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Spolková zpravodajská služba a pražské jaro 1968

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Dokumente des Bundesnachrichtendienstes zum Prager Frühling <strong>1968</strong> 81<br />

die mit der Prager Entwicklung sympathisierten<br />

und auch für das „polnische Volk<br />

das Recht auf einen eigenen Weg zum Sozialismus“<br />

hofften.<br />

In Prag rüstete sich die dortige KPČ-Führung<br />

für die nächste Verhandlungsrunde mit den<br />

Moskauer Genossen und litt dabei unter deren<br />

Forderungen. Auch rang Dubček um die<br />

Zusammensetzung seiner Delegation.<br />

Die jugoslawische Regierung dagegen versuchte<br />

den Konflikt zu internationalisieren<br />

und ihn aus dem sozialistischen Lager auf<br />

UNO und Europaebene zu heben.<br />

Im Sonderbericht 271709 deutet sich an,<br />

dass die kommunistischen Staaten nicht<br />

wie ein eherner Block zusammen und gegen<br />

die Abweichler standen. Lediglich die<br />

Ost-Berliner SED-Führung befürworte die<br />

militärische Lösung.<br />

Wie der polnische KP-Chef Władysław<br />

Gomułka zu taktieren versuchte, zeigte die<br />

nächste Meldung aus Warschau. Prag wende<br />

sich zu sehr der Bundesrepublik zu und<br />

würde mit diesem Kurs die Einheit des Ostblocks<br />

zerstören.<br />

Aus Prag wurde die Versetzung des Generals<br />

Vaclav Prchlik gemeldet. Der General<br />

galt als Befürworter des Reformkurses und<br />

warnte vor der Gefahr eines sowjetischen<br />

Einmarsches.<br />

Sowjetische Diplomaten in Wien erregten<br />

sich über innenpolitische Maßnahmen der<br />

Prager Führung, die Moskau vor „vollendete<br />

Tatsachen“ stellten.<br />

Aus der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad<br />

kam die Meldung, der Staatsführer<br />

Josip Broz Tito habe auf Bitten Dubčeks einen<br />

Besuch in Prag abgesagt. Dubček wolle<br />

vor den sowjetischen Gesprächspartnern<br />

den Eindruck vermeiden, er „unterliege jugoslawischen<br />

Einflüssen.“<br />

Auf dem außenpolitischen Parkett versuchten<br />

ČSSR-Diplomaten gute Miene zu Spiel<br />

der Sowjetischen Armee zu machen.<br />

Währenddessen wuchs in Prag die Sorge<br />

vor der militärischen Invasion. Tschechoslowakische<br />

Gewerkschafter befürchteten<br />

den Einmarsch „unter irgendeinem Vorwand“.<br />

Ein höherer polnischer Diplomat in Italien<br />

erläutert die innenpolitischen Schwierigkeiten<br />

in der ČSSR. Dubčeks Stellung sei<br />

nicht sicher, Militär und auch Geheimdienst<br />

stünden nicht geschlossen hinter<br />

ihm. Sogar ein Sturz Dubčeks durch diese<br />

Kreise wäre möglich.<br />

Aus Wien wurde über die Kaltstellung slowakischer<br />

Kommunistenführer in der Parteileitung<br />

berichtet.<br />

Dubček selbst habe auf einer ZK-Präsidiumssitzung<br />

Kompromissbereitschaft gegenüber<br />

Forderungen der UdSSR gezeigt.<br />

Über den nächsten Termin und Ort eines<br />

Zusammentreffens der sowjetischen und<br />

tschechoslowakischen KP-Führer wurde<br />

spekuliert. Die Ausführungen zeigten, wie<br />

kompliziert die Situation insgesamt war.<br />

Die Einheit des kommunistischen Blocks<br />

war längst brüchig, die sowjetischen<br />

Machthaber konnten sich nicht einmal<br />

mehr frei und sicher überall bewegen.<br />

Die Spekulationen über den nächsten Verhandlungszeitraum<br />

hielten an.<br />

Aus Belgrad wurde die Gefahr eines Machtund<br />

Gesichtsverlustes der KPdSU innerhalb<br />

des kommunistischen Lagers weltweit befürchtet,<br />

da besonders die westeuropäischen,<br />

kommunistischen Parteien pro ČSSR<br />

wären und eine Nichteinigung zwischen<br />

UdSSR und ČSSR die sowjetische Führungsrolle<br />

gefährden könne.<br />

Quelle: BND-Archiv, 16.745, Unterlagen zur<br />

ČSSR-Krise <strong>1968</strong>, (37 Blatt).<br />

Jedná se o soubor 21 hlášení sekcí BND<br />

„strategická <strong>služba</strong>“ (krycí označení 283) a<br />

„strategický průzkum“ (krycí označení 273)<br />

MFGBND 9/2016

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