreuung kranker oder älterer Angehöriger<br />
dar. Laut Statistischem Bundesamt sind<br />
in Deutschland mehr als zwei Millionen Menschen<br />
pflegebedürftig. Etwa jeder siebte Be-<br />
17<br />
23<br />
30<br />
27 41<br />
25 37<br />
27<br />
Beruf, Schule und Studium sind die <strong>Stress</strong>auslöser Nr. 1<br />
(Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen, in % der insgesamt 1.014 Befragten 1) )<br />
Beruf, Schule oder Studium<br />
Finanzielle Sorgen<br />
Fahrten zu Hauptverkehrszeiten<br />
(z.B. mit Auto, Bus oder Bahn)<br />
Konflikte mit dem Lebenspartner,<br />
mit Verwandten oder im Bekanntenkreis<br />
Hausarbeit<br />
Kindererziehung<br />
Betreuung kranker oder älterer Angehöriger<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
fragte kümmert sich um pflege- oder betreuungsbedürftige<br />
Verwandte. 41 Prozent der<br />
Betroffenen sehen dies als ihre Hauptbelastung<br />
an.<br />
Dabei ist in Ansätzen noch immer die klassische<br />
Rollenverteilung der Geschlechter erkennbar:<br />
Während sich deutlich mehr Männer<br />
als Frauen in Beruf und Straßenverkehr<br />
gestresst fühlen, liegen die Frauen bei den<br />
<strong>Stress</strong>faktoren Haushalt und Kinder sowie bei<br />
der Betreuung von Angehörigen vorne. Auch<br />
Familiärer Druck lastet überwiegend auf den Frauen<br />
(Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen, in % der insgesamt 1.014 Befragten<br />
nach Geschlecht1) )<br />
Männer Frauen<br />
Beruf, Schule oder Studium<br />
38<br />
48<br />
Finanzielle Sorgen<br />
26<br />
27<br />
Fahrten zu Hauptverkehrszeiten<br />
(z.B. mit Auto, Bus oder Bahn)<br />
22<br />
28<br />
Konflikte mit dem Lebenspartner,<br />
19<br />
Verwandten oder im Bekanntenkreis<br />
23<br />
14<br />
Hausarbeit<br />
18<br />
Kindererziehung 9<br />
18<br />
Betreuung kranker oder älterer 8<br />
Angehöriger<br />
12<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
10<br />
14<br />
16<br />
21<br />
25<br />
27<br />
43<br />
13
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
Baden-Württemberg führt die <strong>Stress</strong>skala an /<br />
Bayern relativ entspannt<br />
(Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der insgesamt 1.014 Befragten nach Region)<br />
14<br />
ständig gestresst häufig gestresst<br />
Baden-Württemberg<br />
Bremen/Hamburg/Niedersachsen/<br />
Schleswig-Holstein<br />
Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland<br />
Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Berlin/Brandenburg/<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Bayern 2<br />
Konfliktsituationen im Verwandten- und<br />
Bekanntenkreis belasten die Frauen mehr.<br />
DAS GESTRESSTE LÄNDLE<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Jobstress vor allem in Nordwestdeutschland sowie in Baden-<br />
Württemberg (Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen, in % der<br />
insgesamt 1.014 Befragten nach Region 1) )<br />
Beruf, Schule, Studium Finanzielle Sorgen Fahrten zu Hauptverkehrszeiten<br />
Baden-Württemberg<br />
Bremen/Hamburg/Niedersachsen/<br />
Schleswig-Holstein<br />
Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland<br />
Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Berlin/Brandenburg/<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Bayern<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
8<br />
9<br />
12<br />
13<br />
12<br />
15<br />
20<br />
20<br />
18<br />
Deutliche regionale Unterschiede gibt es bei<br />
der Bewertung der <strong>Stress</strong>intensität. Besonders<br />
ausgeprägt ist das <strong>Stress</strong>empfinden in<br />
Baden-Württemberg. Auf Platz zwei der <strong>Stress</strong>skala<br />
liegt Nordwestdeutschland – Schleswig-<br />
22<br />
25<br />
26<br />
24<br />
27<br />
17<br />
21<br />
24<br />
25<br />
29<br />
26<br />
26<br />
17<br />
34<br />
34<br />
32<br />
26<br />
21<br />
29<br />
29<br />
37<br />
32<br />
39<br />
34<br />
41<br />
41<br />
35<br />
44<br />
30<br />
48<br />
47<br />
42<br />
Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen<br />
–, dicht gefolgt von der Region Hessen,<br />
Rheinland-Pfalz und Saarland. In Bayern liegt<br />
das <strong>Stress</strong>niveau dagegen deutlich unter dem<br />
Bundesdurchschnitt. 42 Prozent der Baden-<br />
Württemberger fühlen sich ständig oder häufig<br />
gestresst, in Bayern sind es nur 24 Prozent<br />
(Bundesdurchschnitt: 32 Prozent). Die hohe<br />
Belastung der Baden-Württemberger erklärt<br />
sich größtenteils mit <strong>Stress</strong> am Arbeitsplatz.<br />
Im Bundesland mit der derzeit niedrigsten<br />
Arbeitslosenquote, wie auch in den nordwestlichen<br />
Bundesländern, empfindet fast jeder<br />
zweite Befragte beruflichen Druck.<br />
Sorgen wegen des Geldes machen sich insbesondere<br />
die Baden-Württemberger sowie<br />
die Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />
und Thüringen (jeweils 34 Prozent). In letzteren<br />
ist auch der <strong>Stress</strong> im Straßenverkehr mit<br />
32 Prozent am größten. An zweiter Stelle<br />
steht diesbezüglich Nordrhein-Westfalen mit<br />
einem Anteil von 29 Prozent der Befragten.<br />
DEN ÄRGER BEWÄLTIGEN<br />
Der individuelle Umgang mit Ärger und<br />
Konflikten hat großen Einfluss auf das subjektive<br />
<strong>Stress</strong>empfinden. Wer gelernt hat,<br />
konstruktiv mit Ärger umzugehen, ist auch<br />
weniger anfällig für <strong>Stress</strong>. In der vorliegenden<br />
<strong>Studie</strong> werden vier Ärgerbewältigungsstrategien<br />
unterschieden:<br />
� Problemlöser: Menschen, die sich in Konfliktsituationen<br />
nicht aus der Ruhe bringen<br />
lassen, nach Lösungen suchen und sich<br />
bemühen, aus jeder Situation das Beste zu<br />
machen.<br />
� Polterer: Impulsive Menschen, die alles persönlich<br />
nehmen und ihrem Ärger lautstark<br />
Luft machen.<br />
� Konfliktvermeider: Menschen, die eigene<br />
Interessen zurückstellen, um Konflikte zu<br />
vermeiden.<br />
� In-sich-Hineinfresser: Menschen, die Probleme<br />
am liebsten mit sich selbst ausmachen<br />
und ihren Ärger herunterschlucken.<br />
Wer dazu neigt, Ärger permanent in sich hineinzufressen,<br />
erlebt <strong>Stress</strong> besonders stark.<br />
Fast jeder zweite Betroffene fühlt sich ständig<br />
oder häufig unter Druck. Auch bei den Polterern<br />
liegt der Anteil der Vielgestressten mit<br />
43 Prozent deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt.<br />
Unterdurchschnittlich von<br />
Dauerstress geplagt sind dagegen die Problemlöser<br />
(24 Prozent) sowie die Konfliktvermeider<br />
(27 Prozent).
STRESS NIMMT ZU<br />
Mehr als jeder zweite Deutsche glaubt, dass<br />
sein Leben in den letzten Jahren stressiger geworden<br />
ist. Vier von zehn Befragten und fast<br />
die Hälfte aller männlichen Interviewten<br />
erwarten, dass sich dieser Trend in den<br />
nächsten Jahren weiter fortsetzen wird. Vor<br />
allem Menschen in den Metropolen rechnen<br />
mit einem <strong>Stress</strong>zuwachs in der Zukunft.<br />
Dabei ist einer Bevölkerungsmehrheit durchaus<br />
bewusst, dass <strong>Stress</strong> auch konstruktiv<br />
sein kann. Um ein Ziel zu erreichen, nehmen<br />
drei Viertel der Menschen nach eigener Aussage<br />
Belastungen für absehbare Zeit in Kauf.<br />
Bei jedem Zehnten nimmt der <strong>Stress</strong> jedoch<br />
ein solches Ausmaß an, dass er sich wie in<br />
einem Hamsterrad gefangen fühlt. Vor allem<br />
Frauen leiden unter <strong>Stress</strong>folgen. Jede Zweite<br />
gibt an, sich selbst unter Druck zu setzen,<br />
weil sie es immer allen recht machen möchte.<br />
Ein Viertel der Frauen ist überzeugt, dass<br />
der <strong>Stress</strong> bereits ihre Gesundheit schädigt.<br />
Männer zeigen sich hier robuster. Nur 15 Prozent<br />
von ihnen sehen ihre Gesundheit durch<br />
<strong>Stress</strong> beeinträchtigt.<br />
Selbst nach einem Urlaub verpufft die Erholung<br />
schnell, sagt mehr als die Hälfte der<br />
Frauen und Männer. Ein allzu abrupter<br />
<strong>Stress</strong>abfall in den Ferien birgt sogar gesundheitliche<br />
Risiken. Während in Folge von<br />
Reisevorbereitungen und bei der Anfahrt<br />
zum Urlaubsziel das <strong>Stress</strong>niveau in vielen<br />
Fällen besonders hoch ist, lässt die Konzentration<br />
von <strong>Stress</strong>hormonen in den ersten<br />
Ferientagen meist schlagartig nach. Dadurch<br />
wird das komplette Immunsystem gedrosselt.<br />
Viren oder Bakterien, die auf den Körper einwirken,<br />
haben leichteres Spiel. Nach dem Urlaub<br />
müssen dann liegengebliebene Arbeiten<br />
aufgearbeitet werden, so dass der Entspannungseffekt<br />
in kurzer Zeit verbraucht<br />
ist.<br />
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
Hausfrauen fühlen sich stärker gestresst als Manager<br />
(Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der Befragten nach Art der Beschäftigung)<br />
ständig gestresst häufig gestresst<br />
Erwerbstätige allgemein<br />
Erwerbstätige in Führungspositionen<br />
Schüler/Student<br />
Hausfrau/Hausmann<br />
Betreuung kranker oder älterer Angehöriger<br />
6<br />
10<br />
10<br />
9<br />
24<br />
23<br />
26<br />
30<br />
33<br />
29<br />
36<br />
38<br />
9<br />
25 34<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
In-sich-Hineinfresser sind besonders stressbelastet, Problemlöser<br />
am wenigsten (Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der insgesamt 1.014 Befragten<br />
nach Ärgertypen)<br />
ständig gestresst häufig gestresst<br />
In-sich-Hineinfresser<br />
Polterer<br />
Konfliktvermeider<br />
Problemlöser<br />
Frauen leiden stärker unter <strong>Stress</strong>folgen; Männer erwarten <strong>Stress</strong>anstieg<br />
(Individuelle Einschätzungen zum Thema <strong>Stress</strong>, in % der Befragten nach Geschlecht 1) )<br />
75<br />
52<br />
48<br />
Männer<br />
32<br />
27<br />
15<br />
7<br />
6<br />
7<br />
Ich habe das Gefühl, dass mein Leben in den<br />
letzten Jahren immer stressiger geworden ist<br />
Ich erwarte, dass der <strong>Stress</strong> in meinem persönlichen<br />
Umfeld in den nächsten zwei Jahren weiter zunimmt<br />
Ich setze mich selbst unter Druck,<br />
da ich es immer allen recht machen möchte<br />
Ich kann nur schwer richtig abschalten<br />
<strong>Stress</strong> macht sich bei mir bereits durch<br />
gesundheitliche Folgen bemerkbar<br />
Ich fühle mich vor lauter <strong>Stress</strong><br />
wie in einem Hamsterrad gefangen<br />
Um ein Ziel zu erreichen, nehme ich <strong>Stress</strong><br />
für absehbare Zeit in Kauf<br />
14<br />
17<br />
21 27<br />
17 24<br />
29<br />
31<br />
43<br />
48<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
11<br />
Frauen<br />
25<br />
35<br />
38<br />
49<br />
50<br />
74<br />
15
Arbeiten am Limit<br />
Die wachsenden Anforderungen am Arbeitsplatz bringen<br />
viele Menschen an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Jeder<br />
dritte Berufstätige arbeitet häufig am Limit. Hauptursache<br />
für den Jobstress sind Termindruck und Hetze, von denen<br />
mehr als jeder zweite Erwerbstätige betroffen ist. Ein<br />
Drittel der Befragten leidet zudem unter dem Zwang zur<br />
ständigen Erreichbarkeit sowie der Informationsflut durch<br />
E-Mails, Handy und Co. Belastende Arbeitszeiten durch<br />
Überstunden oder Schichtdienst verstärken den Druck.<br />
16<br />
Im Berufsleben sind die <strong>Stress</strong>gefahren<br />
besonders groß. Arbeiten bis an die Grenze<br />
der Belastbarkeit – das ist für ein Drittel<br />
aller Erwerbstätigen Realität. Dabei treibt<br />
auch die Angst vor einem Jobverlust die Menschen<br />
an. Mehr als jeder Fünfte sorgt sich um<br />
seinen Arbeitsplatz. Etwa ebenso viele Beschäftigte<br />
belastet es, dass sie nur geringen<br />
Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen nehmen<br />
können. Dennoch besteht generell eine<br />
hohe Jobzufriedenheit. 88 Prozent der<br />
Befragten geben an, dass ihnen der Beruf<br />
Spaß macht. 53 Prozent fühlen sich von<br />
beruflichem Druck sogar angespornt.<br />
KNAPPE ZEIT STRESST AM MEISTEN<br />
Hauptursachen für den <strong>Stress</strong> am Arbeitsplatz<br />
sind bei über der Hälfte der Erwerbs-<br />
Mehr als die Hälfte der Berufstätigen leidet unter Termindruck<br />
und Hetze (Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen am Arbeitsplatz,<br />
in % der befragten Erwerbstätigen 1) )<br />
Termindruck oder Hetze<br />
Informationsüberflutung und ständige<br />
Erreichbarkeit, z.B. durch Handy, E-Mail etc.<br />
Ungenaue Anweisungen und Vorgaben<br />
Zu hohes Arbeitspensum<br />
Hohe Lärmbelastung<br />
Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten<br />
Monotone Tätigkeiten<br />
Unterforderung, Langeweile oder Leerlauf<br />
Konkurrenzkampf bzw. Aufstiegswettbewerb<br />
15<br />
15<br />
15<br />
33<br />
29<br />
28<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
21<br />
21<br />
52<br />
tätigen Hetze und Termindruck. Von dem<br />
Zwang, in immer kürzerer Zeit immer mehr<br />
erledigen zu müssen, sind mit einem Anteil<br />
von 62 Prozent vor allem Bessergebildete<br />
betroffen. Auch in den Großstädten befinden<br />
sich mit 61 Prozent überdurchschnittlich<br />
viele Jobber quasi im Wettlauf gegen die Zeit.<br />
Dort klagen 36 Prozent über ein zu hohes<br />
Arbeitspensum, im Bundesdurchschnitt sind<br />
es 28 Prozent.<br />
LEBEN AUF STANDBY<br />
Elektronische Hilfsmittel wie E-Mail, Handy<br />
und Blackberry bringen nicht immer die<br />
erhoffte Arbeitserleichterung, sondern häufig<br />
eine noch höhere Belastung. So gilt es für<br />
viele, täglich eine Flut von E-Mails zu sichten,<br />
die oft keinerlei Bezug zur eigentlichen<br />
Arbeit haben. Laut Bitkom, dem Bundesverband<br />
Informationswirtschaft, Telekommunikation<br />
und neue Medien e.V., handelt es sich<br />
bei bis zu 80 Prozent aller empfangenen<br />
E-Mails um Spam. Die Überflutung mit Informationen<br />
sowie der Zwang zur ständigen<br />
Erreichbarkeit stören ein Drittel der Erwerbstätigen<br />
und sind die zweithäufigste Ursache<br />
für berufsbedingten <strong>Stress</strong>. Vor allem Führungskräften<br />
und Bessergebildeten rauben<br />
die modernen Kommunikationsformen Zeit<br />
und Kraft. Für sie ist es oftmals selbstverständlich,<br />
E-Mails rund um die Uhr abzurufen<br />
und auch nach Feierabend und am Wochenende<br />
erreichbar zu sein. Dadurch sind<br />
Arbeit und Freizeit nicht mehr klar voneinander<br />
getrennt.
UNKLARE KOMPETENZZUWEISUNG<br />
Viele Arbeitgeber fordern von ihren Mitarbeitern<br />
ein hohes Maß an Eigeninitiative und<br />
Selbstorganisation. Doch werden Aufgaben<br />
und Ziele nicht klar formuliert, reagieren<br />
die Beschäftigten verunsichert. Schwammige<br />
Anweisungen und Zielvorgaben verhindern,<br />
dass sie effiziente Handlungspläne entwickeln<br />
können. Dies empfinden knapp 30<br />
Prozent der Berufstätigen als belastend.<br />
Konkurrenzkampf und unsichere Beschäftigungsverhältnisse<br />
erhöhen den emotionalen<br />
<strong>Stress</strong> am Arbeitsplatz. Das kann zu Spannungen<br />
zwischen den Beschäftigten bis hin<br />
zum Mobbing führen. Mehr als jeder fünfte<br />
Arbeitnehmer leidet unter Konflikten mit<br />
Vorgesetzten und Kollegen. Interner Wettbewerb<br />
oder das Ringen um Aufstiegspositionen<br />
setzen 15 Prozent der Beschäftigten unter<br />
Druck.<br />
STRESS DURCH LANGEWEILE<br />
Nicht nur Überforderung, auch eintönige<br />
oder sinnlose Tätigkeiten und ein Mangel an<br />
Herausforderungen können zum <strong>Stress</strong>faktor<br />
werden. Dies empfinden 15 Prozent der<br />
befragten Erwerbstätigen. Es droht das so genannte<br />
Boreout-Syndrom, eine Mischung aus<br />
Langeweile und Unterforderung. Häufige<br />
Auswirkungen sind Unzufriedenheit, Müdigkeit<br />
und Antriebsschwäche bis hin zum<br />
Verlust der Lebensfreude. Betroffene Arbeitnehmer<br />
fühlen sich oft gezwungen, Betriebsamkeit<br />
vorzutäuschen, denn nicht ausgelastet<br />
zu sein, gilt als sozialer Makel. Insbesondere<br />
in Berufen, bei denen erbrachte Leistungen<br />
nicht klar messbar sind, beispielsweise<br />
bei bestimmten Bürotätigkeiten, ist oft<br />
verstecktes Nichtstun die Folge. Den ökonomischen<br />
Schaden, der sich daraus ergibt,<br />
schätzt die Bundesanstalt für Arbeitsmedizin<br />
auf einen dreistelligen Milliardenbetrag.<br />
Zwar haben im Erwerbsleben psychische Belastungen<br />
die körperlichen weitgehend abgelöst,<br />
doch in einzelnen Berufen sind die<br />
Ein Drittel der Erwerbstätigen arbeitet häufig am Limit<br />
(Selbsteinschätzung der <strong>Stress</strong>situation am Arbeitsplatz, in % der befragten<br />
Erwerbstätigen1) )<br />
Ich arbeite häufig am Limit<br />
Mein Privatleben, Familie und Freunde kommen<br />
wegen meiner beruflichen Verpflichtungen oft zu kurz<br />
Ich erfahre für meine Arbeit zu wenig<br />
Anerkennung und Wertschätzung<br />
Ich habe Angst, meinen Arbeitsplatz zu verlieren<br />
30- bis 39-Jährige beruflich am stärksten unter Druck<br />
(Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen am Arbeitsplatz, in % der befragten<br />
Erwerbstätigen nach Alter1) )<br />
42<br />
14–29 Jahre 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–65 Jahre<br />
59<br />
Termindruck<br />
oder Hetze<br />
Es belastet mich, dass ich so wenig Einfluss<br />
auf meine Arbeitsbedingungen habe<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
50 54<br />
29<br />
35<br />
28 25<br />
Ungenaue Anweisungen/Vorgaben<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Bessergebildete sind am Arbeitsplatz besonders stark gefordert<br />
(Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen am Arbeitsplatz, in % der befragten<br />
Erwerbstätigen nach Bildungsgrad1) )<br />
Hochschule/Abitur mittlerer Abschluss Hauptschule<br />
Termindruck oder Hetze<br />
Informationsüberflutung und ständige<br />
Erreichbarkeit, z.B. durch Handy, E-Mail etc.<br />
Zu hohes Arbeitspensum<br />
Zu hohes<br />
Arbeitspensum<br />
28<br />
31<br />
31<br />
28<br />
26<br />
Konflikte mit Kollegen<br />
oder Vorgesetzten<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
16<br />
35<br />
30 29<br />
41<br />
22<br />
21<br />
18<br />
44<br />
30<br />
51<br />
28<br />
30<br />
16<br />
33<br />
22<br />
62<br />
17
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
Jobstress vor allem in den Metropolen (Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen<br />
am Arbeitsplatz, in % der befragten Erwerbstätigen nach Ortsgröße 1) )<br />
18<br />
unter 20.000 Einwohner<br />
100.000 Einwohner und mehr<br />
Termindruck oder Hetze<br />
Informationsüberflutung und ständige<br />
Erreichbarkeit, z.B. durch Handy, E-Mail etc.<br />
Ungenaue Anweisungen und Vorgaben<br />
Zu hohes Arbeitspensum<br />
Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten<br />
Konkurrenzkampf bzw.<br />
Aufstiegswettbewerb<br />
20.000 bis unter 100.000 Einwohner<br />
12<br />
14<br />
18<br />
49<br />
45<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
24<br />
25<br />
25<br />
19<br />
20<br />
24<br />
Überstunden, unregelmäßige Arbeitszeiten und Heimarbeit<br />
erhöhen die <strong>Stress</strong>dosis (Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der Befragten<br />
nach Art der Beschäftigung bzw. Arbeitszeitregelung)<br />
ständig gestresst häufig gestresst<br />
Vollzeitbeschäftigung<br />
Teilzeitbeschäftigung<br />
Unregelmäßige Arbeitszeiten<br />
Schichtdienst<br />
Viele Überstunden<br />
Heimarbeit<br />
10<br />
11<br />
14<br />
13<br />
16<br />
15<br />
29<br />
32<br />
32<br />
32<br />
25<br />
25<br />
36<br />
38<br />
35<br />
36<br />
24<br />
29<br />
40<br />
32<br />
43<br />
33<br />
45<br />
48<br />
61<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Arbeitnehmer weiterhin mit schwierigen<br />
äußeren Bedingungen konfrontiert. So ist<br />
etwa jeder fünfte Beschäftigte, vor allem unter<br />
den Schichtbediensteten sowie unter Erwerbstätigen<br />
mit Hauptschulabschluss, am<br />
Arbeitsplatz einer hohen Lärmbelastung ausgesetzt.<br />
13 Prozent von ihnen leiden unter<br />
Tinnitus. Nach Angaben des Hauptverbandes<br />
der gewerblichen Berufsgenossenschaften<br />
(HVBG) zählt lärmbedingte Schwerhörigkeit<br />
zu den am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten<br />
in der Europäischen Union.<br />
BELASTENDE ARBEITSZEITEN<br />
In vielen Fällen reicht die vertraglich festgesetzte<br />
Arbeitszeit nicht aus, um alle Aufgaben<br />
bewältigen zu können. Die Folge ist<br />
Mehrarbeit. Unter den Menschen, die viele<br />
Überstunden leisten, fühlen sich 94 Prozent<br />
gestresst. Fast jeder Zweite ist häufig oder<br />
ständig im <strong>Stress</strong>. Vor allem männliche<br />
Erwerbstätige (48 Prozent), Menschen mit<br />
höherem Schulabschluss (54 Prozent) sowie<br />
die Beschäftigten in Großstädten ab 100.000<br />
Einwohnern (50 Prozent) leisten häufig<br />
Mehrarbeit. In der Regionalbetrachtung<br />
liegen die besonders stressbelasteten Baden-<br />
Württemberger mit einem Überstundenanteil<br />
von 55 Prozent vorne (vgl. Ergebniskapitel<br />
1, Seite 14). Mit dem Grad beruflicher<br />
Verantwortung steigt auch die Arbeitszeitbelastung.<br />
So sehen sich 53 Prozent der<br />
Führungskräfte häufig gezwungen, länger<br />
zu arbeiten. Auch unregelmäßige Arbeitszeiten<br />
oder Schichtdienst haben erheblichen<br />
Einfluss auf das <strong>Stress</strong>niveau. Vier von zehn<br />
Schichtbediensteten bezeichnen sich als<br />
dauergestresst. Bei Menschen mit unregelmäßigen<br />
Arbeitszeiten ist der Anteil mit 43<br />
Prozent noch größer. Gerade für Beschäftigte,<br />
die nachts oder in wechselnden Schichten<br />
Beschäftigte im Osten leiden häufiger unter mangelnder Anerkennung und Jobangst<br />
(Selbsteinschätzung der <strong>Stress</strong>situation am Arbeitsplatz, in % der befragten Erwerbstätigen nach Region 1) )<br />
38<br />
35<br />
31<br />
29<br />
24<br />
Osten<br />
Ich arbeite häufig am Limit<br />
Mein Privatleben, Familie und Freunde kommen wegen<br />
meiner beruflichen Verpflichtungen oft zu kurz<br />
Ich erfahre für meine Arbeit zu wenig Anerkennung<br />
und Wertschätzung<br />
Ich habe Angst, meinen Arbeitsplatz zu verlieren<br />
Es belastet mich, dass ich so wenig Einfluss auf meine<br />
Arbeitsbedingungen habe<br />
Westen<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
20<br />
19<br />
25<br />
31<br />
33
arbeiten, ist es wichtig, die Balance zwischen<br />
Arbeit und Freizeit sowie Anspannung und<br />
Erholung zu wahren. Bereits 37 Prozent aller<br />
Schichtbediensteten geben an, sich ständig<br />
erschöpft oder ausgebrannt zu fühlen. Desgleichen<br />
stehen vier von zehn Beschäftigten<br />
mit hoher Überstundenbelastung am Rande<br />
eines Burnouts.<br />
Unter den beruflichen Belastungen leidet<br />
auch das Privatleben: 30 Prozent aller<br />
Erwerbstätigen und 46 Prozent der regelmäßig<br />
Überstunden Leistenden ist bewusst,<br />
dass Familie und Freunde wegen ihrer Jobverpflichtungen<br />
oft zu kurz kommen. Insbesondere<br />
Menschen mit unregelmäßigen<br />
Arbeitszeiten, Schichtbedienstete und auch<br />
Heimarbeiter vernachlässigen zugunsten des<br />
Jobs oftmals ihr soziales Umfeld. In der<br />
Altersgruppenbetrachtung leiden vor allem<br />
die 30- bis 39-Jährigen unter der Unvereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie (39 Prozent).<br />
VIEL ARBEIT, WENIG ANERKENNUNG<br />
Naturgemäß erwarten die Beschäftigten für<br />
ihren Einsatz eine angemessene Gegenleistung.<br />
Doch die bleibt in vielen Fällen aus. 28<br />
Prozent aller Erwerbstätigen haben das Gefühl,<br />
für ihre Arbeit zu wenig Anerkennung<br />
und Wertschätzung zu erfahren, im Osten<br />
Deutschlands sogar 38 Prozent. Speziell<br />
Arbeitnehmer in mittleren Einkommenssegmenten<br />
(Haushaltsnettoeinkommen zwischen<br />
1.000 und 3.000 Euro) fühlen sich für<br />
ihre Leistung häufig nicht gerecht belohnt.<br />
Fachleute bezeichnen dies als Gratifikationskrise.<br />
Dabei wird das gesellschaftliche<br />
Grundprinzip der Gegenseitigkeit verletzt.<br />
Die Betroffenen belastet dies psychisch, sie<br />
fühlen sich demotiviert. 54 Prozent von<br />
ihnen fühlen sich erschöpft und ausgelaugt,<br />
37 Prozent sind nervös und reizbar oder<br />
leiden unter Angstzuständen. Haben die<br />
Beschäftigten zu wenig Einflussmöglichkeiten<br />
auf ihre Arbeitsbedingungen, treten<br />
darüber hinaus doppelt so häufig depressive<br />
Verstimmungen auf wie es im Durchschnitt<br />
der Bevölkerung der Fall ist. Die gesundheitlichen<br />
Auswirkungen werden in Ergebniskapitel<br />
4 (Seite 22 ff.) ausführlich erläutert.<br />
SCHON IN DER SCHULZEIT GESTRESST<br />
Noch vor dem Einstieg ins Erwerbsleben<br />
gehört <strong>Stress</strong> bereits bei Schülern und <strong>Studie</strong>renden<br />
zum Alltag. Mehr als drei Viertel emp-<br />
finden die Schule oder Universität als Belastung.<br />
Gründe dafür sind beispielsweise<br />
hoher Lerndruck, die Vielzahl von Freizeitaktivitäten<br />
sowie sozialer <strong>Stress</strong> unter Gleichaltrigen.<br />
Mit einem Anteil von 65 Prozent ist<br />
Prüfungsangst der größte <strong>Stress</strong>auslöser. Der<br />
insgesamt starke Leistungsdruck stresst 60<br />
Prozent der Lernenden. 37 Prozent aller<br />
Schüler und <strong>Studie</strong>renden, die weiblichen<br />
mit einem Anteil von 44 Prozent noch mehr<br />
als die männlichen, belastet die Sorge, nach<br />
der Ausbildung keinen Arbeitsplatz zu finden.<br />
Unter Konflikten mit Mitschülern oder<br />
Kommilitonen leiden 18 Prozent der Befragten.<br />
15 Prozent haben Ärger mit Lehrern oder<br />
Dozenten. Gemäß einer Anfang 2009 veröffentlichten<br />
<strong>Studie</strong> des Bundesinnenministeriums<br />
ist Mobbing an Schulen ein weitverbreitetes<br />
Phänomen. 43 Prozent der befragten<br />
Schüler berichteten, Provokationen ihrer<br />
Mitschüler ausgesetzt zu sein, drei Prozent<br />
erleben dies mehrmals pro Woche.<br />
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
Familie und Freunde kommen bei den 30- bis 39-Jährigen oft zu kurz<br />
(Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen am Arbeitsplatz, in % der befragten<br />
Erwerbstätigen nach Alter1) )<br />
26<br />
14–29 Jahre 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–65 Jahre<br />
38 35 33<br />
Ich arbeite häufig<br />
am Limit<br />
27<br />
39<br />
30<br />
Mein Privatleben,<br />
Familie und Freunde<br />
kommen wegen meiner<br />
beruflichen Verpflichtungen<br />
oft zu kurz<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Leistungsdruck und Prüfungsstress belasten Schüler<br />
und <strong>Studie</strong>rende<br />
(Angaben zu den häufigsten <strong>Stress</strong>ursachen in Schulen bzw. Hochschulen,<br />
in % der befragten Schüler und <strong>Studie</strong>renden1) )<br />
Prüfungssituationen<br />
Starker Leistungsdruck<br />
Die Sorge, nach der Ausbildung<br />
keinen Arbeitsplatz zu finden<br />
Konflikte mit Mitschülern bzw. Kommilitonen<br />
Konflikte mit Lehrern bzw. Dozenten<br />
26 25 26<br />
Ich habe Angst,<br />
meinen Arbeitsplatz<br />
zu verlieren<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
15<br />
18<br />
18 21 20<br />
37<br />
26<br />
18 20<br />
Es belastet mich, dass<br />
ich so wenig Einfluss<br />
auf meine Arbeitsbedingungen<br />
habe<br />
60<br />
65<br />
19
Familie als Belastungsprobe<br />
Druck und hohe Anforderungen kennzeichnen nicht nur den<br />
Beruf, sondern auch das Privatleben vieler Menschen. Dabei<br />
neigen vor allem Frauen dazu, eigene Bedürfnisse zugunsten<br />
der Familie zurückzustellen. Zur Belastung durch Hausarbeit,<br />
Kindererziehung oder die Betreuung älterer oder kranker Angehöriger<br />
kommt angesichts wirtschaftlich schwieriger Zeiten<br />
oftmals die Sorge um das finanzielle Auskommen. Insbesondere<br />
Menschen ohne Job leiden unter Perspektivlosigkeit und<br />
Zukunftsangst.<br />
Weit mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt<br />
stehen diejenigen<br />
Menschen unter Druck, die ihr<br />
Leben in erster Linie der Familie widmen. 95<br />
Prozent der Hausfrauen und Hausmänner<br />
fühlen sich durch <strong>Stress</strong> belastet, 38 Prozent<br />
leiden unter häufigem bis ständigem Druck.<br />
Dabei stellen die Kindererziehung sowie die<br />
Sorge um die Finanzen der Familie für ein<br />
Drittel der Betroffenen die größten <strong>Stress</strong>quellen<br />
dar. Menschen, die darüber hinaus<br />
kranke oder ältere Angehörige betreuen, sehen<br />
dies mit einem Anteil von 41 Prozent als<br />
größte Belastung an. Kochen, Saubermachen,<br />
Kinder hüten und in manchen Fällen zusätzlich<br />
für pflegebedürftige Angehörige da sein:<br />
Um das leisten zu können, müssen die Betroffenen<br />
oftmals eigene Interessen oder<br />
auch die eigene Karriere zurückstellen. Vier<br />
von zehn Nichterwerbstätigen und 52 Prozent<br />
aller Hausfrauen und Hausmänner geben<br />
an, individuelle Bedürfnisse zugunsten<br />
des Partners oder der Familie zu vernachlässigen.<br />
Mit einem Anteil von 42 Prozent gilt<br />
Menschen ohne Job leiden unter Zukunftsangst<br />
(Aussagen zu <strong>Stress</strong>faktoren, in % der befragten Arbeitslosen 1) )<br />
20<br />
Für meine Familie bzw. meinen Partner stelle ich<br />
häufig eigene Interessen zurück<br />
Ich sorge mich um meinen Lebensunterhalt<br />
Ich sorge mich um meine Altersabsicherung<br />
Ich habe Angst, den (Wieder-)Einstieg<br />
in das Berufsleben nicht zu schaffen<br />
Ich befürchte, mit aktuellen gesellschaftlichen und<br />
technischen Entwicklungen nicht Schritt halten zu können<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
21<br />
28<br />
33<br />
40<br />
47<br />
dies insbesondere für die weiblichen Befragten,<br />
doch auch jeder dritte Mann ordnet<br />
eigene Wünsche der Familie unter.<br />
ZUKUNFTSANGST STRESST<br />
Der Umstand, keinen eigenen Beruf auszuüben,<br />
stellt für viele Betroffene einen erheblichen<br />
<strong>Stress</strong>faktor dar. Vier von zehn Arbeitslosen<br />
und fast ebensoviele Hausfrauen<br />
und Hausmänner quält die Sorge um den<br />
Lebensunterhalt. Insbesondere Hausfrauen<br />
bangen zudem um ihre Altersversorgung.<br />
Jeder fünfte Arbeitslose befürchtet,<br />
längerfristig nicht mit aktuellen gesellschaftlichen<br />
und technischen Entwicklungen<br />
Schritt halten zu können. 28 Prozent der<br />
Betroffenen haben Angst, den Einstieg bzw.<br />
Wiedereinstieg in das Berufsleben nicht zu<br />
schaffen – mit deutlichen Auswirkungen auf<br />
das <strong>Stress</strong>niveau: Die Hälfte der Menschen<br />
ohne Job, die diese Erwartungshaltung haben,<br />
fühlen sich dauergestresst.<br />
Im folgenden Kapitel werden gesundheitliche<br />
Folgen von <strong>Stress</strong> ausführlich beleuchtet. Hier<br />
vorab einige Besonderheiten, die in Zusammenhang<br />
mit den Anforderungen durch die<br />
Familie oder mit finanziellen Problemen stehen:<br />
Speziell Geldsorgen haben in vielen Fällen<br />
Auswirkungen auf die Psyche der Betroffenen.<br />
Etwa ein Viertel der Menschen, die darunter<br />
leiden, plagen niedergedrückte Stimmungen<br />
und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Im Bevölkerungsdurchschnitt<br />
ist der Anteil halb so<br />
groß. Geld wird häufig gleichgesetzt mit dem<br />
gesellschaftlichen Status, so dass sich die Tat-
Vier von zehn Hausfrauen unter Dauerstress<br />
(Ausmaß der <strong>Stress</strong>belastung, in % der<br />
befragten Hausfrauen bzw. Hausmänner)<br />
gelegentlich gestresst<br />
57<br />
29<br />
häufig gestresst<br />
Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
sache, kein eigenes oder nur ein geringes Einkommen<br />
zu haben, auch im Selbstwertgefühl<br />
widerspiegelt.<br />
IM GENERATIONENSANDWICH<br />
Die Fürsorge für Familienangehörige kann<br />
ebenfalls zu einer großen psychischen Belastung<br />
werden. Während im Bevölkerungsdurchschnitt<br />
31 Prozent der Menschen unter<br />
regelmäßiger Erschöpfung oder dem Gefühl<br />
leiden, ausgebrannt zu sein, ist unter denjenigen,<br />
die die Betreuung kranker oder älterer Angehöriger<br />
als <strong>Stress</strong>ursache nennen, fast jeder<br />
Zweite betroffen. Zwölf Prozent von ihnen sind<br />
zusätzlich durch Kindererziehung belastet. Sie<br />
sind zwischen den Anforderungen der Elternund<br />
der Kindergeneration gefangen, was sowohl<br />
körperlich als auch emotional sehr kraftraubend<br />
ist. Ebenso führen Belastungen durch<br />
Hausarbeit überdurchschnittlich häufig zu Erschöpfungszuständen<br />
bis hin zum Burnout.<br />
Dies geben 46 Prozent der durch Hausarbeit<br />
Gestressten an. Auch der Anteil der an Muskelverspannungen<br />
oder Rückenschmerzen Leidenden<br />
ist unter ihnen mit 69 Prozent besonders<br />
groß. Häufig sind die Betroffenen einer<br />
Mehrfachbelastung ausgesetzt: Mehr als jeder<br />
Zweite, der sich durch Hausarbeit oder die Betreuung<br />
von Angehörigen gestresst fühlt, ist<br />
obendrein erwerbstätig (jeweils 51 Prozent).<br />
9<br />
5<br />
nie gestresst<br />
ständig gestresst<br />
Familie und Partner versus eigene Interessen:<br />
Vor allem Frauen stecken oft zurück<br />
(Aussagen zu <strong>Stress</strong>faktoren, in % der befragten Nichterwerbstätigen 1) )<br />
Männer Frauen<br />
Für meine Familie bzw. meinen Partner<br />
stelle ich häufig eigene Interessen zurück<br />
Ich sorge mich um meine Altersabsicherung<br />
Ich sorge mich um meinen Lebensunterhalt<br />
Ich befürchte, mit aktuellen gesellschaftlichen und technischen<br />
Entwicklungen nicht Schritt halten zu können<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Auch knapp die Hälfte aller durch Kindererziehung<br />
Gestressten (49 Prozent) geht gleichzeitig<br />
einem Beruf nach. Wurde die Problematik der<br />
Doppelbelastung bislang hauptsächlich erwerbstätigen<br />
Müttern zugeschrieben, fühlen<br />
sich auch immer mehr Väter zwischen den<br />
beruflichen und privaten Erwartungen und<br />
Verpflichtungen hin und her gerissen.<br />
Häusliche Pflege führt fast jeden Zweiten an den Rand der<br />
Erschöpfung (Angaben zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, in % der<br />
Befragten insgesamt und nach Art des <strong>Stress</strong>faktors 1) )<br />
<strong>Stress</strong>faktor Betreuung kranker oder älterer Angehöriger <strong>Stress</strong>faktor Hausarbeit<br />
Gesamtbevölkerung<br />
Muskelverspannungen und<br />
Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl,<br />
ausgebrannt zu sein<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Schlafstörungen<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
12<br />
20<br />
20<br />
21<br />
18<br />
26<br />
31<br />
32<br />
15<br />
34<br />
38<br />
21<br />
48<br />
46<br />
28<br />
53<br />
33<br />
57<br />
35<br />
36<br />
42<br />
43<br />
69<br />
21
<strong>Stress</strong> schadet Körper<br />
und Seele<br />
Menschen, die großem Druck ausgesetzt sind, sind anfälliger<br />
für körperliche und seelische Erkrankungen. Das Spektrum<br />
der möglichen gesundheitlichen Folgen reicht von Muskelverspannungen<br />
und Rückenschmerzen über Erschöpfungszustände<br />
und Schlafstörungen bis hin zu Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen. Insbesondere hoher Jobstress gefährdet<br />
Gesundheit und Wohlbefinden. Mit einer positiven Einstellung<br />
lassen sich Gesundheitsrisiken jedoch abmildern.<br />
22<br />
Der Zusammenhang zwischen <strong>Stress</strong><br />
und Erkrankungen ist seit Beginn der<br />
<strong>Stress</strong>forschung im vorigen Jahrhundert<br />
Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.<br />
Dass nahezu jeder Teil des Körpers und<br />
jedes körperliche System von <strong>Stress</strong> beein-<br />
Je größer der <strong>Stress</strong>, desto kränker (Angaben zu gesundheitlichen<br />
Beeinträchtigungen, in % der Befragten insgesamt und nach <strong>Stress</strong>pegel 1) )<br />
häufig oder ständig Gestresste<br />
Gesamtbevölkerung<br />
Muskelverspannungen und<br />
Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl,<br />
ausgebrannt zu sein<br />
Kopfschmerzen, Migräne<br />
Erkältungskrankheiten<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Schlafstörungen<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Übelkeit, Magenbeschwerden<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
Tinnitus, Ohrgeräusche<br />
6<br />
48<br />
53<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
11<br />
13<br />
9<br />
12<br />
8<br />
12<br />
12<br />
13<br />
8<br />
9<br />
gelegentlich oder nie Gestresste<br />
19<br />
18<br />
20<br />
20<br />
20<br />
23<br />
28<br />
23<br />
26<br />
23<br />
31<br />
32<br />
35<br />
38<br />
40<br />
57<br />
66<br />
flusst wird, ist unbestritten. Gesundheitliche<br />
Auswirkungen drohen vor allem dann, wenn<br />
der <strong>Stress</strong> zum Dauerzustand wird und die<br />
zur Entspannung und Regeneration notwendigen<br />
Pausen ausbleiben.<br />
In Deutschland ist jeder Fünfte davon überzeugt,<br />
dass <strong>Stress</strong> bei ihm bereits gesundheitliche<br />
Folgen hat. Tatsächlich steigt die Zahl<br />
körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen,<br />
gemessen am Bevölkerungsdurchschnitt,<br />
mit wachsendem <strong>Stress</strong>pegel um ein<br />
Vielfaches. Die Symptome sind vielfältig.<br />
STRESS VERURSACHT SCHMERZEN<br />
Zwei Drittel aller Dauerstressgeplagten<br />
leiden unter Verspannungen und Rückenschmerzen.<br />
Im Bevölkerungsdurchschnitt ist<br />
der Anteil der Betroffenen mit 53 Prozent<br />
deutlich geringer. Laut dem Gesundheitsreport<br />
der <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong> ging im<br />
Jahr 2008 jeder zehnte Fehltag im Job auf das<br />
Konto von Rückenbeschwerden. Sie sind hierzulande<br />
der häufigste Grund für Krankschreibungen.<br />
Auch Kopfschmerzen bzw.<br />
Migräne kommen bei den Vielgestressten mit<br />
einem Anteil von 38 Prozent auffallend häufig<br />
vor. Nur knapp ein Viertel der selten oder<br />
nie Gestressten ist davon betroffen.<br />
Ein hohes Maß an <strong>Stress</strong> verursacht zudem<br />
überdurchschnittlich häufig Magenkrämpfe<br />
und Übelkeit. Steht man unter <strong>Stress</strong>, ziehen<br />
sich die Muskeln zusammen und spannen<br />
sich an. Folgt daraufhin keine körperliche Reaktion,<br />
wie beispielsweise Kampf oder Flucht,<br />
bleibt der Spannungszustand erhalten.
Die <strong>Stress</strong>hormone Adrenalin und Kortisol<br />
werden aufgestaut und sorgen für eine Art<br />
Vergiftungseffekt im Körper.<br />
STRESS ZERRT AN NERVEN UND BELASTET PSYCHE<br />
Wenn immer weitere <strong>Stress</strong>reize folgen, ohne<br />
dass die mobilisierten Energien aktiv abgebaut<br />
werden, geraten die Betroffenen zusehends<br />
in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft.<br />
Bereits geringste Anlässe reichen<br />
dann aus, um <strong>Stress</strong>reaktionen auszulösen.<br />
Dauert der Zustand zu lange an,<br />
erschöpft sich die Widerstandskraft. Es entsteht<br />
ein Gefühl von Überforderung bis hin<br />
zum Burnout-Syndrom. 57 Prozent der Menschen,<br />
die häufig oder ständig unter <strong>Stress</strong><br />
stehen, fühlen sich erschöpft, im Extremfall<br />
sogar ausgebrannt. In der Gesamtbevölkerung<br />
liegt der Anteil der Betroffenen bei 31<br />
Prozent, bei den unterdurchschnittlich Gestressten<br />
nur bei 19 Prozent. Nervosität, Reizbarkeit<br />
und Angstzustände treten bei 40<br />
Prozent der Menschen auf, die stark unter<br />
Druck stehen. Im Bevölkerungsdurchschnitt<br />
sind es halb so viele.<br />
Auch Schlafstörungen korrelieren mit dem<br />
<strong>Stress</strong>pegel. Während durchschnittlich jeder<br />
Fünfte davon betroffen ist, beträgt der Anteil<br />
bei den Vielgestressten 35 Prozent. Ein stressfreies<br />
Leben sorgt dagegen auch für gesunden<br />
Schlaf. Nur 13 Prozent der selten oder nie<br />
Gestressten haben Schlafprobleme. Diese<br />
sind häufig eine Begleiterscheinung von<br />
Depressionen, von denen fast jeder vierte<br />
Dauergestresste betroffen ist. In der Gesamtbevölkerung<br />
ist der Anteil mit zwölf Prozent<br />
nur etwa halb so groß. Etwa vier Millionen<br />
Deutsche sind nach Angaben der Stiftung<br />
Deutsche Depressionshilfe derzeit aufgrund<br />
akuter depressiver Verstimmungen in Behandlung.<br />
Neben der genetischen Veranlagung<br />
spielt dabei die <strong>Stress</strong>belastung eine<br />
wichtige Rolle. So vermuten Forscher, dass<br />
ein Zusammenhang mit der durch <strong>Stress</strong> erhöhten<br />
Kortisolausschüttung besteht. Die<br />
Krankheit äußert sich unter anderem durch<br />
extrem niedergeschlagene Stimmung, Freud-<br />
Gefangen im Hamsterrad: Gefühl der Ausweglosigkeit versetzt<br />
Körper und Seele in den Ausnahmezustand<br />
(Angaben zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, in % der Befragten, die unter<br />
einer extrem hohen <strong>Stress</strong>belastung leiden1) )<br />
„Fühle mich vor lauter <strong>Stress</strong> wie in einem Hamsterrad gefangen“<br />
Muskelverspannungen und Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl, ausgebrannt zu sein<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Schlafstörungen<br />
Kopfschmerzen, Migräne<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
Erkältungskrankheiten<br />
Übelkeit, Magenbeschwerden<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Tinnitus, Ohrgeräusche<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
losigkeit und Antriebsschwäche. Bei schweren<br />
Fällen besteht sogar Suizidgefahr.<br />
Einen psychischen Hintergrund hat oftmals<br />
auch Tinnitus. Hierbei handelt es sich um<br />
störende Ohrgeräusche, die unabhängig von<br />
äußeren akustischen Signalen auftreten.<br />
Bereits knapp jeder zehnte Deutsche<br />
leidet darunter, unter den Vielgestressten ist<br />
der Anteil mit 13 Prozent noch größer.<br />
STRESS SCHWÄCHT DAS IMMUNSYSTEM<br />
Zur Untersuchung der Auswirkungen von<br />
<strong>Stress</strong> auf die Immunabwehr existiert mittlerweile<br />
ein eigenständiges Forschungsfeld,<br />
die Psycho-Neuro-Immunologie. Während<br />
bei kurzfristiger Belastung stimulierende Effekte<br />
auftreten und beispielsweise die Anzahl<br />
der Killerzellen steigt, bremst länger<br />
anhaltender <strong>Stress</strong> die Immunabwehr aus.<br />
Viren und Bakterien haben dadurch bei<br />
stark stressbelasteten Menschen leichtes<br />
Spiel. So plagen ein Drittel von ihnen regelmäßig<br />
Erkältungskrankheiten. In der Gesamtbevölkerung<br />
ist dagegen nur etwa jeder<br />
Vierte davon betroffen.<br />
23<br />
30<br />
40<br />
38<br />
45<br />
45<br />
48<br />
58<br />
68<br />
75<br />
23
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
Viel Arbeit, wenig Anerkennung: Hohe Burnout-Gefahr im Job<br />
(Angaben zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, in % der befragten<br />
Erwerbstätigen nach <strong>Stress</strong>faktor1) )<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
24<br />
zu hohes Arbeitspensum zu wenig Anerkennung<br />
zu wenig Einflussmöglichkeiten Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten<br />
Muskelverspannungen und<br />
Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl,<br />
ausgebrannt zu sein<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Schlafstörungen<br />
Kopfschmerzen, Migräne<br />
Erkältungskrankheiten<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Tinnitus, Ohrgeräusche<br />
Übelkeit, Magenbeschwerden<br />
18<br />
17<br />
24<br />
21<br />
17<br />
20<br />
18<br />
19<br />
14<br />
12<br />
17<br />
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13<br />
15<br />
19<br />
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36<br />
30<br />
36<br />
33<br />
33<br />
31<br />
29<br />
29<br />
26<br />
32<br />
31<br />
STRESS BELASTET DAS HERZ<br />
38<br />
37<br />
38<br />
42<br />
59<br />
54<br />
55<br />
52<br />
67<br />
70<br />
67<br />
72<br />
Mit zunehmender <strong>Stress</strong>belastung steigt zugleich<br />
das Risiko einer Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankung, der in Deutschland häufigsten<br />
Todesursache. 18 Prozent der chronisch Gestressten<br />
sind davon betroffen – ein doppelt<br />
so hoher Anteil wie bei Menschen, die sich<br />
selbst als selten oder nie gestresst bezeichnen.<br />
Dauerstress führt zu hohem Blutdruck,<br />
verengten Blutgefäßen und einem erhöhten<br />
Cholesterinspiegel. Werden die freigesetzten<br />
Fette nicht durch körperliche Aktivität<br />
abgebaut, lagern sie sich an den Gefäßwänden<br />
ab und lassen die Arterien verkalken. In<br />
der Folge steigt die Gefahr eines Infarktes<br />
oder Schlaganfalls.<br />
38<br />
HOHE GESUNDHEITSRISIKEN DURCH JOBSTRESS<br />
Die meisten Berufstätigen verbringen einen<br />
Großteil ihrer Lebenszeit am Arbeitsplatz.<br />
Viele definieren ihren persönlichen Erfolg<br />
über die berufliche Leistung. Denn sie bestimmt<br />
die soziale Stellung, das gesellschaftliche<br />
Ansehen und das materielle Auskommen<br />
jedes Einzelnen. Deshalb können berufsbedingte<br />
Probleme und Misserfolge gravierende<br />
Folgen für die Gesundheit und das<br />
Wohlbefinden haben. Sieben von zehn<br />
Berufstätigen, die das Gefühl haben, für ihre<br />
Arbeit wenig Anerkennung und Wertschätzung<br />
zu erfahren, sind verspannt oder haben<br />
Rückenleiden. 54 Prozent fühlen sich stark<br />
erschöpft oder sogar ausgebrannt.<br />
Ähnlich hohe Erkrankungsraten weisen Beschäftigte<br />
auf, die unter Konflikten mit Vorgesetzten<br />
und Kollegen leiden, sowie diejenigen,<br />
denen zu geringe Einflussmöglichkeiten<br />
im Job zu schaffen machen. Ein insgesamt zu<br />
hohes Arbeitspensum führt fast 60 Prozent<br />
der betroffenen Arbeitnehmer an den Rand<br />
eines Burnouts. Häufige Begleiterscheinungen<br />
sind Nervosität und Gereiztheit sowie<br />
Schlafprobleme.<br />
PERSPEKTIVLOSIGKEIT MACHT KRANK<br />
Wie bereits im vorangegangenen Kapitel<br />
erläutert, stellt umgekehrt auch die Erwerbslosigkeit<br />
einen großen emotionalen <strong>Stress</strong>faktor<br />
dar. Insbesondere Menschen, die davor<br />
Angst haben, den (Wieder-)Einstieg in das<br />
Berufsleben nicht zu schaffen, leiden unter<br />
zahlreichen physischen und psychischen Beeinträchtigungen.<br />
So hat beispielsweise jeder<br />
Zweite von ihnen regelmäßig Kopfschmerzen.<br />
Fast ebenso viele sind häufig von Erkältungskrankheiten<br />
geplagt, was auf eine allgemein<br />
geschwächte Immunabwehr hindeutet.<br />
Auffallend oft leiden die Betroffenen zudem<br />
unter Übelkeit und Magenbeschwerden (38<br />
Prozent) oder sind depressiv (27 Prozent).<br />
Kommt zum <strong>Stress</strong> auch noch ein Gefühl der<br />
Hilflosigkeit hinzu, geraten Körper und Seele<br />
in eine Art Ausnahmezustand. Menschen, die<br />
sich vor lauter <strong>Stress</strong> wie in einem Hamsterrad<br />
gefangen fühlen und keinen Ausweg<br />
sehen, leiden zu 68 Prozent unter Erschöpfungszuständen.<br />
58 Prozent sind nervös und<br />
reizbar, 45 Prozent sind niedergeschlagen<br />
oder haben Depressionen. Fast jeden Zweiten<br />
unter den Betroffenen quälen Schlafstörun-
gen, so dass sich die Erschöpfung immer weiter<br />
potenziert.<br />
GESÜNDER DURCH POSITIVE<br />
LEBENSEINSTELLUNG<br />
Ob Druck und Belastungen zu gesundheitlichen<br />
Schäden führen, ist zum Teil eine Frage<br />
des individuellen Umgangs mit <strong>Stress</strong>. Wer<br />
sich bemüht, in jeder Situation das Positive zu<br />
sehen und bei Problemen und Konflikten nach<br />
konstruktiven Lösungsmöglichkeiten sucht, ist<br />
auffallend gesünder. Dieser Typus des Problemlösers<br />
(vergleiche Ergebniskapitel 1, Seite<br />
14) zeigt sämtliche der vorab geschilderten<br />
Krankheitssymptome weniger häufig als der<br />
Bevölkerungsdurchschnitt. So kommen Verspannungen<br />
und Rückenbeschwerden beispielsweise<br />
nur bei knapp jedem zweiten<br />
Problemlöser vor, lediglich sieben Prozent der<br />
Problemlöser leiden unter Niedergeschlagenheit<br />
oder Depressionen. Je öfter ein Mensch die<br />
Erfahrung macht, Schwierigkeiten und Probleme<br />
bewältigen zu können, umso mehr steigt<br />
sein Selbstvertrauen. So begegnet er künftigen<br />
Konfliktsituationen mit einer positiven Erwartungshaltung.<br />
Bei allen anderen <strong>Stress</strong>typen erhöht sich<br />
dagegen das Risiko psychischer Leiden. Wie<br />
bereits erläutert, unterscheidet die vorliegende<br />
<strong>Studie</strong> dabei In-sich-Hineinfresser, die Probleme<br />
permanent herunterschlucken, Konfliktvermeider,<br />
die Ärger aus dem Weg gehen und<br />
dafür eigene Interessen zurückstellen, und Polterer,<br />
die stets einen persönlichen Angriff wittern<br />
und ihrem Ärger lautstark Luft machen.<br />
Insbesondere die In-sich-Hineinfresser laufen<br />
Gefahr, sich seelisch zu überfordern. 18 Prozent<br />
von ihnen haben depressive Verstimmungen,<br />
41 Prozent zeigen Anzeichen eines<br />
Burnout-Syndroms. Schlafstörungen kommen<br />
bei 31 Prozent von ihnen vor. Auch<br />
schlägt das Herunterschlucken von Problemen<br />
buchstäblich auf den Magen. Jeden fünften<br />
In-sich-Hineinfresser plagen Magenverstimmungen<br />
und Übelkeit.<br />
Überdurchschnittlich häufig nervös und<br />
reizbar sind Polterer und Konfliktvermeider.<br />
Zudem leidet mit jeweils rund 60 Prozent ein<br />
hoher Anteil der drei letztgenannten Persönlichkeitstypen<br />
unter Verspannungen und<br />
Rückenschmerzen.<br />
Perspektivlosigkeit macht krank<br />
(Angaben zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen , in % der befragten<br />
Nichterwerbstätigen, die unter Zukunftsängsten leiden1) )<br />
Angst, den (Wieder-)Einstieg in das Berufsleben nicht zu schaffen<br />
Muskelverspannungen und Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl, ausgebrannt zu sein<br />
Kopfschmerzen, Migräne<br />
Erkältungskrankheiten<br />
Übelkeit, Magenbeschwerden<br />
Schlafstörungen<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Tinnitus, Ohrgeräusche<br />
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Ärger konstruktiv begegnen: Problemlöser sind gesünder<br />
(Angaben zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, in % der Befragten nach<br />
Ärgerbewältigungsstrategien1) )<br />
„In-sich-Hineinfresser“<br />
„Polterer“<br />
„Konfliktvermeider“ „Problemlöser“<br />
Muskelverspannungen und<br />
Rückenschmerzen<br />
Erschöpfung bzw. das Gefühl,<br />
ausgebrannt zu sein<br />
Kopfschmerzen, Migräne<br />
Schlafstörungen<br />
Nervosität, Gereiztheit, Angstzustände<br />
Erkältungskrankheiten<br />
Übelkeit, Magenbeschwerden<br />
Niedergedrückte Stimmung, Depression<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
Tinnitus, Ohrgeräusche<br />
41<br />
37<br />
32<br />
27<br />
35<br />
30<br />
31<br />
25<br />
61<br />
60<br />
57<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
15<br />
14<br />
7<br />
9<br />
24<br />
22<br />
31<br />
29<br />
29<br />
24<br />
28<br />
27<br />
27<br />
26<br />
20<br />
11<br />
15<br />
10<br />
18<br />
16<br />
16<br />
7<br />
13<br />
15<br />
15<br />
9<br />
13<br />
10<br />
9<br />
8<br />
27<br />
35<br />
34<br />
38<br />
49<br />
49<br />
48<br />
52<br />
55<br />
25
Bewegung und Sport<br />
helfen am besten<br />
Sport und Bewegung an frischer Luft sind in Deutschland das<br />
beliebteste Mittel, um <strong>Stress</strong> abzubauen. Auch das Gespräch<br />
mit dem Partner oder mit vertrauten Personen hilft vielen<br />
Menschen, sich von Druck zu befreien. Insbesondere viele<br />
jüngere Befragte erholen sich in <strong>Stress</strong>phasen gerne vor dem<br />
Fernseher oder dem Computer. Rund ein Viertel der Bevölkerung<br />
greift zu Genussmitteln wie Alkohol, Zigaretten oder<br />
Süßigkeiten. Klassische Entspannungstechniken wie Yoga,<br />
Meditation oder autogenes Training praktiziert dagegen nur<br />
eine Minderheit.<br />
26<br />
Gegen <strong>Stress</strong> helfen bei 72 Prozent aller<br />
Deutschen Sport und Bewegung an<br />
frischer Luft am besten. Vor allem<br />
Menschen mit höherem Bildungsabschluss<br />
setzen zur Entspannung in erster Linie auf<br />
körperliche Aktivitäten. Besonders engagiert<br />
ist die Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen<br />
(76 Prozent), dicht gefolgt von den 50- bis<br />
65-Jährigen (74 Prozent). Dagegen ist der<br />
Anteil der Sportbefürworter unter den jüngeren<br />
Befragten unter 30 Jahren mit 68 Prozent<br />
deutlich geringer.<br />
Bewegung kräftigt den gesamten Organismus.<br />
Sie fördert die Durchblutung der inneren<br />
Organe, stärkt das Herz, senkt den Blutdruck,<br />
reguliert Blutfett- und Zuckerwerte,<br />
erhöht die Knochendichte und kräftigt die<br />
Skelettmuskulatur. Damit ist die körperliche<br />
Aktivität das ideale Gegenmittel gegen eine<br />
Vielzahl von negativen <strong>Stress</strong>reaktionen.<br />
Sport und Bewegung entspannen am besten<br />
(Angaben zu bevorzugten Mitteln gegen <strong>Stress</strong>, in % der Befragten 1) )<br />
Ich treibe Sport oder bewege mich an der frischen Luft<br />
Ich bespreche Probleme mit der Familie, dem Partner oder Freunden<br />
Ich sehe fern, surfe im Internet oder spiele am Computer<br />
Ich greife zu Chips oder Schokolade<br />
Ich rauche zur Entspannung eine Zigarette<br />
Ich trinke zur Entspannung ein Glas Wein oder Bier<br />
Ich nutze Entspannungstechniken wie<br />
Meditation, Yoga oder autogenes Training<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
15<br />
27<br />
26<br />
25<br />
46<br />
72<br />
70<br />
Doch gerade den Menschen, die ständig gestresst<br />
sind, fehlt offenbar in vielen Fällen die<br />
Zeit für den Sport. Unter ihnen sind nur 60<br />
Prozent in der Freizeit körperlich aktiv, um<br />
den Druck abzubauen.<br />
DEN STRESS VON DER SEELE REDEN<br />
Auf Rang zwei der Antistresstechniken steht<br />
für sieben von zehn Deutschen das Besprechen<br />
von Problemen mit dem Partner oder<br />
mit Freunden. Sich mit Nahestehenden über<br />
belastende Situationen austauschen zu können,<br />
ist den Menschen unter 40 Jahren sogar<br />
noch wichtiger als Bewegung und Sport. Dies<br />
trifft für 70 Prozent der 14- bis 29-Jährigen<br />
und 80 Prozent der 30- bis 39-Jährigen zu.<br />
Frauen setzen zur Bewältigung von <strong>Stress</strong><br />
deutlich öfter auf Kommunikation als die<br />
männlichen Befragten (76 Prozent gegenüber<br />
64 Prozent).<br />
Mit wachsendem Bildungsgrad steigt das Bedürfnis,<br />
sich Probleme von der Seele zu reden.<br />
So sehen Menschen mit Abitur oder<br />
Hochschulabschluss in körperlichen Aktivitäten<br />
und dem Gedankenaustausch mit anderen<br />
Menschen gleichwertige Mittel, um<br />
sich von Druck zu befreien. Auch 78 Prozent<br />
der Führungskräfte betonen, dass ihnen<br />
Zuhörer aus dem privaten Umfeld wichtig<br />
sind.<br />
Fernsehen, Computer oder Videospiele halten<br />
46 Prozent der Deutschen für ein geeignetes<br />
Mittel, um <strong>Stress</strong> zu reduzieren. Vor<br />
allem jüngere und besser ausgebildete Be-
Gestresste Männer suchen Entspannung im Alkohol, Frauen bevorzugen Chips oder Schokolade<br />
(Angaben zu bevorzugten Mitteln gegen <strong>Stress</strong>, in % der Befragten nach Geschlecht 1) )<br />
73<br />
64<br />
48<br />
Männer<br />
fragte entspannen sich gerne vor dem Bildschirm.<br />
56 Prozent der 14- bis 29-Jährigen sowie<br />
jeder zweite Abiturient und Hochschulabgänger<br />
entflieht auf diesem Weg dem Alltagsstress.<br />
Auch ein hoher Anteil von Singles<br />
(57 Prozent) sucht darin Zerstreuung. Mit<br />
steigendem Alter und sinkendem Bildungsniveau<br />
verringert sich der Zuspruch zu den<br />
elektronischen Medien.<br />
ANTISTRESSMITTEL MIT SUCHTPOTENZIAL<br />
Jeweils rund ein Viertel der Befragten greift<br />
unter <strong>Stress</strong> zu Genussmitteln wie Chips und<br />
Süßigkeiten, Alkohol und Zigaretten, die neben<br />
ihrer potenziell gesundheitsschädigenden<br />
Wirkung ein hohes Suchtpotenzial haben.<br />
Das Rauchen ist als Entspannungsmittel<br />
mit einem Anteil von 34 Prozent vor allem<br />
bei Befragten mit Hauptschulabschluss beliebt.<br />
Auch jeder zweite Arbeitslose greift unter<br />
<strong>Stress</strong> zur Zigarette. Mit zunehmendem<br />
Ausbildungsgrad sinkt der Raucheranteil rapide<br />
und liegt bei Abiturienten oder Hochschulabsolventen<br />
nur noch bei 18 Prozent.<br />
Mit dem Alkohol verhält es sich umgekehrt.<br />
Hier liegen die Menschen mit der höchsten<br />
Schulbildung mit einem Anteil von<br />
29 Prozent vorn. Ferner zeigen sich große<br />
30<br />
23<br />
25<br />
10<br />
Ich treibe Sport oder bewege mich an der frischen Luft<br />
Ich bespreche Probleme mit der Familie, dem Partner<br />
oder Freunden<br />
Ich sehe fern, surfe im Internet oder spiele am Computer<br />
Ich greife zu Chips oder Schokolade<br />
Ich rauche zur Entspannung eine Zigarette<br />
Ich trinke zur Entspannung ein Glas Wein oder Bier<br />
Ich nutze Entspannungstechniken wie<br />
Meditation, Yoga oder autogenes Training<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
Unterschiede zwischen den Geschlechtern.<br />
Während 30 Prozent der Männer den Genuss<br />
Jeder zweite Abiturient entspannt vor dem Bildschirm<br />
(Angaben zu bevorzugten Mitteln gegen <strong>Stress</strong>, in % der Befragten nach<br />
Bildungsgrad1) )<br />
Hochschule/Abitur Mittlerer Abschluss Hauptschule<br />
Ich treibe Sport oder bewege mich<br />
an der frischen Luft<br />
Ich bespreche Probleme mit der Familie,<br />
dem Partner oder Freunden<br />
Ich sehe fern, surfe im Internet oder<br />
spiele am Computer<br />
Ich trinke zur Entspannung<br />
ein Glas Wein oder Bier<br />
Ich greife zu Chips oder Schokolade<br />
Ich rauche zur Entspannung eine Zigarette<br />
Ich nutze Entspannungstechniken wie<br />
Meditation, Yoga oder autogenes Training<br />
Frauen<br />
16<br />
16<br />
13<br />
18<br />
24<br />
50<br />
47<br />
44<br />
75<br />
71<br />
71<br />
75<br />
70<br />
67<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
19<br />
20<br />
27<br />
31<br />
29<br />
25<br />
22<br />
28<br />
29<br />
25<br />
34<br />
45<br />
72<br />
76<br />
27
<strong>Kundenkompass</strong> <strong>Stress</strong><br />
Die Jüngeren treiben weniger Sport, verbringen aber mehr<br />
Zeit vor dem Bildschirm<br />
(Angaben zu bevorzugten Mitteln gegen <strong>Stress</strong>, in % der Befragten nach Alter 1) )<br />
28<br />
14–29 Jahre 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–65 Jahre<br />
Ich treibe Sport oder bewege mich<br />
an der frischen Luft<br />
Ich bespreche Probleme mit der Familie,<br />
dem Partner oder Freunden<br />
Ich sehe fern, surfe im Internet oder<br />
spiele am Computer<br />
Ich greife zu Chips oder Schokolade<br />
Ich rauche zur Entspannung eine Zigarette<br />
Ich trinke zur Entspannung<br />
ein Glas Wein oder Bier<br />
Ich nutze Entspannungstechniken wie<br />
Meditation, Yoga oder autogenes Training<br />
1) Mehrfachnennungen möglich. Quellen: <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong>, F.A.Z.-Institut.<br />
8<br />
18<br />
19<br />
17<br />
14<br />
15<br />
20<br />
28<br />
29<br />
30<br />
25<br />
30<br />
31<br />
28<br />
26<br />
31<br />
47<br />
44<br />
41<br />
von Alkohol als entspannend empfinden,<br />
sind es bei den Frauen lediglich 19 Prozent.<br />
Doch fast ein Drittel der Frauen tröstet sich<br />
gerne mit Chips oder Schokolade, wohingegen<br />
der Anteil bei den männlichen Befragten<br />
bei nur 23 Prozent liegt.<br />
Klassische Entspannungstechniken wie Yoga,<br />
autogenes Training und Meditation praktiziert<br />
mit 15 Prozent nur eine Minderheit der<br />
Bevölkerung. Sie finden bei Frauen und den<br />
Befragten ab 50 Jahren den größten Anklang<br />
(jeweils 20 Prozent). Doch nur jeder zehnte<br />
Mann fühlt sich davon angesprochen. Bei den<br />
unter 30-Jährigen liegt der Anteil derjenigen,<br />
die diese Techniken nutzen, bei lediglich<br />
acht Prozent. In Großstädten ab 100.000 Einwohnern<br />
sind die Menschen den etwas exotischeren<br />
Entspannungsarten gegenüber aufgeschlossener.<br />
Sie werden dort mit einem Anteil<br />
von 18 Prozent häufiger angewendet als<br />
in Städten mittlerer Größe (13 Prozent) sowie<br />
auf dem Land (14 Prozent).<br />
GEFÄHRLICHE SCHEINLÖSUNGEN<br />
68<br />
76<br />
71<br />
74<br />
Die verschiedenen Wege zum <strong>Stress</strong>abbau unterscheiden<br />
sich auch in ihrer Effektivität.<br />
Zwar helfen Zigaretten und Alkohol einigen<br />
56<br />
70<br />
69<br />
66<br />
80<br />
Menschen kurzfristig, einen Spannungszustand<br />
abzumildern. Da die Belastungssituation<br />
dadurch aber nicht aktiv angegangen<br />
wird, bleibt eine längerfristige Erholung aus.<br />
Dies zeigt sich auch in der individuellen Bewertung<br />
des <strong>Stress</strong>niveaus. Während sich beispielsweise<br />
43 Prozent der Raucher als häufig<br />
oder ständig gestresst bezeichnen, tun dies<br />
nur 29 Prozent der Menschen, die regelmäßig<br />
Entspannungstechniken praktizieren.<br />
Die Form der <strong>Stress</strong>bewältigung spiegelt sich<br />
auch im Gesundheitszustand der Befragten<br />
wider. Diejenigen, die einen Ausgleich durch<br />
Sport und Bewegung sowie das Gespräch mit<br />
Vertrauten suchen, sind deutlich gesünder<br />
als die Menschen, die dem <strong>Stress</strong> durch Fernsehen<br />
oder Videospiele oder mit Hilfe von Genussmitteln<br />
entfliehen möchten. Bei Letzteren<br />
treten beispielsweise überdurchschnittlich<br />
häufig Muskelverspannungen, Rückenschmerzen<br />
sowie Erschöpfungszustände auf.<br />
So fühlen sich etwa 45 Prozent der Raucher<br />
erschöpft und ausgelaugt. Jeder Fünfte von<br />
ihnen hat depressive Phasen. Insbesondere<br />
Alkohol und Nikotin, aber auch die Flucht in<br />
die Scheinwelten des Fernsehens und der<br />
Computerspiele bieten keine wirkliche Abhilfe<br />
gegen <strong>Stress</strong>, sondern sind lediglich ein<br />
Verdrängungsmechanismus. Dieser kann Abhängigkeiten<br />
schaffen und dadurch schnell<br />
zum Teufelskreis werden. Sport und Geselligkeit<br />
steigern dagegen sowohl das körperliche<br />
als auch das seelische Wohlbefinden. Mit<br />
wachsender Lebenszufriedenheit erhöht sich<br />
auch die Belastbarkeit der Menschen.
Service<br />
LINKS<br />
Das Internet bietet eine Vielzahl von Seiten,<br />
die sich mit dem Thema <strong>Stress</strong> auseinandersetzen.<br />
Wir können hier nur auf eine kleine<br />
Auswahl hinweisen:<br />
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin:<br />
www.baua.de<br />
Bundesministerium für Gesundheit:<br />
www.bmg.bund.de<br />
Europäische Agentur für Sicherheit und<br />
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz:<br />
http://de.osha.europa.eu/<br />
Europäische Kommission:<br />
http://ec.europa.eu/health/<br />
Gesellschaft Arbeit und Ergonomie online e.V.:<br />
www.ergo-online.de<br />
Gesundheitsberichterstattung<br />
des Bundes:<br />
www.gbe-bund.de<br />
Initiative Neue Qualität der Arbeit:<br />
www.inqa.de<br />
Prävention online:<br />
www.praevention-online.de<br />
Simplify Anti-<strong>Stress</strong>-Programm:<br />
www.simplify.de<br />
Stiftung Deutsche Depressionshilfe:<br />
www.deutsche-depressionshilfe.de<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong> (TK):<br />
www.tk-online.de<br />
The American Institute of <strong>Stress</strong>:<br />
www.stress.org<br />
Weltgesundheitsorganisation:<br />
www.who.org<br />
LITERATURHINWEISE<br />
Blech, Jörg: Bewegung – Die Kraft, die Krankheiten<br />
besiegt und das Leben verlängert.<br />
S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 2007.<br />
Elkin, Allen: Erfolgreiches <strong>Stress</strong>management<br />
für Dummies. Wiley-VCH Verlag.<br />
2. Aufl., Weinheim 2007.<br />
F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und<br />
Medieninformationen / <strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong><br />
(Hrsg.): <strong>Kundenkompass</strong> Bewegung<br />
und Gesundheit. Frankfurt 2007.<br />
Dr. Gapp-Bauß, Sabine: <strong>Stress</strong>management –<br />
Zu sich kommen statt außer sich geraten.<br />
Param Verlag. Ahlerstedt 2008.<br />
Geisselhart, R; Hofmann, C.: <strong>Stress</strong> ade –<br />
Die besten Entspannungstechniken.<br />
Rudolf Haufe Verlag. 4. Aufl., 2008.<br />
Kaluza, Gert: <strong>Stress</strong>bewältigung – Trainingsmanual<br />
zur psychologischen Gesundheitsförderung.<br />
Springer. Berlin 2004.<br />
Selye, Hans: The <strong>Stress</strong> of Life. Mcgraw Hill<br />
Book Company. Überarbeitete Aufl., New<br />
York 1978.<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong> (Hrsg.): Wagner-<br />
Link, Angelika: Der <strong>Stress</strong> – <strong>Stress</strong>oren<br />
erkennen, Belastungen vermeiden, <strong>Stress</strong><br />
bewältigen. Hamburg 2008.<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong> (Hrsg.): Prof. Dr.<br />
Wieland, Rainer: <strong>Stress</strong> erfolgreich managen<br />
– Grundlagen, Instrumente und Strategien<br />
für die betriebliche Praxis. Hamburg 2007.<br />
WHO Europe (Hrsg.): Dr. Friedli, Lynn:<br />
Mental Health, resilience and inequalities.<br />
Kopenhagen 2009.<br />
WHO (Hrsg.): Leka, Stavroula; Griffiths,<br />
Amanda; Prof. Cox, Tom: Work Organization<br />
& <strong>Stress</strong>, Protecting Workers’ Health Series<br />
No. 3. Nottingham 2005.<br />
29
Glossar<br />
30<br />
Autogenes Training: Entspannungstechnik,<br />
die auf dem Prinzip der Autosuggestion beruht.<br />
Die Übungen bestehen aus kurzen formelhaften<br />
Vorstellungen, die Begriffe wie<br />
Ruhe, Schwere und Wärme beinhalten.<br />
Anpassungssyndrom: Ein erstmals vom Forscher<br />
Hans Selye beschriebenes Phänomen.<br />
Es beruht auf der Entdeckung, dass sehr unterschiedliche<br />
äußere Reize wie Hitze, Kälte,<br />
Lärm oder die Einnahme toxischer Substanzen,<br />
aber auch emotionale Faktoren wie<br />
Kummer im Körper fast identische Reaktionsmuster<br />
hervorrufen.<br />
Boreout-Syndrom: „Boreout“ bezeichnet<br />
einen Gemütszustand, der durch eine<br />
Mischung aus Langeweile, Desinteresse und<br />
Unterforderung charakterisiert ist. Ursache<br />
sind beispielsweise eintönige oder sinnlose<br />
Tätigkeiten am Arbeitsplatz. Bei den Betroffenen<br />
stellen sich Unzufriedenheit und Antriebsschwäche<br />
bis hin zum Verlust der Lebensfreude<br />
ein.<br />
Burnout-Syndrom: Mit „Burnout“ oder „Ausbrennen“<br />
wird ein Zustand starker emotionaler<br />
Erschöpfung bezeichnet, der mit einem<br />
rapiden Abfall der Leistungsfähigkeit verbunden<br />
ist. Erste Anzeichen sind andauernde<br />
Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und<br />
nervöse Anspannungen.<br />
Depression: Psychische Erkrankung, die sich<br />
durch extreme Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit<br />
und Antriebsschwäche äußert. Viele<br />
Betroffene sind suizidgefährdet. Als Ursache<br />
der Krankheit vermuten Forscher eine<br />
Störung des Hirnstoffwechsels. Diese wird<br />
möglicherweise durch den bei <strong>Stress</strong> erhöhten<br />
Kortisolausstoß begünstigt.<br />
Disstress: Form von <strong>Stress</strong>, die als belastend<br />
und negativ empfunden wird. Beim Disstress<br />
entsteht ein Missverhältnis zwischen dem,<br />
was ein Mensch erreichen möchte, und dem,<br />
wozu er tatsächlich in der Lage ist. Daraus<br />
folgt ein Gefühl der Hilflosigkeit und des<br />
Ausgeliefertseins.<br />
Eustress: Positive Form von <strong>Stress</strong>, bei dem<br />
die stressauslösende Situation nicht als Bedrohung,<br />
sondern als Ansporn angesehen<br />
wird. Eustress mobilisiert Energiereserven<br />
und beflügelt insbesondere in Wettbewerbssituationen<br />
zu körperlichen und geistigen<br />
Höchstleistungen.<br />
Mobbing: Extremform von psychosozialem<br />
<strong>Stress</strong>, bei dem die Betroffenen über einen<br />
längeren Zeitraum hinweg schikaniert,<br />
herabgewürdigt oder ignoriert werden. Fälle<br />
von Mobbing finden sich insbesondere am<br />
Arbeitsplatz und in den Schulen, aber auch<br />
im privaten Umfeld.<br />
Psycho-Neuro-Immunologie: Medizinisches<br />
Forschungsfeld, das sich mit den Auswirkungen<br />
von <strong>Stress</strong> auf die Immunabwehr befasst.<br />
<strong>Stress</strong>oren: <strong>Stress</strong>auslösende Faktoren, die sowohl<br />
innere als auch äußere Belastungsfaktoren<br />
beinhalten können. Diese sind nicht<br />
immer objektiv, sondern können auf subjektiven<br />
Einschätzungen beruhen (Beispiel Flugangst).<br />
<strong>Stress</strong>reaktion: Anpassungsmechanismus des<br />
Körpers auf innere und äußere Anforderungen<br />
und Belastungen. Dabei erfolgt über die<br />
Nervenbahnen ein Signal an die Nebenniere,<br />
die <strong>Stress</strong>hormone und Neurotransmitter Adrenalin,<br />
Noradrenalin und Kortisol auszuschütten.<br />
Diese lösen zahlreiche biochemische<br />
Reaktionen im Körper aus, die ursprünglich<br />
dazu dienten, bei Gefahr kampfoder<br />
fluchtbereit zu sein. Dazu gehören unter<br />
anderem Muskelanspannung, Beschleunigung<br />
von Atmung und Herzschlag,<br />
Erhöhung des Blutdrucks sowie Mobilisierung<br />
von Energiereserven in Form von<br />
Zucker und Fett. Alle nicht überlebensnotwendigen<br />
Funktionen, wie beispielsweise die<br />
Verdauung, werden dagegen vorübergehend<br />
gedrosselt.<br />
Tinnitus: Störende Ohrgeräusche, die unabhängig<br />
von einem äußeren akustischen Reiz<br />
auftreten.
Weitere <strong>Studie</strong>n:<br />
Ansprechpartner:<br />
<strong>Techniker</strong> <strong>Krankenkasse</strong><br />
Inga Lund<br />
Pressestelle<br />
Bramfelder Straße 140<br />
22305 Hamburg<br />
Telefon: 0 40 / 69 09 - 13 57<br />
Telefax: 0 40 / 69 09 - 13 53<br />
E-Mail: inga.lund@tk-online.de<br />
<strong>Kundenkompass</strong> Ernährungsrisiken<br />
F.A.Z.-Institut für Management-, Marktund<br />
Medieninformationen GmbH<br />
Karin Gangl / Dr. Guido Birkner<br />
Postfach 20 01 63<br />
60605 Frankfurt am Main<br />
Telefon: 0 69 / 75 91 - 22 17<br />
Telefax: 0 69 / 75 91 - 19 66<br />
E-Mail: k.gangl@faz-institut.de<br />
Die <strong>Studie</strong> untersucht auf der Basis einer repräsentativen<br />
Bevölkerungsbefragung das Ernährungsverhalten<br />
der Deutschen, ihre Einstellung zum eigenen Gewicht<br />
und die Gründe, warum das Wissen um eine gesunde<br />
Ernährung oft nicht umgesetzt wird.<br />
<strong>Kundenkompass</strong> Bewegung und Gesundheit<br />
Eine aktuelle Bevölkerungsbefragung zum Bewegungsverhalten<br />
der Deutschen in Alltag, Beruf und Freizeit. Im<br />
Fokus der <strong>Studie</strong> stehen individuelle Einflussfaktoren<br />
auf den Bewegungsumfang sowie dessen Auswirkungen<br />
auf Gesundheit und Wohlbefinden.<br />
Branchenbarometer E-Health<br />
Aktuelle Krankenversicherten- und Ärztebefragung zur<br />
elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Welche Vorund<br />
Nachteile sehen die Menschen in der Einführung<br />
der eGK? Welchen Nutzen erhoffen sie sich? Wie groß ist<br />
die Angst vorm gläsernen Patienten?<br />
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Telefon: 0 69 / 75 91 - 21 29, Telefax 0 69 / 75 91 - 19 66<br />
E-Mail: branchen@faz-institut.de<br />
Internet: www.branchendienste.de
ISBN-13: 978-3-89981-755-3