In Sack und Asche zu gehen, macht die Welt ... - Finanz Und Wirtschaft
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AUTO-IKONE:<br />
JAGUAR E-TYPE<br />
ABEL FERRARA :<br />
KILLER-REGISSEUR<br />
SPEZIAL :<br />
MODE &<br />
MÄNNER<br />
GUT ANGEZOGEN:<br />
VIER SCHWEIZER<br />
MIT KLASSE<br />
UND STIL<br />
VELOS:<br />
KARBON<br />
UND FIXIES<br />
HERBST 2011 – 7 FRANKEN
Magazin <strong>zu</strong>r Ausgabe Nummer<br />
78 der «<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>»<br />
vom 1. Oktober 2011. LUXE ist eine<br />
gemeinsame Publikation von «Bilan»<br />
<strong>und</strong> «<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>»<br />
<strong>und</strong> erscheint vier Mal jährlich.<br />
–<br />
VERLAG FINANZ UND WIRTSCHAFT AG<br />
Hallwylstrasse 71,<br />
Postfach, 8021 Zürich<br />
Telefon 044 298 35 35,<br />
Fax 044 298 35 00<br />
www.fuw.ch, verlag@fuw.ch<br />
–<br />
VERLEGER<br />
Pietro Supino<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
Martin Coninx<br />
CHEFREDAKTOR<br />
Peter Schuppli<br />
REDAKTIONELLE LEITUNG<br />
Konrad Koch<br />
ANZEIGENVERKAUF<br />
Sabrina Wägli (Leitung),<br />
Jonas Schneider, Yves Gollaz<br />
MARKETING<br />
Dana Massie, Sandra Meier<br />
ANZEIGEN DEUTSCHSCHWEIZ<br />
Edipub SA<br />
Mühlebachstrasse 43, 8032 Zürich<br />
–<br />
ART DIRECTOR<br />
Nicolas Zentner (enzed, Lausanne)<br />
BILDREDAKTION<br />
David Huc<br />
–<br />
MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />
Cristina d’Agostino, Dino Auciello,<br />
Stéphane Benoit-Godet, Dominic Büttner,<br />
Hans Uli von Erlach, Christian von<br />
Faber-Castell, Christel Flach, Vera<br />
Hartmann, Michel Jeannot, Blaise-<br />
Alexandre Le Compte, Nicolas Righetti<br />
François Wavre, Cédric Widmer<br />
–<br />
ÜBERSETZUNG<br />
Béatrice Aklin, Sabine Dröschel,<br />
Gian Pozzy<br />
–<br />
BILAN LUXE<br />
VERLEGER<br />
Edipresse Développment SA<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
Tibère Adler<br />
CHEFREDAKTOR<br />
Stéphane Benoit-Godet<br />
REDAKTIONELLE LEITUNG<br />
Emmanuel Grandjean<br />
LEITUNG MARKETING<br />
Bérangère Waver<br />
–<br />
FOTOLITHO<br />
Images3, Lausanne<br />
–<br />
DRUCK<br />
Ziegler Druck- <strong>und</strong> Verlags-AG,<br />
Winterthur<br />
Aufl age 65 000;<br />
ISSN 1664-0152<br />
EDITORIAL<br />
Bella Figura machen<br />
Mit schönem Tuch <strong>und</strong> gutem Schnitt lässt sich vieles<br />
kaschieren. Das weiss keiner besser als der<br />
Doyen der Schweizer Herrenmode, der Zürcher Modemacher<br />
Hannes B., der in <strong>die</strong>sem «Luxe» <strong>zu</strong>m Thema<br />
«Mode & Männer» seine Winterkollektion vorstellt.<br />
Wenn es sein muss, lässt er nämlich einen Bleistift fallen,<br />
um mit schnellem Blick aufs Schuhwerk sein Gegenüber<br />
taxieren <strong>zu</strong> können. Schuhe sind das F<strong>und</strong>ament,<br />
auf dem der Mann steht. Es ist dabei nicht ein<br />
Frage der neusten Mode, sondern ob sie <strong>zu</strong>r Persönlichkeit<br />
passen <strong>und</strong> ob sie gepfl egt sind. Soigner les détails.<br />
Schuhputzer ist keine einfache Arbeit, wenn <strong>die</strong> Menschen lieber<br />
Converse tragen als Lederschuhe. Im Ambiente eines Genfer Herrenausstatters<br />
pfl egt Brunno Gomes das Handwerk der Schuhpfl ege.<br />
Dort bringt er noch so getretene Lederschuhe wieder <strong>zu</strong>m Glänzen,<br />
mit Bürsten, Wachscremen <strong>und</strong> – wie er im Portrait in <strong>die</strong>sem «Luxe»<br />
verrät – dem Butlertrick «spit and polish». Schuhe erzählen ihm dabei<br />
alles über ihren Träger. Von Fehlstellungen des Fusses bis <strong>zu</strong><br />
menschlichen Schwächen.<br />
Viele Männer leisten sich den Luxus, teuer angezogen <strong>zu</strong> sein, aber<br />
nur wenige sind dabei gut angezogen – denn Bella Figura <strong>zu</strong> machen,<br />
ist nicht eine Frage des Preises. Wie man Eleganz <strong>und</strong> Persönlichkeit<br />
gekonnt verbindet, das zeigen vier Männer aus der Roman<strong>die</strong><br />
<strong>und</strong> der Deutschschweiz, <strong>die</strong> von «Luxe» <strong>zu</strong> den am besten angezogenen<br />
Schweizern gewählt wurden. Gemeinsam ist ihnen allen, dass<br />
Mode <strong>und</strong> Kleidung ihnen zwar viel bedeuten, mehr als Labels <strong>und</strong><br />
modische Regeln zählt aber der gelassene Umgang damit, sonst ist<br />
der Schritt schnell ge<strong>macht</strong> <strong>zu</strong>r Eitelkeit. Dass <strong>die</strong> männliche Spezies<br />
da<strong>zu</strong> neigt, wusste schon Seneca, der in einem Brief berichtet über<br />
Herrschende in Rom, «bei denen eher der Staat in Unordnung geraten<br />
darf als ihre Frisur: Lieber eine gute Frisur als gutes Ansehen». Er<br />
schrieb das übrigens vor 2000 Jahren, wie der Dichter Ovid, der dem<br />
Mann <strong>zu</strong>r Pfl ege von Körper <strong>und</strong> Geist riet <strong>und</strong> <strong>zu</strong> modischen Torheiten<br />
meinte: Nachlässige Schönheit steht Männern!<br />
Konrad Koch<br />
Verantwortlicher Redaktor<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 9
INHALT<br />
Herbst 2011<br />
96<br />
92<br />
101<br />
09 EDITORIAL<br />
12 MITWIRKENDE<br />
15 GASTKOMMENTAR<br />
Vom Luxus <strong>zu</strong>r Kunst<br />
von Gianni Motti<br />
16 MUST HAVE<br />
20 TECH-TRENDS<br />
22 BEGEGNUNG<br />
Albert Kriemler: «Mode<br />
ist vergänglich, darum ist es Mode»<br />
26 AUSSTELLUNGEN<br />
28 TREFFPUNKTE<br />
Restaurants <strong>und</strong> Shopping<br />
30 GUT ANGEZOGEN<br />
Vier Schweizer mit Klasse<br />
36 HERRENMODE<br />
Stilführer für jeden Tag<br />
44 TRENDS WINTER 2011/12<br />
Wie Mann sich cool kleidet<br />
70<br />
44<br />
48 STYLISTINNEN<br />
Vier Schweizerinnen, <strong>die</strong><br />
Männer schöner machen<br />
53 BEGEHRLICHKEIT<br />
Warum Sie <strong>die</strong>se Tasche<br />
unbedingt haben müssen<br />
54 MÄNNERSCHUHE<br />
Schustern <strong>und</strong> Pfl ege<br />
58 SHOOTING<br />
Stilduell<br />
66 TRAUMSTOFFE<br />
Porträt der Weberin<br />
Karola Kauff mann<br />
Kasackkleid: Alexander McQueen<br />
70 UHREN MIT ZEITZONEN<br />
Für <strong>Welt</strong>reisende<br />
74 HAUTE HORLOGERIE<br />
Cartier Time Art in Zürich<br />
76 STIL<br />
Willkommen bei Hannes B.<br />
80 WERKZEUG<br />
Arbeitsgeräte für Männer<br />
16<br />
82 MÖBEL FÜR SAMMLER<br />
Von Barock bis Design<br />
86 AUTOMOBIL<br />
Mit dem Jaguar in <strong>die</strong> Berge<br />
89 CHECK-UP<br />
Wie viel Zeit bleibt mir noch?<br />
92 SPORT<br />
Karbonräder <strong>und</strong> Fixies<br />
96 PFLEGE<br />
Für Geist <strong>und</strong> Körper<br />
98 PARFUM<br />
Dufthölzer<br />
99 ADRESSEN<br />
101 BOUDOIR<br />
Abel Ferrara,<br />
The King of New York<br />
Titelbild: Marc Ninghetto<br />
An<strong>zu</strong>g: Dries Van Noten<br />
Hemd: Balenciaga<br />
58<br />
Nicolas Righetti, Nicolas Zentner, Koller, Rudy Waks/Corbis Outline<br />
10 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 11
MITWIRKENDE<br />
Nicolas Righetti<br />
Nicolas Righetti hat an<br />
der Ecole Supérieure des<br />
Beaux-Arts in Genf stu<strong>die</strong>rt<br />
<strong>und</strong> ist Mitglied des<br />
Künstlerkollektivs Rezo.<br />
Er ist vor allem für seine<br />
Bildreportagen über Asien,<br />
insbesondere über Turkmenistan<br />
<strong>und</strong> Nordkorea,<br />
bekannt, dessen dunkle<br />
Seite er 2003 im Bildband<br />
«The Last Paradise» aufzeigte.<br />
2007 wurde er als<br />
erster Schweizer Fotograf<br />
mit dem World Press Photo<br />
Award ausgezeichnet.<br />
Zusammen mit dem Journalisten<br />
Pierre Grosjean<br />
hat er im Rahmen des Projekts<br />
CalvinWorld eine<br />
Porträtgalerie von Männern<br />
<strong>und</strong> Frauen auf der<br />
ganzen <strong>Welt</strong> erstellt, <strong>die</strong><br />
alle Calvin heissen.<br />
www.rezo.ch<br />
S. 92-95<br />
12 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
Hans Uli von Erlach<br />
Er ist Kunst- <strong>und</strong> Kulturvermittler.<br />
Seit 30 Jahren<br />
schreibt Hans Uli von<br />
Erlach als freier Journalist<br />
über Architektur, <strong>In</strong>neneinrichtung,<br />
Malerei,<br />
Mode, Schauspiel, vor allem<br />
über Musik, wo seine<br />
Leidenschaft der Oper<br />
gilt. Für das spanische<br />
Fachmagazin «Opera Actual»<br />
verfasst er Opernkritiken.<br />
Für <strong>die</strong> deutsche<br />
Zeitschrift «Schöner Wohnen»<br />
führt er seit r<strong>und</strong><br />
20 Jahren <strong>die</strong> Redaktion<br />
Schweiz, <strong>und</strong> während<br />
Jahren hat er <strong>die</strong> Kulturseite<br />
der grössten Schweizer<br />
Boulevardzeitung<br />
«Blick» betreut. Seine Portraits<br />
<strong>und</strong> <strong>In</strong>terviews erscheinen<br />
in Publikationen<br />
wie «Hochparterre» <strong>und</strong><br />
«Jardin des Modes». Für<br />
«Luxe» hat er den Schweizer<br />
Modeschöpfer Albert<br />
Kriemler interviewt.<br />
S. 22-24<br />
Gianni Motti<br />
Niemand weiss so richtig,<br />
wo er geboren wurde (irgendwo<br />
im Veltlin), <strong>und</strong><br />
noch weniger, wann (Pi mal<br />
Daumen um 1958). Über Gianni<br />
Motti ist nur bekannt,<br />
dass er aus Italien stammt<br />
<strong>und</strong> seit über 25 Jahren in<br />
Genf wohnt. Ebenso wenig<br />
greifb ar ist sein Werk,<br />
denn auch es entzieht sich<br />
jeglicher Klassifi zierung.<br />
Es wird als aufrührerisch,<br />
provokant, lustig <strong>und</strong> konzeptuell<br />
bezeichnet. Gianni<br />
Motti beherrscht aber<br />
vor allem <strong>die</strong> Kunst, den<br />
Zeitgeist <strong>zu</strong> erfassen <strong>und</strong><br />
ständig mindestens ein<br />
Dutzend genialer, von der<br />
Wissenschaft, dem Papst,<br />
der Demokratie <strong>und</strong> Ausserirdischen<br />
inspirierte<br />
Ideen für eine Performance,<br />
ein Video oder eine <strong>In</strong>stallation<br />
im Kopf <strong>zu</strong> haben.<br />
Er nimmt bis <strong>zu</strong>m 13. November<br />
an der Ausstellung<br />
«Seeing is believing» in<br />
Kunst-Werke Berlin teil.<br />
S. 15<br />
Cédric Widmer<br />
Machte seine Ausbildung<br />
an der Ecole d’Arts Appliqués<br />
(Schule für angewandte<br />
Kunst) in Vevey<br />
<strong>und</strong> unterrichtet seit 2002<br />
Fotografi e an der ECAL in<br />
Lausanne.1996 bis 2005<br />
arbeitete er als Freelancer<br />
im Kollektiv Strates, seit<br />
2006 hat er sein eigenes<br />
Atelier. Cédric Widmer<br />
bevor<strong>zu</strong>gt <strong>die</strong> punktuelle<br />
Zusammenarbeit für<br />
spezifi sche Projekte, wie<br />
es für „Luxe“ der Fall ist.<br />
Als Kenner der Kunstszene<br />
Schweiz hat er sich für<br />
<strong>die</strong>se Ausgabe auf eine<br />
Reise zwischen Lausanne,<br />
Zürich <strong>und</strong> Basel ge<strong>macht</strong>,<br />
von der er <strong>die</strong> Porträts<br />
der neuen Stil-Talente<br />
mitgebracht hat.<br />
www.cedricwidmer.ch<br />
S. 48-53<br />
Vera Hartmann<br />
Die in Zürich geborene<br />
Fotografi n liess sich<br />
am Art Center College of<br />
Design Pasadena ausbilden.<br />
Sie pendelt zwischen<br />
der Schweiz – wo sie <strong>die</strong><br />
Agentur 13 mitbegründet<br />
hat – <strong>und</strong> Los Angeles.<br />
Zwei Berufsmittelpunkte<br />
auf geografi schen<br />
Antipoden, aber <strong>die</strong>selbe<br />
Sensibilität für Farben<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> sie<br />
porträtiert, vom chinesischen<br />
Künstler Ai Weiwei<br />
bis <strong>zu</strong>r Pornodarstellerin.<br />
Vera Hartmann publiziert<br />
ihre Arbeiten in den USA<br />
in «GQ», «Rolling Stone»<br />
<strong>und</strong> «Wired», in der<br />
Schweiz in «Annabelle»,<br />
«l’Hebdo» <strong>und</strong> «NZZ am<br />
Sonntag».<br />
www.verahartmann.com<br />
S. 66-69<br />
DR<br />
ZWEI HERZEN. HÖCHSTE PRÄZISION.<br />
DUOMÈTRE À QUANTIÈME LUNAIRE. Kaliber Jaeger-LeCoultre 381.<br />
Das “Dual-Wing”-Konzept ist eine wahre uhrmacherische Revolution, <strong>die</strong> zwei<br />
unabhängige Räderwerke beherbergt, welche über ein einziges Regulierorgan<br />
synchronisiert werden. Die patentierte blitzende Sek<strong>und</strong>e ermöglicht Zeitmessungen<br />
auf <strong>die</strong> 1/6 Sek<strong>und</strong>e genau.<br />
HABEN SIE JEMALS EINE RICHTIGE UHR GETRAGEN?<br />
Im Rahmen der Kooperation zwischen Jaeger-LeCoultre <strong>und</strong> der UNESCO werden<br />
maritime Schutzprojekte der Öffentlichkeit vorgestellt <strong>und</strong> gefördert.<br />
Das richtige Engagement für eine wertvolle Sache.<br />
www.jaeger-lecoultre.com
illustration: Nicolas Zentner<br />
OUVERTURE<br />
Gastkommentar<br />
Im Lamborghini<br />
<strong>zu</strong> Segantini<br />
Gianni Motti<br />
Er provoziert, ironisiert, bezeichnet sich als Urheber von Erdbeben, <strong>die</strong> für ihn<br />
Skulpturen sind – Gianni Motti ist Katastrophenkünstler, Verfechter der etablierten<br />
Unordnung, der sein eigenes Begräbnis fi lmt, an einer Ausstellung Tausende Dollar<br />
regnen lässt <strong>und</strong> nur selten über seine Vergangenheit spricht. Ausser für «Luxe».<br />
Es ist das erste Mal, dass man mich gebeten<br />
hat, über Luxus <strong>zu</strong> schreiben.<br />
Diese Bitte hat gerade<strong>zu</strong> eine Krise ausgelöst.<br />
Bei meiner kurzen Rückschau auf<br />
mein Leben verbrachte ich einen ziemlich<br />
deprimierten Vormittag. Ich verfl uchte<br />
mich innerlich. Weshalb, um Himmels<br />
willen, hast du nie eine Uhr, einen Ring, einen<br />
Goldkette oder gar Ohrringe getragen?<br />
Weshalb hast du dich nie mit Tattoos geschmückt?<br />
<strong>Und</strong> warum trägst du nie taillierte<br />
Hemden? Dabei wäre ich aufgr<strong>und</strong><br />
meiner Kindheit für Luxus gerade<strong>zu</strong> prädestiniert<br />
gewesen.<br />
Ich kam erstmals mit Luxus in Berührung,<br />
als ich für <strong>die</strong> millionenschweren<br />
Gäste des Grand Hotel Suvretta House, eines<br />
der St. Moritzer Fünfsternehäuser, Tennisbälle<br />
<strong>zu</strong>sammenlas. Das Hotel war <strong>die</strong>ses<br />
Jahr in den Schlagzeilen, weil es Tagungsort<br />
der Bilderberg-Konferenz war, des geheimnisvollen<br />
Treff ens der einfl ussreichsten<br />
Personen der <strong>Welt</strong>. Meine Eltern arbeiteten<br />
im Hotel, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Direktion gestattete mir,<br />
während der Schulferien bei ihnen <strong>zu</strong> weilen.<br />
Diese Sommeraufenthalte gaben mir<br />
das Gefühl, auf einem andern Planeten, in<br />
einer Parallelwelt gelandet <strong>zu</strong> sein. Ich beobachtete<br />
das Ballet der Rolls-Royce, <strong>die</strong><br />
Herren, <strong>die</strong> tagsüber in Fred-Perry-Polos,<br />
abends im Smoking gekleidet waren, <strong>die</strong> alten<br />
Damen mit extravagant türkis oder violett<br />
gefärbten Haaren, <strong>die</strong> eigentlich wie <strong>die</strong><br />
heutigen Punks aussahen, hochmütige Pudel,<br />
<strong>die</strong> herausgeputzt, frisiert <strong>und</strong> chic gewandet<br />
promeniert wurden.<br />
Ganz in der Nähe des Hotels befanden<br />
sich <strong>die</strong> Chalets der Familien Agnelli, Gucci,<br />
De Benedetti, Onassis <strong>und</strong> von Sophia<br />
Loren, denen ich regelmässig auf dem Tennisplatz<br />
begegnete. Sie wurden von einem<br />
ehemaligen Schweizer Tennischampion<br />
gecoacht <strong>und</strong> stellten sich unglaublich ungeschickt<br />
an. <strong>Und</strong> da ich <strong>zu</strong>schaute, wie sie<br />
immer <strong>und</strong> immer wieder <strong>die</strong> gleichen Bewegungen<br />
wiederholten, lernte auch ich<br />
das Spiel. Ich bemerkte, dass der Lehrer<br />
sie ständig mit einem «Bravo» komplimentierte,<br />
selbst wenn sie den Ball verfehlten.<br />
Obwohl ich nicht verstand, weshalb er sie<br />
beglückwünschte, begann auch ich immer<br />
wieder «Bravo! Bravo!» <strong>zu</strong> rufen. Je mehr<br />
ich <strong>die</strong>s tat, desto höher fi el das Trinkgeld<br />
aus. Eines Tages kam eine verzweifelte<br />
Gräfi n <strong>zu</strong> mir, sie hatte beim Himbeerpfl ücken<br />
im Wald einen riesigen Diamanten<br />
verloren. Ich <strong>macht</strong>e mich auf <strong>die</strong> Suche an<br />
dem von ihr bezeichneten Ort <strong>und</strong> fand das<br />
Schmuckstück. Sie bedankte sich <strong>und</strong> gab<br />
mir einen Finderlohn in Höhe eines Monatssalärs<br />
meiner Eltern.<br />
Eines der grossen Ereignisse im Leben<br />
des Hotels war <strong>die</strong> Ankunft von Reza Pahlevi,<br />
dem letzten Schah von Persien <strong>und</strong><br />
Besitzer der legendären Villa Suvretta, <strong>die</strong><br />
sich ganz in der Nähe befand. Wir alle waren<br />
fasziniert, denn im kaiserlichen Gefolge<br />
befanden sich viele sehr schöne Damen.<br />
Der Schah reiste jeweils in mehreren Privatjets<br />
nach St. Moritz. Begleitet war er von<br />
seinem Hofstaat, Leibwächtern, Kurtisanen<br />
<strong>und</strong> Dienstpersonal. Da <strong>die</strong> Villa nur<br />
über 30 Zimmer verfügte, musste ein Teil<br />
seiner Begleitung im Hotel logieren.<br />
Der Schah war nicht nur ein Liebhaber<br />
schöner Frauen, er war auch ein grosser<br />
Autofan. Er besass etwa 200 Fahrzeuge,<br />
darunter den berühmten Mercedes-Benz<br />
500K <strong>und</strong> den MPV Tehran Type (eine<br />
Spezialanfertigung von Mercedes-Benz,<br />
Porsche <strong>und</strong> Volkswagen). <strong>In</strong> St. Moritz<br />
steuerte er meistens den Lamborghini Miura<br />
SVJ, das erste Modell einer Viererserie,<br />
<strong>die</strong> vom italienischen Autobauer für Top-<br />
VIP produziert wurde. Das Fahrzeug des<br />
Schahs wurde übrigens 1995 vom Schauspieler<br />
Nicolas Cage erworben.<br />
Nach der Abreise des Schahs <strong>und</strong> seiner<br />
Gäste, <strong>und</strong> weil ich den Wächter kannte,<br />
durfte ich jeweils den Wagenpark bew<strong>und</strong>ern<br />
<strong>und</strong> auch einen Blick auf <strong>die</strong><br />
Bilder werfen, <strong>die</strong> er während der langen<br />
Hausmeisterst<strong>und</strong>en malte. Eines Tages<br />
wollte er mir eine Freude bereiten <strong>und</strong><br />
lud mich <strong>zu</strong> einem Ausfl ug im Lamborghini<br />
ein. Beim Segantini-Museum <strong>macht</strong>en<br />
wir halt. Ich war aus dem Häuschen,<br />
denn erstmals in meinem Leben hatte ich<br />
Gelegenheit, ein Museum <strong>zu</strong> betreten. Auf<br />
der Rückreise vergass ich alles, Luxusvilla,<br />
Schah <strong>und</strong> das berühmte Gefährt. Das Einzige,<br />
woran ich dachte, war das Alpentriptychon<br />
«Werden – Sein – Ver<strong>gehen</strong>» von<br />
Segantini, das ich eben entdeckt hatte. An<br />
jenem Abend blieb ich länger als üblich<br />
in der Villa Survetta, <strong>und</strong> von Müdigkeit<br />
übermannt, schlief ich im Bett im kaiserlichen<br />
Schlafzimmer. |<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 15
MUST HAVE MUST HAVE<br />
von Emmanuel Grandjean<br />
FORMEL-1-TISCH<br />
Konstantin Grcic stammt aus München <strong>und</strong> gehört<br />
<strong>zu</strong> den Top 10 der zeitgenössischen Gestalter. Der<br />
<strong>In</strong>dustrial Designer, Urheber legendärer Möbelstücke<br />
(One Chair, Leuchte Mayday) arbeitet vor<strong>zu</strong>gsweise<br />
mit Hightech-Materialien <strong>und</strong> ist wegen seines<br />
schlichten geometrischen Stils bekannt. <strong>In</strong> eine<br />
ganz andere Richtung geht <strong>die</strong> Tischkollektion, <strong>die</strong><br />
er für <strong>die</strong> Pariser Galerie Kreo gestaltet hat. Sechs<br />
Formel-1-Tische mit Beinen aus lackiertem Alu,<br />
<strong>die</strong> an Rennboliden erinnern. Die «Champions»<br />
verbinden den schlichten Stil eines Jean<br />
Prouvé mit Memphis-Funky, technischen<br />
Challenge mit einfachen Formen. Eine neue<br />
Ästhetik für zeitgenössisches Wohnen.<br />
Champion, Konstantin Grcic,<br />
Preis auf Anfrage, www.kreo.fr<br />
©Fabrice Gousset Courtesy Galerie kreo<br />
DR<br />
1. PALLADIO, EIN KINDERSPIEL<br />
Der grosse Renaissance-Architekt Andrea Palladio wurde vor r<strong>und</strong><br />
500 Jahren in Padua geboren. Aus Anlass <strong>die</strong>ses Jubiläums legt das<br />
Centro <strong>In</strong>ternazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio<br />
zwei w<strong>und</strong>erschöne Baukästen für Sammler auf. Eine Art Lego<br />
für Architekturliebhaber <strong>und</strong> Ästheten (<strong>die</strong> Steine sind aus<br />
farbiger Keramik), <strong>die</strong> <strong>die</strong> Meisterwerke des grossen Baumeisters<br />
in Miniaturform nachbauen möchten.<br />
«Le jeu de la villa», 140 € pro Kasten, shop.cisapalladio.org<br />
2. PANDA-FEDERHALTER<br />
Twitter, Mail, MSN, Facebook, Menschen schreiben immer noch<br />
gerne ihre Geschichten auf, einfach per Tastendruck. Was aber nicht<br />
das Aus für Schreibinstrumente der Superluxusklasse bedeutet,<br />
deshalb der Federhalter Panda aus der Kollektion 2011 der «Objets<br />
Précieux de Cartier». Mit dem schwarz <strong>und</strong> weiss lackierten Korpus,<br />
der Feder aus Massivgold <strong>und</strong> dem Kristallsockel ein einzigartiges,<br />
kostbares Objekt <strong>und</strong> passend für <strong>die</strong> Signatur wichtiger Verträge.<br />
4700 Fr., www.cartier.com<br />
3. SCHULTERTASCHEN<br />
BEGLEITEN DURCH DEN HERBST<br />
Noch mehr Pep für Bally-Lederartikel. Lassen Sie sich <strong>die</strong>sen Herbst<br />
von <strong>die</strong>ser topschicken Schultertasche begleiten. Ein echtes Musthave<br />
aus perforiertem Leder mit den legendären Bally-Streifen in<br />
Rot <strong>und</strong> Weiss.<br />
1295 Fr., www.bally.com<br />
4. BREUNING-TÖPFE<br />
Zweite Aufl age für das Atelier Pfi ster, eine Kollektion von Einrichtungsgegenständen,<br />
<strong>die</strong> von einem Dutzend Schweizer Designern<br />
<strong>und</strong> einem Künstler gestaltet <strong>und</strong> von Alfredo Häberli selektioniert<br />
werden. Nach dem Lausanner Stéphane Daffl on <strong>und</strong> seinen<br />
Teppichen ist der Zürcher Olaf Breuning an der Reihe. Seine Töpfe<br />
erinnern an <strong>die</strong> von Malern verwendeten Farbkübel. Chicky-Punk-<br />
Behälter für <strong>die</strong> Rock’n’Roll-Küche.<br />
Preis nicht mitgeteilt. Erhältlich bei Pfi ster ab Oktober 2011<br />
6. SLIMANE, DER FOTOGRAF<br />
Man kennt Hedi Slimane, der Chefdesigner, der bei Saint-Laurent<br />
<strong>und</strong> Christian Dior für rockigen Schwung gesorgt hat. Weniger<br />
bekannt ist Hedi Slimane, der Fotograf, dessen Aufnahmen aus den<br />
2000er Jahren JRP Ringier in vier Bänden aufl egt. 724 Seiten <strong>und</strong><br />
845 Schwarzweiss-Bilder illustrieren <strong>die</strong> Ästhetik des einfl ussreichsten<br />
Modemachers seiner Generation, der ein bedeutender Fotograf<br />
war, bevor er in der Fashionwelt Karriere <strong>macht</strong>e.<br />
Anthology of a Decade, Box in limitierter Aufl age, 724 Seiten, 300 Fr.<br />
5. BLICK IN DEN RÜCKSPIEGEL<br />
Unsichtbare Brillengestelle? Das ist passé. Seit ein paar Jahren<br />
verlangt <strong>die</strong> Vintagemode nach Brillen, wie sie von den Werbern<br />
in Mad Men getragen werden. Der Blick <strong>zu</strong>rück ist eine<br />
Spezialität von Dita Eyewear. Das von John Juniper <strong>und</strong> Jeff<br />
Solorio in Los Angeles kreierte Zero-Logo-Label hat zahllose<br />
Fans (Brad Pitt, Jennifer Lopez, Snoop Dog, Beck). Die neue,<br />
in Japan von Hand gefertigte Kollektion umfasst auch Modelle<br />
in Lavendelblau für kühne Träger<strong>In</strong>nen. Revolverblick garantiert.<br />
455 €, www.dita.com, Fouchault l’Opticien, Genf,<br />
(022 310 22 11) <strong>und</strong> Burrioptik, Zürich, www.burrioptik.ch<br />
1<br />
6<br />
2<br />
3<br />
4<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 17<br />
5
MUST HAVE<br />
von Emmanuel Grandjean<br />
Die Uhr des ultimativen Retrogamers? Bestimmt eine glühende<br />
Hommage an Space <strong>In</strong>vaders. Die an der Baselword präsentierte<br />
Sammleruhr wurde von Romain Jérôme in Zusammenarbeit<br />
mit dem japanischen Unternehmen Taito Corporation,<br />
dem Pionier der Videospielindustrie <strong>und</strong><br />
noch immer Besitzer des Kult-Arcadegames<br />
aus dem Jahr 1978, entwickelt. Der Genfer<br />
Uhrenhersteller bietet <strong>die</strong>sen nerdigen,<br />
w<strong>und</strong>erbar nostalgischen Zeitmesser in<br />
zwei, jeweils auf 78 Stück limitierten Modellen<br />
an – mit farbigem oder schwarz-weiss<br />
leuchtendem Ziff erblatt. Weil es ein Leben<br />
vor World of Warcraft gibt !<br />
Space <strong>In</strong>vaders, Preis auf Anfrage,<br />
www.romainjerome.com<br />
18 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
DR<br />
PIAGET ALTIPLANO<br />
Die flachste Automatik-Uhr der <strong>Welt</strong><br />
Gehäuse aus Weissgold<br />
Gehäusehöhe: 5,25 mm<br />
Das flachste Automatik-Uhrwerk der <strong>Welt</strong><br />
Piaget Manufaktur Kaliber<br />
Höhe des Uhrwerks: 2,35 mm<br />
ÄUSSERSTE DISKRETION<br />
www.piaget-altiplano.com
FLUG ÜBERS WASSER<br />
Finden Sie Jet Ski altmodisch? Dann versuchen<br />
Sie’s doch mal mit JetLev, einem wasserstrahlgetriebenen<br />
Rucksack, der Sie mit 35 St<strong>und</strong>enkilometer<br />
zehn Meter über <strong>die</strong> Wasserfläche<br />
katapultiert. Mit 100 000 Fr. ist der Trip allerdings<br />
nicht billig, weshalb Sie es sich gut überlegen<br />
sollten, bevor Sie Ihren Meeresscooter auf Ricardo<br />
anbieten. JetLev R200 ist ausser in Europa<br />
weltweit erhältlich <strong>und</strong> dürfte nächsten Sommer in<br />
unsere Breitengrade gelangen.<br />
www.jetlev.com<br />
BETONKLÄNGE …<br />
Der israelische Designer Shmuel Linski liebt Rohbeton.<br />
Nachdem er eine Lavazza-Kaff eemaschine<br />
darin gekleidet hat, überrascht er jetzt mit in Beton<br />
gegossenen Lautsprecherboxen. Jede Exposed<br />
wiegt 56 kg <strong>und</strong> ist 96 cm hoch. «Das Nirwana für<br />
jeden Musikliebhaber», meint der Designer, der<br />
vor<strong>zu</strong>gsweise für Anhänger der brutalistischen<br />
Architektur arbeitet. Wir sind hell begeistert.<br />
www.linskidesign.com<br />
… UND AUDIOFAUTEUIL<br />
Dem Kana<strong>die</strong>r John Greg Ball ist ein kühner Wurf<br />
in Sachen Audiodesign gelungen. Der Subsonic<br />
Chair ist mit je zwei gewaltigen Subwoofern <strong>und</strong><br />
Mittellautsprechern ausgerüstet, <strong>die</strong> wuchtige<br />
1000 Watt leisten. Das Lärmmöbel wurde 2005<br />
als Prototyp entwickelt <strong>und</strong> soll nun endlich auf<br />
den Markt kommen.<br />
www.johngregball.com<br />
20 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
TECHNOSOPHIE<br />
von Emmanuel Grandjean<br />
Scheitbox<br />
Der iLog des kanadischen Designers<br />
Judson Beaumont wirkt massig,<br />
ist aber bestes, erstklassiges Design. Der<br />
Holzhalter für iPod <strong>und</strong> iPhone garan-<br />
Smartes Smartphone<br />
Die schnellste Uhrenmarke der <strong>Welt</strong><br />
baut den Bereich der Luxus-Mobiles<br />
weiter aus. Nach dem vor drei Jahren<br />
vorgestellten Meridiist will TAG<br />
Heuer auch im Markt der Touchscreen-<br />
Smartphones eine Rolle spielen. Zwar<br />
fi ndet Link, so der Name des Luxusgeräts,<br />
auf Technoblogs wenig Lob. Die<br />
internationale Gemeinde kritisiert <strong>die</strong><br />
massige Form, aber auch den, angesichts<br />
der verhältnismässig bescheidenen technischen<br />
Eigenschaften (5-Megapixel-<br />
Kamera, 256 MB interner Speicher, Speicherkarte<br />
8 GB, OS Android 2.2 Froyo)<br />
happigen Mindestpreis von 5600 Fr.<br />
Die Stärken <strong>die</strong>ses Smartphones liegen<br />
im luxuriösen Outfi t – schwarzes oder<br />
schokoladenbraunes Krokoleder, Roségold<br />
oder Titan – <strong>und</strong> in der Tatsache,<br />
dass es in bester Schweizer Uhrenma-<br />
tiert warmes Ambiente an kalten Winterabenden<br />
<strong>und</strong> kann direkt beim Designer<br />
bestellt werden. Einzelstück ca. 2000 Fr.<br />
www.straightlinedesigns.com<br />
chertradition hergestellt wird. Aber für<br />
Geeks sind Chic <strong>und</strong> Eleganz halt eher<br />
sek<strong>und</strong>är.<br />
www.tagheuer.com
DAMENMODE | BEGEGNUNG | von Hans Uli von Erlach - Foto: Vera Hartmann<br />
Albert Kriemler<br />
« Das Wort Luxus wird<br />
infl ationär gebraucht »<br />
MIT GUTSCHWEIZERISCHEM SINN FÜR QUALITÄT UND<br />
UNSCHWEIZERISCHEM FLAIR FÜR EXKLUSIVITÄT MACHTE ALBERT<br />
KRIEMLER AUS DEM ST. GALLER FAMILIENUNTERNEHMEN AKRIS EIN<br />
MODEHAUS VON WELTRUF. OBWOHL AKRIS EIGENTLICH ZUNÄCHST<br />
AUFFÄLLT DURCH UNAUFFÄLLIGKEIT.<br />
Angelina Jolie inszeniert sich in Akris<br />
auf dem Red Carpet, Madeleine Albright<br />
reist in Akris, Susan Sarandon entdeckte<br />
Akris bei Bergdorf Goodman in<br />
New York <strong>und</strong> für <strong>die</strong> neue Fürstin Charlène<br />
von Monaco hat man schon vor der<br />
Hochzeit mehrere Looks entworfen. Julia<br />
Roberts, Tilda Swinton, Königin Rania<br />
von Jordanien: Die Liste liesse sich fortsetzen.<br />
Im traditionellen Backsteinhaus<br />
in St. Gallen, wo Albert Kriemlers Grossmutter<br />
Alice vor bald 90 Jahren <strong>die</strong> Firma<br />
gründete (<strong>zu</strong>nächst mit der Herstellung<br />
von Schürzen) <strong>und</strong> wo Albert <strong>und</strong><br />
sein Bruder Peter heute <strong>die</strong> Geschicke leiten,<br />
freut man sich diskret über solch prominente<br />
Auftritte der Marke. Aber mehr<br />
eigentlich nicht. Man habe ja nichts aktiv<br />
da<strong>zu</strong> getan, dass <strong>die</strong>se La<strong>die</strong>s Akris tragen,<br />
heisst es mit gelebtem <strong>Und</strong>erstatement,<br />
in das sich auch etwas Stolz <strong>und</strong><br />
Selbstbewusstsein mischen. Weniger<br />
über <strong>die</strong> Publicity, als über <strong>die</strong> exquisiten<br />
Kleider, <strong>die</strong>, vorwiegend in der Schweiz<br />
gefertigt, am 2. Oktober einmal mehr am<br />
Défi lé in Paris gezeigt werden. Albert<br />
Kriemler verkörpert <strong>die</strong>se noble Zurückhaltung<br />
selber. Lieber spricht er (seit 1980<br />
<strong>zu</strong>ständig für Design <strong>und</strong> Marketing) von<br />
den w<strong>und</strong>ervollen Stoff en, ohne <strong>die</strong> er<br />
gar nicht kreieren könnte. Oder von den<br />
w<strong>und</strong>erbaren Händen seiner Mitarbeiter,<br />
<strong>die</strong> so viel können. <strong>Und</strong> davon, dass seine<br />
Mode eigentlich dafür da sei, <strong>die</strong> Persönlichkeit<br />
der Trägerin hervor<strong>zu</strong>heben.<br />
Nicht umgekehrt.<br />
Herr Kriemler, von anderen Modedesignern<br />
liest man in Peoples-Magazinen viel öfter,<br />
<strong>die</strong> inszenieren sich wirkungsvoll auf Parties,<br />
22 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
haben eff ektvolle Auftritte an ihren Modeschauen…<br />
Finden Sie das so wichtig?<br />
…Sie winken nach dem Defi lé höchstens mal<br />
kurz ins Publikum. Immerhin ist das, was über<br />
den Laufsteg läuft, doch <strong>zu</strong> einem guten Teil<br />
auch Sie ganz persönlich.<br />
Natürlich. Ich verstecke mich auch nicht,<br />
aber mir sagen Selbstinszenierungen nicht<br />
viel.<br />
Das passt <strong>zu</strong>r diskreten Eleganz Ihrer Mode.<br />
Welche Ihrer eigenen Eigenschaften fi nden<br />
sich darin wieder?<br />
<strong>In</strong> der Selbstrefl ektion ist das schwierig<br />
<strong>zu</strong> sagen. Sicher ist das, was in <strong>die</strong>sen<br />
vier Wänden seit gut dreissig Jahren gelebt<br />
wird, von meinem Bruder <strong>und</strong> mir geprägt.<br />
Wir verlassen uns nicht auf das rein Visuelle,<br />
setzen nicht auf das Demonstrative.<br />
Das blieb auch so, seit wir mit dem ersten<br />
Auftritt in Paris 2004 in der Öff entlichkeit<br />
wahrgenommen wurden.<br />
Öff entlich seit 2004? Akris war doch schon<br />
vorher erfolgreich <strong>und</strong> auch Sie waren da<br />
schon 24 Jahre an <strong>die</strong>ser Position. Warum<br />
war Paris so wichtig?<br />
Der Weg dahin war einer der schwierigsten,<br />
den wir gegangen sind. Man vergisst<br />
immer: Es gibt in der Modewelt einerseits<br />
<strong>die</strong> Schnelllebigkeit, <strong>die</strong> uns alle sechs Monate<br />
wieder erneuert <strong>und</strong> daneben jene<br />
Rhythmen, <strong>die</strong> Zeit brauchen. Wir befassten<br />
uns schon Mitte der Neunziger Jahre<br />
damit, was <strong>zu</strong> tun ist, um optimal mit<br />
der <strong>Welt</strong> <strong>zu</strong> kommunizieren. Bisher präsentierten<br />
wir in unseren drei damaligen<br />
Showrooms in Paris, Düsseldorf <strong>und</strong><br />
Tokio. Aber als Schweizer Unternehmen<br />
mussten wir unsere Kollektionen an den<br />
grossen Shows entweder in Mailand, Paris<br />
oder New York zeigen. New York wollte<br />
uns ohnehin immer gerne haben. Seit<br />
ich 2001 Anna Wintour, <strong>die</strong> Chefredaktorin<br />
der amerikanischen Vogue, erstmals<br />
traf, sagte sie «you have to come to New<br />
York». <strong>Und</strong> ich sagte: «I don’t think so, we<br />
feel very european». Für mich war immer<br />
klar: Paris war <strong>und</strong> ist <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>hauptstadt<br />
der Mode.<br />
Wann wagten Sie den Schritt an <strong>die</strong> Seine?<br />
1996 haben wir uns erstmals um <strong>die</strong> Teilnahme<br />
an den Défi lés in Paris bemüht.<br />
Man kannte dort Akris noch nicht. Es<br />
brauchte drei Jahre, bis wir 1999 Membre<br />
associé wurden <strong>und</strong> Termine <strong>zu</strong>r Präsentation<br />
erhielten. Aber nur Tage am Anfang<br />
oder am Ende der Shows. Das wollten wir<br />
nicht, weil da <strong>die</strong> wichtigsten Journalisten<br />
bereits abgereist sind. Wir waren also in<br />
der Warteschlaufe, riefen alle sechs Monate<br />
wieder an <strong>und</strong> erhielten dann 2004 erstmals<br />
einen Termin an einem der vier wichtigsten<br />
Tage.<br />
Ziemlich selbstbewusst <strong>und</strong> hartnäckig!<br />
Man muss in <strong>die</strong>sem Beruf wissen, was<br />
man ist <strong>und</strong> was man im Vergleich <strong>zu</strong> den<br />
Anderen sein will. Es ist eben nicht dasselbe,<br />
ob man Designer für eine etablierte<br />
Marke ist oder weltweit eine Handschrift<br />
aufb auen will, <strong>die</strong> erkennbar werden soll.<br />
Da gibt es nur den konsequent eigenen<br />
Weg. <strong>In</strong> den Achtzigerjahren <strong>macht</strong>e ich<br />
viel <strong>zu</strong> oft das, was man in der Branche<br />
„machen muss“ – mit schlechtem Bauchgefühl.<br />
<strong>Und</strong> wenn ich <strong>die</strong>ses hatte, kam’s<br />
meistens nicht gut heraus. Also hatte ich<br />
den Mut, <strong>zu</strong> sagen: Ok, das fühle ich <strong>und</strong><br />
so wollen wir es erreichen. Wir mussten<br />
da auch bereits viel weniger Rücksicht<br />
nehmen, weil wir in den Neunzigerjahren<br />
Jahren im amerikanischen <strong>und</strong> asiatischen<br />
Markt bereits wachsen konnten.<br />
Mode ist Bekleidung, aber nicht jede<br />
Kleidung ist Mode. Wann wird ein Kleid <strong>zu</strong>r<br />
Mode?<br />
Was für sie Mode ist, formuliert jede Frau<br />
für sich selbst. Ist ein Stück für sie Mode,<br />
oder High Fashion, oder modern, oder einfach<br />
für sie richtig…<br />
<strong>Und</strong> <strong>die</strong>se Freiheit überlassen Sie jeder Frau?<br />
Selbstverständlich! Kleider müssen der<br />
Person selber entsprechen. Jeder trägt das<br />
am besten, womit er sich selbst identifi -<br />
ziert <strong>und</strong> worin er sich wohl fühlt.
DAMENMODE | BEGEGNUNG<br />
Sie sagten einmal: «Wenn eine Frau einen<br />
Raum betritt <strong>und</strong> man als erstes ihr Kleid<br />
sieht, dann ist es nicht von Akris.» Aber<br />
Mode will doch gesehen werden?<br />
Mode muss so sein, dass man <strong>zu</strong>erst <strong>die</strong><br />
Person wahrnimmt. Wenn man hinterher<br />
feststellt, dass sie ein schönes Kleid trägt,<br />
ist das w<strong>und</strong>erbar. Ob man dann weiss, ob<br />
es Akris ist, ist sek<strong>und</strong>är.<br />
Männermode <strong>zu</strong> machen hat Sie nie interessiert?<br />
Hätten Sie da eine ganz andere<br />
Philosophie?<br />
Die Gr<strong>und</strong>sätze, nach denen sich ein Mann<br />
kleidet, sind ganz andere als bei einer Frau.<br />
Viel rationaler, viel praktischer. Aber Männermode<br />
beinhaltet auch viele Werte, <strong>die</strong><br />
Damenmode eigentlich auch haben<br />
sollte. Wir Männer tragen<br />
unsere Jacke jahrelang, <strong>und</strong> unsere<br />
Lieblingshose… who cares!<br />
Natürlich würde ich sehr gerne<br />
Männermode machen <strong>und</strong> es<br />
gäbe durchaus eine Nische für einen Akris<br />
Mann. Aber das <strong>macht</strong> man nicht einfach<br />
im Vorbei<strong>gehen</strong>… Das verlangt ganz andere<br />
Produktionsgr<strong>und</strong>sätze, es braucht ein<br />
neues Team, neue Distributionswege, wir<br />
müssten ein Menswear-Team <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en<br />
neu aufb auen. Das ist eine Frage von vielen<br />
Jahren, bis ein neues Produkt stimmt <strong>und</strong><br />
dann eine Breite bekommt. Mein Bruder<br />
Peter sagte jahrelang: Menswear kommt<br />
für uns nie in Frage. Doch nach seiner letzten<br />
Chinareise analysierte er: Wenn wir<br />
den Kontinent Asien wirklich bearbeiten<br />
wollen, kommen wir wahrscheinlich nicht<br />
darum herum. <strong>In</strong> Asien ist es eindeutig der<br />
Mann, der in erster Linie konsumiert.<br />
Mode vom Niveau, wie Sie sie machen,<br />
steht für Luxus. Mal abgesehen vom Preis<br />
Ihrer Kleider: welchen Luxus wollen Sie<br />
Ihrer K<strong>und</strong>in vermitteln?<br />
Wir sehen heute den Begriff Luxus kritisch.<br />
Das Wort wird inzwischen infl ationär<br />
verwendet. Bei uns haben wir es schon<br />
seit Jahren aus dem Wortschatz gestrichen!<br />
Es geht uns eher um eine Form von<br />
Refi nement – für <strong>die</strong>ses Wort gibt es keine<br />
gleichwertige deutsche Überset<strong>zu</strong>ng.<br />
Ich denke an Ihre Aussagen über das<br />
Gefühl, Ihre Mode <strong>zu</strong> tragen, den Luxus,<br />
sich mit ihr wohl <strong>zu</strong> fühlen.<br />
Unsere Kleider refl ektieren unsere Gefühle.<br />
Für mich ist es nicht nur wichtig,<br />
dass eine Frau in ihren Kleidern gut aussieht,<br />
sondern dass sie sich wohl fühlt. Das<br />
hat in erster Linie mit Stoff <strong>und</strong> Schnitt <strong>zu</strong><br />
tun: Ein Stoff soll angenehm auf der Haut<br />
24 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
liegen, ein Schnitt soll für eine selbstverständliche<br />
Bequemlichkeit sorgen. Da<strong>zu</strong><br />
gehört auch eine gewisse Selbstverständlichkeit,<br />
<strong>die</strong> ein Kleid nicht nur in seiner<br />
Ausstrahlung, sondern auch in seiner<br />
Funktionalität mitbringen muss. Wie man<br />
das erreicht, ist mir auch nicht immer klar<br />
– es ist etwas, das in der Arbeit mit meinem<br />
kreativen Team immer wieder von innen<br />
heraus entsteht.<br />
Es ist dennoch interessant, dass in <strong>die</strong>sen<br />
wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gerade<br />
<strong>die</strong> Luxuskonzerne boomten. Die Gesellschaft<br />
braucht off enbar solche Luxusikonen.<br />
Die Frage ist, wie wir den Begriff Luxus<br />
verstehen. Wenn Sie sehen, was im Acces-<br />
« Mode ist vergänglich,<br />
darum ist es Mode. »<br />
soire-Markt alles unter Luxus läuft <strong>und</strong><br />
wer das einkauft, dann ist es eher eine<br />
Frage der Marke. Nehmen wir eine Louis<br />
Vuitton-Tasche <strong>und</strong> wer sie sich leistet.<br />
Hier setzten wir ein Fragezeichen hinter<br />
den Begriff Luxus. Ist es Luxus, wenn <strong>die</strong><br />
Leute vor einem Geschäft Schlange stehen,<br />
um dort etwas <strong>zu</strong> kaufen <strong>zu</strong> können?<br />
Ein anderes Wort haben Sie aber nicht<br />
gestrichen: <strong>In</strong>novation. Sie entwickeln mit<br />
spezialisierten Herstellern immer wieder<br />
Stoff e <strong>und</strong> neue handwerkliche Methoden,<br />
kultivieren <strong>zu</strong>m Beispiel eine einzigartige<br />
Verarbeitung von Doubleface-Geweben<br />
oder Taschen aus Rosshaar-Stoff …<br />
…W<strong>und</strong>erbare Materialien! Sie müssen sich<br />
ein Feld suchen, das nur Sie mehr oder weniger<br />
eigenständig bearbeiten können – das<br />
ist ganz wichtig. Natürlich gibt es verschiedene<br />
Formen von Marketing. Für uns als<br />
kleine Firma ist <strong>die</strong> wirkliche Botschaft immer<br />
das Produkt selbst. Die einzige Kraft,<br />
<strong>die</strong> wir haben, ist jene, <strong>die</strong> da auf dem Kleiderbügel<br />
hängt, im Wettbewerb mit den<br />
Besten der <strong>Welt</strong>. Dass <strong>die</strong>ses Kleid neben<br />
dem anderen besteht, das einen bekannten<br />
Namen trägt. <strong>Und</strong> dass es uns über <strong>die</strong> Jahre<br />
gelingt, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Vertrauen auf<strong>zu</strong>bauen,<br />
<strong>zu</strong>erst bei den Einkäufern, dann bei den<br />
Verkäuferinnen <strong>und</strong> schliesslich bei den<br />
K<strong>und</strong>innen, <strong>die</strong> sagen: I am proud to wear<br />
Akris, and I feel good and I come back…<br />
Sie müssen für <strong>die</strong> verschiedenen Kollektionen<br />
mehrmals im Jahr <strong>zu</strong> kreativer<br />
Höchstform aufl aufen. Wie motivieren <strong>und</strong><br />
inspirieren Sie sich immer wieder?<br />
Man liebt, was man tut! Dafür bin ich da mit<br />
meinem langjährigen, qualifi zierten Team.<br />
Sicher überlegt man sich nicht jede Konsequenz,<br />
wenn man sich entscheidet, Modedesigner<br />
<strong>zu</strong> werden. <strong>In</strong>spiration ist eigentlich<br />
nie Pfl icht sondern Passion. Wenn<br />
etwas fertig ist, sofort an das Nächste <strong>zu</strong> <strong>gehen</strong>….<br />
immer wieder ein schöner Moment.<br />
Sie machen auch Kostüme für den Choreografen<br />
John Neumeier vom Hamburger<br />
Ballett. Gibt es da Parallelen <strong>zu</strong>r Mode?<br />
Das ist tatsächlich sehr inspirierend auch<br />
für meine Modekollektionen. Die Frage<br />
war: Wie schaff en wir <strong>die</strong>se noch viel extremere<br />
Bewegungsfreiheit. Vieles musste ich<br />
<strong>zu</strong>sammen mit dem Kostümschneider des<br />
Balletts erst lernen. Das war übrigens<br />
auch meine erste Erfahrung<br />
mit Herrenbekleidung, da wir für<br />
<strong>die</strong> Paare ja auch Herrenanzüge<br />
erarbeiteten. Doch das schönste<br />
war, dass sowohl Tänzerinnen wie<br />
Tänzer <strong>die</strong> Kleider am liebsten gleich für ihren<br />
Alltag mitgenommen hätten!<br />
Im Gegensatz <strong>zu</strong>r Kunst ist Mode Vergänglichkeit<br />
– machen Sie sich darüber<br />
Gedanken?<br />
Manchmal werde ich gefragt: Sind Sie<br />
Künstler? Nein, natürlich nicht! Ich mache<br />
etwas, das einen Zweck erfüllt. Mode<br />
ist vergänglich, darum ist es Mode. Auch<br />
wenn es bei Akris immer Teile gibt, <strong>die</strong><br />
man länger tragen kann. Mode ist heute<br />
weniger zeitbezogen, als vielmehr menschenbezogen.<br />
Es ist eine grosse Eigenständigkeit<br />
möglich, <strong>die</strong> nicht in ein Gesamtbild<br />
passen muss. Es gibt auch nicht<br />
mehr <strong>die</strong>ses Diktat der Saison. <strong>Und</strong> dennoch<br />
braucht es <strong>die</strong> überlagernde Formulierung<br />
einer Epoche, <strong>die</strong> eine Kollektion<br />
richtig oder nicht richtig für <strong>die</strong> Saison erscheinen<br />
lässt. Nur dann bleibt Mode immer<br />
wieder modern.<br />
Eine stete Gratwanderung zwischen eigener<br />
Handschrift <strong>und</strong> Zeitgeist <strong>und</strong> Trend?<br />
Nein, <strong>die</strong> Handschrift muss immer erkennbar<br />
sein, sie hat nichts mit Zeitgeist<br />
<strong>zu</strong> tun. Sie baut sich über Jahre auf. Aber<br />
es ist gleichzeitig <strong>die</strong> oberste Anforderung<br />
an eine Kollektion, dass sie aktuell ist. Das<br />
Vergängliche des Zeitgeistes formuliert <strong>die</strong><br />
Qualität des Moments in der übergeordneten<br />
Unverkennbarkeit der Marke. Diesem<br />
Gesetz müssen sich alle Kreativen in <strong>die</strong>sem<br />
Beruf jede Saison von Neuem stellen.<br />
Sonst bleibt es bei einer nationalen oder<br />
regionalen Wahrnehmung der Kollektion<br />
oder Marke. |<br />
JULES AUDEMARS<br />
DUAL TIME<br />
LE BRASSUS (VALLÉE DE JOUX) - SCHWEIZ - audemarspiguet.com
AGENDA<br />
AUSSTELLUNGEN IN DER SCHWEIZ<br />
von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch<br />
LOUISE BOURGEOIS ALS SAISONHÖHEPUNKT<br />
FONDATION BEYELER<br />
Ihre Riesenspinne ist bereits durch mehrere Schweizer Grossstädte getourt.<br />
Seit dem 2. September thront <strong>die</strong> Skulptur «Maman» in der Fondation<br />
Beyeler. Dort wird das Werk der gebürtigen Pariserin, <strong>die</strong> 1938 nach<br />
New York zog <strong>und</strong> sich dort bald in den Kreis der vor dem Krieg gefl üchteten<br />
Surrealisten integrierte, in einer konzentrierten Auswahl von 20 Exponaten<br />
gezeigt. Die Ausstellung <strong>zu</strong>m 100. Geburtstag von Louise Bourgeois<br />
wurde noch mit der Künstlerin selbst kurz vor ihrem Tod im Jahr 2010<br />
geplant. Sie befasst sich mit den zentralen Themen ihres Schaff ens – der<br />
Weiblichkeit, der Sexualität <strong>und</strong> der Beziehung <strong>zu</strong>r Mutter – <strong>und</strong> setzt sie<br />
in Beziehung mit anderen Werken aus der Fondation Beyeler.<br />
Louise Bourgeois, bis <strong>zu</strong>m 8. Januar 2012, Fondation Beyeler,<br />
Basel, 061 645 07 00 www.fondationbeyeler.ch<br />
26 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
Frédéric Delpech, © 2011, Louise Bourgeois Trust / ProLitteris, Zürich<br />
DECRAUZAT, WIE ER<br />
IM BUCHE STEHT<br />
Philippe Decrauzat ist vor allem für seine Op Art<br />
bekannt. Er setzt sich aber auch mit Film <strong>und</strong> Ton<br />
auseinander. Für seine Genfer Ausstellung hat das<br />
Centre genevois d’édition contemporaine einen auf<br />
400 Exemplare limitierten Künstler-<br />
Bildband herausgegeben.<br />
Philippe Decrauzat, bis <strong>zu</strong>m<br />
20. November 2011, Centre genevois<br />
d’édition contemporaine, Genf, 022<br />
310 51 70, www.c-e-c.ch<br />
«RECTANGLE AND SQUARE» - VON<br />
PICASSO BIS JUDD<br />
Die Ausstellung «Rectangle and Square», Erwerbungen<br />
der Rupf-Stiftung gibt nun <strong>zu</strong>m ersten Mal<br />
umfassenden Einblick in <strong>die</strong> Sammlungstätigkeit<br />
der Stiftung seit deren Gründung.<br />
Im Stiftungsgut finden sich neben<br />
bedeutenden Werkgruppen von Picasso,<br />
Braque, Klee oder Kandinsky<br />
auch grossartige Werke der Minimal<br />
Art, der Zero, der Konkreten. Zu<br />
den jüngsten Ankäufen gehört<br />
eine Gruppe von Werken des in<br />
Bern wohnhaften Konzeptkünstlers<br />
Vaclav Pozarek sowie von Florian<br />
Slotawa.<br />
Rectangle and Square, bis <strong>zu</strong>m<br />
8. Januar 2012, Kunstmuseum Bern,<br />
031 328 09 44,<br />
www.kunstmuseumbern.ch<br />
FOTOS EINER<br />
SAMMLUNG<br />
Erstmals der Öff entlichkeit <strong>zu</strong>gänglich:<br />
Auf einzigartige Weise dokumentiert<br />
<strong>die</strong> von den Brüdern Ruedi<br />
<strong>und</strong> Thomas Bechtler initiierte<br />
Fotosammlung der Firma Zellweger<br />
Luwa den Wandel der Fotografi e <strong>zu</strong>r konzeptuellen<br />
Kunstform. Vielfalt von Werkzyklen von John Baldessari,<br />
Jeff Wall über Sigmar Polke, Richard Prince bis<br />
Roman Signer.<br />
Through the looking Brain,<br />
15. Oktober 2011 bis 29. Januar 2012, Kunstmuseum<br />
St. Gallen, 071 242 06 71,<br />
www.kunstmuseumsg.ch<br />
MAXIMUM DAFFLON<br />
Manchmal ist weniger mehr. Oder<br />
wie man eine maximale visuelle<br />
Spannung mit einem Minimum<br />
an Farben schaff t. Die im Fri-Art<br />
in Freiburg gezeigten Werke des<br />
Lausanners Stéphane Daffl on sind<br />
eine Gratwanderung zwischen Op<br />
Art <strong>und</strong> Minimalismus. Eines der<br />
Highlights in <strong>die</strong>sem Herbst.<br />
Stéphane Daffl on, bis <strong>zu</strong>m<br />
30. Oktober 2011, Fri-Art centre d’art<br />
contemporain, Fribourg,<br />
www.fri-art.ch<br />
Philippe Decrauzat<br />
Stéphane Daffl on Kunstmuseum St-Gallen Kunstmuseum Bern<br />
Als <strong>In</strong>begriff von Eleganz <strong>und</strong> Lebensart steht <strong>die</strong> Hampton<br />
Kollektion für unverkennbares Design <strong>und</strong> klare Linienführung<br />
– für Sie <strong>und</strong> für Ihn. www.baume-et-mercier.com
TREFFPUNKTE<br />
von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch<br />
LUST AUF WILD? VIER RESTAURANTS,<br />
UM DIE JAGDSAISON ZU ZELEBRIEREN<br />
ZÜRICH<br />
JAGDPAVILLON AM SEE<br />
Das elegante Gartenrestaurant des Luxushotels<br />
Baur au Lac hat nach der grossen Erneuerung<br />
jetzt das ganze Jahr Saison. <strong>In</strong> der verglasten<br />
Rotonde lässt sich inmitten uralter Parkbäume<br />
<strong>die</strong> Haute Cuisine von Chefkoch Lauren Eperon<br />
geniessen. Seine frischen <strong>und</strong> dynamischen<br />
<strong>In</strong>terpretationen machen selbst klassische Wildgerichte<br />
<strong>zu</strong> einem Contemporary Fine Dining.<br />
Restaurant Pavillon, Baur au Lac, Talstrasse 1,<br />
Zürich, 044 220 50 22, www.aupavillon.ch<br />
28 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
GENF<br />
GANZ GROSSE KLASSE<br />
Die Adresse ist der angesagte Treff punkt der<br />
Genfer Feinschmecker. Im Oktober wird das von<br />
Michelin mit zwei Sternen dekorierte Haus von<br />
Philippe <strong>und</strong> Magali Chevrier <strong>zu</strong>m Jagdrelais.<br />
Auf der Menükarte steht Köstliches vom Haarwild<br />
(Hase, Reh <strong>und</strong> Hirsch) <strong>und</strong> vom Federwild<br />
(Waldschnepfe, Ringeltaube, Wildhuhn, Wildente),<br />
begleitet von erstklassigen Crus aus dem<br />
berühmten Keller. La grande classe!<br />
Domaine de Châteauvieux, 16 chemin<br />
de Châteauvieux, Peney-Dessus, Genf,<br />
022 753 15 11, www.chateauvieux.ch<br />
ZÜRICH<br />
WILD UND WEIN<br />
Schiesst der Perfektionist Beat Caduff einen<br />
Bock, freut sich der Wildgeniesser. Der Hausherr<br />
von Caduff ’s Wine Loft geht selbst auf <strong>die</strong> Jagd.<br />
Unübertreff bar sind seine Zubereitungen von<br />
Hirsch, Gams <strong>und</strong> Reh. Eine besondere Liebe<br />
des Bündners gilt dem Wein. Sein Angebot umfasst<br />
2222 Gewächse aus aller <strong>Welt</strong>. Wer für <strong>die</strong><br />
Wildwochen bis 29. Oktober keinen Platz mehr<br />
fi ndet, sollte jetzt schon für <strong>die</strong> Metzgete vom<br />
8. bis 12. November reservieren.<br />
Caduff ’s Wine Loft, Kanzleistrasse 126,<br />
Zürich, 044 240 22 55, www.wineloft.ch<br />
ARZIER<br />
FÜR GOURMETS<br />
2010 renoviert, ist <strong>die</strong>se hübsche Auberge<br />
ob Nyon in der ganzen Roman<strong>die</strong> für ihre<br />
Wildspezialitäten berühmt. Georges Lelièvre<br />
verarbeitet Federvieh <strong>zu</strong> Terrinen (Rebhuhn-<br />
Rillette, Fasanenpastete Pantin) <strong>und</strong> grilliert,<br />
gart <strong>und</strong> brät edle Stücke vom vierbeinigen<br />
Wild (Hirschfi let, entbeinter Rehrücken,<br />
Hasenentrecôte). Céline Lelièvre ist für den<br />
schönen Keller <strong>zu</strong>ständig, wo Terroirweine<br />
(Wallis, Genf, Wallis) neben edlen Tropfen<br />
aus der Champagne <strong>und</strong> dem Graubünden<br />
(Heimat der Besitzer) reifen.<br />
Auberge de l’Union, 9 route de Saint-Cergue,<br />
Arzier, 022 366 25 04, www.auberge-arzier.ch<br />
photos: DR<br />
TREFFPUNKTE<br />
von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch<br />
GUTE ADRESSEN ZWISCHEN GENF UND ZÜRICH<br />
FÜR ALLE, DIE MODE UND DESIGN SCHÄTZEN.<br />
ZÜRICH : DÄNISCHER PURISMUS<br />
Meisterwerke dänischer Möbeltischlerei aus der Zeit von 1920 bis 1970 fi nden sich in der<br />
Galerie Dansk Møbelkunst, <strong>die</strong> ihren Hauptsitz von Kopenhagen nach Zürich verlegt hat.<br />
Angeboten werden in dem grosszügigen Ausstellungsraum in der Nähe des Paradeplatzes<br />
Originale aus der Frühzeit der dänischen Möbelkunst von Kaare Klingt <strong>und</strong> Rudolf Rasmussen<br />
bis <strong>zu</strong> Ikonen des <strong>In</strong>dustriedesigns von Arne Jacobson oder Børge Mogensen.<br />
Dansk Møbelkunst, Talacker 30, 8001 Zürich, 044 383 83 33, www.dmk.com<br />
DR<br />
GENF : DIE MÖBELKOMPANIE<br />
Die Arkade liegt ganz oben an der Rue du Perron, in Richtung<br />
Genfer Altstadt auf der linken Seite. Eine ziemlich präzise Beschreibung,<br />
aber das muss so sein. Meubles & Cie hat nämlich<br />
kein richtiges Schaufenster. Das Möbelgeschäft ist in einem<br />
der typischen Genfer Gebäude aus dem Mittelalter mit dicken<br />
Mauern <strong>und</strong> schmalen Fenstern untergebracht. Dort bietet der<br />
<strong>In</strong>nenarchitekt <strong>und</strong> genaue Beobachter der zeitgenössischen<br />
Möbelszene einen Katalog aus Stücken etablierter Designer<br />
(Moooi, Maarten Baas, Established & Sons), recherchierter<br />
Marken (Cherner Chair, PP Møbler, Sawaya & Moroni) <strong>und</strong><br />
einer Little-Home-Ecke geführt von Rebecca Sirdey, damit <strong>die</strong><br />
Kids den Sinn für Schönes in <strong>die</strong> Wiege gelegt bekommen.<br />
Meubles & Cie, 27 rue du Perron, 022 311 70 50,<br />
www.meubles-cie.ch<br />
GENF : DESIGN IM DETAIL<br />
Mit ihren dunklen Wänden <strong>und</strong> dem urgemütlichen Ambiente<br />
könnte <strong>die</strong> Boutique glatt als Boudoir durch<strong>gehen</strong>. Ein Boudoir<br />
aber, in dem sich <strong>die</strong> Anwesenden nur über Möbel von heute<br />
austauschen. Die <strong>In</strong>nenarchitektin <strong>und</strong> Eigentümerin Geneviève<br />
Vadi mischt grosse Namen des Designs (Cassna, Molteni,<br />
Tom Dixon) mit Werken noch nicht ganz so bekannter kreativer<br />
Köpfe aus allen Teilen der <strong>Welt</strong>.<br />
Détail, 16 rue Etienne-Dumont, 022 310 78 05<br />
ZÜRICH : KLASSIKER UND NEWCOMER<br />
Sie navigieren gekonnt im Strom von Trends <strong>und</strong> Stilen: Bibiana<br />
Stoecklin <strong>und</strong> Gabrielle Ma<strong>zu</strong>rczak, <strong>die</strong> beiden <strong>In</strong>haberinnen<br />
der Agentur Modestrom. Am 1. Oktober haben sie an der<br />
Seefeldstrasse 110 ihren neuen, 150 m 2 grossen Laden eröff net.<br />
Dort fi nden sich für Damen <strong>und</strong> Herren Kleidungsstücke,<br />
Schuhe, Accessoires <strong>und</strong> Schmuck von Marken wie Nina Ricci,<br />
Issa London über Kandahar bis <strong>zu</strong> Arbeiten der Newcomerin<br />
Aéthérée.<br />
Modestrom, Seefeldstrasse 110 / Feldeggstrasse 53, 8008<br />
Zürich, 044 499 91 91, www.modestrom.com<br />
DR<br />
DR DR<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 29
DOSSIER | ELEGANZ | von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch - Fotos: Cédric Widmer<br />
MODE<br />
«LUXE» WÄHLT DIE VIER ELEGANTESTEN SCHWEIZER. BEKENNTNISSE<br />
VON MÄNNERN, DIE DAS SCHÖNE LIEBEN UND TRAGEN.<br />
MEN<br />
Wie jedes Jahr verteilt «Luxe» Punkte<br />
an stilbewusste Schweizer<br />
Männer. Angesichts der nationalen Verbreitung<br />
unseres Magazins haben wir<br />
das Jagdrevier auf das ganze Land ausgedehnt.<br />
Das Unterfangen war nicht<br />
ganz einfach, galt es doch, zwischen den<br />
Gruppen «kreative Hedonisten» (Designer,<br />
Grafi ker, Architekten) <strong>und</strong> «Banker»<br />
<strong>zu</strong> wählen. Die Vertreter <strong>die</strong>ser<br />
Kategorien gelten traditionell als <strong>die</strong><br />
bestangezogenen, <strong>die</strong> wissen, wie man<br />
sich weder <strong>zu</strong> klassisch noch <strong>zu</strong> modisch,<br />
<strong>zu</strong> strikt oder <strong>zu</strong> cool kleidet. Aus<br />
Freude an der Abwechslung entschieden<br />
wir uns für das kreative Segment. Wobei<br />
es gar nicht so einfach war, sie aus der<br />
Reserve <strong>zu</strong> locken. Oder wie <strong>die</strong> Grille<br />
in der Fabel des französischen Dichters<br />
Jean-Pierre Claris de Florin meint: «Um<br />
hier<strong>zu</strong>lande glücklich <strong>zu</strong> leben, muss <strong>die</strong><br />
Eleganz im Versteckten blühen.» Unsere<br />
Auserwählten mögen weder <strong>die</strong> grosse<br />
Show noch Bling-Bling <strong>und</strong> reden nicht<br />
gerne lautstark über ihre vestimentären<br />
Vorlieben. Denn Eleganz ist nicht nur<br />
eine Sache der Mode, sondern vor allem<br />
des Savoir-vivre.<br />
GENF<br />
PHILIPPE CRAMER,<br />
DESIGNER, 41<br />
Die Marke der Kleidung, <strong>die</strong> er<br />
für das Foto gewählt hat? Keinen<br />
Schimmer. Philippe Cramer,<br />
Designer <strong>und</strong> alles andere<br />
als Fashion Victim, mag nur<br />
Basics, Unifarben <strong>und</strong> vor allem<br />
keine dominanten Logos. «Es<br />
stimmt, Labels sind mir ziemlich<br />
egal.» Für den eleganten Touch<br />
wählt er lieber ungewöhnliche,<br />
amüsante Accessoires, eine<br />
einfache, portemonnaiefre<strong>und</strong>liche<br />
Art, <strong>zu</strong> überraschen.<br />
So ziehen <strong>die</strong> leuchtend<br />
roten Lackschuhe Schule von<br />
Schmoove Blicke auf sich «Es<br />
ist einer der wenigen Schuhhersteller,<br />
an deren Name ich<br />
mich erinnere. <strong>Und</strong> <strong>die</strong> Schuhe<br />
sind bequem wie Pantoff eln.»<br />
Philippe kauft seine Kleider am<br />
liebsten in den Ferien oder auf<br />
Geschäftsreisen. «Nie in Genf,<br />
denn hier sind <strong>die</strong> Kleider für<br />
Banker <strong>und</strong> Anwälte bestimmt.<br />
Für mich sind sie <strong>zu</strong> klassisch,<br />
ich bevor<strong>zu</strong>ge Kreativität. Ich<br />
lege Wert auf mein Äusseres,<br />
weil es mir wichtig ist, optisch<br />
einen vorteilhaften Eindruck <strong>zu</strong><br />
machen. Für mich ist Eleganz<br />
vor allem eine Geisteshaltung.<br />
Eine Mischung von tiefer<br />
Achtung vor Traditionen <strong>und</strong><br />
diskreter, wohlmeinender Respektlosigkeit.»<br />
www.philippecramer.com<br />
30 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 31
ACTU | PASSÉ-PRÉSENT | par David Chokron<br />
LAUSANNE<br />
GIORGIO PESCE<br />
GRAFIKER, 45<br />
Für Giorgio Pesce ist ein<br />
Kleidungsstück dann schön,<br />
wenn es gut geschnitten ist. Es<br />
muss bequem sein, gut aussehen,<br />
aber nicht zwingend von<br />
einem italienischen Designer<br />
stammen. Allerdings tragen<br />
das Karohemd <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schuhe,<br />
<strong>die</strong> der Grafi ker aus Lausanne<br />
für das Fotoshooting gewählt<br />
hat, das Label Prada. «Ein<br />
Zufall. Ich mag auch Jil Sander<br />
<strong>und</strong> Maison Martin Margiela.<br />
Auf Marken werde ich erst<br />
aufmerksam, wenn mir etwas<br />
auff ällt. Aber eigentlich sind<br />
sie mir eher unwichtig», gibt<br />
der Chef des Atelier Poisson<br />
<strong>zu</strong>, der das Glück hat, ein<br />
Metier aus<strong>zu</strong>üben, das keine<br />
Uniform braucht, um Originalität<br />
aus<strong>zu</strong>drücken. «Mein<br />
Stil? Keine Ahnung. Man hat<br />
schon von Dandy gesprochen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich mag ich Farben,<br />
den Mix von Texturen <strong>und</strong><br />
Motiven. Ich bin somit kein<br />
absoluter Fashionista. Mode<br />
interessiert mich zwar, aber ich<br />
bin ihr nicht verfallen», sagt der<br />
Grafi ker, für den Eleganz viel<br />
mehr ist als nur gerade Aussehen.<br />
«Eleganz ist eine Frage<br />
der Raffi nesse, der Art <strong>zu</strong><br />
sprechen, sich <strong>zu</strong> bewegen <strong>und</strong><br />
sich in bestimmten Situationen<br />
<strong>zu</strong> verhalten. Die Weise, wie<br />
eine Person geht, zeigt ihren<br />
Stil. Eleganz ist aber auch eine<br />
Form von Humor <strong>und</strong> Nonchalance,<br />
sie ist <strong>die</strong> Fähigkeit, sich<br />
nicht ernst <strong>zu</strong> nehmen.»<br />
www.atelierpoisson.ch<br />
ZÜRICH<br />
MARK,<br />
GASTGEBER, 46<br />
Sein Stil, sich <strong>zu</strong> kleiden, ist wie<br />
seine Art <strong>zu</strong> arbeiten. Bespoken<br />
Hospitality – massgeschneiderte<br />
Gastfre<strong>und</strong>schaft – nennt<br />
Mark seine Dienstleistung, <strong>die</strong><br />
er seinen K<strong>und</strong>en als Caterer<br />
bietet. Beste Gr<strong>und</strong>stoff e, perfekt<br />
verarbeitet, machen jeden<br />
Cocktail, jedes Diner aus seiner<br />
Massfertigung <strong>zu</strong> einem Anlass<br />
schlichter Eleganz. «<strong>In</strong>dem man<br />
dem äusseren Erscheinungsbild<br />
einen hohen Stellenwert gibt,<br />
respektiert man das <strong>In</strong>nere <strong>und</strong><br />
das Gegenüber.» Die Maxime<br />
für seine Arbeit ist auch <strong>die</strong> für<br />
seine Kleidung. Hochwertige<br />
<strong>und</strong> diskrete Materialien,<br />
im Design aufs Wesentliche<br />
reduziert, sein Spektrum<br />
reicht von klassisch, wie der<br />
gewählte braune An<strong>zu</strong>g, bis<br />
<strong>zu</strong> sportlich dezent. Für den<br />
Bespoken-Tailoring-An<strong>zu</strong>g<br />
bevor<strong>zu</strong>gt er italienische <strong>und</strong><br />
englische Stoff e, während er in<br />
der informellen Kleidung gar<br />
High-Tech-Textilien trägt, <strong>die</strong><br />
er <strong>zu</strong>sammen mit seiner Frau,<br />
der schweizerisch-japanischen<br />
Damenmodeschöpferin Ka<strong>zu</strong><br />
Huggler, in Japan eingekauft<br />
hat. Konservativer gibt er sich<br />
bei den Schuhen: J. M. Weston<br />
aus Frankreich <strong>und</strong> Ludwig<br />
Reiter (Trainers) aus Wien.<br />
Nur einige Modelle, aber von<br />
jedem so viele Paare, dass jedes<br />
getragen sich gut gepfl egt<br />
erholen kann. Achtung eben<br />
allem gegenüber.<br />
www.markcompany.net<br />
www.ka<strong>zu</strong>huggler.com<br />
32 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 33
ZÜRICH<br />
MATHIAS RASTORFER,<br />
GALERIST, 50<br />
«Neue Hosen für neue Menschen!»<br />
Der Satz der russischen<br />
Avantgardisten der Zwanzigerjahre<br />
ist für Mathias Rastorfer,<br />
Direktor <strong>und</strong> Mitinhaber der<br />
Modernegalerie Gmurzynska am<br />
Zürcher Paradeplatz, Beleg für<br />
<strong>die</strong> Wechselwirkung zwischen<br />
Kunsttendenzen <strong>und</strong> Modeströmungen.<br />
Er beherrscht <strong>die</strong> Kunst<br />
der <strong>In</strong>szenierung. Den Arbeiten<br />
der Künstler gehört in der Galerie<br />
am Paradeplatz <strong>und</strong> besonders<br />
an der Art Basel der grosse<br />
Auftritt, er setzt mit seinem Stil,<br />
der, wie er sagt, seiner Tageslaune<br />
entsprechend wechselt, den Kontrapunkt.<br />
Nie laut, denn obwohl<br />
ihm Marken wichtig sind, hat er<br />
<strong>die</strong> gerne, «<strong>die</strong> durch Qualität<br />
<strong>und</strong> Eigenständigkeit bestechen<br />
<strong>und</strong> ohne grossformatige Logos<br />
auskommen». Nennen mag er<br />
sie weniger, denn bei Namen<br />
zählen für ihn einzig <strong>die</strong> seiner<br />
Künstler. <strong>Und</strong> dann haben Kunst<br />
<strong>und</strong> Kleidung für ihn auch mit<br />
Ästhetik <strong>und</strong> Genuss <strong>zu</strong> tun:<br />
«Denn ohne Genuss keine gute<br />
Kunst, keine gute Mode <strong>und</strong> kein<br />
gutes Essen.» Kleidung, sagt<br />
er, ist auch wie ein Curriculum<br />
Vitae. Man kann andere dadurch<br />
entweder korrekt oder aber falsch<br />
einschätzen. Sich selbst sollte man<br />
aber nicht all <strong>zu</strong> ernst nehmen.<br />
www.gmurzynska.com<br />
HERITAGE IN THE MAKING<br />
THE TONDA HEMISPHERES COLLECTION<br />
Entirely manufactured in<br />
Les Ateliers Parmigiani<br />
in Switzerland<br />
Air Watch Center SA, Aéroport de Genève | L'Atelier du Temps SA, Crans-Montana<br />
Benoît De Gorski, Genève, Gstaad | Brändli Creation & Co, Villars-sur-Ollon<br />
Gold Time SA, Lugano, Chiasso | Gübelin AG, Basel, Bern, Genève, Lugano, Luzern, St. Moritz, Zürich<br />
Guillard SA, Lausanne | Haute Horlogerie Schindler, Zermatt | Herschmann Doris, Ascona<br />
Kirchhofer AG, <strong>In</strong>terlaken | Maissen & Co, Klosters | Zbinden, Montreux | Zeit Zone Zürich, Zürich<br />
34 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE WWW.PARMIGIANI.CH<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 35
TREND | GUIDE | von Dino Auciello<br />
FASHION<br />
7/7<br />
AUF EINEN BLICK: ALLE TRENDS DIESER SAISON FÜR JEDE SITUATION,<br />
VON MONTAG BIS SONNTAG. VERANSTALTEN SIE IHRE PERSÖNLICHE<br />
FASHION WEEK.<br />
1<br />
36 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
2<br />
3<br />
WEEK<br />
MONTAG<br />
1. Hermès<br />
2. Roberto Cavalli<br />
3. Ermanno Scervino<br />
AUF DEM<br />
BÖRSENPARKETT<br />
Schlicht <strong>und</strong> sachlich. Die Wolken, <strong>die</strong> seit<br />
dem Sommer <strong>die</strong> Stimmung an den <strong>Finanz</strong>märkten<br />
trübten, haben sich noch nicht verzogen<br />
<strong>und</strong> verkünden einen kapriziösen Herbst<br />
mit hoch- <strong>und</strong> tieffl iegenden Aktienkursen.<br />
Nichts mit locker <strong>und</strong> leger, dezente Erscheinung<br />
<strong>und</strong> gerade geschnittener An<strong>zu</strong>g sind<br />
de rigueur. Wer’s einen Hauch innovativer<br />
mag, schaut bei Mad Men rein – knöchellange<br />
Hose, da <strong>und</strong> dort ein bisschen Lammfell,<br />
Trenchcoat – es leben <strong>die</strong> Seventies!<br />
1<br />
2<br />
DIENSTAG<br />
IN DER OPER<br />
Sehen <strong>und</strong> gesehen werden. Die Oper ist nicht<br />
nur ein Spektakel für Aug <strong>und</strong> Ohr, sondern<br />
auch ein Ort der Selbstinszenierung. Wenn Sie<br />
<strong>die</strong> Blicke auf sich ziehen wollen, wählen Sie den<br />
Redingote-Look. Zu theatralisch? Nicht, wenn<br />
das Teil <strong>zu</strong> Ihnen passt, denn Sie wissen, dass<br />
ein reüssierter Auftritt leicht tragisch-komisch<br />
werden kann. Weniger Mutige setzen auf den<br />
farblichen Kontrast, Zurückhaltende fühlen sich<br />
im taillierten, dunklen, schicken Outfi t wohl.<br />
3<br />
1. Versace<br />
2. Louis Vuitton<br />
3. Giorgio Armani
SPORT | CYCLES<br />
1<br />
2<br />
3<br />
MITTWOCH<br />
1. Bottega Veneta<br />
2. Viktor & Rolf<br />
3. Yves Saint Laurent<br />
BUSINESSLUNCH<br />
Geschäftsessen als Rahmen für Ihre ganz persönliche<br />
Modenschau? Why not, denn es ist<br />
eine exzellente Gelegenheit, den strengen<br />
Büroan<strong>zu</strong>g ab<strong>zu</strong>legen <strong>und</strong> dennoch perfekt<br />
businesslike <strong>zu</strong> wirken (vor <strong>und</strong> nach dem<br />
Lunch rasch <strong>zu</strong>m Umziehen nach Hause ist<br />
eine Frage der Gewohnheit). Die Neuinterpretation<br />
männlicher Eleganz basiert auf subtilen<br />
Details: Schichtenlook, weite, gerade,<br />
kurze Schnitte, atemfre<strong>und</strong>liche Hemden. Der<br />
wahre, ewige Dandy, in jeder Situation virtuos.<br />
Ein Reich<br />
von Träumen<br />
Weissgold<br />
Spinell<br />
Jade<br />
www.guebelin.ch<br />
Brillanten<br />
Sarina Arnold trägt ATLANTIS<br />
Collier in Weissgold mit Brillanten // Collier <strong>und</strong> Anhänger in Weissgold mit schwarzem Spinell <strong>und</strong> Brillanten // Sautoir in Weissgold
1<br />
1. Salvatore Ferragamo<br />
2. Dolce & Gabbana<br />
3. Salvatore Ferragamo<br />
2<br />
3<br />
TREND | GUIDE<br />
DONNERSTAG FREITAG<br />
AN DER<br />
VERNISSAGE<br />
Klingende Gläser, <strong>die</strong> Besucher bew<strong>und</strong>ern<br />
ein Werk – oder vielleicht einen aufregenden<br />
Look? Raffi nesse ist angesagt– fl amboyant<br />
(ein monothematisches Ensemble, im Sonntagsstaat<br />
quasi) oder subtil (weite Hose mit<br />
Umschlägen oder ein Leder-Overall). Hier ein<br />
Grüsschen, dort ein Küsschen – <strong>und</strong> das Publikum<br />
staunt, wertet, lässt sich inspirieren <strong>und</strong><br />
fragt sich, wer wohl der Künstler ist.<br />
1. D & G<br />
2. Paul Smith<br />
3. D & G<br />
SHOPPING<br />
IN DER STADT<br />
Eleganz, Flexibilität, Kontraste – <strong>die</strong>s sind <strong>die</strong><br />
Schlüsselworte für den erfolgreichen Stadtbummel.<br />
Sportliches Sakko/Krawatte, übergrosse<br />
Daunenjacke über dem Hemd, <strong>die</strong> Hose<br />
wadeneng <strong>und</strong> grosszügig am Schritt. So wird<br />
Shophüpfen <strong>zu</strong>m ultimativen Vergnügen, jedes<br />
urbane Hindernis eine sportlich-amüsante Herausforderung.<br />
Beige, Gelb <strong>und</strong> Orange, <strong>die</strong><br />
Farben knallen, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Sneakers haben Vortritt.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 41
TREND | GUIDE<br />
1. Bally<br />
2. Marc Jacobs<br />
3. Burberry Prorsum<br />
1. Prada<br />
2. Gucci<br />
3. Junya Watanabe<br />
SAMSTAG<br />
LANDPARTIE<br />
Die ländliche Umgebung verlangt nach der<br />
richtigen Kleidung, denn es herrschen harte<br />
Sitten. Jäger- <strong>und</strong> Fischerlook sind nichts Ungewöhnliches<br />
für den, der das Gewehr schultert<br />
<strong>und</strong> weiss, wann <strong>die</strong> Fische beissen. Warm<br />
gefütterter Mantel, hohe Schnürschuhe, robuste<br />
Stiefel <strong>und</strong> <strong>die</strong> richtigen Accessoires<br />
machen das Abenteuer perfekt. Wenn auch<br />
nichts Ihre Stadtgarderobe ersetzen kann, <strong>die</strong><br />
schmale Hose unter dem Maximantel ist das<br />
absolute Must <strong>die</strong>ses Winters.<br />
SONNTAG<br />
BEI MAMA<br />
Sie denkt <strong>zu</strong>rück an <strong>die</strong> Zeit, als ihr kleiner<br />
Junge ganz von ihr abhängig war, als er später<br />
seine ersten Schrittchen tat. Kein W<strong>und</strong>er,<br />
Ihr Outfi t ruft nostalgische Gefühle gerade<strong>zu</strong><br />
hervor. Diese Saison unverzichtbar <strong>die</strong> gerade<br />
geschnittene, eine Spur kurze Hose, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
Schüler der 1950er Jahre so adrett kleidete.<br />
Sie sehen aus wie ein junger, kaum erwachsener<br />
Dandy <strong>und</strong> passen vorzüglich ins sonntägliche<br />
Familienidyll. Vom Hemd bis <strong>zu</strong>m Duffl e<br />
Coat – Mamas braver Liebling ist da.<br />
42 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
1<br />
1<br />
2<br />
2<br />
3<br />
3<br />
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MODE | RATGEBER | von Christel Flach - Illustration: Nicolas Zentner<br />
STIL-<br />
VOLL<br />
IN DEN<br />
WINTER<br />
SCHAL ODER FOULARD? D? BUSINESS<br />
BAG ODER AKTENKOFFER? FER? MÄN-<br />
NERMODE IST MANCHMAL MAL KOM-<br />
PLIZIERT. MIT UNSEREN N RATSCHLÄ-<br />
GEN WEISS MANN SICH H COOL UND<br />
STYLISH ZU KLEIDEN, AUCH IN DER<br />
KALTEN JAHRESZEIT.<br />
S oll man Modetrends folgen?<br />
Obwohl der männliche<br />
Kleiderschrank deutlich weniger<br />
spektakulären Veränderungen<br />
unterworfen ist als sein weibliches Gegenstück,<br />
wartet jede Saison mit einer Menge<br />
manchmal tragbarer, manchmal ausserhalb<br />
des Laufstegs völlig untauglicher Neuheiten<br />
<strong>und</strong> Revivals auf. Kleiner Stilratgeber<br />
der brauchbaren Saisontrends, damit Sie<br />
<strong>die</strong> schlimmsten modischen Fehltritte vermeiden<br />
<strong>und</strong> trotzdem nicht <strong>zu</strong>m Fashion<br />
Victim verkommen.<br />
01<br />
DANDY-LOOK, LOOK,<br />
ZEITLOS ELEGANT? EGANT?<br />
Anhänger werden das bestätigen: estätigen: Dandyismus<br />
ist weit mehr als nur ein Look, er ist ist ein<br />
Lebensstil. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser Saison son ist der Dandy- Dandy-<br />
Look im leicht dekadenten n Retro-Chic angeangesagter denn je. Will heissen: n: <strong>In</strong> den darauff olgenden<br />
Saisons wird er vermutlich ermutlich völlig out<br />
sein. Die Lebenseinstellung ng aber ist ist zeitlos.<br />
OVERSIZE-STIL<br />
IM BÜRO,<br />
EIN NO-GO?<br />
Einer der Haupttrends der Saison. Er<br />
gehört eindeutig <strong>zu</strong> den Looks, <strong>die</strong> man<br />
in den Hochglanzmagazinen bew<strong>und</strong>ert,<br />
aber auf keinen Fall im Büro tragen<br />
sollte – es sei denn, man will als Clown<br />
durch<strong>gehen</strong>. Eine gut verarbeitete, an<br />
den Knöcheln geraff te Pumphose mit<br />
der passenden Jacke über einem eng anliegenden<br />
Pullover kann aber durchaus<br />
modisch <strong>und</strong> elegant wirken.<br />
DUFFLE COAT, NUR ETWAS<br />
FÜR JAGDAUSFLÜGE?<br />
Ursprünglich war der Duffl e Coat der Mantel der Royal Navy, <strong>die</strong>sen Winter verdrängt<br />
er <strong>die</strong> Daunenjacke. Kein W<strong>und</strong>er, es spricht eigentlich alles für ihn: Er<br />
trägt weniger auf, ist praktisch, angenehm <strong>zu</strong> tragen <strong>und</strong> strapazierfähig. Bunt, aus<br />
Lammfell, klassisch oder in Pepita – es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Doch<br />
wer <strong>die</strong> Wahl hat, hat <strong>die</strong> Qual …<br />
WELCHER KRAGEN PASST WANN?<br />
Yves Saint Laurent setzt <strong>die</strong>sen Winter auf poloartige, r<strong>und</strong>e <strong>und</strong> sehr kurze Kragen,<br />
Louis Vuitton dagegen auf Mao-Kragen. Gerade Kragen stehen bei allen Modedesignern<br />
hoch im Kurs. Hemden werden bis oben <strong>zu</strong>geknöpft <strong>und</strong> mit oder<br />
ohne Krawatte getragen. Aber nicht vergessen: Kragen nur unter der Jacke tragen!<br />
Auch kombiniert mit einem Pullover gehört der Kragen nicht darüber, sondern<br />
darunter.<br />
WAS SOLLTE IM WINTER 2011/12<br />
IM SCHUHSCHRANK STEHEN?<br />
Egal, ob Schnürstiefel, Turnschuhe oder Halbstiefel für <strong>die</strong> Stadt, <strong>die</strong> bis <strong>zu</strong>m<br />
Knöchel oder sogar bis unter das Knie reichen, Schuhe werden <strong>die</strong>sen Winter<br />
hoch getragen. <strong>In</strong> den Schuhschrank gehört ein hohes, regen- <strong>und</strong> schneefestes<br />
Paar aus schwarzem Leder, ein klassisches Paar für <strong>die</strong> Stadt, bequeme Mokassins<br />
<strong>und</strong> Turnschuhe aus Leder für <strong>die</strong> Freizeit. Männer bevor<strong>zu</strong>gen dunkle<br />
Braun-, Schwarz- oder Grautöne, <strong>die</strong> farblich gut <strong>zu</strong> allen Kleidern passen.<br />
BUSINESS BAG ODER<br />
AKTENKOFFER?<br />
Der gute, alte Aktenkoff er mit seinen<br />
Ecken <strong>und</strong> Kanten gehört einfach <strong>zu</strong>r<br />
Uniform eines Businessman. Bislang <strong>zu</strong>mindest,<br />
denn der Business Bag könnte<br />
das unverwüstliche Teil schon bald entthronen.<br />
Er ist nicht nur trendiger <strong>und</strong> auf<br />
Geschäftsreisen viel praktischer, sondern<br />
verleiht dem klassischen Outfi t auch eine<br />
lässig-schicke Note.<br />
44 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 45<br />
02<br />
03<br />
04<br />
05<br />
06
MODE | RATGEBER<br />
07<br />
FOULARD ODER KRAWATTE?<br />
Beides! Foulards setzen allerdings eine natürliche Lässigkeit<br />
voraus, damit Mann nicht all<strong>zu</strong> aristokratisch daherkommt.<br />
Diesen Winter sind schmale, aber nicht all<strong>zu</strong> feine Krawatten<br />
besonders angesagt. Zeigen Sie Mut <strong>zu</strong> Farbe <strong>und</strong> <strong>zu</strong> glänzenden<br />
Stoff en!<br />
08<br />
BRILLEN MIT<br />
GROSSEN RETRO-<br />
GLÄSERN, HAS BEEN<br />
OR NOT?<br />
Brillen wurden <strong>zu</strong>m ultimativen Modeaccessoire erhoben<br />
<strong>und</strong> schrecken vor keiner Extravaganz <strong>zu</strong>rück. Retro ist<br />
noch immer zeitgemäss. Sogar <strong>die</strong> kreisr<strong>und</strong>en Gläser erleben<br />
ein Revival. Ein Muss für alle Retro-Fans.<br />
09<br />
DER SCHAL: SCHMAL, LANG,<br />
KURZ, DICK …?<br />
Bei Burberry Prorsum <strong>und</strong> John Galliano ist der Schal leicht<br />
<strong>und</strong> wird nicht geknotet, sondern pfadfi nderartig mit einer<br />
Schnalle gehalten. An kalten Tagen ist ein schön dicker<br />
Schal in der gleichen Farbe wie der Pullover <strong>und</strong> wie ein<br />
Snood oder ein Rollkragenpulli eng um den Hals gewickelt<br />
genau das Richtige.<br />
10<br />
70ER-STIL ZURÜCK AUF DEN<br />
LAUFSTEGEN, EIN WAGNIS?<br />
Samtanzüge, Foulards, Schlaghosen, Federkette: Roberto<br />
Cavalli hat für den Catwalk ziemlich dick aufgetragen.<br />
Auch wenn Sie sich in Ihrem Job kleidungstechnisch ein<br />
paar Fantasien erlauben können, übertreiben Sie es nicht!<br />
Ein rostbrauner Maschenpulli, eine Samthose oder -jacke<br />
mit einem Foulard sind Seventies genug.<br />
IST TWEED<br />
TATSÄCHLICH IN?<br />
Tweed steht für <strong>die</strong> feine englische Art.<br />
Dem klassischen, total angesagten Stoff<br />
haftet etwas Nostalgisches an. Tweed ist<br />
schick, schön <strong>und</strong> in. Es gibt also keinen<br />
Gr<strong>und</strong>, sich <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>halten. Als Mantel,<br />
Jacke, An<strong>zu</strong>g oder Beret, der Gentleman-<br />
Stoff passt immer.<br />
WIRD<br />
DIE CHAPKA DEN WINTER<br />
ÜBERLEBEN?<br />
<strong>In</strong> den Bergen mag sie noch durch<strong>gehen</strong>, überall sonst hat <strong>die</strong> Chapka ausge<strong>die</strong>nt,<br />
ge<strong>die</strong>nt, Elega Eleganz verpfl ichtet! Ein breiter Filzhut oder ein Beret aus Tweed,<br />
Pers Persianer r ianer oder<br />
einem anderen Pelz kann <strong>die</strong> Chapka vorteilhaft ersetzen.<br />
46 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 47<br />
11<br />
KANN MAN IM<br />
WINTER 2011/12<br />
WIEDER PELZ<br />
TRAGEN?<br />
Pelze sind umstritten, bei eisigen<br />
Temperaturen führt trotzdem nichts<br />
an ihnen vorbei. Kein anderes Material<br />
ist im Winter angenehmer <strong>zu</strong><br />
tragen. Den Nerz-Totallook aber unbedingt<br />
vermeiden, er ist Laufstegen<br />
<strong>und</strong> amerikanischen Rappern vorbehalten.<br />
Gefütterte Mäntel oder ein<br />
Pelzkragen tun‘s auch.<br />
12<br />
13<br />
14<br />
DARF<br />
DIE FLIEGE NUR MIT EINEM<br />
SM<br />
SMOKING AUS DEM KLEIDER-<br />
SCHRANK GEHOLT WERDEN?<br />
Keineswegs! Diese Saison feiert sie nämlich ihr grosses Comeback<br />
<strong>und</strong> lässt sich auch mit weniger strengen Outfi ts ein. Dandy-Look<br />
lässt grüssen! Die Fliege wird entweder in der gleichen<br />
Farbe wie das Hemd oder in Schwarz getragen.
MACHERINNEN | KREATIONEN | von Emmanuel Grandjean - Fotos : Cédric Widmer<br />
EIN MÄNNER<br />
DAMEN<br />
SCHÖN<br />
MACHENDES<br />
QUARTETT<br />
SIE SIND STYLISTINNEN,<br />
EINE JUWELIERIN UND<br />
EINE SCHUHDESIGNERIN<br />
UND LEBEN ZWISCHEN<br />
GENF UND BASEL.<br />
BEGEGNUNG MIT VIER<br />
SCHWEIZERINNEN,<br />
DIE FÜR MÄNNERCHIC<br />
SORGEN.<br />
48 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
Mode ist weiblich – eine Binsenwahrheit<br />
<strong>und</strong> eine paradoxe da<strong>zu</strong>. Denn<br />
<strong>die</strong> Kreation von Damenmode liegt mehrheitlich<br />
in Männerhänden. Umgekehrt<br />
wird Männerfashion auch häufi g von<br />
Frauen ge<strong>macht</strong>. Stylistinnen, Schmuck<strong>und</strong><br />
Schuhdesignerinnen widmen sich immer<br />
mehr dem männlichen Erscheinungsbild.<br />
Männermode gewinnt in der Tat<br />
CLAUDIA GÜDEL, STYLISTIN<br />
Fragen sie Claudia Güdel nicht, ob sie Mode<br />
<strong>macht</strong>. Sie schaltet dann auf stur. Claudia Güdel<br />
entwirft Jeans, T-Shirts, Hosen, Shorts, Gürtel,<br />
sie konstruiert Kleider. «Mode hat eine Lebenszeit<br />
von sechs Monaten, ich aber entwickle Teile,<br />
<strong>die</strong> mehrere Jahre überdauern. Mindestens»,<br />
sagt sie selbstbewusst. Zum Beweis nimmt <strong>die</strong><br />
Basler Stylistin eine schwarze Kapuzenjacke<br />
vom Ständer in ihrem Showroom-<br />
Atelier-Shop. «Das Modell Ninja<br />
ist seit acht Jahren ein Bestseller.»<br />
Ein zeitloses, von den Fans heissgeliebtes<br />
Kleidungsstück. «Vor<br />
acht Jahren habe ich begonnen,<br />
Kleider <strong>zu</strong> entwerfen. Ausschliesslich<br />
für Herren, denn ich habe <strong>die</strong><br />
praktische Seite der Männerkleidung<br />
– viele Taschen auf Hosen<br />
<strong>und</strong> im <strong>In</strong>nern der Jackets – stets<br />
bevor<strong>zu</strong>gt.»<br />
2008 begann sich Claudia Güdel auch für <strong>die</strong><br />
Frau <strong>zu</strong> interessieren. «Tatsächlich waren viele<br />
meiner K<strong>und</strong>en eigentlich K<strong>und</strong>innen. Aber bei<br />
den Proportionen der Kleider klappte es nicht<br />
wirklich, was mich bewog, <strong>die</strong> Modelle auf den<br />
weiblichen Körper <strong>zu</strong> adaptieren. Eigentlich sind<br />
<strong>zu</strong>nehmend an Bedeutung, aber so richtig<br />
wichtig ist sie noch lange nicht. Männer<br />
kaufen, was sie brauchen, komfortable,<br />
günstige <strong>und</strong> pfl egeleichte Kleider<br />
– <strong>und</strong> sie sind <strong>zu</strong>frieden damit. Tant pis<br />
für modebewusste Männer: Sie fi nden ihre<br />
Meisterinnen. Vier Stylistinnen erklären,<br />
weshalb sie sich entschieden haben, für<br />
männlichen Kleiderstil <strong>zu</strong> sorgen.<br />
es <strong>die</strong> gleichen Stücke, nur kleiner <strong>und</strong> taillierter.<br />
<strong>Und</strong> heute biete ich auch eine exklusiv weibliche<br />
Kollektion an», führt <strong>die</strong> Stylistin aus, <strong>die</strong> sich am<br />
<strong>In</strong>stitut Modedesign der HGK Basel ausbilden<br />
liess. Später ging sie in <strong>die</strong> USA, wo sie an<br />
der Metropolitan Opera von New York <strong>und</strong><br />
beim Fashion Designer Eduardo Lucero – der<br />
damals noch nicht so bekannt war – in Los Angeles<br />
Stages absolvierte. «Die Gestaltung von<br />
Objekten hat mich immer fasziniert, ebenso<br />
<strong>die</strong> Architektur <strong>und</strong> <strong>die</strong> Bildhauerei. Dies bringe<br />
ich in meinen Kreationen <strong>zu</strong>m Ausdruck,<br />
<strong>die</strong> zwar immer strukturiert, aber dennoch chic<br />
sind. <strong>Und</strong> auch witzig. Humor in der Kleidung<br />
ist mir wichtig.»<br />
Die grafi sch anmutenden Teile sind meistens<br />
auch beidseitig tragbar. Daher auch das subtile<br />
Spiel der Nähte, <strong>die</strong> ein ganz anderes Kleidungsstück<br />
ergeben, je nachdem, wie man es<br />
anzieht. Wer sind <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> sich in Claudia<br />
Güdel kleiden? «Es sind vor allem Architekten<br />
<strong>und</strong> Kreative, weniger Banker, es sind Menschen,<br />
<strong>die</strong> sich gerne gut anziehen, aber nicht<br />
zeigen möchten, dass sie sich um ihren Look<br />
kümmern.»<br />
Claudia Güdel, <strong>In</strong>formationen <strong>und</strong><br />
Be<strong>zu</strong>gsadressen unter www.claudiagudel.ch<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 49
MACHERINNEN | KREATIONEN<br />
JENIFER BURDET, STYLISTIN<br />
Sie wohnt in Orzens<br />
ob Yverdon,<br />
in einem kleinen<br />
Zweih<strong>und</strong>ert-<br />
Seelen-Dorf,<br />
das nicht wie<br />
New York, Paris,<br />
London oder<br />
Mailand <strong>zu</strong> den<br />
Stationen der<br />
Fashion Weeks<br />
zählt. Eine<br />
Abgelegenheit, <strong>die</strong> durchaus ein Vorteil sein<br />
kann, um den Durchbruch in der Modewelt<br />
<strong>zu</strong> schaff en. «Ich beziehe meine <strong>In</strong>spirationen<br />
nicht von dem, was ich an <strong>die</strong>sen Orten sehen<br />
könnte. Sondern von meiner Umwelt, von Dingen,<br />
auf <strong>die</strong> mein Blick fällt.» Jenifer Burdet ist<br />
Stylistin <strong>und</strong> entwirft ausschliesslich Herrenmode.<br />
«Ich bin in einem männlichen Umfeld<br />
aufgewachsen. Es hat mir immer gefallen,<br />
wie sich <strong>die</strong> Buben kleiden konnten. Ich liebte<br />
<strong>die</strong> Kleider meines Bruders, denn sie waren<br />
weiter <strong>und</strong> komfortabler, um auf <strong>die</strong> Bäume <strong>zu</strong><br />
klettern», beschreibt sie ihren Werdegang.<br />
Vor vier Jahren begann sie mit der Ausbildung<br />
als Fashion Designer. «Eigentlich komme<br />
ich aus der <strong>Welt</strong> des Sports, aber ich fühlte<br />
mich vom Künstler- <strong>und</strong> Kreativmilieu stets<br />
angezogen. Vor allem faszinierte mich <strong>die</strong><br />
Idee, via Kleider Geschichten erzählen <strong>zu</strong> können.»<br />
Weshalb aber <strong>die</strong> männliche Schiene?<br />
«Wenn ich für Frauen kreiere, bin ich hin- <strong>und</strong><br />
hergerissen zwischen Stücken, <strong>die</strong> ich liebe<br />
<strong>und</strong> tragen möchte <strong>und</strong> jenen, <strong>die</strong> ich eigentlich<br />
kreieren will. Bei den Männerkleidern<br />
beschäftige ich mich ausschliesslich mit der<br />
Kreation. Ausserdem bin ich der Ansicht, dass<br />
Männermode angenehmer <strong>zu</strong> tragen ist.»<br />
Ihre an der Haute Ecole d’Art et de Design<br />
de Genève präsentierte Diplomkollektion<br />
inspiriert sich an der <strong>Welt</strong> des Sports <strong>und</strong> der<br />
Hobos (amerikanische Wanderarbeiter des<br />
19./20. Jahrh<strong>und</strong>erts). Weite, mehrschichtige<br />
Hüllen in Weiss oder Grau, Baggy-Pants <strong>und</strong><br />
grossmaschige Pullis verleihen den Models<br />
seltsame Silhouetten. «Als hätten sie verlängerte,<br />
hybride Körper. <strong>In</strong> meinen Recherchen<br />
entdeckte ich das Foto eines Landstreichers,<br />
dessen Schatten ein völlig verformtes Bild<br />
ergab. Dies ist das Milieu, das mich fasziniert.<br />
Denn es ist ein Universum der Freiheit, in dem<br />
jeder seine eigenen Codes entwickeln muss<br />
um <strong>zu</strong> überleben.»<br />
Eine weitere Besonderheit ihrer w<strong>und</strong>erschönen<br />
Kollektion mit der Bezeichnung I8 (I hate)<br />
ist: Sie ist völlig unabhängig von Jahreszeiten.<br />
Jedes Teil ist mit einem Reissverschluss ausgestattet<br />
<strong>und</strong> kann so je nach Wetter oder auch<br />
nach Lust <strong>und</strong> Laune kombiniert werden. «Ich<br />
liebe es, verschiedene Formen <strong>und</strong> Genres<br />
<strong>zu</strong> kombinieren. Kris van Assche, Hussein<br />
Chalayan, Jan-Jan van Essche, Rei Kawakubo<br />
sind nicht nur Stylisten, sie sind auch Künstler,<br />
Designer <strong>und</strong> Videofi lmer. Meine Arbeit<br />
ziehlt auf <strong>die</strong>se Form der <strong>In</strong>terdisziplinarität.<br />
Der Sport lehrte mich Körperbewegungen.<br />
Während des Studiums absolvierte ich ein<br />
Praktikum in einem Architekturatelier, wo ich<br />
mich mit dem Thema Struktur auseinandersetzte.<br />
Auch Kleider sind Konstruktionen.»<br />
Zurzeit sucht Jenifer Burdet nach einem<br />
Namen für ihr Label <strong>und</strong> kümmert sich um<br />
ihre erste kommerzielle Kollektion.<br />
An der Wand ihres Ateliers gibt das Moodboard<br />
einen Einblick in <strong>die</strong> Gedankenwelt.<br />
Vom Sport in <strong>die</strong> Berge, von Menschen von<br />
der Strasse <strong>zu</strong> Gipfelstürmern, Aufnahmen<br />
des Eigers, alte Fotos von Bergsteigerpionieren.<br />
«Die Kreation von Männerkleidern lässt<br />
mir totale Freiheit. Dies ist ein Bereich, wo<br />
alles möglich ist. Man hat mir noch nie gesagt,<br />
dass <strong>die</strong>se oder jene meiner Kreationen an<br />
einen bestimmten Modeschöpfer erinnern.»<br />
Ihre Devise, gut sichtbar über dem Computer<br />
angebracht, ist ein Zitat von Walt Disney:<br />
«Um ausserordentliche Dinge <strong>zu</strong> schaff en,<br />
muss man von <strong>die</strong>sen träumen. Dann wacht<br />
man langsam auf <strong>und</strong> realisiert den Traum<br />
vom Anfang bis <strong>zu</strong>m Ende, ohne sich jemals<br />
entmutigen <strong>zu</strong> lassen.»<br />
www.jeniferburdet.blogspot.com<br />
MURIEL LAURENT, JUWELIERIN<br />
Noch ist Männerschmuck ein<br />
winziger Markt, der nur darauf<br />
wartet, entwickelt <strong>zu</strong> werden.<br />
Erste Anzeichen dafür sind<br />
jedenfalls da <strong>und</strong> werden sich<br />
hoff entlich konkretisieren. «Obwohl<br />
ich nicht spezifi sch Männerschmuck<br />
entwerfe, gibt es<br />
Stücke, <strong>die</strong> beiden Geschlechtern<br />
gefallen», erklärt Juwelierin<br />
Muriel Laurent, <strong>die</strong> von der<br />
Marktnische profi tieren möchte.<br />
Wie geht sie vor? Es ist ein Unterschied,<br />
ob man Schmuck exklusiv für Männer oder<br />
Frauen gestaltet. «Formen <strong>und</strong> Proportionen<br />
sind verschieden, ebenso <strong>die</strong> Materialien. Für<br />
Herren eignen sich eher dichte Materialien wie<br />
Holz <strong>und</strong> Silber», erklärt <strong>die</strong> Kreateurin <strong>und</strong><br />
blättert im neuesten Kollektionsbook. Es ent-<br />
hält Objekte von einer bizarren Erhabenheit,<br />
<strong>die</strong> sich an der Pfl anzenwelt orientieren. «Dies<br />
ist eine Möglichkeit, der Natur ihren Platz auf<br />
dem menschlichen Körper <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>geben. Für<br />
mich muss ein Schmuckstück eine Botschaft<br />
vermitteln, es muss Persönlichkeit besitzen»,<br />
beschreibt <strong>die</strong> Schmuckmacherin ihre Arbeit.<br />
Ihre Kreationen inspirieren sich an Motiven<br />
aus der Natur. Sie zieren Handschuhe, <strong>die</strong><br />
mit Baumrindenmotiven serigrafi ert sind<br />
<strong>und</strong> bis <strong>zu</strong> den Schultern reichen. Ringe aus<br />
geschwärztem Silber sind mit Moosachat<br />
besetzt, in weissen Achat aus Finnland<br />
gemeisselte Pilze klammern sich an das Kleidungsstück.<br />
Jedes Objekt ist ein Einzelstück<br />
oder Teil einer Miniserie. «Ich arbeite allein<br />
<strong>und</strong> bin experimentierfreudig. <strong>In</strong> ein paar<br />
Monaten würde ich gerne mit <strong>In</strong>genieuren<br />
<strong>zu</strong>sammenarbeiten. Mit dem Preis, den ich<br />
vor kurzem vom ‹Fond Municipal d’Art Contemporain<br />
de Genève› erhalten habe, werde<br />
ich <strong>die</strong> Serie Bryum weiterentwickeln. Denn<br />
ich möchte eine technische Möglichkeit fi nden,<br />
um das Metall dauerhaft <strong>zu</strong> kolorieren»,<br />
beschreibt sie ihre Ziele.<br />
Bryum ist nicht nur <strong>die</strong> botanische Bezeichnung<br />
für ein Birnmoos, es ist auch der Name<br />
für attraktive Schmuckstücke. Etwa der Ring<br />
aus Uwarowit, einem grünen Malachitmineral,<br />
der einem das Gefühl gibt, sich ein<br />
Stück Natur über den Finger <strong>zu</strong> streifen. «Ich<br />
interessiere mich für <strong>die</strong> Wechselwirkung<br />
zwischen Kreation <strong>und</strong> Wissenschaft, für<br />
Künstler wie Eduardo Kac <strong>und</strong> sein genetisch<br />
modifi ziertes Leuchtkaninchen oder für Designer<br />
wie Dunne & Raby, <strong>die</strong> unser Verhältnis<br />
<strong>zu</strong> Objekten unter einem anderen, nämlich<br />
kritischen <strong>und</strong> ironischen Gesichtspunkt<br />
betrachten, was mir total gefällt», erzählt<br />
sie. Diplomiert in Schmuckdesign der Haute<br />
Ecole d’Art et de Design de Genève (Head),<br />
ist sie in den Design <strong>In</strong>cubator der Fondation<br />
Ahead aufgenommen worden. Die Stiftung<br />
unterstützt junge Kreative im Aufbau einer<br />
eigenen Marke <strong>und</strong> eines eigenen Geschäfts.<br />
«Meine Arbeiten positionieren sich zwischen<br />
Juwelierhandwerk <strong>und</strong> zeitgenössischer<br />
Kunst. Sie machen eine eigene Präsentation<br />
erforderlich, passen also eher in eine Galerie<br />
oder an ein Happening als in eine Boutique»,<br />
defi niert Muriel Laurent ihre Bijoux, <strong>die</strong> man<br />
wie kleine Kunstwerke auf sich trägt.<br />
www.muriellaurent-bijoux.blogspot.com<br />
50 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 51
ACTU | PASSÉ-PRÉSENT | par David Chokron<br />
ANITA MOSER,<br />
MASSSCHUHMACHERIN<br />
Wie viele Massschuhmacher gibt es in der<br />
Schweiz, abgesehen von den Armee- oder<br />
Orthopä<strong>die</strong>-Schuhmachern? Sie sind an einer<br />
Hand ab<strong>zu</strong>zählen. <strong>Und</strong> wie viele Herrenschuhmacher<br />
gibt es? Anita Moser in ihrem<br />
kleinen Atelier an der französischen Grenze<br />
überlegt. Wahrscheinlich ist <strong>die</strong> Bernerin <strong>die</strong><br />
einzige in der Schweiz. «Ursprünglich war<br />
ich klassische Tänzerin von Beruf, beendete<br />
aber meine Karriere, um etwas, sagen wir,<br />
Bodenständigeres <strong>zu</strong> machen.» Sie beginnt<br />
bei Bally in Schönenwerd eine Lehre als<br />
Modellzeichnerin, lässt sich später in Basel<br />
<strong>zu</strong>r Kleiderstylistin ausbilden. «Dann ging<br />
ich <strong>zu</strong> Bally <strong>zu</strong>rück. Es war eine fantastische<br />
Zeit, allerdings waren <strong>die</strong> Leute nicht sehr<br />
off en. Jedes Mal, wenn ich mit einer Idee<br />
kam, sagte man mir, dass man <strong>die</strong>se schon in<br />
den 1960er Jahren umsetzen wollte, leider erfolglos.<br />
Ich brauchte mehr Freiheit, ich wollte<br />
meine eigenen Projekte ausloten. Ich wählte<br />
<strong>die</strong> Schuhmacherei, denn in <strong>die</strong>sem Bereich<br />
verfügte ich über <strong>die</strong> meisten technischen<br />
Kenntnisse.»<br />
2003 lanciert <strong>die</strong> Gestalterin ihre eigene<br />
Marke Anita Moser. Zunächst produziert sie<br />
Damenmodelle, sieben Jahre später auch<br />
Schuhe für den Mann. «Die Herausforderung<br />
ist völlig verschieden. Die Damenkollektion<br />
muss in jeder Saison für Überraschung<br />
sorgen. Die Männer bleiben sich <strong>und</strong> dem <strong>zu</strong><br />
ihnen passenden Schuhwerk treu. Sie haben<br />
nicht den Wunsch nach Neuem, sondern<br />
wählen stets das ähnliche Modell.»<br />
Ihr Stil? Ländlicher Dandy, urban-ruraler Chic<br />
für jede Gelegenheit, solide Lederschuhe.<br />
Abnehmbare Gamaschen aus Lackleder oder<br />
gefl ochtenem Stoff sorgen für das gewisse<br />
elegante Etwas <strong>und</strong> den typischen Anita-Mo-<br />
ser-Stil. «Ich begann mich für Herrenbottinen<br />
<strong>zu</strong> interessieren, weil ich Gelegenheit erhielt,<br />
mit Kandahar <strong>zu</strong> arbeiten. Die Manufaktur<br />
bei Thun stellt Après-Skischuhe her <strong>und</strong><br />
kann jede Lederdicke nähen.» Die 100% in<br />
der Schweiz produzierten Schuhe kosten<br />
zwischen 650 <strong>und</strong> 750 Fr. «Männer sind<br />
bereit, verhältnismässig viel für Schuhe <strong>zu</strong><br />
bezahlen, weil sie wissen, dass sie <strong>die</strong>se lange<br />
Zeit tragen werden. Für mich sind Schuhe<br />
wie Uhren, ein Basic, das mit dem Besitzer<br />
lebt <strong>und</strong> dessen Geschichten miterlebt.<br />
Ausserdem werden Schuhe mit dem Tragen<br />
immer schöner.» Vorausgesetzt, sie erhalten<br />
<strong>die</strong> richtige Pfl ege. Anita Moser bestätigt,<br />
dass Männer <strong>die</strong>sbezüglich sorgfältiger sind<br />
als <strong>die</strong> Frauen.<br />
Anita Moser Herrenschuhe sind nur auf<br />
Bestellung erhältlich. Adressen <strong>und</strong> Auskünfte<br />
www.anitamoser.ch<br />
LUST<br />
von Emmanuel Grandjean<br />
NACH RAF SIMMONS, RICK OWENS UND GASPARD<br />
YURKIEVICH LÄSST AUCH KRIS VAN ASSCHE FÜR<br />
EASTPAK DIE KATZE AUS DEM SACK.<br />
WARUM SIE<br />
DIESE TASCHE<br />
UNBEDINGT<br />
HABEN MÜSSEN<br />
1. WEIL SIE COOL IST. Mit Eastpak <strong>und</strong> Kris<br />
van Assche triff t <strong>die</strong> breite Öff entlichkeit auf<br />
Männermode vom Feinsten <strong>und</strong> der lässige<br />
Rucksack aus unseren Schuljahren auf den<br />
It Bag der neuen Stilbewussten. <strong>Sack</strong>stark!<br />
2. WEIL SIE VON KRIS VAN ASSCHE<br />
STAMMT. Wie Hussein Chalayan <strong>und</strong><br />
Viktor & Rolf ist auch er Künstler – er<br />
hat bereits mehrfach bei Analix in Genf<br />
<strong>und</strong> in der Galerie von Barbara Polla ausgestellt<br />
– <strong>und</strong> Fashion Designer in einem.<br />
Diese Doppelspurigkeit <strong>macht</strong> seine Kreationen<br />
<strong>zu</strong>sätzlich intelligent.<br />
3. WEIL SIE MODISCH IST. Kris van Assche<br />
wurde von Hedi Slimane bei Dior<br />
Homme ausgebildet, das er neben seiner<br />
eigenen Marke noch immer als Artistic<br />
Director leitet. Er konzentriert sich<br />
ganz auf Männermode <strong>und</strong> legt Klassiker<br />
aus der Vergangenheit mit seinem<br />
unverwechselbaren, hocheleganten<br />
Stil neu auf, wobei er sie erfi nderisch<br />
<strong>und</strong> minimalistisch<br />
mit cleveren <strong>und</strong> schicken Details<br />
aufpeppt.<br />
4. WEIL SIE ZWECKMÄSSIG IST.<br />
Mit ihrer Fülle an unsichtbaren,<br />
tiefen Fächern <strong>und</strong> frechen Details<br />
(schauen Sie sich den Schlüsselanhänger<br />
an!) ist <strong>die</strong> Tasche w<strong>und</strong>erbar praktisch. Erhältlich<br />
in mehreren Versionen (Rucksack, Tragetasche,<br />
Schultertasche <strong>und</strong> Weekender) <strong>und</strong> in zwei Farbkombinationen<br />
(Beige <strong>und</strong> Schwarz).<br />
5. WEIL SIE ERSCHWINGLICH IST. Eine Designertasche<br />
für 199 Fr.? Ja, das gibt es tatsächlich!<br />
Exklusiv erhältlich bei Brachard Contemporain in Genf,<br />
18 rue de la Cité, 022 311 70 70, www.brachard.com,<br />
<strong>und</strong> unter www.eastpak.com<br />
52 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 53
PASSION | PORTRÄTS | von Emmanuel Grandjean - Fotos: François Wavre<br />
54 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
Schuhe<br />
<strong>und</strong><br />
Leute<br />
SIE SAMMELN, REPARIEREN, PFLEGEN – BEGEGNUNG MIT DREI LEIDENSCHAFTLICHEN<br />
LIEBHABERN UND KENNERN VON SCHÖNEM SCHUHWERK.<br />
YOHAN SEROR:<br />
DER SCHUHMACHER<br />
Genf ist eine schicke <strong>und</strong> mondäne Stadt,<br />
deren Bewohner auch <strong>zu</strong> Fuss gern luxuriös<br />
unterwegs sind. «Multinationale<br />
Unternehmen, internationale Organisationen<br />
beschäftigen Manager, Anwälte,<br />
Banker, für <strong>die</strong> es ein Must ist, gut gekleidet<br />
<strong>und</strong> beschuht <strong>zu</strong> sein», beschreibt Yohan<br />
Seror, der angesagte Luxusschuhmacher<br />
der Rhône-Stadt seine Klientel. <strong>In</strong><br />
seinem Atelier im Quartier Eaux-Vives<br />
kümmert sich der aus Paris stammende<br />
Handwerksmeister um das Wohler<strong>gehen</strong><br />
müder Treter, <strong>die</strong> ihm stilbewusste K<strong>und</strong>en<br />
anvertrauen. Hier warten Topmarken<br />
für Männer (John Lobb, Weston, Santoni,<br />
Crockett & Jones) neben Damenlabels<br />
(Chanel, Vuitton <strong>und</strong> Louboutin) auf erstklassige<br />
Wartung.<br />
«Am meisten haben wir es mit Damenschuhen<br />
<strong>zu</strong> tun. Sie nutzen sich zwar<br />
schneller ab, <strong>die</strong> Reparaturen sind aber<br />
einfacher», beschreibt Schuhmacher Seror<br />
seine Arbeit. Fakt ist, dass Frauen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
mehr Schuhe besitzen, modebewusster<br />
sind <strong>und</strong> deshalb in jeder Saison<br />
unzählige Highheels hin<strong>zu</strong>kaufen müssen.<br />
Anders <strong>die</strong> Männer. Für sie sind Schuhe<br />
weniger Modeartikel, sondern vielmehr<br />
eine Frage des Dresscodes. «Ein Mann, der<br />
seine Schuhe pfl egt, kann <strong>die</strong>se zwanzig<br />
bis dreissig Jahre tragen. Deshalb sind <strong>die</strong><br />
Reparaturen auch viel aufwändiger», erklärt<br />
Yohan Seror, der <strong>die</strong> Schuhmacherei<br />
in Strassburg, Nevers, Angers <strong>und</strong> in Paris<br />
gelernt hat <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Ausbildung als unumgängliche<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ng bezeichnet,<br />
um Schuhe nach allen Regeln der Kunst<br />
<strong>zu</strong> reparieren. «<strong>In</strong> Sachen Schuhfl icken<br />
bin ich Spitze. Ich hätte auch Schuhe herstellen<br />
können, aber <strong>die</strong> Möglichkeiten für<br />
erstklassige Massschuhmacher sind limitiert,<br />
denn <strong>die</strong> K<strong>und</strong>schaft ist klein, <strong>die</strong> Arbeitsplätze<br />
rar. Frankreich hat in zwanzig<br />
Jahren nur gerade zwei, allerdings geniale<br />
Meister hervorgebracht: Anthony Delos<br />
<strong>und</strong> Pierre Corthay.»<br />
Seit einiger Zeit befi ndet sich <strong>die</strong> Luxusschuhmacherei<br />
jedoch im Aufwind. «Am<br />
Anfang meiner Gesellenjahre war das Metier<br />
wenig sicher. Heute ist alles anders. Das<br />
Luxus-Know-how zieht immer mehr Lehrlinge<br />
an», erklärt der französische Schuhmachergeselle<br />
Johnny Piot, der seit einem<br />
Jahr bei Seror arbeitet <strong>und</strong> bald wieder auf<br />
Wanderschaft von einer Schuhmacherei<br />
<strong>zu</strong>r andern aufb rechen wird. «Es war Allessandro<br />
Berluti, der in den 1990er Jahren das<br />
Schuhmachergewerbe aufgeweckt hat», erzählt<br />
Seror, der <strong>die</strong> einzige Schuhmacherin<br />
der Roman<strong>die</strong>, Joséphine Bailat, ausbildet.<br />
«Berluti hat <strong>die</strong> weibliche Schuhphilosophie<br />
auf <strong>die</strong> männliche umgesetzt <strong>und</strong> junge<br />
Marken motiviert, <strong>die</strong>sen Markt <strong>zu</strong> bearbeiten.<br />
Vor zwanzig Jahren waren es sechs,<br />
heute sind es bereits dreissig Labels, <strong>die</strong><br />
ihre Kreationen anbieten. Wie häufi g der<br />
Fall, hat auch hier das <strong>In</strong>ternet vieles verändert,<br />
es hat das <strong>In</strong>teresse für das Schuh-<br />
handwerk entfacht <strong>und</strong> damit den Käuferkreis<br />
vergrössert. Als ich Lehrling war,<br />
waren <strong>die</strong> K<strong>und</strong>en durchschnittlich fünfzig<br />
Jahre alt. Heute ist <strong>die</strong> Hälfte meiner<br />
K<strong>und</strong>schaft um <strong>die</strong> zwanzig, hervorragend<br />
informiert <strong>und</strong> sich bewusst, dass der Kauf<br />
von Luxusschuhen eine <strong>In</strong>vestition in ein<br />
dauerhaftes Produkt darstellt.»<br />
Yohan Seror, 6 rue des Marronniers, Genf,<br />
022 735 83 01, www.cordonnerie-seror.ch<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 55
PASSION | PORTRÄTS<br />
BRUNNO GOMES:<br />
DER SCHUHPFLEGER<br />
Er heisst Brunno – richtig, mit zwei n –<br />
<strong>und</strong> ist Schuhpfl eger von Beruf. Brunno<br />
ist ein Meister seines Fachs, ein Experte<br />
in Sachen Glänzen <strong>und</strong> Polieren, der<br />
selbst lebensmüde Schuhe wieder auf<br />
Trab bringt. Man triff t ihn jeweils von<br />
12 bis 15 Uhr in der Boutique Brogue an,<br />
wo er für den Schuhputzschemel verant-<br />
wortlich ist. Schuhmachermeister Yohan<br />
Seror (siehe Beitrag oben) <strong>und</strong> Gary Levy,<br />
Boutiquebesitzer <strong>und</strong> Genfer Luxusschuhe-Papst,<br />
haben das mobile Arbeitsmöbel<br />
bei einem Handwerker in Bordeaux anfertigen<br />
lassen. Geboten wird <strong>die</strong> Dienstleistung<br />
«Shine». Der K<strong>und</strong>e opfert eine<br />
Viertelst<strong>und</strong>e <strong>und</strong> geht dann mit Schuhen<br />
von dannen, <strong>die</strong> w<strong>und</strong>erbar gepfl egt, ja<br />
gerade<strong>zu</strong> wie neu sind.<br />
«Wir hatten <strong>die</strong> Idee», erzählt Brunno<br />
Gomes, «ein fast verschw<strong>und</strong>enes Metier<br />
aufl eben <strong>zu</strong> lassen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Tätigkeit<br />
des aus der Mode gekommenen Strassenschuhputzers<br />
auf<strong>zu</strong>polieren. Hier<strong>zu</strong>lande<br />
hat <strong>die</strong>ser Beruf ein schlechtes Image,<br />
im Gegensatz <strong>zu</strong> den USA, wo es sich um<br />
ein angesehenes Handwerk handelt.» Vor<br />
allem, wenn es mit jener Sorgfalt ausgeübt<br />
wird, wie Brunno es tut. Dieser erteilt<br />
in genau dreissig Minuten eine Schuhputzlektion:<br />
«Als Erstes trage ich <strong>die</strong> Pfl egecreme<br />
auf, <strong>die</strong> das Leder nährt. Dann<br />
<strong>die</strong> Farbcreme <strong>zu</strong>r Auff rischung. Schliesslich<br />
glänze ich den Schuh mit der Bürste<br />
<strong>und</strong> appliziere farblose Wachscreme, <strong>die</strong><br />
den Schuh schützt.» Jetzt wird der Schuh<br />
auf Hochglanz poliert <strong>und</strong> zwar nur <strong>die</strong><br />
festen Teile, Spitze <strong>und</strong> Kappe. Um <strong>die</strong><br />
Schuhe spiegelblank glänzen <strong>zu</strong> lassen,<br />
gibt man auf <strong>die</strong> einzelne Wachsschicht<br />
ein paar winzige Wassertropfen. Wie viele?<br />
«Das ist eben der Trick, wie überall gilt<br />
es auch hier, das richtige Mass <strong>zu</strong> fi nden.»<br />
www.shine-my-shoes.ch,<br />
Boutique Brogue,<br />
4 rue de la Tour de l’Ile, Genf,<br />
022 310 70 03 <strong>und</strong> 022 735 83 01<br />
OLIVIER DE MESTRAL:<br />
DER SCHUHSAMMLER<br />
Sein Atelier befi ndet sich in einem ruhigen<br />
Gässchen in Nyon. Nach zehn Jahren<br />
Vermögensverwaltung verabschiedete sich<br />
Olivier de Mestral von der Bank, um sich<br />
seiner Passion, der Verarbeitung von Leder,<br />
<strong>zu</strong> widmen. «Ich erfüllte mir einen Kindertraum»,<br />
erzählt der Sattler, der das Metier<br />
bei Jean Müller in Genf gelernt hat. Seit<br />
zwei Jahren in der Pferdesattlerei arbeitend,<br />
fabriziert der Waadtländer nun auch<br />
Lederaccessoires, Gepäckstücke, arbeitet<br />
für <strong>die</strong> Segelschiff fahrt <strong>und</strong> nimmt auch<br />
Spezialaufträge entgegen.<br />
So hat er für einen MG-Oldtimer einen<br />
Koff er für auf <strong>die</strong> Heckklappe hergestellt.<br />
Schuhe fabriziert er keine, aus dem einfachen<br />
Gr<strong>und</strong>, weil sich <strong>die</strong> Gelegenheit da<strong>zu</strong><br />
nicht ergeben hat. «<strong>In</strong> der Schweiz gibt es<br />
keine Ausbildung für Massschuhmacher.<br />
Man legt hier den Akzent auf seriöse, sorgfältige<br />
Arbeit. Stil <strong>und</strong> Ästhetik kommen<br />
erst in zweiter Linie», weiss er um hiesige<br />
Schuhmacherkunst, um fort<strong>zu</strong>fahren, «<strong>die</strong><br />
Armee besitzt eine einzigartige Tradition in<br />
der Schuhmacherei – sie liefert solide, gut<br />
ge<strong>macht</strong>e <strong>und</strong> dauerhafte Produkte, kümmert<br />
sich aber nicht ums Aussehen. Wir<br />
haben nicht <strong>die</strong> gleiche Kultur des Schönen<br />
wie beispielsweise Frankreich <strong>und</strong><br />
Deutschland.»<br />
Olivier de Mestral stellt keine Schuhe her,<br />
aber er sammelt sie. «Ich liebe deren Zeitlosigkeit.<br />
Schuhe sind unsere Verbindung<br />
<strong>zu</strong>r Erde. Oder wie man so schön sagt, wie<br />
beschuht, so läuft man.» Er ist stolzer Besitzer<br />
von etwa 45 Paaren, 30 davon trägt<br />
er eigentlich nie. «Ich kaufe sie aus purer<br />
Sammlerleidenschaft. Sie gefallen mir, weil<br />
sie einen Markstein in der Geschichte der<br />
Massschuhmacherei darstellen oder weil<br />
sie mit einer einzigartigen Technik produziert<br />
<strong>und</strong> genäht wurden.»<br />
Farblich liebts der Schuhliebhaber eher<br />
traditionell – braun, schwarz, manchmal<br />
bordeaux. Er bevor<strong>zu</strong>gt klassische Formen,<br />
<strong>die</strong> keiner Mode unterworfen sind.<br />
«Calceophil ist eine Wortschöpfung, <strong>die</strong><br />
<strong>die</strong> Liebe <strong>zu</strong> schönen Schuhen bezeichnet<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> nichts mit Fetischismus <strong>zu</strong><br />
tun hat», präzisiert Olivier de Mestral, der<br />
sich noch sehr gut an seine ersten Church<br />
erinnert, seine Leidenschaft. «Sie gehörten<br />
meinem Vater. Ich war etwa fünfzehn<br />
<strong>und</strong> habe sie wochenlang poliert.»<br />
Sie sind immer noch Teil seiner Kollektion,<br />
<strong>die</strong> hochpreisige Labels wie Weston,<br />
Edward Green, Maxwell, Anthony Delos,<br />
Pierre Corthay <strong>und</strong> viele andere mehr<br />
umfasst. <strong>Und</strong> man beginnt <strong>die</strong> Freude an<br />
kostbarem, teurem Leder <strong>zu</strong> begreifen.<br />
«Kostbar ja, teuer nein, ich bestehe auf<br />
<strong>die</strong>ser Unterscheidung. Wenn ein Bottier<br />
für ein Paar Schuhe 4000 Fr. verlangt,<br />
<strong>die</strong> aus besten Materialien von besten<br />
Arbeitskräften hergestellt wurden, <strong>die</strong><br />
vielleicht vierzig bis fünfzig St<strong>und</strong>en daran<br />
gearbeitet haben, dann ist das nicht<br />
teuer, sondern ein korrekter Preis. Wahrscheinlich<br />
kann er damit nicht mal seine<br />
Kosten decken.» |<br />
www.olivierdemestral.ch<br />
56 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 57
Fotograf : Marc Ninghetto<br />
Post-Produktion : Karim Nassar<br />
Haare & Make-up : Francis Ases<br />
Styling : Pascale hug<br />
Models : Ben, Manuela & Melanie<br />
@UnitedModels<br />
AD : Francesca Serra & Emmanuel Grandjean<br />
TILDUELL<br />
DIE GESCHWUNGENEN LINIEN IM ROLEX<br />
LEARNING CENTER IN LAUSANNE SIND DAS<br />
TERRAIN DER KONFRONTATIONEN: SCHWARZ<br />
GEGEN WEISS, RATIO GEGEN EMOTION.<br />
ER<br />
An<strong>zu</strong>g <strong>und</strong> Hemd: Dries Van Noten<br />
Schuhe: Bally<br />
Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />
Submariner Date, Stahl<br />
SIE<br />
Seidenhemd: Chanel<br />
Reithose <strong>und</strong> Gürtel: Jean Paul Gaultier<br />
Schuhe: Fendi<br />
Uhr: ROLEX Oyster Perpetual Datejust<br />
Lady 31, Everose-Gold,<br />
Lünette mit 24 Brillanten
Body: La Perla<br />
Pelz: Bally<br />
Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />
Datejust Lady 31, Everose-Gold,<br />
Lünette mit 24 Brillanten<br />
SIE<br />
Kleid: Bally<br />
ER<br />
Hemd: Balenciaga<br />
Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />
Cosmograph Daytona,<br />
Everose-Gold
SIE (links)<br />
Kasack: Alexander McQueen<br />
SIE (rechts)<br />
Cape: Fendi<br />
Short: Miu Miu<br />
Uhr: ROLEX Oyster Perpetual Datejust,<br />
Rolesor-WeissGold, Lünette mit 46 Brillanten
Hemd: Dior<br />
Hose: Jean Paul Gaultier<br />
Schuhe: Bally<br />
Gürtel: Firma<br />
SIE<br />
Gilet: Simonetta Ravizza<br />
Gürtel: Jean Paul Gaultier<br />
Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />
Datejust Special Edition,<br />
Weissgold, Lünette,<br />
Ziff erblatt<br />
<strong>und</strong> Armband<br />
mit Diamanten<br />
ER<br />
Hose: Neil Barrett<br />
Rollkragenpullover: Dior<br />
Uhr: ROLEX Oyster<br />
Perpetual Day-Date II,<br />
Platin, Ice-Blue-Ziff erblatt
WEBKUNST | SAVOIR FAIRE | von Konrad Koch - Fotos : Vera Hartmann<br />
Traumstoff<br />
ORGANZASEIDE, KASCHMIR UND<br />
YANGIR, DAS GOLDENE VLIES<br />
ZENTRALASIENS: IN BESTER MANU-<br />
FAKTURTRADITION VERARBEITET<br />
DIE WEBERIN KAROLA KAUFFMANN<br />
NATURGARNE ZU TEXTILEN KOST-<br />
BARKEITEN, DIE IN IHRER EINZIG-<br />
ARTIGKEIT KLEIDUNGSOBJEKTE<br />
UND KUNSTWERKE IN EINEM SIND.<br />
Raunende heissen sie, <strong>die</strong> germanischen<br />
Schicksalsgöttinnen. Von Göttern<br />
<strong>und</strong> Elfen sollen sie abstammen, <strong>die</strong><br />
Nornen, <strong>die</strong> den Lebensfaden der Menschen<br />
<strong>zu</strong>m Schicksalsnetz verweben.<br />
Feenkleid nennt denn auch Karola Kauff -<br />
mann das Kinderkleid, das in einem Stück<br />
gewoben ist. Es ist aus Organzaseide, ein<br />
Hauch nur, luzider Nebelschleier, wie sie<br />
<strong>die</strong>sen regenschweren Sommer über dem<br />
Moorteich vor ihrer Werkstatt hangen.<br />
Der Weg <strong>zu</strong>r Weberin ist eine Reise in<br />
Mythen. An der Strasse von Laufenburg in<br />
den Hochschwarzwald führt am Dorfende<br />
des deutschen Hottingen eine unscheinbare<br />
Abzweigung wenige h<strong>und</strong>ert Meter<br />
weiter in einer Waldlichtung <strong>zu</strong> ihrem<br />
Haus, direkt an der Murg, <strong>die</strong> tief unten in<br />
den Rhein mündet. Was <strong>die</strong> Raunenden er-<br />
zählen, muss an einem solchen Ort <strong>zu</strong> Geschichten<br />
verwoben worden sein.<br />
Selbst <strong>die</strong> Seide für ihren Organzastoff<br />
hat eine Geschichte. Gekauft hat sie <strong>die</strong><br />
Seidenspulen von einem Händler, der sie<br />
aus einem gesunkenen Handelsschiff geborgen<br />
hatte. Was keine Weberei <strong>zu</strong> verarbeiten<br />
wagte, ist <strong>die</strong> langsam <strong>zu</strong>r Neige<br />
<strong>gehen</strong>de Prima Materia ihrer Arbeit.<br />
SEIDE UND MYTHEN<br />
Schwer sei es, erzählt sie, Garn <strong>und</strong> Zwirn<br />
von solcher Qualität <strong>zu</strong> fi nden, wie sie sie<br />
für ihre Stoff e brauche. <strong>In</strong> der Schweiz gibt<br />
es keine einzige Spinnerei mehr, Grossisten<br />
nur noch wenige. Sie hütet denn auch ihren<br />
F<strong>und</strong>us von Kisten voller Spulen der einstigen<br />
Seidenzwirnereien Dürsteler <strong>und</strong> Zwiki<br />
wie ihren Nibelungenschatz. Immer auf<br />
der Suche, kann gar <strong>In</strong>dustrieabfall veredelt<br />
i Waldidyll an<br />
der Murg: Karola<br />
Kauff mann in<br />
einem von ihr<br />
entworfenen<br />
Organza-Kleid.<br />
werden. <strong>In</strong> einen Seidenstoff<br />
hat sie kupferne Wickeldrähte<br />
von Elektromotoren<br />
<strong>zu</strong>sammen mit<br />
Goldfäden eingearbeitet.<br />
Es ist oft der Zufall<br />
des Materialfi ndens, der sie inspiriert, beschreibt<br />
sie ihre Arbeitsweise <strong>und</strong> greift<br />
einen Schal, der in den Farben Schwarz<br />
<strong>und</strong> Gold fl iesst wie <strong>die</strong> Murg im Sonnenlicht.<br />
Erst aus der Widerspenstigkeit der<br />
Garne, <strong>die</strong> Kette aus Seide, der Schuss aus<br />
feinstem Kaschmir <strong>und</strong> grober Rohseide,<br />
ergab sich ein Gewebe, das atmend sich<br />
ausdehnt <strong>und</strong> wieder <strong>zu</strong>sammenzieht. Zu<br />
einem bäurischen Stoff verwoben hat sie<br />
Leinen aus Wien <strong>und</strong> Leipzig von 1880,<br />
<strong>die</strong> sie in einem Lager entdeckt hatte. Viele<br />
ihre Arbeiten sind wie Bilder, gar Objekte,<br />
<strong>die</strong> nicht nur getragen werden können<br />
als Schal oder Kleid, sondern sich an<br />
<strong>die</strong> Wand hängen oder im Raum aufstellen<br />
lassen. Verständlich, dass einige als<br />
zeitgenössische Kunst von Sammlungen<br />
angekauft wurden.<br />
KUNST UND HANDWERK<br />
Es ist eine alte Handwerkstechnik, <strong>die</strong><br />
sie auf ihren manuellen Webstühlen immer<br />
wieder neu interpretiert. Das Webmuster<br />
entsteht durch <strong>die</strong> Verkreu<strong>zu</strong>ng<br />
von Kette <strong>und</strong> Schuss, der Bindung. Die<br />
Kettfäden sind <strong>die</strong> auf dem<br />
Kettbaum aufgewickelten,<br />
in Längsrichtung gespann-<br />
ten Träger des Stoff es. Gehoben <strong>und</strong> gesenkt<br />
wird zwischen den Kettfäden der<br />
Schussfaden mit einem Schiff chen oder<br />
von Hand eingetragen.<br />
Drei Bindungen sind das F<strong>und</strong>ament,<br />
aus denen sich alle Muster ableiten. <strong>In</strong><br />
der einfachsten Form, der Leinwandbindung,<br />
wird der Schussfaden abwechselnd<br />
über <strong>und</strong> unter den Kettfäden geführt.<br />
Der Stoff sieht auf beiden Seiten<br />
gleich aus. Geht der Schuss unter einem<br />
Kettfaden durch <strong>und</strong> dann über mindestens<br />
zwei Ketten hinweg <strong>und</strong> so fort, wobei<br />
der nächste Schussfaden den Rhythmus<br />
verlagert, entsteht ein diagonales<br />
Muster, <strong>die</strong> Köperbindung. Bekannteste<br />
Reliefmuster sind der Diamantköper<br />
<strong>und</strong> der Fischgratköper. Die beiden Seiten<br />
des Stoff es sind dabei unterschiedlich.<br />
Die Atlasbindung liefert Stoff e, deren<br />
Oberfl äche das Licht irisierend spiegelt.<br />
Erreicht wird <strong>die</strong>ser Eff ekt, der der Damastseide<br />
ihren glanzvollen Auftritt ver-<br />
schaff t, indem der Schussfaden erst unter<br />
einer Kette hindurch <strong>und</strong> dann über mehr<br />
als zwei hinweg geht.<br />
Mit den drei Gr<strong>und</strong>bindungen lassen<br />
sich auf der Klaviatur des Webstuhls alle<br />
Musterakkorde spielen. Zu einer stummen<br />
Kollage hat Karola Kauff mann vor<br />
über zwanzig Jahren gar Magnetbänder<br />
aus Tonbandkassetten, bespielt mit<br />
Pink-Floyd-Konzerten, Vorträgen von<br />
Baghwan <strong>und</strong> Heidi-Hörspielen, verwoben.<br />
Grün bis anthrazit schillert der Diamantköper<br />
des Ton-Rocks.<br />
<strong>In</strong> den Anfangsjahren ihrer schon fast<br />
dreissigjährigen Schaff enszeit hat sie <strong>die</strong><br />
Arbeit, den Webstuhl mit den bis <strong>zu</strong> 3400<br />
Kettfäden ein<strong>zu</strong>richten, als furchtbar<br />
empf<strong>und</strong>en. Heute ist für sie <strong>die</strong> teilweise<br />
wochenlang dauernde Arbeit, Ketten<br />
aus Seide, Kaschmir oder Leinen in bis <strong>zu</strong><br />
100 Meter Länge <strong>zu</strong> machen <strong>und</strong> am Kettbaum<br />
auf<strong>zu</strong>wickeln, <strong>zu</strong> einer meditativen<br />
Vorbereitungsphase geworden. «Ein Augenblick<br />
der Vorfreude», wie sie sagt.<br />
Gelassenheit hat sie auch Fehlern gegenüber<br />
entwickelt. Aus ihnen entsteht<br />
66 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 67<br />
iImpressionen<br />
aus dem<br />
Webatelier
TAUCHERUHREN | WASSERDICHT<br />
WEBKUNST | SAVOIR FAIRE<br />
« Jeder Stoff ist einmalig <strong>und</strong> ist dadurch<br />
<strong>die</strong> Substanz gewordene Defi nition für Luxus. »<br />
immer Neues. Bewusst <strong>macht</strong> sie Musterbrüche,<br />
um Spannung <strong>und</strong> Irritation auf<strong>zu</strong>bauen.<br />
Was dabei wie Verläufe in der<br />
Färbung aussehen kann, sind fl iessende<br />
Übergänge von Leinwandbindung <strong>zu</strong><br />
Köperbindung. Stoff e, <strong>die</strong> schwer von<br />
der Optik wirken, können federleicht<br />
<strong>zu</strong>m Tragen sein. Edelstes Material –<br />
<strong>und</strong> in aller Bescheidenheit einzige Weberin,<br />
<strong>die</strong> es verarbeiten kann – ist dabei<br />
das Haar des Mongolischen Steinbocks,<br />
des Yangirs. Bis <strong>zu</strong> vier Tage webt sie an<br />
einem Schal aus <strong>die</strong>ser Kostbarkeit.<br />
Es gibt jedoch keine zwei Stoffb ahnen,<br />
<strong>die</strong> gleich sind. «Ich will nichts wiederholen»,<br />
rechtfertigt sie <strong>die</strong> Einmaligkeit<br />
ihrer Arbeit; auch Auftragsarbeiten<br />
<strong>macht</strong> sie nicht. Jeder Stoff ist dadurch<br />
<strong>die</strong> Substanz gewordene Defi nition von<br />
Luxus: von bester Materialqualität in<br />
vollendeter Arbeit ausgeführt – ein Unikat<br />
eben, das seinen berechtigten Preis<br />
hat. Ein Yangirschal kostet bis <strong>zu</strong> 4000<br />
€. Kaufen kann man ihre Arbeiten im<br />
Atelier oder an Vernissagen <strong>und</strong> Ausstellungen.<br />
«Stoff e sind unsere zweite<br />
Haut», philosophiert Karola Kauff mann,<br />
«<strong>und</strong> sie zeigen, wie wir wahrgenommen<br />
werden wollen.» Ihre haben ein besonderes<br />
Label, das der Schönheit <strong>und</strong><br />
der <strong>In</strong>dividualität. |<br />
<strong>In</strong>formation <strong>und</strong> Adresse<br />
unter www.karolakauff mann.ch.<br />
Ab dem 5. Oktober sind an<br />
der Triennale im Museum<br />
für Angewandte Kunst<br />
in Frankfurt Arbeiten von<br />
ihr ausgestellt.<br />
68 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 69
UHREN | WELTZEIT | von Michel Jeannot - Illustration : Nicolas Zentner<br />
Der Jetlag<br />
der Uhrmacher<br />
Die <strong>In</strong>selgruppe Tonga <strong>und</strong> <strong>die</strong> Samoa-<strong>In</strong>seln<br />
im Südpazifi k sind nur<br />
950 km voneinander entfernt. Aber wenn<br />
<strong>die</strong> Bewohner auf Samoa am Sonntagmorgen<br />
aufwachen, starten <strong>die</strong> Tongaer<br />
schon in <strong>die</strong> Arbeitswoche. Die internationale<br />
Datumsgrenze zerschneidet den<br />
Pazifi k in zwei Teile <strong>und</strong> verläuft exakt<br />
zwischen den beiden Ländern. Im Osten<br />
gilt <strong>die</strong> Tonga-Zeitzone (+12 St<strong>und</strong>en in<br />
Relation <strong>zu</strong>r Universal Time Coordinated,<br />
UTC), im Westen <strong>die</strong> Samoa-Zeitzo-<br />
pDie Tambour<br />
von Louis Vuitton<br />
verbindet <strong>die</strong><br />
Zweizonenfunktion<br />
mit<br />
der Poesie des<br />
Minuten-<br />
Repetierwerkes.<br />
ppPatrimony<br />
Traditionelle<br />
World Time von<br />
Vacheron<br />
Constantin: <strong>die</strong><br />
einzige Uhr, <strong>die</strong><br />
<strong>die</strong> 37 Zeitzonen<br />
der <strong>Welt</strong> anzeigt.<br />
WIRD MAN EINEN TAG ÄLTER, WENN MAN VON SAMOA NACH<br />
TONGA REIST, ODER JÜNGER IM UMGEKEHRTEN FALL? DIE BEIDEN<br />
INSELGRUPPEN TRENNEN ZWAR NUR 950 KM, DER ZEITUNTERSCHIED<br />
BETRÄGT ABER 23 STUNDEN UND ILLUSTRIERT DIE KOMPLEXITÄT<br />
DER WELTZEITGEOGRAFIE.<br />
ne (–11 St<strong>und</strong>en in Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r UTC). Die<br />
gleichzeitig mit den Zeitzonen geschaffene<br />
Linie verläuft ungefähr dem Antipoden-Meridian<br />
von Greenwich entlang<br />
<strong>und</strong> durchquert eine der wirtschaftlich<br />
ärmsten Regionen der <strong>Welt</strong>.<br />
An der <strong>In</strong>ternationalen Meridiankonferenz<br />
im Oktober 1884 in Washington<br />
D.C. wurde <strong>die</strong> Erdoberfl äche in 24<br />
St<strong>und</strong>enzonen von je 15 Längengraden<br />
eingeteilt mit dem Greenwich-Merdian<br />
(Längengrad 0) als Ausgangspunkt. Das<br />
System wurde in der Folge bald von den<br />
meisten Ländern übernommen. Aus einleuchtenden<br />
Gründen hat jedes Land<br />
den Wunsch, <strong>die</strong> Zeit in seinem Gebiet<br />
<strong>zu</strong> vereinheitlichen <strong>und</strong> legt eine einzige<br />
gesetzliche Zeit fest. Diese ist auch dann<br />
gültig, wenn einige seiner Gebiete leicht<br />
in <strong>die</strong> benachbarte Zeitzone hineinragen.<br />
So etwa in Frankreich mit dem im<br />
äussersten Osten liegenden Elsass <strong>und</strong><br />
Korsika. Während Länder mit grosser<br />
Ost-West-Ausdehnung sich über meh-<br />
rere Zeitzonen erstrecken, gehören beispielsweise<br />
China oder <strong>In</strong><strong>die</strong>n nur einer<br />
einzigen Zeitzone an, wodurch im ganzen<br />
Land <strong>die</strong> gleiche Zeit gilt. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser<br />
überaus breiten Zone steht <strong>die</strong> Sonne im<br />
Westen um 15 Uhr, im Osten um 11 Uhr<br />
im Zenith.<br />
JEDEM LAND SEINE EIGENE ZEIT<br />
Die meisten grossen Länder (USA,<br />
Russland, Brasilien, Australien usw.)<br />
sind willkürlich mehreren Zonen <strong>zu</strong>ge-<br />
ordnet, um so eine <strong>zu</strong> beträchtliche Differenz<br />
zwischen der gesetzlichen <strong>und</strong><br />
der Sonnenzeit möglichst <strong>zu</strong> verringern.<br />
Während <strong>die</strong> Mehrheit der Länder <strong>die</strong><br />
westliche Aufteilung übernommen hat,<br />
gibt es im Osten noch solche, <strong>die</strong> ihre eigene<br />
Zeitrechnung regeln. Unter ihnen<br />
<strong>In</strong><strong>die</strong>n, Afghanistan oder der Iran, <strong>die</strong> in<br />
Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> ihrer jeweiligen Zeitzone eine<br />
halbe St<strong>und</strong>e Diff erenz haben. Andere<br />
wiederum wie etwa Nepal <strong>gehen</strong> noch<br />
weiter <strong>und</strong> haben eine Viertelst<strong>und</strong>e Dif-<br />
ferenz <strong>zu</strong>r koordinierten <strong>Welt</strong>zeit. Wenn<br />
also in Zürich <strong>die</strong> Mittagsglocken läuten<br />
(Sommerzeit), ist es in Kabul 14.30 Uhr<br />
<strong>und</strong> in Katmandu 15.45 Uhr. Eine der<br />
jüngsten Zeitzonenänderungen hat Präsident<br />
Hugo Chavez eingeführt, der im<br />
Dezember 2007 beschloss, <strong>die</strong> venezolanische<br />
Standardzeit um 30 Minuten <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>stellen.<br />
Für <strong>die</strong> Uhrmacher eröff neten sich mit<br />
der Aufteilung unseres Planeten in Zeitzonen<br />
viele neue Horizonte, aber <strong>die</strong><br />
– An der <strong>In</strong>ternationalen Meridiankonferenz<br />
1884 wurde <strong>die</strong> <strong>Welt</strong> in 24 St<strong>und</strong>enzonen mit<br />
dem Nullmeridian in Greenwich eingeteilt. –<br />
landesspezifi schen Ausnahmen machen<br />
ihr Handwerk komplizierter. Viel <strong>In</strong>novations-<br />
<strong>und</strong> Erfi ndergeist ist erforderlich,<br />
um immer komplexere Systeme <strong>zu</strong><br />
entwickeln, damit <strong>die</strong> Uhren zwei, drei,<br />
vier <strong>und</strong> mehr Zeitzonen anzeigen können<br />
<strong>und</strong> so den Bedürfnissen der mobilen<br />
Gesellschaft entsprechen.<br />
Das einfachste System, gleichzeitig<br />
zwei Zonen an<strong>zu</strong>zeigen, ist ein zweiter<br />
St<strong>und</strong>enzeiger im Zentrum des Ziff erblattes,<br />
der sich in Form <strong>und</strong> Farbe von<br />
den anderen unterscheidet. Die 1955 vorgestellte<br />
Rolex Oyster Perpetual GMT-<br />
Master ist <strong>und</strong> bleibt <strong>die</strong> symbolträchtigste<br />
<strong>die</strong>ser Kategorie. Dem gleichen Geist<br />
verpfl ichtet ist <strong>die</strong> besonders anwenderfre<strong>und</strong>liche<br />
Zweizonen-Uhr von Ulysse<br />
Nardin mit dem in den 1990er Jahren<br />
patentierten System Dual Time, einer mit<br />
der Schnelleinstellung der Lokalzeit über<br />
<strong>die</strong> beiden Drücker (+) <strong>und</strong> (–) überaus<br />
intelligenten Technik. Das neue Modell<br />
Executive Dual Time basiert auf <strong>die</strong>sem<br />
Konzept, allerdings wurde der zweite<br />
Zeiger durch ein Fenster bei 9 Uhr ersetzt.<br />
Bei manchen Zeitzonenuhren steht der<br />
zweite St<strong>und</strong>enzeiger nicht mehr zentral<br />
auf dem Ziff erblatt, sondern dreht sich<br />
in einem kleinen Zusatzfenster. So gesehen<br />
bei der neuen Portofi no Dual Time<br />
von IWC, <strong>die</strong> <strong>die</strong> zweite Zeitzone auf dem<br />
Zähler bei 12 Uhr anzeigt. Weniger konventionelle<br />
Modelle haben für jede der<br />
beiden Zeitzonen ein eigenes Ziff erblatt.<br />
Die Manufaktur Jaeger-LeCoultre nutzt<br />
<strong>die</strong> Vorteile ihres berühmten Drehgehäuses<br />
geschickt für <strong>die</strong> Reverso Grande<br />
GMT. Auf der Vorderseite liest man <strong>die</strong><br />
kleine Sek<strong>und</strong>e, Grossdatum <strong>und</strong> Tag-/<br />
Nachtanzeige, auf der Rückseite St<strong>und</strong>en,<br />
Minuten der zweiten Zeitzone, 24-St<strong>und</strong>en-Anzeige,<br />
Gangreserve von 8 Tagen<br />
<strong>und</strong> Zeitverschiebung in Be<strong>zu</strong>g auf <strong>die</strong><br />
70 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 71
UHREN | WELTZEIT<br />
fZwei Zeiten, ein<br />
Werk: Reverso<br />
Grande GMT, der<br />
Klassiker von<br />
Jaeger-LeCoultre.<br />
fZweite Zeitzone<br />
dezentral auf 12 Uhr<br />
der Portofi no Dual Time<br />
von IWC.<br />
international gültige<br />
GMT. Mit den beiden<br />
Rücken an Rücken<br />
sitzenden Ziff erblättern<br />
<strong>und</strong> dem einzigen<br />
Uhrwerk <strong>macht</strong> das legendäre Jaeger-Le-<br />
Coulte-Kaliber 878 grosse Zeitsprünge<br />
möglich.<br />
TÖNENDE GMT<br />
Statt mit Zeigern können auch mit<br />
Scheiben <strong>und</strong> Fenster oder deren Kombinationen<br />
<strong>die</strong> verschiedenen Zonenzeiten<br />
dargestellt werden. Bei bestimmten Modellen<br />
sind <strong>die</strong> 24 Referenzmetropolen<br />
auf einer Drehlünette oder einem drehbaren<br />
Ziff erblattring angezeigt. Die Lange<br />
1 Zeitzone von A. Lange & Söhne ist mit<br />
zwei Ziff erblättern mit St<strong>und</strong>en-Minutenzeigern<br />
<strong>und</strong> Tag-/Nacht-<strong>In</strong>dikation ausgestattet.<br />
Die Heimzeit wird normalerweise<br />
auf dem Hauptziff erkreis angegeben.<br />
Durch Betätigen des Zeitzonen-Drückers<br />
weist der Zeiger auf <strong>die</strong> gewünschte Stadt<br />
auf dem Städtering, synchron da<strong>zu</strong> springt<br />
auch der St<strong>und</strong>enzeiger der Zonenzeitanzeige<br />
weiter. Im Weiteren besteht <strong>die</strong><br />
Möglichkeit, statt der Heimzeit <strong>die</strong> Lokalzeit<br />
auf dem grossen Zähler an<strong>zu</strong>zeigen<br />
<strong>und</strong> mit der brevetierten Grossdatumsanzeige<br />
<strong>zu</strong> synchronisieren.<br />
RUND UM DIE WELT MIT 37 ZEITZONEN<br />
Von <strong>In</strong>novation zeugt auch <strong>die</strong> jüngste<br />
Tambour von Louis Vuitton. Via Koppelung<br />
der Zeitzonenfunktion an das Minuten-Repetierwerk<br />
ertönt <strong>die</strong> Heimzeit.<br />
Das komplexe Kaliber<br />
ist ein erneuertes<br />
Konzept des<br />
GMT-Zeitmessers,<br />
der so eine w<strong>und</strong>er-<br />
schön poetische Dimension erhält. Die<br />
Zeit des «Anderswo» (wo man sich gerade<br />
befi ndet) wird mit normalen Zeigern angezeigt,<br />
während das «Hier» (Heimzeit)<br />
im Fenster im Zentrum des Ziff erblatts<br />
erscheint. Bei Aktivierung des Minuten-<br />
Repetierwerks gibt das Läutwerk mit tiefen<br />
<strong>und</strong> hohen Tönen <strong>die</strong> Zeit <strong>zu</strong>hause an.<br />
Die Angabe der Zeit in zwei, drei <strong>und</strong><br />
gar vier Zeitzonen ist an sich schon eine<br />
bemerkenswerte technische Leistung,<br />
noch beeindruckender sind <strong>die</strong> sogenannten<br />
<strong>Welt</strong>- oder Universalzeituhren, <strong>die</strong> in<br />
den 1930er Jahren vom Genfer Uhrenma-<br />
cher Louis Cottier entwickelt<br />
wurden. Diese sind in der Lage,<br />
gleichzeitig <strong>die</strong> Zeit in mindestens<br />
24 Zeitzonen an<strong>zu</strong>zeigen.<br />
Die symbolträchtigste <strong>Welt</strong>zeituhr<br />
ist zweifellos <strong>die</strong> Patek Philippe<br />
Referenz 1415. Ein Modell<br />
in Platin aus dem Jahr 1946<br />
wechselte 2002 an einer Aukti-<br />
RUSSLAND SCHAFFT<br />
DIE WINTERZEIT AB<br />
Die D Ölkrise 1974 veranlasste <strong>die</strong> Europäische<br />
Union U da<strong>zu</strong>, für alle Mitgliederländer <strong>die</strong><br />
Sommerzeit ein<strong>zu</strong>führen, denn Energiesparen<br />
war angesagt. Um Transport, Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Austausch innerhalb der EU <strong>zu</strong> erleichtern,<br />
legten Parlament <strong>und</strong> Rat <strong>die</strong> verbindlichen<br />
Daten fest. Seit 1998 schalten alle EU-Länder<br />
am letzten Märzsonntag um 2 Uhr morgens<br />
auf <strong>die</strong> Sommerzeit, <strong>die</strong> Winterzeit beginnt<br />
am letzten Sonntag im Oktober um 3 Uhr. Zu<br />
Beginn der Sommerzeit wird <strong>die</strong> Uhr von 2 Uhr<br />
auf 3 Uhr um eine St<strong>und</strong>e vorgestellt. Am Ende<br />
der Sommerzeit geht’s dann wieder eine St<strong>und</strong>e<br />
<strong>zu</strong>rück. Ab <strong>die</strong>sem Jahr hat der russische Präsident<br />
Dmitri Medvedev beschlossen, von nun an<br />
auf <strong>die</strong> Zeitumstellung <strong>zu</strong> verzichten. Begründet<br />
wurde <strong>die</strong> Massnahme mit Ges<strong>und</strong>heitsargumenten.<br />
«Wie gewohnt stellen wir im Frühling<br />
<strong>und</strong> im Herbst <strong>die</strong> Zeit um, <strong>und</strong> wie gewohnt<br />
beklagen wir uns darüber. Denn <strong>die</strong> Umstellung<br />
bringt den menschlichen Biorhythmus durcheinander,<br />
<strong>und</strong> das irritiert.» Damit nimmt Russland<br />
in Zukunft in Europa eine Sonderstellung ein.<br />
Da in der Europäischen Union weiterhin <strong>die</strong><br />
Sommer- bzw. Winterzeit gelten wird, beträgt<br />
also in Zukunft der Zeitunterschied zwischen<br />
Mitteleuropa <strong>und</strong> dem europäischen Russland<br />
im Winterhalbjahr drei St<strong>und</strong>en, im Sommer wie<br />
gehabt zwei St<strong>und</strong>en.<br />
72 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 73<br />
pLange 1<br />
Zeitzone von A.<br />
Lange & Söhne:<br />
zwei <strong>zu</strong>sätzliche<br />
Ziff erblätter<br />
mit St<strong>und</strong>en-/<br />
Minutenzeiger<br />
<strong>und</strong> Tag-/<br />
Nachtanzeige.<br />
on von Antiquorum für 6,6 Mio. Fr. den<br />
Besitzer. Ein <strong>Welt</strong>rekord für eine Armbanduhr.<br />
Auch im Genfer Uhrmacherhaus<br />
Vacheron Constantin haben<br />
<strong>Welt</strong>zeituhren eine lange Tradition.<br />
<strong>In</strong> Zusammenarbeit mit<br />
Louis Cottier entwickelte <strong>die</strong><br />
Manufaktur ab den 1930er Jahren<br />
<strong>die</strong>se technischen W<strong>und</strong>erwerke.<br />
Dieses Jahr präsentierte<br />
Vacherin Constantin <strong>die</strong> ebenfalls<br />
von Louis Cottier inspirierte Patrimony<br />
Traditionelle Worldtime. Diese zeigt<br />
<strong>die</strong> Ortszeiten aller 37 <strong>Welt</strong>zeitzonen an<br />
<strong>und</strong> damit nicht nur <strong>die</strong> vollen St<strong>und</strong>en,<br />
sondern auch jene, <strong>die</strong> um eine halbe oder<br />
pDie <strong>Welt</strong>zeituhr<br />
Ref. 1415 von<br />
Patek Philippe<br />
erzielte 2002 an<br />
einer Auktion von<br />
Antiquorum den<br />
Rekordpreis von<br />
6,6 Mio. Fr.<br />
Viertelst<strong>und</strong>e von der benachbarten<br />
Zeitzone diff erieren.<br />
Dieses Glanzstück ist das komplexeste<br />
seiner Art. Es informiert<br />
auch über <strong>die</strong> Zeitzone des Samoa-Archipels,<br />
der jetzt noch<br />
östlich der Datumsgrenze liegt,<br />
wo aber gemäss Entscheidung des Premierministers<br />
Tuilaepa Sailele Malielegaoi<br />
ab Ende 2011 das gleiche Datum gültig<br />
sein soll wie auf den vier benachbarten<br />
Tonga-<strong>In</strong>seln. Ziel ist es, sich den westlichen<br />
<strong>Wirtschaft</strong>spartnern <strong>zu</strong> nähern.<br />
«Wir treiben Handel mit Neuseeland <strong>und</strong><br />
Australien <strong>und</strong> verlieren jeweils zwei<br />
Geschäftstage pro Woche», erklärt<br />
der Regierungschef den Beschluss.<br />
Über <strong>die</strong> Neuerung sind<br />
nicht alle <strong>In</strong>selbewohner glücklich,<br />
<strong>die</strong> sich bisher rühmten, an<br />
einem der wenigen Orte der <strong>Welt</strong><br />
<strong>zu</strong> leben, wo <strong>die</strong> Sonne am spätesten untergeht.<br />
Dafür werden sie am 1. Januar<br />
2012 unter den Ersten sein, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sonne<br />
auf<strong>gehen</strong> sehen. Gleichzeitig bescheren<br />
sie mit ihrem 23-St<strong>und</strong>en-Sprung<br />
der Uhrenindustrie eine neue Knacknuss.<br />
|<br />
pDie Rolex<br />
Oyster Perpetual<br />
GMT-<br />
Master II ist <strong>die</strong><br />
symbolträchtige<br />
Uhr mit zweiter<br />
Zeitzone.<br />
pAnwenderfre<strong>und</strong>lich:<br />
Ulysse Nardin<br />
<strong>und</strong> das patentierte<br />
System<br />
Dual Time.<br />
ZONENZEITEN IN ABWEICHUNG<br />
ZU DEN VOLLEN STUNDEN<br />
Referenz GMT<br />
– 9 h 30: Polynesien: Marquisen-<strong>In</strong>seln<br />
– 4 h 30: Vene<strong>zu</strong>ela (seit 2007)<br />
– 3 h 30: Kanada: Neuf<strong>und</strong>land<br />
<strong>und</strong> Labrador<br />
+ 3 h 30: Iran<br />
+ 4 h 30: Afghanistan<br />
+ 5 h 30: <strong>In</strong><strong>die</strong>n, Sri Lanka<br />
+ 5 h 45: Nepal<br />
+ 6 h 30: Kokosinseln; Myanmar (Birma)<br />
+ 8 h 45: Westaustralien Eyre Highway<br />
(Central Western Time)<br />
+ 9 h 30: Zentralaustralien (Australien<br />
Central Standard Time)<br />
+ 10 h 30: Australien: Lord-Howe-<strong>In</strong>selgruppe<br />
+ 11 h 30: Norfolk-<strong>In</strong>seln (Norfolk Time: NFT)<br />
+ 12 h 40: Chatham-<strong>In</strong>seln (Neuseeland)
HAUTE HORLOGERIE | CARTIER ART TIME | von Michel Jeannot<br />
Der Juwelier<br />
der Uhrmacher<br />
DAS SCHMUCK- UND UHRENHAUS CARTIER PRÄSENTIERT IN ZÜRICH<br />
EINE GANZ DER UHRMACHERKUNST GEWIDMETE AUSSTELLUNG.<br />
<strong>In</strong> der Haute Horlogerie ist Cartier<br />
eine der derzeit aktivsten Marken. Sie<br />
gehört <strong>zu</strong>sammen mit Rolex <strong>und</strong> Omega<br />
<strong>zu</strong> den drei Schweizer Giganten der Uhrmacherei,<br />
geniesst aber vor allem auch<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer Juwelierkunst, Lederwaren<br />
<strong>und</strong> Accessoires hohes Ansehen.<br />
Auf <strong>die</strong>sem Image will Cartier aufbauen,<br />
nicht <strong>zu</strong>letzt mit seiner ersten<br />
exklusiv der hohen Uhrmacherkunst<br />
gewidmeten Wanderausstellung im Museum<br />
Bellerive in Zürich. «Cartier Time<br />
Art» <strong>macht</strong> nach ihrer einzigen europäischen<br />
Station auch in den USA <strong>und</strong> in<br />
Asien Halt.<br />
FEHLENDE LEGIMITÄT ERWERBEN<br />
Die vom japanischen Designer Tokujin<br />
Yoshioka inszenierte Ausstellung<br />
«Cartier Time Art» vereint <strong>die</strong> grösste<br />
Anzahl Cartier-Uhren, <strong>die</strong> jemals<br />
der Öffentlichkeit gezeigt wurden. <strong>In</strong>sgesamt<br />
158 historische Uhren aus der<br />
Cartier-Sammlung <strong>und</strong> 17 moderne Uhren<br />
(sowie 10 aktuelle Uhrwerke <strong>und</strong><br />
Einblicke in das Know-how der Kunst-<br />
handwerker) können in Zürich bewunndert werden.<br />
Die Cartier-Sammlung als sichtbares es<br />
Vermächtnis der Marke wurde seit der er<br />
Gründung im Jahr 1983 stetig erweitert. rt.<br />
Sie enthält heute ungefähr gleich viele le<br />
Uhren wie Schmuckstücke <strong>und</strong> andere re<br />
Objekte. Pascale Lepeu, <strong>die</strong> Kuratorin in<br />
der Ausstellung, hat Stücke ausgewählt, t,<br />
<strong>die</strong> von der kreativen Schaffenskraft ft<br />
von Cartier im Bereich der Uhrenmaacherkunst zeugen, wie <strong>zu</strong>m Beispiel <strong>die</strong> ie<br />
bisher in <strong>die</strong>sem Ausmass einzigartige ge<br />
Auswahl «geheimnisvoller» Uhren.<br />
Trotz der unbestrittenen Kreativität ät<br />
liess Cartier ihre Uhrwerke <strong>und</strong> volllständigen<br />
Kreationen lange von nammhaften Manufakturen wie etwa Jaeger- r<br />
LeCoultre herstellen. Historisch fehlte te<br />
Cartier deshalb <strong>die</strong> volle Legitimität ei- i-<br />
ner Uhrenmanufaktur. Um <strong>die</strong>sen Mangel<br />
<strong>zu</strong> beheben, haben <strong>die</strong> Richemont<br />
Gruppe, <strong>zu</strong> der Cartier gehört, <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
Geschäftsführung von Cartier mit dem<br />
Vorstandsvorsitzenden Bernard Fornas<br />
beschlossen, hauseigene, hochkomplexe<br />
Cartier Art Time<br />
bis 6. November 2011<br />
Museum Bellerive<br />
Höschgasse 3, Zürich<br />
043 446 44 69<br />
www.museumbellerive.ch<br />
Off en:<br />
Di-So: 10 bis 17 Uhr<br />
Do: 10 bis 20 Uhr<br />
<strong>und</strong> bahnbrechende Uhrwerke <strong>zu</strong> entwickeln.<br />
So hat sich <strong>die</strong> wirkungsvolle Geschäftsmaschinerie<br />
Cartier in wenigen<br />
Jahren <strong>zu</strong> einer der kreativsten Marken<br />
der hohen Uhrmacherkunst gemausert.<br />
ZEHN NEUE UHRWERKE<br />
Heute beschäftigt Cartier Horlogerie<br />
an sieben Schweizer Standorten fast<br />
1700 Mitarbeitende. 1000 davon sind allein<br />
in der Manufaktur in Crêt-du-Locle<br />
tätig. Carole Forestier-Kasapi, <strong>die</strong> Chefi<br />
n der Werkkonstruktion bei Cartier<br />
(<strong>und</strong> einzige Frau in einer derartigen<br />
Position in der Uhrenbranche) leitet ein<br />
30-köpfi ges Entwicklungsteam sowie<br />
ein Dutzend weitere Mitarbeitende in<br />
der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, <strong>die</strong> an<br />
einer langfristigeren Vision arbeiten.<br />
Die Haute-Horlogerie-Sammlung von<br />
Cartier wurde in den letzten vier Jahren<br />
stark ausgebaut. Neben zehn modernen<br />
Uhrenmodellen kamen auch Uhrwerke<br />
für seltene Damenuhren hin<strong>zu</strong>.<br />
Ausserdem hat <strong>die</strong> Manufaktur Cartier<br />
ihr eigenes Automatikwerk, das Kaliber<br />
1004MC, entwickelt <strong>und</strong> damit ihre Ambitionen<br />
in der hohen Uhrmacherkunst<br />
einmal mehr deutlich ge<strong>macht</strong>. Die Ausstellung<br />
«Cartier Time Art» im Museum<br />
Bellerive inZürich ist ein eindrücklicher<br />
Beweis dafür. |<br />
74 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 75<br />
Fotos: Cartier
STIL | ZU BESUCH | von Konrad Koch - Foto : Dominic Büttner<br />
Willkommen bei<br />
Hannes B.<br />
ER IST DER DOYEN DER SCHWEIZER MÄNNERMODE. SEIT ÜBER 40 JAH-<br />
REN ENTWIRFT HANNES BÜHLER IN SEINEM ATELIER IN ZÜRICH JÄHRLICH<br />
EINE SOMMER- UND EINE WINTERKOLLEKTION, JEDES MAL ANDERS UND<br />
IMMER ERKENNBAR MIT DER HANDSCHRIFT VON HANNES B.<br />
f Der Mode-Champ<br />
in seinem Atelier:<br />
Das Markenzeichen<br />
von Hannes B.<br />
ist der Boxer.<br />
Im Hintergr<strong>und</strong><br />
sichtbar auf der von<br />
ihm entworfenen<br />
Tragtasche.<br />
er Winter wird unglaublich<br />
«Dschön!» Es ist nicht <strong>die</strong> Aussicht<br />
auf Schnee, es ist seine Kollektion Winter<br />
2011/12, <strong>die</strong> Hannes Bühler in seinem<br />
Atelier so euphorisch stimmt. Orientalische<br />
Impressionen nennt er sie.<br />
Verarbeitet hat er darin Kaschmir, Seide,<br />
Baumwollstoff e, feinstes Ziegenleder.<br />
Die Schnitte sind inspiriert von seiner<br />
Reise durch Rajasthan letztes Jahr.<br />
Fotografi ert hat er sie für den Katalog in<br />
einem maurischen Grand Hotel in Marrakesch.<br />
«Ich lasse mich schnell entfl ammen»,<br />
rechtfertigt der durch Stile <strong>und</strong> Kulturen<br />
Reisende seine Begeisterungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> greift nach dem Katalog der letzten<br />
Sommerkollektion. Farben <strong>und</strong> Muster<br />
von rousseauschem Tropenfi eber. Entstanden<br />
ist sie nach einer Reise durch<br />
<strong>In</strong>donesien, auf der er Stoff e eingekauft<br />
habe wie im Rausch.<br />
Sein Atelier hat der beständigste der<br />
Schweizer Modeschöpfer nur wenige<br />
Schritte von seinem Laden im Zunfthaus<br />
<strong>zu</strong>r Meisen in einem Altstadthaus<br />
am Münsterhof in Zürich. Der St<strong>und</strong>enschlag<br />
von St. Peter vibriert in der<br />
Schneiderstube, von der man auf <strong>die</strong><br />
Fraumünster-Kirche blickt. Den Lichtwurf<br />
ihrer Chagall-Fenster glaubt man<br />
auf dem Arbeitstisch <strong>zu</strong> sehen, ob der<br />
Farbenpracht der Stoff muster <strong>und</strong> der<br />
Lebendigkeit der Skizzen.<br />
Aufgewachsen ist Hannes Bühler in<br />
Chur. Dass er neben seiner schöpferischen<br />
Natur eine ges<strong>und</strong>e merkantile<br />
Haltung hat, verdankt er dem Beharren<br />
seines Vaters, erst einen seriösen Beruf<br />
<strong>zu</strong> lernen. Er <strong>macht</strong> eine Lehre als Kaufmann,<br />
bevor er sich an der Kunstgewerbeschule<br />
Basel <strong>zu</strong>m Damenschneider<br />
ausbilden liess. Sein Handwerk vervollkommnete<br />
er dann im Haute-Couture-<br />
Haus von Hubert de Givenchy in Paris.<br />
Da wurde ihm beigebracht, was Qualität<br />
der Stoff e <strong>und</strong> der Verarbeitung heisst.<br />
LEHRJAHRE BEI GIVENCHY<br />
1969 kehrte er nach Zürich <strong>zu</strong>rück.<br />
«Ihre Knopfl öcher sind <strong>zu</strong> teuer, Herr<br />
Bühler», hiess es von der Direktion des<br />
Damenkonfektionshauses in Zürich, für<br />
das er als Modelist arbeitete. Was blieb<br />
ihm anderes übrig, als sich selbständig <strong>zu</strong><br />
machen? Weil mit Haute Couture an ein<br />
Auskommen in der Zwinglistadt nicht <strong>zu</strong><br />
denken war, entschied er sich für Prêt-àporter-Männermode.<br />
Sakes Fifth Avenue in New York gehörte<br />
<strong>zu</strong> seinen Abnehmern, er träumte<br />
von Amerika. Doch gegen den Zerfall des<br />
Dollars von 4 auf unter 2 Fr. war auch<br />
mit Kreativität nicht an<strong>zu</strong>kommen.<br />
Ich bin nicht der Typ fürs grosse Geschäft,<br />
gestand er sich ein. Statt Filialen<br />
in Paris <strong>und</strong> Mailand mietete er sich<br />
an der Wühre 1 im Untergeschoss des<br />
Zunfthauses <strong>zu</strong>r Meisen eine Lokalität.<br />
Was befristet auf wenige Jahre begann,<br />
ist seit über 40 Jahren eine der ersten<br />
Adressen für Männermode in Zürich.<br />
So grossartig kann Bescheidenheit<br />
sein, dass er heute in opulenten Materialien<br />
für seine Kollektion schwelgt. Ein<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 77
STIL | ZU BESUCH<br />
Sakko aus Baumwolle<br />
<strong>und</strong> Seide aus der<br />
kommenden Winterkollektion<br />
heisst mit<br />
Recht Maharadscha.<br />
Verziert ist es mit fünf<br />
Knöpfen aus Diamanten<br />
<strong>und</strong> Rubinen. Eingekauft<br />
hat er mehrere<br />
Etuis davon auf seiner <strong>In</strong><strong>die</strong>nreise bei<br />
einem Juwelier in Jaipur. Massgeschneidert<br />
kostet das Jackett r<strong>und</strong> 8000 Fr.<br />
<strong>In</strong>dische Stilelemente ziehen sich<br />
durch <strong>die</strong> ganze Winterkollektion, von<br />
Jodphur-Hosen in erdfarbenem Ziegenleder,<br />
eng geknöpft an den Waden <strong>und</strong><br />
bequem weit an den Oberschenkeln,<br />
über Hemden mit Stehkragen bis <strong>zu</strong> seinen<br />
Klassikern, den Bademänteln, jetzt<br />
mit Kaschmirmotiven. Es wird ein taillierter<br />
Winter werden. Doch schmaler<br />
geschnitten kann <strong>die</strong> Männermode nicht<br />
mehr werden, bereits zeigen sich erste<br />
78 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
« <strong>In</strong> <strong>Sack</strong> <strong>und</strong> <strong>Asche</strong> <strong>zu</strong><br />
<strong>gehen</strong>, <strong>macht</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong><br />
nicht besser - aber hässlicher. »<br />
Oversize-Kleidungsstücke.<br />
Wer wie er über 40 Jahre im Modegeschäft<br />
ist, ahnt Gegenbewegungen voraus.<br />
Auf seinem Arbeitstisch sind schon<br />
<strong>die</strong> Stoffb ahnen für <strong>die</strong> Sommerkollektion<br />
2012. Nur so viel sei verraten, Hannes<br />
B. wird es bunt treiben. An einer Büste ist<br />
ein doppelreihiger Trench abgesteckt, <strong>die</strong><br />
Skizzen an den Wänden zeigen Entwürfe<br />
für Badehosen <strong>und</strong> Sommerjacketts.<br />
Noch hat er nicht mal alle Ideen <strong>zu</strong> Papier<br />
gebracht, da schwärmt Hannes B. schon<br />
von der Location, wo er <strong>die</strong> Kollektion fotografi<br />
eren möchte: in Rio, an der Copa-<br />
cabana. So heiss fi ndet<br />
er <strong>die</strong> Stoff e.<br />
Doch das Diktat<br />
der Modefabrikation<br />
verlangt, dass er sich<br />
bereits Anfang Oktober<br />
mit den Musterkollektionen<br />
der<br />
Stoffh ersteller für<br />
den Winter 2012/13 beschäftigen muss.<br />
<strong>Und</strong> als ob er nicht genug Verpfl ichtungen<br />
in seiner Agenda hätte, will er noch<br />
einen Katalog mit 24 Geschenkideen für<br />
Weihnachten entwerfen. «Wenn Fre<strong>und</strong>e<br />
mich fragen, wie lange machst du das<br />
noch mit», erzählt er, «dann sage ich ihnen:<br />
Mit der Erfahrung, <strong>die</strong> ich habe –<br />
ich fange erst richtig an!»<br />
ELEGANTE EXTRAVAGANZ<br />
Es ist <strong>die</strong> Freude an Farben, Mustern<br />
<strong>und</strong> Stoffen, erklärt Hannes B. seine<br />
Kontinuität, <strong>und</strong> dass er streng mit sich<br />
Fotos: Hannes B.<br />
selbst sei <strong>und</strong> ambitiös. Noch heute, gesteht<br />
er, werde er, wann immer er in Paris<br />
sei, vom gleichen Eifer erfasst wie<br />
in seinen Lehrjahren bei Givenchy, mit<br />
den Besten mithalten <strong>zu</strong> wollen.<br />
Mit farbigen Manchesterhosen <strong>und</strong><br />
Pullovern in Neonfarben hat Hannes B.<br />
in den Siebzigerjahren den Zürchern<br />
beigebracht, sich casual <strong>zu</strong> kleiden. Mit<br />
bunten Gilets <strong>und</strong> gemusterten <strong>In</strong>nenfuttern<br />
in den Sakkos zeigte er ihnen,<br />
wie tragbar elegant ge<strong>macht</strong>e Extravaganz<br />
sein kann. Ein Must in jeder seiner<br />
Kollektionen ist der Smoking, <strong>die</strong>sen<br />
Winter indisch mit Edelsteinköpfen.<br />
«Die Männer sind nicht mutiger geworden»,<br />
beschreibt er <strong>die</strong> modische Entwicklung<br />
des Schweizer Mannes über<br />
<strong>die</strong> letzten Jahrzehnte, «aber modebewusster.»<br />
Die Regeln, was in der Geschäftswelt<br />
erlaubt ist, haben sich gelockert, pariert<br />
Hannes B. Etikettenfragen. «Ein gut geschnittener<br />
An<strong>zu</strong>g aus leichter Wolle ist<br />
immer perfekt», ist sein Ratschlag für<br />
den gut angezogenen Mann. Entscheidend<br />
sind dabei <strong>die</strong> Details. Pflicht ist<br />
das Einstecktuch. Wenn er aber durch<br />
<strong>die</strong> Bahnhofstrasse flaniere, falle ihm<br />
immer noch auf, wie viele Männer einen<br />
schlecht sitzenden An<strong>zu</strong>g tragen.<br />
«Das Auto darf viel kosten», spottet er,<br />
«aber beim An<strong>zu</strong>g wird gespart.» «Es<br />
muss ja nicht immer massgeschneidert<br />
sein», meint er. Aber der Mehrwert, den<br />
Masskleidung biete, wiege den höheren<br />
Preis auf. «Ich bin auch nicht jeden Tag<br />
euphorisch», gesteht er. Doch wenn er<br />
sich am Morgen von seiner Stadtwohnung<br />
<strong>zu</strong> Fuss auf den Weg ins Atelier<br />
mache, «dann gibt mir das Wissen, gut<br />
angezogen <strong>zu</strong> sein, Sicherheit für den<br />
Tag». <strong>Und</strong> weil er um <strong>die</strong> tiefere Kraft<br />
guter Kleidung weiss, nimmt er auch<br />
gleich <strong>die</strong> Antwort vorweg auf <strong>die</strong> stetige<br />
Frage nach der Legitimation von<br />
Mode. «<strong>In</strong> <strong>Sack</strong> <strong>und</strong> <strong>Asche</strong> <strong>zu</strong> <strong>gehen</strong> ob<br />
all der Tristesse <strong>die</strong>ser <strong>Welt</strong>, <strong>macht</strong> <strong>die</strong>se<br />
nicht besser, nur hässlicher.»<br />
<strong>Und</strong> dann erwähnt er in einer Modewelt,<br />
in der heute alles erlaubt ist, doch<br />
eine typische Deutschschweizer Eigenart,<br />
<strong>die</strong> ihn mehr amüsiert als ärgert: <strong>die</strong><br />
<strong>zu</strong> langen Hosenbeine, <strong>die</strong>se unsäglichen<br />
Hosenhandorgeln auf dem Schuhrist.<br />
«Selbst K<strong>und</strong>en von mir», erzählt<br />
er händeringend, «loben bei der Anprobe<br />
massgeschneiderter Hosen Schnitt,<br />
Stoff <strong>und</strong> Verarbeitung, um dann <strong>zu</strong> sagen:<br />
Aber <strong>die</strong> Hosenbeine müssen länger<br />
sein, Herr Bühler!» |<br />
f Wildlederslippers im<br />
indischen Stil.<br />
p <strong>In</strong>dianstil: Sakko<br />
aus Baumwoll-Samt,<br />
Seidenhemd mit<br />
Stehkragen <strong>zu</strong> Hose aus<br />
Seidenshantung.<br />
p Bademäntel sind <strong>die</strong><br />
Klassiker von Hannes<br />
B. Orientalische<br />
Impression aus Baumwolle<br />
mit Kaschmirmotiven.<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 79
SCANNER WERKZEUG<br />
von Konrad Koch<br />
von Konrad Koch<br />
80 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
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<strong>und</strong> Touchscreens. Für jede Holzbearbeitung das richtige<br />
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schleifen, den Keilrahmen des Renoir <strong>zu</strong> spannen oder <strong>die</strong><br />
Schublade aus Rosenholz am Louis-XV-Bureua-plat <strong>zu</strong><br />
richten, gutes Werkzeug ist <strong>die</strong> halbe Arbeit. Schraubenzieher<br />
mit Palisandergriff en, Stechbeitel, Wasserwaage,<br />
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SAMMLER ATTRAKTIVE EINKAUFS-<br />
CHANCEN BIETEN KÖNNEN. SO<br />
HAT SICH GENF ZU DEM AUK-<br />
TIONSPLATZ FÜR ZEITGENÖS-<br />
SISCHES MÖBELDESIGN ENTWIC-<br />
KELT, WÄHREND ZÜRICH DIE<br />
HOCHBURG FRANZÖSISCHER<br />
MÖBELKUNST IST.<br />
Kenner wissen es: Am Kunstmarkt<br />
herrschen <strong>zu</strong>weilen andere Regeln<br />
als in andern Märkten. Die vertraute Abhängigkeit<br />
zwischen Angebot, Nachfrage<br />
<strong>und</strong> Preis scheint hier <strong>zu</strong>weilen auf den<br />
Kopf gestellt: Drastische Preiserhöhungen<br />
dämpfen hier nicht notwendigerweise<br />
<strong>die</strong> Nachfrage, sondern können sie<br />
sogar kräftig schüren. Um einen 30 Mio.<br />
$ teuren Picasso beispielsweise entbrennt<br />
wahrscheinlich eine heissere Bieterschlacht<br />
als um ein nur 3 Mio. $ schweres<br />
Bild <strong>die</strong>ses Künstlers.<br />
Aber auch <strong>die</strong> Orte, an denen manche<br />
Spezialgebiete bevor<strong>zu</strong>gt gehandelt werden,<br />
können mit dem Kunstmarkt wenig<br />
vertraute Laien überraschen <strong>und</strong> überlieferte<br />
kulturgeografi sche Grenzen wie<br />
etwa den Röschtigraben zwischen welscher<br />
<strong>und</strong> deutscher Schweiz ausser Kraft<br />
setzen. Ein Beispiel hierfür liefern <strong>die</strong><br />
Kunstmärkte von Genf <strong>und</strong> Zürich.<br />
VERKEHRTE KUNSTWELT<br />
Dass sich <strong>die</strong> Rhônestadt in den letzten<br />
40 Jahren <strong>zu</strong> einem weltweit führenden<br />
Markt- <strong>und</strong> Auktionsplatz für Sammleruhren,<br />
Juwelen <strong>und</strong> Diamanten entwickelt<br />
hat, scheint zwar angesichts der<br />
historischen Rolle Genfs als Uhrmacherzentrum<br />
ohne weiteres erklärlich. Aber<br />
selbst hier sind <strong>die</strong> wirklichen Gründe<br />
etwas anders gelagert: Seine erste Niederlassung<br />
in der Schweiz, <strong>und</strong> damit sogar<br />
<strong>die</strong> erste auf dem Kontinent überhaupt,<br />
82 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
Design<br />
in<br />
Genf<br />
Barock<br />
in<br />
Zürich<br />
gründete das Auktionshaus Sotheby’s<br />
nämlich 1969 hauptsächlich aus zolltechnischen<br />
Motiven im Zusammenhang mit<br />
einer grossen Juwelenversteigerung, <strong>und</strong><br />
zwar – wegen fremdenpolizeilicher <strong>und</strong><br />
arbeitsrechtlicher Schwierigkeiten – nicht<br />
in Genf, sondern in Zürich.<br />
Erst nachdem Erzrivale Christie’s kurz<br />
darauf <strong>die</strong>se Schwierigkeiten umschiff t<br />
<strong>und</strong> eine eigene Niederlassung in Genf<br />
errichtet hatte, wechselte Sotheby’s mit<br />
seinen Juwelenversteigerungen einige Jahre<br />
später ebenfalls nach Genf. Allerdings<br />
standen dahinter nicht etwa industriegeschichtliche,<br />
sondern hauptsächlich sprachliche<br />
Gründe. Ein wichtiger Teil der<br />
Oben:<br />
Canapé «Big Easy 2 for 2»<br />
von Ron Arad in poliertem<br />
Edelstahl, Design 1989,<br />
signiert, nummeriert 10/20,<br />
Zuschlagspreis: 146 400 Fr.<br />
(Koller, Genf, 2009; alle Preis<br />
inkl. Käuferaufgeld)<br />
Unten:<br />
Louis-XIV-Kommode von G.<br />
M. Oppenordt mit üppiger<br />
Boulle-Einlegearbeit in<br />
Messing <strong>und</strong> Schildpatt,<br />
Paris, um 1700, Zuschlagspreis:<br />
549 000 Fr. (Koller,<br />
Zürich, März 2011).<br />
Bilan LUXE | 83
KUNSTMARKT | MÖBEL<br />
1<br />
3 4<br />
2<br />
5<br />
damaligen Juwelen- <strong>und</strong> Luxusk<strong>und</strong>schaft<br />
rekrutierte sich nämlich aus den überwiegend<br />
französischsprachigen Ländern<br />
Nordafrikas <strong>und</strong> des Vorderen Orients.<br />
Auch für Kunstmarktinsider weniger<br />
leicht <strong>zu</strong> erklären ist dagegen eine andere<br />
Röschtigrabenanomalie: Wie kam es<br />
da<strong>zu</strong>, dass <strong>die</strong> nüchterne Zwingli-, Banken-<br />
<strong>und</strong> Konstruktivistenstadt Zürich<br />
<strong>zu</strong> einem international geachteten Auktions-<br />
<strong>und</strong> Handelsplatz für das reiche<br />
Kunsthandwerk des prunkverliebten<br />
Pariser Barocks, Rokokos <strong>und</strong> Empires<br />
avancierte – <strong>und</strong> <strong>die</strong> frankophone Goldemailstadt<br />
Genf im Gegen<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> einem<br />
Marktzentrum für Juwelen, Möbel <strong>und</strong><br />
verwandte Designerkunstwerke vom Art<br />
déco bis <strong>zu</strong>m 21. Jh. aufstieg?<br />
ANOMALIE DER SCHÖNEN DINGE<br />
Dass <strong>die</strong>s so ist, spiegelt sich vielleicht<br />
am deutlichsten in den jeweiligen Versteigerungen<br />
von Koller Auktionen, das als<br />
grösstes Auktionshaus der Schweiz seine<br />
Auktionsangebote strategisch zwischen<br />
Zürich <strong>und</strong> Genf aufteilt. Barocke Altmeistermalerei,<br />
aber auch französische<br />
Rokokomöbel, Empire-Prunkuhren <strong>und</strong><br />
verwandte Zierstücke des 18. <strong>und</strong> 19. Jh.<br />
versteigern Vater <strong>und</strong> Sohn Pierre <strong>und</strong> Cyril<br />
Koller jeweils im März <strong>und</strong> im September<br />
in der Limmatstadt. <strong>In</strong>ternationale Designermöbel<br />
<strong>und</strong> weitere dekorative Kunst<br />
des 20. <strong>und</strong> 21. Jh. von Ron Arad bis Shiro<br />
Kuramata bringt das Auktionshaus jeweils<br />
im Mai <strong>und</strong> im November in Genf unter<br />
den Hammer.<br />
Auff allend daran ist, dass <strong>die</strong>se Gebietsaufteilung<br />
zwischen Genf <strong>und</strong> Zürich nicht<br />
etwa künstlich vom Auktionshaus Koller<br />
eingeführt wurde. Vielmehr spiegelt sie<br />
sich – wenn auch keineswegs in ausschliessender<br />
Strenge – auch im nichtversteigernden<br />
Kunsthandel der beiden Städte<br />
bis hinauf in den Vorstand der Verbands<br />
Schweizerischer Antiquare <strong>und</strong> Kunsthändler<br />
VSAK.<br />
Seine Präsidentin, Jacqueline Aden<br />
Hürst, unterhält im Herzen des Zürcher<br />
Antiquitätenquartiers an der Kirchgasse<br />
eine gerade<strong>zu</strong> unzürcherisch elegante Galerie<br />
für französisches Kunsthandwerk <strong>und</strong><br />
Meistermöbel der Pariser Haute Epoque<br />
des 18. <strong>und</strong> 19. Jh. vom Sonnenkönig Louis<br />
XIV bis hin <strong>zu</strong> Empire, Diréctoire <strong>und</strong> Napoleon<br />
III. VSAK-Vizepräsident Lionel Latham<br />
dagegen führt an der zentralen Genfer<br />
Rue de la Corraterie mit seiner Galerie<br />
Latham ein international anerkanntes Spezialgeschäft<br />
für dekorative Kunst, Möbel<br />
<strong>und</strong> Design des 20. <strong>und</strong> 21. Jh. |<br />
1 : Louis-XV-Bergkristalldeckenleuchter,<br />
Paris,<br />
um 1750, Zuschlagspreis:<br />
235 000 Fr. (Koller,<br />
Zürich)<br />
2 : Louis-XV-<br />
Lacknamenbureau<br />
in blauem «Vernis<br />
Martin», Bernard II<br />
van Riesenburgh <strong>zu</strong>geschrieben,<br />
Paris, um 1755,<br />
Zuschlagspreis:<br />
591 500 Fr. (Koller,<br />
Zürich)<br />
3: Bemalter Louis-XVI-<br />
Klappsekretär (Secretaire<br />
à abattant) von Nicolas<br />
Petit, Paris, um 1780, Zuschlagspreis:<br />
925 000 Fr.<br />
(Koller, Zürich, 2007)<br />
7<br />
8<br />
6<br />
10<br />
9<br />
4 : Imperiales Empire-<br />
Kombinationskartenpult,<br />
F.-H.-G. Jacob-Desmalter<br />
<strong>zu</strong>geschrieben, Paris, um<br />
1810, Zuschlagspreis:<br />
292 500 Fr. (Koller, Zürich,<br />
2006)<br />
5 : Louis-XV-Lackkommode,<br />
von Jacques Dubois, signiert,<br />
Paris, um 1750, Zuschlagspreis:<br />
235 500 Fr. (Koller,<br />
Zürich, 2006)<br />
6 : Venini-Glasparavent von<br />
Fulvio Bianconi, um 1970,<br />
vier Flügel, Breite: 168 cm,<br />
Zuschlagspreis: 20 620 Fr.<br />
(Koller, Genf, 2011)<br />
7: Bar «Nautilius», Modell<br />
2081, von Gabriella Crespi in<br />
poliertem Messing, signiert,<br />
um 1960er bis 1980er Jahre,<br />
Zuschlagspreis: 26 840 Fr.<br />
(Koller, Genf, 27. Mai 2011)<br />
8 : Stuhl «Loop Loop»<br />
von Ron Arad, poliertes<br />
Edelstahlgewebe, signiert<br />
<strong>und</strong> datiert 1994, aus einer<br />
Edition von 5 Exemplaren,<br />
Zuschlagspreis: 134 200 Fr.<br />
(Koller, Genf, 2009)<br />
9: Armlehnstuhl «Buddy et<br />
Flappo» von Gerald Poussin,<br />
1986, Einzelstück, Zuschlagspreis:<br />
13 420 Fr. (Koller, Genf,<br />
2009)<br />
10: Liege «Daybed», Modell<br />
PK 80, von Poul Kjaerholm,<br />
1957, Verchromtes Metallgestell<br />
<strong>und</strong> schwarzes Leder,<br />
Zuschlagspreis: 11 590 Fr.<br />
(Koller, Genf, 2010)<br />
84 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 85
CLASSIC CAR | JAGUAR E-TYPE | von Konrad Koch<br />
Britisches Bestiarium<br />
DER JAGUAR E-TYPE IST EINE IKONE DES AUTOMOBILBAUS<br />
UND EINER GANZEN ÄRA, DEN SWINGING SIXTIES. SEIN DEBÜT<br />
HATTE ER VOR 50 JAHREN AM AUTOSALON IN GENF. TROTZ<br />
SEINER RAUBKATZENGENE, DIE IN DEN XK-MODELLEN DER BRI-<br />
TISCHEN SPORTWAGENMARKE WEITERLEBEN, ZEIGT EIN JAG<br />
BIS HEUTE VOR ALLEM EINES: SPORTLICHE NOBLESSE.<br />
Es war einer der wenigen Sommertage<br />
im Juni 2011. Vom Dauerregen british<br />
racing green gewaschen glänzten <strong>die</strong><br />
Matten des oberen Linthtals. 303 Kurven<br />
einer legendären Strecke waren bereit für<br />
eine Legende - einen Jaguar E-Type 5.3<br />
Liter V 12 Convertible.<br />
Der Tag schien wie ge<strong>macht</strong> für eine<br />
Fahrt in einem Jaguar Cabriolet über den<br />
Klausen, den Pass zwischen Glarus <strong>und</strong><br />
Uri, der so geschichtsträchtig ist wie <strong>die</strong><br />
Traditionsmarke aus Coventry. Kein anderes<br />
Bergrennen ist nämlich <strong>zu</strong> einem<br />
derartigen Mythos geworden wie das<br />
Klausenrennen, das in den Jahren 1922<br />
bis 1934 auf der 21,5 Kilometer Kiesstrasse<br />
zwischen Linthal <strong>und</strong> der Passhöhe<br />
ausgetragen wurde.<br />
Es ist zwar in den Roaring Twenties<br />
noch kein Jaguar <strong>die</strong> Schotterpiste hochgedonnert.<br />
Rennwagen von Swallow Sidecars,<br />
wie der Sportwagenhersteller<br />
vor seiner Namensänderung 1945 hiess,<br />
haben aber damals schon für britischen<br />
Sportgeist gesorgt, <strong>zu</strong>sammen mit den<br />
Rennkarossen von Bentley, MG <strong>und</strong> Riley.<br />
Am 15. März 1961 im Parc des Eaux Vives<br />
in Genf wurde der E-Type von Jaguar<br />
vorgestellt. Zwei Wagen hatten der<br />
Firmengründer Sir William Lyons an<br />
den Lac Léman fahren lassen, einen für<br />
den Stand am Autosalon, den zweiten für<br />
Testfahrten auf einer abgesperrten Bergrennstrecke<br />
ausserhalb der Stadt Genf.<br />
<strong>In</strong>des hatten sich derart viele Journalisten<br />
für eine Mitfahrgelegenheit angemeldet,<br />
dass Lyons einen dritten Wagen<br />
aus England anforderte. Cheftestfahrer<br />
Norman Dewis brachte ihn mit der Fähre<br />
von Dover nach Calais <strong>und</strong> dann in einer<br />
Parforcefahrt quer durch Frankreich<br />
in nur 14 St<strong>und</strong>en von der Jaguar-Fabrik<br />
Browns Lane bei Coventry in <strong>die</strong> Calvinstadt.<br />
AUF LEGENDÄRER PISTE<br />
Als Hommage an 50 Jahre E-Type standen<br />
<strong>zu</strong>r Klausenfahrt 2011 der Serie III<br />
Convertible von 1972 <strong>zu</strong>sammen mit seinem<br />
Ururenkel, dem XK 5.0 V8 Convertible<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung. Den Pass hoch am<br />
Steuer des Oldtimer aus der Sammlung<br />
von Autoimporteur Walter Frey, talwärts<br />
nach Altdorf mit einem für <strong>die</strong> Schweiz<br />
auf 50 Exemplare limitierten Jubiläumsmodell<br />
50E. <strong>Und</strong> ganz englische Höfl ichkeit<br />
mit ein paar Kurvenlängen Abstand<br />
folgten zwei Mechaniker in einem Land<br />
Rover Discovery.<br />
40 Jahre Automobiltechnik trennen <strong>die</strong><br />
beiden Wagen - Spitzenfahrzeuge ihrer<br />
Zeit sind beide. Die Serie III des E-Type,<br />
<strong>die</strong> in den Jahren 1971 bis 1974 in 7990 Exemplaren<br />
als Convertible <strong>und</strong> in 7297 Coupés<br />
gebaut wurden, war der Leistungshöhepunkt<br />
der E-Serie <strong>und</strong> gleichzeitig ihr<br />
Abgesang. Als ob er es geahnt hätte: Im<br />
Kultfi lm «Harold and Maud» von 1971 lies<br />
Regisseur Hal Ashby den morbid-dekadenten<br />
Harold einen Jaguar E-Type fahren,<br />
umgebaut als Leichenwagen. Spektakulär<br />
katapultierte er das Unikat <strong>zu</strong>m<br />
Filmschluss über <strong>die</strong> Klippen. Zerstört<br />
<strong>und</strong> ausgebrannt blieb nur ein Haufen<br />
schrottreife Filmgeschichte.<br />
Das Produktionsende in Raten für den<br />
E-Type leitete Anfang der Siebzigerjahre<br />
<strong>die</strong> Ölkrise ein. Der Durchschnittsverbrauch<br />
lag bei r<strong>und</strong> 20 Liter auf 100 Kilometer.<br />
Abgas- <strong>und</strong> Sicherheitsvorschriften<br />
in den USA, dem wichtigsten Markt für<br />
Jaguar, verschärften <strong>die</strong> Absatzprobleme.<br />
1974 lief der letzte E-Type vom Band.<br />
Der in der Serie III bewährte 12-Zylindermotor<br />
blieb aber noch bis 1997 das<br />
Mass der Dinge im Jaguar Motorenprogramm.<br />
160 000 V12-Motorenblocks wurden<br />
in den Serienmodellen XJ verbaut.<br />
Die 5,3 Liter Hubraum treiben mit 314<br />
PS den Serie III in 6,6 Sek<strong>und</strong>en auf 100<br />
km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei<br />
240 km/h. Überzeugend sind selbst nach<br />
heutigem Motorenmassstab <strong>die</strong> Laufk ultur<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Elastizität des V12. Wäre nicht<br />
<strong>die</strong> Freude am Schalten des vollsynchronisierten<br />
Vierganggetriebes <strong>und</strong> der Hörgenuss<br />
der Orchestrierung durch den Motor,<br />
der Serie III liesse sich im dritten Gang<br />
über den Klausen fahren – was <strong>zu</strong>dem<br />
eine Unsportlichkeit gewesen wäre.<br />
86 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 87<br />
Fotos: D. Reinhard<br />
f f Jaguar<br />
Coupé 2+2 E-Type<br />
aus der Serie 1<br />
von 1961.<br />
f Cabrio Jaguar<br />
E-Type Serie 3 auf<br />
der gepfl ästerten<br />
Zufahrt <strong>zu</strong>m<br />
Klausenpass.
CLASSIC CAR | JAGUAR E-TYPE<br />
DAS SCHÖNSTE AUTO DER WELT<br />
Der Jaguar E-Type wurde mit seiner<br />
Form vom Start weg <strong>zu</strong>m <strong>In</strong>begriff des<br />
Sportwagens. Entworfen hatte <strong>die</strong> <strong>zu</strong>r<br />
Stilikone gewordene Karosserie der Luftfahrtingenieur<br />
Malcom Sayer. Er hatte<br />
<strong>zu</strong>vor schon <strong>die</strong> Le-Mans-Siegerwagen<br />
C- <strong>und</strong> D-Type aerodynamisch gezeichnet.<br />
Sogar Enzo Ferrari bezeichnete den<br />
Engländer als «das schönste Auto der<br />
<strong>Welt</strong>». <strong>In</strong> den Listen der schönsten Autos<br />
aller Zeiten belegt er regelmässig den ersten<br />
Platz. Nicht nur mit Schönheit deklassierte<br />
der E-Type von 1961 seine Konkurrenten.<br />
Mit einem Preis von damals 1550<br />
£ (heute r<strong>und</strong> 40 000 £) war er auch nur<br />
halb so teuer wie ein Aston Martin DB4<br />
oder Ferrari 250.<br />
Unter der nicht enden wollenden Motorhaube<br />
des Serie I E-Type war ein Reihensechszylinder<br />
eingebaut, der mit 3,8<br />
Liter Hubraum 265 PS Leistung brachte.<br />
Mit der vom Werk angegebenen Höchstgeschwindigkeit<br />
von ebenfalls 240 km/h<br />
ver<strong>die</strong>nte er sich damals das Prädikat<br />
«Schnellster Serienwagen der <strong>Welt</strong>».<br />
Über <strong>die</strong> Nachfolgemodelle Serie I <strong>und</strong> II<br />
mit 4,2-Liter-Motor kulminierte <strong>die</strong> Leistung<br />
im 1971 vorgestellten V12. Vergleichbare<br />
Zwölfzylinder gab es <strong>zu</strong> jener Zeit<br />
nur von Ferrari <strong>und</strong> Lamborghini.<br />
EIN KUNSTWERK<br />
Revolutionär in seiner Form war der<br />
E-Type als kompromissloser Sportwagen<br />
gebaut. Die Kombination aus Kraft<br />
<strong>und</strong> Eleganz <strong>macht</strong>en ihn jedoch <strong>zu</strong> einer<br />
Raubkatze mit britischen Manieren, <strong>die</strong><br />
88 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
i Eine gemeinsame<br />
Geschichte:<br />
Jaguar E-Type 5,3<br />
V12 Serie 3 <strong>und</strong><br />
Jaguar XK 5.0 V8.<br />
man sich gerne hielt.<br />
Brigitte Bardot fuhr ihn,<br />
Tony Curtis sowie Steve<br />
McQueen <strong>und</strong> der Privatdetektiv<br />
Jerry Cot-<br />
ton steuerte ihn in den gleichnamigen<br />
Kriminalromanen durch <strong>die</strong> Strassenschluchten<br />
New Yorks. <strong>In</strong> 14 Jahren hatte<br />
Jaguar 38 519 Coupés <strong>und</strong> 33 996 Roadster<br />
verkauft. Offi zieller Schluss war im<br />
April 1975 mit einer Sonderserie von dreissig<br />
Wagen in Schwarz.<br />
Zum Classic Car avanciert, lebt der Jaguar<br />
E-Type weiter. <strong>In</strong> der Schweiz widmen<br />
sich dem Fortbestand des Kultwagens<br />
der Jaguar Driver’s Club Switzerland<br />
(www.jdcs.ch) <strong>und</strong> der Jaguar E-Club<br />
(www.jaguar-e.ch). Auktionen, an denen<br />
regelmässig E-Types <strong>zu</strong>m Zuschlag kommen,<br />
führt <strong>die</strong> Oldtimer Galerie Toff en<br />
durch (www.oldtimergalerie.ch). Roadster<br />
der ersten Serie <strong>und</strong> Convertibles mit<br />
V12-Motor sind am teuersten. Original restauriert<br />
<strong>und</strong> strassentauglich kostet ein<br />
Zwölfer ab 75 000 Fr. Schon unter 50 000<br />
Fr. sind E-Type 2+2-Coupés <strong>zu</strong> fi nden.<br />
Vorsicht ist gegenüber Importen aus den<br />
USA angesagt. Stammt der Wagen aus Kalifornien<br />
wurde er entlang der Küste gefahren<br />
– <strong>und</strong> ist in den Hohlräumen voll<br />
mit Salz. Besser wäre da schon einer aus<br />
dem Wüstenklima von Vegas <strong>und</strong> Reno.<br />
Vollendet konserviert ist dagegen der E-<br />
Type, der 1996 wurde <strong>zu</strong>m Kunstwerk geadelt<br />
wurde. Das Museum of Modern Art<br />
nahm einen stahlblauen Roadster als eines<br />
der ganz wenigen Automobile in <strong>die</strong><br />
Dauerausstellung auf. |<br />
VOM SPORTS CAR ZUM<br />
GRAND TOURER<br />
<strong>In</strong> der Geschichte der Sportwagen von<br />
Jaguar war der E-Type ein <strong>In</strong>termezzo<br />
zwischen den XK-Modellen von 1948 bis<br />
1991 <strong>und</strong> den XJ-S Modellen ab Mitte der<br />
Siebzigerjahre. Abgelöst wurden <strong>die</strong>se<br />
durch <strong>die</strong> Modellfamilie der Grand Tourer<br />
XK. Neben den rabiaten Zweisitzern baute<br />
Jaguar immer auch sportliche Limousinen.<br />
Saloon oder Sedan genannt, waren <strong>die</strong><br />
Mk-Modelle <strong>und</strong> <strong>die</strong> späteren XJ12 S <strong>die</strong><br />
Vorfahren der heutigen Sportlimousinen<br />
XF <strong>und</strong> der Luxuslimousine XJ. An der<br />
New York Auto im Frühjahr zeigt Jaguar <strong>die</strong><br />
Modelle des Jahrgangs 2012. Spitzenmodell<br />
ist der Jaguar XKR-S. Er ist mit einem<br />
550 PS starken 5.0-Liter V8 Kompressormotor<br />
ausgestattet <strong>und</strong> erreicht eine<br />
Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h. Auf<br />
100 km/h beschleunigt er in 4,4 Sek<strong>und</strong>en,<br />
was ihn <strong>zu</strong>m stärksten Serienfahrzeug der<br />
Unternehmensgeschichte <strong>macht</strong>. Sportliche<br />
Leistung mit Luxus verbindet in der oberen<br />
Mittelklasse der neue XF 2.2-Liter Diesel.<br />
Der neue Vierzylinder-Dieselmotor schöpft<br />
aus 2,2 Liter Hubraum 190 PS. Mit nur 5,4<br />
Liter Durchschnittsverbrauch ist es der sparsamste<br />
je von Jaguar verbaute Motor. Alles<br />
Schwarz: Das bisher nur den XKR-Modellen<br />
vorbehaltene Black Pack wird ab 2012 für<br />
alle Modelle angeboten. Alle normalerweise<br />
in Chrom gehaltenen Karosserieteile sind in<br />
der mattschwarzen Wagenfarbe gehalten.<br />
Auch <strong>die</strong> 20 Zoll grossen Felgen. Auf was<br />
aber <strong>die</strong> E-Type-Enthusiasten auch nach<br />
der Vorstellung der neuen Modelle warten,<br />
ist ein kleiner Roadster, ein Sportwagen in<br />
bester englischer Tradition.<br />
WISSENSCHAFT | EIN ERFAHRUNGSBERICHT | von Stéphane Benoît-Godet - Illustration: Mathieu Moret<br />
Wie viel<br />
Zeit<br />
bleibt mir<br />
noch?<br />
ZWAR ERMÖGLICHT UNS DIE<br />
MEDIZIN, GESUND ZU BLEIBEN, ABER<br />
SIE SAGT UNS NICHT, WIE LANGE<br />
WIR LEBEN. DIE ERFAHRUNG EINES<br />
CHECK-UPS.,
WISSENSCHAFT | EIN ERFAHRUNGSBERICHT<br />
6<br />
. Juli 2011, 8.30 Uhr, Clinique La Prairie<br />
in Montreux. Ich betrete das luxuriöse<br />
Medizinzentrum an der Waadtländer Riviera,<br />
um eine Reihe von Untersuchungen<br />
über mich er<strong>gehen</strong> <strong>zu</strong> lassen. Ich bin weder<br />
krank noch bin ich ein Manager, den<br />
sein Unternehmen <strong>zu</strong>r umfassenden medizinischen<br />
Kontrolle schickt, wie es in<br />
der Schweiz immer mehr üblich wird. Ich<br />
bin hierhergekommen, um Antwort auf<br />
eine Frage <strong>zu</strong> erhalten, <strong>die</strong> gerade<strong>zu</strong> eine<br />
Obsession geworden ist. «Wie viel Zeit<br />
bleibt mir noch <strong>zu</strong> leben?» Tatsächlich<br />
steht das Thema seit Jahren auf der Agenda<br />
der Redaktion. Aber niemand fühlte<br />
sich davon wirklich angesprochen, schon<br />
gar nicht <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> gewisse Altersgrenzen<br />
überschritten haben. Da es meine<br />
Idee war, lag es nun an mir, <strong>die</strong> Herausforderung<br />
an<strong>zu</strong>nehmen.<br />
« Ein Traum für <strong>die</strong> Medizin,<br />
ein Albtraum für Hypochonder »<br />
Meine Frage entspricht nicht den Überzeugungen<br />
des mich empfangenden Doktors.<br />
Denn Kardiologe Mikael Rabaeus<br />
fühlt sich da<strong>zu</strong> berufen, Menschen <strong>zu</strong> heilen<br />
<strong>und</strong> nicht mit einem Migros-Verfalldatum<br />
<strong>zu</strong> versehen. Mit Artikeln über <strong>die</strong><br />
Genanalysen durch Biotech-Unternehmen<br />
wie 23andme, <strong>die</strong> versprechen, in den<br />
Chromosomen quasi Vorwarnungen lesen<br />
<strong>zu</strong> können, haben <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n falsche Erwartungen<br />
geweckt. Mein Gesprächspartner<br />
lehnt es ab, Patienten lebenslänglich<br />
Medikamente wie Statine <strong>zu</strong> verschreiben,<br />
er zieht es vor, sie <strong>zu</strong> einer andern Lebensweise<br />
<strong>zu</strong> motivieren.<br />
Meine Lebensfrage quittiert er liebenswürdig<br />
<strong>und</strong> amüsiert. Nach der ersten Untersuchung<br />
kann er schon mal bestätigen,<br />
dass meine Ges<strong>und</strong>heit nicht schlecht ist,<br />
obwohl ich keinen Sport treibe. Zwar fühle<br />
ich mich in guter Form, aber rennen/<br />
hüpfen/leiden – nein, das ist nicht mein<br />
Ding. «Sie sind jedoch für Bewegung programmiert»,<br />
sagt der fünfzigjährige, kräftig<br />
gebaute Schwede.<br />
Ohne böse Absicht lässt er mich dann<br />
auf dem Ergometer einen Ausdauertest<br />
machen. Just in dem Moment, als er den<br />
Widerstand des Velos erhöht, stürze ich<br />
ab. Kreislaufk ollaps, wie Nicolas Sarkozy<br />
anlässlich des präsidialen Joggings im<br />
Kreise seiner Leibwächter im Juli 2009.<br />
«Ihr Herz muss fähig sein, eine intensive<br />
<strong>und</strong> plötzliche Leistung <strong>zu</strong> erbringen, <strong>zu</strong>m<br />
Beispiel um vor einem Bären <strong>zu</strong> fl iehen.<br />
Vergessen Sie nicht, dass unsere Körperkonzeption<br />
derjenigen der Höhlenbewohner<br />
entspricht, weshalb wir nicht für ein<br />
bewegungsarmes Leben konzipiert sind.»<br />
GRÜNTEE, KOHL UND WARMES WASSER<br />
<strong>In</strong> meinem Kopf bohrt sich der Gedanke<br />
fest, dass ich jetzt <strong>zu</strong>r Kategorie der<br />
Menschen gehöre, <strong>die</strong> ges<strong>und</strong>heitlich<br />
überwacht werden müssen. Ich verlasse<br />
<strong>die</strong> Praxis <strong>und</strong> starte <strong>zu</strong> einem rasanten<br />
Parcours von möglichen <strong>und</strong> unmöglichen<br />
Tests <strong>und</strong> Untersuchungen. Wobei<br />
es mir nur um eines geht, nämlich mein<br />
wahrscheinliches Sterbedatum <strong>zu</strong> erfahren.<br />
Das Blut ? Alles o. k. Ultraschalluntersuchung<br />
der Organe? Perfekt. Fettmasse?<br />
Optimal. Scanner? Top. Oder fast.<br />
Es gibt da zwei kleine Verkalkungen ganz<br />
in der Nähe des Herzens. Sie sind Anzeichen<br />
dafür, dass sich <strong>die</strong> Arterie langsam<br />
verhärtet. Für den Kardiologen, der im<br />
Untersuchungsraum tätig ist, ist eine lebenslängliche<br />
Therapie angebracht. <strong>In</strong> einem<br />
solchen Moment fühlt man sich sehr<br />
dumm <strong>und</strong> sehr nackt, denn der Arzt hat<br />
jedes Detail im Körper gesehen. Unter<br />
dem unerbittlichen Auge der eines Palomar-Observatoriums<br />
würdigen Scanner<br />
<strong>und</strong> MRI gibt es den 100% ges<strong>und</strong>en Körper<br />
nicht. Ein Traum für <strong>die</strong> Medizin, ein<br />
Albtraum für Hypochonder.<br />
La Prairie führt auch genetische Diagnosen<br />
durch. Dies bedeutet nicht, dass<br />
man daraus ableiten könnte, an welcher<br />
Krankheit jemand sterben wird. Es handelt<br />
sich vielmehr um einen Test, der<br />
zeigt, wie unser Körper Toxine <strong>und</strong> Medikamente<br />
verarbeitet. Dies sind überaus<br />
nützliche Daten, denn <strong>die</strong> Medikamentenverträglichkeit<br />
ist von Mensch <strong>zu</strong> Mensch<br />
unterschiedlich. 10% aller Notfälle in Spitälern<br />
sind auf Nebenwirkungen von korrekt<br />
verschriebenen Medikamenten <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen.<br />
Die Untersuchung basiert auf einem<br />
Zungenabstrich, der von Doktor Thierry<br />
Pache vorgenommen wird. Er hat mit<br />
Partnern ein Testkit (Cypass) entwickelt<br />
<strong>und</strong> mit Gene Predictis ein Start-up-Unternehmen<br />
gegründet, das <strong>die</strong>se Technologie<br />
anbietet. Anhand der Resultate,<br />
<strong>die</strong> ich einige Tage später erhalte, eliminiert<br />
mein Körper Abbauprodukte sehr<br />
schlecht. Wäre ich Raucher, würde ich der<br />
Gruppe der klassischen Lungenkrebskan-<br />
didaten angehören. Im Gegensatz <strong>zu</strong> denjenigen<br />
starken Rauchern, <strong>die</strong> 80 Jahre<br />
<strong>und</strong> älter werden <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>die</strong>se genetische<br />
Schwäche nicht haben, weshalb ihnen <strong>die</strong><br />
Zigarettenschadstoff e weniger anhaben<br />
können. Diese genetische Ungerechtigkeit<br />
ist reines Zufallsprinzip. Nach Vorliegen<br />
der Untersuchungsergebnisse empfi ehlt<br />
mir Doktor Pache, <strong>die</strong> Assimilationsunfähigkeit<br />
<strong>zu</strong> kompensieren, indem ich natürliche<br />
Antioxidantien – Kreuzblütlergemüse,<br />
Grüntee – <strong>zu</strong> mir nehme. Kohl, heisses<br />
Wasser…<br />
CHURCHILLS HERZ<br />
Zurück <strong>zu</strong> Doktor Mikael Rabaeus, der<br />
sich von meinem Herz-Scan unbeeindruckt<br />
zeigt. Für ihn kommt eine Therapie<br />
nicht in Frage. «Ich verschreibe keine Medikamente,<br />
dafür eine neue Lebensart», erklärt<br />
der Kardiologe in seiner schönen Praxis<br />
mit Blick auf <strong>die</strong> Rasenfl äche, <strong>die</strong> jedem<br />
Golfplatz Ehre machen würde. «Winston<br />
Churchill hatte keine Herzprobleme, weil<br />
er sich auf den Schlachtfeldern bewegte. Es<br />
ist besser, etwas füllig <strong>zu</strong> sein <strong>und</strong> sich <strong>zu</strong><br />
bewegen, als mager <strong>und</strong> inaktiv <strong>zu</strong> sein.»<br />
Dies ist eine gerade<strong>zu</strong> historische Aussage,<br />
<strong>die</strong> mein Gesprächspartner fast tiefsinnig<br />
ergänzt: «Die Menschen möchten nicht<br />
wissen, wie viel Zeit ihnen noch bleibt. Es<br />
interessiert sie <strong>zu</strong> erfahren, wie sie <strong>die</strong> Last<br />
der Jahre leichter tragen können.»<br />
Später sitze ich an der Bar, <strong>die</strong> mehr einem<br />
Luxushotel als einer Klinik entspricht,<br />
<strong>und</strong> unterhalte mich mit dem Chefarzt, der<br />
<strong>die</strong>selbe Meinung vertritt. «Die<br />
Menschen möchten mehr Leben<br />
<strong>und</strong> nicht unbedingt mehr Jahre »,<br />
philosophiert Adrian Heini, «wir<br />
leben in der Zeit des Better Aging,<br />
eine Haltung, <strong>die</strong> mehr mit Lebensqualität<br />
als mit Quantität <strong>zu</strong> tun hat.<br />
Deshalb wird Ihre Frage über das wahrscheinliche<br />
Todesdatum so nie gestellt.<br />
Ausgenommen vielleicht von Patienten,<br />
denen wir sagen müssen, dass sie schwer<br />
krank sind.»<br />
Ich bin mit <strong>die</strong>ser Antwort nicht ganz<br />
<strong>zu</strong>frieden, geniesst doch La Prairie weltweite<br />
Bekanntheit als Spezialistin für Revitalisierung,<br />
ein Programm, bei dem<br />
Stammzellen von Lämmern injiziert werden,<br />
um den Alterungsprozess <strong>zu</strong> verlangsamen.<br />
Wenn ich eine Antwort auf meine<br />
Frage erhalten kann, dann doch hier.<br />
Denn was wäre der Sinn des Behandlungsprogramms,<br />
das <strong>die</strong> Klinik Patienten<br />
ab 40 Jahren für 20 000 Fr. <strong>die</strong> Wo-<br />
che anbietet? Die Therapie besteht in der<br />
Einnahme von W<strong>und</strong>erpastillen auf Basis<br />
von Lammleberextrakten (<strong>die</strong> <strong>In</strong>jektionen<br />
sind Vergangenheit, <strong>die</strong> Kur wird oral<br />
verabreicht). Off ensichtlich ist <strong>die</strong> Life-<br />
Enhancing-Therapie begehrt, denn der<br />
Zustrom an <strong>In</strong>teressenten, vor allem aus<br />
China, ist ungebrochen hoch. Also, Herr<br />
Doktor, wie viel Zeit bleibt mir noch?<br />
DIE STUNDE DER WAHRHEIT<br />
Der Chefarzt wechselt das Thema. Ich<br />
beobachte eine Gruppe bei einer R<strong>und</strong>e<br />
Fruchtsaft an der Bar. Immer mehr Unternehmen<br />
verpfl ichten ihre Kadermitglieder<br />
<strong>zu</strong>m Check-up <strong>und</strong> bezahlen für<br />
« Wir leben in der Zeit<br />
des Better Aging. »<br />
den halben Tag 4000 Fr. «Wir identifi -<br />
zieren Risikofaktoren bei Mitarbeitenden,<br />
um Lebensstil <strong>und</strong> Prävention <strong>zu</strong> optimieren»,<br />
erklärt Adrian Heini. Dieser Ansatz<br />
kommt aus den USA, wo <strong>die</strong> Unternehmen<br />
oft <strong>die</strong> Ges<strong>und</strong>heitskosten ihrer Kader<br />
übernehmen. Das System fi ndet auch in der<br />
Schweiz Anhänger. Mikael Rabaeus, der bis<br />
vor kurzem in einer anderen Klinik der Region<br />
tätig war, hat in La Prairie vor allem<br />
<strong>die</strong> Aufgabe, <strong>die</strong>sen Bereich auf<strong>zu</strong>bauen.<br />
Multinationale Unternehmen senden nicht<br />
nur einen oder mehrere Topleute, sondern<br />
oft das ganze Management. Wie eine Genfer<br />
Gesellschaft, <strong>die</strong> kürzlich 100 Mitarbeitende<br />
nach Montreux geschickt hat.<br />
Wie aber steht es um mich? «Sie sind in<br />
bester Ges<strong>und</strong>heit», bestätigt Mikael Rabaeus,<br />
den ich am Ende des Tages aufsuche.<br />
<strong>Und</strong> den es immer noch erstaunt, dass ich<br />
<strong>die</strong> gleiche Frage stelle. Schliesslich <strong>macht</strong><br />
er für mich <strong>die</strong> Kalkulation. «Sie sind ges<strong>und</strong>,<br />
rauchen <strong>und</strong> trinken nicht. Ihr dunkler<br />
Punkt ist, dass Sie sich nicht bewegen.<br />
Regelmässige körperliche Bewegung wird<br />
Ihr Leben um sieben bis acht Jahre verlängern.<br />
Ohne werden Sie mit 78 Jahren sterben.»<br />
Ich bin 41 Jahre alt, habe somit <strong>die</strong><br />
Hälfte meiner Lebenszeit hinter mir.<br />
Deprimierend? Ja <strong>und</strong> nein. Ich könnte<br />
beginnen, Sport <strong>zu</strong> treiben, was angesichts<br />
meines Ges<strong>und</strong>heitstests nicht<br />
<strong>die</strong> schlechteste Option wäre. Ich<br />
kann aber meine Lebenserwar-<br />
tung auch unter einem anderen<br />
Gesichtspunkt betrachten. «Menschen,<br />
<strong>die</strong> Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
80 Jahre alt wurden, hatten<br />
noch sechs Jahre vor sich, erklärt<br />
Mikael Rabaeus. Vier Jahrh<strong>und</strong>erte später<br />
haben <strong>die</strong>se gleichen Achtzigjährigen nur<br />
gerade zwei Jahre mehr <strong>zu</strong> leben.» Die Genetik<br />
ist gnadenlos, sie bestimmt, wann <strong>die</strong><br />
letzte St<strong>und</strong>e schlägt. Das Einzige, was wir<br />
Menschen kontrollieren können, ist der<br />
Lebensmodus. Also – ab <strong>zu</strong>m Joggen! |<br />
iSelbstportraits von Roman Opalka. Seit 1972<br />
arbeitete der polnische Maler an der Vollendung<br />
eines Werkes, indem er sich selbst fotografi erte, von<br />
vorne <strong>und</strong> ohne Gesichtsausdruck. So versuchte der<br />
Künstler, <strong>die</strong> Zeit ein<strong>zu</strong>fangen <strong>und</strong> <strong>zu</strong> malen, so wie<br />
er während 46 Jahren <strong>die</strong> Zahlen 0 bis unendlich auf<br />
<strong>die</strong> Bilder geschrieben hat. Mit dem Tod des Künstlers<br />
am 6. August 2011 ging das Lebenswerk <strong>zu</strong> Ende.<br />
90 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 91<br />
Roman Opalka
s FIXIE «COLNAGO<br />
MASTER PISTE»,<br />
Eines der berühmten<br />
Velos à la carte made<br />
in Vélosophe. Der Vintage<br />
Colnago-Rahmen<br />
wird auf Bestellung bei<br />
seinem italienischen<br />
Fabrikanten fabriziert.<br />
Ein legendäres Teil<br />
in den Farben des<br />
Molteni-Teams von<br />
Eddy Merckx (1972).<br />
Original-Bahnfelge von<br />
Wolber mit Campagnolo-Nabe.<br />
Lieferfrist:<br />
drei Monate. Doch wer<br />
liebt, der wartet nicht.<br />
K<strong>und</strong>e: Vélosophe<br />
Velofahrer mit Sinn<br />
für Ästhetik. Grafi ker<br />
oder Webmaster <strong>zu</strong>m<br />
Beispiel, <strong>die</strong> schlichtes<br />
Design mögen, sich<br />
in der Geschichte des<br />
Fahrrads auskennen<br />
<strong>und</strong> Ansprüche auf ein<br />
Unikat erheben.<br />
Preis: 4700 Fr.<br />
Von Emmanuel Grandjean - Fotos: Nicolas Righetti | VELOS | SPORT<br />
Stilvoll treten<br />
Macht Velo fahren weise? Im Vélosophe<br />
ist man davon überzeugt. Erstens,<br />
weil sich das Luxus-Fahrradgeschäft<br />
mitten in der Natur, nämlich im Dorf<br />
Chambésy hoch über dem Genfersee befi<br />
ndet, zweitens, weil dessen Chef Velo<br />
fahren im Blut hat. Damien Bisetti, 43 Jahre,<br />
ist ein eingefl eischter Fan von Drahteseln<br />
– «Bücher, Zeitschriften, Geschichte,<br />
meine ganze Kultur dreht sich ums Fahrrad»,<br />
wie er sagt. Er gehört <strong>zu</strong>r dritten Generation<br />
einer Hardcore-Velofahrerfamilie.<br />
«Mein Grossvater war Präsident des<br />
Vereins Pédale von Eaux-Vives, das ist kein<br />
Witz», grinst er. Bisetti leitet das edle Geschäft<br />
im Kanton Genf, wo im Sommer<br />
vor dem Fernseher alles bei der Tour de<br />
France mitfi ebert. Der gelernte Wirt – ihm<br />
gehören zwei Restaurants in Genf – war<br />
einer der ersten, der in der Schweiz Fixies<br />
vertrieb. Eigentlich handelte es sich dabei<br />
ursprünglich um ein Rad ohne Bremse <strong>und</strong><br />
Gangschaltung, das von den Kurieren San<br />
Franciscos von der Bahn auf <strong>die</strong> Strasse<br />
gebracht wurde. Der Vorteil: Das Fixie besteht<br />
aus einem Rahmen, zwei Rädern <strong>und</strong><br />
einer Kette. Einfacher <strong>und</strong> pfl egeleichter<br />
gehts nicht. Ein minimalistischer, schicker<br />
Gebrauchsgegenstand, der sich <strong>zu</strong>m stylischen<br />
Accessoire gemausert hat, den man<br />
nach Lust <strong>und</strong> Laune tunen kann, indem<br />
man alle möglichen Elemente hin<strong>zu</strong>fügt.<br />
Velos à la carte sind aber nicht dem Fixie<br />
vorbehalten. Egal, ob Bahn-, Renn- oder<br />
Strassenräder, im Vélosophe kann jedes<br />
Gefährt nach den Wünschen des K<strong>und</strong>en<br />
<strong>zu</strong>sammengebaut werden. Wie sieht Ihr<br />
Traumvelo aus?<br />
Le Vélosophe, 24 chemin Roilbot,<br />
1292 Chambésy, velosophe@bluewin.ch<br />
www.velosophe.blogspot.com<br />
92 | 92 <strong>Finanz</strong> | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 93
SPORT | VELOS<br />
CERVÉLO CONTRE<br />
LA MONTRE p<br />
Achtung ausserirdisch!<br />
Ein futuristisches<br />
Rad für<br />
Tempofreaks mit aerodynamischemProfi<br />
l, halbvollen Rädern<br />
<strong>und</strong> einem Rahmen<br />
mit minimalem Luftwiderstand.<br />
Dadurch<br />
lassen sich gegenüber<br />
einem klassischen<br />
Velo 4 bis<br />
5 km/h gewinnen.<br />
2008 wurde Cancellara<br />
mit <strong>die</strong>sem Rad<br />
in Peking Olympiasieger.<br />
K<strong>und</strong>en: Defi nitiv<br />
kein Velo für Wochenendausfahrten.<br />
Es setzt eine gewisse<br />
Übung voraus <strong>und</strong><br />
ist deshalb klar für<br />
Profi s gedacht, <strong>die</strong><br />
Rennen bestreiten<br />
wollen.<br />
Preis: 10 500 Fr.<br />
f CERVÉLO R5<br />
CALIFORNIA<br />
Cervélo-Karbonrahmen,<br />
auf 200 Exemplare<br />
limitiert,<br />
leichtgewichtige RAR-<br />
Räder (à la carte <strong>und</strong><br />
massgeschneidert),<br />
Sram Black Umwerfer<br />
(Bremse, Gangschaltung,<br />
Kettenblatt)<br />
– <strong>die</strong> Marke, mit der<br />
Contador 2010 <strong>die</strong><br />
Tour de France gewann.<br />
Gesamtgewicht:<br />
federleichte 5,8 kg<br />
K<strong>und</strong>en: Velo der<br />
Spitzenklasse für extrem<br />
hohe Ansprüche,<br />
selten <strong>und</strong> sehr teuer.<br />
Für zahlungskräftige<br />
Kenner, Männer<br />
zwischen 40 <strong>und</strong> 60,<br />
<strong>die</strong> ein leistungsstarkes,<br />
rassiges <strong>und</strong><br />
solides Rad wollen. Der<br />
Bentley Continental<br />
der Velos.<br />
Preis: 20 000 Fr.<br />
s PRICE<br />
Ein schönes, echtes<br />
Schweizer Velo, hergestellt<br />
in Uster bei Zürich<br />
<strong>und</strong> ausgestattet<br />
mit einer elektrischen<br />
Shimano-Gangschaltung.<br />
Mit dem<br />
besten Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis auf dem<br />
Velomarkt der höheren<br />
Qualitätsklasse.<br />
K<strong>und</strong>en: Stilbewusste<br />
Velofahrer, <strong>die</strong> ein<br />
hochwertiges Rennrad<br />
<strong>zu</strong> einem unschlagbaren<br />
Preis suchen.<br />
Preis: 7995 Fr.<br />
94 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 95
PFLEGE | TIPPS | von Cristina d'Agostino - Illustration : Nicolas Zentner<br />
Mister<br />
Perfect<br />
ACHT EMPFEHLUNGEN, UM DIE GEHEIMNISSE DER<br />
MÄNNLICHEN SCHÖNHEIT ZU ERGRÜNDEN UND DIE<br />
JÜNGSTEN TRENDS ZU ERPROBEN.<br />
HAARKOLORATION<br />
Alle im Handel erhältlichen Haarkolorationen versprechen, dass sie 50<br />
bis 100% der weissen Haare abdecken <strong>und</strong> sie garantieren eine harmonische<br />
Ansatzkaschierung! Das Tönungsgel Excell5 von L’Oréal Men<br />
Expert <strong>und</strong> <strong>die</strong> in der Packung enthaltene Bürste können eine schnelle,<br />
unkomplizierte Alternative sein. Einfach auftragen, egal, ob stellenweise<br />
oder auf dem ganzen Kopf. Wer einen speziellen Grauton möchte,<br />
verwendet am besten das L’Oréal Professionnel Homme Grey Shampoo.<br />
Es neutralisiert sogar den Gelbstich im Haar <strong>und</strong> ist weniger riskant.<br />
L’Oréal Professionnel Homme Grey Shampoo, 23 Fr.<br />
GESICHTSMASKE<br />
Es müssen ja nicht gleich <strong>die</strong> berühmten Gurkenscheiben auf den Augen<br />
sein. Eine dick aufgetragene Gesichtsmaske sorgt auch so für ein<br />
angenehm frisches Feuchtigkeitsgefühl. Am Wohltuendsten ist <strong>die</strong><br />
Wirkung nach <strong>zu</strong> viel Sonne oder durchzechter Nacht. <strong>In</strong> nur zehn Minuten<br />
wird <strong>die</strong> Haut wieder strahlend frisch. Vor dem Auftragen den<br />
überschüssigen Talg mit einem Peeling entfernen, damit <strong>die</strong> Maske ihre<br />
volle Wirkung entfalten kann. Die Masken Coup de gueule von Nickel<br />
(erhältlich in <strong>In</strong>stituten) gibt es als Anti-Aging- <strong>und</strong> als feuchtigkeitsspendende<br />
Formel. Nickel «Coup de gueule», 28 Fr.<br />
RASUR<br />
Seit einigen Jahren sind Dreitagebärte hoch im Trend. Treffl ich debattieren<br />
lässt sich dabei darüber, wie der Bartwuchs an den verschiedenen<br />
Gesichtspartien am besten gestutzt werden kann. Einige schwören<br />
auf <strong>die</strong> beim Coiff eur erhältlichen Barttrimmer mit speziellem Rasierkopf,<br />
<strong>die</strong> scheinbar einzige wirksame Waff e, um dem Gestrüpp auf den<br />
Leib <strong>zu</strong> rücken. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser Sparte neu ist der Babyliss E870XE mit einem<br />
um 25 Grad schwenkbaren, fl exiblen Rasierkopf, 15 Schnittstufen<br />
<strong>und</strong> Schnittlängen von 0,4 bis 5 mm <strong>und</strong> 0,2 mm Präzision. Was Mann<br />
wissen sollte: Nach Auskunft von Guillaume Lehut, Herrencoiff eur im<br />
Lausanne Palace, hat ein richtiger Dreitagebart eine Länge von 1,5 bis<br />
höchstens 4 mm, muss täglich gepfl egt werden <strong>und</strong> wird genau 15 Minuten<br />
nach dem Erwachen <strong>und</strong> der Dusche, wenn das Haar entspannt<br />
ist, getrimmt. Babyliss E870XE, 100 Fr.<br />
SERUM<br />
Seren sind hochkonzentrierte Wirkstoff e. Sie werden vor der Feuchtigkeitscreme<br />
aufgetragen, unterstützen <strong>die</strong> Regeneration des Bindegewebes (bei Anti-Aging-Seren)<br />
oder schützen vor freien Radikalen. Meistens reichen einige<br />
Tropfen. Zum Glück, schliesslich sind sie alles andere als billig. La Prairie bringt<br />
mit Cellular Power <strong>In</strong>fusion ein innovatives Serum, das in einer einmonatigen<br />
Kur <strong>zu</strong>r Reaktivierung der epidermalen Stammzellen angewendet wird, auf den<br />
Markt. Giorgio Armani bietet mit dem Fortifying Serum aus der Skin-Minerals-<br />
For-Men-Linie ein kräftigendes Serum mit Mineralien, Vitamin E <strong>und</strong> B5.<br />
Cellular Power <strong>In</strong>fusion La Prairie, 544 Fr.<br />
SCRUB<br />
Wenn Ihre Haut wie <strong>die</strong> Kroko-Tasche Ihrer Mutter aussieht <strong>und</strong> sich auch<br />
so anfühlt, dann ist es höchste Zeit für ein Peeling. Die in den Cremes oder<br />
Duschgels enthaltenen Partikel oder Mikroperlen lösen beim Einmassieren<br />
abgestorbene Hautzellen <strong>und</strong> klären so <strong>die</strong> Haut; danach aber unbedingt eine<br />
Feuchtigkeitscreme auftragen, da sie sonst unangenehm spannt. Clarins Men<br />
bietet mit seinem Douche Exfoliante Shower Crub ein äusserst praktisches<br />
2-in-1-Duschpeeling. Zur Entfernung von Unreinheiten <strong>und</strong> überschüssigem<br />
Talg im Gesicht ein sanftes Peeling verwenden. Es beugt Mitessern vor <strong>und</strong><br />
löst eingewachsene Barthaare. Désincrustant Visage von Biotherm Homme<br />
überzeugt durch seine angenehme Duschformel. Einmal pro Woche reicht.<br />
Shower Crub Clarins Men, 35 Fr.<br />
FEUCHTIGKEITSCREME<br />
Männerhaut ist bis <strong>zu</strong> 22% dicker als Frauenhaut <strong>und</strong> produziert mehr Talg.<br />
Ausserdem hat sie den Vorteil, dass sie mehr Kollagen enthält <strong>und</strong> so weniger<br />
schnell Falten bildet. Das tägliche Rasieren setzt ihr allerdings ziemlich<br />
arg <strong>zu</strong>. Eine feuchtigkeitsspendende Creme kann sie nähren, pfl egen <strong>und</strong> sie<br />
wieder geschmeidig machen. Eine mattierende Formel wie <strong>die</strong> des Hydratant<br />
Gels von Clinique verbessert das nicht sonderlich ästhetische Erscheinungsbild<br />
der meist fettigen <strong>und</strong> grossporigen männlichen Haut. Skin Supplies<br />
for Men Clinique, 49 Fr.<br />
SELBSTBRÄUNER<br />
Man braucht nicht mehr in der Sonne <strong>zu</strong> braten, um schön braun <strong>zu</strong> werden.<br />
Dank des Oxydationsprozesses der oberen Hautzellen, der vom Wirkstoff Dihydroxyaceton<br />
(DHA) ausgelöst wird, wird <strong>die</strong> Haut bereits nach wenigen<br />
St<strong>und</strong>en braun <strong>und</strong> bleibt das im Durchschnitt auch bis sechs Tage lang. Ein<br />
W<strong>und</strong>er! Ja, aber eines, das mit Vorsicht <strong>zu</strong> geniessen ist. Da Selbstbräuner<br />
kein Melanin produzieren, bieten sie auch keinen Schutz vor UV-Strahlen.<br />
Also unbedingt eincremen! Am besten peelen Sie Ihre Haut vor der Anwendung.<br />
Dadurch vermeiden Sie unschöne Flecken, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Anhäufung<br />
von abgestorbenen Hautzellen entstehenden. L’Oréal hat mit Sublime Bronze<br />
eine Selbstbräunungscreme entwickelt, <strong>die</strong> sich sogar trotz Barthaaren<br />
einfach auftragen lässt. Sublime Bronze L'Oréal, 19, 90 Fr.<br />
EPILATION<br />
Meine Herren, glatt epilierte Oberkörper sind in. Das einfache Abrasieren der<br />
Haare reizt aber <strong>die</strong> Haut. Benutzen Sie anstelle eines speziellen Brusthaar-Rasierers,<br />
der wie Juckpulver wirkt <strong>und</strong> das Haar danach nur noch kräftiger nachwachsen<br />
lässt, eine Enthaarungscreme (Veet for Men). Sie müssen aber trotzdem<br />
damit rechnen, dass schon nach drei Tagen wieder <strong>die</strong> ersten Stoppeln<br />
spriessen. Wachs ist <strong>und</strong> bleibt deshalb auch <strong>die</strong> wirksamste Methode, auch für<br />
den <strong>In</strong>timbereich. Er ist zwar ausser im <strong>In</strong>stitut nicht sehr praktisch in der Anwendung,<br />
sorgt aber <strong>zu</strong>mindest für einen Monat Ruhe. Eine weitere Möglichkeit<br />
ist <strong>die</strong> endgültige Laser-Epilation, <strong>die</strong> allerdings sehr schmerzhaft ist <strong>und</strong> nur bei<br />
schwarzem Haar auf heller Haut funktioniert. Das vorherige Einschmieren mit<br />
Emla-Betäubungscreme ist da kein Luxus. Einziges Problem: Damit <strong>die</strong> Creme<br />
wirkt, muss man sich während einer St<strong>und</strong>e vor der Epilation in Folie einpacken<br />
lassen. Haarentfernungs Gelcrem Veet for Men, 14, 90 Fr.<br />
96 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 97
PARFUM | HERBST | von Blaise-Alexandre Le Comte<br />
Dufthölzer<br />
DER SOMMER NEIGT SICH DEM ENDE ENTGEGEN, BÄUMT SICH EIN<br />
LETZTES MAL AUF, VERGEBLICH, DENN DER HERBST IST DA. DIE<br />
VEGETATION VERSTRÖMT JETZT HERBE, ERDIGE DÜFTE, DIE VON DER<br />
SÜSSE ÜBERREIFER FRÜCHTE HARMONISCH GEMILDERT ERT WERDEN.<br />
Die herbstliche, in ihrer Überschwänglichkeit w<strong>und</strong>erbar ar<br />
sublime Natur lädt Reiterinnen <strong>und</strong> Reiter ein, sich in Habit bit<br />
Rouge <strong>zu</strong> kleiden. Der ledrige, orientalische Duft von feminininer Maskulinität wurde 1965 von Jean-Paul Guerlain kreiert. rt.<br />
Er öff net auf hesperidischen Noten, denen zart würzige Oranngenblüten<br />
Finesse verleihen. Auf <strong>die</strong>se – möglicherweise – <strong>zu</strong><br />
saubere Frische folgt mit Stil <strong>und</strong> Eleganz <strong>die</strong> <strong>Welt</strong> des Pfererdes. Wuchtiges Leder lässt an Stiefel <strong>und</strong> Sättel denken, an<br />
Ausritte im Morgennebel durch schimmernden Herbstwald, ld,<br />
voll erdigem Duft von Patschuli <strong>und</strong> holzigem von Zeder. <strong>Und</strong> nd<br />
dann erinnert <strong>die</strong>se Guerlinade mit der vanillierten Iris <strong>und</strong> nd<br />
Ambernoten daran, dass Reiterinnen <strong>und</strong> Reiter echte La<strong>die</strong>s es<br />
<strong>und</strong> Gentlemen sind.<br />
Habit Rouge, Eau de toilette, Spray 50ml (88 Fr.) et 100ml (121 Fr.)<br />
Sie steigen vom Pferd <strong>und</strong> werden sofort umhüllt vom Duft uft<br />
<strong>und</strong> von der Animalität des Reitstalls, wo angeschirrte Pferde de<br />
ungeduldig auf den Ausritt warten. Die Spannung ist spürbar, ar,<br />
denn der tierische <strong>In</strong>stinkt möchte sich endlich in der Freiheit eit<br />
entfalten. Diese besondere Stimmung eingefangen hat Mathililde Laurent in L’Heure fougueuse, der vierten Edition der Heuures de Cartier. Sie hat das ungestüme Pferd elegant gezügelt, elt,<br />
an der Mähne des unabhängigen Hengstes geschnuppert <strong>und</strong> nd<br />
schliesslich den Duft milde auf Stroh <strong>und</strong> Vetiver ausklingen en<br />
lassen. Der Vollblüter ist gebändigt, ruht sich jetzt in seiner ner<br />
Box aus, wo es nach Eichenmoos riecht.<br />
L’Heure Fougueuse, 75ml, 320 Fr.<br />
Nach dem morgendlichen Ritt <strong>und</strong> der Begegnung mit der er<br />
animalischen Kraft erholen sich <strong>die</strong> müden Reiterinnen <strong>und</strong> nd<br />
Reiter am Kamin bei einem feinen Tässchen Weisstee. Das as<br />
Feuer knistert, im hellen Flammenlicht zeichnen sich <strong>die</strong><br />
fl üchtigen, traumhaften Silhouetten bezaubernder weiblicher her<br />
Wesen ab. Féminité du bois von Serge Lutens bedeutet japapanische Ästhetik, <strong>die</strong> Entführung in Traumwälder, wo Chimämären den Reitern Pfi rsiche <strong>und</strong> Pfl aumen anbieten <strong>und</strong> sie ermuntern,<br />
ihre Lungen mit Blütendüften <strong>zu</strong> füllen, deren zarte rte<br />
Würze für einen sinnlich-trägen Genuss sorgen. Die geistige ge<br />
Fülle klingt dann im gleichen Rhythmus ab wie <strong>die</strong> holzige, le- legere,<br />
sorglose Feminität sich verfl üchtigt, <strong>zu</strong>rück bleiben feine<br />
Hölzer, Zeder <strong>und</strong> Sandelholz, überdeckt von intensivem, erdigem<br />
Patschuli.<br />
Féminité du bois, Spray 50ml, 124 Fr.<br />
98 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
«LUXE» ADRESSEN<br />
FASHION WEEK, S. 36<br />
Bally Genf : 80-82 rue du Rhône, 022 310<br />
22 87 – Lausanne : 9 place Saint-François,<br />
021 312 31 95 – Zürich : Bahnhofstrasse 66,<br />
044 224 39 39 Burberry Prosum Genf :<br />
Burberry, 8 rue Céard, 022 311 34 25 –<br />
Zürich : Burberry, Bahnhofstrasse 44, 044<br />
221 05 18 D&G Genf: Anita Smaga, 49-51<br />
rue du Rhône, 022 310 26 55; Drake Store,<br />
13 rue des Alpes, 022 732 24 42; Bongénie,<br />
34 rue du Marché, 022 818 11 11 - Lausanne:<br />
Drake Store, 22 rue de Bourg,<br />
021 320 08 20; Bongénie, 10 place<br />
Saint-François, 021 345 27 27 – Zürich:<br />
Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36<br />
Dolce & Gabbana Genf: Anita Smaga,<br />
49-51 rue du Rhône, 022 310 26 55; Drake<br />
Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 -<br />
Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg,<br />
021 320 08 20 - Bern: Ciolina, Marktgasse<br />
51, 031 328 64 64 – Zürich, Dolce &<br />
Gabbana, Weinplatz 10, 044 211 55 05<br />
Bottega Veneta Genf : Bongénie, 34 rue du<br />
Marché, 022 818 11 11 - Lausanne: Bongénie,<br />
10 place Saint-François, 021 345 27 27 -<br />
Zürich: Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044<br />
224 36 36 Ermanno Scervino<br />
www.ermannoscervino.it Giorgio Armani<br />
Genf : Giorgio Armani, 2 place Métropole,<br />
022 310 43 50 ; Bongénie, 34 rue du Marché,<br />
022 818 11 11 – Lausanne : Olivier François<br />
Ausoni, 5 place Saint-François, 021 312 94<br />
12 ; Bongénie, 10 place Saint-François, 021<br />
345 27 27 – Zürich : Giorgio Armani,<br />
Bahnhofstrasse 25, 043 960 08 00Grieder,<br />
Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 Hermès<br />
Genf : Hermès, 43 rue du Rhône, 022 819 07<br />
19 – Zürich, Hermès, Bahnhofstrasse 31,<br />
044 211 41 77 Junya Watanabe<br />
www.mrporter.com Louis Vuitton Genf :<br />
Louis Vuitton, 2 place du Lac, 022 311 02 32<br />
– Lausanne : Louis Vuitton, 30 rue de<br />
Bourg, 021 312 76 60 – Zürich : Louis<br />
Vuitton, Bahnhofstrasse 30, 044 221 11 00<br />
Marc Jacobs www.marcjacobs.com<br />
Paul Smith Genf: Drake Store, 13 rue des<br />
Alpes, 022 732 24 42; 15Ter, 15 rue de la Terrassière,<br />
022 735 70 87; Bongénie, 34 rue du<br />
Marché, 022 818 11 11 - Lausanne: Camille,<br />
5 rue Caroline, 021 312 85 15 ; Walpurgis, 6<br />
rue Enning, 021 312 96 21; Drake Store, 22<br />
rue de Bourg, 021 320 08 20 - Zürich:<br />
Fidelio, Münzplatz 1, 044 211 13 11; Grieder,<br />
Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 Prada<br />
Genf: Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022<br />
310 26 55; Drake Store, 13 rue des Alpes, 022<br />
732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue<br />
de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich, Prada<br />
Uomo, Storchengasse 12, 044 211 10 80;<br />
Prada Donna, Bahnhofstrasse 18, 044 211 09<br />
43 Roberto Cavalli Genf : Roberto Cavalli,<br />
49 rue du Rhône, 022 310 26 55 Salvatore<br />
Ferragamo Genf : Salvatore Ferragamo, 104<br />
rue du Rhône, 022 310 15 08 - Zürich :<br />
Salvatore Ferragamo, Bahnhofstrasse 40,<br />
044 211 23 91 Versace Genf : Versace, rue<br />
du Rhône, 022 310 34 14 Victor & Rolf<br />
Genf: Boutique Apollinaire, 61 rue du<br />
Rhône, 022 311 77 21 Yves Saint Laurent<br />
Genf : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022<br />
732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue<br />
de Bourg, 021 320 08 20<br />
SHOOTING<br />
STILDUELL S. 58<br />
Balenciaga Genf :Drake Store, 13 rue des<br />
Alpes, 022 732 24 42 - Lausanne: Drake<br />
Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 Bally<br />
Genf : 80-82 rue du Rhône, 022 310 22 87<br />
– Lausanne : 9 place Saint-François, 021 312<br />
31 95 – Zürich : Bahnhofstrasse 66, 044 224<br />
39 39 Chanel Genf : Chanel, Rue du Rhône<br />
43, 022 311 08 62 ; Bongénie, 34 rue du<br />
Marché, 022 818 11 11 - Zürich: Grieder,<br />
Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 Dior<br />
Genf :Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732<br />
24 42; Bongénie, 34 rue du Marché, 022 818<br />
11 11 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de<br />
Bourg, 021 320 08 20; Bongénie, 10 place<br />
Saint-François, 021 345 27 27 – Zürich:<br />
Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36<br />
Dries Van Noten Lausanne: Camille, 5 rue<br />
Caroline, 021 312 85 15 - Bern: Ciolina,<br />
Marktgasse 51, 031 328 64 64 – Zürich:<br />
Boutique Roma, Lintheschergasse 17, 044<br />
222 18 81 Fendi Genf: Boutique Fendi, 62<br />
rue du Rhône, 022 319 30 10; Bongénie, 34<br />
rue du Marché, 022 818 11 11 – Lausanne:<br />
Bongénie, 10 place Saint-François, 021 345<br />
27 27 – Zürich: Grieder, Bahnhofstrasse 30,<br />
044 224 36 36 Firma Lausanne: Camille, 5<br />
rue Caroline, 021 312 85 15 Jean Paul<br />
Gaultier Genf: Jean Paul Gaultier, 19 rue<br />
du Rhône, 022 310 33 22 - Zürich : Grieder,<br />
Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 La Perla<br />
Genf : rue du Rhône 106, 022 310 33 27<br />
- Zürich : Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044<br />
224 36 36 Alexander McQueen Genf :<br />
Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022 310<br />
26 55 - Zürich : Trois Pommes,<br />
Storchengasse 13, 044 212 02 04 Miu Miu<br />
Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022 310<br />
26 55 Neil Barrett Genf :Drake Store, 13<br />
rue des Alpes 022 732 24 42 - Lausanne:<br />
Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20<br />
Simonetta Ravizza Genf: Anita Smaga,<br />
49-51 rue du Rhône, 022 310 26 55<br />
Rolex www.rolex.com<br />
DER JETLAG<br />
DER UHRMACHER, S. 70<br />
A. Lange & Soehne Genf: Les<br />
Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318<br />
62 22 – Zürich: Türler, Bahnhofstrasse 28,<br />
044 221 06 08 Jaeger-LeCoultre Genf:<br />
Boutique Jaeger-LeCoultre, 2 rue du<br />
Rhône, 022 310 62 17; Les Ambassadeurs,<br />
62 rue du Rhône, 022 318 62 22;<br />
Chimento, 19 quai du Mont-Blanc, 022 731<br />
16 51 – Lausanne: A l’Emeraude, 12 place<br />
Saint-François, 021 312 95 83; Bijouterie<br />
Junod, 8 place Saint-François, 021 312 83<br />
66 - Zürich: Stahel, Gerbergasse 5, 044 211<br />
28 04 Louis Vuitton Genf: Louis Vuitton,<br />
2 place du Lac, 022 311 02 32 – Lausanne:<br />
Louis Vuitton, 30 rue de Bourg, 021 312 76<br />
60 – Zürich: Louis Vuitton, Bahnhofstrasse<br />
30, 044 221 11 00 Patek Philippe<br />
Genf : Salon Patek Philippe, 41 rue du<br />
Rhône, 022 Gübelin SA, 60 rue du Rhône,<br />
022 365 53 80 - Lausanne : A l’Emeraude,<br />
12 place Saint-François, 021 312 95 83-<br />
Zürich : Beyer Chronometrie,<br />
Bahnhofstrasse 31, 043 344 63 63 ;<br />
Gubelin AG, Bahnhofstrasse 36, 044 37 52<br />
20 Rolex www.rolex.com Ulysse Nardin<br />
Genf: Les Ambassadeurs, 62 rue du<br />
Rhône, 022 318 62 22; La Maison de<br />
l’Horlogerie, 24 rue du Cendrier, 022 732<br />
09 54 – Lausanne: A l’Emeraude, 12 place<br />
Saint-François, 021 312 95 83; Bijouterie<br />
Junod, 8 place Saint-François, 021 312 83<br />
66 - Zürich: Les Ambassadeurs,<br />
Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17<br />
Vacheron Constantin Les Ambassadeurs,<br />
62 rue du Rhône, 022 318 62 22 ;<br />
Chimento, 19 quai du Mont-Blanc,<br />
022 731 16 51 - Zürich : Les Ambassadeurs,<br />
Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17<br />
<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 99
MAKING OF<br />
STILDUELL<br />
Mittwoch,<br />
24.August<br />
Impressionen vom Shooting<br />
im Rolex Learning Center<br />
an der ETH Lausanne.<br />
BOUDOIR<br />
Ferrara<br />
Abel<br />
INTERVIEW | von Francesca Serra<br />
the King of New York<br />
Abel Ferrara spricht wie einer seiner<br />
Filmgangster, schweren New Yorker<br />
Slang, <strong>die</strong> Wörter verschluckend. New York<br />
ist seine Stadt, sie ist Hintergr<strong>und</strong> seiner<br />
Geschichten <strong>und</strong> seine Muse. Der aus dem<br />
Arbeitermilieu stammende Cineast aus<br />
der Bronx verbindet in seinen Werken<br />
Ursprüngliches mit Philosophischem <strong>und</strong><br />
erforscht <strong>die</strong> Niedertracht des menschlichen<br />
Wesens.<br />
Die Filme, <strong>die</strong> ihn <strong>zu</strong> einem der massgeblichen<br />
Akteure des zeitgenössischen amerikanischen<br />
Kinos ge<strong>macht</strong> haben, sind zweifellos<br />
<strong>die</strong> beiden Epen King of New York<br />
mit Christopher Walken als gespenstischer<br />
Bösewicht sowie Bad Lieutenant mit Harvey<br />
Keitel in der Rolle eines heruntergekommenen<br />
Polizisten, der schlussendlich<br />
Vergebung erhält. Vergebung <strong>und</strong> Erlösung<br />
sind ebenso Schlüsselbegriff e seines Schaffens<br />
wie Abhängigkeit (Addiction), Liebe<br />
(China Girl), Sinnlichkeit (New Rose Hotel<br />
<strong>und</strong> Go Go Tales), ja sogar Feminismus (Ms.<br />
45). Während seine düsteren, atemberaubend<br />
schnellen Filme von der europäischen<br />
Kritik bew<strong>und</strong>ert werden, stören sie das<br />
konformistische Amerika <strong>und</strong> Hollywood,<br />
dessen Codes sie nicht befolgen.<br />
Mister Ferrara, hier in Europa gelten Sie als<br />
künstlerischer Regisseur. Warum aber versucht<br />
man Sie in New York immer wieder dem<br />
reisserischen Genre <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen?<br />
<strong>In</strong> Amerika existiert mein Filmgenre eben<br />
nicht. Ich habe versucht, andere Regisseure<br />
davon <strong>zu</strong> überzeugen, aber sie wollten davon<br />
nichts wissen. Als ich mit David Lynch<br />
darüber sprach, schaute er mich an, als ob<br />
ich verrückt geworden sei. So ist es eben in<br />
Amerika. Die Leute haben mit künstlerischen<br />
Filmen nichts am Hut. Ich bin dort<br />
aufgewachsen <strong>und</strong>, obwohl jugendlicher<br />
Filmfan, kannte ich damals keinen einzigen<br />
Regisseur. Kino ist Nervenkrieg, bei dem<br />
es einzig um <strong>die</strong> Frage geht, ob ein Film<br />
ein Kassenschlager wird oder nicht. <strong>In</strong> den<br />
Jahren 1990 bis 1994 gab’s zwar ein Fenster<br />
für den unabhängigen Film, das sich aber in<br />
der Folge wieder schloss. Heute <strong>gehen</strong> weniger<br />
Leute ins Kino, was nicht <strong>zu</strong>letzt den<br />
x-ten Versuch erklärt, den 3D-Film <strong>zu</strong> lancieren,<br />
um <strong>die</strong> Säle <strong>zu</strong> füllen. Ich bin aber<br />
überzeugt, dass es nicht klappt.<br />
Hat das <strong>In</strong>ternet <strong>die</strong> Situation verändert?<br />
Alle meine Filme sind auf <strong>In</strong>ternet. Möglicherweise<br />
ist das Netz mein grösster Verleiher.<br />
Aber ich will im Web keinen Film<br />
fi nden, der noch nicht im Kino gezeigt wurde.<br />
Das Medium verlangt eine ganz andere<br />
Schnitttechnik. Es gibt Filme, <strong>die</strong> man auf<br />
dem Handy betrachten kann, andere wiederum<br />
werden von 8500 Personen im Kino<br />
gesehen. Früher <strong>macht</strong>en wir Filme für<br />
ein präzises Publikum, wir wussten genau,<br />
was <strong>die</strong>ses sehen wollte. Diese Filme waren<br />
kein Produkt unseres Hirns. Drilling Killer<br />
beispielsweise wurde für ein zweitklassiges<br />
Publikum gedreht <strong>und</strong> entsprach ganz<br />
dessen Vorstellungen. Es ist eine verkehrte<br />
<strong>Welt</strong>, <strong>die</strong> Nachfrage erzeugt das Angebot.<br />
Erzählen Sie uns von Ihrem Film 4:44 Last Day<br />
on Earth, den Sie eben in Venedig vorgestellt<br />
haben.<br />
Es ist ein Film über den <strong>Welt</strong>untergang, der<br />
um 4.44 Uhr morgens eintreff en wird. Er<br />
erzählt das Leben eines Paars, interpretiert<br />
von Shanyn Leigh <strong>und</strong> Willem Dafoe, das in<br />
einem schicken Appartement in Manhattan<br />
lebt <strong>und</strong> über alle technischen Hilfsmittel,<br />
iPad, iPhone, Skype, Multichannel-TV, verfügt.<br />
Man beobachtet, wie <strong>die</strong> beiden auf <strong>die</strong><br />
drohende Realität reagieren. Ursprünglich<br />
habe ich nicht eigentlich an einen Science-<br />
Fiction-Film gedacht. Herausgekommen ist<br />
wohl der schlimmste Albtraum von Al Gore.<br />
<strong>In</strong> Zusammenhang mit Ihren Filmen spricht<br />
man oft von Erlösung.<br />
Man bezeichnet mich als den König der Erlösung,<br />
aber ich weiss nicht, was das eigentlich<br />
bedeutet. Ich kann beziehungsweise<br />
will <strong>die</strong>se Bedeutung nicht erkennen.<br />
Vielleicht bedeutet Erlösung ganz einfach <strong>die</strong><br />
zweite Chance?<br />
Vielleicht. Aber kann man dann auch eine<br />
dritte, vierte Chance erhalten? Geht es bis<br />
<strong>zu</strong>r neunten? Vielleicht ist es auch eine Frage<br />
der verschiedenen Religionen.<br />
Welches ist Ihre Beziehung <strong>zu</strong>r Religion?<br />
Ich bin mit der Religion gross geworden. Als<br />
Kind wurde ich von katholischen Schwestern<br />
erzogen, ich kniete beim Beten. Die<br />
Erziehung war hart, nach alter Väter Sitte.<br />
Wenn <strong>die</strong> Religion einmal in Ihnen ist, dann<br />
bleibt sie es.<br />
Musik ist für Sie ebenfalls sehr wichtig.<br />
Musik ist der Schlüssel <strong>zu</strong> allem. Sie kann<br />
einen Film kaputtmachen, Musik ist 50%<br />
des Films. Deshalb sollte jeder Regisseur<br />
eigentlich Musiker sein beziehungsweise<br />
gute musikalische Kenntnisse besitzen.<br />
Sie arbeiten oft mit den gleichen Schauspielern.<br />
Wie ist Ihre Beziehung <strong>zu</strong> ihnen?<br />
Man muss <strong>die</strong> Schauspieler lieben <strong>und</strong> respektieren.<br />
Ich bin immer für sie da, denn<br />
beim Drehen muss jedermann perfekt<br />
im Prozess integriert sein. Am Set bin ich<br />
gleichzeitig das stärkste <strong>und</strong> schwächste<br />
Glied. Wenn niemand an dich glaubt, bist<br />
du nichts.<br />
Das war aber nicht immer so, siehe Zusammenarbeit<br />
mit Madonna in Snake Eyes?<br />
Sie wollte um jeden Preis Schauspielerin<br />
sein, aber sie war nicht gut. Man ist nicht<br />
Anna Magnani, nur weil man es so will.<br />
So geht es nicht. Zwischen Regisseur <strong>und</strong><br />
Schauspieler muss ein Vertrauensverhältnis<br />
bestehen. Madonna hat mir nie wirklich<br />
vertraut, weshalb es irgendwann einfach<br />
nicht mehr ging. Filmarbeit ist Teamarbeit.<br />
Man muss sein Ego draussen lassen, eine<br />
andere Wahl gibt es nicht.<br />
Weshalb zwingen Sie Ihren Figuren extreme<br />
Situationen auf?<br />
100 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 101
BOUDOIR | INTERVIEW<br />
Ich mache Filme über Dinge, <strong>die</strong> ich erlebe,<br />
denen ich ausgesetzt bin. Ich selber bin nur<br />
das <strong>In</strong>strument.<br />
Sie planen ein Projekt über Pasolini?<br />
Ja, das Drehbuch ist bereits geschrieben <strong>und</strong><br />
ich habe auch schon einen italienischen Produzenten.<br />
Das ist schon ein guter Anfang. Es<br />
ist hart, in Italien als Produzent <strong>zu</strong> arbeiten,<br />
ausser man heisst Silvio Berlusconi.<br />
Was fasziniert Sie an Pasolini?<br />
Pasolini war eine einzigartige Persönlichkeit.<br />
Es gibt niemanden wie ihn.<br />
Sie machen einen Film über einen italienischen<br />
Regisseur in englischer Sprache?<br />
Ja, <strong>die</strong> Hauptrolle wird von Willem Defoe<br />
interpretiert. Ich kann keinen Film über Pasolini<br />
drehen ohne amerikanische Schauspieler.<br />
Ich habe lange gekämpft, denn für<br />
mich setzte eine italienische Geschichte<br />
auch italienische Schauspieler voraus. Aber<br />
es ist unmöglich. Ich habe es aufgegeben<br />
<strong>und</strong> will nicht mehr diskutieren. Es ist unmöglich<br />
mit italienischen Akteuren <strong>zu</strong> drehen.<br />
Ein italienischer Film würde nie <strong>die</strong><br />
notwendigen Geldmittel erhalten, um <strong>die</strong><br />
Ambiance des Jahres 1975 auferstehen <strong>zu</strong><br />
lassen.<br />
102 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />
Haben Sie von der ständigen Suche nach Geld<br />
nicht genug?<br />
Natürlich, aber wir haben keine Wahl. Wir<br />
sind mit all <strong>die</strong>sen Aspekten der Geldbeschaff<br />
ung konfrontiert. Dies ist ein Fakt <strong>und</strong><br />
sehr kompliziert. Go Go Tales war eine einzigartige<br />
Erfahrung. Wir haben so viel Zeit<br />
aufgewendet, um den Film <strong>zu</strong> realisieren,<br />
letztendlich mit Erfolg. Der Gedanke, dass<br />
es möglich wurde, <strong>macht</strong> mich sehr glücklich.<br />
Wenn ich an all <strong>die</strong> Schwierigkeiten<br />
<strong>zu</strong>rückdenke… Der Drehort wurde zerstört,<br />
weil wir nicht alle Zahlungen leisten konnten.<br />
Irgendwann sagte ich mir, dass der Film<br />
nicht geboren werden wollte. <strong>Und</strong> dann ist<br />
er mir trotz aller Schwierigkeiten gelungen.<br />
Es war sehr hart. Aber man kann sich nicht<br />
einerseits den Hollywood-Regeln widersetzen<br />
<strong>und</strong> sich anderseits beklagen. Wer einen<br />
Film machen will, muss nach Los Angeles<br />
<strong>gehen</strong> <strong>und</strong> vor einem Agenten in <strong>die</strong><br />
Knie <strong>gehen</strong>.<br />
Sie haben lange in Italien gelebt, nicht <strong>zu</strong>letzt<br />
wegen der Schwierigkeiten, einen Verleger <strong>zu</strong><br />
fi nden. Hat Sie <strong>die</strong>se Erfahrung verändert?<br />
Die Erfahrung in Italien war w<strong>und</strong>erbar.<br />
<strong>Und</strong> ich habe mich gefragt, weshalb ich<br />
nicht schon viel früher daran gedacht habe.<br />
Als Teil der Hollywood-Maschinerie hat-<br />
Rudy Waks/Corbis Outline<br />
te ich einfach nie <strong>die</strong> Idee, dorthin <strong>zu</strong> <strong>gehen</strong>.<br />
Wenn man aus New York kommt, kann<br />
man sich keinen andern Ort vorstellen. Die<br />
Stadt hat etwas Magisches, sie übt eine<br />
Macht über dich aus, unabhängig davon, wo<br />
du dich gerade befi ndest. Eine Redewen-<br />
« Film ist Teamarbeit.<br />
Man muss sein Ego<br />
draussen lassen. »<br />
dung sagt: «Bist du nicht in New York, campierst<br />
du vorüber<strong>gehen</strong>d an einem andern<br />
Ort.» Es gibt keine andere Stadt, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se<br />
Wirkung hat. Wenn du an das Leben r<strong>und</strong><br />
um <strong>die</strong> Uhr, an sieben Tagen <strong>die</strong> Woche gewohnt<br />
bist, ist es schwierig, <strong>die</strong>sen Rhythmus<br />
<strong>zu</strong> brechen. Deshalb ist das Leben anderswo<br />
nicht einfach, vor allem in Europa.<br />
Wenn du hier nicht gleichzeitig wie <strong>die</strong> andern<br />
<strong>zu</strong> Bett gehst, riskierst du, verhaftet <strong>zu</strong><br />
werden.<br />
Sie haben einen Dokumentarfi lm über das<br />
legendäre Chelsea Hotel, Bastion der <strong>Und</strong>ergro<strong>und</strong>-Kultur,<br />
gedreht, wo Persönlichkeiten<br />
wie Andy Warhol, Janis Joplin, Jean-Paul<br />
Sartre <strong>und</strong> Patti Smith abgestiegen sind. Eine<br />
amüsante Erfahrung?<br />
Ja, <strong>und</strong> eine sehr intensive da<strong>zu</strong>, was angesichts<br />
des Themas klar war. Jede Aufnahme<br />
war eine richtige Bombe.<br />
Die Zerstörung des Gebäudes ist entschieden.<br />
Können Sie nichts für <strong>die</strong> Rettung tun?<br />
Nein, leider kann man nichts tun. Ausserdem<br />
habe ich schon genug damit <strong>zu</strong><br />
tun, meine eigene Haut <strong>zu</strong> retten. Das<br />
Chelsea Hotel ist ein legendärer Ort, gefüllt<br />
mit unglaublichen Geschichten. Wie<br />
jene über Milos Forman, der zwei Jahre<br />
hier gewohnt haben soll. So oder so, es<br />
ist traurig, aber man kann nichts machen.<br />
Die Immobilienbesitzer sind <strong>die</strong> wahren<br />
Bosse der Stadt.<br />
Der Künstlerstatus wird oft verherrlicht. Ihre<br />
Meinung?<br />
Als Künstler hast du gar keine Wahl, etwas<br />
anderes <strong>zu</strong> sein.<br />
<strong>In</strong> letzter Zeit arbeiten Sie mit jüngeren<br />
Produzenten <strong>zu</strong>sammen. Eine Möglichkeit,<br />
mit dem Neuen, dem Wechsel in Kontakt <strong>zu</strong><br />
bleiben?<br />
Ich hoff e es. So oder so, heute sind alle jünger<br />
als ich. |<br />
��������������������<br />
A measure of oil<br />
or an essential component<br />
of a watch?<br />
Discover the world of Fine Watchmaking<br />
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The Fo<strong>und</strong>ation’s Partners : A. Lange & Söhne | Antoine Preziuso | Audemars Piguet | Baume & Mercier | Bovet | Cartier | Chanel | Chopard | Corum | Fédération<br />
de l’industrie horlogère suisse | Girard-Perregaux | Greubel Forsey | Harry Winston | Hermès | Hublot | IWC | Jaeger-LeCoultre | JeanRichard | Montblanc<br />
Musée d’art et d’histoire de Genève | Musée d’Horlogerie Beyer, Zürich | Musée d’horlogerie du Locle, Château-des-Monts | Musée international d’horlogerie,<br />
La Chaux-de-Fonds | Panerai | Parmigiani | Perrelet | Piaget | Richard Mille | Roger Dubuis | TAG Heuer | Vacheron Constantin | Van Cleef & Arpels | Zenith