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In Sack und Asche zu gehen, macht die Welt ... - Finanz Und Wirtschaft

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AUTO-IKONE:<br />

JAGUAR E-TYPE<br />

ABEL FERRARA :<br />

KILLER-REGISSEUR<br />

SPEZIAL :<br />

MODE &<br />

MÄNNER<br />

GUT ANGEZOGEN:<br />

VIER SCHWEIZER<br />

MIT KLASSE<br />

UND STIL<br />

VELOS:<br />

KARBON<br />

UND FIXIES<br />

HERBST 2011 – 7 FRANKEN


Magazin <strong>zu</strong>r Ausgabe Nummer<br />

78 der «<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>»<br />

vom 1. Oktober 2011. LUXE ist eine<br />

gemeinsame Publikation von «Bilan»<br />

<strong>und</strong> «<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong>»<br />

<strong>und</strong> erscheint vier Mal jährlich.<br />

–<br />

VERLAG FINANZ UND WIRTSCHAFT AG<br />

Hallwylstrasse 71,<br />

Postfach, 8021 Zürich<br />

Telefon 044 298 35 35,<br />

Fax 044 298 35 00<br />

www.fuw.ch, verlag@fuw.ch<br />

–<br />

VERLEGER<br />

Pietro Supino<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Martin Coninx<br />

CHEFREDAKTOR<br />

Peter Schuppli<br />

REDAKTIONELLE LEITUNG<br />

Konrad Koch<br />

ANZEIGENVERKAUF<br />

Sabrina Wägli (Leitung),<br />

Jonas Schneider, Yves Gollaz<br />

MARKETING<br />

Dana Massie, Sandra Meier<br />

ANZEIGEN DEUTSCHSCHWEIZ<br />

Edipub SA<br />

Mühlebachstrasse 43, 8032 Zürich<br />

–<br />

ART DIRECTOR<br />

Nicolas Zentner (enzed, Lausanne)<br />

BILDREDAKTION<br />

David Huc<br />

–<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Cristina d’Agostino, Dino Auciello,<br />

Stéphane Benoit-Godet, Dominic Büttner,<br />

Hans Uli von Erlach, Christian von<br />

Faber-Castell, Christel Flach, Vera<br />

Hartmann, Michel Jeannot, Blaise-<br />

Alexandre Le Compte, Nicolas Righetti<br />

François Wavre, Cédric Widmer<br />

–<br />

ÜBERSETZUNG<br />

Béatrice Aklin, Sabine Dröschel,<br />

Gian Pozzy<br />

–<br />

BILAN LUXE<br />

VERLEGER<br />

Edipresse Développment SA<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Tibère Adler<br />

CHEFREDAKTOR<br />

Stéphane Benoit-Godet<br />

REDAKTIONELLE LEITUNG<br />

Emmanuel Grandjean<br />

LEITUNG MARKETING<br />

Bérangère Waver<br />

–<br />

FOTOLITHO<br />

Images3, Lausanne<br />

–<br />

DRUCK<br />

Ziegler Druck- <strong>und</strong> Verlags-AG,<br />

Winterthur<br />

Aufl age 65 000;<br />

ISSN 1664-0152<br />

EDITORIAL<br />

Bella Figura machen<br />

Mit schönem Tuch <strong>und</strong> gutem Schnitt lässt sich vieles<br />

kaschieren. Das weiss keiner besser als der<br />

Doyen der Schweizer Herrenmode, der Zürcher Modemacher<br />

Hannes B., der in <strong>die</strong>sem «Luxe» <strong>zu</strong>m Thema<br />

«Mode & Männer» seine Winterkollektion vorstellt.<br />

Wenn es sein muss, lässt er nämlich einen Bleistift fallen,<br />

um mit schnellem Blick aufs Schuhwerk sein Gegenüber<br />

taxieren <strong>zu</strong> können. Schuhe sind das F<strong>und</strong>ament,<br />

auf dem der Mann steht. Es ist dabei nicht ein<br />

Frage der neusten Mode, sondern ob sie <strong>zu</strong>r Persönlichkeit<br />

passen <strong>und</strong> ob sie gepfl egt sind. Soigner les détails.<br />

Schuhputzer ist keine einfache Arbeit, wenn <strong>die</strong> Menschen lieber<br />

Converse tragen als Lederschuhe. Im Ambiente eines Genfer Herrenausstatters<br />

pfl egt Brunno Gomes das Handwerk der Schuhpfl ege.<br />

Dort bringt er noch so getretene Lederschuhe wieder <strong>zu</strong>m Glänzen,<br />

mit Bürsten, Wachscremen <strong>und</strong> – wie er im Portrait in <strong>die</strong>sem «Luxe»<br />

verrät – dem Butlertrick «spit and polish». Schuhe erzählen ihm dabei<br />

alles über ihren Träger. Von Fehlstellungen des Fusses bis <strong>zu</strong><br />

menschlichen Schwächen.<br />

Viele Männer leisten sich den Luxus, teuer angezogen <strong>zu</strong> sein, aber<br />

nur wenige sind dabei gut angezogen – denn Bella Figura <strong>zu</strong> machen,<br />

ist nicht eine Frage des Preises. Wie man Eleganz <strong>und</strong> Persönlichkeit<br />

gekonnt verbindet, das zeigen vier Männer aus der Roman<strong>die</strong><br />

<strong>und</strong> der Deutschschweiz, <strong>die</strong> von «Luxe» <strong>zu</strong> den am besten angezogenen<br />

Schweizern gewählt wurden. Gemeinsam ist ihnen allen, dass<br />

Mode <strong>und</strong> Kleidung ihnen zwar viel bedeuten, mehr als Labels <strong>und</strong><br />

modische Regeln zählt aber der gelassene Umgang damit, sonst ist<br />

der Schritt schnell ge<strong>macht</strong> <strong>zu</strong>r Eitelkeit. Dass <strong>die</strong> männliche Spezies<br />

da<strong>zu</strong> neigt, wusste schon Seneca, der in einem Brief berichtet über<br />

Herrschende in Rom, «bei denen eher der Staat in Unordnung geraten<br />

darf als ihre Frisur: Lieber eine gute Frisur als gutes Ansehen». Er<br />

schrieb das übrigens vor 2000 Jahren, wie der Dichter Ovid, der dem<br />

Mann <strong>zu</strong>r Pfl ege von Körper <strong>und</strong> Geist riet <strong>und</strong> <strong>zu</strong> modischen Torheiten<br />

meinte: Nachlässige Schönheit steht Männern!<br />

Konrad Koch<br />

Verantwortlicher Redaktor<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 9


INHALT<br />

Herbst 2011<br />

96<br />

92<br />

101<br />

09 EDITORIAL<br />

12 MITWIRKENDE<br />

15 GASTKOMMENTAR<br />

Vom Luxus <strong>zu</strong>r Kunst<br />

von Gianni Motti<br />

16 MUST HAVE<br />

20 TECH-TRENDS<br />

22 BEGEGNUNG<br />

Albert Kriemler: «Mode<br />

ist vergänglich, darum ist es Mode»<br />

26 AUSSTELLUNGEN<br />

28 TREFFPUNKTE<br />

Restaurants <strong>und</strong> Shopping<br />

30 GUT ANGEZOGEN<br />

Vier Schweizer mit Klasse<br />

36 HERRENMODE<br />

Stilführer für jeden Tag<br />

44 TRENDS WINTER 2011/12<br />

Wie Mann sich cool kleidet<br />

70<br />

44<br />

48 STYLISTINNEN<br />

Vier Schweizerinnen, <strong>die</strong><br />

Männer schöner machen<br />

53 BEGEHRLICHKEIT<br />

Warum Sie <strong>die</strong>se Tasche<br />

unbedingt haben müssen<br />

54 MÄNNERSCHUHE<br />

Schustern <strong>und</strong> Pfl ege<br />

58 SHOOTING<br />

Stilduell<br />

66 TRAUMSTOFFE<br />

Porträt der Weberin<br />

Karola Kauff mann<br />

Kasackkleid: Alexander McQueen<br />

70 UHREN MIT ZEITZONEN<br />

Für <strong>Welt</strong>reisende<br />

74 HAUTE HORLOGERIE<br />

Cartier Time Art in Zürich<br />

76 STIL<br />

Willkommen bei Hannes B.<br />

80 WERKZEUG<br />

Arbeitsgeräte für Männer<br />

16<br />

82 MÖBEL FÜR SAMMLER<br />

Von Barock bis Design<br />

86 AUTOMOBIL<br />

Mit dem Jaguar in <strong>die</strong> Berge<br />

89 CHECK-UP<br />

Wie viel Zeit bleibt mir noch?<br />

92 SPORT<br />

Karbonräder <strong>und</strong> Fixies<br />

96 PFLEGE<br />

Für Geist <strong>und</strong> Körper<br />

98 PARFUM<br />

Dufthölzer<br />

99 ADRESSEN<br />

101 BOUDOIR<br />

Abel Ferrara,<br />

The King of New York<br />

Titelbild: Marc Ninghetto<br />

An<strong>zu</strong>g: Dries Van Noten<br />

Hemd: Balenciaga<br />

58<br />

Nicolas Righetti, Nicolas Zentner, Koller, Rudy Waks/Corbis Outline<br />

10 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 11


MITWIRKENDE<br />

Nicolas Righetti<br />

Nicolas Righetti hat an<br />

der Ecole Supérieure des<br />

Beaux-Arts in Genf stu<strong>die</strong>rt<br />

<strong>und</strong> ist Mitglied des<br />

Künstlerkollektivs Rezo.<br />

Er ist vor allem für seine<br />

Bildreportagen über Asien,<br />

insbesondere über Turkmenistan<br />

<strong>und</strong> Nordkorea,<br />

bekannt, dessen dunkle<br />

Seite er 2003 im Bildband<br />

«The Last Paradise» aufzeigte.<br />

2007 wurde er als<br />

erster Schweizer Fotograf<br />

mit dem World Press Photo<br />

Award ausgezeichnet.<br />

Zusammen mit dem Journalisten<br />

Pierre Grosjean<br />

hat er im Rahmen des Projekts<br />

CalvinWorld eine<br />

Porträtgalerie von Männern<br />

<strong>und</strong> Frauen auf der<br />

ganzen <strong>Welt</strong> erstellt, <strong>die</strong><br />

alle Calvin heissen.<br />

www.rezo.ch<br />

S. 92-95<br />

12 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

Hans Uli von Erlach<br />

Er ist Kunst- <strong>und</strong> Kulturvermittler.<br />

Seit 30 Jahren<br />

schreibt Hans Uli von<br />

Erlach als freier Journalist<br />

über Architektur, <strong>In</strong>neneinrichtung,<br />

Malerei,<br />

Mode, Schauspiel, vor allem<br />

über Musik, wo seine<br />

Leidenschaft der Oper<br />

gilt. Für das spanische<br />

Fachmagazin «Opera Actual»<br />

verfasst er Opernkritiken.<br />

Für <strong>die</strong> deutsche<br />

Zeitschrift «Schöner Wohnen»<br />

führt er seit r<strong>und</strong><br />

20 Jahren <strong>die</strong> Redaktion<br />

Schweiz, <strong>und</strong> während<br />

Jahren hat er <strong>die</strong> Kulturseite<br />

der grössten Schweizer<br />

Boulevardzeitung<br />

«Blick» betreut. Seine Portraits<br />

<strong>und</strong> <strong>In</strong>terviews erscheinen<br />

in Publikationen<br />

wie «Hochparterre» <strong>und</strong><br />

«Jardin des Modes». Für<br />

«Luxe» hat er den Schweizer<br />

Modeschöpfer Albert<br />

Kriemler interviewt.<br />

S. 22-24<br />

Gianni Motti<br />

Niemand weiss so richtig,<br />

wo er geboren wurde (irgendwo<br />

im Veltlin), <strong>und</strong><br />

noch weniger, wann (Pi mal<br />

Daumen um 1958). Über Gianni<br />

Motti ist nur bekannt,<br />

dass er aus Italien stammt<br />

<strong>und</strong> seit über 25 Jahren in<br />

Genf wohnt. Ebenso wenig<br />

greifb ar ist sein Werk,<br />

denn auch es entzieht sich<br />

jeglicher Klassifi zierung.<br />

Es wird als aufrührerisch,<br />

provokant, lustig <strong>und</strong> konzeptuell<br />

bezeichnet. Gianni<br />

Motti beherrscht aber<br />

vor allem <strong>die</strong> Kunst, den<br />

Zeitgeist <strong>zu</strong> erfassen <strong>und</strong><br />

ständig mindestens ein<br />

Dutzend genialer, von der<br />

Wissenschaft, dem Papst,<br />

der Demokratie <strong>und</strong> Ausserirdischen<br />

inspirierte<br />

Ideen für eine Performance,<br />

ein Video oder eine <strong>In</strong>stallation<br />

im Kopf <strong>zu</strong> haben.<br />

Er nimmt bis <strong>zu</strong>m 13. November<br />

an der Ausstellung<br />

«Seeing is believing» in<br />

Kunst-Werke Berlin teil.<br />

S. 15<br />

Cédric Widmer<br />

Machte seine Ausbildung<br />

an der Ecole d’Arts Appliqués<br />

(Schule für angewandte<br />

Kunst) in Vevey<br />

<strong>und</strong> unterrichtet seit 2002<br />

Fotografi e an der ECAL in<br />

Lausanne.1996 bis 2005<br />

arbeitete er als Freelancer<br />

im Kollektiv Strates, seit<br />

2006 hat er sein eigenes<br />

Atelier. Cédric Widmer<br />

bevor<strong>zu</strong>gt <strong>die</strong> punktuelle<br />

Zusammenarbeit für<br />

spezifi sche Projekte, wie<br />

es für „Luxe“ der Fall ist.<br />

Als Kenner der Kunstszene<br />

Schweiz hat er sich für<br />

<strong>die</strong>se Ausgabe auf eine<br />

Reise zwischen Lausanne,<br />

Zürich <strong>und</strong> Basel ge<strong>macht</strong>,<br />

von der er <strong>die</strong> Porträts<br />

der neuen Stil-Talente<br />

mitgebracht hat.<br />

www.cedricwidmer.ch<br />

S. 48-53<br />

Vera Hartmann<br />

Die in Zürich geborene<br />

Fotografi n liess sich<br />

am Art Center College of<br />

Design Pasadena ausbilden.<br />

Sie pendelt zwischen<br />

der Schweiz – wo sie <strong>die</strong><br />

Agentur 13 mitbegründet<br />

hat – <strong>und</strong> Los Angeles.<br />

Zwei Berufsmittelpunkte<br />

auf geografi schen<br />

Antipoden, aber <strong>die</strong>selbe<br />

Sensibilität für Farben<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> sie<br />

porträtiert, vom chinesischen<br />

Künstler Ai Weiwei<br />

bis <strong>zu</strong>r Pornodarstellerin.<br />

Vera Hartmann publiziert<br />

ihre Arbeiten in den USA<br />

in «GQ», «Rolling Stone»<br />

<strong>und</strong> «Wired», in der<br />

Schweiz in «Annabelle»,<br />

«l’Hebdo» <strong>und</strong> «NZZ am<br />

Sonntag».<br />

www.verahartmann.com<br />

S. 66-69<br />

DR<br />

ZWEI HERZEN. HÖCHSTE PRÄZISION.<br />

DUOMÈTRE À QUANTIÈME LUNAIRE. Kaliber Jaeger-LeCoultre 381.<br />

Das “Dual-Wing”-Konzept ist eine wahre uhrmacherische Revolution, <strong>die</strong> zwei<br />

unabhängige Räderwerke beherbergt, welche über ein einziges Regulierorgan<br />

synchronisiert werden. Die patentierte blitzende Sek<strong>und</strong>e ermöglicht Zeitmessungen<br />

auf <strong>die</strong> 1/6 Sek<strong>und</strong>e genau.<br />

HABEN SIE JEMALS EINE RICHTIGE UHR GETRAGEN?<br />

Im Rahmen der Kooperation zwischen Jaeger-LeCoultre <strong>und</strong> der UNESCO werden<br />

maritime Schutzprojekte der Öffentlichkeit vorgestellt <strong>und</strong> gefördert.<br />

Das richtige Engagement für eine wertvolle Sache.<br />

www.jaeger-lecoultre.com


illustration: Nicolas Zentner<br />

OUVERTURE<br />

Gastkommentar<br />

Im Lamborghini<br />

<strong>zu</strong> Segantini<br />

Gianni Motti<br />

Er provoziert, ironisiert, bezeichnet sich als Urheber von Erdbeben, <strong>die</strong> für ihn<br />

Skulpturen sind – Gianni Motti ist Katastrophenkünstler, Verfechter der etablierten<br />

Unordnung, der sein eigenes Begräbnis fi lmt, an einer Ausstellung Tausende Dollar<br />

regnen lässt <strong>und</strong> nur selten über seine Vergangenheit spricht. Ausser für «Luxe».<br />

Es ist das erste Mal, dass man mich gebeten<br />

hat, über Luxus <strong>zu</strong> schreiben.<br />

Diese Bitte hat gerade<strong>zu</strong> eine Krise ausgelöst.<br />

Bei meiner kurzen Rückschau auf<br />

mein Leben verbrachte ich einen ziemlich<br />

deprimierten Vormittag. Ich verfl uchte<br />

mich innerlich. Weshalb, um Himmels<br />

willen, hast du nie eine Uhr, einen Ring, einen<br />

Goldkette oder gar Ohrringe getragen?<br />

Weshalb hast du dich nie mit Tattoos geschmückt?<br />

<strong>Und</strong> warum trägst du nie taillierte<br />

Hemden? Dabei wäre ich aufgr<strong>und</strong><br />

meiner Kindheit für Luxus gerade<strong>zu</strong> prädestiniert<br />

gewesen.<br />

Ich kam erstmals mit Luxus in Berührung,<br />

als ich für <strong>die</strong> millionenschweren<br />

Gäste des Grand Hotel Suvretta House, eines<br />

der St. Moritzer Fünfsternehäuser, Tennisbälle<br />

<strong>zu</strong>sammenlas. Das Hotel war <strong>die</strong>ses<br />

Jahr in den Schlagzeilen, weil es Tagungsort<br />

der Bilderberg-Konferenz war, des geheimnisvollen<br />

Treff ens der einfl ussreichsten<br />

Personen der <strong>Welt</strong>. Meine Eltern arbeiteten<br />

im Hotel, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Direktion gestattete mir,<br />

während der Schulferien bei ihnen <strong>zu</strong> weilen.<br />

Diese Sommeraufenthalte gaben mir<br />

das Gefühl, auf einem andern Planeten, in<br />

einer Parallelwelt gelandet <strong>zu</strong> sein. Ich beobachtete<br />

das Ballet der Rolls-Royce, <strong>die</strong><br />

Herren, <strong>die</strong> tagsüber in Fred-Perry-Polos,<br />

abends im Smoking gekleidet waren, <strong>die</strong> alten<br />

Damen mit extravagant türkis oder violett<br />

gefärbten Haaren, <strong>die</strong> eigentlich wie <strong>die</strong><br />

heutigen Punks aussahen, hochmütige Pudel,<br />

<strong>die</strong> herausgeputzt, frisiert <strong>und</strong> chic gewandet<br />

promeniert wurden.<br />

Ganz in der Nähe des Hotels befanden<br />

sich <strong>die</strong> Chalets der Familien Agnelli, Gucci,<br />

De Benedetti, Onassis <strong>und</strong> von Sophia<br />

Loren, denen ich regelmässig auf dem Tennisplatz<br />

begegnete. Sie wurden von einem<br />

ehemaligen Schweizer Tennischampion<br />

gecoacht <strong>und</strong> stellten sich unglaublich ungeschickt<br />

an. <strong>Und</strong> da ich <strong>zu</strong>schaute, wie sie<br />

immer <strong>und</strong> immer wieder <strong>die</strong> gleichen Bewegungen<br />

wiederholten, lernte auch ich<br />

das Spiel. Ich bemerkte, dass der Lehrer<br />

sie ständig mit einem «Bravo» komplimentierte,<br />

selbst wenn sie den Ball verfehlten.<br />

Obwohl ich nicht verstand, weshalb er sie<br />

beglückwünschte, begann auch ich immer<br />

wieder «Bravo! Bravo!» <strong>zu</strong> rufen. Je mehr<br />

ich <strong>die</strong>s tat, desto höher fi el das Trinkgeld<br />

aus. Eines Tages kam eine verzweifelte<br />

Gräfi n <strong>zu</strong> mir, sie hatte beim Himbeerpfl ücken<br />

im Wald einen riesigen Diamanten<br />

verloren. Ich <strong>macht</strong>e mich auf <strong>die</strong> Suche an<br />

dem von ihr bezeichneten Ort <strong>und</strong> fand das<br />

Schmuckstück. Sie bedankte sich <strong>und</strong> gab<br />

mir einen Finderlohn in Höhe eines Monatssalärs<br />

meiner Eltern.<br />

Eines der grossen Ereignisse im Leben<br />

des Hotels war <strong>die</strong> Ankunft von Reza Pahlevi,<br />

dem letzten Schah von Persien <strong>und</strong><br />

Besitzer der legendären Villa Suvretta, <strong>die</strong><br />

sich ganz in der Nähe befand. Wir alle waren<br />

fasziniert, denn im kaiserlichen Gefolge<br />

befanden sich viele sehr schöne Damen.<br />

Der Schah reiste jeweils in mehreren Privatjets<br />

nach St. Moritz. Begleitet war er von<br />

seinem Hofstaat, Leibwächtern, Kurtisanen<br />

<strong>und</strong> Dienstpersonal. Da <strong>die</strong> Villa nur<br />

über 30 Zimmer verfügte, musste ein Teil<br />

seiner Begleitung im Hotel logieren.<br />

Der Schah war nicht nur ein Liebhaber<br />

schöner Frauen, er war auch ein grosser<br />

Autofan. Er besass etwa 200 Fahrzeuge,<br />

darunter den berühmten Mercedes-Benz<br />

500K <strong>und</strong> den MPV Tehran Type (eine<br />

Spezialanfertigung von Mercedes-Benz,<br />

Porsche <strong>und</strong> Volkswagen). <strong>In</strong> St. Moritz<br />

steuerte er meistens den Lamborghini Miura<br />

SVJ, das erste Modell einer Viererserie,<br />

<strong>die</strong> vom italienischen Autobauer für Top-<br />

VIP produziert wurde. Das Fahrzeug des<br />

Schahs wurde übrigens 1995 vom Schauspieler<br />

Nicolas Cage erworben.<br />

Nach der Abreise des Schahs <strong>und</strong> seiner<br />

Gäste, <strong>und</strong> weil ich den Wächter kannte,<br />

durfte ich jeweils den Wagenpark bew<strong>und</strong>ern<br />

<strong>und</strong> auch einen Blick auf <strong>die</strong><br />

Bilder werfen, <strong>die</strong> er während der langen<br />

Hausmeisterst<strong>und</strong>en malte. Eines Tages<br />

wollte er mir eine Freude bereiten <strong>und</strong><br />

lud mich <strong>zu</strong> einem Ausfl ug im Lamborghini<br />

ein. Beim Segantini-Museum <strong>macht</strong>en<br />

wir halt. Ich war aus dem Häuschen,<br />

denn erstmals in meinem Leben hatte ich<br />

Gelegenheit, ein Museum <strong>zu</strong> betreten. Auf<br />

der Rückreise vergass ich alles, Luxusvilla,<br />

Schah <strong>und</strong> das berühmte Gefährt. Das Einzige,<br />

woran ich dachte, war das Alpentriptychon<br />

«Werden – Sein – Ver<strong>gehen</strong>» von<br />

Segantini, das ich eben entdeckt hatte. An<br />

jenem Abend blieb ich länger als üblich<br />

in der Villa Survetta, <strong>und</strong> von Müdigkeit<br />

übermannt, schlief ich im Bett im kaiserlichen<br />

Schlafzimmer. |<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 15


MUST HAVE MUST HAVE<br />

von Emmanuel Grandjean<br />

FORMEL-1-TISCH<br />

Konstantin Grcic stammt aus München <strong>und</strong> gehört<br />

<strong>zu</strong> den Top 10 der zeitgenössischen Gestalter. Der<br />

<strong>In</strong>dustrial Designer, Urheber legendärer Möbelstücke<br />

(One Chair, Leuchte Mayday) arbeitet vor<strong>zu</strong>gsweise<br />

mit Hightech-Materialien <strong>und</strong> ist wegen seines<br />

schlichten geometrischen Stils bekannt. <strong>In</strong> eine<br />

ganz andere Richtung geht <strong>die</strong> Tischkollektion, <strong>die</strong><br />

er für <strong>die</strong> Pariser Galerie Kreo gestaltet hat. Sechs<br />

Formel-1-Tische mit Beinen aus lackiertem Alu,<br />

<strong>die</strong> an Rennboliden erinnern. Die «Champions»<br />

verbinden den schlichten Stil eines Jean<br />

Prouvé mit Memphis-Funky, technischen<br />

Challenge mit einfachen Formen. Eine neue<br />

Ästhetik für zeitgenössisches Wohnen.<br />

Champion, Konstantin Grcic,<br />

Preis auf Anfrage, www.kreo.fr<br />

©Fabrice Gousset Courtesy Galerie kreo<br />

DR<br />

1. PALLADIO, EIN KINDERSPIEL<br />

Der grosse Renaissance-Architekt Andrea Palladio wurde vor r<strong>und</strong><br />

500 Jahren in Padua geboren. Aus Anlass <strong>die</strong>ses Jubiläums legt das<br />

Centro <strong>In</strong>ternazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio<br />

zwei w<strong>und</strong>erschöne Baukästen für Sammler auf. Eine Art Lego<br />

für Architekturliebhaber <strong>und</strong> Ästheten (<strong>die</strong> Steine sind aus<br />

farbiger Keramik), <strong>die</strong> <strong>die</strong> Meisterwerke des grossen Baumeisters<br />

in Miniaturform nachbauen möchten.<br />

«Le jeu de la villa», 140 € pro Kasten, shop.cisapalladio.org<br />

2. PANDA-FEDERHALTER<br />

Twitter, Mail, MSN, Facebook, Menschen schreiben immer noch<br />

gerne ihre Geschichten auf, einfach per Tastendruck. Was aber nicht<br />

das Aus für Schreibinstrumente der Superluxusklasse bedeutet,<br />

deshalb der Federhalter Panda aus der Kollektion 2011 der «Objets<br />

Précieux de Cartier». Mit dem schwarz <strong>und</strong> weiss lackierten Korpus,<br />

der Feder aus Massivgold <strong>und</strong> dem Kristallsockel ein einzigartiges,<br />

kostbares Objekt <strong>und</strong> passend für <strong>die</strong> Signatur wichtiger Verträge.<br />

4700 Fr., www.cartier.com<br />

3. SCHULTERTASCHEN<br />

BEGLEITEN DURCH DEN HERBST<br />

Noch mehr Pep für Bally-Lederartikel. Lassen Sie sich <strong>die</strong>sen Herbst<br />

von <strong>die</strong>ser topschicken Schultertasche begleiten. Ein echtes Musthave<br />

aus perforiertem Leder mit den legendären Bally-Streifen in<br />

Rot <strong>und</strong> Weiss.<br />

1295 Fr., www.bally.com<br />

4. BREUNING-TÖPFE<br />

Zweite Aufl age für das Atelier Pfi ster, eine Kollektion von Einrichtungsgegenständen,<br />

<strong>die</strong> von einem Dutzend Schweizer Designern<br />

<strong>und</strong> einem Künstler gestaltet <strong>und</strong> von Alfredo Häberli selektioniert<br />

werden. Nach dem Lausanner Stéphane Daffl on <strong>und</strong> seinen<br />

Teppichen ist der Zürcher Olaf Breuning an der Reihe. Seine Töpfe<br />

erinnern an <strong>die</strong> von Malern verwendeten Farbkübel. Chicky-Punk-<br />

Behälter für <strong>die</strong> Rock’n’Roll-Küche.<br />

Preis nicht mitgeteilt. Erhältlich bei Pfi ster ab Oktober 2011<br />

6. SLIMANE, DER FOTOGRAF<br />

Man kennt Hedi Slimane, der Chefdesigner, der bei Saint-Laurent<br />

<strong>und</strong> Christian Dior für rockigen Schwung gesorgt hat. Weniger<br />

bekannt ist Hedi Slimane, der Fotograf, dessen Aufnahmen aus den<br />

2000er Jahren JRP Ringier in vier Bänden aufl egt. 724 Seiten <strong>und</strong><br />

845 Schwarzweiss-Bilder illustrieren <strong>die</strong> Ästhetik des einfl ussreichsten<br />

Modemachers seiner Generation, der ein bedeutender Fotograf<br />

war, bevor er in der Fashionwelt Karriere <strong>macht</strong>e.<br />

Anthology of a Decade, Box in limitierter Aufl age, 724 Seiten, 300 Fr.<br />

5. BLICK IN DEN RÜCKSPIEGEL<br />

Unsichtbare Brillengestelle? Das ist passé. Seit ein paar Jahren<br />

verlangt <strong>die</strong> Vintagemode nach Brillen, wie sie von den Werbern<br />

in Mad Men getragen werden. Der Blick <strong>zu</strong>rück ist eine<br />

Spezialität von Dita Eyewear. Das von John Juniper <strong>und</strong> Jeff<br />

Solorio in Los Angeles kreierte Zero-Logo-Label hat zahllose<br />

Fans (Brad Pitt, Jennifer Lopez, Snoop Dog, Beck). Die neue,<br />

in Japan von Hand gefertigte Kollektion umfasst auch Modelle<br />

in Lavendelblau für kühne Träger<strong>In</strong>nen. Revolverblick garantiert.<br />

455 €, www.dita.com, Fouchault l’Opticien, Genf,<br />

(022 310 22 11) <strong>und</strong> Burrioptik, Zürich, www.burrioptik.ch<br />

1<br />

6<br />

2<br />

3<br />

4<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 17<br />

5


MUST HAVE<br />

von Emmanuel Grandjean<br />

Die Uhr des ultimativen Retrogamers? Bestimmt eine glühende<br />

Hommage an Space <strong>In</strong>vaders. Die an der Baselword präsentierte<br />

Sammleruhr wurde von Romain Jérôme in Zusammenarbeit<br />

mit dem japanischen Unternehmen Taito Corporation,<br />

dem Pionier der Videospielindustrie <strong>und</strong><br />

noch immer Besitzer des Kult-Arcadegames<br />

aus dem Jahr 1978, entwickelt. Der Genfer<br />

Uhrenhersteller bietet <strong>die</strong>sen nerdigen,<br />

w<strong>und</strong>erbar nostalgischen Zeitmesser in<br />

zwei, jeweils auf 78 Stück limitierten Modellen<br />

an – mit farbigem oder schwarz-weiss<br />

leuchtendem Ziff erblatt. Weil es ein Leben<br />

vor World of Warcraft gibt !<br />

Space <strong>In</strong>vaders, Preis auf Anfrage,<br />

www.romainjerome.com<br />

18 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

DR<br />

PIAGET ALTIPLANO<br />

Die flachste Automatik-Uhr der <strong>Welt</strong><br />

Gehäuse aus Weissgold<br />

Gehäusehöhe: 5,25 mm<br />

Das flachste Automatik-Uhrwerk der <strong>Welt</strong><br />

Piaget Manufaktur Kaliber<br />

Höhe des Uhrwerks: 2,35 mm<br />

ÄUSSERSTE DISKRETION<br />

www.piaget-altiplano.com


FLUG ÜBERS WASSER<br />

Finden Sie Jet Ski altmodisch? Dann versuchen<br />

Sie’s doch mal mit JetLev, einem wasserstrahlgetriebenen<br />

Rucksack, der Sie mit 35 St<strong>und</strong>enkilometer<br />

zehn Meter über <strong>die</strong> Wasserfläche<br />

katapultiert. Mit 100 000 Fr. ist der Trip allerdings<br />

nicht billig, weshalb Sie es sich gut überlegen<br />

sollten, bevor Sie Ihren Meeresscooter auf Ricardo<br />

anbieten. JetLev R200 ist ausser in Europa<br />

weltweit erhältlich <strong>und</strong> dürfte nächsten Sommer in<br />

unsere Breitengrade gelangen.<br />

www.jetlev.com<br />

BETONKLÄNGE …<br />

Der israelische Designer Shmuel Linski liebt Rohbeton.<br />

Nachdem er eine Lavazza-Kaff eemaschine<br />

darin gekleidet hat, überrascht er jetzt mit in Beton<br />

gegossenen Lautsprecherboxen. Jede Exposed<br />

wiegt 56 kg <strong>und</strong> ist 96 cm hoch. «Das Nirwana für<br />

jeden Musikliebhaber», meint der Designer, der<br />

vor<strong>zu</strong>gsweise für Anhänger der brutalistischen<br />

Architektur arbeitet. Wir sind hell begeistert.<br />

www.linskidesign.com<br />

… UND AUDIOFAUTEUIL<br />

Dem Kana<strong>die</strong>r John Greg Ball ist ein kühner Wurf<br />

in Sachen Audiodesign gelungen. Der Subsonic<br />

Chair ist mit je zwei gewaltigen Subwoofern <strong>und</strong><br />

Mittellautsprechern ausgerüstet, <strong>die</strong> wuchtige<br />

1000 Watt leisten. Das Lärmmöbel wurde 2005<br />

als Prototyp entwickelt <strong>und</strong> soll nun endlich auf<br />

den Markt kommen.<br />

www.johngregball.com<br />

20 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

TECHNOSOPHIE<br />

von Emmanuel Grandjean<br />

Scheitbox<br />

Der iLog des kanadischen Designers<br />

Judson Beaumont wirkt massig,<br />

ist aber bestes, erstklassiges Design. Der<br />

Holzhalter für iPod <strong>und</strong> iPhone garan-<br />

Smartes Smartphone<br />

Die schnellste Uhrenmarke der <strong>Welt</strong><br />

baut den Bereich der Luxus-Mobiles<br />

weiter aus. Nach dem vor drei Jahren<br />

vorgestellten Meridiist will TAG<br />

Heuer auch im Markt der Touchscreen-<br />

Smartphones eine Rolle spielen. Zwar<br />

fi ndet Link, so der Name des Luxusgeräts,<br />

auf Technoblogs wenig Lob. Die<br />

internationale Gemeinde kritisiert <strong>die</strong><br />

massige Form, aber auch den, angesichts<br />

der verhältnismässig bescheidenen technischen<br />

Eigenschaften (5-Megapixel-<br />

Kamera, 256 MB interner Speicher, Speicherkarte<br />

8 GB, OS Android 2.2 Froyo)<br />

happigen Mindestpreis von 5600 Fr.<br />

Die Stärken <strong>die</strong>ses Smartphones liegen<br />

im luxuriösen Outfi t – schwarzes oder<br />

schokoladenbraunes Krokoleder, Roségold<br />

oder Titan – <strong>und</strong> in der Tatsache,<br />

dass es in bester Schweizer Uhrenma-<br />

tiert warmes Ambiente an kalten Winterabenden<br />

<strong>und</strong> kann direkt beim Designer<br />

bestellt werden. Einzelstück ca. 2000 Fr.<br />

www.straightlinedesigns.com<br />

chertradition hergestellt wird. Aber für<br />

Geeks sind Chic <strong>und</strong> Eleganz halt eher<br />

sek<strong>und</strong>är.<br />

www.tagheuer.com


DAMENMODE | BEGEGNUNG | von Hans Uli von Erlach - Foto: Vera Hartmann<br />

Albert Kriemler<br />

« Das Wort Luxus wird<br />

infl ationär gebraucht »<br />

MIT GUTSCHWEIZERISCHEM SINN FÜR QUALITÄT UND<br />

UNSCHWEIZERISCHEM FLAIR FÜR EXKLUSIVITÄT MACHTE ALBERT<br />

KRIEMLER AUS DEM ST. GALLER FAMILIENUNTERNEHMEN AKRIS EIN<br />

MODEHAUS VON WELTRUF. OBWOHL AKRIS EIGENTLICH ZUNÄCHST<br />

AUFFÄLLT DURCH UNAUFFÄLLIGKEIT.<br />

Angelina Jolie inszeniert sich in Akris<br />

auf dem Red Carpet, Madeleine Albright<br />

reist in Akris, Susan Sarandon entdeckte<br />

Akris bei Bergdorf Goodman in<br />

New York <strong>und</strong> für <strong>die</strong> neue Fürstin Charlène<br />

von Monaco hat man schon vor der<br />

Hochzeit mehrere Looks entworfen. Julia<br />

Roberts, Tilda Swinton, Königin Rania<br />

von Jordanien: Die Liste liesse sich fortsetzen.<br />

Im traditionellen Backsteinhaus<br />

in St. Gallen, wo Albert Kriemlers Grossmutter<br />

Alice vor bald 90 Jahren <strong>die</strong> Firma<br />

gründete (<strong>zu</strong>nächst mit der Herstellung<br />

von Schürzen) <strong>und</strong> wo Albert <strong>und</strong><br />

sein Bruder Peter heute <strong>die</strong> Geschicke leiten,<br />

freut man sich diskret über solch prominente<br />

Auftritte der Marke. Aber mehr<br />

eigentlich nicht. Man habe ja nichts aktiv<br />

da<strong>zu</strong> getan, dass <strong>die</strong>se La<strong>die</strong>s Akris tragen,<br />

heisst es mit gelebtem <strong>Und</strong>erstatement,<br />

in das sich auch etwas Stolz <strong>und</strong><br />

Selbstbewusstsein mischen. Weniger<br />

über <strong>die</strong> Publicity, als über <strong>die</strong> exquisiten<br />

Kleider, <strong>die</strong>, vorwiegend in der Schweiz<br />

gefertigt, am 2. Oktober einmal mehr am<br />

Défi lé in Paris gezeigt werden. Albert<br />

Kriemler verkörpert <strong>die</strong>se noble Zurückhaltung<br />

selber. Lieber spricht er (seit 1980<br />

<strong>zu</strong>ständig für Design <strong>und</strong> Marketing) von<br />

den w<strong>und</strong>ervollen Stoff en, ohne <strong>die</strong> er<br />

gar nicht kreieren könnte. Oder von den<br />

w<strong>und</strong>erbaren Händen seiner Mitarbeiter,<br />

<strong>die</strong> so viel können. <strong>Und</strong> davon, dass seine<br />

Mode eigentlich dafür da sei, <strong>die</strong> Persönlichkeit<br />

der Trägerin hervor<strong>zu</strong>heben.<br />

Nicht umgekehrt.<br />

Herr Kriemler, von anderen Modedesignern<br />

liest man in Peoples-Magazinen viel öfter,<br />

<strong>die</strong> inszenieren sich wirkungsvoll auf Parties,<br />

22 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

haben eff ektvolle Auftritte an ihren Modeschauen…<br />

Finden Sie das so wichtig?<br />

…Sie winken nach dem Defi lé höchstens mal<br />

kurz ins Publikum. Immerhin ist das, was über<br />

den Laufsteg läuft, doch <strong>zu</strong> einem guten Teil<br />

auch Sie ganz persönlich.<br />

Natürlich. Ich verstecke mich auch nicht,<br />

aber mir sagen Selbstinszenierungen nicht<br />

viel.<br />

Das passt <strong>zu</strong>r diskreten Eleganz Ihrer Mode.<br />

Welche Ihrer eigenen Eigenschaften fi nden<br />

sich darin wieder?<br />

<strong>In</strong> der Selbstrefl ektion ist das schwierig<br />

<strong>zu</strong> sagen. Sicher ist das, was in <strong>die</strong>sen<br />

vier Wänden seit gut dreissig Jahren gelebt<br />

wird, von meinem Bruder <strong>und</strong> mir geprägt.<br />

Wir verlassen uns nicht auf das rein Visuelle,<br />

setzen nicht auf das Demonstrative.<br />

Das blieb auch so, seit wir mit dem ersten<br />

Auftritt in Paris 2004 in der Öff entlichkeit<br />

wahrgenommen wurden.<br />

Öff entlich seit 2004? Akris war doch schon<br />

vorher erfolgreich <strong>und</strong> auch Sie waren da<br />

schon 24 Jahre an <strong>die</strong>ser Position. Warum<br />

war Paris so wichtig?<br />

Der Weg dahin war einer der schwierigsten,<br />

den wir gegangen sind. Man vergisst<br />

immer: Es gibt in der Modewelt einerseits<br />

<strong>die</strong> Schnelllebigkeit, <strong>die</strong> uns alle sechs Monate<br />

wieder erneuert <strong>und</strong> daneben jene<br />

Rhythmen, <strong>die</strong> Zeit brauchen. Wir befassten<br />

uns schon Mitte der Neunziger Jahre<br />

damit, was <strong>zu</strong> tun ist, um optimal mit<br />

der <strong>Welt</strong> <strong>zu</strong> kommunizieren. Bisher präsentierten<br />

wir in unseren drei damaligen<br />

Showrooms in Paris, Düsseldorf <strong>und</strong><br />

Tokio. Aber als Schweizer Unternehmen<br />

mussten wir unsere Kollektionen an den<br />

grossen Shows entweder in Mailand, Paris<br />

oder New York zeigen. New York wollte<br />

uns ohnehin immer gerne haben. Seit<br />

ich 2001 Anna Wintour, <strong>die</strong> Chefredaktorin<br />

der amerikanischen Vogue, erstmals<br />

traf, sagte sie «you have to come to New<br />

York». <strong>Und</strong> ich sagte: «I don’t think so, we<br />

feel very european». Für mich war immer<br />

klar: Paris war <strong>und</strong> ist <strong>die</strong> <strong>Welt</strong>hauptstadt<br />

der Mode.<br />

Wann wagten Sie den Schritt an <strong>die</strong> Seine?<br />

1996 haben wir uns erstmals um <strong>die</strong> Teilnahme<br />

an den Défi lés in Paris bemüht.<br />

Man kannte dort Akris noch nicht. Es<br />

brauchte drei Jahre, bis wir 1999 Membre<br />

associé wurden <strong>und</strong> Termine <strong>zu</strong>r Präsentation<br />

erhielten. Aber nur Tage am Anfang<br />

oder am Ende der Shows. Das wollten wir<br />

nicht, weil da <strong>die</strong> wichtigsten Journalisten<br />

bereits abgereist sind. Wir waren also in<br />

der Warteschlaufe, riefen alle sechs Monate<br />

wieder an <strong>und</strong> erhielten dann 2004 erstmals<br />

einen Termin an einem der vier wichtigsten<br />

Tage.<br />

Ziemlich selbstbewusst <strong>und</strong> hartnäckig!<br />

Man muss in <strong>die</strong>sem Beruf wissen, was<br />

man ist <strong>und</strong> was man im Vergleich <strong>zu</strong> den<br />

Anderen sein will. Es ist eben nicht dasselbe,<br />

ob man Designer für eine etablierte<br />

Marke ist oder weltweit eine Handschrift<br />

aufb auen will, <strong>die</strong> erkennbar werden soll.<br />

Da gibt es nur den konsequent eigenen<br />

Weg. <strong>In</strong> den Achtzigerjahren <strong>macht</strong>e ich<br />

viel <strong>zu</strong> oft das, was man in der Branche<br />

„machen muss“ – mit schlechtem Bauchgefühl.<br />

<strong>Und</strong> wenn ich <strong>die</strong>ses hatte, kam’s<br />

meistens nicht gut heraus. Also hatte ich<br />

den Mut, <strong>zu</strong> sagen: Ok, das fühle ich <strong>und</strong><br />

so wollen wir es erreichen. Wir mussten<br />

da auch bereits viel weniger Rücksicht<br />

nehmen, weil wir in den Neunzigerjahren<br />

Jahren im amerikanischen <strong>und</strong> asiatischen<br />

Markt bereits wachsen konnten.<br />

Mode ist Bekleidung, aber nicht jede<br />

Kleidung ist Mode. Wann wird ein Kleid <strong>zu</strong>r<br />

Mode?<br />

Was für sie Mode ist, formuliert jede Frau<br />

für sich selbst. Ist ein Stück für sie Mode,<br />

oder High Fashion, oder modern, oder einfach<br />

für sie richtig…<br />

<strong>Und</strong> <strong>die</strong>se Freiheit überlassen Sie jeder Frau?<br />

Selbstverständlich! Kleider müssen der<br />

Person selber entsprechen. Jeder trägt das<br />

am besten, womit er sich selbst identifi -<br />

ziert <strong>und</strong> worin er sich wohl fühlt.


DAMENMODE | BEGEGNUNG<br />

Sie sagten einmal: «Wenn eine Frau einen<br />

Raum betritt <strong>und</strong> man als erstes ihr Kleid<br />

sieht, dann ist es nicht von Akris.» Aber<br />

Mode will doch gesehen werden?<br />

Mode muss so sein, dass man <strong>zu</strong>erst <strong>die</strong><br />

Person wahrnimmt. Wenn man hinterher<br />

feststellt, dass sie ein schönes Kleid trägt,<br />

ist das w<strong>und</strong>erbar. Ob man dann weiss, ob<br />

es Akris ist, ist sek<strong>und</strong>är.<br />

Männermode <strong>zu</strong> machen hat Sie nie interessiert?<br />

Hätten Sie da eine ganz andere<br />

Philosophie?<br />

Die Gr<strong>und</strong>sätze, nach denen sich ein Mann<br />

kleidet, sind ganz andere als bei einer Frau.<br />

Viel rationaler, viel praktischer. Aber Männermode<br />

beinhaltet auch viele Werte, <strong>die</strong><br />

Damenmode eigentlich auch haben<br />

sollte. Wir Männer tragen<br />

unsere Jacke jahrelang, <strong>und</strong> unsere<br />

Lieblingshose… who cares!<br />

Natürlich würde ich sehr gerne<br />

Männermode machen <strong>und</strong> es<br />

gäbe durchaus eine Nische für einen Akris<br />

Mann. Aber das <strong>macht</strong> man nicht einfach<br />

im Vorbei<strong>gehen</strong>… Das verlangt ganz andere<br />

Produktionsgr<strong>und</strong>sätze, es braucht ein<br />

neues Team, neue Distributionswege, wir<br />

müssten ein Menswear-Team <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en<br />

neu aufb auen. Das ist eine Frage von vielen<br />

Jahren, bis ein neues Produkt stimmt <strong>und</strong><br />

dann eine Breite bekommt. Mein Bruder<br />

Peter sagte jahrelang: Menswear kommt<br />

für uns nie in Frage. Doch nach seiner letzten<br />

Chinareise analysierte er: Wenn wir<br />

den Kontinent Asien wirklich bearbeiten<br />

wollen, kommen wir wahrscheinlich nicht<br />

darum herum. <strong>In</strong> Asien ist es eindeutig der<br />

Mann, der in erster Linie konsumiert.<br />

Mode vom Niveau, wie Sie sie machen,<br />

steht für Luxus. Mal abgesehen vom Preis<br />

Ihrer Kleider: welchen Luxus wollen Sie<br />

Ihrer K<strong>und</strong>in vermitteln?<br />

Wir sehen heute den Begriff Luxus kritisch.<br />

Das Wort wird inzwischen infl ationär<br />

verwendet. Bei uns haben wir es schon<br />

seit Jahren aus dem Wortschatz gestrichen!<br />

Es geht uns eher um eine Form von<br />

Refi nement – für <strong>die</strong>ses Wort gibt es keine<br />

gleichwertige deutsche Überset<strong>zu</strong>ng.<br />

Ich denke an Ihre Aussagen über das<br />

Gefühl, Ihre Mode <strong>zu</strong> tragen, den Luxus,<br />

sich mit ihr wohl <strong>zu</strong> fühlen.<br />

Unsere Kleider refl ektieren unsere Gefühle.<br />

Für mich ist es nicht nur wichtig,<br />

dass eine Frau in ihren Kleidern gut aussieht,<br />

sondern dass sie sich wohl fühlt. Das<br />

hat in erster Linie mit Stoff <strong>und</strong> Schnitt <strong>zu</strong><br />

tun: Ein Stoff soll angenehm auf der Haut<br />

24 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

liegen, ein Schnitt soll für eine selbstverständliche<br />

Bequemlichkeit sorgen. Da<strong>zu</strong><br />

gehört auch eine gewisse Selbstverständlichkeit,<br />

<strong>die</strong> ein Kleid nicht nur in seiner<br />

Ausstrahlung, sondern auch in seiner<br />

Funktionalität mitbringen muss. Wie man<br />

das erreicht, ist mir auch nicht immer klar<br />

– es ist etwas, das in der Arbeit mit meinem<br />

kreativen Team immer wieder von innen<br />

heraus entsteht.<br />

Es ist dennoch interessant, dass in <strong>die</strong>sen<br />

wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gerade<br />

<strong>die</strong> Luxuskonzerne boomten. Die Gesellschaft<br />

braucht off enbar solche Luxusikonen.<br />

Die Frage ist, wie wir den Begriff Luxus<br />

verstehen. Wenn Sie sehen, was im Acces-<br />

« Mode ist vergänglich,<br />

darum ist es Mode. »<br />

soire-Markt alles unter Luxus läuft <strong>und</strong><br />

wer das einkauft, dann ist es eher eine<br />

Frage der Marke. Nehmen wir eine Louis<br />

Vuitton-Tasche <strong>und</strong> wer sie sich leistet.<br />

Hier setzten wir ein Fragezeichen hinter<br />

den Begriff Luxus. Ist es Luxus, wenn <strong>die</strong><br />

Leute vor einem Geschäft Schlange stehen,<br />

um dort etwas <strong>zu</strong> kaufen <strong>zu</strong> können?<br />

Ein anderes Wort haben Sie aber nicht<br />

gestrichen: <strong>In</strong>novation. Sie entwickeln mit<br />

spezialisierten Herstellern immer wieder<br />

Stoff e <strong>und</strong> neue handwerkliche Methoden,<br />

kultivieren <strong>zu</strong>m Beispiel eine einzigartige<br />

Verarbeitung von Doubleface-Geweben<br />

oder Taschen aus Rosshaar-Stoff …<br />

…W<strong>und</strong>erbare Materialien! Sie müssen sich<br />

ein Feld suchen, das nur Sie mehr oder weniger<br />

eigenständig bearbeiten können – das<br />

ist ganz wichtig. Natürlich gibt es verschiedene<br />

Formen von Marketing. Für uns als<br />

kleine Firma ist <strong>die</strong> wirkliche Botschaft immer<br />

das Produkt selbst. Die einzige Kraft,<br />

<strong>die</strong> wir haben, ist jene, <strong>die</strong> da auf dem Kleiderbügel<br />

hängt, im Wettbewerb mit den<br />

Besten der <strong>Welt</strong>. Dass <strong>die</strong>ses Kleid neben<br />

dem anderen besteht, das einen bekannten<br />

Namen trägt. <strong>Und</strong> dass es uns über <strong>die</strong> Jahre<br />

gelingt, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Vertrauen auf<strong>zu</strong>bauen,<br />

<strong>zu</strong>erst bei den Einkäufern, dann bei den<br />

Verkäuferinnen <strong>und</strong> schliesslich bei den<br />

K<strong>und</strong>innen, <strong>die</strong> sagen: I am proud to wear<br />

Akris, and I feel good and I come back…<br />

Sie müssen für <strong>die</strong> verschiedenen Kollektionen<br />

mehrmals im Jahr <strong>zu</strong> kreativer<br />

Höchstform aufl aufen. Wie motivieren <strong>und</strong><br />

inspirieren Sie sich immer wieder?<br />

Man liebt, was man tut! Dafür bin ich da mit<br />

meinem langjährigen, qualifi zierten Team.<br />

Sicher überlegt man sich nicht jede Konsequenz,<br />

wenn man sich entscheidet, Modedesigner<br />

<strong>zu</strong> werden. <strong>In</strong>spiration ist eigentlich<br />

nie Pfl icht sondern Passion. Wenn<br />

etwas fertig ist, sofort an das Nächste <strong>zu</strong> <strong>gehen</strong>….<br />

immer wieder ein schöner Moment.<br />

Sie machen auch Kostüme für den Choreografen<br />

John Neumeier vom Hamburger<br />

Ballett. Gibt es da Parallelen <strong>zu</strong>r Mode?<br />

Das ist tatsächlich sehr inspirierend auch<br />

für meine Modekollektionen. Die Frage<br />

war: Wie schaff en wir <strong>die</strong>se noch viel extremere<br />

Bewegungsfreiheit. Vieles musste ich<br />

<strong>zu</strong>sammen mit dem Kostümschneider des<br />

Balletts erst lernen. Das war übrigens<br />

auch meine erste Erfahrung<br />

mit Herrenbekleidung, da wir für<br />

<strong>die</strong> Paare ja auch Herrenanzüge<br />

erarbeiteten. Doch das schönste<br />

war, dass sowohl Tänzerinnen wie<br />

Tänzer <strong>die</strong> Kleider am liebsten gleich für ihren<br />

Alltag mitgenommen hätten!<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong>r Kunst ist Mode Vergänglichkeit<br />

– machen Sie sich darüber<br />

Gedanken?<br />

Manchmal werde ich gefragt: Sind Sie<br />

Künstler? Nein, natürlich nicht! Ich mache<br />

etwas, das einen Zweck erfüllt. Mode<br />

ist vergänglich, darum ist es Mode. Auch<br />

wenn es bei Akris immer Teile gibt, <strong>die</strong><br />

man länger tragen kann. Mode ist heute<br />

weniger zeitbezogen, als vielmehr menschenbezogen.<br />

Es ist eine grosse Eigenständigkeit<br />

möglich, <strong>die</strong> nicht in ein Gesamtbild<br />

passen muss. Es gibt auch nicht<br />

mehr <strong>die</strong>ses Diktat der Saison. <strong>Und</strong> dennoch<br />

braucht es <strong>die</strong> überlagernde Formulierung<br />

einer Epoche, <strong>die</strong> eine Kollektion<br />

richtig oder nicht richtig für <strong>die</strong> Saison erscheinen<br />

lässt. Nur dann bleibt Mode immer<br />

wieder modern.<br />

Eine stete Gratwanderung zwischen eigener<br />

Handschrift <strong>und</strong> Zeitgeist <strong>und</strong> Trend?<br />

Nein, <strong>die</strong> Handschrift muss immer erkennbar<br />

sein, sie hat nichts mit Zeitgeist<br />

<strong>zu</strong> tun. Sie baut sich über Jahre auf. Aber<br />

es ist gleichzeitig <strong>die</strong> oberste Anforderung<br />

an eine Kollektion, dass sie aktuell ist. Das<br />

Vergängliche des Zeitgeistes formuliert <strong>die</strong><br />

Qualität des Moments in der übergeordneten<br />

Unverkennbarkeit der Marke. Diesem<br />

Gesetz müssen sich alle Kreativen in <strong>die</strong>sem<br />

Beruf jede Saison von Neuem stellen.<br />

Sonst bleibt es bei einer nationalen oder<br />

regionalen Wahrnehmung der Kollektion<br />

oder Marke. |<br />

JULES AUDEMARS<br />

DUAL TIME<br />

LE BRASSUS (VALLÉE DE JOUX) - SCHWEIZ - audemarspiguet.com


AGENDA<br />

AUSSTELLUNGEN IN DER SCHWEIZ<br />

von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch<br />

LOUISE BOURGEOIS ALS SAISONHÖHEPUNKT<br />

FONDATION BEYELER<br />

Ihre Riesenspinne ist bereits durch mehrere Schweizer Grossstädte getourt.<br />

Seit dem 2. September thront <strong>die</strong> Skulptur «Maman» in der Fondation<br />

Beyeler. Dort wird das Werk der gebürtigen Pariserin, <strong>die</strong> 1938 nach<br />

New York zog <strong>und</strong> sich dort bald in den Kreis der vor dem Krieg gefl üchteten<br />

Surrealisten integrierte, in einer konzentrierten Auswahl von 20 Exponaten<br />

gezeigt. Die Ausstellung <strong>zu</strong>m 100. Geburtstag von Louise Bourgeois<br />

wurde noch mit der Künstlerin selbst kurz vor ihrem Tod im Jahr 2010<br />

geplant. Sie befasst sich mit den zentralen Themen ihres Schaff ens – der<br />

Weiblichkeit, der Sexualität <strong>und</strong> der Beziehung <strong>zu</strong>r Mutter – <strong>und</strong> setzt sie<br />

in Beziehung mit anderen Werken aus der Fondation Beyeler.<br />

Louise Bourgeois, bis <strong>zu</strong>m 8. Januar 2012, Fondation Beyeler,<br />

Basel, 061 645 07 00 www.fondationbeyeler.ch<br />

26 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

Frédéric Delpech, © 2011, Louise Bourgeois Trust / ProLitteris, Zürich<br />

DECRAUZAT, WIE ER<br />

IM BUCHE STEHT<br />

Philippe Decrauzat ist vor allem für seine Op Art<br />

bekannt. Er setzt sich aber auch mit Film <strong>und</strong> Ton<br />

auseinander. Für seine Genfer Ausstellung hat das<br />

Centre genevois d’édition contemporaine einen auf<br />

400 Exemplare limitierten Künstler-<br />

Bildband herausgegeben.<br />

Philippe Decrauzat, bis <strong>zu</strong>m<br />

20. November 2011, Centre genevois<br />

d’édition contemporaine, Genf, 022<br />

310 51 70, www.c-e-c.ch<br />

«RECTANGLE AND SQUARE» - VON<br />

PICASSO BIS JUDD<br />

Die Ausstellung «Rectangle and Square», Erwerbungen<br />

der Rupf-Stiftung gibt nun <strong>zu</strong>m ersten Mal<br />

umfassenden Einblick in <strong>die</strong> Sammlungstätigkeit<br />

der Stiftung seit deren Gründung.<br />

Im Stiftungsgut finden sich neben<br />

bedeutenden Werkgruppen von Picasso,<br />

Braque, Klee oder Kandinsky<br />

auch grossartige Werke der Minimal<br />

Art, der Zero, der Konkreten. Zu<br />

den jüngsten Ankäufen gehört<br />

eine Gruppe von Werken des in<br />

Bern wohnhaften Konzeptkünstlers<br />

Vaclav Pozarek sowie von Florian<br />

Slotawa.<br />

Rectangle and Square, bis <strong>zu</strong>m<br />

8. Januar 2012, Kunstmuseum Bern,<br />

031 328 09 44,<br />

www.kunstmuseumbern.ch<br />

FOTOS EINER<br />

SAMMLUNG<br />

Erstmals der Öff entlichkeit <strong>zu</strong>gänglich:<br />

Auf einzigartige Weise dokumentiert<br />

<strong>die</strong> von den Brüdern Ruedi<br />

<strong>und</strong> Thomas Bechtler initiierte<br />

Fotosammlung der Firma Zellweger<br />

Luwa den Wandel der Fotografi e <strong>zu</strong>r konzeptuellen<br />

Kunstform. Vielfalt von Werkzyklen von John Baldessari,<br />

Jeff Wall über Sigmar Polke, Richard Prince bis<br />

Roman Signer.<br />

Through the looking Brain,<br />

15. Oktober 2011 bis 29. Januar 2012, Kunstmuseum<br />

St. Gallen, 071 242 06 71,<br />

www.kunstmuseumsg.ch<br />

MAXIMUM DAFFLON<br />

Manchmal ist weniger mehr. Oder<br />

wie man eine maximale visuelle<br />

Spannung mit einem Minimum<br />

an Farben schaff t. Die im Fri-Art<br />

in Freiburg gezeigten Werke des<br />

Lausanners Stéphane Daffl on sind<br />

eine Gratwanderung zwischen Op<br />

Art <strong>und</strong> Minimalismus. Eines der<br />

Highlights in <strong>die</strong>sem Herbst.<br />

Stéphane Daffl on, bis <strong>zu</strong>m<br />

30. Oktober 2011, Fri-Art centre d’art<br />

contemporain, Fribourg,<br />

www.fri-art.ch<br />

Philippe Decrauzat<br />

Stéphane Daffl on Kunstmuseum St-Gallen Kunstmuseum Bern<br />

Als <strong>In</strong>begriff von Eleganz <strong>und</strong> Lebensart steht <strong>die</strong> Hampton<br />

Kollektion für unverkennbares Design <strong>und</strong> klare Linienführung<br />

– für Sie <strong>und</strong> für Ihn. www.baume-et-mercier.com


TREFFPUNKTE<br />

von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch<br />

LUST AUF WILD? VIER RESTAURANTS,<br />

UM DIE JAGDSAISON ZU ZELEBRIEREN<br />

ZÜRICH<br />

JAGDPAVILLON AM SEE<br />

Das elegante Gartenrestaurant des Luxushotels<br />

Baur au Lac hat nach der grossen Erneuerung<br />

jetzt das ganze Jahr Saison. <strong>In</strong> der verglasten<br />

Rotonde lässt sich inmitten uralter Parkbäume<br />

<strong>die</strong> Haute Cuisine von Chefkoch Lauren Eperon<br />

geniessen. Seine frischen <strong>und</strong> dynamischen<br />

<strong>In</strong>terpretationen machen selbst klassische Wildgerichte<br />

<strong>zu</strong> einem Contemporary Fine Dining.<br />

Restaurant Pavillon, Baur au Lac, Talstrasse 1,<br />

Zürich, 044 220 50 22, www.aupavillon.ch<br />

28 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

GENF<br />

GANZ GROSSE KLASSE<br />

Die Adresse ist der angesagte Treff punkt der<br />

Genfer Feinschmecker. Im Oktober wird das von<br />

Michelin mit zwei Sternen dekorierte Haus von<br />

Philippe <strong>und</strong> Magali Chevrier <strong>zu</strong>m Jagdrelais.<br />

Auf der Menükarte steht Köstliches vom Haarwild<br />

(Hase, Reh <strong>und</strong> Hirsch) <strong>und</strong> vom Federwild<br />

(Waldschnepfe, Ringeltaube, Wildhuhn, Wildente),<br />

begleitet von erstklassigen Crus aus dem<br />

berühmten Keller. La grande classe!<br />

Domaine de Châteauvieux, 16 chemin<br />

de Châteauvieux, Peney-Dessus, Genf,<br />

022 753 15 11, www.chateauvieux.ch<br />

ZÜRICH<br />

WILD UND WEIN<br />

Schiesst der Perfektionist Beat Caduff einen<br />

Bock, freut sich der Wildgeniesser. Der Hausherr<br />

von Caduff ’s Wine Loft geht selbst auf <strong>die</strong> Jagd.<br />

Unübertreff bar sind seine Zubereitungen von<br />

Hirsch, Gams <strong>und</strong> Reh. Eine besondere Liebe<br />

des Bündners gilt dem Wein. Sein Angebot umfasst<br />

2222 Gewächse aus aller <strong>Welt</strong>. Wer für <strong>die</strong><br />

Wildwochen bis 29. Oktober keinen Platz mehr<br />

fi ndet, sollte jetzt schon für <strong>die</strong> Metzgete vom<br />

8. bis 12. November reservieren.<br />

Caduff ’s Wine Loft, Kanzleistrasse 126,<br />

Zürich, 044 240 22 55, www.wineloft.ch<br />

ARZIER<br />

FÜR GOURMETS<br />

2010 renoviert, ist <strong>die</strong>se hübsche Auberge<br />

ob Nyon in der ganzen Roman<strong>die</strong> für ihre<br />

Wildspezialitäten berühmt. Georges Lelièvre<br />

verarbeitet Federvieh <strong>zu</strong> Terrinen (Rebhuhn-<br />

Rillette, Fasanenpastete Pantin) <strong>und</strong> grilliert,<br />

gart <strong>und</strong> brät edle Stücke vom vierbeinigen<br />

Wild (Hirschfi let, entbeinter Rehrücken,<br />

Hasenentrecôte). Céline Lelièvre ist für den<br />

schönen Keller <strong>zu</strong>ständig, wo Terroirweine<br />

(Wallis, Genf, Wallis) neben edlen Tropfen<br />

aus der Champagne <strong>und</strong> dem Graubünden<br />

(Heimat der Besitzer) reifen.<br />

Auberge de l’Union, 9 route de Saint-Cergue,<br />

Arzier, 022 366 25 04, www.auberge-arzier.ch<br />

photos: DR<br />

TREFFPUNKTE<br />

von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch<br />

GUTE ADRESSEN ZWISCHEN GENF UND ZÜRICH<br />

FÜR ALLE, DIE MODE UND DESIGN SCHÄTZEN.<br />

ZÜRICH : DÄNISCHER PURISMUS<br />

Meisterwerke dänischer Möbeltischlerei aus der Zeit von 1920 bis 1970 fi nden sich in der<br />

Galerie Dansk Møbelkunst, <strong>die</strong> ihren Hauptsitz von Kopenhagen nach Zürich verlegt hat.<br />

Angeboten werden in dem grosszügigen Ausstellungsraum in der Nähe des Paradeplatzes<br />

Originale aus der Frühzeit der dänischen Möbelkunst von Kaare Klingt <strong>und</strong> Rudolf Rasmussen<br />

bis <strong>zu</strong> Ikonen des <strong>In</strong>dustriedesigns von Arne Jacobson oder Børge Mogensen.<br />

Dansk Møbelkunst, Talacker 30, 8001 Zürich, 044 383 83 33, www.dmk.com<br />

DR<br />

GENF : DIE MÖBELKOMPANIE<br />

Die Arkade liegt ganz oben an der Rue du Perron, in Richtung<br />

Genfer Altstadt auf der linken Seite. Eine ziemlich präzise Beschreibung,<br />

aber das muss so sein. Meubles & Cie hat nämlich<br />

kein richtiges Schaufenster. Das Möbelgeschäft ist in einem<br />

der typischen Genfer Gebäude aus dem Mittelalter mit dicken<br />

Mauern <strong>und</strong> schmalen Fenstern untergebracht. Dort bietet der<br />

<strong>In</strong>nenarchitekt <strong>und</strong> genaue Beobachter der zeitgenössischen<br />

Möbelszene einen Katalog aus Stücken etablierter Designer<br />

(Moooi, Maarten Baas, Established & Sons), recherchierter<br />

Marken (Cherner Chair, PP Møbler, Sawaya & Moroni) <strong>und</strong><br />

einer Little-Home-Ecke geführt von Rebecca Sirdey, damit <strong>die</strong><br />

Kids den Sinn für Schönes in <strong>die</strong> Wiege gelegt bekommen.<br />

Meubles & Cie, 27 rue du Perron, 022 311 70 50,<br />

www.meubles-cie.ch<br />

GENF : DESIGN IM DETAIL<br />

Mit ihren dunklen Wänden <strong>und</strong> dem urgemütlichen Ambiente<br />

könnte <strong>die</strong> Boutique glatt als Boudoir durch<strong>gehen</strong>. Ein Boudoir<br />

aber, in dem sich <strong>die</strong> Anwesenden nur über Möbel von heute<br />

austauschen. Die <strong>In</strong>nenarchitektin <strong>und</strong> Eigentümerin Geneviève<br />

Vadi mischt grosse Namen des Designs (Cassna, Molteni,<br />

Tom Dixon) mit Werken noch nicht ganz so bekannter kreativer<br />

Köpfe aus allen Teilen der <strong>Welt</strong>.<br />

Détail, 16 rue Etienne-Dumont, 022 310 78 05<br />

ZÜRICH : KLASSIKER UND NEWCOMER<br />

Sie navigieren gekonnt im Strom von Trends <strong>und</strong> Stilen: Bibiana<br />

Stoecklin <strong>und</strong> Gabrielle Ma<strong>zu</strong>rczak, <strong>die</strong> beiden <strong>In</strong>haberinnen<br />

der Agentur Modestrom. Am 1. Oktober haben sie an der<br />

Seefeldstrasse 110 ihren neuen, 150 m 2 grossen Laden eröff net.<br />

Dort fi nden sich für Damen <strong>und</strong> Herren Kleidungsstücke,<br />

Schuhe, Accessoires <strong>und</strong> Schmuck von Marken wie Nina Ricci,<br />

Issa London über Kandahar bis <strong>zu</strong> Arbeiten der Newcomerin<br />

Aéthérée.<br />

Modestrom, Seefeldstrasse 110 / Feldeggstrasse 53, 8008<br />

Zürich, 044 499 91 91, www.modestrom.com<br />

DR<br />

DR DR<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 29


DOSSIER | ELEGANZ | von Emmanuel Grandjean <strong>und</strong> Konrad Koch - Fotos: Cédric Widmer<br />

MODE<br />

«LUXE» WÄHLT DIE VIER ELEGANTESTEN SCHWEIZER. BEKENNTNISSE<br />

VON MÄNNERN, DIE DAS SCHÖNE LIEBEN UND TRAGEN.<br />

MEN<br />

Wie jedes Jahr verteilt «Luxe» Punkte<br />

an stilbewusste Schweizer<br />

Männer. Angesichts der nationalen Verbreitung<br />

unseres Magazins haben wir<br />

das Jagdrevier auf das ganze Land ausgedehnt.<br />

Das Unterfangen war nicht<br />

ganz einfach, galt es doch, zwischen den<br />

Gruppen «kreative Hedonisten» (Designer,<br />

Grafi ker, Architekten) <strong>und</strong> «Banker»<br />

<strong>zu</strong> wählen. Die Vertreter <strong>die</strong>ser<br />

Kategorien gelten traditionell als <strong>die</strong><br />

bestangezogenen, <strong>die</strong> wissen, wie man<br />

sich weder <strong>zu</strong> klassisch noch <strong>zu</strong> modisch,<br />

<strong>zu</strong> strikt oder <strong>zu</strong> cool kleidet. Aus<br />

Freude an der Abwechslung entschieden<br />

wir uns für das kreative Segment. Wobei<br />

es gar nicht so einfach war, sie aus der<br />

Reserve <strong>zu</strong> locken. Oder wie <strong>die</strong> Grille<br />

in der Fabel des französischen Dichters<br />

Jean-Pierre Claris de Florin meint: «Um<br />

hier<strong>zu</strong>lande glücklich <strong>zu</strong> leben, muss <strong>die</strong><br />

Eleganz im Versteckten blühen.» Unsere<br />

Auserwählten mögen weder <strong>die</strong> grosse<br />

Show noch Bling-Bling <strong>und</strong> reden nicht<br />

gerne lautstark über ihre vestimentären<br />

Vorlieben. Denn Eleganz ist nicht nur<br />

eine Sache der Mode, sondern vor allem<br />

des Savoir-vivre.<br />

GENF<br />

PHILIPPE CRAMER,<br />

DESIGNER, 41<br />

Die Marke der Kleidung, <strong>die</strong> er<br />

für das Foto gewählt hat? Keinen<br />

Schimmer. Philippe Cramer,<br />

Designer <strong>und</strong> alles andere<br />

als Fashion Victim, mag nur<br />

Basics, Unifarben <strong>und</strong> vor allem<br />

keine dominanten Logos. «Es<br />

stimmt, Labels sind mir ziemlich<br />

egal.» Für den eleganten Touch<br />

wählt er lieber ungewöhnliche,<br />

amüsante Accessoires, eine<br />

einfache, portemonnaiefre<strong>und</strong>liche<br />

Art, <strong>zu</strong> überraschen.<br />

So ziehen <strong>die</strong> leuchtend<br />

roten Lackschuhe Schule von<br />

Schmoove Blicke auf sich «Es<br />

ist einer der wenigen Schuhhersteller,<br />

an deren Name ich<br />

mich erinnere. <strong>Und</strong> <strong>die</strong> Schuhe<br />

sind bequem wie Pantoff eln.»<br />

Philippe kauft seine Kleider am<br />

liebsten in den Ferien oder auf<br />

Geschäftsreisen. «Nie in Genf,<br />

denn hier sind <strong>die</strong> Kleider für<br />

Banker <strong>und</strong> Anwälte bestimmt.<br />

Für mich sind sie <strong>zu</strong> klassisch,<br />

ich bevor<strong>zu</strong>ge Kreativität. Ich<br />

lege Wert auf mein Äusseres,<br />

weil es mir wichtig ist, optisch<br />

einen vorteilhaften Eindruck <strong>zu</strong><br />

machen. Für mich ist Eleganz<br />

vor allem eine Geisteshaltung.<br />

Eine Mischung von tiefer<br />

Achtung vor Traditionen <strong>und</strong><br />

diskreter, wohlmeinender Respektlosigkeit.»<br />

www.philippecramer.com<br />

30 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 31


ACTU | PASSÉ-PRÉSENT | par David Chokron<br />

LAUSANNE<br />

GIORGIO PESCE<br />

GRAFIKER, 45<br />

Für Giorgio Pesce ist ein<br />

Kleidungsstück dann schön,<br />

wenn es gut geschnitten ist. Es<br />

muss bequem sein, gut aussehen,<br />

aber nicht zwingend von<br />

einem italienischen Designer<br />

stammen. Allerdings tragen<br />

das Karohemd <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schuhe,<br />

<strong>die</strong> der Grafi ker aus Lausanne<br />

für das Fotoshooting gewählt<br />

hat, das Label Prada. «Ein<br />

Zufall. Ich mag auch Jil Sander<br />

<strong>und</strong> Maison Martin Margiela.<br />

Auf Marken werde ich erst<br />

aufmerksam, wenn mir etwas<br />

auff ällt. Aber eigentlich sind<br />

sie mir eher unwichtig», gibt<br />

der Chef des Atelier Poisson<br />

<strong>zu</strong>, der das Glück hat, ein<br />

Metier aus<strong>zu</strong>üben, das keine<br />

Uniform braucht, um Originalität<br />

aus<strong>zu</strong>drücken. «Mein<br />

Stil? Keine Ahnung. Man hat<br />

schon von Dandy gesprochen.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich mag ich Farben,<br />

den Mix von Texturen <strong>und</strong><br />

Motiven. Ich bin somit kein<br />

absoluter Fashionista. Mode<br />

interessiert mich zwar, aber ich<br />

bin ihr nicht verfallen», sagt der<br />

Grafi ker, für den Eleganz viel<br />

mehr ist als nur gerade Aussehen.<br />

«Eleganz ist eine Frage<br />

der Raffi nesse, der Art <strong>zu</strong><br />

sprechen, sich <strong>zu</strong> bewegen <strong>und</strong><br />

sich in bestimmten Situationen<br />

<strong>zu</strong> verhalten. Die Weise, wie<br />

eine Person geht, zeigt ihren<br />

Stil. Eleganz ist aber auch eine<br />

Form von Humor <strong>und</strong> Nonchalance,<br />

sie ist <strong>die</strong> Fähigkeit, sich<br />

nicht ernst <strong>zu</strong> nehmen.»<br />

www.atelierpoisson.ch<br />

ZÜRICH<br />

MARK,<br />

GASTGEBER, 46<br />

Sein Stil, sich <strong>zu</strong> kleiden, ist wie<br />

seine Art <strong>zu</strong> arbeiten. Bespoken<br />

Hospitality – massgeschneiderte<br />

Gastfre<strong>und</strong>schaft – nennt<br />

Mark seine Dienstleistung, <strong>die</strong><br />

er seinen K<strong>und</strong>en als Caterer<br />

bietet. Beste Gr<strong>und</strong>stoff e, perfekt<br />

verarbeitet, machen jeden<br />

Cocktail, jedes Diner aus seiner<br />

Massfertigung <strong>zu</strong> einem Anlass<br />

schlichter Eleganz. «<strong>In</strong>dem man<br />

dem äusseren Erscheinungsbild<br />

einen hohen Stellenwert gibt,<br />

respektiert man das <strong>In</strong>nere <strong>und</strong><br />

das Gegenüber.» Die Maxime<br />

für seine Arbeit ist auch <strong>die</strong> für<br />

seine Kleidung. Hochwertige<br />

<strong>und</strong> diskrete Materialien,<br />

im Design aufs Wesentliche<br />

reduziert, sein Spektrum<br />

reicht von klassisch, wie der<br />

gewählte braune An<strong>zu</strong>g, bis<br />

<strong>zu</strong> sportlich dezent. Für den<br />

Bespoken-Tailoring-An<strong>zu</strong>g<br />

bevor<strong>zu</strong>gt er italienische <strong>und</strong><br />

englische Stoff e, während er in<br />

der informellen Kleidung gar<br />

High-Tech-Textilien trägt, <strong>die</strong><br />

er <strong>zu</strong>sammen mit seiner Frau,<br />

der schweizerisch-japanischen<br />

Damenmodeschöpferin Ka<strong>zu</strong><br />

Huggler, in Japan eingekauft<br />

hat. Konservativer gibt er sich<br />

bei den Schuhen: J. M. Weston<br />

aus Frankreich <strong>und</strong> Ludwig<br />

Reiter (Trainers) aus Wien.<br />

Nur einige Modelle, aber von<br />

jedem so viele Paare, dass jedes<br />

getragen sich gut gepfl egt<br />

erholen kann. Achtung eben<br />

allem gegenüber.<br />

www.markcompany.net<br />

www.ka<strong>zu</strong>huggler.com<br />

32 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 33


ZÜRICH<br />

MATHIAS RASTORFER,<br />

GALERIST, 50<br />

«Neue Hosen für neue Menschen!»<br />

Der Satz der russischen<br />

Avantgardisten der Zwanzigerjahre<br />

ist für Mathias Rastorfer,<br />

Direktor <strong>und</strong> Mitinhaber der<br />

Modernegalerie Gmurzynska am<br />

Zürcher Paradeplatz, Beleg für<br />

<strong>die</strong> Wechselwirkung zwischen<br />

Kunsttendenzen <strong>und</strong> Modeströmungen.<br />

Er beherrscht <strong>die</strong> Kunst<br />

der <strong>In</strong>szenierung. Den Arbeiten<br />

der Künstler gehört in der Galerie<br />

am Paradeplatz <strong>und</strong> besonders<br />

an der Art Basel der grosse<br />

Auftritt, er setzt mit seinem Stil,<br />

der, wie er sagt, seiner Tageslaune<br />

entsprechend wechselt, den Kontrapunkt.<br />

Nie laut, denn obwohl<br />

ihm Marken wichtig sind, hat er<br />

<strong>die</strong> gerne, «<strong>die</strong> durch Qualität<br />

<strong>und</strong> Eigenständigkeit bestechen<br />

<strong>und</strong> ohne grossformatige Logos<br />

auskommen». Nennen mag er<br />

sie weniger, denn bei Namen<br />

zählen für ihn einzig <strong>die</strong> seiner<br />

Künstler. <strong>Und</strong> dann haben Kunst<br />

<strong>und</strong> Kleidung für ihn auch mit<br />

Ästhetik <strong>und</strong> Genuss <strong>zu</strong> tun:<br />

«Denn ohne Genuss keine gute<br />

Kunst, keine gute Mode <strong>und</strong> kein<br />

gutes Essen.» Kleidung, sagt<br />

er, ist auch wie ein Curriculum<br />

Vitae. Man kann andere dadurch<br />

entweder korrekt oder aber falsch<br />

einschätzen. Sich selbst sollte man<br />

aber nicht all <strong>zu</strong> ernst nehmen.<br />

www.gmurzynska.com<br />

HERITAGE IN THE MAKING<br />

THE TONDA HEMISPHERES COLLECTION<br />

Entirely manufactured in<br />

Les Ateliers Parmigiani<br />

in Switzerland<br />

Air Watch Center SA, Aéroport de Genève | L'Atelier du Temps SA, Crans-Montana<br />

Benoît De Gorski, Genève, Gstaad | Brändli Creation & Co, Villars-sur-Ollon<br />

Gold Time SA, Lugano, Chiasso | Gübelin AG, Basel, Bern, Genève, Lugano, Luzern, St. Moritz, Zürich<br />

Guillard SA, Lausanne | Haute Horlogerie Schindler, Zermatt | Herschmann Doris, Ascona<br />

Kirchhofer AG, <strong>In</strong>terlaken | Maissen & Co, Klosters | Zbinden, Montreux | Zeit Zone Zürich, Zürich<br />

34 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE WWW.PARMIGIANI.CH<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 35


TREND | GUIDE | von Dino Auciello<br />

FASHION<br />

7/7<br />

AUF EINEN BLICK: ALLE TRENDS DIESER SAISON FÜR JEDE SITUATION,<br />

VON MONTAG BIS SONNTAG. VERANSTALTEN SIE IHRE PERSÖNLICHE<br />

FASHION WEEK.<br />

1<br />

36 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

2<br />

3<br />

WEEK<br />

MONTAG<br />

1. Hermès<br />

2. Roberto Cavalli<br />

3. Ermanno Scervino<br />

AUF DEM<br />

BÖRSENPARKETT<br />

Schlicht <strong>und</strong> sachlich. Die Wolken, <strong>die</strong> seit<br />

dem Sommer <strong>die</strong> Stimmung an den <strong>Finanz</strong>märkten<br />

trübten, haben sich noch nicht verzogen<br />

<strong>und</strong> verkünden einen kapriziösen Herbst<br />

mit hoch- <strong>und</strong> tieffl iegenden Aktienkursen.<br />

Nichts mit locker <strong>und</strong> leger, dezente Erscheinung<br />

<strong>und</strong> gerade geschnittener An<strong>zu</strong>g sind<br />

de rigueur. Wer’s einen Hauch innovativer<br />

mag, schaut bei Mad Men rein – knöchellange<br />

Hose, da <strong>und</strong> dort ein bisschen Lammfell,<br />

Trenchcoat – es leben <strong>die</strong> Seventies!<br />

1<br />

2<br />

DIENSTAG<br />

IN DER OPER<br />

Sehen <strong>und</strong> gesehen werden. Die Oper ist nicht<br />

nur ein Spektakel für Aug <strong>und</strong> Ohr, sondern<br />

auch ein Ort der Selbstinszenierung. Wenn Sie<br />

<strong>die</strong> Blicke auf sich ziehen wollen, wählen Sie den<br />

Redingote-Look. Zu theatralisch? Nicht, wenn<br />

das Teil <strong>zu</strong> Ihnen passt, denn Sie wissen, dass<br />

ein reüssierter Auftritt leicht tragisch-komisch<br />

werden kann. Weniger Mutige setzen auf den<br />

farblichen Kontrast, Zurückhaltende fühlen sich<br />

im taillierten, dunklen, schicken Outfi t wohl.<br />

3<br />

1. Versace<br />

2. Louis Vuitton<br />

3. Giorgio Armani


SPORT | CYCLES<br />

1<br />

2<br />

3<br />

MITTWOCH<br />

1. Bottega Veneta<br />

2. Viktor & Rolf<br />

3. Yves Saint Laurent<br />

BUSINESSLUNCH<br />

Geschäftsessen als Rahmen für Ihre ganz persönliche<br />

Modenschau? Why not, denn es ist<br />

eine exzellente Gelegenheit, den strengen<br />

Büroan<strong>zu</strong>g ab<strong>zu</strong>legen <strong>und</strong> dennoch perfekt<br />

businesslike <strong>zu</strong> wirken (vor <strong>und</strong> nach dem<br />

Lunch rasch <strong>zu</strong>m Umziehen nach Hause ist<br />

eine Frage der Gewohnheit). Die Neuinterpretation<br />

männlicher Eleganz basiert auf subtilen<br />

Details: Schichtenlook, weite, gerade,<br />

kurze Schnitte, atemfre<strong>und</strong>liche Hemden. Der<br />

wahre, ewige Dandy, in jeder Situation virtuos.<br />

Ein Reich<br />

von Träumen<br />

Weissgold<br />

Spinell<br />

Jade<br />

www.guebelin.ch<br />

Brillanten<br />

Sarina Arnold trägt ATLANTIS<br />

Collier in Weissgold mit Brillanten // Collier <strong>und</strong> Anhänger in Weissgold mit schwarzem Spinell <strong>und</strong> Brillanten // Sautoir in Weissgold


1<br />

1. Salvatore Ferragamo<br />

2. Dolce & Gabbana<br />

3. Salvatore Ferragamo<br />

2<br />

3<br />

TREND | GUIDE<br />

DONNERSTAG FREITAG<br />

AN DER<br />

VERNISSAGE<br />

Klingende Gläser, <strong>die</strong> Besucher bew<strong>und</strong>ern<br />

ein Werk – oder vielleicht einen aufregenden<br />

Look? Raffi nesse ist angesagt– fl amboyant<br />

(ein monothematisches Ensemble, im Sonntagsstaat<br />

quasi) oder subtil (weite Hose mit<br />

Umschlägen oder ein Leder-Overall). Hier ein<br />

Grüsschen, dort ein Küsschen – <strong>und</strong> das Publikum<br />

staunt, wertet, lässt sich inspirieren <strong>und</strong><br />

fragt sich, wer wohl der Künstler ist.<br />

1. D & G<br />

2. Paul Smith<br />

3. D & G<br />

SHOPPING<br />

IN DER STADT<br />

Eleganz, Flexibilität, Kontraste – <strong>die</strong>s sind <strong>die</strong><br />

Schlüsselworte für den erfolgreichen Stadtbummel.<br />

Sportliches Sakko/Krawatte, übergrosse<br />

Daunenjacke über dem Hemd, <strong>die</strong> Hose<br />

wadeneng <strong>und</strong> grosszügig am Schritt. So wird<br />

Shophüpfen <strong>zu</strong>m ultimativen Vergnügen, jedes<br />

urbane Hindernis eine sportlich-amüsante Herausforderung.<br />

Beige, Gelb <strong>und</strong> Orange, <strong>die</strong><br />

Farben knallen, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Sneakers haben Vortritt.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 41


TREND | GUIDE<br />

1. Bally<br />

2. Marc Jacobs<br />

3. Burberry Prorsum<br />

1. Prada<br />

2. Gucci<br />

3. Junya Watanabe<br />

SAMSTAG<br />

LANDPARTIE<br />

Die ländliche Umgebung verlangt nach der<br />

richtigen Kleidung, denn es herrschen harte<br />

Sitten. Jäger- <strong>und</strong> Fischerlook sind nichts Ungewöhnliches<br />

für den, der das Gewehr schultert<br />

<strong>und</strong> weiss, wann <strong>die</strong> Fische beissen. Warm<br />

gefütterter Mantel, hohe Schnürschuhe, robuste<br />

Stiefel <strong>und</strong> <strong>die</strong> richtigen Accessoires<br />

machen das Abenteuer perfekt. Wenn auch<br />

nichts Ihre Stadtgarderobe ersetzen kann, <strong>die</strong><br />

schmale Hose unter dem Maximantel ist das<br />

absolute Must <strong>die</strong>ses Winters.<br />

SONNTAG<br />

BEI MAMA<br />

Sie denkt <strong>zu</strong>rück an <strong>die</strong> Zeit, als ihr kleiner<br />

Junge ganz von ihr abhängig war, als er später<br />

seine ersten Schrittchen tat. Kein W<strong>und</strong>er,<br />

Ihr Outfi t ruft nostalgische Gefühle gerade<strong>zu</strong><br />

hervor. Diese Saison unverzichtbar <strong>die</strong> gerade<br />

geschnittene, eine Spur kurze Hose, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Schüler der 1950er Jahre so adrett kleidete.<br />

Sie sehen aus wie ein junger, kaum erwachsener<br />

Dandy <strong>und</strong> passen vorzüglich ins sonntägliche<br />

Familienidyll. Vom Hemd bis <strong>zu</strong>m Duffl e<br />

Coat – Mamas braver Liebling ist da.<br />

42 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

1<br />

1<br />

2<br />

2<br />

3<br />

3<br />

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MODE | RATGEBER | von Christel Flach - Illustration: Nicolas Zentner<br />

STIL-<br />

VOLL<br />

IN DEN<br />

WINTER<br />

SCHAL ODER FOULARD? D? BUSINESS<br />

BAG ODER AKTENKOFFER? FER? MÄN-<br />

NERMODE IST MANCHMAL MAL KOM-<br />

PLIZIERT. MIT UNSEREN N RATSCHLÄ-<br />

GEN WEISS MANN SICH H COOL UND<br />

STYLISH ZU KLEIDEN, AUCH IN DER<br />

KALTEN JAHRESZEIT.<br />

S oll man Modetrends folgen?<br />

Obwohl der männliche<br />

Kleiderschrank deutlich weniger<br />

spektakulären Veränderungen<br />

unterworfen ist als sein weibliches Gegenstück,<br />

wartet jede Saison mit einer Menge<br />

manchmal tragbarer, manchmal ausserhalb<br />

des Laufstegs völlig untauglicher Neuheiten<br />

<strong>und</strong> Revivals auf. Kleiner Stilratgeber<br />

der brauchbaren Saisontrends, damit Sie<br />

<strong>die</strong> schlimmsten modischen Fehltritte vermeiden<br />

<strong>und</strong> trotzdem nicht <strong>zu</strong>m Fashion<br />

Victim verkommen.<br />

01<br />

DANDY-LOOK, LOOK,<br />

ZEITLOS ELEGANT? EGANT?<br />

Anhänger werden das bestätigen: estätigen: Dandyismus<br />

ist weit mehr als nur ein Look, er ist ist ein<br />

Lebensstil. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser Saison son ist der Dandy- Dandy-<br />

Look im leicht dekadenten n Retro-Chic angeangesagter denn je. Will heissen: n: <strong>In</strong> den darauff olgenden<br />

Saisons wird er vermutlich ermutlich völlig out<br />

sein. Die Lebenseinstellung ng aber ist ist zeitlos.<br />

OVERSIZE-STIL<br />

IM BÜRO,<br />

EIN NO-GO?<br />

Einer der Haupttrends der Saison. Er<br />

gehört eindeutig <strong>zu</strong> den Looks, <strong>die</strong> man<br />

in den Hochglanzmagazinen bew<strong>und</strong>ert,<br />

aber auf keinen Fall im Büro tragen<br />

sollte – es sei denn, man will als Clown<br />

durch<strong>gehen</strong>. Eine gut verarbeitete, an<br />

den Knöcheln geraff te Pumphose mit<br />

der passenden Jacke über einem eng anliegenden<br />

Pullover kann aber durchaus<br />

modisch <strong>und</strong> elegant wirken.<br />

DUFFLE COAT, NUR ETWAS<br />

FÜR JAGDAUSFLÜGE?<br />

Ursprünglich war der Duffl e Coat der Mantel der Royal Navy, <strong>die</strong>sen Winter verdrängt<br />

er <strong>die</strong> Daunenjacke. Kein W<strong>und</strong>er, es spricht eigentlich alles für ihn: Er<br />

trägt weniger auf, ist praktisch, angenehm <strong>zu</strong> tragen <strong>und</strong> strapazierfähig. Bunt, aus<br />

Lammfell, klassisch oder in Pepita – es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Doch<br />

wer <strong>die</strong> Wahl hat, hat <strong>die</strong> Qual …<br />

WELCHER KRAGEN PASST WANN?<br />

Yves Saint Laurent setzt <strong>die</strong>sen Winter auf poloartige, r<strong>und</strong>e <strong>und</strong> sehr kurze Kragen,<br />

Louis Vuitton dagegen auf Mao-Kragen. Gerade Kragen stehen bei allen Modedesignern<br />

hoch im Kurs. Hemden werden bis oben <strong>zu</strong>geknöpft <strong>und</strong> mit oder<br />

ohne Krawatte getragen. Aber nicht vergessen: Kragen nur unter der Jacke tragen!<br />

Auch kombiniert mit einem Pullover gehört der Kragen nicht darüber, sondern<br />

darunter.<br />

WAS SOLLTE IM WINTER 2011/12<br />

IM SCHUHSCHRANK STEHEN?<br />

Egal, ob Schnürstiefel, Turnschuhe oder Halbstiefel für <strong>die</strong> Stadt, <strong>die</strong> bis <strong>zu</strong>m<br />

Knöchel oder sogar bis unter das Knie reichen, Schuhe werden <strong>die</strong>sen Winter<br />

hoch getragen. <strong>In</strong> den Schuhschrank gehört ein hohes, regen- <strong>und</strong> schneefestes<br />

Paar aus schwarzem Leder, ein klassisches Paar für <strong>die</strong> Stadt, bequeme Mokassins<br />

<strong>und</strong> Turnschuhe aus Leder für <strong>die</strong> Freizeit. Männer bevor<strong>zu</strong>gen dunkle<br />

Braun-, Schwarz- oder Grautöne, <strong>die</strong> farblich gut <strong>zu</strong> allen Kleidern passen.<br />

BUSINESS BAG ODER<br />

AKTENKOFFER?<br />

Der gute, alte Aktenkoff er mit seinen<br />

Ecken <strong>und</strong> Kanten gehört einfach <strong>zu</strong>r<br />

Uniform eines Businessman. Bislang <strong>zu</strong>mindest,<br />

denn der Business Bag könnte<br />

das unverwüstliche Teil schon bald entthronen.<br />

Er ist nicht nur trendiger <strong>und</strong> auf<br />

Geschäftsreisen viel praktischer, sondern<br />

verleiht dem klassischen Outfi t auch eine<br />

lässig-schicke Note.<br />

44 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 45<br />

02<br />

03<br />

04<br />

05<br />

06


MODE | RATGEBER<br />

07<br />

FOULARD ODER KRAWATTE?<br />

Beides! Foulards setzen allerdings eine natürliche Lässigkeit<br />

voraus, damit Mann nicht all<strong>zu</strong> aristokratisch daherkommt.<br />

Diesen Winter sind schmale, aber nicht all<strong>zu</strong> feine Krawatten<br />

besonders angesagt. Zeigen Sie Mut <strong>zu</strong> Farbe <strong>und</strong> <strong>zu</strong> glänzenden<br />

Stoff en!<br />

08<br />

BRILLEN MIT<br />

GROSSEN RETRO-<br />

GLÄSERN, HAS BEEN<br />

OR NOT?<br />

Brillen wurden <strong>zu</strong>m ultimativen Modeaccessoire erhoben<br />

<strong>und</strong> schrecken vor keiner Extravaganz <strong>zu</strong>rück. Retro ist<br />

noch immer zeitgemäss. Sogar <strong>die</strong> kreisr<strong>und</strong>en Gläser erleben<br />

ein Revival. Ein Muss für alle Retro-Fans.<br />

09<br />

DER SCHAL: SCHMAL, LANG,<br />

KURZ, DICK …?<br />

Bei Burberry Prorsum <strong>und</strong> John Galliano ist der Schal leicht<br />

<strong>und</strong> wird nicht geknotet, sondern pfadfi nderartig mit einer<br />

Schnalle gehalten. An kalten Tagen ist ein schön dicker<br />

Schal in der gleichen Farbe wie der Pullover <strong>und</strong> wie ein<br />

Snood oder ein Rollkragenpulli eng um den Hals gewickelt<br />

genau das Richtige.<br />

10<br />

70ER-STIL ZURÜCK AUF DEN<br />

LAUFSTEGEN, EIN WAGNIS?<br />

Samtanzüge, Foulards, Schlaghosen, Federkette: Roberto<br />

Cavalli hat für den Catwalk ziemlich dick aufgetragen.<br />

Auch wenn Sie sich in Ihrem Job kleidungstechnisch ein<br />

paar Fantasien erlauben können, übertreiben Sie es nicht!<br />

Ein rostbrauner Maschenpulli, eine Samthose oder -jacke<br />

mit einem Foulard sind Seventies genug.<br />

IST TWEED<br />

TATSÄCHLICH IN?<br />

Tweed steht für <strong>die</strong> feine englische Art.<br />

Dem klassischen, total angesagten Stoff<br />

haftet etwas Nostalgisches an. Tweed ist<br />

schick, schön <strong>und</strong> in. Es gibt also keinen<br />

Gr<strong>und</strong>, sich <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>halten. Als Mantel,<br />

Jacke, An<strong>zu</strong>g oder Beret, der Gentleman-<br />

Stoff passt immer.<br />

WIRD<br />

DIE CHAPKA DEN WINTER<br />

ÜBERLEBEN?<br />

<strong>In</strong> den Bergen mag sie noch durch<strong>gehen</strong>, überall sonst hat <strong>die</strong> Chapka ausge<strong>die</strong>nt,<br />

ge<strong>die</strong>nt, Elega Eleganz verpfl ichtet! Ein breiter Filzhut oder ein Beret aus Tweed,<br />

Pers Persianer r ianer oder<br />

einem anderen Pelz kann <strong>die</strong> Chapka vorteilhaft ersetzen.<br />

46 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 47<br />

11<br />

KANN MAN IM<br />

WINTER 2011/12<br />

WIEDER PELZ<br />

TRAGEN?<br />

Pelze sind umstritten, bei eisigen<br />

Temperaturen führt trotzdem nichts<br />

an ihnen vorbei. Kein anderes Material<br />

ist im Winter angenehmer <strong>zu</strong><br />

tragen. Den Nerz-Totallook aber unbedingt<br />

vermeiden, er ist Laufstegen<br />

<strong>und</strong> amerikanischen Rappern vorbehalten.<br />

Gefütterte Mäntel oder ein<br />

Pelzkragen tun‘s auch.<br />

12<br />

13<br />

14<br />

DARF<br />

DIE FLIEGE NUR MIT EINEM<br />

SM<br />

SMOKING AUS DEM KLEIDER-<br />

SCHRANK GEHOLT WERDEN?<br />

Keineswegs! Diese Saison feiert sie nämlich ihr grosses Comeback<br />

<strong>und</strong> lässt sich auch mit weniger strengen Outfi ts ein. Dandy-Look<br />

lässt grüssen! Die Fliege wird entweder in der gleichen<br />

Farbe wie das Hemd oder in Schwarz getragen.


MACHERINNEN | KREATIONEN | von Emmanuel Grandjean - Fotos : Cédric Widmer<br />

EIN MÄNNER<br />

DAMEN<br />

SCHÖN<br />

MACHENDES<br />

QUARTETT<br />

SIE SIND STYLISTINNEN,<br />

EINE JUWELIERIN UND<br />

EINE SCHUHDESIGNERIN<br />

UND LEBEN ZWISCHEN<br />

GENF UND BASEL.<br />

BEGEGNUNG MIT VIER<br />

SCHWEIZERINNEN,<br />

DIE FÜR MÄNNERCHIC<br />

SORGEN.<br />

48 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

Mode ist weiblich – eine Binsenwahrheit<br />

<strong>und</strong> eine paradoxe da<strong>zu</strong>. Denn<br />

<strong>die</strong> Kreation von Damenmode liegt mehrheitlich<br />

in Männerhänden. Umgekehrt<br />

wird Männerfashion auch häufi g von<br />

Frauen ge<strong>macht</strong>. Stylistinnen, Schmuck<strong>und</strong><br />

Schuhdesignerinnen widmen sich immer<br />

mehr dem männlichen Erscheinungsbild.<br />

Männermode gewinnt in der Tat<br />

CLAUDIA GÜDEL, STYLISTIN<br />

Fragen sie Claudia Güdel nicht, ob sie Mode<br />

<strong>macht</strong>. Sie schaltet dann auf stur. Claudia Güdel<br />

entwirft Jeans, T-Shirts, Hosen, Shorts, Gürtel,<br />

sie konstruiert Kleider. «Mode hat eine Lebenszeit<br />

von sechs Monaten, ich aber entwickle Teile,<br />

<strong>die</strong> mehrere Jahre überdauern. Mindestens»,<br />

sagt sie selbstbewusst. Zum Beweis nimmt <strong>die</strong><br />

Basler Stylistin eine schwarze Kapuzenjacke<br />

vom Ständer in ihrem Showroom-<br />

Atelier-Shop. «Das Modell Ninja<br />

ist seit acht Jahren ein Bestseller.»<br />

Ein zeitloses, von den Fans heissgeliebtes<br />

Kleidungsstück. «Vor<br />

acht Jahren habe ich begonnen,<br />

Kleider <strong>zu</strong> entwerfen. Ausschliesslich<br />

für Herren, denn ich habe <strong>die</strong><br />

praktische Seite der Männerkleidung<br />

– viele Taschen auf Hosen<br />

<strong>und</strong> im <strong>In</strong>nern der Jackets – stets<br />

bevor<strong>zu</strong>gt.»<br />

2008 begann sich Claudia Güdel auch für <strong>die</strong><br />

Frau <strong>zu</strong> interessieren. «Tatsächlich waren viele<br />

meiner K<strong>und</strong>en eigentlich K<strong>und</strong>innen. Aber bei<br />

den Proportionen der Kleider klappte es nicht<br />

wirklich, was mich bewog, <strong>die</strong> Modelle auf den<br />

weiblichen Körper <strong>zu</strong> adaptieren. Eigentlich sind<br />

<strong>zu</strong>nehmend an Bedeutung, aber so richtig<br />

wichtig ist sie noch lange nicht. Männer<br />

kaufen, was sie brauchen, komfortable,<br />

günstige <strong>und</strong> pfl egeleichte Kleider<br />

– <strong>und</strong> sie sind <strong>zu</strong>frieden damit. Tant pis<br />

für modebewusste Männer: Sie fi nden ihre<br />

Meisterinnen. Vier Stylistinnen erklären,<br />

weshalb sie sich entschieden haben, für<br />

männlichen Kleiderstil <strong>zu</strong> sorgen.<br />

es <strong>die</strong> gleichen Stücke, nur kleiner <strong>und</strong> taillierter.<br />

<strong>Und</strong> heute biete ich auch eine exklusiv weibliche<br />

Kollektion an», führt <strong>die</strong> Stylistin aus, <strong>die</strong> sich am<br />

<strong>In</strong>stitut Modedesign der HGK Basel ausbilden<br />

liess. Später ging sie in <strong>die</strong> USA, wo sie an<br />

der Metropolitan Opera von New York <strong>und</strong><br />

beim Fashion Designer Eduardo Lucero – der<br />

damals noch nicht so bekannt war – in Los Angeles<br />

Stages absolvierte. «Die Gestaltung von<br />

Objekten hat mich immer fasziniert, ebenso<br />

<strong>die</strong> Architektur <strong>und</strong> <strong>die</strong> Bildhauerei. Dies bringe<br />

ich in meinen Kreationen <strong>zu</strong>m Ausdruck,<br />

<strong>die</strong> zwar immer strukturiert, aber dennoch chic<br />

sind. <strong>Und</strong> auch witzig. Humor in der Kleidung<br />

ist mir wichtig.»<br />

Die grafi sch anmutenden Teile sind meistens<br />

auch beidseitig tragbar. Daher auch das subtile<br />

Spiel der Nähte, <strong>die</strong> ein ganz anderes Kleidungsstück<br />

ergeben, je nachdem, wie man es<br />

anzieht. Wer sind <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> sich in Claudia<br />

Güdel kleiden? «Es sind vor allem Architekten<br />

<strong>und</strong> Kreative, weniger Banker, es sind Menschen,<br />

<strong>die</strong> sich gerne gut anziehen, aber nicht<br />

zeigen möchten, dass sie sich um ihren Look<br />

kümmern.»<br />

Claudia Güdel, <strong>In</strong>formationen <strong>und</strong><br />

Be<strong>zu</strong>gsadressen unter www.claudiagudel.ch<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 49


MACHERINNEN | KREATIONEN<br />

JENIFER BURDET, STYLISTIN<br />

Sie wohnt in Orzens<br />

ob Yverdon,<br />

in einem kleinen<br />

Zweih<strong>und</strong>ert-<br />

Seelen-Dorf,<br />

das nicht wie<br />

New York, Paris,<br />

London oder<br />

Mailand <strong>zu</strong> den<br />

Stationen der<br />

Fashion Weeks<br />

zählt. Eine<br />

Abgelegenheit, <strong>die</strong> durchaus ein Vorteil sein<br />

kann, um den Durchbruch in der Modewelt<br />

<strong>zu</strong> schaff en. «Ich beziehe meine <strong>In</strong>spirationen<br />

nicht von dem, was ich an <strong>die</strong>sen Orten sehen<br />

könnte. Sondern von meiner Umwelt, von Dingen,<br />

auf <strong>die</strong> mein Blick fällt.» Jenifer Burdet ist<br />

Stylistin <strong>und</strong> entwirft ausschliesslich Herrenmode.<br />

«Ich bin in einem männlichen Umfeld<br />

aufgewachsen. Es hat mir immer gefallen,<br />

wie sich <strong>die</strong> Buben kleiden konnten. Ich liebte<br />

<strong>die</strong> Kleider meines Bruders, denn sie waren<br />

weiter <strong>und</strong> komfortabler, um auf <strong>die</strong> Bäume <strong>zu</strong><br />

klettern», beschreibt sie ihren Werdegang.<br />

Vor vier Jahren begann sie mit der Ausbildung<br />

als Fashion Designer. «Eigentlich komme<br />

ich aus der <strong>Welt</strong> des Sports, aber ich fühlte<br />

mich vom Künstler- <strong>und</strong> Kreativmilieu stets<br />

angezogen. Vor allem faszinierte mich <strong>die</strong><br />

Idee, via Kleider Geschichten erzählen <strong>zu</strong> können.»<br />

Weshalb aber <strong>die</strong> männliche Schiene?<br />

«Wenn ich für Frauen kreiere, bin ich hin- <strong>und</strong><br />

hergerissen zwischen Stücken, <strong>die</strong> ich liebe<br />

<strong>und</strong> tragen möchte <strong>und</strong> jenen, <strong>die</strong> ich eigentlich<br />

kreieren will. Bei den Männerkleidern<br />

beschäftige ich mich ausschliesslich mit der<br />

Kreation. Ausserdem bin ich der Ansicht, dass<br />

Männermode angenehmer <strong>zu</strong> tragen ist.»<br />

Ihre an der Haute Ecole d’Art et de Design<br />

de Genève präsentierte Diplomkollektion<br />

inspiriert sich an der <strong>Welt</strong> des Sports <strong>und</strong> der<br />

Hobos (amerikanische Wanderarbeiter des<br />

19./20. Jahrh<strong>und</strong>erts). Weite, mehrschichtige<br />

Hüllen in Weiss oder Grau, Baggy-Pants <strong>und</strong><br />

grossmaschige Pullis verleihen den Models<br />

seltsame Silhouetten. «Als hätten sie verlängerte,<br />

hybride Körper. <strong>In</strong> meinen Recherchen<br />

entdeckte ich das Foto eines Landstreichers,<br />

dessen Schatten ein völlig verformtes Bild<br />

ergab. Dies ist das Milieu, das mich fasziniert.<br />

Denn es ist ein Universum der Freiheit, in dem<br />

jeder seine eigenen Codes entwickeln muss<br />

um <strong>zu</strong> überleben.»<br />

Eine weitere Besonderheit ihrer w<strong>und</strong>erschönen<br />

Kollektion mit der Bezeichnung I8 (I hate)<br />

ist: Sie ist völlig unabhängig von Jahreszeiten.<br />

Jedes Teil ist mit einem Reissverschluss ausgestattet<br />

<strong>und</strong> kann so je nach Wetter oder auch<br />

nach Lust <strong>und</strong> Laune kombiniert werden. «Ich<br />

liebe es, verschiedene Formen <strong>und</strong> Genres<br />

<strong>zu</strong> kombinieren. Kris van Assche, Hussein<br />

Chalayan, Jan-Jan van Essche, Rei Kawakubo<br />

sind nicht nur Stylisten, sie sind auch Künstler,<br />

Designer <strong>und</strong> Videofi lmer. Meine Arbeit<br />

ziehlt auf <strong>die</strong>se Form der <strong>In</strong>terdisziplinarität.<br />

Der Sport lehrte mich Körperbewegungen.<br />

Während des Studiums absolvierte ich ein<br />

Praktikum in einem Architekturatelier, wo ich<br />

mich mit dem Thema Struktur auseinandersetzte.<br />

Auch Kleider sind Konstruktionen.»<br />

Zurzeit sucht Jenifer Burdet nach einem<br />

Namen für ihr Label <strong>und</strong> kümmert sich um<br />

ihre erste kommerzielle Kollektion.<br />

An der Wand ihres Ateliers gibt das Moodboard<br />

einen Einblick in <strong>die</strong> Gedankenwelt.<br />

Vom Sport in <strong>die</strong> Berge, von Menschen von<br />

der Strasse <strong>zu</strong> Gipfelstürmern, Aufnahmen<br />

des Eigers, alte Fotos von Bergsteigerpionieren.<br />

«Die Kreation von Männerkleidern lässt<br />

mir totale Freiheit. Dies ist ein Bereich, wo<br />

alles möglich ist. Man hat mir noch nie gesagt,<br />

dass <strong>die</strong>se oder jene meiner Kreationen an<br />

einen bestimmten Modeschöpfer erinnern.»<br />

Ihre Devise, gut sichtbar über dem Computer<br />

angebracht, ist ein Zitat von Walt Disney:<br />

«Um ausserordentliche Dinge <strong>zu</strong> schaff en,<br />

muss man von <strong>die</strong>sen träumen. Dann wacht<br />

man langsam auf <strong>und</strong> realisiert den Traum<br />

vom Anfang bis <strong>zu</strong>m Ende, ohne sich jemals<br />

entmutigen <strong>zu</strong> lassen.»<br />

www.jeniferburdet.blogspot.com<br />

MURIEL LAURENT, JUWELIERIN<br />

Noch ist Männerschmuck ein<br />

winziger Markt, der nur darauf<br />

wartet, entwickelt <strong>zu</strong> werden.<br />

Erste Anzeichen dafür sind<br />

jedenfalls da <strong>und</strong> werden sich<br />

hoff entlich konkretisieren. «Obwohl<br />

ich nicht spezifi sch Männerschmuck<br />

entwerfe, gibt es<br />

Stücke, <strong>die</strong> beiden Geschlechtern<br />

gefallen», erklärt Juwelierin<br />

Muriel Laurent, <strong>die</strong> von der<br />

Marktnische profi tieren möchte.<br />

Wie geht sie vor? Es ist ein Unterschied,<br />

ob man Schmuck exklusiv für Männer oder<br />

Frauen gestaltet. «Formen <strong>und</strong> Proportionen<br />

sind verschieden, ebenso <strong>die</strong> Materialien. Für<br />

Herren eignen sich eher dichte Materialien wie<br />

Holz <strong>und</strong> Silber», erklärt <strong>die</strong> Kreateurin <strong>und</strong><br />

blättert im neuesten Kollektionsbook. Es ent-<br />

hält Objekte von einer bizarren Erhabenheit,<br />

<strong>die</strong> sich an der Pfl anzenwelt orientieren. «Dies<br />

ist eine Möglichkeit, der Natur ihren Platz auf<br />

dem menschlichen Körper <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>geben. Für<br />

mich muss ein Schmuckstück eine Botschaft<br />

vermitteln, es muss Persönlichkeit besitzen»,<br />

beschreibt <strong>die</strong> Schmuckmacherin ihre Arbeit.<br />

Ihre Kreationen inspirieren sich an Motiven<br />

aus der Natur. Sie zieren Handschuhe, <strong>die</strong><br />

mit Baumrindenmotiven serigrafi ert sind<br />

<strong>und</strong> bis <strong>zu</strong> den Schultern reichen. Ringe aus<br />

geschwärztem Silber sind mit Moosachat<br />

besetzt, in weissen Achat aus Finnland<br />

gemeisselte Pilze klammern sich an das Kleidungsstück.<br />

Jedes Objekt ist ein Einzelstück<br />

oder Teil einer Miniserie. «Ich arbeite allein<br />

<strong>und</strong> bin experimentierfreudig. <strong>In</strong> ein paar<br />

Monaten würde ich gerne mit <strong>In</strong>genieuren<br />

<strong>zu</strong>sammenarbeiten. Mit dem Preis, den ich<br />

vor kurzem vom ‹Fond Municipal d’Art Contemporain<br />

de Genève› erhalten habe, werde<br />

ich <strong>die</strong> Serie Bryum weiterentwickeln. Denn<br />

ich möchte eine technische Möglichkeit fi nden,<br />

um das Metall dauerhaft <strong>zu</strong> kolorieren»,<br />

beschreibt sie ihre Ziele.<br />

Bryum ist nicht nur <strong>die</strong> botanische Bezeichnung<br />

für ein Birnmoos, es ist auch der Name<br />

für attraktive Schmuckstücke. Etwa der Ring<br />

aus Uwarowit, einem grünen Malachitmineral,<br />

der einem das Gefühl gibt, sich ein<br />

Stück Natur über den Finger <strong>zu</strong> streifen. «Ich<br />

interessiere mich für <strong>die</strong> Wechselwirkung<br />

zwischen Kreation <strong>und</strong> Wissenschaft, für<br />

Künstler wie Eduardo Kac <strong>und</strong> sein genetisch<br />

modifi ziertes Leuchtkaninchen oder für Designer<br />

wie Dunne & Raby, <strong>die</strong> unser Verhältnis<br />

<strong>zu</strong> Objekten unter einem anderen, nämlich<br />

kritischen <strong>und</strong> ironischen Gesichtspunkt<br />

betrachten, was mir total gefällt», erzählt<br />

sie. Diplomiert in Schmuckdesign der Haute<br />

Ecole d’Art et de Design de Genève (Head),<br />

ist sie in den Design <strong>In</strong>cubator der Fondation<br />

Ahead aufgenommen worden. Die Stiftung<br />

unterstützt junge Kreative im Aufbau einer<br />

eigenen Marke <strong>und</strong> eines eigenen Geschäfts.<br />

«Meine Arbeiten positionieren sich zwischen<br />

Juwelierhandwerk <strong>und</strong> zeitgenössischer<br />

Kunst. Sie machen eine eigene Präsentation<br />

erforderlich, passen also eher in eine Galerie<br />

oder an ein Happening als in eine Boutique»,<br />

defi niert Muriel Laurent ihre Bijoux, <strong>die</strong> man<br />

wie kleine Kunstwerke auf sich trägt.<br />

www.muriellaurent-bijoux.blogspot.com<br />

50 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 51


ACTU | PASSÉ-PRÉSENT | par David Chokron<br />

ANITA MOSER,<br />

MASSSCHUHMACHERIN<br />

Wie viele Massschuhmacher gibt es in der<br />

Schweiz, abgesehen von den Armee- oder<br />

Orthopä<strong>die</strong>-Schuhmachern? Sie sind an einer<br />

Hand ab<strong>zu</strong>zählen. <strong>Und</strong> wie viele Herrenschuhmacher<br />

gibt es? Anita Moser in ihrem<br />

kleinen Atelier an der französischen Grenze<br />

überlegt. Wahrscheinlich ist <strong>die</strong> Bernerin <strong>die</strong><br />

einzige in der Schweiz. «Ursprünglich war<br />

ich klassische Tänzerin von Beruf, beendete<br />

aber meine Karriere, um etwas, sagen wir,<br />

Bodenständigeres <strong>zu</strong> machen.» Sie beginnt<br />

bei Bally in Schönenwerd eine Lehre als<br />

Modellzeichnerin, lässt sich später in Basel<br />

<strong>zu</strong>r Kleiderstylistin ausbilden. «Dann ging<br />

ich <strong>zu</strong> Bally <strong>zu</strong>rück. Es war eine fantastische<br />

Zeit, allerdings waren <strong>die</strong> Leute nicht sehr<br />

off en. Jedes Mal, wenn ich mit einer Idee<br />

kam, sagte man mir, dass man <strong>die</strong>se schon in<br />

den 1960er Jahren umsetzen wollte, leider erfolglos.<br />

Ich brauchte mehr Freiheit, ich wollte<br />

meine eigenen Projekte ausloten. Ich wählte<br />

<strong>die</strong> Schuhmacherei, denn in <strong>die</strong>sem Bereich<br />

verfügte ich über <strong>die</strong> meisten technischen<br />

Kenntnisse.»<br />

2003 lanciert <strong>die</strong> Gestalterin ihre eigene<br />

Marke Anita Moser. Zunächst produziert sie<br />

Damenmodelle, sieben Jahre später auch<br />

Schuhe für den Mann. «Die Herausforderung<br />

ist völlig verschieden. Die Damenkollektion<br />

muss in jeder Saison für Überraschung<br />

sorgen. Die Männer bleiben sich <strong>und</strong> dem <strong>zu</strong><br />

ihnen passenden Schuhwerk treu. Sie haben<br />

nicht den Wunsch nach Neuem, sondern<br />

wählen stets das ähnliche Modell.»<br />

Ihr Stil? Ländlicher Dandy, urban-ruraler Chic<br />

für jede Gelegenheit, solide Lederschuhe.<br />

Abnehmbare Gamaschen aus Lackleder oder<br />

gefl ochtenem Stoff sorgen für das gewisse<br />

elegante Etwas <strong>und</strong> den typischen Anita-Mo-<br />

ser-Stil. «Ich begann mich für Herrenbottinen<br />

<strong>zu</strong> interessieren, weil ich Gelegenheit erhielt,<br />

mit Kandahar <strong>zu</strong> arbeiten. Die Manufaktur<br />

bei Thun stellt Après-Skischuhe her <strong>und</strong><br />

kann jede Lederdicke nähen.» Die 100% in<br />

der Schweiz produzierten Schuhe kosten<br />

zwischen 650 <strong>und</strong> 750 Fr. «Männer sind<br />

bereit, verhältnismässig viel für Schuhe <strong>zu</strong><br />

bezahlen, weil sie wissen, dass sie <strong>die</strong>se lange<br />

Zeit tragen werden. Für mich sind Schuhe<br />

wie Uhren, ein Basic, das mit dem Besitzer<br />

lebt <strong>und</strong> dessen Geschichten miterlebt.<br />

Ausserdem werden Schuhe mit dem Tragen<br />

immer schöner.» Vorausgesetzt, sie erhalten<br />

<strong>die</strong> richtige Pfl ege. Anita Moser bestätigt,<br />

dass Männer <strong>die</strong>sbezüglich sorgfältiger sind<br />

als <strong>die</strong> Frauen.<br />

Anita Moser Herrenschuhe sind nur auf<br />

Bestellung erhältlich. Adressen <strong>und</strong> Auskünfte<br />

www.anitamoser.ch<br />

LUST<br />

von Emmanuel Grandjean<br />

NACH RAF SIMMONS, RICK OWENS UND GASPARD<br />

YURKIEVICH LÄSST AUCH KRIS VAN ASSCHE FÜR<br />

EASTPAK DIE KATZE AUS DEM SACK.<br />

WARUM SIE<br />

DIESE TASCHE<br />

UNBEDINGT<br />

HABEN MÜSSEN<br />

1. WEIL SIE COOL IST. Mit Eastpak <strong>und</strong> Kris<br />

van Assche triff t <strong>die</strong> breite Öff entlichkeit auf<br />

Männermode vom Feinsten <strong>und</strong> der lässige<br />

Rucksack aus unseren Schuljahren auf den<br />

It Bag der neuen Stilbewussten. <strong>Sack</strong>stark!<br />

2. WEIL SIE VON KRIS VAN ASSCHE<br />

STAMMT. Wie Hussein Chalayan <strong>und</strong><br />

Viktor & Rolf ist auch er Künstler – er<br />

hat bereits mehrfach bei Analix in Genf<br />

<strong>und</strong> in der Galerie von Barbara Polla ausgestellt<br />

– <strong>und</strong> Fashion Designer in einem.<br />

Diese Doppelspurigkeit <strong>macht</strong> seine Kreationen<br />

<strong>zu</strong>sätzlich intelligent.<br />

3. WEIL SIE MODISCH IST. Kris van Assche<br />

wurde von Hedi Slimane bei Dior<br />

Homme ausgebildet, das er neben seiner<br />

eigenen Marke noch immer als Artistic<br />

Director leitet. Er konzentriert sich<br />

ganz auf Männermode <strong>und</strong> legt Klassiker<br />

aus der Vergangenheit mit seinem<br />

unverwechselbaren, hocheleganten<br />

Stil neu auf, wobei er sie erfi nderisch<br />

<strong>und</strong> minimalistisch<br />

mit cleveren <strong>und</strong> schicken Details<br />

aufpeppt.<br />

4. WEIL SIE ZWECKMÄSSIG IST.<br />

Mit ihrer Fülle an unsichtbaren,<br />

tiefen Fächern <strong>und</strong> frechen Details<br />

(schauen Sie sich den Schlüsselanhänger<br />

an!) ist <strong>die</strong> Tasche w<strong>und</strong>erbar praktisch. Erhältlich<br />

in mehreren Versionen (Rucksack, Tragetasche,<br />

Schultertasche <strong>und</strong> Weekender) <strong>und</strong> in zwei Farbkombinationen<br />

(Beige <strong>und</strong> Schwarz).<br />

5. WEIL SIE ERSCHWINGLICH IST. Eine Designertasche<br />

für 199 Fr.? Ja, das gibt es tatsächlich!<br />

Exklusiv erhältlich bei Brachard Contemporain in Genf,<br />

18 rue de la Cité, 022 311 70 70, www.brachard.com,<br />

<strong>und</strong> unter www.eastpak.com<br />

52 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 53


PASSION | PORTRÄTS | von Emmanuel Grandjean - Fotos: François Wavre<br />

54 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

Schuhe<br />

<strong>und</strong><br />

Leute<br />

SIE SAMMELN, REPARIEREN, PFLEGEN – BEGEGNUNG MIT DREI LEIDENSCHAFTLICHEN<br />

LIEBHABERN UND KENNERN VON SCHÖNEM SCHUHWERK.<br />

YOHAN SEROR:<br />

DER SCHUHMACHER<br />

Genf ist eine schicke <strong>und</strong> mondäne Stadt,<br />

deren Bewohner auch <strong>zu</strong> Fuss gern luxuriös<br />

unterwegs sind. «Multinationale<br />

Unternehmen, internationale Organisationen<br />

beschäftigen Manager, Anwälte,<br />

Banker, für <strong>die</strong> es ein Must ist, gut gekleidet<br />

<strong>und</strong> beschuht <strong>zu</strong> sein», beschreibt Yohan<br />

Seror, der angesagte Luxusschuhmacher<br />

der Rhône-Stadt seine Klientel. <strong>In</strong><br />

seinem Atelier im Quartier Eaux-Vives<br />

kümmert sich der aus Paris stammende<br />

Handwerksmeister um das Wohler<strong>gehen</strong><br />

müder Treter, <strong>die</strong> ihm stilbewusste K<strong>und</strong>en<br />

anvertrauen. Hier warten Topmarken<br />

für Männer (John Lobb, Weston, Santoni,<br />

Crockett & Jones) neben Damenlabels<br />

(Chanel, Vuitton <strong>und</strong> Louboutin) auf erstklassige<br />

Wartung.<br />

«Am meisten haben wir es mit Damenschuhen<br />

<strong>zu</strong> tun. Sie nutzen sich zwar<br />

schneller ab, <strong>die</strong> Reparaturen sind aber<br />

einfacher», beschreibt Schuhmacher Seror<br />

seine Arbeit. Fakt ist, dass Frauen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

mehr Schuhe besitzen, modebewusster<br />

sind <strong>und</strong> deshalb in jeder Saison<br />

unzählige Highheels hin<strong>zu</strong>kaufen müssen.<br />

Anders <strong>die</strong> Männer. Für sie sind Schuhe<br />

weniger Modeartikel, sondern vielmehr<br />

eine Frage des Dresscodes. «Ein Mann, der<br />

seine Schuhe pfl egt, kann <strong>die</strong>se zwanzig<br />

bis dreissig Jahre tragen. Deshalb sind <strong>die</strong><br />

Reparaturen auch viel aufwändiger», erklärt<br />

Yohan Seror, der <strong>die</strong> Schuhmacherei<br />

in Strassburg, Nevers, Angers <strong>und</strong> in Paris<br />

gelernt hat <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Ausbildung als unumgängliche<br />

Vorausset<strong>zu</strong>ng bezeichnet,<br />

um Schuhe nach allen Regeln der Kunst<br />

<strong>zu</strong> reparieren. «<strong>In</strong> Sachen Schuhfl icken<br />

bin ich Spitze. Ich hätte auch Schuhe herstellen<br />

können, aber <strong>die</strong> Möglichkeiten für<br />

erstklassige Massschuhmacher sind limitiert,<br />

denn <strong>die</strong> K<strong>und</strong>schaft ist klein, <strong>die</strong> Arbeitsplätze<br />

rar. Frankreich hat in zwanzig<br />

Jahren nur gerade zwei, allerdings geniale<br />

Meister hervorgebracht: Anthony Delos<br />

<strong>und</strong> Pierre Corthay.»<br />

Seit einiger Zeit befi ndet sich <strong>die</strong> Luxusschuhmacherei<br />

jedoch im Aufwind. «Am<br />

Anfang meiner Gesellenjahre war das Metier<br />

wenig sicher. Heute ist alles anders. Das<br />

Luxus-Know-how zieht immer mehr Lehrlinge<br />

an», erklärt der französische Schuhmachergeselle<br />

Johnny Piot, der seit einem<br />

Jahr bei Seror arbeitet <strong>und</strong> bald wieder auf<br />

Wanderschaft von einer Schuhmacherei<br />

<strong>zu</strong>r andern aufb rechen wird. «Es war Allessandro<br />

Berluti, der in den 1990er Jahren das<br />

Schuhmachergewerbe aufgeweckt hat», erzählt<br />

Seror, der <strong>die</strong> einzige Schuhmacherin<br />

der Roman<strong>die</strong>, Joséphine Bailat, ausbildet.<br />

«Berluti hat <strong>die</strong> weibliche Schuhphilosophie<br />

auf <strong>die</strong> männliche umgesetzt <strong>und</strong> junge<br />

Marken motiviert, <strong>die</strong>sen Markt <strong>zu</strong> bearbeiten.<br />

Vor zwanzig Jahren waren es sechs,<br />

heute sind es bereits dreissig Labels, <strong>die</strong><br />

ihre Kreationen anbieten. Wie häufi g der<br />

Fall, hat auch hier das <strong>In</strong>ternet vieles verändert,<br />

es hat das <strong>In</strong>teresse für das Schuh-<br />

handwerk entfacht <strong>und</strong> damit den Käuferkreis<br />

vergrössert. Als ich Lehrling war,<br />

waren <strong>die</strong> K<strong>und</strong>en durchschnittlich fünfzig<br />

Jahre alt. Heute ist <strong>die</strong> Hälfte meiner<br />

K<strong>und</strong>schaft um <strong>die</strong> zwanzig, hervorragend<br />

informiert <strong>und</strong> sich bewusst, dass der Kauf<br />

von Luxusschuhen eine <strong>In</strong>vestition in ein<br />

dauerhaftes Produkt darstellt.»<br />

Yohan Seror, 6 rue des Marronniers, Genf,<br />

022 735 83 01, www.cordonnerie-seror.ch<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 55


PASSION | PORTRÄTS<br />

BRUNNO GOMES:<br />

DER SCHUHPFLEGER<br />

Er heisst Brunno – richtig, mit zwei n –<br />

<strong>und</strong> ist Schuhpfl eger von Beruf. Brunno<br />

ist ein Meister seines Fachs, ein Experte<br />

in Sachen Glänzen <strong>und</strong> Polieren, der<br />

selbst lebensmüde Schuhe wieder auf<br />

Trab bringt. Man triff t ihn jeweils von<br />

12 bis 15 Uhr in der Boutique Brogue an,<br />

wo er für den Schuhputzschemel verant-<br />

wortlich ist. Schuhmachermeister Yohan<br />

Seror (siehe Beitrag oben) <strong>und</strong> Gary Levy,<br />

Boutiquebesitzer <strong>und</strong> Genfer Luxusschuhe-Papst,<br />

haben das mobile Arbeitsmöbel<br />

bei einem Handwerker in Bordeaux anfertigen<br />

lassen. Geboten wird <strong>die</strong> Dienstleistung<br />

«Shine». Der K<strong>und</strong>e opfert eine<br />

Viertelst<strong>und</strong>e <strong>und</strong> geht dann mit Schuhen<br />

von dannen, <strong>die</strong> w<strong>und</strong>erbar gepfl egt, ja<br />

gerade<strong>zu</strong> wie neu sind.<br />

«Wir hatten <strong>die</strong> Idee», erzählt Brunno<br />

Gomes, «ein fast verschw<strong>und</strong>enes Metier<br />

aufl eben <strong>zu</strong> lassen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Tätigkeit<br />

des aus der Mode gekommenen Strassenschuhputzers<br />

auf<strong>zu</strong>polieren. Hier<strong>zu</strong>lande<br />

hat <strong>die</strong>ser Beruf ein schlechtes Image,<br />

im Gegensatz <strong>zu</strong> den USA, wo es sich um<br />

ein angesehenes Handwerk handelt.» Vor<br />

allem, wenn es mit jener Sorgfalt ausgeübt<br />

wird, wie Brunno es tut. Dieser erteilt<br />

in genau dreissig Minuten eine Schuhputzlektion:<br />

«Als Erstes trage ich <strong>die</strong> Pfl egecreme<br />

auf, <strong>die</strong> das Leder nährt. Dann<br />

<strong>die</strong> Farbcreme <strong>zu</strong>r Auff rischung. Schliesslich<br />

glänze ich den Schuh mit der Bürste<br />

<strong>und</strong> appliziere farblose Wachscreme, <strong>die</strong><br />

den Schuh schützt.» Jetzt wird der Schuh<br />

auf Hochglanz poliert <strong>und</strong> zwar nur <strong>die</strong><br />

festen Teile, Spitze <strong>und</strong> Kappe. Um <strong>die</strong><br />

Schuhe spiegelblank glänzen <strong>zu</strong> lassen,<br />

gibt man auf <strong>die</strong> einzelne Wachsschicht<br />

ein paar winzige Wassertropfen. Wie viele?<br />

«Das ist eben der Trick, wie überall gilt<br />

es auch hier, das richtige Mass <strong>zu</strong> fi nden.»<br />

www.shine-my-shoes.ch,<br />

Boutique Brogue,<br />

4 rue de la Tour de l’Ile, Genf,<br />

022 310 70 03 <strong>und</strong> 022 735 83 01<br />

OLIVIER DE MESTRAL:<br />

DER SCHUHSAMMLER<br />

Sein Atelier befi ndet sich in einem ruhigen<br />

Gässchen in Nyon. Nach zehn Jahren<br />

Vermögensverwaltung verabschiedete sich<br />

Olivier de Mestral von der Bank, um sich<br />

seiner Passion, der Verarbeitung von Leder,<br />

<strong>zu</strong> widmen. «Ich erfüllte mir einen Kindertraum»,<br />

erzählt der Sattler, der das Metier<br />

bei Jean Müller in Genf gelernt hat. Seit<br />

zwei Jahren in der Pferdesattlerei arbeitend,<br />

fabriziert der Waadtländer nun auch<br />

Lederaccessoires, Gepäckstücke, arbeitet<br />

für <strong>die</strong> Segelschiff fahrt <strong>und</strong> nimmt auch<br />

Spezialaufträge entgegen.<br />

So hat er für einen MG-Oldtimer einen<br />

Koff er für auf <strong>die</strong> Heckklappe hergestellt.<br />

Schuhe fabriziert er keine, aus dem einfachen<br />

Gr<strong>und</strong>, weil sich <strong>die</strong> Gelegenheit da<strong>zu</strong><br />

nicht ergeben hat. «<strong>In</strong> der Schweiz gibt es<br />

keine Ausbildung für Massschuhmacher.<br />

Man legt hier den Akzent auf seriöse, sorgfältige<br />

Arbeit. Stil <strong>und</strong> Ästhetik kommen<br />

erst in zweiter Linie», weiss er um hiesige<br />

Schuhmacherkunst, um fort<strong>zu</strong>fahren, «<strong>die</strong><br />

Armee besitzt eine einzigartige Tradition in<br />

der Schuhmacherei – sie liefert solide, gut<br />

ge<strong>macht</strong>e <strong>und</strong> dauerhafte Produkte, kümmert<br />

sich aber nicht ums Aussehen. Wir<br />

haben nicht <strong>die</strong> gleiche Kultur des Schönen<br />

wie beispielsweise Frankreich <strong>und</strong><br />

Deutschland.»<br />

Olivier de Mestral stellt keine Schuhe her,<br />

aber er sammelt sie. «Ich liebe deren Zeitlosigkeit.<br />

Schuhe sind unsere Verbindung<br />

<strong>zu</strong>r Erde. Oder wie man so schön sagt, wie<br />

beschuht, so läuft man.» Er ist stolzer Besitzer<br />

von etwa 45 Paaren, 30 davon trägt<br />

er eigentlich nie. «Ich kaufe sie aus purer<br />

Sammlerleidenschaft. Sie gefallen mir, weil<br />

sie einen Markstein in der Geschichte der<br />

Massschuhmacherei darstellen oder weil<br />

sie mit einer einzigartigen Technik produziert<br />

<strong>und</strong> genäht wurden.»<br />

Farblich liebts der Schuhliebhaber eher<br />

traditionell – braun, schwarz, manchmal<br />

bordeaux. Er bevor<strong>zu</strong>gt klassische Formen,<br />

<strong>die</strong> keiner Mode unterworfen sind.<br />

«Calceophil ist eine Wortschöpfung, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> Liebe <strong>zu</strong> schönen Schuhen bezeichnet<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> nichts mit Fetischismus <strong>zu</strong><br />

tun hat», präzisiert Olivier de Mestral, der<br />

sich noch sehr gut an seine ersten Church<br />

erinnert, seine Leidenschaft. «Sie gehörten<br />

meinem Vater. Ich war etwa fünfzehn<br />

<strong>und</strong> habe sie wochenlang poliert.»<br />

Sie sind immer noch Teil seiner Kollektion,<br />

<strong>die</strong> hochpreisige Labels wie Weston,<br />

Edward Green, Maxwell, Anthony Delos,<br />

Pierre Corthay <strong>und</strong> viele andere mehr<br />

umfasst. <strong>Und</strong> man beginnt <strong>die</strong> Freude an<br />

kostbarem, teurem Leder <strong>zu</strong> begreifen.<br />

«Kostbar ja, teuer nein, ich bestehe auf<br />

<strong>die</strong>ser Unterscheidung. Wenn ein Bottier<br />

für ein Paar Schuhe 4000 Fr. verlangt,<br />

<strong>die</strong> aus besten Materialien von besten<br />

Arbeitskräften hergestellt wurden, <strong>die</strong><br />

vielleicht vierzig bis fünfzig St<strong>und</strong>en daran<br />

gearbeitet haben, dann ist das nicht<br />

teuer, sondern ein korrekter Preis. Wahrscheinlich<br />

kann er damit nicht mal seine<br />

Kosten decken.» |<br />

www.olivierdemestral.ch<br />

56 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 57


Fotograf : Marc Ninghetto<br />

Post-Produktion : Karim Nassar<br />

Haare & Make-up : Francis Ases<br />

Styling : Pascale hug<br />

Models : Ben, Manuela & Melanie<br />

@UnitedModels<br />

AD : Francesca Serra & Emmanuel Grandjean<br />

TILDUELL<br />

DIE GESCHWUNGENEN LINIEN IM ROLEX<br />

LEARNING CENTER IN LAUSANNE SIND DAS<br />

TERRAIN DER KONFRONTATIONEN: SCHWARZ<br />

GEGEN WEISS, RATIO GEGEN EMOTION.<br />

ER<br />

An<strong>zu</strong>g <strong>und</strong> Hemd: Dries Van Noten<br />

Schuhe: Bally<br />

Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />

Submariner Date, Stahl<br />

SIE<br />

Seidenhemd: Chanel<br />

Reithose <strong>und</strong> Gürtel: Jean Paul Gaultier<br />

Schuhe: Fendi<br />

Uhr: ROLEX Oyster Perpetual Datejust<br />

Lady 31, Everose-Gold,<br />

Lünette mit 24 Brillanten


Body: La Perla<br />

Pelz: Bally<br />

Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />

Datejust Lady 31, Everose-Gold,<br />

Lünette mit 24 Brillanten<br />

SIE<br />

Kleid: Bally<br />

ER<br />

Hemd: Balenciaga<br />

Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />

Cosmograph Daytona,<br />

Everose-Gold


SIE (links)<br />

Kasack: Alexander McQueen<br />

SIE (rechts)<br />

Cape: Fendi<br />

Short: Miu Miu<br />

Uhr: ROLEX Oyster Perpetual Datejust,<br />

Rolesor-WeissGold, Lünette mit 46 Brillanten


Hemd: Dior<br />

Hose: Jean Paul Gaultier<br />

Schuhe: Bally<br />

Gürtel: Firma<br />

SIE<br />

Gilet: Simonetta Ravizza<br />

Gürtel: Jean Paul Gaultier<br />

Uhr: ROLEX Oyster Perpetual<br />

Datejust Special Edition,<br />

Weissgold, Lünette,<br />

Ziff erblatt<br />

<strong>und</strong> Armband<br />

mit Diamanten<br />

ER<br />

Hose: Neil Barrett<br />

Rollkragenpullover: Dior<br />

Uhr: ROLEX Oyster<br />

Perpetual Day-Date II,<br />

Platin, Ice-Blue-Ziff erblatt


WEBKUNST | SAVOIR FAIRE | von Konrad Koch - Fotos : Vera Hartmann<br />

Traumstoff<br />

ORGANZASEIDE, KASCHMIR UND<br />

YANGIR, DAS GOLDENE VLIES<br />

ZENTRALASIENS: IN BESTER MANU-<br />

FAKTURTRADITION VERARBEITET<br />

DIE WEBERIN KAROLA KAUFFMANN<br />

NATURGARNE ZU TEXTILEN KOST-<br />

BARKEITEN, DIE IN IHRER EINZIG-<br />

ARTIGKEIT KLEIDUNGSOBJEKTE<br />

UND KUNSTWERKE IN EINEM SIND.<br />

Raunende heissen sie, <strong>die</strong> germanischen<br />

Schicksalsgöttinnen. Von Göttern<br />

<strong>und</strong> Elfen sollen sie abstammen, <strong>die</strong><br />

Nornen, <strong>die</strong> den Lebensfaden der Menschen<br />

<strong>zu</strong>m Schicksalsnetz verweben.<br />

Feenkleid nennt denn auch Karola Kauff -<br />

mann das Kinderkleid, das in einem Stück<br />

gewoben ist. Es ist aus Organzaseide, ein<br />

Hauch nur, luzider Nebelschleier, wie sie<br />

<strong>die</strong>sen regenschweren Sommer über dem<br />

Moorteich vor ihrer Werkstatt hangen.<br />

Der Weg <strong>zu</strong>r Weberin ist eine Reise in<br />

Mythen. An der Strasse von Laufenburg in<br />

den Hochschwarzwald führt am Dorfende<br />

des deutschen Hottingen eine unscheinbare<br />

Abzweigung wenige h<strong>und</strong>ert Meter<br />

weiter in einer Waldlichtung <strong>zu</strong> ihrem<br />

Haus, direkt an der Murg, <strong>die</strong> tief unten in<br />

den Rhein mündet. Was <strong>die</strong> Raunenden er-<br />

zählen, muss an einem solchen Ort <strong>zu</strong> Geschichten<br />

verwoben worden sein.<br />

Selbst <strong>die</strong> Seide für ihren Organzastoff<br />

hat eine Geschichte. Gekauft hat sie <strong>die</strong><br />

Seidenspulen von einem Händler, der sie<br />

aus einem gesunkenen Handelsschiff geborgen<br />

hatte. Was keine Weberei <strong>zu</strong> verarbeiten<br />

wagte, ist <strong>die</strong> langsam <strong>zu</strong>r Neige<br />

<strong>gehen</strong>de Prima Materia ihrer Arbeit.<br />

SEIDE UND MYTHEN<br />

Schwer sei es, erzählt sie, Garn <strong>und</strong> Zwirn<br />

von solcher Qualität <strong>zu</strong> fi nden, wie sie sie<br />

für ihre Stoff e brauche. <strong>In</strong> der Schweiz gibt<br />

es keine einzige Spinnerei mehr, Grossisten<br />

nur noch wenige. Sie hütet denn auch ihren<br />

F<strong>und</strong>us von Kisten voller Spulen der einstigen<br />

Seidenzwirnereien Dürsteler <strong>und</strong> Zwiki<br />

wie ihren Nibelungenschatz. Immer auf<br />

der Suche, kann gar <strong>In</strong>dustrieabfall veredelt<br />

i Waldidyll an<br />

der Murg: Karola<br />

Kauff mann in<br />

einem von ihr<br />

entworfenen<br />

Organza-Kleid.<br />

werden. <strong>In</strong> einen Seidenstoff<br />

hat sie kupferne Wickeldrähte<br />

von Elektromotoren<br />

<strong>zu</strong>sammen mit<br />

Goldfäden eingearbeitet.<br />

Es ist oft der Zufall<br />

des Materialfi ndens, der sie inspiriert, beschreibt<br />

sie ihre Arbeitsweise <strong>und</strong> greift<br />

einen Schal, der in den Farben Schwarz<br />

<strong>und</strong> Gold fl iesst wie <strong>die</strong> Murg im Sonnenlicht.<br />

Erst aus der Widerspenstigkeit der<br />

Garne, <strong>die</strong> Kette aus Seide, der Schuss aus<br />

feinstem Kaschmir <strong>und</strong> grober Rohseide,<br />

ergab sich ein Gewebe, das atmend sich<br />

ausdehnt <strong>und</strong> wieder <strong>zu</strong>sammenzieht. Zu<br />

einem bäurischen Stoff verwoben hat sie<br />

Leinen aus Wien <strong>und</strong> Leipzig von 1880,<br />

<strong>die</strong> sie in einem Lager entdeckt hatte. Viele<br />

ihre Arbeiten sind wie Bilder, gar Objekte,<br />

<strong>die</strong> nicht nur getragen werden können<br />

als Schal oder Kleid, sondern sich an<br />

<strong>die</strong> Wand hängen oder im Raum aufstellen<br />

lassen. Verständlich, dass einige als<br />

zeitgenössische Kunst von Sammlungen<br />

angekauft wurden.<br />

KUNST UND HANDWERK<br />

Es ist eine alte Handwerkstechnik, <strong>die</strong><br />

sie auf ihren manuellen Webstühlen immer<br />

wieder neu interpretiert. Das Webmuster<br />

entsteht durch <strong>die</strong> Verkreu<strong>zu</strong>ng<br />

von Kette <strong>und</strong> Schuss, der Bindung. Die<br />

Kettfäden sind <strong>die</strong> auf dem<br />

Kettbaum aufgewickelten,<br />

in Längsrichtung gespann-<br />

ten Träger des Stoff es. Gehoben <strong>und</strong> gesenkt<br />

wird zwischen den Kettfäden der<br />

Schussfaden mit einem Schiff chen oder<br />

von Hand eingetragen.<br />

Drei Bindungen sind das F<strong>und</strong>ament,<br />

aus denen sich alle Muster ableiten. <strong>In</strong><br />

der einfachsten Form, der Leinwandbindung,<br />

wird der Schussfaden abwechselnd<br />

über <strong>und</strong> unter den Kettfäden geführt.<br />

Der Stoff sieht auf beiden Seiten<br />

gleich aus. Geht der Schuss unter einem<br />

Kettfaden durch <strong>und</strong> dann über mindestens<br />

zwei Ketten hinweg <strong>und</strong> so fort, wobei<br />

der nächste Schussfaden den Rhythmus<br />

verlagert, entsteht ein diagonales<br />

Muster, <strong>die</strong> Köperbindung. Bekannteste<br />

Reliefmuster sind der Diamantköper<br />

<strong>und</strong> der Fischgratköper. Die beiden Seiten<br />

des Stoff es sind dabei unterschiedlich.<br />

Die Atlasbindung liefert Stoff e, deren<br />

Oberfl äche das Licht irisierend spiegelt.<br />

Erreicht wird <strong>die</strong>ser Eff ekt, der der Damastseide<br />

ihren glanzvollen Auftritt ver-<br />

schaff t, indem der Schussfaden erst unter<br />

einer Kette hindurch <strong>und</strong> dann über mehr<br />

als zwei hinweg geht.<br />

Mit den drei Gr<strong>und</strong>bindungen lassen<br />

sich auf der Klaviatur des Webstuhls alle<br />

Musterakkorde spielen. Zu einer stummen<br />

Kollage hat Karola Kauff mann vor<br />

über zwanzig Jahren gar Magnetbänder<br />

aus Tonbandkassetten, bespielt mit<br />

Pink-Floyd-Konzerten, Vorträgen von<br />

Baghwan <strong>und</strong> Heidi-Hörspielen, verwoben.<br />

Grün bis anthrazit schillert der Diamantköper<br />

des Ton-Rocks.<br />

<strong>In</strong> den Anfangsjahren ihrer schon fast<br />

dreissigjährigen Schaff enszeit hat sie <strong>die</strong><br />

Arbeit, den Webstuhl mit den bis <strong>zu</strong> 3400<br />

Kettfäden ein<strong>zu</strong>richten, als furchtbar<br />

empf<strong>und</strong>en. Heute ist für sie <strong>die</strong> teilweise<br />

wochenlang dauernde Arbeit, Ketten<br />

aus Seide, Kaschmir oder Leinen in bis <strong>zu</strong><br />

100 Meter Länge <strong>zu</strong> machen <strong>und</strong> am Kettbaum<br />

auf<strong>zu</strong>wickeln, <strong>zu</strong> einer meditativen<br />

Vorbereitungsphase geworden. «Ein Augenblick<br />

der Vorfreude», wie sie sagt.<br />

Gelassenheit hat sie auch Fehlern gegenüber<br />

entwickelt. Aus ihnen entsteht<br />

66 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 67<br />

iImpressionen<br />

aus dem<br />

Webatelier


TAUCHERUHREN | WASSERDICHT<br />

WEBKUNST | SAVOIR FAIRE<br />

« Jeder Stoff ist einmalig <strong>und</strong> ist dadurch<br />

<strong>die</strong> Substanz gewordene Defi nition für Luxus. »<br />

immer Neues. Bewusst <strong>macht</strong> sie Musterbrüche,<br />

um Spannung <strong>und</strong> Irritation auf<strong>zu</strong>bauen.<br />

Was dabei wie Verläufe in der<br />

Färbung aussehen kann, sind fl iessende<br />

Übergänge von Leinwandbindung <strong>zu</strong><br />

Köperbindung. Stoff e, <strong>die</strong> schwer von<br />

der Optik wirken, können federleicht<br />

<strong>zu</strong>m Tragen sein. Edelstes Material –<br />

<strong>und</strong> in aller Bescheidenheit einzige Weberin,<br />

<strong>die</strong> es verarbeiten kann – ist dabei<br />

das Haar des Mongolischen Steinbocks,<br />

des Yangirs. Bis <strong>zu</strong> vier Tage webt sie an<br />

einem Schal aus <strong>die</strong>ser Kostbarkeit.<br />

Es gibt jedoch keine zwei Stoffb ahnen,<br />

<strong>die</strong> gleich sind. «Ich will nichts wiederholen»,<br />

rechtfertigt sie <strong>die</strong> Einmaligkeit<br />

ihrer Arbeit; auch Auftragsarbeiten<br />

<strong>macht</strong> sie nicht. Jeder Stoff ist dadurch<br />

<strong>die</strong> Substanz gewordene Defi nition von<br />

Luxus: von bester Materialqualität in<br />

vollendeter Arbeit ausgeführt – ein Unikat<br />

eben, das seinen berechtigten Preis<br />

hat. Ein Yangirschal kostet bis <strong>zu</strong> 4000<br />

€. Kaufen kann man ihre Arbeiten im<br />

Atelier oder an Vernissagen <strong>und</strong> Ausstellungen.<br />

«Stoff e sind unsere zweite<br />

Haut», philosophiert Karola Kauff mann,<br />

«<strong>und</strong> sie zeigen, wie wir wahrgenommen<br />

werden wollen.» Ihre haben ein besonderes<br />

Label, das der Schönheit <strong>und</strong><br />

der <strong>In</strong>dividualität. |<br />

<strong>In</strong>formation <strong>und</strong> Adresse<br />

unter www.karolakauff mann.ch.<br />

Ab dem 5. Oktober sind an<br />

der Triennale im Museum<br />

für Angewandte Kunst<br />

in Frankfurt Arbeiten von<br />

ihr ausgestellt.<br />

68 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 69


UHREN | WELTZEIT | von Michel Jeannot - Illustration : Nicolas Zentner<br />

Der Jetlag<br />

der Uhrmacher<br />

Die <strong>In</strong>selgruppe Tonga <strong>und</strong> <strong>die</strong> Samoa-<strong>In</strong>seln<br />

im Südpazifi k sind nur<br />

950 km voneinander entfernt. Aber wenn<br />

<strong>die</strong> Bewohner auf Samoa am Sonntagmorgen<br />

aufwachen, starten <strong>die</strong> Tongaer<br />

schon in <strong>die</strong> Arbeitswoche. Die internationale<br />

Datumsgrenze zerschneidet den<br />

Pazifi k in zwei Teile <strong>und</strong> verläuft exakt<br />

zwischen den beiden Ländern. Im Osten<br />

gilt <strong>die</strong> Tonga-Zeitzone (+12 St<strong>und</strong>en in<br />

Relation <strong>zu</strong>r Universal Time Coordinated,<br />

UTC), im Westen <strong>die</strong> Samoa-Zeitzo-<br />

pDie Tambour<br />

von Louis Vuitton<br />

verbindet <strong>die</strong><br />

Zweizonenfunktion<br />

mit<br />

der Poesie des<br />

Minuten-<br />

Repetierwerkes.<br />

ppPatrimony<br />

Traditionelle<br />

World Time von<br />

Vacheron<br />

Constantin: <strong>die</strong><br />

einzige Uhr, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> 37 Zeitzonen<br />

der <strong>Welt</strong> anzeigt.<br />

WIRD MAN EINEN TAG ÄLTER, WENN MAN VON SAMOA NACH<br />

TONGA REIST, ODER JÜNGER IM UMGEKEHRTEN FALL? DIE BEIDEN<br />

INSELGRUPPEN TRENNEN ZWAR NUR 950 KM, DER ZEITUNTERSCHIED<br />

BETRÄGT ABER 23 STUNDEN UND ILLUSTRIERT DIE KOMPLEXITÄT<br />

DER WELTZEITGEOGRAFIE.<br />

ne (–11 St<strong>und</strong>en in Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r UTC). Die<br />

gleichzeitig mit den Zeitzonen geschaffene<br />

Linie verläuft ungefähr dem Antipoden-Meridian<br />

von Greenwich entlang<br />

<strong>und</strong> durchquert eine der wirtschaftlich<br />

ärmsten Regionen der <strong>Welt</strong>.<br />

An der <strong>In</strong>ternationalen Meridiankonferenz<br />

im Oktober 1884 in Washington<br />

D.C. wurde <strong>die</strong> Erdoberfl äche in 24<br />

St<strong>und</strong>enzonen von je 15 Längengraden<br />

eingeteilt mit dem Greenwich-Merdian<br />

(Längengrad 0) als Ausgangspunkt. Das<br />

System wurde in der Folge bald von den<br />

meisten Ländern übernommen. Aus einleuchtenden<br />

Gründen hat jedes Land<br />

den Wunsch, <strong>die</strong> Zeit in seinem Gebiet<br />

<strong>zu</strong> vereinheitlichen <strong>und</strong> legt eine einzige<br />

gesetzliche Zeit fest. Diese ist auch dann<br />

gültig, wenn einige seiner Gebiete leicht<br />

in <strong>die</strong> benachbarte Zeitzone hineinragen.<br />

So etwa in Frankreich mit dem im<br />

äussersten Osten liegenden Elsass <strong>und</strong><br />

Korsika. Während Länder mit grosser<br />

Ost-West-Ausdehnung sich über meh-<br />

rere Zeitzonen erstrecken, gehören beispielsweise<br />

China oder <strong>In</strong><strong>die</strong>n nur einer<br />

einzigen Zeitzone an, wodurch im ganzen<br />

Land <strong>die</strong> gleiche Zeit gilt. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser<br />

überaus breiten Zone steht <strong>die</strong> Sonne im<br />

Westen um 15 Uhr, im Osten um 11 Uhr<br />

im Zenith.<br />

JEDEM LAND SEINE EIGENE ZEIT<br />

Die meisten grossen Länder (USA,<br />

Russland, Brasilien, Australien usw.)<br />

sind willkürlich mehreren Zonen <strong>zu</strong>ge-<br />

ordnet, um so eine <strong>zu</strong> beträchtliche Differenz<br />

zwischen der gesetzlichen <strong>und</strong><br />

der Sonnenzeit möglichst <strong>zu</strong> verringern.<br />

Während <strong>die</strong> Mehrheit der Länder <strong>die</strong><br />

westliche Aufteilung übernommen hat,<br />

gibt es im Osten noch solche, <strong>die</strong> ihre eigene<br />

Zeitrechnung regeln. Unter ihnen<br />

<strong>In</strong><strong>die</strong>n, Afghanistan oder der Iran, <strong>die</strong> in<br />

Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> ihrer jeweiligen Zeitzone eine<br />

halbe St<strong>und</strong>e Diff erenz haben. Andere<br />

wiederum wie etwa Nepal <strong>gehen</strong> noch<br />

weiter <strong>und</strong> haben eine Viertelst<strong>und</strong>e Dif-<br />

ferenz <strong>zu</strong>r koordinierten <strong>Welt</strong>zeit. Wenn<br />

also in Zürich <strong>die</strong> Mittagsglocken läuten<br />

(Sommerzeit), ist es in Kabul 14.30 Uhr<br />

<strong>und</strong> in Katmandu 15.45 Uhr. Eine der<br />

jüngsten Zeitzonenänderungen hat Präsident<br />

Hugo Chavez eingeführt, der im<br />

Dezember 2007 beschloss, <strong>die</strong> venezolanische<br />

Standardzeit um 30 Minuten <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>stellen.<br />

Für <strong>die</strong> Uhrmacher eröff neten sich mit<br />

der Aufteilung unseres Planeten in Zeitzonen<br />

viele neue Horizonte, aber <strong>die</strong><br />

– An der <strong>In</strong>ternationalen Meridiankonferenz<br />

1884 wurde <strong>die</strong> <strong>Welt</strong> in 24 St<strong>und</strong>enzonen mit<br />

dem Nullmeridian in Greenwich eingeteilt. –<br />

landesspezifi schen Ausnahmen machen<br />

ihr Handwerk komplizierter. Viel <strong>In</strong>novations-<br />

<strong>und</strong> Erfi ndergeist ist erforderlich,<br />

um immer komplexere Systeme <strong>zu</strong><br />

entwickeln, damit <strong>die</strong> Uhren zwei, drei,<br />

vier <strong>und</strong> mehr Zeitzonen anzeigen können<br />

<strong>und</strong> so den Bedürfnissen der mobilen<br />

Gesellschaft entsprechen.<br />

Das einfachste System, gleichzeitig<br />

zwei Zonen an<strong>zu</strong>zeigen, ist ein zweiter<br />

St<strong>und</strong>enzeiger im Zentrum des Ziff erblattes,<br />

der sich in Form <strong>und</strong> Farbe von<br />

den anderen unterscheidet. Die 1955 vorgestellte<br />

Rolex Oyster Perpetual GMT-<br />

Master ist <strong>und</strong> bleibt <strong>die</strong> symbolträchtigste<br />

<strong>die</strong>ser Kategorie. Dem gleichen Geist<br />

verpfl ichtet ist <strong>die</strong> besonders anwenderfre<strong>und</strong>liche<br />

Zweizonen-Uhr von Ulysse<br />

Nardin mit dem in den 1990er Jahren<br />

patentierten System Dual Time, einer mit<br />

der Schnelleinstellung der Lokalzeit über<br />

<strong>die</strong> beiden Drücker (+) <strong>und</strong> (–) überaus<br />

intelligenten Technik. Das neue Modell<br />

Executive Dual Time basiert auf <strong>die</strong>sem<br />

Konzept, allerdings wurde der zweite<br />

Zeiger durch ein Fenster bei 9 Uhr ersetzt.<br />

Bei manchen Zeitzonenuhren steht der<br />

zweite St<strong>und</strong>enzeiger nicht mehr zentral<br />

auf dem Ziff erblatt, sondern dreht sich<br />

in einem kleinen Zusatzfenster. So gesehen<br />

bei der neuen Portofi no Dual Time<br />

von IWC, <strong>die</strong> <strong>die</strong> zweite Zeitzone auf dem<br />

Zähler bei 12 Uhr anzeigt. Weniger konventionelle<br />

Modelle haben für jede der<br />

beiden Zeitzonen ein eigenes Ziff erblatt.<br />

Die Manufaktur Jaeger-LeCoultre nutzt<br />

<strong>die</strong> Vorteile ihres berühmten Drehgehäuses<br />

geschickt für <strong>die</strong> Reverso Grande<br />

GMT. Auf der Vorderseite liest man <strong>die</strong><br />

kleine Sek<strong>und</strong>e, Grossdatum <strong>und</strong> Tag-/<br />

Nachtanzeige, auf der Rückseite St<strong>und</strong>en,<br />

Minuten der zweiten Zeitzone, 24-St<strong>und</strong>en-Anzeige,<br />

Gangreserve von 8 Tagen<br />

<strong>und</strong> Zeitverschiebung in Be<strong>zu</strong>g auf <strong>die</strong><br />

70 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 71


UHREN | WELTZEIT<br />

fZwei Zeiten, ein<br />

Werk: Reverso<br />

Grande GMT, der<br />

Klassiker von<br />

Jaeger-LeCoultre.<br />

fZweite Zeitzone<br />

dezentral auf 12 Uhr<br />

der Portofi no Dual Time<br />

von IWC.<br />

international gültige<br />

GMT. Mit den beiden<br />

Rücken an Rücken<br />

sitzenden Ziff erblättern<br />

<strong>und</strong> dem einzigen<br />

Uhrwerk <strong>macht</strong> das legendäre Jaeger-Le-<br />

Coulte-Kaliber 878 grosse Zeitsprünge<br />

möglich.<br />

TÖNENDE GMT<br />

Statt mit Zeigern können auch mit<br />

Scheiben <strong>und</strong> Fenster oder deren Kombinationen<br />

<strong>die</strong> verschiedenen Zonenzeiten<br />

dargestellt werden. Bei bestimmten Modellen<br />

sind <strong>die</strong> 24 Referenzmetropolen<br />

auf einer Drehlünette oder einem drehbaren<br />

Ziff erblattring angezeigt. Die Lange<br />

1 Zeitzone von A. Lange & Söhne ist mit<br />

zwei Ziff erblättern mit St<strong>und</strong>en-Minutenzeigern<br />

<strong>und</strong> Tag-/Nacht-<strong>In</strong>dikation ausgestattet.<br />

Die Heimzeit wird normalerweise<br />

auf dem Hauptziff erkreis angegeben.<br />

Durch Betätigen des Zeitzonen-Drückers<br />

weist der Zeiger auf <strong>die</strong> gewünschte Stadt<br />

auf dem Städtering, synchron da<strong>zu</strong> springt<br />

auch der St<strong>und</strong>enzeiger der Zonenzeitanzeige<br />

weiter. Im Weiteren besteht <strong>die</strong><br />

Möglichkeit, statt der Heimzeit <strong>die</strong> Lokalzeit<br />

auf dem grossen Zähler an<strong>zu</strong>zeigen<br />

<strong>und</strong> mit der brevetierten Grossdatumsanzeige<br />

<strong>zu</strong> synchronisieren.<br />

RUND UM DIE WELT MIT 37 ZEITZONEN<br />

Von <strong>In</strong>novation zeugt auch <strong>die</strong> jüngste<br />

Tambour von Louis Vuitton. Via Koppelung<br />

der Zeitzonenfunktion an das Minuten-Repetierwerk<br />

ertönt <strong>die</strong> Heimzeit.<br />

Das komplexe Kaliber<br />

ist ein erneuertes<br />

Konzept des<br />

GMT-Zeitmessers,<br />

der so eine w<strong>und</strong>er-<br />

schön poetische Dimension erhält. Die<br />

Zeit des «Anderswo» (wo man sich gerade<br />

befi ndet) wird mit normalen Zeigern angezeigt,<br />

während das «Hier» (Heimzeit)<br />

im Fenster im Zentrum des Ziff erblatts<br />

erscheint. Bei Aktivierung des Minuten-<br />

Repetierwerks gibt das Läutwerk mit tiefen<br />

<strong>und</strong> hohen Tönen <strong>die</strong> Zeit <strong>zu</strong>hause an.<br />

Die Angabe der Zeit in zwei, drei <strong>und</strong><br />

gar vier Zeitzonen ist an sich schon eine<br />

bemerkenswerte technische Leistung,<br />

noch beeindruckender sind <strong>die</strong> sogenannten<br />

<strong>Welt</strong>- oder Universalzeituhren, <strong>die</strong> in<br />

den 1930er Jahren vom Genfer Uhrenma-<br />

cher Louis Cottier entwickelt<br />

wurden. Diese sind in der Lage,<br />

gleichzeitig <strong>die</strong> Zeit in mindestens<br />

24 Zeitzonen an<strong>zu</strong>zeigen.<br />

Die symbolträchtigste <strong>Welt</strong>zeituhr<br />

ist zweifellos <strong>die</strong> Patek Philippe<br />

Referenz 1415. Ein Modell<br />

in Platin aus dem Jahr 1946<br />

wechselte 2002 an einer Aukti-<br />

RUSSLAND SCHAFFT<br />

DIE WINTERZEIT AB<br />

Die D Ölkrise 1974 veranlasste <strong>die</strong> Europäische<br />

Union U da<strong>zu</strong>, für alle Mitgliederländer <strong>die</strong><br />

Sommerzeit ein<strong>zu</strong>führen, denn Energiesparen<br />

war angesagt. Um Transport, Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Austausch innerhalb der EU <strong>zu</strong> erleichtern,<br />

legten Parlament <strong>und</strong> Rat <strong>die</strong> verbindlichen<br />

Daten fest. Seit 1998 schalten alle EU-Länder<br />

am letzten Märzsonntag um 2 Uhr morgens<br />

auf <strong>die</strong> Sommerzeit, <strong>die</strong> Winterzeit beginnt<br />

am letzten Sonntag im Oktober um 3 Uhr. Zu<br />

Beginn der Sommerzeit wird <strong>die</strong> Uhr von 2 Uhr<br />

auf 3 Uhr um eine St<strong>und</strong>e vorgestellt. Am Ende<br />

der Sommerzeit geht’s dann wieder eine St<strong>und</strong>e<br />

<strong>zu</strong>rück. Ab <strong>die</strong>sem Jahr hat der russische Präsident<br />

Dmitri Medvedev beschlossen, von nun an<br />

auf <strong>die</strong> Zeitumstellung <strong>zu</strong> verzichten. Begründet<br />

wurde <strong>die</strong> Massnahme mit Ges<strong>und</strong>heitsargumenten.<br />

«Wie gewohnt stellen wir im Frühling<br />

<strong>und</strong> im Herbst <strong>die</strong> Zeit um, <strong>und</strong> wie gewohnt<br />

beklagen wir uns darüber. Denn <strong>die</strong> Umstellung<br />

bringt den menschlichen Biorhythmus durcheinander,<br />

<strong>und</strong> das irritiert.» Damit nimmt Russland<br />

in Zukunft in Europa eine Sonderstellung ein.<br />

Da in der Europäischen Union weiterhin <strong>die</strong><br />

Sommer- bzw. Winterzeit gelten wird, beträgt<br />

also in Zukunft der Zeitunterschied zwischen<br />

Mitteleuropa <strong>und</strong> dem europäischen Russland<br />

im Winterhalbjahr drei St<strong>und</strong>en, im Sommer wie<br />

gehabt zwei St<strong>und</strong>en.<br />

72 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 73<br />

pLange 1<br />

Zeitzone von A.<br />

Lange & Söhne:<br />

zwei <strong>zu</strong>sätzliche<br />

Ziff erblätter<br />

mit St<strong>und</strong>en-/<br />

Minutenzeiger<br />

<strong>und</strong> Tag-/<br />

Nachtanzeige.<br />

on von Antiquorum für 6,6 Mio. Fr. den<br />

Besitzer. Ein <strong>Welt</strong>rekord für eine Armbanduhr.<br />

Auch im Genfer Uhrmacherhaus<br />

Vacheron Constantin haben<br />

<strong>Welt</strong>zeituhren eine lange Tradition.<br />

<strong>In</strong> Zusammenarbeit mit<br />

Louis Cottier entwickelte <strong>die</strong><br />

Manufaktur ab den 1930er Jahren<br />

<strong>die</strong>se technischen W<strong>und</strong>erwerke.<br />

Dieses Jahr präsentierte<br />

Vacherin Constantin <strong>die</strong> ebenfalls<br />

von Louis Cottier inspirierte Patrimony<br />

Traditionelle Worldtime. Diese zeigt<br />

<strong>die</strong> Ortszeiten aller 37 <strong>Welt</strong>zeitzonen an<br />

<strong>und</strong> damit nicht nur <strong>die</strong> vollen St<strong>und</strong>en,<br />

sondern auch jene, <strong>die</strong> um eine halbe oder<br />

pDie <strong>Welt</strong>zeituhr<br />

Ref. 1415 von<br />

Patek Philippe<br />

erzielte 2002 an<br />

einer Auktion von<br />

Antiquorum den<br />

Rekordpreis von<br />

6,6 Mio. Fr.<br />

Viertelst<strong>und</strong>e von der benachbarten<br />

Zeitzone diff erieren.<br />

Dieses Glanzstück ist das komplexeste<br />

seiner Art. Es informiert<br />

auch über <strong>die</strong> Zeitzone des Samoa-Archipels,<br />

der jetzt noch<br />

östlich der Datumsgrenze liegt,<br />

wo aber gemäss Entscheidung des Premierministers<br />

Tuilaepa Sailele Malielegaoi<br />

ab Ende 2011 das gleiche Datum gültig<br />

sein soll wie auf den vier benachbarten<br />

Tonga-<strong>In</strong>seln. Ziel ist es, sich den westlichen<br />

<strong>Wirtschaft</strong>spartnern <strong>zu</strong> nähern.<br />

«Wir treiben Handel mit Neuseeland <strong>und</strong><br />

Australien <strong>und</strong> verlieren jeweils zwei<br />

Geschäftstage pro Woche», erklärt<br />

der Regierungschef den Beschluss.<br />

Über <strong>die</strong> Neuerung sind<br />

nicht alle <strong>In</strong>selbewohner glücklich,<br />

<strong>die</strong> sich bisher rühmten, an<br />

einem der wenigen Orte der <strong>Welt</strong><br />

<strong>zu</strong> leben, wo <strong>die</strong> Sonne am spätesten untergeht.<br />

Dafür werden sie am 1. Januar<br />

2012 unter den Ersten sein, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sonne<br />

auf<strong>gehen</strong> sehen. Gleichzeitig bescheren<br />

sie mit ihrem 23-St<strong>und</strong>en-Sprung<br />

der Uhrenindustrie eine neue Knacknuss.<br />

|<br />

pDie Rolex<br />

Oyster Perpetual<br />

GMT-<br />

Master II ist <strong>die</strong><br />

symbolträchtige<br />

Uhr mit zweiter<br />

Zeitzone.<br />

pAnwenderfre<strong>und</strong>lich:<br />

Ulysse Nardin<br />

<strong>und</strong> das patentierte<br />

System<br />

Dual Time.<br />

ZONENZEITEN IN ABWEICHUNG<br />

ZU DEN VOLLEN STUNDEN<br />

Referenz GMT<br />

– 9 h 30: Polynesien: Marquisen-<strong>In</strong>seln<br />

– 4 h 30: Vene<strong>zu</strong>ela (seit 2007)<br />

– 3 h 30: Kanada: Neuf<strong>und</strong>land<br />

<strong>und</strong> Labrador<br />

+ 3 h 30: Iran<br />

+ 4 h 30: Afghanistan<br />

+ 5 h 30: <strong>In</strong><strong>die</strong>n, Sri Lanka<br />

+ 5 h 45: Nepal<br />

+ 6 h 30: Kokosinseln; Myanmar (Birma)<br />

+ 8 h 45: Westaustralien Eyre Highway<br />

(Central Western Time)<br />

+ 9 h 30: Zentralaustralien (Australien<br />

Central Standard Time)<br />

+ 10 h 30: Australien: Lord-Howe-<strong>In</strong>selgruppe<br />

+ 11 h 30: Norfolk-<strong>In</strong>seln (Norfolk Time: NFT)<br />

+ 12 h 40: Chatham-<strong>In</strong>seln (Neuseeland)


HAUTE HORLOGERIE | CARTIER ART TIME | von Michel Jeannot<br />

Der Juwelier<br />

der Uhrmacher<br />

DAS SCHMUCK- UND UHRENHAUS CARTIER PRÄSENTIERT IN ZÜRICH<br />

EINE GANZ DER UHRMACHERKUNST GEWIDMETE AUSSTELLUNG.<br />

<strong>In</strong> der Haute Horlogerie ist Cartier<br />

eine der derzeit aktivsten Marken. Sie<br />

gehört <strong>zu</strong>sammen mit Rolex <strong>und</strong> Omega<br />

<strong>zu</strong> den drei Schweizer Giganten der Uhrmacherei,<br />

geniesst aber vor allem auch<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer Juwelierkunst, Lederwaren<br />

<strong>und</strong> Accessoires hohes Ansehen.<br />

Auf <strong>die</strong>sem Image will Cartier aufbauen,<br />

nicht <strong>zu</strong>letzt mit seiner ersten<br />

exklusiv der hohen Uhrmacherkunst<br />

gewidmeten Wanderausstellung im Museum<br />

Bellerive in Zürich. «Cartier Time<br />

Art» <strong>macht</strong> nach ihrer einzigen europäischen<br />

Station auch in den USA <strong>und</strong> in<br />

Asien Halt.<br />

FEHLENDE LEGIMITÄT ERWERBEN<br />

Die vom japanischen Designer Tokujin<br />

Yoshioka inszenierte Ausstellung<br />

«Cartier Time Art» vereint <strong>die</strong> grösste<br />

Anzahl Cartier-Uhren, <strong>die</strong> jemals<br />

der Öffentlichkeit gezeigt wurden. <strong>In</strong>sgesamt<br />

158 historische Uhren aus der<br />

Cartier-Sammlung <strong>und</strong> 17 moderne Uhren<br />

(sowie 10 aktuelle Uhrwerke <strong>und</strong><br />

Einblicke in das Know-how der Kunst-<br />

handwerker) können in Zürich bewunndert werden.<br />

Die Cartier-Sammlung als sichtbares es<br />

Vermächtnis der Marke wurde seit der er<br />

Gründung im Jahr 1983 stetig erweitert. rt.<br />

Sie enthält heute ungefähr gleich viele le<br />

Uhren wie Schmuckstücke <strong>und</strong> andere re<br />

Objekte. Pascale Lepeu, <strong>die</strong> Kuratorin in<br />

der Ausstellung, hat Stücke ausgewählt, t,<br />

<strong>die</strong> von der kreativen Schaffenskraft ft<br />

von Cartier im Bereich der Uhrenmaacherkunst zeugen, wie <strong>zu</strong>m Beispiel <strong>die</strong> ie<br />

bisher in <strong>die</strong>sem Ausmass einzigartige ge<br />

Auswahl «geheimnisvoller» Uhren.<br />

Trotz der unbestrittenen Kreativität ät<br />

liess Cartier ihre Uhrwerke <strong>und</strong> volllständigen<br />

Kreationen lange von nammhaften Manufakturen wie etwa Jaeger- r<br />

LeCoultre herstellen. Historisch fehlte te<br />

Cartier deshalb <strong>die</strong> volle Legitimität ei- i-<br />

ner Uhrenmanufaktur. Um <strong>die</strong>sen Mangel<br />

<strong>zu</strong> beheben, haben <strong>die</strong> Richemont<br />

Gruppe, <strong>zu</strong> der Cartier gehört, <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Geschäftsführung von Cartier mit dem<br />

Vorstandsvorsitzenden Bernard Fornas<br />

beschlossen, hauseigene, hochkomplexe<br />

Cartier Art Time<br />

bis 6. November 2011<br />

Museum Bellerive<br />

Höschgasse 3, Zürich<br />

043 446 44 69<br />

www.museumbellerive.ch<br />

Off en:<br />

Di-So: 10 bis 17 Uhr<br />

Do: 10 bis 20 Uhr<br />

<strong>und</strong> bahnbrechende Uhrwerke <strong>zu</strong> entwickeln.<br />

So hat sich <strong>die</strong> wirkungsvolle Geschäftsmaschinerie<br />

Cartier in wenigen<br />

Jahren <strong>zu</strong> einer der kreativsten Marken<br />

der hohen Uhrmacherkunst gemausert.<br />

ZEHN NEUE UHRWERKE<br />

Heute beschäftigt Cartier Horlogerie<br />

an sieben Schweizer Standorten fast<br />

1700 Mitarbeitende. 1000 davon sind allein<br />

in der Manufaktur in Crêt-du-Locle<br />

tätig. Carole Forestier-Kasapi, <strong>die</strong> Chefi<br />

n der Werkkonstruktion bei Cartier<br />

(<strong>und</strong> einzige Frau in einer derartigen<br />

Position in der Uhrenbranche) leitet ein<br />

30-köpfi ges Entwicklungsteam sowie<br />

ein Dutzend weitere Mitarbeitende in<br />

der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, <strong>die</strong> an<br />

einer langfristigeren Vision arbeiten.<br />

Die Haute-Horlogerie-Sammlung von<br />

Cartier wurde in den letzten vier Jahren<br />

stark ausgebaut. Neben zehn modernen<br />

Uhrenmodellen kamen auch Uhrwerke<br />

für seltene Damenuhren hin<strong>zu</strong>.<br />

Ausserdem hat <strong>die</strong> Manufaktur Cartier<br />

ihr eigenes Automatikwerk, das Kaliber<br />

1004MC, entwickelt <strong>und</strong> damit ihre Ambitionen<br />

in der hohen Uhrmacherkunst<br />

einmal mehr deutlich ge<strong>macht</strong>. Die Ausstellung<br />

«Cartier Time Art» im Museum<br />

Bellerive inZürich ist ein eindrücklicher<br />

Beweis dafür. |<br />

74 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 75<br />

Fotos: Cartier


STIL | ZU BESUCH | von Konrad Koch - Foto : Dominic Büttner<br />

Willkommen bei<br />

Hannes B.<br />

ER IST DER DOYEN DER SCHWEIZER MÄNNERMODE. SEIT ÜBER 40 JAH-<br />

REN ENTWIRFT HANNES BÜHLER IN SEINEM ATELIER IN ZÜRICH JÄHRLICH<br />

EINE SOMMER- UND EINE WINTERKOLLEKTION, JEDES MAL ANDERS UND<br />

IMMER ERKENNBAR MIT DER HANDSCHRIFT VON HANNES B.<br />

f Der Mode-Champ<br />

in seinem Atelier:<br />

Das Markenzeichen<br />

von Hannes B.<br />

ist der Boxer.<br />

Im Hintergr<strong>und</strong><br />

sichtbar auf der von<br />

ihm entworfenen<br />

Tragtasche.<br />

er Winter wird unglaublich<br />

«Dschön!» Es ist nicht <strong>die</strong> Aussicht<br />

auf Schnee, es ist seine Kollektion Winter<br />

2011/12, <strong>die</strong> Hannes Bühler in seinem<br />

Atelier so euphorisch stimmt. Orientalische<br />

Impressionen nennt er sie.<br />

Verarbeitet hat er darin Kaschmir, Seide,<br />

Baumwollstoff e, feinstes Ziegenleder.<br />

Die Schnitte sind inspiriert von seiner<br />

Reise durch Rajasthan letztes Jahr.<br />

Fotografi ert hat er sie für den Katalog in<br />

einem maurischen Grand Hotel in Marrakesch.<br />

«Ich lasse mich schnell entfl ammen»,<br />

rechtfertigt der durch Stile <strong>und</strong> Kulturen<br />

Reisende seine Begeisterungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> greift nach dem Katalog der letzten<br />

Sommerkollektion. Farben <strong>und</strong> Muster<br />

von rousseauschem Tropenfi eber. Entstanden<br />

ist sie nach einer Reise durch<br />

<strong>In</strong>donesien, auf der er Stoff e eingekauft<br />

habe wie im Rausch.<br />

Sein Atelier hat der beständigste der<br />

Schweizer Modeschöpfer nur wenige<br />

Schritte von seinem Laden im Zunfthaus<br />

<strong>zu</strong>r Meisen in einem Altstadthaus<br />

am Münsterhof in Zürich. Der St<strong>und</strong>enschlag<br />

von St. Peter vibriert in der<br />

Schneiderstube, von der man auf <strong>die</strong><br />

Fraumünster-Kirche blickt. Den Lichtwurf<br />

ihrer Chagall-Fenster glaubt man<br />

auf dem Arbeitstisch <strong>zu</strong> sehen, ob der<br />

Farbenpracht der Stoff muster <strong>und</strong> der<br />

Lebendigkeit der Skizzen.<br />

Aufgewachsen ist Hannes Bühler in<br />

Chur. Dass er neben seiner schöpferischen<br />

Natur eine ges<strong>und</strong>e merkantile<br />

Haltung hat, verdankt er dem Beharren<br />

seines Vaters, erst einen seriösen Beruf<br />

<strong>zu</strong> lernen. Er <strong>macht</strong> eine Lehre als Kaufmann,<br />

bevor er sich an der Kunstgewerbeschule<br />

Basel <strong>zu</strong>m Damenschneider<br />

ausbilden liess. Sein Handwerk vervollkommnete<br />

er dann im Haute-Couture-<br />

Haus von Hubert de Givenchy in Paris.<br />

Da wurde ihm beigebracht, was Qualität<br />

der Stoff e <strong>und</strong> der Verarbeitung heisst.<br />

LEHRJAHRE BEI GIVENCHY<br />

1969 kehrte er nach Zürich <strong>zu</strong>rück.<br />

«Ihre Knopfl öcher sind <strong>zu</strong> teuer, Herr<br />

Bühler», hiess es von der Direktion des<br />

Damenkonfektionshauses in Zürich, für<br />

das er als Modelist arbeitete. Was blieb<br />

ihm anderes übrig, als sich selbständig <strong>zu</strong><br />

machen? Weil mit Haute Couture an ein<br />

Auskommen in der Zwinglistadt nicht <strong>zu</strong><br />

denken war, entschied er sich für Prêt-àporter-Männermode.<br />

Sakes Fifth Avenue in New York gehörte<br />

<strong>zu</strong> seinen Abnehmern, er träumte<br />

von Amerika. Doch gegen den Zerfall des<br />

Dollars von 4 auf unter 2 Fr. war auch<br />

mit Kreativität nicht an<strong>zu</strong>kommen.<br />

Ich bin nicht der Typ fürs grosse Geschäft,<br />

gestand er sich ein. Statt Filialen<br />

in Paris <strong>und</strong> Mailand mietete er sich<br />

an der Wühre 1 im Untergeschoss des<br />

Zunfthauses <strong>zu</strong>r Meisen eine Lokalität.<br />

Was befristet auf wenige Jahre begann,<br />

ist seit über 40 Jahren eine der ersten<br />

Adressen für Männermode in Zürich.<br />

So grossartig kann Bescheidenheit<br />

sein, dass er heute in opulenten Materialien<br />

für seine Kollektion schwelgt. Ein<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 77


STIL | ZU BESUCH<br />

Sakko aus Baumwolle<br />

<strong>und</strong> Seide aus der<br />

kommenden Winterkollektion<br />

heisst mit<br />

Recht Maharadscha.<br />

Verziert ist es mit fünf<br />

Knöpfen aus Diamanten<br />

<strong>und</strong> Rubinen. Eingekauft<br />

hat er mehrere<br />

Etuis davon auf seiner <strong>In</strong><strong>die</strong>nreise bei<br />

einem Juwelier in Jaipur. Massgeschneidert<br />

kostet das Jackett r<strong>und</strong> 8000 Fr.<br />

<strong>In</strong>dische Stilelemente ziehen sich<br />

durch <strong>die</strong> ganze Winterkollektion, von<br />

Jodphur-Hosen in erdfarbenem Ziegenleder,<br />

eng geknöpft an den Waden <strong>und</strong><br />

bequem weit an den Oberschenkeln,<br />

über Hemden mit Stehkragen bis <strong>zu</strong> seinen<br />

Klassikern, den Bademänteln, jetzt<br />

mit Kaschmirmotiven. Es wird ein taillierter<br />

Winter werden. Doch schmaler<br />

geschnitten kann <strong>die</strong> Männermode nicht<br />

mehr werden, bereits zeigen sich erste<br />

78 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

« <strong>In</strong> <strong>Sack</strong> <strong>und</strong> <strong>Asche</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>gehen</strong>, <strong>macht</strong> <strong>die</strong> <strong>Welt</strong><br />

nicht besser - aber hässlicher. »<br />

Oversize-Kleidungsstücke.<br />

Wer wie er über 40 Jahre im Modegeschäft<br />

ist, ahnt Gegenbewegungen voraus.<br />

Auf seinem Arbeitstisch sind schon<br />

<strong>die</strong> Stoffb ahnen für <strong>die</strong> Sommerkollektion<br />

2012. Nur so viel sei verraten, Hannes<br />

B. wird es bunt treiben. An einer Büste ist<br />

ein doppelreihiger Trench abgesteckt, <strong>die</strong><br />

Skizzen an den Wänden zeigen Entwürfe<br />

für Badehosen <strong>und</strong> Sommerjacketts.<br />

Noch hat er nicht mal alle Ideen <strong>zu</strong> Papier<br />

gebracht, da schwärmt Hannes B. schon<br />

von der Location, wo er <strong>die</strong> Kollektion fotografi<br />

eren möchte: in Rio, an der Copa-<br />

cabana. So heiss fi ndet<br />

er <strong>die</strong> Stoff e.<br />

Doch das Diktat<br />

der Modefabrikation<br />

verlangt, dass er sich<br />

bereits Anfang Oktober<br />

mit den Musterkollektionen<br />

der<br />

Stoffh ersteller für<br />

den Winter 2012/13 beschäftigen muss.<br />

<strong>Und</strong> als ob er nicht genug Verpfl ichtungen<br />

in seiner Agenda hätte, will er noch<br />

einen Katalog mit 24 Geschenkideen für<br />

Weihnachten entwerfen. «Wenn Fre<strong>und</strong>e<br />

mich fragen, wie lange machst du das<br />

noch mit», erzählt er, «dann sage ich ihnen:<br />

Mit der Erfahrung, <strong>die</strong> ich habe –<br />

ich fange erst richtig an!»<br />

ELEGANTE EXTRAVAGANZ<br />

Es ist <strong>die</strong> Freude an Farben, Mustern<br />

<strong>und</strong> Stoffen, erklärt Hannes B. seine<br />

Kontinuität, <strong>und</strong> dass er streng mit sich<br />

Fotos: Hannes B.<br />

selbst sei <strong>und</strong> ambitiös. Noch heute, gesteht<br />

er, werde er, wann immer er in Paris<br />

sei, vom gleichen Eifer erfasst wie<br />

in seinen Lehrjahren bei Givenchy, mit<br />

den Besten mithalten <strong>zu</strong> wollen.<br />

Mit farbigen Manchesterhosen <strong>und</strong><br />

Pullovern in Neonfarben hat Hannes B.<br />

in den Siebzigerjahren den Zürchern<br />

beigebracht, sich casual <strong>zu</strong> kleiden. Mit<br />

bunten Gilets <strong>und</strong> gemusterten <strong>In</strong>nenfuttern<br />

in den Sakkos zeigte er ihnen,<br />

wie tragbar elegant ge<strong>macht</strong>e Extravaganz<br />

sein kann. Ein Must in jeder seiner<br />

Kollektionen ist der Smoking, <strong>die</strong>sen<br />

Winter indisch mit Edelsteinköpfen.<br />

«Die Männer sind nicht mutiger geworden»,<br />

beschreibt er <strong>die</strong> modische Entwicklung<br />

des Schweizer Mannes über<br />

<strong>die</strong> letzten Jahrzehnte, «aber modebewusster.»<br />

Die Regeln, was in der Geschäftswelt<br />

erlaubt ist, haben sich gelockert, pariert<br />

Hannes B. Etikettenfragen. «Ein gut geschnittener<br />

An<strong>zu</strong>g aus leichter Wolle ist<br />

immer perfekt», ist sein Ratschlag für<br />

den gut angezogenen Mann. Entscheidend<br />

sind dabei <strong>die</strong> Details. Pflicht ist<br />

das Einstecktuch. Wenn er aber durch<br />

<strong>die</strong> Bahnhofstrasse flaniere, falle ihm<br />

immer noch auf, wie viele Männer einen<br />

schlecht sitzenden An<strong>zu</strong>g tragen.<br />

«Das Auto darf viel kosten», spottet er,<br />

«aber beim An<strong>zu</strong>g wird gespart.» «Es<br />

muss ja nicht immer massgeschneidert<br />

sein», meint er. Aber der Mehrwert, den<br />

Masskleidung biete, wiege den höheren<br />

Preis auf. «Ich bin auch nicht jeden Tag<br />

euphorisch», gesteht er. Doch wenn er<br />

sich am Morgen von seiner Stadtwohnung<br />

<strong>zu</strong> Fuss auf den Weg ins Atelier<br />

mache, «dann gibt mir das Wissen, gut<br />

angezogen <strong>zu</strong> sein, Sicherheit für den<br />

Tag». <strong>Und</strong> weil er um <strong>die</strong> tiefere Kraft<br />

guter Kleidung weiss, nimmt er auch<br />

gleich <strong>die</strong> Antwort vorweg auf <strong>die</strong> stetige<br />

Frage nach der Legitimation von<br />

Mode. «<strong>In</strong> <strong>Sack</strong> <strong>und</strong> <strong>Asche</strong> <strong>zu</strong> <strong>gehen</strong> ob<br />

all der Tristesse <strong>die</strong>ser <strong>Welt</strong>, <strong>macht</strong> <strong>die</strong>se<br />

nicht besser, nur hässlicher.»<br />

<strong>Und</strong> dann erwähnt er in einer Modewelt,<br />

in der heute alles erlaubt ist, doch<br />

eine typische Deutschschweizer Eigenart,<br />

<strong>die</strong> ihn mehr amüsiert als ärgert: <strong>die</strong><br />

<strong>zu</strong> langen Hosenbeine, <strong>die</strong>se unsäglichen<br />

Hosenhandorgeln auf dem Schuhrist.<br />

«Selbst K<strong>und</strong>en von mir», erzählt<br />

er händeringend, «loben bei der Anprobe<br />

massgeschneiderter Hosen Schnitt,<br />

Stoff <strong>und</strong> Verarbeitung, um dann <strong>zu</strong> sagen:<br />

Aber <strong>die</strong> Hosenbeine müssen länger<br />

sein, Herr Bühler!» |<br />

f Wildlederslippers im<br />

indischen Stil.<br />

p <strong>In</strong>dianstil: Sakko<br />

aus Baumwoll-Samt,<br />

Seidenhemd mit<br />

Stehkragen <strong>zu</strong> Hose aus<br />

Seidenshantung.<br />

p Bademäntel sind <strong>die</strong><br />

Klassiker von Hannes<br />

B. Orientalische<br />

Impression aus Baumwolle<br />

mit Kaschmirmotiven.<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 79


SCANNER WERKZEUG<br />

von Konrad Koch<br />

von Konrad Koch<br />

80 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

FÜR HANDWERKER: OBJET D’ART<br />

Für Männer, <strong>die</strong> genug haben von Elektronikspielzeug<br />

<strong>und</strong> Touchscreens. Für jede Holzbearbeitung das richtige<br />

Utensil fi ndet sich im Werkzeugkasten der Schreinerei<br />

Wohngeist. Sei’s um Planken auf der Mahagonijacht <strong>zu</strong><br />

schleifen, den Keilrahmen des Renoir <strong>zu</strong> spannen oder <strong>die</strong><br />

Schublade aus Rosenholz am Louis-XV-Bureua-plat <strong>zu</strong><br />

richten, gutes Werkzeug ist <strong>die</strong> halbe Arbeit. Schraubenzieher<br />

mit Palisandergriff en, Stechbeitel, Wasserwaage,<br />

Gehrungswinkel, japanische Furniersägen, Simshobel mit<br />

extraharter Maracaiboholzsohle, Reibahlen, Schnitzmesser,<br />

Schleifsteine, Zangen <strong>und</strong> Hämmer, über 100 Gerätschaften<br />

fi nden ihren geordneten Platz in dem handgefertigten<br />

Werkzeugkasten. Aus poliertem Birnbaumholz kostet das<br />

Schmuckstück ca. 12 000 Fr.<br />

Wohngeist, Rheinstrasse 41, 4402 Frenkendorf,<br />

061 272 18 18, www.wohngeist.ch<br />

FÜR OLDTIMER-FAHRER:<br />

MOBILE WERKSTATT<br />

Zeitgenössisches Design für <strong>die</strong> Wartung<br />

alter Automobilmechanik. Der Werkzeugwagen<br />

Assisten 179 vom deutschen<br />

Werkzeughersteller Hazet wurde mit dem<br />

Reddot Design Award ausgezeichnet. Mit<br />

einem 298-teiligen Werkzeugset für Autos<br />

kostet er ab 6500 Fr.<br />

www.hazet.de<br />

FÜR CYCLISTEN:<br />

RETTUNGSKOFFER<br />

Crank Puller, Head Set Wrench, Shimano<br />

Lockring Tool: Downhill-Biker, Freerider<br />

<strong>und</strong> Fixies-Fahrer fi nden im Professional<br />

Travel & Event Kit vom amerikanischen<br />

Edelwerkzeughersteller Park Tool alles, um<br />

ihr Gefährt in Schuss <strong>zu</strong> halten. Preis je<br />

nach Werkzeugen ab 1250 Fr.<br />

www.parktool.com<br />

FÜR DEN HERRN:<br />

SCHUHPUTZKISTE<br />

Gutes Schuhwerk will gut gepfl egt sein.<br />

Das dunkel polierte Luxury Wooden Shoe<br />

Care Kit vom britischen Herrenausstatter<br />

Paul Smith ist mit Bürsten, Cremen <strong>und</strong><br />

Bienenwachspolitur bestens assortiert.<br />

Preis: 480 £<br />

www.paulsmith.co.uk<br />

FÜR GOLFER:<br />

MULTITOOL<br />

Vom Hersteller des Schweizer Offi ziermessers<br />

für den Golfspieler: Mit dem<br />

Golferwerkzeug für <strong>die</strong> Hosentasche<br />

lassen sich Grasvertiefungen reparieren,<br />

<strong>die</strong> Kerben des Schlägers reinigen oder es<br />

kann <strong>die</strong> Lage des Balls markiert werden.<br />

Preis: 47 Fr.<br />

www.victorinox.com


KUNSTMARKT | MÖBEL | von Christian von Faber-Castell<br />

DER SCHWEIZER KUNSTMARKT<br />

HAT ÜBERRASCHENDE FACET-<br />

TEN, DIE FÜR SPRACHGEWANDTE<br />

SAMMLER ATTRAKTIVE EINKAUFS-<br />

CHANCEN BIETEN KÖNNEN. SO<br />

HAT SICH GENF ZU DEM AUK-<br />

TIONSPLATZ FÜR ZEITGENÖS-<br />

SISCHES MÖBELDESIGN ENTWIC-<br />

KELT, WÄHREND ZÜRICH DIE<br />

HOCHBURG FRANZÖSISCHER<br />

MÖBELKUNST IST.<br />

Kenner wissen es: Am Kunstmarkt<br />

herrschen <strong>zu</strong>weilen andere Regeln<br />

als in andern Märkten. Die vertraute Abhängigkeit<br />

zwischen Angebot, Nachfrage<br />

<strong>und</strong> Preis scheint hier <strong>zu</strong>weilen auf den<br />

Kopf gestellt: Drastische Preiserhöhungen<br />

dämpfen hier nicht notwendigerweise<br />

<strong>die</strong> Nachfrage, sondern können sie<br />

sogar kräftig schüren. Um einen 30 Mio.<br />

$ teuren Picasso beispielsweise entbrennt<br />

wahrscheinlich eine heissere Bieterschlacht<br />

als um ein nur 3 Mio. $ schweres<br />

Bild <strong>die</strong>ses Künstlers.<br />

Aber auch <strong>die</strong> Orte, an denen manche<br />

Spezialgebiete bevor<strong>zu</strong>gt gehandelt werden,<br />

können mit dem Kunstmarkt wenig<br />

vertraute Laien überraschen <strong>und</strong> überlieferte<br />

kulturgeografi sche Grenzen wie<br />

etwa den Röschtigraben zwischen welscher<br />

<strong>und</strong> deutscher Schweiz ausser Kraft<br />

setzen. Ein Beispiel hierfür liefern <strong>die</strong><br />

Kunstmärkte von Genf <strong>und</strong> Zürich.<br />

VERKEHRTE KUNSTWELT<br />

Dass sich <strong>die</strong> Rhônestadt in den letzten<br />

40 Jahren <strong>zu</strong> einem weltweit führenden<br />

Markt- <strong>und</strong> Auktionsplatz für Sammleruhren,<br />

Juwelen <strong>und</strong> Diamanten entwickelt<br />

hat, scheint zwar angesichts der<br />

historischen Rolle Genfs als Uhrmacherzentrum<br />

ohne weiteres erklärlich. Aber<br />

selbst hier sind <strong>die</strong> wirklichen Gründe<br />

etwas anders gelagert: Seine erste Niederlassung<br />

in der Schweiz, <strong>und</strong> damit sogar<br />

<strong>die</strong> erste auf dem Kontinent überhaupt,<br />

82 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

Design<br />

in<br />

Genf<br />

Barock<br />

in<br />

Zürich<br />

gründete das Auktionshaus Sotheby’s<br />

nämlich 1969 hauptsächlich aus zolltechnischen<br />

Motiven im Zusammenhang mit<br />

einer grossen Juwelenversteigerung, <strong>und</strong><br />

zwar – wegen fremdenpolizeilicher <strong>und</strong><br />

arbeitsrechtlicher Schwierigkeiten – nicht<br />

in Genf, sondern in Zürich.<br />

Erst nachdem Erzrivale Christie’s kurz<br />

darauf <strong>die</strong>se Schwierigkeiten umschiff t<br />

<strong>und</strong> eine eigene Niederlassung in Genf<br />

errichtet hatte, wechselte Sotheby’s mit<br />

seinen Juwelenversteigerungen einige Jahre<br />

später ebenfalls nach Genf. Allerdings<br />

standen dahinter nicht etwa industriegeschichtliche,<br />

sondern hauptsächlich sprachliche<br />

Gründe. Ein wichtiger Teil der<br />

Oben:<br />

Canapé «Big Easy 2 for 2»<br />

von Ron Arad in poliertem<br />

Edelstahl, Design 1989,<br />

signiert, nummeriert 10/20,<br />

Zuschlagspreis: 146 400 Fr.<br />

(Koller, Genf, 2009; alle Preis<br />

inkl. Käuferaufgeld)<br />

Unten:<br />

Louis-XIV-Kommode von G.<br />

M. Oppenordt mit üppiger<br />

Boulle-Einlegearbeit in<br />

Messing <strong>und</strong> Schildpatt,<br />

Paris, um 1700, Zuschlagspreis:<br />

549 000 Fr. (Koller,<br />

Zürich, März 2011).<br />

Bilan LUXE | 83


KUNSTMARKT | MÖBEL<br />

1<br />

3 4<br />

2<br />

5<br />

damaligen Juwelen- <strong>und</strong> Luxusk<strong>und</strong>schaft<br />

rekrutierte sich nämlich aus den überwiegend<br />

französischsprachigen Ländern<br />

Nordafrikas <strong>und</strong> des Vorderen Orients.<br />

Auch für Kunstmarktinsider weniger<br />

leicht <strong>zu</strong> erklären ist dagegen eine andere<br />

Röschtigrabenanomalie: Wie kam es<br />

da<strong>zu</strong>, dass <strong>die</strong> nüchterne Zwingli-, Banken-<br />

<strong>und</strong> Konstruktivistenstadt Zürich<br />

<strong>zu</strong> einem international geachteten Auktions-<br />

<strong>und</strong> Handelsplatz für das reiche<br />

Kunsthandwerk des prunkverliebten<br />

Pariser Barocks, Rokokos <strong>und</strong> Empires<br />

avancierte – <strong>und</strong> <strong>die</strong> frankophone Goldemailstadt<br />

Genf im Gegen<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> einem<br />

Marktzentrum für Juwelen, Möbel <strong>und</strong><br />

verwandte Designerkunstwerke vom Art<br />

déco bis <strong>zu</strong>m 21. Jh. aufstieg?<br />

ANOMALIE DER SCHÖNEN DINGE<br />

Dass <strong>die</strong>s so ist, spiegelt sich vielleicht<br />

am deutlichsten in den jeweiligen Versteigerungen<br />

von Koller Auktionen, das als<br />

grösstes Auktionshaus der Schweiz seine<br />

Auktionsangebote strategisch zwischen<br />

Zürich <strong>und</strong> Genf aufteilt. Barocke Altmeistermalerei,<br />

aber auch französische<br />

Rokokomöbel, Empire-Prunkuhren <strong>und</strong><br />

verwandte Zierstücke des 18. <strong>und</strong> 19. Jh.<br />

versteigern Vater <strong>und</strong> Sohn Pierre <strong>und</strong> Cyril<br />

Koller jeweils im März <strong>und</strong> im September<br />

in der Limmatstadt. <strong>In</strong>ternationale Designermöbel<br />

<strong>und</strong> weitere dekorative Kunst<br />

des 20. <strong>und</strong> 21. Jh. von Ron Arad bis Shiro<br />

Kuramata bringt das Auktionshaus jeweils<br />

im Mai <strong>und</strong> im November in Genf unter<br />

den Hammer.<br />

Auff allend daran ist, dass <strong>die</strong>se Gebietsaufteilung<br />

zwischen Genf <strong>und</strong> Zürich nicht<br />

etwa künstlich vom Auktionshaus Koller<br />

eingeführt wurde. Vielmehr spiegelt sie<br />

sich – wenn auch keineswegs in ausschliessender<br />

Strenge – auch im nichtversteigernden<br />

Kunsthandel der beiden Städte<br />

bis hinauf in den Vorstand der Verbands<br />

Schweizerischer Antiquare <strong>und</strong> Kunsthändler<br />

VSAK.<br />

Seine Präsidentin, Jacqueline Aden<br />

Hürst, unterhält im Herzen des Zürcher<br />

Antiquitätenquartiers an der Kirchgasse<br />

eine gerade<strong>zu</strong> unzürcherisch elegante Galerie<br />

für französisches Kunsthandwerk <strong>und</strong><br />

Meistermöbel der Pariser Haute Epoque<br />

des 18. <strong>und</strong> 19. Jh. vom Sonnenkönig Louis<br />

XIV bis hin <strong>zu</strong> Empire, Diréctoire <strong>und</strong> Napoleon<br />

III. VSAK-Vizepräsident Lionel Latham<br />

dagegen führt an der zentralen Genfer<br />

Rue de la Corraterie mit seiner Galerie<br />

Latham ein international anerkanntes Spezialgeschäft<br />

für dekorative Kunst, Möbel<br />

<strong>und</strong> Design des 20. <strong>und</strong> 21. Jh. |<br />

1 : Louis-XV-Bergkristalldeckenleuchter,<br />

Paris,<br />

um 1750, Zuschlagspreis:<br />

235 000 Fr. (Koller,<br />

Zürich)<br />

2 : Louis-XV-<br />

Lacknamenbureau<br />

in blauem «Vernis<br />

Martin», Bernard II<br />

van Riesenburgh <strong>zu</strong>geschrieben,<br />

Paris, um 1755,<br />

Zuschlagspreis:<br />

591 500 Fr. (Koller,<br />

Zürich)<br />

3: Bemalter Louis-XVI-<br />

Klappsekretär (Secretaire<br />

à abattant) von Nicolas<br />

Petit, Paris, um 1780, Zuschlagspreis:<br />

925 000 Fr.<br />

(Koller, Zürich, 2007)<br />

7<br />

8<br />

6<br />

10<br />

9<br />

4 : Imperiales Empire-<br />

Kombinationskartenpult,<br />

F.-H.-G. Jacob-Desmalter<br />

<strong>zu</strong>geschrieben, Paris, um<br />

1810, Zuschlagspreis:<br />

292 500 Fr. (Koller, Zürich,<br />

2006)<br />

5 : Louis-XV-Lackkommode,<br />

von Jacques Dubois, signiert,<br />

Paris, um 1750, Zuschlagspreis:<br />

235 500 Fr. (Koller,<br />

Zürich, 2006)<br />

6 : Venini-Glasparavent von<br />

Fulvio Bianconi, um 1970,<br />

vier Flügel, Breite: 168 cm,<br />

Zuschlagspreis: 20 620 Fr.<br />

(Koller, Genf, 2011)<br />

7: Bar «Nautilius», Modell<br />

2081, von Gabriella Crespi in<br />

poliertem Messing, signiert,<br />

um 1960er bis 1980er Jahre,<br />

Zuschlagspreis: 26 840 Fr.<br />

(Koller, Genf, 27. Mai 2011)<br />

8 : Stuhl «Loop Loop»<br />

von Ron Arad, poliertes<br />

Edelstahlgewebe, signiert<br />

<strong>und</strong> datiert 1994, aus einer<br />

Edition von 5 Exemplaren,<br />

Zuschlagspreis: 134 200 Fr.<br />

(Koller, Genf, 2009)<br />

9: Armlehnstuhl «Buddy et<br />

Flappo» von Gerald Poussin,<br />

1986, Einzelstück, Zuschlagspreis:<br />

13 420 Fr. (Koller, Genf,<br />

2009)<br />

10: Liege «Daybed», Modell<br />

PK 80, von Poul Kjaerholm,<br />

1957, Verchromtes Metallgestell<br />

<strong>und</strong> schwarzes Leder,<br />

Zuschlagspreis: 11 590 Fr.<br />

(Koller, Genf, 2010)<br />

84 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 85


CLASSIC CAR | JAGUAR E-TYPE | von Konrad Koch<br />

Britisches Bestiarium<br />

DER JAGUAR E-TYPE IST EINE IKONE DES AUTOMOBILBAUS<br />

UND EINER GANZEN ÄRA, DEN SWINGING SIXTIES. SEIN DEBÜT<br />

HATTE ER VOR 50 JAHREN AM AUTOSALON IN GENF. TROTZ<br />

SEINER RAUBKATZENGENE, DIE IN DEN XK-MODELLEN DER BRI-<br />

TISCHEN SPORTWAGENMARKE WEITERLEBEN, ZEIGT EIN JAG<br />

BIS HEUTE VOR ALLEM EINES: SPORTLICHE NOBLESSE.<br />

Es war einer der wenigen Sommertage<br />

im Juni 2011. Vom Dauerregen british<br />

racing green gewaschen glänzten <strong>die</strong><br />

Matten des oberen Linthtals. 303 Kurven<br />

einer legendären Strecke waren bereit für<br />

eine Legende - einen Jaguar E-Type 5.3<br />

Liter V 12 Convertible.<br />

Der Tag schien wie ge<strong>macht</strong> für eine<br />

Fahrt in einem Jaguar Cabriolet über den<br />

Klausen, den Pass zwischen Glarus <strong>und</strong><br />

Uri, der so geschichtsträchtig ist wie <strong>die</strong><br />

Traditionsmarke aus Coventry. Kein anderes<br />

Bergrennen ist nämlich <strong>zu</strong> einem<br />

derartigen Mythos geworden wie das<br />

Klausenrennen, das in den Jahren 1922<br />

bis 1934 auf der 21,5 Kilometer Kiesstrasse<br />

zwischen Linthal <strong>und</strong> der Passhöhe<br />

ausgetragen wurde.<br />

Es ist zwar in den Roaring Twenties<br />

noch kein Jaguar <strong>die</strong> Schotterpiste hochgedonnert.<br />

Rennwagen von Swallow Sidecars,<br />

wie der Sportwagenhersteller<br />

vor seiner Namensänderung 1945 hiess,<br />

haben aber damals schon für britischen<br />

Sportgeist gesorgt, <strong>zu</strong>sammen mit den<br />

Rennkarossen von Bentley, MG <strong>und</strong> Riley.<br />

Am 15. März 1961 im Parc des Eaux Vives<br />

in Genf wurde der E-Type von Jaguar<br />

vorgestellt. Zwei Wagen hatten der<br />

Firmengründer Sir William Lyons an<br />

den Lac Léman fahren lassen, einen für<br />

den Stand am Autosalon, den zweiten für<br />

Testfahrten auf einer abgesperrten Bergrennstrecke<br />

ausserhalb der Stadt Genf.<br />

<strong>In</strong>des hatten sich derart viele Journalisten<br />

für eine Mitfahrgelegenheit angemeldet,<br />

dass Lyons einen dritten Wagen<br />

aus England anforderte. Cheftestfahrer<br />

Norman Dewis brachte ihn mit der Fähre<br />

von Dover nach Calais <strong>und</strong> dann in einer<br />

Parforcefahrt quer durch Frankreich<br />

in nur 14 St<strong>und</strong>en von der Jaguar-Fabrik<br />

Browns Lane bei Coventry in <strong>die</strong> Calvinstadt.<br />

AUF LEGENDÄRER PISTE<br />

Als Hommage an 50 Jahre E-Type standen<br />

<strong>zu</strong>r Klausenfahrt 2011 der Serie III<br />

Convertible von 1972 <strong>zu</strong>sammen mit seinem<br />

Ururenkel, dem XK 5.0 V8 Convertible<br />

<strong>zu</strong>r Verfügung. Den Pass hoch am<br />

Steuer des Oldtimer aus der Sammlung<br />

von Autoimporteur Walter Frey, talwärts<br />

nach Altdorf mit einem für <strong>die</strong> Schweiz<br />

auf 50 Exemplare limitierten Jubiläumsmodell<br />

50E. <strong>Und</strong> ganz englische Höfl ichkeit<br />

mit ein paar Kurvenlängen Abstand<br />

folgten zwei Mechaniker in einem Land<br />

Rover Discovery.<br />

40 Jahre Automobiltechnik trennen <strong>die</strong><br />

beiden Wagen - Spitzenfahrzeuge ihrer<br />

Zeit sind beide. Die Serie III des E-Type,<br />

<strong>die</strong> in den Jahren 1971 bis 1974 in 7990 Exemplaren<br />

als Convertible <strong>und</strong> in 7297 Coupés<br />

gebaut wurden, war der Leistungshöhepunkt<br />

der E-Serie <strong>und</strong> gleichzeitig ihr<br />

Abgesang. Als ob er es geahnt hätte: Im<br />

Kultfi lm «Harold and Maud» von 1971 lies<br />

Regisseur Hal Ashby den morbid-dekadenten<br />

Harold einen Jaguar E-Type fahren,<br />

umgebaut als Leichenwagen. Spektakulär<br />

katapultierte er das Unikat <strong>zu</strong>m<br />

Filmschluss über <strong>die</strong> Klippen. Zerstört<br />

<strong>und</strong> ausgebrannt blieb nur ein Haufen<br />

schrottreife Filmgeschichte.<br />

Das Produktionsende in Raten für den<br />

E-Type leitete Anfang der Siebzigerjahre<br />

<strong>die</strong> Ölkrise ein. Der Durchschnittsverbrauch<br />

lag bei r<strong>und</strong> 20 Liter auf 100 Kilometer.<br />

Abgas- <strong>und</strong> Sicherheitsvorschriften<br />

in den USA, dem wichtigsten Markt für<br />

Jaguar, verschärften <strong>die</strong> Absatzprobleme.<br />

1974 lief der letzte E-Type vom Band.<br />

Der in der Serie III bewährte 12-Zylindermotor<br />

blieb aber noch bis 1997 das<br />

Mass der Dinge im Jaguar Motorenprogramm.<br />

160 000 V12-Motorenblocks wurden<br />

in den Serienmodellen XJ verbaut.<br />

Die 5,3 Liter Hubraum treiben mit 314<br />

PS den Serie III in 6,6 Sek<strong>und</strong>en auf 100<br />

km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei<br />

240 km/h. Überzeugend sind selbst nach<br />

heutigem Motorenmassstab <strong>die</strong> Laufk ultur<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Elastizität des V12. Wäre nicht<br />

<strong>die</strong> Freude am Schalten des vollsynchronisierten<br />

Vierganggetriebes <strong>und</strong> der Hörgenuss<br />

der Orchestrierung durch den Motor,<br />

der Serie III liesse sich im dritten Gang<br />

über den Klausen fahren – was <strong>zu</strong>dem<br />

eine Unsportlichkeit gewesen wäre.<br />

86 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 87<br />

Fotos: D. Reinhard<br />

f f Jaguar<br />

Coupé 2+2 E-Type<br />

aus der Serie 1<br />

von 1961.<br />

f Cabrio Jaguar<br />

E-Type Serie 3 auf<br />

der gepfl ästerten<br />

Zufahrt <strong>zu</strong>m<br />

Klausenpass.


CLASSIC CAR | JAGUAR E-TYPE<br />

DAS SCHÖNSTE AUTO DER WELT<br />

Der Jaguar E-Type wurde mit seiner<br />

Form vom Start weg <strong>zu</strong>m <strong>In</strong>begriff des<br />

Sportwagens. Entworfen hatte <strong>die</strong> <strong>zu</strong>r<br />

Stilikone gewordene Karosserie der Luftfahrtingenieur<br />

Malcom Sayer. Er hatte<br />

<strong>zu</strong>vor schon <strong>die</strong> Le-Mans-Siegerwagen<br />

C- <strong>und</strong> D-Type aerodynamisch gezeichnet.<br />

Sogar Enzo Ferrari bezeichnete den<br />

Engländer als «das schönste Auto der<br />

<strong>Welt</strong>». <strong>In</strong> den Listen der schönsten Autos<br />

aller Zeiten belegt er regelmässig den ersten<br />

Platz. Nicht nur mit Schönheit deklassierte<br />

der E-Type von 1961 seine Konkurrenten.<br />

Mit einem Preis von damals 1550<br />

£ (heute r<strong>und</strong> 40 000 £) war er auch nur<br />

halb so teuer wie ein Aston Martin DB4<br />

oder Ferrari 250.<br />

Unter der nicht enden wollenden Motorhaube<br />

des Serie I E-Type war ein Reihensechszylinder<br />

eingebaut, der mit 3,8<br />

Liter Hubraum 265 PS Leistung brachte.<br />

Mit der vom Werk angegebenen Höchstgeschwindigkeit<br />

von ebenfalls 240 km/h<br />

ver<strong>die</strong>nte er sich damals das Prädikat<br />

«Schnellster Serienwagen der <strong>Welt</strong>».<br />

Über <strong>die</strong> Nachfolgemodelle Serie I <strong>und</strong> II<br />

mit 4,2-Liter-Motor kulminierte <strong>die</strong> Leistung<br />

im 1971 vorgestellten V12. Vergleichbare<br />

Zwölfzylinder gab es <strong>zu</strong> jener Zeit<br />

nur von Ferrari <strong>und</strong> Lamborghini.<br />

EIN KUNSTWERK<br />

Revolutionär in seiner Form war der<br />

E-Type als kompromissloser Sportwagen<br />

gebaut. Die Kombination aus Kraft<br />

<strong>und</strong> Eleganz <strong>macht</strong>en ihn jedoch <strong>zu</strong> einer<br />

Raubkatze mit britischen Manieren, <strong>die</strong><br />

88 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

i Eine gemeinsame<br />

Geschichte:<br />

Jaguar E-Type 5,3<br />

V12 Serie 3 <strong>und</strong><br />

Jaguar XK 5.0 V8.<br />

man sich gerne hielt.<br />

Brigitte Bardot fuhr ihn,<br />

Tony Curtis sowie Steve<br />

McQueen <strong>und</strong> der Privatdetektiv<br />

Jerry Cot-<br />

ton steuerte ihn in den gleichnamigen<br />

Kriminalromanen durch <strong>die</strong> Strassenschluchten<br />

New Yorks. <strong>In</strong> 14 Jahren hatte<br />

Jaguar 38 519 Coupés <strong>und</strong> 33 996 Roadster<br />

verkauft. Offi zieller Schluss war im<br />

April 1975 mit einer Sonderserie von dreissig<br />

Wagen in Schwarz.<br />

Zum Classic Car avanciert, lebt der Jaguar<br />

E-Type weiter. <strong>In</strong> der Schweiz widmen<br />

sich dem Fortbestand des Kultwagens<br />

der Jaguar Driver’s Club Switzerland<br />

(www.jdcs.ch) <strong>und</strong> der Jaguar E-Club<br />

(www.jaguar-e.ch). Auktionen, an denen<br />

regelmässig E-Types <strong>zu</strong>m Zuschlag kommen,<br />

führt <strong>die</strong> Oldtimer Galerie Toff en<br />

durch (www.oldtimergalerie.ch). Roadster<br />

der ersten Serie <strong>und</strong> Convertibles mit<br />

V12-Motor sind am teuersten. Original restauriert<br />

<strong>und</strong> strassentauglich kostet ein<br />

Zwölfer ab 75 000 Fr. Schon unter 50 000<br />

Fr. sind E-Type 2+2-Coupés <strong>zu</strong> fi nden.<br />

Vorsicht ist gegenüber Importen aus den<br />

USA angesagt. Stammt der Wagen aus Kalifornien<br />

wurde er entlang der Küste gefahren<br />

– <strong>und</strong> ist in den Hohlräumen voll<br />

mit Salz. Besser wäre da schon einer aus<br />

dem Wüstenklima von Vegas <strong>und</strong> Reno.<br />

Vollendet konserviert ist dagegen der E-<br />

Type, der 1996 wurde <strong>zu</strong>m Kunstwerk geadelt<br />

wurde. Das Museum of Modern Art<br />

nahm einen stahlblauen Roadster als eines<br />

der ganz wenigen Automobile in <strong>die</strong><br />

Dauerausstellung auf. |<br />

VOM SPORTS CAR ZUM<br />

GRAND TOURER<br />

<strong>In</strong> der Geschichte der Sportwagen von<br />

Jaguar war der E-Type ein <strong>In</strong>termezzo<br />

zwischen den XK-Modellen von 1948 bis<br />

1991 <strong>und</strong> den XJ-S Modellen ab Mitte der<br />

Siebzigerjahre. Abgelöst wurden <strong>die</strong>se<br />

durch <strong>die</strong> Modellfamilie der Grand Tourer<br />

XK. Neben den rabiaten Zweisitzern baute<br />

Jaguar immer auch sportliche Limousinen.<br />

Saloon oder Sedan genannt, waren <strong>die</strong><br />

Mk-Modelle <strong>und</strong> <strong>die</strong> späteren XJ12 S <strong>die</strong><br />

Vorfahren der heutigen Sportlimousinen<br />

XF <strong>und</strong> der Luxuslimousine XJ. An der<br />

New York Auto im Frühjahr zeigt Jaguar <strong>die</strong><br />

Modelle des Jahrgangs 2012. Spitzenmodell<br />

ist der Jaguar XKR-S. Er ist mit einem<br />

550 PS starken 5.0-Liter V8 Kompressormotor<br />

ausgestattet <strong>und</strong> erreicht eine<br />

Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h. Auf<br />

100 km/h beschleunigt er in 4,4 Sek<strong>und</strong>en,<br />

was ihn <strong>zu</strong>m stärksten Serienfahrzeug der<br />

Unternehmensgeschichte <strong>macht</strong>. Sportliche<br />

Leistung mit Luxus verbindet in der oberen<br />

Mittelklasse der neue XF 2.2-Liter Diesel.<br />

Der neue Vierzylinder-Dieselmotor schöpft<br />

aus 2,2 Liter Hubraum 190 PS. Mit nur 5,4<br />

Liter Durchschnittsverbrauch ist es der sparsamste<br />

je von Jaguar verbaute Motor. Alles<br />

Schwarz: Das bisher nur den XKR-Modellen<br />

vorbehaltene Black Pack wird ab 2012 für<br />

alle Modelle angeboten. Alle normalerweise<br />

in Chrom gehaltenen Karosserieteile sind in<br />

der mattschwarzen Wagenfarbe gehalten.<br />

Auch <strong>die</strong> 20 Zoll grossen Felgen. Auf was<br />

aber <strong>die</strong> E-Type-Enthusiasten auch nach<br />

der Vorstellung der neuen Modelle warten,<br />

ist ein kleiner Roadster, ein Sportwagen in<br />

bester englischer Tradition.<br />

WISSENSCHAFT | EIN ERFAHRUNGSBERICHT | von Stéphane Benoît-Godet - Illustration: Mathieu Moret<br />

Wie viel<br />

Zeit<br />

bleibt mir<br />

noch?<br />

ZWAR ERMÖGLICHT UNS DIE<br />

MEDIZIN, GESUND ZU BLEIBEN, ABER<br />

SIE SAGT UNS NICHT, WIE LANGE<br />

WIR LEBEN. DIE ERFAHRUNG EINES<br />

CHECK-UPS.,


WISSENSCHAFT | EIN ERFAHRUNGSBERICHT<br />

6<br />

. Juli 2011, 8.30 Uhr, Clinique La Prairie<br />

in Montreux. Ich betrete das luxuriöse<br />

Medizinzentrum an der Waadtländer Riviera,<br />

um eine Reihe von Untersuchungen<br />

über mich er<strong>gehen</strong> <strong>zu</strong> lassen. Ich bin weder<br />

krank noch bin ich ein Manager, den<br />

sein Unternehmen <strong>zu</strong>r umfassenden medizinischen<br />

Kontrolle schickt, wie es in<br />

der Schweiz immer mehr üblich wird. Ich<br />

bin hierhergekommen, um Antwort auf<br />

eine Frage <strong>zu</strong> erhalten, <strong>die</strong> gerade<strong>zu</strong> eine<br />

Obsession geworden ist. «Wie viel Zeit<br />

bleibt mir noch <strong>zu</strong> leben?» Tatsächlich<br />

steht das Thema seit Jahren auf der Agenda<br />

der Redaktion. Aber niemand fühlte<br />

sich davon wirklich angesprochen, schon<br />

gar nicht <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> gewisse Altersgrenzen<br />

überschritten haben. Da es meine<br />

Idee war, lag es nun an mir, <strong>die</strong> Herausforderung<br />

an<strong>zu</strong>nehmen.<br />

« Ein Traum für <strong>die</strong> Medizin,<br />

ein Albtraum für Hypochonder »<br />

Meine Frage entspricht nicht den Überzeugungen<br />

des mich empfangenden Doktors.<br />

Denn Kardiologe Mikael Rabaeus<br />

fühlt sich da<strong>zu</strong> berufen, Menschen <strong>zu</strong> heilen<br />

<strong>und</strong> nicht mit einem Migros-Verfalldatum<br />

<strong>zu</strong> versehen. Mit Artikeln über <strong>die</strong><br />

Genanalysen durch Biotech-Unternehmen<br />

wie 23andme, <strong>die</strong> versprechen, in den<br />

Chromosomen quasi Vorwarnungen lesen<br />

<strong>zu</strong> können, haben <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n falsche Erwartungen<br />

geweckt. Mein Gesprächspartner<br />

lehnt es ab, Patienten lebenslänglich<br />

Medikamente wie Statine <strong>zu</strong> verschreiben,<br />

er zieht es vor, sie <strong>zu</strong> einer andern Lebensweise<br />

<strong>zu</strong> motivieren.<br />

Meine Lebensfrage quittiert er liebenswürdig<br />

<strong>und</strong> amüsiert. Nach der ersten Untersuchung<br />

kann er schon mal bestätigen,<br />

dass meine Ges<strong>und</strong>heit nicht schlecht ist,<br />

obwohl ich keinen Sport treibe. Zwar fühle<br />

ich mich in guter Form, aber rennen/<br />

hüpfen/leiden – nein, das ist nicht mein<br />

Ding. «Sie sind jedoch für Bewegung programmiert»,<br />

sagt der fünfzigjährige, kräftig<br />

gebaute Schwede.<br />

Ohne böse Absicht lässt er mich dann<br />

auf dem Ergometer einen Ausdauertest<br />

machen. Just in dem Moment, als er den<br />

Widerstand des Velos erhöht, stürze ich<br />

ab. Kreislaufk ollaps, wie Nicolas Sarkozy<br />

anlässlich des präsidialen Joggings im<br />

Kreise seiner Leibwächter im Juli 2009.<br />

«Ihr Herz muss fähig sein, eine intensive<br />

<strong>und</strong> plötzliche Leistung <strong>zu</strong> erbringen, <strong>zu</strong>m<br />

Beispiel um vor einem Bären <strong>zu</strong> fl iehen.<br />

Vergessen Sie nicht, dass unsere Körperkonzeption<br />

derjenigen der Höhlenbewohner<br />

entspricht, weshalb wir nicht für ein<br />

bewegungsarmes Leben konzipiert sind.»<br />

GRÜNTEE, KOHL UND WARMES WASSER<br />

<strong>In</strong> meinem Kopf bohrt sich der Gedanke<br />

fest, dass ich jetzt <strong>zu</strong>r Kategorie der<br />

Menschen gehöre, <strong>die</strong> ges<strong>und</strong>heitlich<br />

überwacht werden müssen. Ich verlasse<br />

<strong>die</strong> Praxis <strong>und</strong> starte <strong>zu</strong> einem rasanten<br />

Parcours von möglichen <strong>und</strong> unmöglichen<br />

Tests <strong>und</strong> Untersuchungen. Wobei<br />

es mir nur um eines geht, nämlich mein<br />

wahrscheinliches Sterbedatum <strong>zu</strong> erfahren.<br />

Das Blut ? Alles o. k. Ultraschalluntersuchung<br />

der Organe? Perfekt. Fettmasse?<br />

Optimal. Scanner? Top. Oder fast.<br />

Es gibt da zwei kleine Verkalkungen ganz<br />

in der Nähe des Herzens. Sie sind Anzeichen<br />

dafür, dass sich <strong>die</strong> Arterie langsam<br />

verhärtet. Für den Kardiologen, der im<br />

Untersuchungsraum tätig ist, ist eine lebenslängliche<br />

Therapie angebracht. <strong>In</strong> einem<br />

solchen Moment fühlt man sich sehr<br />

dumm <strong>und</strong> sehr nackt, denn der Arzt hat<br />

jedes Detail im Körper gesehen. Unter<br />

dem unerbittlichen Auge der eines Palomar-Observatoriums<br />

würdigen Scanner<br />

<strong>und</strong> MRI gibt es den 100% ges<strong>und</strong>en Körper<br />

nicht. Ein Traum für <strong>die</strong> Medizin, ein<br />

Albtraum für Hypochonder.<br />

La Prairie führt auch genetische Diagnosen<br />

durch. Dies bedeutet nicht, dass<br />

man daraus ableiten könnte, an welcher<br />

Krankheit jemand sterben wird. Es handelt<br />

sich vielmehr um einen Test, der<br />

zeigt, wie unser Körper Toxine <strong>und</strong> Medikamente<br />

verarbeitet. Dies sind überaus<br />

nützliche Daten, denn <strong>die</strong> Medikamentenverträglichkeit<br />

ist von Mensch <strong>zu</strong> Mensch<br />

unterschiedlich. 10% aller Notfälle in Spitälern<br />

sind auf Nebenwirkungen von korrekt<br />

verschriebenen Medikamenten <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen.<br />

Die Untersuchung basiert auf einem<br />

Zungenabstrich, der von Doktor Thierry<br />

Pache vorgenommen wird. Er hat mit<br />

Partnern ein Testkit (Cypass) entwickelt<br />

<strong>und</strong> mit Gene Predictis ein Start-up-Unternehmen<br />

gegründet, das <strong>die</strong>se Technologie<br />

anbietet. Anhand der Resultate,<br />

<strong>die</strong> ich einige Tage später erhalte, eliminiert<br />

mein Körper Abbauprodukte sehr<br />

schlecht. Wäre ich Raucher, würde ich der<br />

Gruppe der klassischen Lungenkrebskan-<br />

didaten angehören. Im Gegensatz <strong>zu</strong> denjenigen<br />

starken Rauchern, <strong>die</strong> 80 Jahre<br />

<strong>und</strong> älter werden <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>die</strong>se genetische<br />

Schwäche nicht haben, weshalb ihnen <strong>die</strong><br />

Zigarettenschadstoff e weniger anhaben<br />

können. Diese genetische Ungerechtigkeit<br />

ist reines Zufallsprinzip. Nach Vorliegen<br />

der Untersuchungsergebnisse empfi ehlt<br />

mir Doktor Pache, <strong>die</strong> Assimilationsunfähigkeit<br />

<strong>zu</strong> kompensieren, indem ich natürliche<br />

Antioxidantien – Kreuzblütlergemüse,<br />

Grüntee – <strong>zu</strong> mir nehme. Kohl, heisses<br />

Wasser…<br />

CHURCHILLS HERZ<br />

Zurück <strong>zu</strong> Doktor Mikael Rabaeus, der<br />

sich von meinem Herz-Scan unbeeindruckt<br />

zeigt. Für ihn kommt eine Therapie<br />

nicht in Frage. «Ich verschreibe keine Medikamente,<br />

dafür eine neue Lebensart», erklärt<br />

der Kardiologe in seiner schönen Praxis<br />

mit Blick auf <strong>die</strong> Rasenfl äche, <strong>die</strong> jedem<br />

Golfplatz Ehre machen würde. «Winston<br />

Churchill hatte keine Herzprobleme, weil<br />

er sich auf den Schlachtfeldern bewegte. Es<br />

ist besser, etwas füllig <strong>zu</strong> sein <strong>und</strong> sich <strong>zu</strong><br />

bewegen, als mager <strong>und</strong> inaktiv <strong>zu</strong> sein.»<br />

Dies ist eine gerade<strong>zu</strong> historische Aussage,<br />

<strong>die</strong> mein Gesprächspartner fast tiefsinnig<br />

ergänzt: «Die Menschen möchten nicht<br />

wissen, wie viel Zeit ihnen noch bleibt. Es<br />

interessiert sie <strong>zu</strong> erfahren, wie sie <strong>die</strong> Last<br />

der Jahre leichter tragen können.»<br />

Später sitze ich an der Bar, <strong>die</strong> mehr einem<br />

Luxushotel als einer Klinik entspricht,<br />

<strong>und</strong> unterhalte mich mit dem Chefarzt, der<br />

<strong>die</strong>selbe Meinung vertritt. «Die<br />

Menschen möchten mehr Leben<br />

<strong>und</strong> nicht unbedingt mehr Jahre »,<br />

philosophiert Adrian Heini, «wir<br />

leben in der Zeit des Better Aging,<br />

eine Haltung, <strong>die</strong> mehr mit Lebensqualität<br />

als mit Quantität <strong>zu</strong> tun hat.<br />

Deshalb wird Ihre Frage über das wahrscheinliche<br />

Todesdatum so nie gestellt.<br />

Ausgenommen vielleicht von Patienten,<br />

denen wir sagen müssen, dass sie schwer<br />

krank sind.»<br />

Ich bin mit <strong>die</strong>ser Antwort nicht ganz<br />

<strong>zu</strong>frieden, geniesst doch La Prairie weltweite<br />

Bekanntheit als Spezialistin für Revitalisierung,<br />

ein Programm, bei dem<br />

Stammzellen von Lämmern injiziert werden,<br />

um den Alterungsprozess <strong>zu</strong> verlangsamen.<br />

Wenn ich eine Antwort auf meine<br />

Frage erhalten kann, dann doch hier.<br />

Denn was wäre der Sinn des Behandlungsprogramms,<br />

das <strong>die</strong> Klinik Patienten<br />

ab 40 Jahren für 20 000 Fr. <strong>die</strong> Wo-<br />

che anbietet? Die Therapie besteht in der<br />

Einnahme von W<strong>und</strong>erpastillen auf Basis<br />

von Lammleberextrakten (<strong>die</strong> <strong>In</strong>jektionen<br />

sind Vergangenheit, <strong>die</strong> Kur wird oral<br />

verabreicht). Off ensichtlich ist <strong>die</strong> Life-<br />

Enhancing-Therapie begehrt, denn der<br />

Zustrom an <strong>In</strong>teressenten, vor allem aus<br />

China, ist ungebrochen hoch. Also, Herr<br />

Doktor, wie viel Zeit bleibt mir noch?<br />

DIE STUNDE DER WAHRHEIT<br />

Der Chefarzt wechselt das Thema. Ich<br />

beobachte eine Gruppe bei einer R<strong>und</strong>e<br />

Fruchtsaft an der Bar. Immer mehr Unternehmen<br />

verpfl ichten ihre Kadermitglieder<br />

<strong>zu</strong>m Check-up <strong>und</strong> bezahlen für<br />

« Wir leben in der Zeit<br />

des Better Aging. »<br />

den halben Tag 4000 Fr. «Wir identifi -<br />

zieren Risikofaktoren bei Mitarbeitenden,<br />

um Lebensstil <strong>und</strong> Prävention <strong>zu</strong> optimieren»,<br />

erklärt Adrian Heini. Dieser Ansatz<br />

kommt aus den USA, wo <strong>die</strong> Unternehmen<br />

oft <strong>die</strong> Ges<strong>und</strong>heitskosten ihrer Kader<br />

übernehmen. Das System fi ndet auch in der<br />

Schweiz Anhänger. Mikael Rabaeus, der bis<br />

vor kurzem in einer anderen Klinik der Region<br />

tätig war, hat in La Prairie vor allem<br />

<strong>die</strong> Aufgabe, <strong>die</strong>sen Bereich auf<strong>zu</strong>bauen.<br />

Multinationale Unternehmen senden nicht<br />

nur einen oder mehrere Topleute, sondern<br />

oft das ganze Management. Wie eine Genfer<br />

Gesellschaft, <strong>die</strong> kürzlich 100 Mitarbeitende<br />

nach Montreux geschickt hat.<br />

Wie aber steht es um mich? «Sie sind in<br />

bester Ges<strong>und</strong>heit», bestätigt Mikael Rabaeus,<br />

den ich am Ende des Tages aufsuche.<br />

<strong>Und</strong> den es immer noch erstaunt, dass ich<br />

<strong>die</strong> gleiche Frage stelle. Schliesslich <strong>macht</strong><br />

er für mich <strong>die</strong> Kalkulation. «Sie sind ges<strong>und</strong>,<br />

rauchen <strong>und</strong> trinken nicht. Ihr dunkler<br />

Punkt ist, dass Sie sich nicht bewegen.<br />

Regelmässige körperliche Bewegung wird<br />

Ihr Leben um sieben bis acht Jahre verlängern.<br />

Ohne werden Sie mit 78 Jahren sterben.»<br />

Ich bin 41 Jahre alt, habe somit <strong>die</strong><br />

Hälfte meiner Lebenszeit hinter mir.<br />

Deprimierend? Ja <strong>und</strong> nein. Ich könnte<br />

beginnen, Sport <strong>zu</strong> treiben, was angesichts<br />

meines Ges<strong>und</strong>heitstests nicht<br />

<strong>die</strong> schlechteste Option wäre. Ich<br />

kann aber meine Lebenserwar-<br />

tung auch unter einem anderen<br />

Gesichtspunkt betrachten. «Menschen,<br />

<strong>die</strong> Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

80 Jahre alt wurden, hatten<br />

noch sechs Jahre vor sich, erklärt<br />

Mikael Rabaeus. Vier Jahrh<strong>und</strong>erte später<br />

haben <strong>die</strong>se gleichen Achtzigjährigen nur<br />

gerade zwei Jahre mehr <strong>zu</strong> leben.» Die Genetik<br />

ist gnadenlos, sie bestimmt, wann <strong>die</strong><br />

letzte St<strong>und</strong>e schlägt. Das Einzige, was wir<br />

Menschen kontrollieren können, ist der<br />

Lebensmodus. Also – ab <strong>zu</strong>m Joggen! |<br />

iSelbstportraits von Roman Opalka. Seit 1972<br />

arbeitete der polnische Maler an der Vollendung<br />

eines Werkes, indem er sich selbst fotografi erte, von<br />

vorne <strong>und</strong> ohne Gesichtsausdruck. So versuchte der<br />

Künstler, <strong>die</strong> Zeit ein<strong>zu</strong>fangen <strong>und</strong> <strong>zu</strong> malen, so wie<br />

er während 46 Jahren <strong>die</strong> Zahlen 0 bis unendlich auf<br />

<strong>die</strong> Bilder geschrieben hat. Mit dem Tod des Künstlers<br />

am 6. August 2011 ging das Lebenswerk <strong>zu</strong> Ende.<br />

90 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 91<br />

Roman Opalka


s FIXIE «COLNAGO<br />

MASTER PISTE»,<br />

Eines der berühmten<br />

Velos à la carte made<br />

in Vélosophe. Der Vintage<br />

Colnago-Rahmen<br />

wird auf Bestellung bei<br />

seinem italienischen<br />

Fabrikanten fabriziert.<br />

Ein legendäres Teil<br />

in den Farben des<br />

Molteni-Teams von<br />

Eddy Merckx (1972).<br />

Original-Bahnfelge von<br />

Wolber mit Campagnolo-Nabe.<br />

Lieferfrist:<br />

drei Monate. Doch wer<br />

liebt, der wartet nicht.<br />

K<strong>und</strong>e: Vélosophe<br />

Velofahrer mit Sinn<br />

für Ästhetik. Grafi ker<br />

oder Webmaster <strong>zu</strong>m<br />

Beispiel, <strong>die</strong> schlichtes<br />

Design mögen, sich<br />

in der Geschichte des<br />

Fahrrads auskennen<br />

<strong>und</strong> Ansprüche auf ein<br />

Unikat erheben.<br />

Preis: 4700 Fr.<br />

Von Emmanuel Grandjean - Fotos: Nicolas Righetti | VELOS | SPORT<br />

Stilvoll treten<br />

Macht Velo fahren weise? Im Vélosophe<br />

ist man davon überzeugt. Erstens,<br />

weil sich das Luxus-Fahrradgeschäft<br />

mitten in der Natur, nämlich im Dorf<br />

Chambésy hoch über dem Genfersee befi<br />

ndet, zweitens, weil dessen Chef Velo<br />

fahren im Blut hat. Damien Bisetti, 43 Jahre,<br />

ist ein eingefl eischter Fan von Drahteseln<br />

– «Bücher, Zeitschriften, Geschichte,<br />

meine ganze Kultur dreht sich ums Fahrrad»,<br />

wie er sagt. Er gehört <strong>zu</strong>r dritten Generation<br />

einer Hardcore-Velofahrerfamilie.<br />

«Mein Grossvater war Präsident des<br />

Vereins Pédale von Eaux-Vives, das ist kein<br />

Witz», grinst er. Bisetti leitet das edle Geschäft<br />

im Kanton Genf, wo im Sommer<br />

vor dem Fernseher alles bei der Tour de<br />

France mitfi ebert. Der gelernte Wirt – ihm<br />

gehören zwei Restaurants in Genf – war<br />

einer der ersten, der in der Schweiz Fixies<br />

vertrieb. Eigentlich handelte es sich dabei<br />

ursprünglich um ein Rad ohne Bremse <strong>und</strong><br />

Gangschaltung, das von den Kurieren San<br />

Franciscos von der Bahn auf <strong>die</strong> Strasse<br />

gebracht wurde. Der Vorteil: Das Fixie besteht<br />

aus einem Rahmen, zwei Rädern <strong>und</strong><br />

einer Kette. Einfacher <strong>und</strong> pfl egeleichter<br />

gehts nicht. Ein minimalistischer, schicker<br />

Gebrauchsgegenstand, der sich <strong>zu</strong>m stylischen<br />

Accessoire gemausert hat, den man<br />

nach Lust <strong>und</strong> Laune tunen kann, indem<br />

man alle möglichen Elemente hin<strong>zu</strong>fügt.<br />

Velos à la carte sind aber nicht dem Fixie<br />

vorbehalten. Egal, ob Bahn-, Renn- oder<br />

Strassenräder, im Vélosophe kann jedes<br />

Gefährt nach den Wünschen des K<strong>und</strong>en<br />

<strong>zu</strong>sammengebaut werden. Wie sieht Ihr<br />

Traumvelo aus?<br />

Le Vélosophe, 24 chemin Roilbot,<br />

1292 Chambésy, velosophe@bluewin.ch<br />

www.velosophe.blogspot.com<br />

92 | 92 <strong>Finanz</strong> | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 93


SPORT | VELOS<br />

CERVÉLO CONTRE<br />

LA MONTRE p<br />

Achtung ausserirdisch!<br />

Ein futuristisches<br />

Rad für<br />

Tempofreaks mit aerodynamischemProfi<br />

l, halbvollen Rädern<br />

<strong>und</strong> einem Rahmen<br />

mit minimalem Luftwiderstand.<br />

Dadurch<br />

lassen sich gegenüber<br />

einem klassischen<br />

Velo 4 bis<br />

5 km/h gewinnen.<br />

2008 wurde Cancellara<br />

mit <strong>die</strong>sem Rad<br />

in Peking Olympiasieger.<br />

K<strong>und</strong>en: Defi nitiv<br />

kein Velo für Wochenendausfahrten.<br />

Es setzt eine gewisse<br />

Übung voraus <strong>und</strong><br />

ist deshalb klar für<br />

Profi s gedacht, <strong>die</strong><br />

Rennen bestreiten<br />

wollen.<br />

Preis: 10 500 Fr.<br />

f CERVÉLO R5<br />

CALIFORNIA<br />

Cervélo-Karbonrahmen,<br />

auf 200 Exemplare<br />

limitiert,<br />

leichtgewichtige RAR-<br />

Räder (à la carte <strong>und</strong><br />

massgeschneidert),<br />

Sram Black Umwerfer<br />

(Bremse, Gangschaltung,<br />

Kettenblatt)<br />

– <strong>die</strong> Marke, mit der<br />

Contador 2010 <strong>die</strong><br />

Tour de France gewann.<br />

Gesamtgewicht:<br />

federleichte 5,8 kg<br />

K<strong>und</strong>en: Velo der<br />

Spitzenklasse für extrem<br />

hohe Ansprüche,<br />

selten <strong>und</strong> sehr teuer.<br />

Für zahlungskräftige<br />

Kenner, Männer<br />

zwischen 40 <strong>und</strong> 60,<br />

<strong>die</strong> ein leistungsstarkes,<br />

rassiges <strong>und</strong><br />

solides Rad wollen. Der<br />

Bentley Continental<br />

der Velos.<br />

Preis: 20 000 Fr.<br />

s PRICE<br />

Ein schönes, echtes<br />

Schweizer Velo, hergestellt<br />

in Uster bei Zürich<br />

<strong>und</strong> ausgestattet<br />

mit einer elektrischen<br />

Shimano-Gangschaltung.<br />

Mit dem<br />

besten Preis-Leistungs-<br />

Verhältnis auf dem<br />

Velomarkt der höheren<br />

Qualitätsklasse.<br />

K<strong>und</strong>en: Stilbewusste<br />

Velofahrer, <strong>die</strong> ein<br />

hochwertiges Rennrad<br />

<strong>zu</strong> einem unschlagbaren<br />

Preis suchen.<br />

Preis: 7995 Fr.<br />

94 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 95


PFLEGE | TIPPS | von Cristina d'Agostino - Illustration : Nicolas Zentner<br />

Mister<br />

Perfect<br />

ACHT EMPFEHLUNGEN, UM DIE GEHEIMNISSE DER<br />

MÄNNLICHEN SCHÖNHEIT ZU ERGRÜNDEN UND DIE<br />

JÜNGSTEN TRENDS ZU ERPROBEN.<br />

HAARKOLORATION<br />

Alle im Handel erhältlichen Haarkolorationen versprechen, dass sie 50<br />

bis 100% der weissen Haare abdecken <strong>und</strong> sie garantieren eine harmonische<br />

Ansatzkaschierung! Das Tönungsgel Excell5 von L’Oréal Men<br />

Expert <strong>und</strong> <strong>die</strong> in der Packung enthaltene Bürste können eine schnelle,<br />

unkomplizierte Alternative sein. Einfach auftragen, egal, ob stellenweise<br />

oder auf dem ganzen Kopf. Wer einen speziellen Grauton möchte,<br />

verwendet am besten das L’Oréal Professionnel Homme Grey Shampoo.<br />

Es neutralisiert sogar den Gelbstich im Haar <strong>und</strong> ist weniger riskant.<br />

L’Oréal Professionnel Homme Grey Shampoo, 23 Fr.<br />

GESICHTSMASKE<br />

Es müssen ja nicht gleich <strong>die</strong> berühmten Gurkenscheiben auf den Augen<br />

sein. Eine dick aufgetragene Gesichtsmaske sorgt auch so für ein<br />

angenehm frisches Feuchtigkeitsgefühl. Am Wohltuendsten ist <strong>die</strong><br />

Wirkung nach <strong>zu</strong> viel Sonne oder durchzechter Nacht. <strong>In</strong> nur zehn Minuten<br />

wird <strong>die</strong> Haut wieder strahlend frisch. Vor dem Auftragen den<br />

überschüssigen Talg mit einem Peeling entfernen, damit <strong>die</strong> Maske ihre<br />

volle Wirkung entfalten kann. Die Masken Coup de gueule von Nickel<br />

(erhältlich in <strong>In</strong>stituten) gibt es als Anti-Aging- <strong>und</strong> als feuchtigkeitsspendende<br />

Formel. Nickel «Coup de gueule», 28 Fr.<br />

RASUR<br />

Seit einigen Jahren sind Dreitagebärte hoch im Trend. Treffl ich debattieren<br />

lässt sich dabei darüber, wie der Bartwuchs an den verschiedenen<br />

Gesichtspartien am besten gestutzt werden kann. Einige schwören<br />

auf <strong>die</strong> beim Coiff eur erhältlichen Barttrimmer mit speziellem Rasierkopf,<br />

<strong>die</strong> scheinbar einzige wirksame Waff e, um dem Gestrüpp auf den<br />

Leib <strong>zu</strong> rücken. <strong>In</strong> <strong>die</strong>ser Sparte neu ist der Babyliss E870XE mit einem<br />

um 25 Grad schwenkbaren, fl exiblen Rasierkopf, 15 Schnittstufen<br />

<strong>und</strong> Schnittlängen von 0,4 bis 5 mm <strong>und</strong> 0,2 mm Präzision. Was Mann<br />

wissen sollte: Nach Auskunft von Guillaume Lehut, Herrencoiff eur im<br />

Lausanne Palace, hat ein richtiger Dreitagebart eine Länge von 1,5 bis<br />

höchstens 4 mm, muss täglich gepfl egt werden <strong>und</strong> wird genau 15 Minuten<br />

nach dem Erwachen <strong>und</strong> der Dusche, wenn das Haar entspannt<br />

ist, getrimmt. Babyliss E870XE, 100 Fr.<br />

SERUM<br />

Seren sind hochkonzentrierte Wirkstoff e. Sie werden vor der Feuchtigkeitscreme<br />

aufgetragen, unterstützen <strong>die</strong> Regeneration des Bindegewebes (bei Anti-Aging-Seren)<br />

oder schützen vor freien Radikalen. Meistens reichen einige<br />

Tropfen. Zum Glück, schliesslich sind sie alles andere als billig. La Prairie bringt<br />

mit Cellular Power <strong>In</strong>fusion ein innovatives Serum, das in einer einmonatigen<br />

Kur <strong>zu</strong>r Reaktivierung der epidermalen Stammzellen angewendet wird, auf den<br />

Markt. Giorgio Armani bietet mit dem Fortifying Serum aus der Skin-Minerals-<br />

For-Men-Linie ein kräftigendes Serum mit Mineralien, Vitamin E <strong>und</strong> B5.<br />

Cellular Power <strong>In</strong>fusion La Prairie, 544 Fr.<br />

SCRUB<br />

Wenn Ihre Haut wie <strong>die</strong> Kroko-Tasche Ihrer Mutter aussieht <strong>und</strong> sich auch<br />

so anfühlt, dann ist es höchste Zeit für ein Peeling. Die in den Cremes oder<br />

Duschgels enthaltenen Partikel oder Mikroperlen lösen beim Einmassieren<br />

abgestorbene Hautzellen <strong>und</strong> klären so <strong>die</strong> Haut; danach aber unbedingt eine<br />

Feuchtigkeitscreme auftragen, da sie sonst unangenehm spannt. Clarins Men<br />

bietet mit seinem Douche Exfoliante Shower Crub ein äusserst praktisches<br />

2-in-1-Duschpeeling. Zur Entfernung von Unreinheiten <strong>und</strong> überschüssigem<br />

Talg im Gesicht ein sanftes Peeling verwenden. Es beugt Mitessern vor <strong>und</strong><br />

löst eingewachsene Barthaare. Désincrustant Visage von Biotherm Homme<br />

überzeugt durch seine angenehme Duschformel. Einmal pro Woche reicht.<br />

Shower Crub Clarins Men, 35 Fr.<br />

FEUCHTIGKEITSCREME<br />

Männerhaut ist bis <strong>zu</strong> 22% dicker als Frauenhaut <strong>und</strong> produziert mehr Talg.<br />

Ausserdem hat sie den Vorteil, dass sie mehr Kollagen enthält <strong>und</strong> so weniger<br />

schnell Falten bildet. Das tägliche Rasieren setzt ihr allerdings ziemlich<br />

arg <strong>zu</strong>. Eine feuchtigkeitsspendende Creme kann sie nähren, pfl egen <strong>und</strong> sie<br />

wieder geschmeidig machen. Eine mattierende Formel wie <strong>die</strong> des Hydratant<br />

Gels von Clinique verbessert das nicht sonderlich ästhetische Erscheinungsbild<br />

der meist fettigen <strong>und</strong> grossporigen männlichen Haut. Skin Supplies<br />

for Men Clinique, 49 Fr.<br />

SELBSTBRÄUNER<br />

Man braucht nicht mehr in der Sonne <strong>zu</strong> braten, um schön braun <strong>zu</strong> werden.<br />

Dank des Oxydationsprozesses der oberen Hautzellen, der vom Wirkstoff Dihydroxyaceton<br />

(DHA) ausgelöst wird, wird <strong>die</strong> Haut bereits nach wenigen<br />

St<strong>und</strong>en braun <strong>und</strong> bleibt das im Durchschnitt auch bis sechs Tage lang. Ein<br />

W<strong>und</strong>er! Ja, aber eines, das mit Vorsicht <strong>zu</strong> geniessen ist. Da Selbstbräuner<br />

kein Melanin produzieren, bieten sie auch keinen Schutz vor UV-Strahlen.<br />

Also unbedingt eincremen! Am besten peelen Sie Ihre Haut vor der Anwendung.<br />

Dadurch vermeiden Sie unschöne Flecken, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Anhäufung<br />

von abgestorbenen Hautzellen entstehenden. L’Oréal hat mit Sublime Bronze<br />

eine Selbstbräunungscreme entwickelt, <strong>die</strong> sich sogar trotz Barthaaren<br />

einfach auftragen lässt. Sublime Bronze L'Oréal, 19, 90 Fr.<br />

EPILATION<br />

Meine Herren, glatt epilierte Oberkörper sind in. Das einfache Abrasieren der<br />

Haare reizt aber <strong>die</strong> Haut. Benutzen Sie anstelle eines speziellen Brusthaar-Rasierers,<br />

der wie Juckpulver wirkt <strong>und</strong> das Haar danach nur noch kräftiger nachwachsen<br />

lässt, eine Enthaarungscreme (Veet for Men). Sie müssen aber trotzdem<br />

damit rechnen, dass schon nach drei Tagen wieder <strong>die</strong> ersten Stoppeln<br />

spriessen. Wachs ist <strong>und</strong> bleibt deshalb auch <strong>die</strong> wirksamste Methode, auch für<br />

den <strong>In</strong>timbereich. Er ist zwar ausser im <strong>In</strong>stitut nicht sehr praktisch in der Anwendung,<br />

sorgt aber <strong>zu</strong>mindest für einen Monat Ruhe. Eine weitere Möglichkeit<br />

ist <strong>die</strong> endgültige Laser-Epilation, <strong>die</strong> allerdings sehr schmerzhaft ist <strong>und</strong> nur bei<br />

schwarzem Haar auf heller Haut funktioniert. Das vorherige Einschmieren mit<br />

Emla-Betäubungscreme ist da kein Luxus. Einziges Problem: Damit <strong>die</strong> Creme<br />

wirkt, muss man sich während einer St<strong>und</strong>e vor der Epilation in Folie einpacken<br />

lassen. Haarentfernungs Gelcrem Veet for Men, 14, 90 Fr.<br />

96 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 97


PARFUM | HERBST | von Blaise-Alexandre Le Comte<br />

Dufthölzer<br />

DER SOMMER NEIGT SICH DEM ENDE ENTGEGEN, BÄUMT SICH EIN<br />

LETZTES MAL AUF, VERGEBLICH, DENN DER HERBST IST DA. DIE<br />

VEGETATION VERSTRÖMT JETZT HERBE, ERDIGE DÜFTE, DIE VON DER<br />

SÜSSE ÜBERREIFER FRÜCHTE HARMONISCH GEMILDERT ERT WERDEN.<br />

Die herbstliche, in ihrer Überschwänglichkeit w<strong>und</strong>erbar ar<br />

sublime Natur lädt Reiterinnen <strong>und</strong> Reiter ein, sich in Habit bit<br />

Rouge <strong>zu</strong> kleiden. Der ledrige, orientalische Duft von feminininer Maskulinität wurde 1965 von Jean-Paul Guerlain kreiert. rt.<br />

Er öff net auf hesperidischen Noten, denen zart würzige Oranngenblüten<br />

Finesse verleihen. Auf <strong>die</strong>se – möglicherweise – <strong>zu</strong><br />

saubere Frische folgt mit Stil <strong>und</strong> Eleganz <strong>die</strong> <strong>Welt</strong> des Pfererdes. Wuchtiges Leder lässt an Stiefel <strong>und</strong> Sättel denken, an<br />

Ausritte im Morgennebel durch schimmernden Herbstwald, ld,<br />

voll erdigem Duft von Patschuli <strong>und</strong> holzigem von Zeder. <strong>Und</strong> nd<br />

dann erinnert <strong>die</strong>se Guerlinade mit der vanillierten Iris <strong>und</strong> nd<br />

Ambernoten daran, dass Reiterinnen <strong>und</strong> Reiter echte La<strong>die</strong>s es<br />

<strong>und</strong> Gentlemen sind.<br />

Habit Rouge, Eau de toilette, Spray 50ml (88 Fr.) et 100ml (121 Fr.)<br />

Sie steigen vom Pferd <strong>und</strong> werden sofort umhüllt vom Duft uft<br />

<strong>und</strong> von der Animalität des Reitstalls, wo angeschirrte Pferde de<br />

ungeduldig auf den Ausritt warten. Die Spannung ist spürbar, ar,<br />

denn der tierische <strong>In</strong>stinkt möchte sich endlich in der Freiheit eit<br />

entfalten. Diese besondere Stimmung eingefangen hat Mathililde Laurent in L’Heure fougueuse, der vierten Edition der Heuures de Cartier. Sie hat das ungestüme Pferd elegant gezügelt, elt,<br />

an der Mähne des unabhängigen Hengstes geschnuppert <strong>und</strong> nd<br />

schliesslich den Duft milde auf Stroh <strong>und</strong> Vetiver ausklingen en<br />

lassen. Der Vollblüter ist gebändigt, ruht sich jetzt in seiner ner<br />

Box aus, wo es nach Eichenmoos riecht.<br />

L’Heure Fougueuse, 75ml, 320 Fr.<br />

Nach dem morgendlichen Ritt <strong>und</strong> der Begegnung mit der er<br />

animalischen Kraft erholen sich <strong>die</strong> müden Reiterinnen <strong>und</strong> nd<br />

Reiter am Kamin bei einem feinen Tässchen Weisstee. Das as<br />

Feuer knistert, im hellen Flammenlicht zeichnen sich <strong>die</strong><br />

fl üchtigen, traumhaften Silhouetten bezaubernder weiblicher her<br />

Wesen ab. Féminité du bois von Serge Lutens bedeutet japapanische Ästhetik, <strong>die</strong> Entführung in Traumwälder, wo Chimämären den Reitern Pfi rsiche <strong>und</strong> Pfl aumen anbieten <strong>und</strong> sie ermuntern,<br />

ihre Lungen mit Blütendüften <strong>zu</strong> füllen, deren zarte rte<br />

Würze für einen sinnlich-trägen Genuss sorgen. Die geistige ge<br />

Fülle klingt dann im gleichen Rhythmus ab wie <strong>die</strong> holzige, le- legere,<br />

sorglose Feminität sich verfl üchtigt, <strong>zu</strong>rück bleiben feine<br />

Hölzer, Zeder <strong>und</strong> Sandelholz, überdeckt von intensivem, erdigem<br />

Patschuli.<br />

Féminité du bois, Spray 50ml, 124 Fr.<br />

98 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

«LUXE» ADRESSEN<br />

FASHION WEEK, S. 36<br />

Bally Genf : 80-82 rue du Rhône, 022 310<br />

22 87 – Lausanne : 9 place Saint-François,<br />

021 312 31 95 – Zürich : Bahnhofstrasse 66,<br />

044 224 39 39 Burberry Prosum Genf :<br />

Burberry, 8 rue Céard, 022 311 34 25 –<br />

Zürich : Burberry, Bahnhofstrasse 44, 044<br />

221 05 18 D&G Genf: Anita Smaga, 49-51<br />

rue du Rhône, 022 310 26 55; Drake Store,<br />

13 rue des Alpes, 022 732 24 42; Bongénie,<br />

34 rue du Marché, 022 818 11 11 - Lausanne:<br />

Drake Store, 22 rue de Bourg,<br />

021 320 08 20; Bongénie, 10 place<br />

Saint-François, 021 345 27 27 – Zürich:<br />

Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36<br />

Dolce & Gabbana Genf: Anita Smaga,<br />

49-51 rue du Rhône, 022 310 26 55; Drake<br />

Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 -<br />

Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg,<br />

021 320 08 20 - Bern: Ciolina, Marktgasse<br />

51, 031 328 64 64 – Zürich, Dolce &<br />

Gabbana, Weinplatz 10, 044 211 55 05<br />

Bottega Veneta Genf : Bongénie, 34 rue du<br />

Marché, 022 818 11 11 - Lausanne: Bongénie,<br />

10 place Saint-François, 021 345 27 27 -<br />

Zürich: Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044<br />

224 36 36 Ermanno Scervino<br />

www.ermannoscervino.it Giorgio Armani<br />

Genf : Giorgio Armani, 2 place Métropole,<br />

022 310 43 50 ; Bongénie, 34 rue du Marché,<br />

022 818 11 11 – Lausanne : Olivier François<br />

Ausoni, 5 place Saint-François, 021 312 94<br />

12 ; Bongénie, 10 place Saint-François, 021<br />

345 27 27 – Zürich : Giorgio Armani,<br />

Bahnhofstrasse 25, 043 960 08 00Grieder,<br />

Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 Hermès<br />

Genf : Hermès, 43 rue du Rhône, 022 819 07<br />

19 – Zürich, Hermès, Bahnhofstrasse 31,<br />

044 211 41 77 Junya Watanabe<br />

www.mrporter.com Louis Vuitton Genf :<br />

Louis Vuitton, 2 place du Lac, 022 311 02 32<br />

– Lausanne : Louis Vuitton, 30 rue de<br />

Bourg, 021 312 76 60 – Zürich : Louis<br />

Vuitton, Bahnhofstrasse 30, 044 221 11 00<br />

Marc Jacobs www.marcjacobs.com<br />

Paul Smith Genf: Drake Store, 13 rue des<br />

Alpes, 022 732 24 42; 15Ter, 15 rue de la Terrassière,<br />

022 735 70 87; Bongénie, 34 rue du<br />

Marché, 022 818 11 11 - Lausanne: Camille,<br />

5 rue Caroline, 021 312 85 15 ; Walpurgis, 6<br />

rue Enning, 021 312 96 21; Drake Store, 22<br />

rue de Bourg, 021 320 08 20 - Zürich:<br />

Fidelio, Münzplatz 1, 044 211 13 11; Grieder,<br />

Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 Prada<br />

Genf: Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022<br />

310 26 55; Drake Store, 13 rue des Alpes, 022<br />

732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue<br />

de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich, Prada<br />

Uomo, Storchengasse 12, 044 211 10 80;<br />

Prada Donna, Bahnhofstrasse 18, 044 211 09<br />

43 Roberto Cavalli Genf : Roberto Cavalli,<br />

49 rue du Rhône, 022 310 26 55 Salvatore<br />

Ferragamo Genf : Salvatore Ferragamo, 104<br />

rue du Rhône, 022 310 15 08 - Zürich :<br />

Salvatore Ferragamo, Bahnhofstrasse 40,<br />

044 211 23 91 Versace Genf : Versace, rue<br />

du Rhône, 022 310 34 14 Victor & Rolf<br />

Genf: Boutique Apollinaire, 61 rue du<br />

Rhône, 022 311 77 21 Yves Saint Laurent<br />

Genf : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022<br />

732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue<br />

de Bourg, 021 320 08 20<br />

SHOOTING<br />

STILDUELL S. 58<br />

Balenciaga Genf :Drake Store, 13 rue des<br />

Alpes, 022 732 24 42 - Lausanne: Drake<br />

Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 Bally<br />

Genf : 80-82 rue du Rhône, 022 310 22 87<br />

– Lausanne : 9 place Saint-François, 021 312<br />

31 95 – Zürich : Bahnhofstrasse 66, 044 224<br />

39 39 Chanel Genf : Chanel, Rue du Rhône<br />

43, 022 311 08 62 ; Bongénie, 34 rue du<br />

Marché, 022 818 11 11 - Zürich: Grieder,<br />

Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 Dior<br />

Genf :Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732<br />

24 42; Bongénie, 34 rue du Marché, 022 818<br />

11 11 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de<br />

Bourg, 021 320 08 20; Bongénie, 10 place<br />

Saint-François, 021 345 27 27 – Zürich:<br />

Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36<br />

Dries Van Noten Lausanne: Camille, 5 rue<br />

Caroline, 021 312 85 15 - Bern: Ciolina,<br />

Marktgasse 51, 031 328 64 64 – Zürich:<br />

Boutique Roma, Lintheschergasse 17, 044<br />

222 18 81 Fendi Genf: Boutique Fendi, 62<br />

rue du Rhône, 022 319 30 10; Bongénie, 34<br />

rue du Marché, 022 818 11 11 – Lausanne:<br />

Bongénie, 10 place Saint-François, 021 345<br />

27 27 – Zürich: Grieder, Bahnhofstrasse 30,<br />

044 224 36 36 Firma Lausanne: Camille, 5<br />

rue Caroline, 021 312 85 15 Jean Paul<br />

Gaultier Genf: Jean Paul Gaultier, 19 rue<br />

du Rhône, 022 310 33 22 - Zürich : Grieder,<br />

Bahnhofstrasse 30, 044 224 36 36 La Perla<br />

Genf : rue du Rhône 106, 022 310 33 27<br />

- Zürich : Grieder, Bahnhofstrasse 30, 044<br />

224 36 36 Alexander McQueen Genf :<br />

Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022 310<br />

26 55 - Zürich : Trois Pommes,<br />

Storchengasse 13, 044 212 02 04 Miu Miu<br />

Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022 310<br />

26 55 Neil Barrett Genf :Drake Store, 13<br />

rue des Alpes 022 732 24 42 - Lausanne:<br />

Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20<br />

Simonetta Ravizza Genf: Anita Smaga,<br />

49-51 rue du Rhône, 022 310 26 55<br />

Rolex www.rolex.com<br />

DER JETLAG<br />

DER UHRMACHER, S. 70<br />

A. Lange & Soehne Genf: Les<br />

Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318<br />

62 22 – Zürich: Türler, Bahnhofstrasse 28,<br />

044 221 06 08 Jaeger-LeCoultre Genf:<br />

Boutique Jaeger-LeCoultre, 2 rue du<br />

Rhône, 022 310 62 17; Les Ambassadeurs,<br />

62 rue du Rhône, 022 318 62 22;<br />

Chimento, 19 quai du Mont-Blanc, 022 731<br />

16 51 – Lausanne: A l’Emeraude, 12 place<br />

Saint-François, 021 312 95 83; Bijouterie<br />

Junod, 8 place Saint-François, 021 312 83<br />

66 - Zürich: Stahel, Gerbergasse 5, 044 211<br />

28 04 Louis Vuitton Genf: Louis Vuitton,<br />

2 place du Lac, 022 311 02 32 – Lausanne:<br />

Louis Vuitton, 30 rue de Bourg, 021 312 76<br />

60 – Zürich: Louis Vuitton, Bahnhofstrasse<br />

30, 044 221 11 00 Patek Philippe<br />

Genf : Salon Patek Philippe, 41 rue du<br />

Rhône, 022 Gübelin SA, 60 rue du Rhône,<br />

022 365 53 80 - Lausanne : A l’Emeraude,<br />

12 place Saint-François, 021 312 95 83-<br />

Zürich : Beyer Chronometrie,<br />

Bahnhofstrasse 31, 043 344 63 63 ;<br />

Gubelin AG, Bahnhofstrasse 36, 044 37 52<br />

20 Rolex www.rolex.com Ulysse Nardin<br />

Genf: Les Ambassadeurs, 62 rue du<br />

Rhône, 022 318 62 22; La Maison de<br />

l’Horlogerie, 24 rue du Cendrier, 022 732<br />

09 54 – Lausanne: A l’Emeraude, 12 place<br />

Saint-François, 021 312 95 83; Bijouterie<br />

Junod, 8 place Saint-François, 021 312 83<br />

66 - Zürich: Les Ambassadeurs,<br />

Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17<br />

Vacheron Constantin Les Ambassadeurs,<br />

62 rue du Rhône, 022 318 62 22 ;<br />

Chimento, 19 quai du Mont-Blanc,<br />

022 731 16 51 - Zürich : Les Ambassadeurs,<br />

Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17<br />

<strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 99


MAKING OF<br />

STILDUELL<br />

Mittwoch,<br />

24.August<br />

Impressionen vom Shooting<br />

im Rolex Learning Center<br />

an der ETH Lausanne.<br />

BOUDOIR<br />

Ferrara<br />

Abel<br />

INTERVIEW | von Francesca Serra<br />

the King of New York<br />

Abel Ferrara spricht wie einer seiner<br />

Filmgangster, schweren New Yorker<br />

Slang, <strong>die</strong> Wörter verschluckend. New York<br />

ist seine Stadt, sie ist Hintergr<strong>und</strong> seiner<br />

Geschichten <strong>und</strong> seine Muse. Der aus dem<br />

Arbeitermilieu stammende Cineast aus<br />

der Bronx verbindet in seinen Werken<br />

Ursprüngliches mit Philosophischem <strong>und</strong><br />

erforscht <strong>die</strong> Niedertracht des menschlichen<br />

Wesens.<br />

Die Filme, <strong>die</strong> ihn <strong>zu</strong> einem der massgeblichen<br />

Akteure des zeitgenössischen amerikanischen<br />

Kinos ge<strong>macht</strong> haben, sind zweifellos<br />

<strong>die</strong> beiden Epen King of New York<br />

mit Christopher Walken als gespenstischer<br />

Bösewicht sowie Bad Lieutenant mit Harvey<br />

Keitel in der Rolle eines heruntergekommenen<br />

Polizisten, der schlussendlich<br />

Vergebung erhält. Vergebung <strong>und</strong> Erlösung<br />

sind ebenso Schlüsselbegriff e seines Schaffens<br />

wie Abhängigkeit (Addiction), Liebe<br />

(China Girl), Sinnlichkeit (New Rose Hotel<br />

<strong>und</strong> Go Go Tales), ja sogar Feminismus (Ms.<br />

45). Während seine düsteren, atemberaubend<br />

schnellen Filme von der europäischen<br />

Kritik bew<strong>und</strong>ert werden, stören sie das<br />

konformistische Amerika <strong>und</strong> Hollywood,<br />

dessen Codes sie nicht befolgen.<br />

Mister Ferrara, hier in Europa gelten Sie als<br />

künstlerischer Regisseur. Warum aber versucht<br />

man Sie in New York immer wieder dem<br />

reisserischen Genre <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen?<br />

<strong>In</strong> Amerika existiert mein Filmgenre eben<br />

nicht. Ich habe versucht, andere Regisseure<br />

davon <strong>zu</strong> überzeugen, aber sie wollten davon<br />

nichts wissen. Als ich mit David Lynch<br />

darüber sprach, schaute er mich an, als ob<br />

ich verrückt geworden sei. So ist es eben in<br />

Amerika. Die Leute haben mit künstlerischen<br />

Filmen nichts am Hut. Ich bin dort<br />

aufgewachsen <strong>und</strong>, obwohl jugendlicher<br />

Filmfan, kannte ich damals keinen einzigen<br />

Regisseur. Kino ist Nervenkrieg, bei dem<br />

es einzig um <strong>die</strong> Frage geht, ob ein Film<br />

ein Kassenschlager wird oder nicht. <strong>In</strong> den<br />

Jahren 1990 bis 1994 gab’s zwar ein Fenster<br />

für den unabhängigen Film, das sich aber in<br />

der Folge wieder schloss. Heute <strong>gehen</strong> weniger<br />

Leute ins Kino, was nicht <strong>zu</strong>letzt den<br />

x-ten Versuch erklärt, den 3D-Film <strong>zu</strong> lancieren,<br />

um <strong>die</strong> Säle <strong>zu</strong> füllen. Ich bin aber<br />

überzeugt, dass es nicht klappt.<br />

Hat das <strong>In</strong>ternet <strong>die</strong> Situation verändert?<br />

Alle meine Filme sind auf <strong>In</strong>ternet. Möglicherweise<br />

ist das Netz mein grösster Verleiher.<br />

Aber ich will im Web keinen Film<br />

fi nden, der noch nicht im Kino gezeigt wurde.<br />

Das Medium verlangt eine ganz andere<br />

Schnitttechnik. Es gibt Filme, <strong>die</strong> man auf<br />

dem Handy betrachten kann, andere wiederum<br />

werden von 8500 Personen im Kino<br />

gesehen. Früher <strong>macht</strong>en wir Filme für<br />

ein präzises Publikum, wir wussten genau,<br />

was <strong>die</strong>ses sehen wollte. Diese Filme waren<br />

kein Produkt unseres Hirns. Drilling Killer<br />

beispielsweise wurde für ein zweitklassiges<br />

Publikum gedreht <strong>und</strong> entsprach ganz<br />

dessen Vorstellungen. Es ist eine verkehrte<br />

<strong>Welt</strong>, <strong>die</strong> Nachfrage erzeugt das Angebot.<br />

Erzählen Sie uns von Ihrem Film 4:44 Last Day<br />

on Earth, den Sie eben in Venedig vorgestellt<br />

haben.<br />

Es ist ein Film über den <strong>Welt</strong>untergang, der<br />

um 4.44 Uhr morgens eintreff en wird. Er<br />

erzählt das Leben eines Paars, interpretiert<br />

von Shanyn Leigh <strong>und</strong> Willem Dafoe, das in<br />

einem schicken Appartement in Manhattan<br />

lebt <strong>und</strong> über alle technischen Hilfsmittel,<br />

iPad, iPhone, Skype, Multichannel-TV, verfügt.<br />

Man beobachtet, wie <strong>die</strong> beiden auf <strong>die</strong><br />

drohende Realität reagieren. Ursprünglich<br />

habe ich nicht eigentlich an einen Science-<br />

Fiction-Film gedacht. Herausgekommen ist<br />

wohl der schlimmste Albtraum von Al Gore.<br />

<strong>In</strong> Zusammenhang mit Ihren Filmen spricht<br />

man oft von Erlösung.<br />

Man bezeichnet mich als den König der Erlösung,<br />

aber ich weiss nicht, was das eigentlich<br />

bedeutet. Ich kann beziehungsweise<br />

will <strong>die</strong>se Bedeutung nicht erkennen.<br />

Vielleicht bedeutet Erlösung ganz einfach <strong>die</strong><br />

zweite Chance?<br />

Vielleicht. Aber kann man dann auch eine<br />

dritte, vierte Chance erhalten? Geht es bis<br />

<strong>zu</strong>r neunten? Vielleicht ist es auch eine Frage<br />

der verschiedenen Religionen.<br />

Welches ist Ihre Beziehung <strong>zu</strong>r Religion?<br />

Ich bin mit der Religion gross geworden. Als<br />

Kind wurde ich von katholischen Schwestern<br />

erzogen, ich kniete beim Beten. Die<br />

Erziehung war hart, nach alter Väter Sitte.<br />

Wenn <strong>die</strong> Religion einmal in Ihnen ist, dann<br />

bleibt sie es.<br />

Musik ist für Sie ebenfalls sehr wichtig.<br />

Musik ist der Schlüssel <strong>zu</strong> allem. Sie kann<br />

einen Film kaputtmachen, Musik ist 50%<br />

des Films. Deshalb sollte jeder Regisseur<br />

eigentlich Musiker sein beziehungsweise<br />

gute musikalische Kenntnisse besitzen.<br />

Sie arbeiten oft mit den gleichen Schauspielern.<br />

Wie ist Ihre Beziehung <strong>zu</strong> ihnen?<br />

Man muss <strong>die</strong> Schauspieler lieben <strong>und</strong> respektieren.<br />

Ich bin immer für sie da, denn<br />

beim Drehen muss jedermann perfekt<br />

im Prozess integriert sein. Am Set bin ich<br />

gleichzeitig das stärkste <strong>und</strong> schwächste<br />

Glied. Wenn niemand an dich glaubt, bist<br />

du nichts.<br />

Das war aber nicht immer so, siehe Zusammenarbeit<br />

mit Madonna in Snake Eyes?<br />

Sie wollte um jeden Preis Schauspielerin<br />

sein, aber sie war nicht gut. Man ist nicht<br />

Anna Magnani, nur weil man es so will.<br />

So geht es nicht. Zwischen Regisseur <strong>und</strong><br />

Schauspieler muss ein Vertrauensverhältnis<br />

bestehen. Madonna hat mir nie wirklich<br />

vertraut, weshalb es irgendwann einfach<br />

nicht mehr ging. Filmarbeit ist Teamarbeit.<br />

Man muss sein Ego draussen lassen, eine<br />

andere Wahl gibt es nicht.<br />

Weshalb zwingen Sie Ihren Figuren extreme<br />

Situationen auf?<br />

100 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 101


BOUDOIR | INTERVIEW<br />

Ich mache Filme über Dinge, <strong>die</strong> ich erlebe,<br />

denen ich ausgesetzt bin. Ich selber bin nur<br />

das <strong>In</strong>strument.<br />

Sie planen ein Projekt über Pasolini?<br />

Ja, das Drehbuch ist bereits geschrieben <strong>und</strong><br />

ich habe auch schon einen italienischen Produzenten.<br />

Das ist schon ein guter Anfang. Es<br />

ist hart, in Italien als Produzent <strong>zu</strong> arbeiten,<br />

ausser man heisst Silvio Berlusconi.<br />

Was fasziniert Sie an Pasolini?<br />

Pasolini war eine einzigartige Persönlichkeit.<br />

Es gibt niemanden wie ihn.<br />

Sie machen einen Film über einen italienischen<br />

Regisseur in englischer Sprache?<br />

Ja, <strong>die</strong> Hauptrolle wird von Willem Defoe<br />

interpretiert. Ich kann keinen Film über Pasolini<br />

drehen ohne amerikanische Schauspieler.<br />

Ich habe lange gekämpft, denn für<br />

mich setzte eine italienische Geschichte<br />

auch italienische Schauspieler voraus. Aber<br />

es ist unmöglich. Ich habe es aufgegeben<br />

<strong>und</strong> will nicht mehr diskutieren. Es ist unmöglich<br />

mit italienischen Akteuren <strong>zu</strong> drehen.<br />

Ein italienischer Film würde nie <strong>die</strong><br />

notwendigen Geldmittel erhalten, um <strong>die</strong><br />

Ambiance des Jahres 1975 auferstehen <strong>zu</strong><br />

lassen.<br />

102 | <strong>Finanz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

Haben Sie von der ständigen Suche nach Geld<br />

nicht genug?<br />

Natürlich, aber wir haben keine Wahl. Wir<br />

sind mit all <strong>die</strong>sen Aspekten der Geldbeschaff<br />

ung konfrontiert. Dies ist ein Fakt <strong>und</strong><br />

sehr kompliziert. Go Go Tales war eine einzigartige<br />

Erfahrung. Wir haben so viel Zeit<br />

aufgewendet, um den Film <strong>zu</strong> realisieren,<br />

letztendlich mit Erfolg. Der Gedanke, dass<br />

es möglich wurde, <strong>macht</strong> mich sehr glücklich.<br />

Wenn ich an all <strong>die</strong> Schwierigkeiten<br />

<strong>zu</strong>rückdenke… Der Drehort wurde zerstört,<br />

weil wir nicht alle Zahlungen leisten konnten.<br />

Irgendwann sagte ich mir, dass der Film<br />

nicht geboren werden wollte. <strong>Und</strong> dann ist<br />

er mir trotz aller Schwierigkeiten gelungen.<br />

Es war sehr hart. Aber man kann sich nicht<br />

einerseits den Hollywood-Regeln widersetzen<br />

<strong>und</strong> sich anderseits beklagen. Wer einen<br />

Film machen will, muss nach Los Angeles<br />

<strong>gehen</strong> <strong>und</strong> vor einem Agenten in <strong>die</strong><br />

Knie <strong>gehen</strong>.<br />

Sie haben lange in Italien gelebt, nicht <strong>zu</strong>letzt<br />

wegen der Schwierigkeiten, einen Verleger <strong>zu</strong><br />

fi nden. Hat Sie <strong>die</strong>se Erfahrung verändert?<br />

Die Erfahrung in Italien war w<strong>und</strong>erbar.<br />

<strong>Und</strong> ich habe mich gefragt, weshalb ich<br />

nicht schon viel früher daran gedacht habe.<br />

Als Teil der Hollywood-Maschinerie hat-<br />

Rudy Waks/Corbis Outline<br />

te ich einfach nie <strong>die</strong> Idee, dorthin <strong>zu</strong> <strong>gehen</strong>.<br />

Wenn man aus New York kommt, kann<br />

man sich keinen andern Ort vorstellen. Die<br />

Stadt hat etwas Magisches, sie übt eine<br />

Macht über dich aus, unabhängig davon, wo<br />

du dich gerade befi ndest. Eine Redewen-<br />

« Film ist Teamarbeit.<br />

Man muss sein Ego<br />

draussen lassen. »<br />

dung sagt: «Bist du nicht in New York, campierst<br />

du vorüber<strong>gehen</strong>d an einem andern<br />

Ort.» Es gibt keine andere Stadt, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se<br />

Wirkung hat. Wenn du an das Leben r<strong>und</strong><br />

um <strong>die</strong> Uhr, an sieben Tagen <strong>die</strong> Woche gewohnt<br />

bist, ist es schwierig, <strong>die</strong>sen Rhythmus<br />

<strong>zu</strong> brechen. Deshalb ist das Leben anderswo<br />

nicht einfach, vor allem in Europa.<br />

Wenn du hier nicht gleichzeitig wie <strong>die</strong> andern<br />

<strong>zu</strong> Bett gehst, riskierst du, verhaftet <strong>zu</strong><br />

werden.<br />

Sie haben einen Dokumentarfi lm über das<br />

legendäre Chelsea Hotel, Bastion der <strong>Und</strong>ergro<strong>und</strong>-Kultur,<br />

gedreht, wo Persönlichkeiten<br />

wie Andy Warhol, Janis Joplin, Jean-Paul<br />

Sartre <strong>und</strong> Patti Smith abgestiegen sind. Eine<br />

amüsante Erfahrung?<br />

Ja, <strong>und</strong> eine sehr intensive da<strong>zu</strong>, was angesichts<br />

des Themas klar war. Jede Aufnahme<br />

war eine richtige Bombe.<br />

Die Zerstörung des Gebäudes ist entschieden.<br />

Können Sie nichts für <strong>die</strong> Rettung tun?<br />

Nein, leider kann man nichts tun. Ausserdem<br />

habe ich schon genug damit <strong>zu</strong><br />

tun, meine eigene Haut <strong>zu</strong> retten. Das<br />

Chelsea Hotel ist ein legendärer Ort, gefüllt<br />

mit unglaublichen Geschichten. Wie<br />

jene über Milos Forman, der zwei Jahre<br />

hier gewohnt haben soll. So oder so, es<br />

ist traurig, aber man kann nichts machen.<br />

Die Immobilienbesitzer sind <strong>die</strong> wahren<br />

Bosse der Stadt.<br />

Der Künstlerstatus wird oft verherrlicht. Ihre<br />

Meinung?<br />

Als Künstler hast du gar keine Wahl, etwas<br />

anderes <strong>zu</strong> sein.<br />

<strong>In</strong> letzter Zeit arbeiten Sie mit jüngeren<br />

Produzenten <strong>zu</strong>sammen. Eine Möglichkeit,<br />

mit dem Neuen, dem Wechsel in Kontakt <strong>zu</strong><br />

bleiben?<br />

Ich hoff e es. So oder so, heute sind alle jünger<br />

als ich. |<br />

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A measure of oil<br />

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of a watch?<br />

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The Fo<strong>und</strong>ation’s Partners : A. Lange & Söhne | Antoine Preziuso | Audemars Piguet | Baume & Mercier | Bovet | Cartier | Chanel | Chopard | Corum | Fédération<br />

de l’industrie horlogère suisse | Girard-Perregaux | Greubel Forsey | Harry Winston | Hermès | Hublot | IWC | Jaeger-LeCoultre | JeanRichard | Montblanc<br />

Musée d’art et d’histoire de Genève | Musée d’Horlogerie Beyer, Zürich | Musée d’horlogerie du Locle, Château-des-Monts | Musée international d’horlogerie,<br />

La Chaux-de-Fonds | Panerai | Parmigiani | Perrelet | Piaget | Richard Mille | Roger Dubuis | TAG Heuer | Vacheron Constantin | Van Cleef & Arpels | Zenith

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