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Spolková zpravodajská služba a pražské jaro 1968

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Dokumente des Bundesnachrichtendienstes zum Prager Frühling <strong>1968</strong> 15<br />

wakei sowie die wahren dahintersteckenden<br />

sowjetischen Absichten.<br />

Der „Prager Frühling“ <strong>1968</strong> sollte den<br />

BND aber nicht vollkommen unvorbereitet<br />

treffen. Zumal die Gefahr, die durch den<br />

Aufmarsch der Warschauer Pakt-Truppen<br />

rings um die ČSSR, und damit direkt an der<br />

Grenze zur Bundesrepublik und zur NATO,<br />

ausging, als sehr groß eingeschätzt wurde.<br />

Die in der vorliegenden Mitteilung abgedruckten<br />

Originaldokumente sollen exemplarisch<br />

einen Einblick in die zeitgenössische<br />

Aktenlage beim BND geben. Der<br />

tatsächliche Aktenbestand zu den Vorgängen<br />

ist deutlich umfangreicher. Ausgewählt<br />

wurden Dokumente, die sowohl Einblicke<br />

in die Arbeitsweise des Dienstes im<br />

Jahr <strong>1968</strong> erlauben, als auch konkrete politische<br />

und militärische Erkenntnisse und<br />

Einschätzungen aus dem Krisenjahr.<br />

Die Frage nach einer Entscheidungswilligkeit<br />

der verantwortlichen Regierung wird<br />

dabei völlig außen vor gelassen. Der Aufklärungsapparat<br />

des BND hat, wie in den<br />

Dokumenten gezeigt wird, auf verschiedenen<br />

Ebenen die politische Krise in der<br />

ČSSR und die militärischen Vorbereitungen<br />

des Ostblocks festgestellt und gemeldet.<br />

Aber die Entwicklungsoptionen und Szenarien<br />

waren vielfältig: Würden sich die<br />

Hardliner in der tschechoslowakischen KP<br />

durchsetzen und die Krise im Sinne Moskaus<br />

beenden? Würden die liberalen Kräfte<br />

sich durchsetzen und den Westen um Hilfe<br />

bitten? Würde die ČSSR unter dem aufgebauten<br />

militärischen Druck einknicken und<br />

bedingungslos den kommunistischen Kurs<br />

fortsetzen? Oder würde ein Einmarsch der<br />

Sowjetischen Armee und ihrer Verbündeten<br />

notwendig sein, um Prag wieder auf<br />

Linie zu bringen?<br />

Die Krise in der ČSSR schwelte bereits das<br />

ganze Jahr 1967, bekam aber mit der Absetzung<br />

des Stalinisten Antonín Novotný<br />

(1904 – 1975) als KP-Chef am 5. Januar<br />

<strong>1968</strong> eine Wendung, die direkt in den<br />

„Prager Frühling“ führte. Die Hoffnung<br />

zielte auf eine Liberalisierung in der ČSSR,<br />

eine Loslösung von der Sowjetunion, wenn<br />

nicht sogar optimistisch auf eine Hinwendung<br />

zum Westen, zu den sogenannten<br />

Blockfreien. Ein Kurs, der in Moskau keinesfalls<br />

geduldet werden konnte. Dieser<br />

Herausforderung versuchte die Kommunistische<br />

Partei der Sowjetunion (KPdSU)<br />

zunächst durch gesteigerten politischen<br />

Druck auf die Prager Genossen zu begegnen.<br />

Ab Anfang Mai <strong>1968</strong> begannen verstärkt<br />

militärische Vorbereitungen. Diese<br />

galten, vordergründig, dem Warschauer<br />

Pakt Manövern „Donau“ (Dunaj) sowie<br />

„Böhmerwald“ (Šumava), welches vom 18.<br />

bis zum 30. Juni auf dem Staatsgebiet der<br />

ČSSR stattfinden sollte. Im Rahmen dieses<br />

Manövers wurde der militärische Ring um<br />

die ČSSR gelegt, große Truppenverbände,<br />

auch aus der Tiefe der Sowjetunion, herangeführt.<br />

Ziel der Übung war es aus Moskauer<br />

Sicht, nicht alleine Macht und Stärke<br />

zu demonstrieren, sondern auch aufzuzeigen,<br />

dass bei einem NATO-Angriff die<br />

tschechoslowakischen Landstreitkräfte für<br />

eine erfolgreiche Verteidigung nicht ausreichend<br />

waren. Als Konsequenz musste<br />

die Dislozierung sowjetischer Streitkräfte<br />

vor Ort zum Tragen kommen. Gleichzeitig<br />

wurde der politische Druck auf Prag weiter<br />

erhöht. Da die Vertreter des Reformkurses<br />

um Alexander Dubček keineswegs unangefochten<br />

waren und die Stalinisten weiterhin<br />

starken Einfluss in der tschechoslowakischen<br />

Politik hatten, drohte auch im Land<br />

selbst eine Verschärfung der Krise.<br />

Im Anschluss an „Böhmerwald“ folgte die<br />

MFGBND 9/2016

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