Die Kosten der Pflege in Österreich - Wirtschaftsuniversität Wien
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Forschungsbericht 02/2006<br />
Ulrike Schnei<strong>der</strong><br />
August Österle<br />
Doris Schober<br />
Christian Schober<br />
<strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong><br />
Ausgabenstrukturen und F<strong>in</strong>anzierung
Institut für Sozialpolitik<br />
<strong>Wirtschaftsuniversität</strong> <strong>Wien</strong><br />
Nordbergstraße 15<br />
1090 <strong>Wien</strong>
Inhaltsübersicht<br />
1 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und <strong>Pflege</strong>politik <strong>Österreich</strong> 1<br />
1.1 Problemstellung: <strong>Die</strong> f<strong>in</strong>anziellen Risiken <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit im Alter 1<br />
1.2 Welche Faktoren bee<strong>in</strong>flussen die Höhe <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten? 2<br />
2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute 4<br />
2.1 Das österreichische <strong>Pflege</strong>system 4<br />
2.2 Wer ist <strong>in</strong> welchem Ausmaß pflegebedürftig? 5<br />
2.3 <strong>Die</strong> unterschiedlichen Betreuungsformen 7<br />
2.3.1 Alten- und <strong>Pflege</strong>heime (Stationäre Betreuung) 8<br />
2.3.2 Mobile soziale <strong>Die</strong>nste (Ambulante Betreuung) 10<br />
2.3.3 Alternative formelle Betreuung 12<br />
2.3.4 Private <strong>in</strong>formelle <strong>Pflege</strong> 12<br />
2.4 <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> 13<br />
3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft 13<br />
3.1 Methodische Vorbemerkungen 13<br />
3.2 <strong>Pflege</strong>bedürftige Personen <strong>in</strong> den kommenden Jahrzehnten 14<br />
3.2.1 Prognose nach Badelt et al. 14<br />
3.2.2 Prognose nach Streissler 16<br />
3.2.3 Zukünftige Entwicklungen 20<br />
3.3 Implikationen für die private <strong>Pflege</strong>versicherung <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> 22<br />
4 Literaturverzeichnis 25<br />
5 Anhang 27<br />
i
ii<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Schematische Darstellung <strong>der</strong> Zahlungsströme im <strong>Pflege</strong>system__________________________ 5<br />
Abbildung 2: E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>__________________________________________ 14<br />
Abbildung 3: Prognosevarianten zur Zahl betreuungsbedürftiger Personen; Badelt et al. (1996) ___________ 15<br />
Abbildung 4: Prognosevarianten zu den <strong>Pflege</strong>kosten (M<strong>in</strong>imalvariante); Badelt et al. (1996) _____________ 15<br />
Abbildung 5: Prognosevarianten zu den <strong>Pflege</strong>kosten (Maximalvariante), Badelt et al. (1996) ____________ 16<br />
Abbildung 6: Prognostiziertes Wachstum <strong>der</strong> formellen <strong>Kosten</strong> nach Streissler (2004) __________________ 19<br />
Abbildung 7: Wachstum <strong>der</strong> formellen und <strong>in</strong>formellen <strong>Kosten</strong> nach Streissler (2004) _________________ 19<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Basis<strong>in</strong>formationen zum <strong>Pflege</strong>geld <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong>________________________________________ 6<br />
Tabelle 2: Anteil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung 2004 ________________________ 6<br />
Tabelle 3: Bundespflegegeld. Pensionisten mit ganzjährigeren und nicht ______________________________ 7<br />
Tabelle 4: <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonal <strong>in</strong> Alten- und <strong>Pflege</strong>heimen <strong>in</strong> VZÄ (per 31.12.2002) _________ 27<br />
Tabelle 5: Aufwand, E<strong>in</strong>nahmen und Anzahl <strong>der</strong> BewohnerInnen <strong>in</strong>_________________________________ 27<br />
Tabelle 6: <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonal <strong>in</strong> den mobilen <strong>Die</strong>nsten <strong>in</strong> VZÄ (per 31.12.2002)____________ 28<br />
Tabelle 7: Aufwand und E<strong>in</strong>nahmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mobilen <strong>Die</strong>nste 2004 __________________________________ 28<br />
Tabelle 8: Maximaler <strong>Kosten</strong>beitrag für KundInnen/E<strong>in</strong>satzstunde (= Selbstzahlerbeitrag) bei den mobilen<br />
<strong>Die</strong>nsten (Stand 2004)_________________________________________________________________ 28<br />
Tabelle 9: Prognose <strong>der</strong> Zahl betreuungsbedürftiger Personen bei gleich bleiben<strong>der</strong> Bedürftigkeitsquote ____ 29
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und <strong>Pflege</strong>politik <strong>Österreich</strong> Kapitel 1<br />
1 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und <strong>Pflege</strong>politik <strong>Österreich</strong><br />
1.1 Problemstellung: <strong>Die</strong> f<strong>in</strong>anziellen Risiken <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit im Alter<br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit verursacht e<strong>in</strong>e Reihe von <strong>Kosten</strong> für die Betroffenen und <strong>der</strong>en Angehörige.<br />
Neben den direkten monetären Aufwendungen, die bei Beschaffung von <strong>Pflege</strong>hilfsmitteln o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Beanspruchung von <strong>Pflege</strong>leistungen <strong>der</strong> mobilen <strong>Die</strong>nste o<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>e<strong>in</strong>richtungen entstehen, s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>direkte monetäre <strong>Kosten</strong> (entgangene Verdienste <strong>der</strong> pflegenden Angehörigen), wie auch physische<br />
und psychische Belastungen zu nennen.<br />
Zu den direkten <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit liegen Zahlen von verschiedener Seite vor: <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong><br />
e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>satzes e<strong>in</strong>er diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekraft konnten im Jahr 2004 mit<br />
22,13 € bis 42,26 € pro Stunde beziffert werden 1. Als pflegebedürftig gilt <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong>, wer monatlich<br />
mehr als 50 Stunden an Hilfeleistungen benötigt. Im Betreuungsbereich (Heimhilfe) liegen die <strong>Kosten</strong><br />
e<strong>in</strong>er <strong>Pflege</strong>stunde zwischen 14,2 € und 20,3 €. (Simsa et al. 2004: 231f; BMGS 2006: 68ff). Für die<br />
Betreuung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Pflege</strong>heim s<strong>in</strong>d – <strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> „Hotelkosten“ für Übernachtung und Verpflegung<br />
je nach <strong>Pflege</strong>bedarf und Heimausstattung – von 1.000 € bis zu über 6.000 € monatlich zu<br />
veranschlagen.<br />
<strong>Die</strong>se <strong>Kosten</strong> s<strong>in</strong>d – <strong>in</strong> Relation zu Pension o<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>geld gesetzt – erheblich. Im Jahr 2004 betrug<br />
die Medianpension bei Frauen 674,4 € und bei Männern 1.428,8 € 2 (Statistik Austria 2006: 245), die<br />
durchschnittliche monatliche Höhe des <strong>Pflege</strong>geldes betrug zum Stichtag 31.12.2004 rund 408 € bei<br />
Frauen und 430 € bei Männern (BMGS 2006, eigene Berechnungen). Alle<strong>in</strong> aus dem durchschnittlich<br />
verfügbaren <strong>Pflege</strong>geld könnte sich demnach e<strong>in</strong> hilfsbedürftiger Mensch, <strong>der</strong> sich durch e<strong>in</strong>e<br />
Heimhilfe unterstützen lassen möchte, maximal 1 Stunde täglich zukaufen. Qualifizierte Kräfte<br />
könnten im Durchschnitt nur etwa 4 Stunden pro Woche beansprucht werden, falls nicht an<strong>der</strong>e<br />
E<strong>in</strong>kommens- o<strong>der</strong> Vermögensquellen e<strong>in</strong>gesetzt werden. Im Vergleich dazu erfasst die<br />
<strong>Pflege</strong>geldstatistik nur Personen mit e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>destbedarf von etwa 12 Stunden <strong>Pflege</strong> pro Woche.<br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit ist e<strong>in</strong> Lebensrisiko, dessen f<strong>in</strong>anzielle Konsequenzen die betroffenen Haushalte<br />
rasch überfor<strong>der</strong>n kann. Kann <strong>der</strong> Grundaufwand für <strong>Pflege</strong>leistungen nicht aus dem laufenden<br />
E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong>klusive des <strong>Pflege</strong>geldes gedeckt werden, ist es erfor<strong>der</strong>lich, Ersparnisse und<br />
Vermögenswerte aufzulösen o<strong>der</strong> um Hilfe von dritter Seite anzusuchen. Es überrascht daher nicht,<br />
dass auch nach E<strong>in</strong>führung des <strong>Pflege</strong>geldes viele <strong>Pflege</strong>bedürftige auf Leistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe<br />
angewiesen s<strong>in</strong>d. Im Bereich <strong>der</strong> Alten- und <strong>Pflege</strong>heime haben 2003 immerh<strong>in</strong> 52.864 Personen<br />
Sozialhilfe bezogen, was Ausgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe von 976.021.256 € verursachte (Pratscher 2005: 340).<br />
Im Vergleich dazu waren im selben Jahr <strong>in</strong>sgesamt 61.532 Personen <strong>in</strong> Alten- und <strong>Pflege</strong>heimen<br />
untergebracht (Pratscher 2003: 755). Im Bereich <strong>der</strong> sozialen <strong>Die</strong>nste wurden im selben Jahr<br />
282.629.770 € an Sozialhilfe ausgegeben (Statistik Austria 2006: 223).<br />
Zu den <strong>in</strong>direkten <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit zählen entgangene Erwerbs- und damit entgangene<br />
Verdienst- und Karrierechancen <strong>der</strong> pflegenden Angehörigen. Dem Fiskus gehen entsprechende<br />
1<br />
Dabei handelt es sich um <strong>Kosten</strong> für SelbstzahlerInnen, wobei beträchtliche Unterschiede zwischen den Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
bestehen.<br />
2<br />
<strong>Die</strong> M<strong>in</strong>destpension 2004 beträgt für E<strong>in</strong>zelpersonen 653,19 €, für Ehepaare 1.015,0 €.<br />
1
Kapitel 1 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und <strong>Pflege</strong>politik <strong>Österreich</strong><br />
E<strong>in</strong>nahmen aus <strong>der</strong> Lohnsteuer, den Arbeitgeber-Innen Arbeitstage und produktives Potenzial<br />
verloren. H<strong>in</strong>zu kommen psychische und physische Belastungen von <strong>Pflege</strong>personen, die mit<br />
langfristigen Folgekosten für diese Personen e<strong>in</strong>her gehen können. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund ist die<br />
Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten bzw. <strong>der</strong>en „Bezahlbarkeit“ auch für jene Gruppen von Bedeutung, die<br />
bislang unbezahlt e<strong>in</strong>en großen Teil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> übernommen haben.<br />
<strong>Die</strong> folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die direkten, monetären Aufwendungen <strong>der</strong><br />
Versorgung bei <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit, berücksichtigen jedoch soweit notwendig und möglich auch<br />
Schätzungen für <strong>in</strong>direkte <strong>Kosten</strong>. Ziel ist es, die aktuelle <strong>Kosten</strong>situation zu erfassen und die<br />
<strong>Kosten</strong>entwicklung für die Zukunft zu prognostizieren. In diesem Zusammenhang werden die<br />
wesentlichen E<strong>in</strong>flussgrößen für die weitere <strong>Kosten</strong>entwicklung veranschaulicht. Grundsätzlich muss<br />
darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, dass Informationsmaterial zu den <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> stationären und <strong>der</strong> mobilen<br />
Betreuung nur beschränkt verfügbar ist bzw. gewisse Qualitätsmängel aufweist.<br />
1.2 Welche Faktoren bee<strong>in</strong>flussen die Höhe <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten?<br />
Auf <strong>der</strong> Nachfrageseite spielen die Anzahl <strong>der</strong> pflegebedürftigen Personen, <strong>der</strong>en<br />
tägliche/wöchentliche Betreuungs<strong>in</strong>tensität und die Dauer <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit e<strong>in</strong>e Rolle. <strong>Die</strong><br />
Anzahl <strong>der</strong> pflegebedürftigen Personen ist ihrerseits e<strong>in</strong> Produkt aus dem durchschnittlichen Risiko<br />
<strong>der</strong> Individuen pflegebedürftig zu werden und des Umfangs <strong>der</strong> diesem Risiko ausgesetzten<br />
Bevölkerungsgruppe. Für die direkten, monetären <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> ist allerd<strong>in</strong>gs nur die<br />
marktwirksame Entwicklung <strong>der</strong> Nachfrage relevant. Letztere ist davon abhängig, welcher Anteil des<br />
<strong>Pflege</strong>bedarfs im eigenen Haushalt und welcher durch die AnbieterInnen von <strong>Pflege</strong>leistungen am<br />
Markt mittels <strong>Die</strong>nstleistungen abgedeckt wird. Dafür s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits die Verfügbarkeit und<br />
<strong>Pflege</strong>bereitschaft von Angehörigen und an<strong>der</strong>erseits die Kaufkraft <strong>der</strong> Haushalte älterer Menschen<br />
ausschlaggebend. Gleichzeitig wird steigen<strong>der</strong> Wohlstand und damit e<strong>in</strong>hergehen<strong>der</strong> Wertewandel<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung zu höheren Qualitätsansprüchen führen.<br />
Auf <strong>der</strong> Angebotsseite stellen die Arbeitskosten im <strong>Pflege</strong>sektor e<strong>in</strong>e wesentliche E<strong>in</strong>flussdimension<br />
dar. <strong>Die</strong> Versorgung pflegebedürftiger Menschen ist e<strong>in</strong>e personal<strong>in</strong>tensive <strong>Die</strong>nstleistung, so dass<br />
sich die weitere Entwicklung des Lohnniveaus <strong>in</strong> den <strong>Pflege</strong>berufen und damit die Personalkosten <strong>der</strong><br />
anbietenden Organisationen deutlich im Preis von <strong>Pflege</strong>leistungen nie<strong>der</strong>schlagen. Zudem kann auch<br />
von e<strong>in</strong>er Baumol´schen <strong>Kosten</strong>krankheit3 ausgegangen werden (Streissler 2004: 1). Zu beachten<br />
bleibt weiters die unterschiedliche <strong>Kosten</strong>struktur <strong>in</strong> <strong>der</strong> ambulanten, teilstationären, und stationären<br />
<strong>Pflege</strong>. Welches dieser Angebote von den Betroffenen genutzt wird, ist erstens von den vorgenannten<br />
Nachfragefaktoren und zweitens von <strong>der</strong> Angebotspalette abhängig. Qualitätsverbesserungen, die<br />
meist auch mit höheren <strong>Kosten</strong> verbunden s<strong>in</strong>d, können auch angebots<strong>in</strong>duziert auftreten.<br />
H<strong>in</strong>ter diesen primären angebots- und nachfrageseitigen E<strong>in</strong>flussdimensionen steht e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
weiteren Faktoren, die e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>direkten E<strong>in</strong>fluss ausüben:<br />
Das <strong>in</strong>dividuelle Risiko <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und letztlich die Gesamtzahl <strong>der</strong> pflegebedürftigen<br />
Personen <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> hängt von demographischen Gegebenheiten ab. Das Risiko, pflegebedürftig zu<br />
werden, steigt mit zunehmendem Alter deutlich. Zahlen für Deutschland (Meyer 2003: 331) zeigen,<br />
3<br />
Es wird erwartet, dass die Produktivität im Bereich <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Produktivitätsentwicklung<br />
zurückbleiben wird.<br />
2
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und <strong>Pflege</strong>politik <strong>Österreich</strong> Kapitel 1<br />
dass die <strong>Pflege</strong>wahrsche<strong>in</strong>lichkeit bis zu e<strong>in</strong>em Alter von 70 Jahren unter 3% liegt. Für die Gruppe <strong>der</strong><br />
80-85-jährigen erhöht sich die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit auf 21,4%. Personen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> 85-90jährigen<br />
müssen mit 38,4%er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit mit e<strong>in</strong>er <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit rechnen. Für über 90jährige<br />
liegt die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit schon bei 60,2%. Berechnungen aus <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>geldstatistik für<br />
<strong>Österreich</strong> (siehe Kapitel 2.2 und Tabelle 2) belegen, dass bereits 60% aller über 80-jährigen Personen<br />
<strong>Pflege</strong>geld beziehen und daher als pflegebedürftig e<strong>in</strong>gestuft werden können. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
hochbetagte Personen s<strong>in</strong>d also „KundInnen“ von <strong>Pflege</strong>dienstleistungen. Daneben erhöht – wie e<strong>in</strong>e<br />
schweizerische Studie zeigt – nicht nur das Alter die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit pflegebedürftig zu se<strong>in</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n auch die zeitliche Nähe zum Tode e<strong>in</strong>es Individuums (Fel<strong>der</strong> et al. 2006).<br />
<strong>Die</strong> Betreuungs<strong>in</strong>tensität wird im Wesentlichen von <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>anamnese und den daraus abgeleiteten<br />
Therapien und <strong>Pflege</strong>maßnahmen bee<strong>in</strong>flusst. Demenzerkrankungen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e erhöhte Anzahl<br />
chronischer Leiden verlängern z.B. die Betreuungsdauer. Erhöhtes Gesundheitsbewusstse<strong>in</strong> kann<br />
wie<strong>der</strong>um dazu beitragen die Betreuungsdauer zu senken. <strong>Die</strong>s wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Morbidität<br />
sichtbar.<br />
Der Zugang zu unbezahlter, <strong>in</strong>formeller <strong>Pflege</strong> ist demographisch, durch soziostrukturelle<br />
Entwicklungen und wertbasierte E<strong>in</strong>stellungen bestimmt. Informelle <strong>Pflege</strong> älterer Menschen wird<br />
vornehmlich von Töchtern und EhepartnerInnen geleistet. Aufgrund des Geburtenrückgangs, <strong>der</strong><br />
steigenden Anzahl k<strong>in</strong><strong>der</strong>loser Personen und hoher Scheidungsraten s<strong>in</strong>kt die Belastbarkeit familiärer<br />
Netzwerke.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitskosten <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> werden von <strong>der</strong> Arbeitsmarktentwicklung bee<strong>in</strong>flusst. Bereits heute<br />
herrscht e<strong>in</strong> Nachfrageüberhang auf dem Arbeitsmarkt für <strong>Pflege</strong>berufe, <strong>der</strong> sich tendenziell<br />
vergrößern wird. Hierdurch wird die Position <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kräfte auf dem Arbeitsmarkt gestärkt, wodurch<br />
ihre Chancen auf die Durchsetzung höherer Löhne zum<strong>in</strong>dest mittelfristig steigen können. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
können öffentliche ArbeitgeberInnen angesichts <strong>der</strong> schwierigen budgetären Situation höhere<br />
Lohnfor<strong>der</strong>ungen nur bed<strong>in</strong>gt nachgeben, was <strong>der</strong>zeit die Entwicklung <strong>der</strong> Personalkosten dämpft.<br />
Im ersten Teil des Berichts wird nun zunächst auf die aktuelle Situation im Bereich <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und<br />
Betreuung älterer Menschen e<strong>in</strong>gegangen. Es wird das Ausmaß <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit dargestellt.<br />
Daneben ist aufzuzeigen, wie sich die pflegebedürftigen Personen auf die unterschiedlichen<br />
<strong>in</strong>stitutionellen Betreuungsformen verteilen und welche <strong>Kosten</strong> daraus resultieren. Im zweiten Teil des<br />
Berichts werden nach e<strong>in</strong>er Darstellung <strong>der</strong> Bestimmungsfaktoren von <strong>Pflege</strong>bedarf Prognosen zur<br />
Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Altenpflege präsentiert.<br />
3
Kapitel 2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute<br />
2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute<br />
2.1 Das österreichische <strong>Pflege</strong>system<br />
<strong>Pflege</strong>bedürftige Menschen werden von <strong>der</strong> öffentlichen Hand durch Geldleistungen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
<strong>Pflege</strong>geldes und durch Sachleistungen <strong>in</strong> Form von <strong>Die</strong>nstleistungen (etwa soziale <strong>Die</strong>nste o<strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>heime) unterstützt.<br />
Das österreichische <strong>Pflege</strong>system basiert seit 1993 auf e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation von Geld- und<br />
Sachleistungen. Im Mittelpunkt steht dabei e<strong>in</strong>e steuerf<strong>in</strong>anzierte Geldleistung, das <strong>Pflege</strong>geld.<br />
Grundlage dafür s<strong>in</strong>d Bundespflegegeldgesetz und neun im Wesentlichen gleich lautende<br />
Landespflegegeldgesetze. Auf das <strong>Pflege</strong>geld besteht e<strong>in</strong> Rechtsanspruch. <strong>Die</strong> Geldleistung wird den<br />
pflegebedürftigen Personen als <strong>Pflege</strong>geld zur Verfügung gestellt, wobei es den BezieherInnen<br />
überlassen bleibt, <strong>in</strong> welcher Weise sie das Geld e<strong>in</strong>setzen.<br />
<strong>Die</strong> Erbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Sachleistungen ist bundeslän<strong>der</strong>spezifisch unterschiedlich geregelt. In <strong>der</strong> Regel<br />
bestehen ke<strong>in</strong>e Rechtsansprüche auf Sachleistungen im ambulanten <strong>Pflege</strong>bereich (Simsa et al. 2004:<br />
408ff). Zur F<strong>in</strong>anzierung dieser Sachleistungen können erstens das <strong>Pflege</strong>geld, zweitens weitere<br />
private Geldmittel, drittens weitere öffentliche Gel<strong>der</strong> und viertens Spendengel<strong>der</strong> o<strong>der</strong> freiwillige<br />
Leistungen herangezogen werden. Der konkrete F<strong>in</strong>anzierungsmix hängt <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong><br />
<strong>Die</strong>nstleistung, <strong>der</strong> Situation im konkreten Bundesland und dem Träger <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungse<strong>in</strong>richtung<br />
ab.<br />
Das österreichische <strong>Pflege</strong>system f<strong>in</strong>anziert sich somit im Wesentlichen erstens aus öffentlichen<br />
Mitteln, die sowohl vom Bund als auch von den Län<strong>der</strong>n bzw. Geme<strong>in</strong>den stammen. Letztere<br />
f<strong>in</strong>anzieren sowohl e<strong>in</strong>en Teil des <strong>Pflege</strong>geldes (Landespflegegeld) als auch e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Sachkosten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> formellen <strong>Pflege</strong>. Zweitens tragen private Haushalte über ihre <strong>Kosten</strong>beiträge zur F<strong>in</strong>anzierung<br />
bei. <strong>Die</strong> Rolle <strong>der</strong> privaten Versicherungen ist <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> <strong>der</strong>zeit (noch) als unwesentlich<br />
e<strong>in</strong>zustufen.<br />
Folgende Graphik gibt <strong>in</strong> vere<strong>in</strong>fachter Form die wichtigsten Zahlungsströme im österreichischen<br />
<strong>Pflege</strong>system wie<strong>der</strong>.<br />
4
<strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute Kapitel 2<br />
Abbildung 1: Schematische Darstellung <strong>der</strong> Zahlungsströme im <strong>Pflege</strong>system 4<br />
2.2 Wer ist <strong>in</strong> welchem Ausmaß pflegebedürftig?<br />
Im Jahr 2004 bezogen 371.067 Personen <strong>Pflege</strong>geld <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong>. Badelt et al. (1996) schätzten die<br />
Zahl <strong>der</strong> hilfs- und betreuungsbedürftigen Personen jedoch schon 1992 deutlich höher, was<br />
hochgerechnet heute 541.000 Personen ergibt.<br />
Nach den zuletzt ausgewiesenen Zahlen bezogen am 31.12.2004 <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> <strong>in</strong>sgesamt 371.067<br />
Personen <strong>Pflege</strong>geld, darunter befanden sich 317.332 <strong>Pflege</strong>geldbezieher des Bundes (ohne OFG und<br />
Landeslehrer) und 53.735 <strong>Pflege</strong>bezieher <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (BMSG 2006: 33ff). Dem Bezug des<br />
<strong>Pflege</strong>geldes liegt e<strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>bedarf zu Grunde, <strong>der</strong> jedenfalls mehr als 50 Stunden pro Monat beträgt.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition von Betreuungsbedürftigkeit, die auch ger<strong>in</strong>gere Betreuungsbedarfe umfasst, ist<br />
von e<strong>in</strong>er deutlich größeren Zahl auszugehen Bei e<strong>in</strong>er Hochrechnung <strong>der</strong> von Badelt et al. (1996: 43f)<br />
ermittelten Zahlen kann daher von bis zu 541.000 hilfs- und pflegebedürftigen Personen ausgegangen<br />
werden.<br />
4 § 13 BPGG besagt, dass bei e<strong>in</strong>em Aufenthalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er stationären E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Anspruch auf das <strong>Pflege</strong>geld bis auf<br />
e<strong>in</strong> Taschengeld an den Träger <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung übergeht. Entsprechend wird das <strong>Pflege</strong>geld dann auch direkt ausgezahlt.<br />
5
Kapitel 2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute<br />
Tabelle 1: Basis<strong>in</strong>formationen zum <strong>Pflege</strong>geld <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong><br />
<strong>Pflege</strong>geld<br />
6<br />
<strong>Pflege</strong>bedarf <strong>in</strong> Stunden/Monat Betrag<br />
2005<br />
(§ 5<br />
BPGG)<br />
BezieherInnen<br />
(31.12.2004; Bundes- und<br />
Landespflegegeld)<br />
Frauen Männer Gesamt<br />
Stufe 1 Über 50 Stunden € 148,3 56.115 21.060 77.175<br />
Stufe 2 Über 75 Stunden € 273,4 85.369 42.443 127.812<br />
Stufe 3 Über 120 Stunden € 421,8 41.942 21.282 63.224<br />
Stufe 4 Über 160 Stunden € 632,7 36.619 18.735 55.354<br />
Stufe 5 Über 180 Stunden und außergewöhnlicher € 859,3<br />
<strong>Pflege</strong>aufwand<br />
20.247 9.801 30.048<br />
Stufe 6 Über 180 Stunden, wenn zeitlich € 1.171,7<br />
unkoord<strong>in</strong>ierbare Betreuungsmaßnahmen<br />
und diese regelmäßig während des Tages<br />
und <strong>der</strong> Nacht zu erbr<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> die<br />
dauernde Anwesenheit e<strong>in</strong>er <strong>Pflege</strong>person<br />
während des Tages und <strong>der</strong> Nacht<br />
erfor<strong>der</strong>lich ist, weil die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
e<strong>in</strong>er Eigen- o<strong>der</strong> Fremdgefährdung gegeben<br />
ist<br />
6.395 4.162 10.557<br />
Stufe 7 Über 180 Stunden, wenn ke<strong>in</strong>e<br />
zielgerichteten Bewegungen <strong>der</strong> vier<br />
Extremitäten mit funktioneller Umsetzung<br />
möglich s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> gleich zu achten<strong>der</strong><br />
€ 1.562,1<br />
Zustand vorliegt.<br />
4.563 2.334 6.897<br />
Summe 251.250 119.817 371.067*<br />
*ohne OFG und Landeslehrer<br />
Quelle: BMSG 2006: 33ff, BMSG 2005a, Petzl 2003, eigene Darstellung<br />
Wie aus Tabelle 1 entnommen werden kann, konzentrieren sich die <strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen <strong>in</strong> den<br />
<strong>Pflege</strong>stufen 1 bis 4. Bei 12,8% <strong>der</strong> BezieherInnen liegt <strong>der</strong> monatliche <strong>Pflege</strong>- und Betreuungsbedarf<br />
bei über 180 Stunden. Vielfach ist <strong>in</strong> diesen Fällen e<strong>in</strong>e 24-h-Betreuung notwendig. Auch wenn sich<br />
das <strong>Pflege</strong>geld <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> sehr gut etabliert hat, wird immer wie<strong>der</strong> Kritik an <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stufungspraxis<br />
angebracht, da sehr stark auf physische Gebrechen Bezug genommen wird (Simsa et al. 2004).<br />
Psychische Erkrankungen, wie z.B. die wachsende Gruppe <strong>der</strong> demenziellen Erkrankungen, werden<br />
damit im H<strong>in</strong>blick auf den tatsächlichen <strong>Pflege</strong>aufwand häufig unterschätzt.<br />
Tabelle 2: Anteil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung 2004<br />
Alter Gesamtbevölkerung <strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen<br />
Absolut<br />
<strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen<br />
<strong>in</strong> %<br />
Bis 60 Jahre 6.479.710 66.286 1,02<br />
61-80 Jahre 1.404.899 129.695 9,23<br />
Über 80 Jahre 290.124 175.086 60,35<br />
Insgesamt<br />
Quelle: BMSG 2006: 40ff<br />
8.174.733 371.067* 4,54<br />
*ohne OFG und Landeslehrer<br />
<strong>Die</strong> durchschnittliche monatliche Höhe des <strong>Pflege</strong>geldes betrug zum Stichtag 31.12.2004 rund 408<br />
€ bei Frauen und 430 € bei Männern (BMGS 2006, eigene Berechnungen). Nach Altersklassen und<br />
bezogen auf die Gesamtbevölkerung zeigt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
<strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute Kapitel 2<br />
die Konzentration <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit bei hochbetagten Menschen. Nur 17,9 % <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen s<strong>in</strong>d unter 60 Jahre alt.<br />
E<strong>in</strong> Auszug aus den Beiträgen zur österreichischen Lohnsteuerstatistik 2003 gibt darüber H<strong>in</strong>aus<br />
Auskunft über die soziale Struktur <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>geldbezieher. Wie Tabelle 3 zeigt, kommt das <strong>Pflege</strong>geld<br />
vor allem unteren E<strong>in</strong>kommensgruppen zugute.<br />
Tabelle 3: Bundespflegegeld. Pensionisten mit ganzjährigeren und nicht<br />
ganzjährigen Bezügen<br />
Stufen <strong>der</strong> Bruttobezüge<br />
Personen <strong>in</strong><br />
jährlich<br />
monatlich<br />
%<br />
(<strong>in</strong> EUR)<br />
(<strong>in</strong> EUR)<br />
bis unter<br />
93.596 26,6<br />
8.000<br />
%<br />
8.000 bis<br />
570 bis<br />
116.945 33,3<br />
unter<br />
12.000<br />
unter 860<br />
%<br />
12.000 bis<br />
860 bis<br />
112.633 32,1<br />
unter<br />
unter<br />
%<br />
25.000<br />
1.790<br />
25.000 bis<br />
1.790 bis<br />
21.679 6,2<br />
unter<br />
unter<br />
%<br />
40.000<br />
2.860<br />
40.000<br />
2.860 und<br />
6.412 1,8<br />
und mehr<br />
mehr<br />
%<br />
0 bis<br />
0 bis<br />
347.262 98;9<br />
45.800<br />
(Höchstbe<br />
itragsgrun<br />
dlage)<br />
3.270<br />
%<br />
Insgesamt<br />
Quelle: BMGS 2006, 19<br />
531.265 100<br />
%<br />
2.3 <strong>Die</strong> unterschiedlichen Betreuungsformen<br />
Primär kann zwischen <strong>in</strong>formeller und formeller <strong>Pflege</strong> unterschieden werden. Im <strong>in</strong>formellen<br />
Bereich f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>erseits <strong>Pflege</strong> und Betreuung im familiären bzw. freundschaftlichen Umfeld statt.<br />
An<strong>der</strong>erseits wird Schätzungen zufolge <strong>in</strong> den vergangenen Jahren e<strong>in</strong> wachsen<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>anteil durch<br />
Schwarzarbeit abgedeckt. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>Pflege</strong>personal aus den angrenzenden Nachbarstaaten im<br />
Osten <strong>Österreich</strong>s ist <strong>in</strong> diesem Bereich tätig 5 . Im formellen Bereich existiert erstens das traditionelle<br />
Alten- bzw. <strong>Pflege</strong>heim als stationäre Form <strong>der</strong> Betreuung. Zweitens existieren die, seit e<strong>in</strong>igen Jahren<br />
im Ausbau bef<strong>in</strong>dlichen und mittlerweile großteils gut etablierten, mobilen sozialen <strong>Die</strong>nste, die<br />
<strong>Pflege</strong> und Betreuung im Wohnbereich <strong>der</strong> KundInnen anbieten. Drittens wird am Aufbau alternativer<br />
E<strong>in</strong>richtungen gearbeitet, die zwischen mobilen und stationären Institutionen angesiedelt s<strong>in</strong>d<br />
(teilstationärer Bereich).<br />
5 Ohne Nennung von Quellenangaben bzw. Schätzungsmodellen werden zwischen 10.000 und 60.000 <strong>Pflege</strong>kräfte im<br />
schwarzen/grauen <strong>Pflege</strong>markt aus den Nachbarlän<strong>der</strong>n kolportiert (Krajic et al. 2005: 9f).<br />
7
Kapitel 2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute<br />
2.3.1 Alten- und <strong>Pflege</strong>heime (Stationäre Betreuung)<br />
8<br />
• Mit Stand 31.12.2002 gab es <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> rund 67.600 Heimplätze<br />
• Gesamtaufwand für die stationäre Altenpflege <strong>in</strong> 2004: etwa 1,32 Mrd. €.<br />
• <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> für e<strong>in</strong>en <strong>Pflege</strong>heimplatz pro Monat liegen je nach <strong>Pflege</strong>bedarf und<br />
Ausstattung zwischen etwa 1.000 € und über 6.000 €<br />
• 2004 liegt die Medianpension bei Frauen bei 674,4€, bei Männern bei 1.428,8€; die<br />
durchschnittliche monatliche Höhe des <strong>Pflege</strong>geldes beträgt bei Frauen rund 408€ und bei<br />
Männern 430€<br />
• Etwa 82% <strong>der</strong> Betroffenen s<strong>in</strong>d auf Sozialhilfe angewiesen<br />
In Summe wurden mit Stand 31.12.2002 <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> 78% <strong>der</strong> 67.700 Heimplätze als <strong>Pflege</strong>plätze<br />
geführt. D.h. es waren rund 52.800 <strong>der</strong> Plätze mit pflegebedürftigen Personen belegt (BMGS<br />
2006: 11; Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 34). In den letzten 10-15 Jahren hat sich die<br />
Inanspruchnahme <strong>der</strong> <strong>in</strong>stitutionellen Betreuungsangebote deutlich verän<strong>der</strong>t. Ältere Menschen<br />
möchten möglichst lange <strong>in</strong> ihrer gewohnten Umgebung verbleiben. Durch verbesserte<br />
Wohnsituationen und den Ausbau <strong>der</strong> mobilen <strong>Die</strong>nste wurde dafür e<strong>in</strong>e Grundlage gelegt. <strong>Die</strong>s<br />
brachte mit sich, dass die traditionellen Altenheime für rüstige ältere Menschen ohne großen<br />
<strong>Pflege</strong>bedarf weniger nachgefragt wurden. Im <strong>Pflege</strong>bereich stieg die Nachfrage allerd<strong>in</strong>gs deutlich<br />
an. <strong>Die</strong>sem Wandel wurde <strong>in</strong> den meisten Bundeslän<strong>der</strong>n durch e<strong>in</strong>en forcierten Umbau von<br />
Wohnplätzen <strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>plätze Rechnung getragen (Schaffenberger und Pochobradsky 2004). Es ist zu<br />
erwarten, dass <strong>in</strong> Zukunft nahezu alle Heimplätze als <strong>Pflege</strong>plätze geführt werden 6 .<br />
Zusätzlich s<strong>in</strong>d im stationären Markt – im Unterschied zum ambulanten Markt – bereits heute e<strong>in</strong>e<br />
Reihe von privat-gewerblichen, gew<strong>in</strong>norientierten Unternehmen tätig. <strong>Die</strong>se betiteln ihre<br />
E<strong>in</strong>richtungen meistens als Seniorenresidenzen und bieten, abgesehen von <strong>Pflege</strong> und Betreuung,<br />
umfangreiche Hoteldienstleistungen für e<strong>in</strong> entsprechend zahlungskräftiges Zielpublikum an. In den<br />
meisten Fällen besteht für solche E<strong>in</strong>richtungen ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geschränkte <strong>Kosten</strong>übernahme<br />
durch die Sozialhilfe. Der Anteil <strong>der</strong> gewerblichen, gew<strong>in</strong>norientierten Heime kann für das Jahr<br />
2002 mit rund 21% beziffert werden (eigene Berechnungen auf Basis BMSG 2003, 2003a und<br />
2003b). 7 Der überwiegende Teil <strong>der</strong> stationären E<strong>in</strong>richtungen wird von <strong>der</strong> öffentlichen Hand<br />
(55%) betrieben. <strong>Die</strong> verbleibenden 24% können dem Nonprofit Sektor zugerechnet werden.<br />
Große strukturelle Unterschiede bestehen zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Bundeslän<strong>der</strong>n h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />
Größe und Ausstattung <strong>der</strong> Heime und <strong>der</strong> Beschäftigungsstrukturen im stationären Bereich (Tabelle 4<br />
im Anhang). Insgesamt arbeiteten 21.254 VZÄ 8 <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonen zum Stichtag<br />
31.12.2002 <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong>s Alten- und <strong>Pflege</strong>heimen (Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 39). In<br />
6 In e<strong>in</strong>igen Bundeslän<strong>der</strong>n (z.B. Oberösterreich und Burgenland) ist für Neu-, Um-, und Erweiterungsbauten<br />
vorgeschrieben, dass es sich um <strong>Pflege</strong>plätze handelt.<br />
7 Hier s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs auch so genannte <strong>Pflege</strong>plätze <strong>in</strong>kludiert. <strong>Die</strong>se werden von Privatpersonen angeboten, s<strong>in</strong>d<br />
bundeslän<strong>der</strong>unterschiedlich auf e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Anzahl pro Träger beschränkt (unter 4 o<strong>der</strong> 5 Plätze) und unterliegen<br />
h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> gesetzlichen Regelungen nicht den strengen Vorschriften <strong>der</strong> Alten- bzw. <strong>Pflege</strong>heime. Auch hier erfolgt<br />
nur selten e<strong>in</strong>e Übernahme <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong> durch die Sozialhilfe. Bezogen auf die Bettenanzahl reduziert sich <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
gew<strong>in</strong>norientierten Heime dadurch auf etwa 9%.<br />
8 Vollzeitäquivalente auf Basis e<strong>in</strong>er 40-Studen Beschäftigung.
<strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute Kapitel 2<br />
<strong>Wien</strong> wird dabei z.B. zu 43% diplomiertes Krankenpflegepersonal e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>in</strong> Tirol dagegen nur zu<br />
20%. Entsprechende Variationen gibt es auch bei den <strong>Pflege</strong>- bzw. AltenhelferInnen und dem<br />
Hilfspersonal. <strong>Die</strong>s hat naturgemäß Auswirkungen auf die anfallenden <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>plätze. Für<br />
die <strong>Kosten</strong> e<strong>in</strong>es <strong>Pflege</strong>heimplatzes s<strong>in</strong>d die gesetzlichen Vorgaben für die Größe <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen,<br />
die Personalschlüssel und die Personalstruktur von großer Relevanz. Auskunft über die<br />
unterschiedlichen Vorschriften geben die <strong>Pflege</strong>heimgesetze bzw. dazugehörenden Verordnungen.<br />
Hier bestehen e<strong>in</strong>mal mehr sehr heterogene Regelungen <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> (Schaffenberger und<br />
Pochobradsky 2004: 53) 9 .<br />
Der Gesamtaufwand für die stationäre Altenpflege belief sich auf Vollkostenbasis berechnet im<br />
Jahr 2004 auf e<strong>in</strong>e Höhe von rund 1,32 Mrd. €. Hiervon wurden etwa 35,9% von den<br />
BewohnerInnen selbst aufgebracht. <strong>Die</strong>ser Teil wird über das <strong>Pflege</strong>geld, das E<strong>in</strong>kommen (meist<br />
Pension) und an<strong>der</strong>e Vermögenswerte f<strong>in</strong>anziert. Der <strong>Pflege</strong>geldanteil liegt, <strong>in</strong> jenen Bundeslän<strong>der</strong>n,<br />
die ihn getrennt ausweisen zwischen 2,4% und 12,1% (vgl. Tabelle 5 im Anhang).<br />
Umgerechnet auf e<strong>in</strong>e/n BewohnerIn ergibt sich e<strong>in</strong> Gesamtkostenaufwand von etwa 1.937 € pro<br />
Monat. Im H<strong>in</strong>blick auf die von den Heimen verrechneten Tarife sche<strong>in</strong>t dieser Wert allerd<strong>in</strong>gs zu<br />
niedrig angesetzt zu se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong>s deutet darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> den offiziellen Statistiken diverse<br />
Strukturmittel bzw. Geme<strong>in</strong>deausgaben o<strong>der</strong> Abschreibungen nicht vollständig erfasst s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e<br />
genaue Darstellung gibt Tabelle 5 im Anhang. Tatsächlich variieren die <strong>Kosten</strong> für e<strong>in</strong>en<br />
<strong>Pflege</strong>heimplatz pro Monat je nach <strong>Pflege</strong>bedarf und Ausstattung zwischen etwa 1.000 € für re<strong>in</strong>e<br />
Altenheime mit wenig Betreuung und 4.000 € für gut ausgestattete <strong>Pflege</strong>heime und <strong>in</strong>tensiver<br />
Betreuung 10 . Für die Betreuung dementer Personen kann je nach Zustand e<strong>in</strong> Aufschlag von bis zu<br />
1.500 € gerechnet werden. Für den Bereich <strong>der</strong> Seniorenresidenzen gelten nochmals an<strong>der</strong>e<br />
Preiskategorien. Hier beg<strong>in</strong>nt die Preisspanne bei etwa 1.800 € für wenig Betreuung und reicht bis<br />
über 6.000 € für <strong>in</strong>tensive Betreuung 11 . Bei e<strong>in</strong>er Medianalterspension bei Frauen von 674,4 €, bei<br />
Männern von 1.428,8 € 12 (Statistik Austria 2006: 245) und e<strong>in</strong>em durchschnittlichen monatlichen<br />
<strong>Pflege</strong>geldbezug von rund 408 € bei Frauen und 430 € bei Männern (BMGS 2006, eigene<br />
Berechnungen), reicht das eigene E<strong>in</strong>kommen daher oft nicht zur Deckung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong>. Sollte <strong>der</strong><br />
Bezug von Sozialhilfe unvermeidlich werden 13 , verbleiben dem/<strong>der</strong> BewohnerIn 20% <strong>der</strong> Pension, die<br />
9<br />
In Kärnten existiert beispielsweise e<strong>in</strong> genereller Personalschlüssel von 1 VZÄ : 3 BewohnerInnen. In NÖ ist <strong>der</strong> so<br />
genannte <strong>Pflege</strong>schlüssel h<strong>in</strong>gegen unabhängig von den <strong>Pflege</strong>geldstufen: Er liegt beispielsweise für die vierte<br />
<strong>Pflege</strong>geldstufe bei 1:3,7. In <strong>der</strong> Steiermark im Vergleich für Stufe 4 1:3, <strong>in</strong> Oberösterreich für Stufe 4 1:2,5 und <strong>in</strong> Tirol<br />
für Stufe 4 1:2,4. <strong>Die</strong> vorgeschriebene Personalstruktur variiert ebenfalls zwischen z.B. 50% DGKP/S im Burgenland und<br />
20% <strong>in</strong> <strong>der</strong> Steiermark bzw. Oberösterreich. Hier werden dafür verstärkt AltenfachbetreuerInnen e<strong>in</strong>gesetzt, e<strong>in</strong><br />
Berufsbild, das <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n nicht existiert.<br />
10<br />
z.B. Caritas Socialis Pramergasse geriatrische Langzeitpflege im E<strong>in</strong>zelzimmer (EZ) 3.796,26€/Monat<br />
(http://www.cs.or.at/default.asp), z.B. NÖ-LPPH Retz - <strong>Pflege</strong>geldstufe 1: 1.585,5€/Monat/EZ, <strong>Pflege</strong>geldstufe 7:<br />
3.350,7€/Monat/EZ (http://www.bmsg.gv.at/cms/site/-liste.html? channel=CH0282)<br />
11<br />
z.B. Seniorenresidenz Bad Vöslau: 2.241€/Monat/EZ bei <strong>Pflege</strong>wohnen; 6.169,5€/Monat/EZ mit <strong>in</strong>tensiven <strong>Pflege</strong>bedarf<br />
<strong>in</strong> Stufe VII (http://www.residenzbadvoeslau.at/).<br />
12<br />
<strong>Die</strong> M<strong>in</strong>destpension 2004 beträgt für E<strong>in</strong>zelpersonen 653,19€, für Ehepaare 1.015,0€.<br />
13<br />
In allen Bundeslän<strong>der</strong>n besteht die Möglichkeit, dass die verbleibenden <strong>Kosten</strong> e<strong>in</strong>es <strong>Pflege</strong>heimplatzes, wenn das<br />
E<strong>in</strong>kommen/Vermögen/<strong>Pflege</strong>geld und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bundeslän<strong>der</strong>n die gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge naher<br />
Verwandter nicht mehr ausreichen, von <strong>der</strong> Sozialhilfe übernommen werden. <strong>Die</strong>s gilt allerd<strong>in</strong>gs entwe<strong>der</strong> nur für<br />
E<strong>in</strong>richtungen mit denen das jeweilige Bundesland e<strong>in</strong>en Vertrag hat o<strong>der</strong> es gibt bestimmte Höchstgrenzen für e<strong>in</strong>en<br />
<strong>Pflege</strong>heimplatz über die h<strong>in</strong>ausgehend die Sozialhilfe ke<strong>in</strong>esfalls zahlt (z.B. übernimmt das Land Salzburg verbleibende<br />
<strong>Kosten</strong> bis 628,5€ (ohne <strong>Pflege</strong>geldbezug) und 2.515,5€ (<strong>Pflege</strong>geldstufe 7) Land Salzburg (o.J.) Senioren-<strong>Pflege</strong>heim<br />
(www.salzburg.gv.at/sen_pflegeheim.pdf 07.02.2005<br />
9
Kapitel 2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute<br />
Son<strong>der</strong>zahlungen und 10% des <strong>Pflege</strong>geldsatzes <strong>der</strong> Stufe 3 als Taschengeld. Davon s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Regel Rezeptgebühren, Friseur, Maniküre, Pediküre etc. als Zusatzleistungen zu bezahlen.<br />
10<br />
Frau Maier ist 80 Jahre alt. Sie ist leicht <strong>in</strong>kont<strong>in</strong>ent, hat Alzheimer im Anfangsstadium und<br />
Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Körperpflege. Sie hat vor zwei Jahren ihren Mann verloren und bezieht<br />
e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destwitwenpension <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe von 653,1 €. Zusätzlich erhält sie <strong>Pflege</strong>geld Stufe 4 <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Höhe von 632,7 €. An Vermögen besitzt sie e<strong>in</strong> Sparbuch mit 25.000 € E<strong>in</strong>lage. Ihre<br />
Mietwohnung hat sie beim Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>heim vor e<strong>in</strong>em Jahr aufgegeben. <strong>Die</strong> monatlichen<br />
<strong>Kosten</strong> des öffentlichen <strong>Pflege</strong>heims belaufen sich auf 1.760 €. Da ihr E<strong>in</strong>kommen zur Bezahlung<br />
des Heimplatzes nicht ausreicht, übernimmt die Sozialhilfe den Differenzbetrag. Ihr verbleiben<br />
monatlich die gesetzlich vorgeschriebenen 41,4 € vom <strong>Pflege</strong>geld und 130,62 € von <strong>der</strong> Pension.<br />
Davon muss sie Ausgaben für Friseur, Fußpflege und Kle<strong>in</strong>igkeiten des täglichen Lebens<br />
bestreiten. Das Geld auf ihrem Sparbuch wird ebenfalls zur Deckung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong> herangezogen.<br />
2.3.2 Mobile soziale <strong>Die</strong>nste (Ambulante Betreuung)<br />
• Im Jahr 2002 wurden 80.000 KundInnen von sozialen <strong>Die</strong>nsten betreut<br />
• Gesamtaufwand im mobilen Bereich im Jahr 2004: 444,7 Mio. €<br />
• Durchschnittlicher <strong>Kosten</strong>beitrag <strong>der</strong> KundInnen von m<strong>in</strong>destens 27%<br />
• <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> für e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>satzstunde (ke<strong>in</strong>e Unterstützung durch die Sozialhilfe) variieren je<br />
nach Bundesland und Berufsgruppe von 14,20 € bis 42,60 €.<br />
Herr Gruber lebt mit se<strong>in</strong>er Frau <strong>in</strong> Graz. Beide s<strong>in</strong>d nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage regelmäßig<br />
Besorgungen zu erledigen und für sich zu kochen. Weiters ist Herr Gruber nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage die<br />
Körperpflege alle<strong>in</strong>e zu erledigen. Er benötigt zudem täglich e<strong>in</strong>e Injektion. Zu se<strong>in</strong>er ASVG<br />
Höchstpension von 1.715 €/Netto erhält er <strong>Pflege</strong>geld Stufe 3 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe von 421,80 €. Se<strong>in</strong>e<br />
Frau erhält <strong>Pflege</strong>geld Stufe 2 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe von 273,40 €. Für den täglichen Besuch e<strong>in</strong>er<br />
Heimhilfe (1Std.) und e<strong>in</strong>er Krankenschwester (1/2 Std.) werden ihm 1.159 € verrechnet.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Die</strong>nstleistungen <strong>der</strong> mobilen sozialen <strong>Die</strong>nste ermöglichen den betreuten Personen solange wie<br />
möglich zu Hause zu verbleiben, wobei das Angebot von qualifizierter <strong>Pflege</strong> über Hilfe zur<br />
Weiterführung des Haushaltes bis zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte reicht. Der Kernbereich <strong>der</strong><br />
Leistungen, die Hauskrankenpflege, die Heimhilfe und die Betreuung durch Alten/<strong>Pflege</strong>helferInnen<br />
bzw. AltenfachbetreuerInnen, wird durch Angebote wie Besuchsdienst, Essen auf Rä<strong>der</strong>n und<br />
Fahrtdienst ergänzt (Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 6f).<br />
In e<strong>in</strong>er Studie zur Situation pflegen<strong>der</strong> Angehöriger vom Oktober 2005 kristallisierten sich zwei<br />
Gründe heraus, weshalb nicht ausreichend o<strong>der</strong> gar ke<strong>in</strong>e mobilen <strong>Die</strong>nste <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />
werden. So wird zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e grundsätzlich ablehnende Haltung (48%) und zum an<strong>der</strong>en das<br />
Unvermögen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung (42%) genannt. Darüber h<strong>in</strong>aus zeigte die Studie, dass <strong>in</strong> ländlichen<br />
Gebieten die Verfügbarkeit von mobilen <strong>Die</strong>nsten als ungenügend e<strong>in</strong>gestuft wird. 12% <strong>der</strong> Befragten<br />
erklärten, dass <strong>in</strong> ihrer Umgebung gar ke<strong>in</strong> Angebot an mobilen <strong>Die</strong>nsten vorhanden ist (Bergman und<br />
Erkamp, 2005).
<strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute Kapitel 2<br />
Mit 31.12.2002 waren <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> 7.810 VZÄ <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonen tätig. Es wurden<br />
hauptsächlich HeimhelferInnen e<strong>in</strong>gesetzt, wobei <strong>der</strong> Anteil <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> bei mehr als 80%, im<br />
Burgenland, Nie<strong>der</strong>österreich und Vorarlberg bei etwa 60% und <strong>in</strong> Kärnten, <strong>der</strong> Steiermark und Tirol<br />
bei bis zu 25% liegt (Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 9 und Tabelle 6 im Anhang). E<strong>in</strong> Jahr<br />
später waren <strong>in</strong>sgesamt 13.821 Personen <strong>in</strong> unterschiedlichen Berufsgruppen bei 472 E<strong>in</strong>richtungen<br />
mobiler <strong>Die</strong>nste beschäftigt. Davon waren rund 85% Angehörige von Gesundheits- und Sozialberufen,<br />
wobei darunter das Hilfspersonal (AltenhelferInnen, HeimhelferInnen und angelerntes<br />
Betreuungspersonal) mit 47% die bedeutendste Beschäftigungsgruppe darstellte. Von den 13.821 <strong>in</strong><br />
den E<strong>in</strong>richtungen mobiler <strong>Die</strong>nste tätigen Personen s<strong>in</strong>d 72% Teilzeit beschäftigt, etwas mehr als<br />
17% s<strong>in</strong>d Vollzeitkräfte, 8% s<strong>in</strong>d ger<strong>in</strong>gfügig angestellt und etwa 2,5% s<strong>in</strong>d auf Grundlage e<strong>in</strong>es<br />
freien <strong>Die</strong>nstvertrages beschäftigt (Bergman und Hlave, 2005: 23ff).<br />
<strong>Die</strong> unterschiedlichen Qualifikationen und Beschäftigungsverhältnisse br<strong>in</strong>gen auch sehr<br />
unterschiedliche Personalkosten mit sich. In Summe wurden <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> 2002 14 etwa 80.000<br />
KundInnen <strong>in</strong> etwa 10,6 Mio. Leistungsstunden von mobilen <strong>Die</strong>nsten betreut (Simsa et al. 2004:<br />
192). <strong>Die</strong>s entspricht etwa 13% aller Personen über 75 Jahre. <strong>Die</strong> gesamten Aufwendungen liegen<br />
2002 bei etwa 340 Mio. €. <strong>Die</strong>se Summe enthält allerd<strong>in</strong>gs nur teilweise die <strong>Kosten</strong>beiträge <strong>der</strong><br />
KundInnen. Weiters kann angenommen werden, dass Geme<strong>in</strong>debeiträge sowie Strukturmittel, wenn<br />
überhaupt nur <strong>in</strong> zu ger<strong>in</strong>gem Ausmaß berücksichtigt s<strong>in</strong>d. Lei<strong>der</strong> ist die Qualität <strong>der</strong> Daten im<br />
Bereich <strong>der</strong> mobilen <strong>Die</strong>nste noch problematischer als im stationären Bereich, weshalb teilweise auf<br />
Schätzungen zurückgegriffen werden muss. Wir schätzen den Gesamtaufwand im mobilen Bereich<br />
im Jahr 2003 auf etwa 400 Mio. €. Im Berichtszeitraum 2004 liegen die gesamten Aufwendungen<br />
(Vollkostenbasis) laut Angaben <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bundeslän<strong>der</strong> bei etwa 444,7 Mio. €. <strong>Die</strong>se Summe<br />
basiert allerd<strong>in</strong>gs auf e<strong>in</strong>er sehr breiten Basis. So f<strong>in</strong>det dar<strong>in</strong> etwa Alten-, Heim-, Familien-, Dorfhilfe<br />
sowie die Hauskrankenpflege Berücksichtigung (BMGS, 2006). Der Beitrag <strong>der</strong> KundInnen variiert je<br />
nach Bundesland beträchtlich und liegt im Jahr 2004 etwa <strong>in</strong> Burgenland bei 3,6%, <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>österreich<br />
und Salzburg h<strong>in</strong>gegen bei rund 59%. Der durchschnittliche <strong>Kosten</strong>beitrag <strong>der</strong> KundInnen ist daher<br />
auf m<strong>in</strong>destens 27% zu veranschlagen. Gleichwohl verblieb den öffentlichen Händen e<strong>in</strong><br />
Nettoaufwand <strong>in</strong> Höhe von etwa 295 Mio. € (siehe Tabelle 7 im Anhang und BMGS, 3006).<br />
<strong>Die</strong> durchschnittlichen Gesamtkosten e<strong>in</strong>er Leistungsstunde können 2002/2003 auf etwa 37,7 €<br />
geschätzt werden. <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> für e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>satzstunde (ohne Unterstützung durch die Sozialhilfe)<br />
variieren je nach Bundesland und Berufsgruppe zwischen 14,2 € und 42,6 €. Entsprechend e<strong>in</strong>er<br />
sozialen Staffelung übernimmt die Sozialhilfe, nach Bundeslän<strong>der</strong>n unterschiedlich, e<strong>in</strong>en Teil des<br />
Betrages o<strong>der</strong> auch den gesamten Betrag. E<strong>in</strong>e detaillierte Übersicht gibt Tabelle 8 im Anhang.<br />
Insgesamt liegen die primär anfallenden <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> mobilen Betreuung deutlich unter jenen <strong>der</strong><br />
stationären Betreuung, da ger<strong>in</strong>gere Investitionskosten <strong>in</strong> Gebäude u.ä. anfallen und zudem e<strong>in</strong><br />
erheblicher Anteil <strong>der</strong> Betreuungsleistungen im <strong>in</strong>formellen privaten Bereich verbleibt. Dazu gilt es<br />
allerd<strong>in</strong>gs anzumerken, dass auch den unbezahlten <strong>Pflege</strong>kräften <strong>Kosten</strong> entstehen, die selten<br />
thematisiert werden (vgl. 2.3.4.2).<br />
14 Teilweise Daten aus 2003<br />
11
Kapitel 2 <strong>Die</strong> Situation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Betreuung heute<br />
2.3.3 Alternative formelle Betreuung<br />
2.3.4 Teilstationäre Betreuung<br />
Teilstationäre <strong>Die</strong>nste stellen e<strong>in</strong> Zwischenglied zwischen <strong>der</strong> Betreuung zu Hause und <strong>der</strong> Aufnahme<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Pflege</strong>e<strong>in</strong>richtung dar, und f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Form von Tageszentren, Tagespflege und<br />
Tagesbetreuung. Ziel dieser Betreuung ist <strong>der</strong> längstmögliche Verbleib <strong>in</strong> den eigenen vier Wänden<br />
bei e<strong>in</strong>er tagsüber bereitgestellten aktivierenden Betreuung. Insgesamt ist das Angebot an<br />
teilstationärer Betreuung <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> noch sehr wenig verbreitet. <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> für die teilstationäre<br />
Betreuung werden für das Jahr 2003 mit 10,2 Mio. € beziffert, wovon etwa 18% durch<br />
<strong>Kosten</strong>beiträge <strong>der</strong> KundInnen gedeckt werden 15 (BMSG 2005 und eigene Berechnung). Im darauf<br />
folgenden Jahr werden <strong>Kosten</strong> <strong>in</strong> Höhe von <strong>in</strong>sgesamt 297.458.346 € ausgewiesen. Dazu ist<br />
anzumerken, dass <strong>in</strong> diesem Betrag sämtliche teilstationäre Betreuungse<strong>in</strong>richtungen wie etwa auch<br />
teilstationäre Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tene<strong>in</strong>richtungen auf Vollkostenbasis erfasst werden. Nach Abzug aller<br />
E<strong>in</strong>nahmen verblieb den öffentlichen Händen im Jahr 2004 e<strong>in</strong> Nettoaufwand <strong>in</strong> Höhe von 71,2 Mio. €<br />
(BMSG 2006 und eigene Berechnung). Zum Stichtag 31.12.2002 wurden <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> (ohne<br />
Burgenland) 1070 Plätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> teilstationären Betreuung für ältere Menschen angeboten (BMGS<br />
2006: 11). Deklariertes Ziel ist es, bis 2010 das teilstationäre Angebot vor allem im städtischen<br />
Bereich auszubauen (Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 26f).<br />
2.3.4.1 Betreute Wohnformen<br />
Bei betreuten Wohnformen handelt es sich um Seniorenwohnungen, die barrierefrei ausgestattet s<strong>in</strong>d<br />
und den Betroffenen e<strong>in</strong>en Verbleib im eigenen Haushalt bei gleichzeitiger Unterstützung durch<br />
<strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonen ermöglichen. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe von E<strong>in</strong>satzstellen<br />
mobiler <strong>Die</strong>nste o<strong>der</strong> Alten- und <strong>Pflege</strong>heimen angesiedelt. Mit 31.12.2002 wurden <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong><br />
(ohne Nie<strong>der</strong>österreich, Salzburg und Tirol) 1.880 Seniorenwohnungen angeboten (Schaffenberger<br />
und Pochobradsky 2004: 63f). Hierzu gibt es noch ke<strong>in</strong>e Angabe von <strong>Kosten</strong>.<br />
2.3.4.2 Private <strong>in</strong>formelle <strong>Pflege</strong><br />
12<br />
• 80% <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen werden im familiären Umfeld gepflegt.<br />
• <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>formell erbrachten <strong>Pflege</strong>arbeit liegen bei etwa 2 - 3 Mrd. € pro Jahr.<br />
Mit Bezug auf Erfahrungen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wie auch für <strong>Österreich</strong> ist davon auszugehen, dass<br />
etwa 80% <strong>der</strong> pflegebedürftigen Menschen überwiegend <strong>in</strong>formell durch nahe Angehörige gepflegt<br />
werden, wobei etwa 80% <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden Frauen s<strong>in</strong>d (Österle und Hammer 2004: 36). Im Gegensatz<br />
zu den <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> formellen <strong>Pflege</strong> s<strong>in</strong>d die <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong> kaum bekannt, hierzu<br />
liegen nur grobe Schätzungen aus dem wissenschaftlichen Bereich vor, die sich im Bereich von 2 bis 3<br />
Mrd. € bewegen (siehe unten, 2.4).<br />
15 Da ke<strong>in</strong>e Angaben zur Anzahl <strong>der</strong> KundInnen zu Verfügung standen, erfolgt ke<strong>in</strong>e Berechnung auf <strong>in</strong>dividueller Ebene.
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Kapitel 3<br />
2.4 <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong><br />
Im Jahr 2004 wurden <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> 1,77 Mrd. € für <strong>Pflege</strong>geld aufgewendet, wobei 1,489 Mrd. € auf<br />
das Bundespflegegeld und 248,6 Mio. € auf die Landespflegegel<strong>der</strong> entfallen (BMSG 2006: 17). <strong>Die</strong><br />
Gesamtkosten für Alten- und <strong>Pflege</strong>heime beliefen sich <strong>in</strong> diesem Jahr auf etwa 1,32 Mrd. €, die<br />
Gesamtkosten für mobile <strong>Die</strong>nste betrugen 0,445 Mrd. €, <strong>der</strong> Sachaufwand für teilstationäre<br />
E<strong>in</strong>richtungen etwa 0,297 Mrd. € (BMSG 2006: 17f und eigene Berechnungen). <strong>Die</strong>se <strong>Kosten</strong> werden<br />
durch Mittel <strong>der</strong> NutzerInnen, durch <strong>Pflege</strong>geldanteile und durch verschiedene öffentliche Mittel<br />
abgedeckt. Unterschiede <strong>in</strong> den F<strong>in</strong>anzierungsmechanismen und e<strong>in</strong>e mangelhafte Vergleichbarkeit <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Dokumentation erschweren e<strong>in</strong>e exakte Feststellung <strong>der</strong> öffentlichen Aufwendungen. Es kann aber<br />
davon ausgegangen werden, dass sich <strong>der</strong> Nettoaufwand <strong>der</strong> öffentlichen Hände auf rund 2,7 Mrd. €<br />
beläuft.<br />
Über die private F<strong>in</strong>anzierung von stationärer und ambulanter Betreuung außerhalb des öffentlich kof<strong>in</strong>anzierten<br />
Systems liegen ke<strong>in</strong>e offiziellen Informationen vor. <strong>Die</strong>s gilt auch für die private<br />
F<strong>in</strong>anzierung von <strong>Pflege</strong>hilfsmitteln. Der Wert <strong>der</strong> <strong>in</strong>formell erbrachten Betreuungsarbeit wird auf<br />
rund 2 bis 3 Mrd. € pro Jahr beziffert. <strong>Die</strong>se Schätzung beruht auf e<strong>in</strong>em Gedankenexperiment, <strong>in</strong><br />
dem bislang unbezahlt erbrachte, <strong>in</strong>formelle <strong>Pflege</strong>leistungen durch vom Markt bezogene<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen ersetzt werden. Dabei wird <strong>der</strong> Zeite<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong> mit fiktiven<br />
Löhnen, die für Haushaltshilfen bzw. <strong>Pflege</strong>helferInnen bezahlt müssten, bewertet (Schnei<strong>der</strong> und<br />
Österle 2003: 235f).<br />
3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
3.1 Methodische Vorbemerkungen<br />
Nachdem im ersten Teil des Berichts auf die <strong>der</strong>zeitige Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>gegangen wurde,<br />
werden <strong>in</strong> diesem Teil zwei Studien vorgestellt, die sich mit <strong>der</strong> Prognose <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und<br />
den damit verbunden <strong>Kosten</strong> beschäftigt haben. <strong>Die</strong> etwas ältere Studie von Badelt et al. (1996) geht<br />
von e<strong>in</strong>er umfangreichen Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit aus und liefert Prognosen bis 2030. <strong>Die</strong><br />
zweite aktuellere Prognoserechnung stammt von Streissler (2004 und 2004a), die von <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>geldstatistik und von aggregierten Aufwandssummen e<strong>in</strong>zelner Teilbereiche <strong>der</strong> formellen<br />
<strong>Pflege</strong> ausgeht. Sie bezieht die prognostizierten Werte zudem auf e<strong>in</strong> zukünftig zu erwartendes BIP,<br />
um das Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung darzustellen. Außerdem berücksichtigt sie<br />
zum<strong>in</strong>dest teilweise <strong>in</strong>direkt anfallende <strong>Kosten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>. Zusätzlich zu den Prognosen<br />
werden <strong>in</strong> Kapitel 3.2.3 Ergebnisse von an<strong>der</strong>en Studien dargestellt, die sich zwar nicht unmittelbar<br />
mit den zukünftigen <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen aber, unter Berücksichtigung <strong>der</strong> <strong>in</strong> Kapitel<br />
1.2 genannten und <strong>in</strong> nachfolgen<strong>der</strong> Graphik dargestellten E<strong>in</strong>flussfaktoren, wichtige Anhaltspunkte<br />
zur <strong>Kosten</strong>berechnung geben können.<br />
13
Kapitel 3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
14<br />
Abbildung 2: E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong><br />
Der Bericht schließt <strong>in</strong> Kapitel 3.3 mit e<strong>in</strong>er Diskussion <strong>der</strong> künftigen Herausfor<strong>der</strong>ungen für die<br />
<strong>Pflege</strong>vorsorge, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im H<strong>in</strong>blick auf die Rolle <strong>der</strong> privaten Versicherer. Auf e<strong>in</strong>e Erläuterung<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Entwicklungen kann hier nicht weiter e<strong>in</strong>gegangen werden. <strong>Die</strong>sbezüglich sei auf<br />
die Publikationen von Österle und Hammer (2004), Brodsky et al. (2002), Pacolet et al. (2000) o<strong>der</strong><br />
Eisen und Mager (1999) verwiesen.<br />
3.2 <strong>Pflege</strong>bedürftige Personen <strong>in</strong> den kommenden Jahrzehnten<br />
3.2.1 Prognose nach Badelt et al.<br />
Badelt et al. (1996: 104ff) haben drei Szenarien zur Entwicklung <strong>der</strong> Betreuungsbedürftigkeit <strong>in</strong><br />
<strong>Österreich</strong> entwickelt: Das Szenario ‚Status Quo’ geht von gleich bleibenden <strong>Pflege</strong>häufigkeiten und<br />
<strong>Pflege</strong><strong>in</strong>tensitäten aus. Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zahl und im Umfang <strong>der</strong> Betreuungsbedürftigkeit<br />
s<strong>in</strong>d nur demographisch bed<strong>in</strong>gt. Das Szenario ‚Long Life’ geht von e<strong>in</strong>er Expansion <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit aus, während das Szenario ‚Better Health’ von e<strong>in</strong>er Kompression <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit ausgeht. <strong>Die</strong> Untersuchung kann nicht unmittelbar mit <strong>der</strong> im Folgenden noch zu<br />
präsentierenden Studie von Streissler verglichen werden, da sich sowohl die Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong><br />
Betreuungsbedürftigkeit wie auch die Festlegung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong>spezifikationen wesentlich unterscheiden.<br />
E<strong>in</strong>e graphische Gegenüberstellung (vgl. Abbildung 3) <strong>der</strong> Prognosen zur Zahl betreuungsbedürftiger<br />
Personen <strong>in</strong> den drei Szenarien zeigt anschaulich, wie empf<strong>in</strong>dlich die Ergebnisse auf die<br />
unterschiedlichen Annahmen Verän<strong>der</strong>ungen reagieren. Ausgehend von rund 500.000<br />
pflegebedürftigen Menschen im Jahr1992 steigt <strong>der</strong>en Zahl im ‚Better Health’ Szenario auf rund<br />
650.000 im Jahr 2030 bzw. auf fast 1.000.000 im ‚Long Life’ Szenario.
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Kapitel 3<br />
Zahl <strong>der</strong> betreuungsbedürftigen Personen<br />
1.000.000<br />
900.000<br />
800.000<br />
700.000<br />
600.000<br />
500.000<br />
400.000<br />
1992 2010<br />
Jahr<br />
2030<br />
Better Health<br />
Status Quo<br />
LongLife<br />
Abbildung 3: Prognosevarianten zur Zahl betreuungsbedürftiger Personen; Badelt et al. (1996)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
E<strong>in</strong> ähnliches Bild ergibt die Untersuchung bei den <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> (vgl. Abbildungen 4 und 5). In<br />
den M<strong>in</strong>imalkostenvarianten ergibt sich e<strong>in</strong>e deutliche Reihung <strong>der</strong> Szenarien: Egal ob e<strong>in</strong> stationärer<br />
o<strong>der</strong> ambulanter Ausbau verfolgt wird, das Better Health Szenario ist jeweils kostengünstiger als die<br />
Status Quo Variante und diese wie<strong>der</strong>um günstiger als die Long Life Variante.<br />
Betrachtet man die im Maximum prognostizierten <strong>Kosten</strong> zeigt sich, dass das Szenario ‚Status Quo,<br />
Ausbau stationär’ teilweise teurer ist, als das Szenario ‚Long Life, Ausbau ambulant’. Weiters ist das<br />
Szenario ‚Status Quo, Ausbau ambulant’ günstiger als das Szenario ‚Better Health’ mit verstärkt<br />
stationärem Ausbau.<br />
Millionen<br />
3.500<br />
3.300<br />
3.100<br />
2.900<br />
2.700<br />
2.500<br />
2.300<br />
2.100<br />
1.900<br />
1.700<br />
1.500<br />
1992 2010 2030<br />
Better Health<br />
Ausbau ambulant<br />
Better Health<br />
Ausbau stationär<br />
Status Quo<br />
Ausbau ambulant<br />
Status Quo<br />
Ausbau stationär<br />
Long Life Ausbau<br />
ambulant<br />
Long Life Ausbau<br />
stationär<br />
Abbildung 4: Prognosevarianten zu den <strong>Pflege</strong>kosten (M<strong>in</strong>imalvariante); Badelt et al. (1996)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
15
Kapitel 3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
16<br />
Millionen<br />
4.200<br />
3.900<br />
3.600<br />
3.300<br />
3.000<br />
2.700<br />
2.400<br />
2.100<br />
1.800<br />
1.500<br />
1992 2010 2030<br />
Better Health<br />
Ausbau ambulant<br />
Better Health<br />
Ausbau stationär<br />
Status Quo<br />
Ausbau ambulant<br />
Status Quo<br />
Ausbau stationär<br />
Long Life Ausbau<br />
ambulant<br />
Long Life Ausbau<br />
stationär<br />
Abbildung 5: Prognosevarianten zu den <strong>Pflege</strong>kosten (Maximalvariante), Badelt et al. (1996)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
3.2.2 Prognose nach Streissler<br />
Streissler (2004: 30ff) berechnet – teilweise <strong>in</strong> Anlehnung an die European Study of Long Term Care<br />
(Herrera-Comas et al. 2003) mit Prognosen für Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien –<br />
unterschiedliche Szenarien für <strong>Österreich</strong> und stellt e<strong>in</strong>e Prognose <strong>der</strong> geriatrischen<br />
Langzeitpflegekosten vor. Ausgehend von e<strong>in</strong>em Basisszenario, <strong>in</strong> dem sie im ‚Status Quo’ Szenario,<br />
von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Zukunft gleich bleibenden <strong>Pflege</strong>struktur 16 ausgeht, analysiert sie vergleichend<br />
Än<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>zelner Annahmen. Ausgangspunkt für Streisslers Analysen ist die Anzahl von 300.000<br />
<strong>Pflege</strong>geldbezieherInnen über 60 Jahre und die <strong>Kosten</strong>struktur 2001 bzw. 2003 (Streissler 2004). Von<br />
den 300.000 pflegebedürftigen Personen werden den Annahmen entsprechend 15% o<strong>der</strong> 45.000<br />
Personen stationär betreut. <strong>Die</strong> verbleibenden Personen werden zu etwa 6% durch formelle ambulante<br />
<strong>Die</strong>nste versorgt.<br />
„Basisszenario“<br />
• Berücksichtigung des demographisch bed<strong>in</strong>gten Anstiegs betreuter Personen<br />
• Gleichbleibende <strong>Pflege</strong><strong>in</strong>zidenz<br />
Wie aus Tabelle 11 im Anhang ersichtlich ist, prognostiziert Streissler für 2010 e<strong>in</strong> Wachstum <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>fälle um etwa 15% auf etwa 346.000 Personen und für 2030 um etwa 66% auf etwa 500.000<br />
Personen. Hievon würden 51.900 Personen im Jahr 2010 und etwa 75.000 Personen im Jahr 2030<br />
stationär betreut werden. <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> formellen <strong>Pflege</strong> steigen um etwa 22% bis 2010 und etwa<br />
110% bis 2030 rascher an. Dabei wurde e<strong>in</strong> Lohnwachstum von 1,5% pro Jahr angenommen. In Bezug<br />
auf das BIP würde <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten 2010 etwa 1,47% und im Jahr 2030 etwa 1,70%<br />
ausmachen. Hier wurde e<strong>in</strong> BIP-Wachstum von 2% pro Jahr angenommen.<br />
16 Es werden unverän<strong>der</strong>te altersspezifische <strong>Pflege</strong>kosten und unverän<strong>der</strong>te Angebotsstrukturen angenommen.
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Kapitel 3<br />
Szenario „Besserer Gesundheitszustand“<br />
• Steigende Lebenserwartung bei besserer Gesundheit wird berücksichtigt<br />
• <strong>Kosten</strong> deutlich gedämpft<br />
Aus Tabelle 11 im Anhang ist weiter ersichtlich, dass Streissler bei dieser Variante für das Jahr 2010<br />
e<strong>in</strong>en Rückgang <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>fälle um etwa 2,5% und e<strong>in</strong>en Anstieg für 2030 um etwa 28%<br />
prognostiziert. Ausgehend von den 300.000 pflegebedürftigen Personen im Jahr 2003 würde dies etwa<br />
292.500 Personen 2010 und etwa 384.000 Personen 2030 bedeuten. Davon würden etwa 43.875<br />
Personen im Jahr 2010 und 57600 Personen im Jahr 2030 stationär betreut werden. <strong>Die</strong><br />
<strong>Kosten</strong>steigerung im Bereich <strong>der</strong> formellen <strong>Pflege</strong> und Betreuung beträgt etwa 3% bis 2010 und etwa<br />
61% bis 2030. In Bezug auf das BIP würde, bei e<strong>in</strong>em jährlichen 2%-igen BIP Wachstum, <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten 2010 etwa 1,24% und im Jahr 2030 etwa 1,31% ausmachen. Beide Werte liegen<br />
unter dem heutigen Ausgangswert von 1,39%. E<strong>in</strong> besserer Gesundheitszustand würde somit deutlich<br />
dämpfende Auswirkungen auf die <strong>Kosten</strong>entwicklung haben.<br />
17
Kapitel 3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
18<br />
Szenario „Erhöhung des ambulanten Bereichs“<br />
• Ausbau <strong>der</strong> ambulanten <strong>Pflege</strong><br />
• Rückgang <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>, dadurch Anstieg <strong>der</strong> formellen <strong>Kosten</strong> um jährlich 1%<br />
• Bis 2030 nahezu e<strong>in</strong>e Vervierfachung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong><br />
<strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> pflegebedürftigen Menschen und <strong>der</strong> im stationären Bereich<br />
untergebrachten Personen entspricht dem Basisszenario. <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong>steigerung im Bereich <strong>der</strong><br />
ambulanten und stationären <strong>Pflege</strong> beträgt etwa 46% bis 2010 und etwa 292% bis 2030. In Bezug auf<br />
das BIP würde, bei e<strong>in</strong>em jährlichen 2%-igen BIP Wachstum, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten 2010 etwa<br />
1,76% und im Jahr 2030 etwa 3,18% ausmachen. Bis 2030 wird mit nahezu e<strong>in</strong>er Vervierfachung <strong>der</strong><br />
<strong>Kosten</strong> e<strong>in</strong>er Betreuung durch soziale <strong>Die</strong>nste und/o<strong>der</strong> stationäre Anbieter gerechnet.<br />
Szenario „Vollversorgung Ambulant“<br />
• Höhere Anzahl <strong>der</strong> notwendigen Betreuungsstunden im ambulanten Bereich<br />
• Bis 2030 nahezu e<strong>in</strong>er Verfünffachung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong><br />
<strong>Die</strong>ses Szenario modifiziert das vorherige Szenario <strong>in</strong>dem es berücksichtigt, dass die dem<br />
<strong>Pflege</strong>geld zugrunde liegende Betreuungsstundenanzahl zu niedrig angesetzt ist. <strong>Die</strong>s ist e<strong>in</strong>e<br />
plausible Annahme, die durch die Fallstudienerhebung von Badelt et al. (1996) gestützt wird. In<br />
diesem Modell steigen die <strong>Kosten</strong> an, da <strong>der</strong> Bedarf für ambulante <strong>Pflege</strong> wesentlich höher<br />
angesetzt wird. Es wird e<strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>aufwand von 214 Stunden bei <strong>Pflege</strong>geldstufe 3 (gegenüber<br />
<strong>der</strong>zeit def<strong>in</strong>ierten 140 Stunden) angenommen. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> pflegebedürftigen<br />
Menschen entspricht hier ebenfalls dem Basisszenario. <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong>steigerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> formellen<br />
<strong>Pflege</strong> beträgt allerd<strong>in</strong>gs etwa 59% bis 2010 und etwa 388% bis 2030. Der Anteil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten<br />
am BIP würde, bei e<strong>in</strong>em jährlichen 2%igen BIP Wachstum, bis 2010 bei etwa 1,92% und im Jahr<br />
2030 etwa 3,79% ausmachen. Bis 2030 ist hierbei mit nahezu e<strong>in</strong>er Verfünffachung <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong><br />
ambulanter mobiler <strong>Die</strong>nste und stationärer Betreuung zu rechnen. Szenario „Verteuerung des<br />
stationären Bereichs“<br />
• Höhere Investitionen <strong>in</strong> stationären Bereich<br />
Als letzte Variante berechnet Streissler e<strong>in</strong>e „Verteuerung des stationären Bereichs“. Hierbei erhöht<br />
sie die <strong>der</strong>zeit angenommen 70€ pro Tag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er stationären E<strong>in</strong>richtung auf 80€ am Tag im Jahr<br />
2005 und 95€ am Tag im Jahr 2010. <strong>Die</strong>se Erhöhung soll die <strong>Kosten</strong> für den verstärkten Ausbau und<br />
höhere Personalkosten, durch gestiegene Qualitätsanfor<strong>der</strong>ungen, abgelten. Zusätzlich werden wie<br />
gehabt Lohnsteigerungen im Ausmaß von 1,5% jährlich angenommen. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Anzahl<br />
<strong>der</strong> pflegebedürftigen Menschen und <strong>der</strong> stationär betreuten Personen entspricht hier dem<br />
Basisszenario. <strong>Die</strong> <strong>Kosten</strong>steigerung <strong>der</strong> formellen <strong>Kosten</strong> beträgt etwa 32%
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Kapitel 3<br />
450,00%<br />
400,00%<br />
350,00%<br />
300,00%<br />
250,00%<br />
200,00%<br />
150,00%<br />
100,00%<br />
50,00%<br />
0,00%<br />
-50,00%<br />
Prognostiziertes Wachstum <strong>der</strong> formellen <strong>Kosten</strong><br />
2005 2010 2020 2030<br />
Basisszenario<br />
Besserer<br />
Gesundheitszustand<br />
Erhöhung des<br />
ambulanten Bereiches<br />
„Vollversorgung“<br />
ambulant<br />
Verteuerung des<br />
stationären Bereichs<br />
Abbildung 6: Prognostiziertes Wachstum <strong>der</strong> formellen <strong>Kosten</strong> nach Streissler (2004)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
bis 2010 und etwa 130% bis 2030. Der Anteil <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten am BIP würde, bei e<strong>in</strong>em jährlichen<br />
2%igen BIP Wachstum, bis 2010 bei etwa 1,6% und im Jahr 2030 etwa 1,87% ausmachen.<br />
300,00%<br />
250,00%<br />
200,00%<br />
150,00%<br />
100,00%<br />
50,00%<br />
0,00%<br />
-50,00%<br />
Prognostiziertes Wachstum <strong>der</strong> formellen und <strong>in</strong>formellen<br />
<strong>Kosten</strong><br />
2005 2010 2020 2030<br />
Basisszenario<br />
Besserer<br />
Gesundheitszustand<br />
Erhöhung des<br />
ambulanten Bereiches<br />
„Vollversorgung“<br />
ambulant<br />
Verteuerung des<br />
stationären Bereichs<br />
Abbildung 7: Wachstum <strong>der</strong> formellen und <strong>in</strong>formellen <strong>Kosten</strong> nach Streissler (2004)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
Vergleich <strong>der</strong> Szenarien: Auch die Studie von Streissler unterstreicht die große Bedeutung <strong>der</strong><br />
Annahmen über den künftigen Gesundheitszustand <strong>der</strong> Bevölkerung für die zu erwartenden <strong>Kosten</strong><br />
<strong>der</strong> Betreuung. E<strong>in</strong> verbesserter Gesundheitszustand reduziert das Risiko e<strong>in</strong>er langen<br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und die damit verbundenen <strong>Kosten</strong> erheblich.<br />
19
Kapitel 3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
3.2.3 Zukünftige Entwicklungen<br />
20<br />
• Steigende Lebenserwartung<br />
• Zunahe <strong>der</strong> Zahl älterer Menschen und des Anteils älterer Menschen an <strong>der</strong><br />
Gesamtbevölkerung<br />
• Abnahme des Anteils <strong>der</strong> erwerbstätigen Personen an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung<br />
• Rückgang <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong><br />
• Verbesserter Gesundheitszustand?<br />
• Höhere Qualität (und höhere <strong>Kosten</strong>) <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>dienstleistungen?<br />
• Ger<strong>in</strong>gere staatliche Pension<br />
Steigende Lebenserwartung: Beträgt die Lebenserwartung für Frauen 2002 noch 81,7 Jahre und für<br />
Männer 75,8 Jahre, wird 2050 von e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Lebenserwartung von 85,6 Jahren für<br />
Frauen und 80,2 Jahren für Männer ausgegangen (Statistik Austria 2003: 35).<br />
Zunahme <strong>der</strong> Bevölkerung über 60 Jahren: Während 2002 <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> über 60-jährigen an <strong>der</strong><br />
Gesamtbevölkerung bei 21,5% liegt, wird für das Jahr 2030 e<strong>in</strong> Prozentsatz von 32,1% prognostiziert<br />
(Statistik Austria 2003: 38).<br />
Abnahme <strong>der</strong> erwerbstätigen Personen: Gleichzeitig wird aber <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> erwerbstätigen<br />
Personen deutlich s<strong>in</strong>ken: Von 61,8% im Jahr 2002 gegenüber 54,7% im Jahr 2030. Der<br />
‚Altenquotient’ steigt daher von 34,1% auf 58,6% im Jahr 2030 (Statistik Austria 2003: 38).<br />
Rückgang <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>: Aufgrund von demographischen und sozialen Entwicklungen ist<br />
e<strong>in</strong> drastischer Rückgang <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>leistungen zu erwarten. Gründe dafür s<strong>in</strong>d etwa<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den Familien- und Haushaltsstrukturen, die niedrige Fertilität o<strong>der</strong> die ger<strong>in</strong>gere<br />
Heiratsneigung (Schnei<strong>der</strong> und Österle 2003: 238). Rubisch et.al. (2004: 6) weisen darauf h<strong>in</strong>, dass die<br />
Erwerbsquote <strong>der</strong> Frauen zwischen 15 und 64 Jahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit von 1981 bis 2001 von 54% auf 65%<br />
gestiegen ist. Weiters ist die Zahl <strong>der</strong> E<strong>in</strong>personenhaushalte im gleichen Zeitraum von 782.000 auf<br />
1.051.000 gestiegen. Insgesamt wird e<strong>in</strong> zunehmen<strong>der</strong> Trend zur „S<strong>in</strong>gularisierung“ festgestellt,<br />
womit absehbar wird, dass <strong>in</strong>formelle familiäre Unterstützungsnetzwerke unter nahen Angehörigen<br />
„dünner“ werden (Kytir und Schrittwieser 2003).<br />
Es kann allerd<strong>in</strong>gs argumentiert werden, dass gerade durch unstete familiäre Lebensverläufe <strong>der</strong> Pool<br />
an potenziellen Betreuungspersonen größer ist und somit neue Unterstützungspotenziale aufgebaut<br />
werden. Selbst mit abnehmen<strong>der</strong> Anzahl eigener (biologischer) K<strong>in</strong><strong>der</strong> kann über Stiefk<strong>in</strong><strong>der</strong> sowie<br />
Enkel und Stiefenkel <strong>in</strong>formelles Betreuungspotential gegeben se<strong>in</strong> (Wachter 1995). Weiters kann<br />
auch e<strong>in</strong> steigen<strong>der</strong> Männeranteil <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>, bed<strong>in</strong>gt durch Wertewandel und<br />
Aufholprozess <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lebenserwartung, den Rückgang des <strong>in</strong>formellen Betreuungspotenzials abfe<strong>der</strong>n.
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Kapitel 3<br />
Laut Eurobarometer geben nur etwas über 60% <strong>der</strong> befragten Personen <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> an, dass sie es<br />
befürworten würden, wenn sich arbeitende Erwachsene um ihre pflegebedürftigen Eltern<br />
kümmern sollen (Alber und Köhler 2004 S.61ff). <strong>Die</strong>s liegt <strong>in</strong> etwa im EU-15 Durchschnitt, aber<br />
deutlich unter den Werten für die „neuen“ EU-Län<strong>der</strong> und die Beitrittskandidatenlän<strong>der</strong>. Hieraus<br />
könnte, vorausgesetzt genügend formelle f<strong>in</strong>anzierbare Betreuungsangebote existieren, e<strong>in</strong> durch<br />
Werte<strong>in</strong>stellungen bed<strong>in</strong>gter Rückgang <strong>in</strong>formeller <strong>Pflege</strong>leistungen argumentiert werden. <strong>Die</strong>selbe<br />
Studie zeigt auch auf, dass jüngere Personen <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> die familiäre <strong>Pflege</strong> deutlich ger<strong>in</strong>ger<br />
befürworten, als ältere Menschen. Insgesamt bef<strong>in</strong>den knapp 20% <strong>der</strong> befragten <strong>Österreich</strong>erInnen<br />
die formelle Versorgung (mobil und stationär) <strong>der</strong> pflegebedürftigen Personen als die gegenüber<br />
<strong>in</strong>formeller <strong>Pflege</strong> bessere Lösung. In Bezug auf die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>der</strong> Eltern halten 44%<br />
<strong>der</strong> befragten Personen die F<strong>in</strong>anzierung durch die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, 22,8% die F<strong>in</strong>anzierung durch die<br />
öffentliche Hand, 20,7% e<strong>in</strong>e gleichverteilte F<strong>in</strong>anzierung durch alle und 11,3% die F<strong>in</strong>anzierung<br />
durch die Eltern selbst, für die beste Variante. In Summe lässt dies den Schluss zu, dass <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong><br />
e<strong>in</strong>e hohe geäußerte Bereitschaft seitens <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> besteht, die <strong>Pflege</strong> <strong>der</strong> Eltern zu f<strong>in</strong>anzieren.<br />
E<strong>in</strong> Rückgang <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>leistungen bed<strong>in</strong>gt bei gleichzeitiger Zunahme o<strong>der</strong> auch nur<br />
Beständigkeit <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit e<strong>in</strong>e Verlagerung <strong>in</strong> den formellen Bereich, was die<br />
monetären Aufwendungen <strong>in</strong> diesem Bereich <strong>in</strong> die Höhe treiben wird (siehe Kapitel 3.2.2).<br />
Verbesserter Gesundheitszustand? Wie die vorgestellten Prognoserechnungen gezeigt haben,<br />
werden die zu erwartenden <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit vor allem durch die zu erwartende Dauer<br />
und Intensität <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit bestimmt. Dabei werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur zwei Theorien<br />
unterschieden (Doblhammer und Kytir 2001). Ausgangspunkt s<strong>in</strong>d Morbiditätsraten, die den Anteil<br />
<strong>der</strong> ‚ungesunden Jahre’ an <strong>der</strong> Lebenserwartung berechnen. Der erste Ansatz geht von e<strong>in</strong>er<br />
Vergrößerung <strong>der</strong> Morbidität aus. Bei gleich bleiben<strong>der</strong> o<strong>der</strong> steigen<strong>der</strong> Lebenserwartung wird mit<br />
e<strong>in</strong>er steigenden bzw. stärker steigenden Anzahl von Jahren mit e<strong>in</strong>geschränkter Gesundheit gerechnet<br />
(Expansion <strong>der</strong> Morbidität). Der zweite Ansatz geht von e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Morbidität bei gleich<br />
bleiben<strong>der</strong> o<strong>der</strong> steigen<strong>der</strong> Lebenserwartung aus (Kompression <strong>der</strong> Morbidität). Für <strong>Österreich</strong><br />
haben Doblhammer und Kytir den Trend von 1978 bis 1998 berechnet (Doblhammer und Kytir 2001)<br />
und kommen zum Ergebnis, dass nicht nur die Lebenserwartung gestiegen ist, son<strong>der</strong>n auch die<br />
absolute Anzahl <strong>der</strong> Jahre, die e<strong>in</strong> Mensch <strong>in</strong> schlechtem Gesundheitszustand verbr<strong>in</strong>gen muss,<br />
gesunken ist. E<strong>in</strong>e 60-jährige Frau konnte demnach 1998 mit lediglich 2 Jahren <strong>in</strong> schlechter<br />
Gesundheit rechnen (e<strong>in</strong> 60-jähriger Mann mit 2,8 Jahren). <strong>Die</strong> Autoren ziehen den Schluss, dass auch<br />
<strong>in</strong> Zukunft die Menschen nicht nur länger, son<strong>der</strong>n auch länger <strong>in</strong> guter Gesundheit leben können<br />
(Doblhammer und Kytir 2001 S.391).<br />
An<strong>der</strong>e Argumente sprechen auch gegen die These e<strong>in</strong>er sich verr<strong>in</strong>gernden Morbiditätsrate. So<br />
können etwa verlängerte Arbeitszeiten, e<strong>in</strong>e längere Lebensarbeitszeit, höherer psychischer und<br />
physischer Druck auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em verbesserten mediz<strong>in</strong>isch-technischen Umfeld und bei<br />
gesundheitsbewussterem Verhalten zu e<strong>in</strong>em verstärkten Auftreten chronischer Krankheiten und<br />
vermehrter <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit führen. Zusätzlich könnten, aufgrund <strong>der</strong> erhöhten Lebenserwartung,<br />
die altersbed<strong>in</strong>gten Demenzen stark zunehmen. Demente Personen bedürfen e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en<br />
Betreuungs<strong>in</strong>tensität, die <strong>in</strong> fortgeschrittenem Stadium mit e<strong>in</strong>em sehr hohen Betreuungsaufwand<br />
verbunden ist.<br />
21
Kapitel 3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
Steigende Qualität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Langzeitpflege? Das Thema Qualität wurde im österreichischen<br />
<strong>Pflege</strong>sektor erst <strong>in</strong> den letzten Jahren stärker thematisiert. Immer noch herrschen teilweise starke<br />
strukturelle, wie auch <strong>in</strong>haltliche Qualitätsunterschiede sowohl im stationären als auch im mobilen<br />
Bereich. In e<strong>in</strong>igen Bundeslän<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d für Neubauten im stationären Bereich bereits E<strong>in</strong>zelzimmer<br />
vorgeschrieben. In an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n gibt es allerd<strong>in</strong>gs nach wie vor e<strong>in</strong>e hohe Anzahl an Zweiund<br />
Mehrbettzimmern. <strong>Die</strong> unterschiedlichen Anfor<strong>der</strong>ungen an die Qualität und Quantität des<br />
Personals, sowohl <strong>in</strong> stationären E<strong>in</strong>richtungen wie auch <strong>in</strong> ambulanten <strong>Die</strong>nsten, wurde bereits <strong>in</strong><br />
Kapitel 2.3 erläutert. Steigendes Qualitätsbewusstse<strong>in</strong> und erhöhte Anspruchsniveaus <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Bevölkerung werden <strong>in</strong> Zukunft vermutlich dazu führen, dass e<strong>in</strong> Nachfragedruck nach qualitativ<br />
höherwertigen <strong>Pflege</strong>dienstleistungen und verbesserter struktureller Qualität <strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>e<strong>in</strong>richtungen<br />
entsteht. Auf <strong>der</strong> Angebotsseite wird diesem Trend Rechnung getragen werden. An<strong>der</strong>erseits werden<br />
etwa neue <strong>Pflege</strong>konzepte auch angebots<strong>in</strong>duziert zu erhöhter Qualität und damit verbunden vielfach<br />
auch zu e<strong>in</strong>em größeren f<strong>in</strong>anziellen Aufwand führen.<br />
Ger<strong>in</strong>gere staatliche Pensionen: Durch die „Pensionssicherungsreform 2003“ werden sich die<br />
staatlichen Pensionen zukünftig reduzieren. Erstens werden, anstatt wie bisher die besten 15<br />
Verdienstjahre, die besten 40 Verdienstjahre zur Berechnung herangezogen, wodurch sich die<br />
durchschnittliche Pension deutlich senken wird. Ergebnis wäre nicht selten e<strong>in</strong>e Pensionskürzung im<br />
Ausmaß e<strong>in</strong>es Drittels <strong>der</strong> Pension, <strong>in</strong> etlichen Fällen wären es sogar mehr als 40 Prozent. Beson<strong>der</strong>s<br />
dramatisch betroffen wären Frauen mit e<strong>in</strong>er Mischung von Vollzeit- und Teilzeitjahren (Wöss 2003).<br />
Zweitens bedarf es künftig 45 statt 40 Versicherungsjahre um Anspruch auf die volle Pensionsleistung<br />
zu haben, womit e<strong>in</strong>e <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit vielleicht bereits während <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit e<strong>in</strong>tritt.<br />
Weiters ist <strong>der</strong> Zugang zu Frühpensionen stark gekürzt worden. Insgesamt kann e<strong>in</strong>e abnehmende<br />
Kaufkraft durch die öffentlichen Pensionen erwartet werden. Ob dieser Rückgang durch alternative<br />
Pensionssicherungen (privaten o<strong>der</strong> betriebliche Pensionsvorsorge) ausgeglichen werden kann bleibt<br />
zum jetzigen Zeitpunkt offen. <strong>Die</strong> jüngsten Entwicklungen lassen darauf schließen, dass die<br />
E<strong>in</strong>kommens- und Vermögenssituation <strong>der</strong> älteren pflegebedürftigen Menschen <strong>in</strong> Zukunft wesentlich<br />
stärker variieren werden als diese heute <strong>der</strong> Fall ist.<br />
3.3 Implikationen für die private <strong>Pflege</strong>versicherung <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong><br />
Für die Anbieter privater <strong>Pflege</strong>versicherungen ergeben sich aus den Ausführungen e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
Aspekten, die bei <strong>der</strong> Gestaltung von Versicherungspaketen bedacht werden müssen.<br />
Zunächst stellen sich Fragen nach den zu erwartenden Versicherungsfällen und Schadenskosten.<br />
Für die vergangenen Jahrzehnte konnte für <strong>Österreich</strong> e<strong>in</strong>e Kompression <strong>der</strong> Morbidität nachgewiesen<br />
werden. Ob daraus auf e<strong>in</strong>e weitere Reduktion <strong>der</strong> altersspezifischen <strong>Pflege</strong>risiken und auf kürzere<br />
Episoden <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit geschlossen werden kann, bleibt offen. Wie die<br />
Prognoserechnungen von Badelt et al. und von Streissler zeigen, haben Annahmen über die<br />
Verbesserung des Gesundheitszustandes e<strong>in</strong>en enormen E<strong>in</strong>fluss auf die zu erwartenden <strong>Kosten</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>.<br />
22
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft Kapitel 3<br />
Neben <strong>der</strong> Höhe und Verteilung des Risikos <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit zu werden und <strong>der</strong><br />
durchschnittlichen Dauer <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit wäre zu prüfen, ab welchem Grad <strong>der</strong><br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit e<strong>in</strong>e Versicherungsleistung angeboten werden soll. Für das <strong>Pflege</strong>geld <strong>in</strong><br />
<strong>Österreich</strong> ist <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destbedarf gegenwärtig bei e<strong>in</strong>em monatlichen <strong>Pflege</strong>bedarf von 50 Stunden<br />
festgelegt. E<strong>in</strong>e relativ große Zahl an Menschen, die e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Betreuungsbedarf haben (<strong>der</strong><br />
sich vor allem auf den hauswirtschaftlichen Bereich erstreckt), wird damit nicht erfasst.<br />
Weiters ist zu fragen, welche <strong>Pflege</strong>- und Betreuungsangebote <strong>in</strong> das Versicherungspaket<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geschnürt werden. Bereits heute besteht e<strong>in</strong> großes Spektrum unterschiedlicher Leistungen im<br />
ambulanten und stationären Bereich. Verpflichtet sich die private <strong>Pflege</strong>versicherung nur zur<br />
Übernahme <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong>, die aus <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er stationären E<strong>in</strong>richtung bzw. durch die<br />
Inanspruchnahme ambulanter Betreuung entstehen, o<strong>der</strong> übernimmt sie auch<br />
Aufwandsentschädigungen o<strong>der</strong> Urlaubsvertretungen für Personen, die grundsätzlich <strong>in</strong>formell<br />
pflegen?<br />
Weiters stellt sich die Frage, ob e<strong>in</strong> pauschales <strong>Pflege</strong>tagegeld o<strong>der</strong> eher e<strong>in</strong> prozentualer<br />
<strong>Kosten</strong>ersatz mit Selbstbehalten <strong>in</strong> Frage kommt. <strong>Die</strong> öffentlichen Träger als Teilf<strong>in</strong>anziers des<br />
heutigen Systems halten ihre <strong>Kosten</strong> dadurch im Rahmen, dass sie entwe<strong>der</strong> nur Verträge mit<br />
e<strong>in</strong>zelnen E<strong>in</strong>richtungen abschließen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>dem sie Leistungen nur bis zu e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Höchstgrenze bezahlen.<br />
Wesentlichen E<strong>in</strong>fluss auf das Potenzial privater <strong>Pflege</strong>versicherungen wird die Höhe des<br />
zukünftigen E<strong>in</strong>kommens pflegebedürftiger Personen nehmen. Im H<strong>in</strong>blick auf jüngste<br />
Pensionssicherungsreformen ist von s<strong>in</strong>kenden staatlichen Pensionen auszugehen. Inwiefern <strong>der</strong> hier<br />
entstehende Verlust über private Zusatzversicherungen gedeckt wird, ist zum heutigen Zeitpunkt<br />
schwer abzusehen. Grundsätzlich deuten jüngste E<strong>in</strong>kommens- und Vermögensentwicklungen darauf<br />
h<strong>in</strong>, dass E<strong>in</strong>kommens- und Vermögenssituationen <strong>in</strong> Zukunft stärker differieren als dies heute <strong>der</strong><br />
Fall ist.<br />
Auf Grund verän<strong>der</strong>ter sozio-struktureller und kultureller Bed<strong>in</strong>gungen ist <strong>in</strong> den kommenden<br />
Jahrzehnten mit e<strong>in</strong>er Abnahme <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen <strong>Pflege</strong>leistungen zu rechnen. Damit wird <strong>in</strong><br />
größerem Umfang formelle <strong>Pflege</strong> notwendig, die für die betroffenen pflegebedürftigen Menschen mit<br />
e<strong>in</strong>em deutlich höheren monetären Aufwand verbunden ist. Gleichzeitig rücken <strong>in</strong> den nächsten<br />
Jahrzehnten Generationen <strong>in</strong> das höhere Alter vor, die e<strong>in</strong>en höheren Anspruch an Art und Qualität<br />
von <strong>Die</strong>nstleistungen haben werden, als dies bei den heute pflegebedürftigen Personen <strong>der</strong> Fall ist –<br />
sofern sie sich diesen leisten können.<br />
23
Kapitel 3 <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
Langzeitpflege wird für die kommenden Jahrzehnte zu e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wichtigsten<br />
gesellschaftspolitischen Herausfor<strong>der</strong>ungen. <strong>Pflege</strong> ist für die betroffenen Menschen mit e<strong>in</strong>em<br />
enormen f<strong>in</strong>anziellen Aufwand verbunden. <strong>Die</strong>ser Aufwand wird durch private f<strong>in</strong>anzielle Mittel,<br />
durch <strong>Pflege</strong>geldleistungen, durch die staatliche Ko-F<strong>in</strong>anzierung sozialer <strong>Die</strong>nsten und<br />
<strong>Pflege</strong>heimplätzen, vor allem aber durch e<strong>in</strong> großes Maß an privater unbezahlter <strong>Pflege</strong>arbeit<br />
abgedeckt. Für die kommenden vier Jahrzehnte ist mit e<strong>in</strong>em wachsenden <strong>Pflege</strong>bedarf, gleichzeitig<br />
aber mit e<strong>in</strong>er Abnahme privater <strong>in</strong>formeller Betreuungsmöglichkeiten zu rechnen. Der wachsende<br />
F<strong>in</strong>anzierungsbedarf wird nur zu e<strong>in</strong>em Teil durch öffentliche Mittel abgedeckt. Private<br />
<strong>Pflege</strong>versicherungen können e<strong>in</strong>e Option darstellen, sich frühzeitig gegen die mit <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit<br />
e<strong>in</strong>hergehenden f<strong>in</strong>anziellen Risiken abzusichern bzw. auf diesem Weg die Betreuung im Falle<br />
chronischer Erkrankungen sicherzustellen.<br />
24
Literaturverzeichnis Kapitel 4<br />
4 Literaturverzeichnis<br />
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26
Anhang Kapitel 5<br />
5 Anhang<br />
Tabelle 4: <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonal <strong>in</strong> Alten- und <strong>Pflege</strong>heimen <strong>in</strong> VZÄ (per 31.12.2002)<br />
DGKP AP/PH/AFB Hilfspersonal MTD Gesamt<br />
Burgenland* 193 232 84 0 509<br />
Kärnten** 196 508 166 k.A. 870<br />
Nie<strong>der</strong>österreich 1.779 1.786 52 3.617<br />
Oberösterreich 810 2.550 268 0 3.628<br />
Salzburg 389 780 204 0 1.373<br />
Steiermark*** 535 1.477 282 k.A. 2.294<br />
Tirol 362 1.090 333 9 1.794<br />
Vorarlberg 235 454 180 k.A. 869<br />
<strong>Wien</strong>**** 2.624 2.749 712 215 6.300<br />
<strong>Österreich</strong> 7.123 9.840***** 2.229***** 276 21.254<br />
* per 31.12.2000, ** per 05.2002, *** hochgerechnet von 31.03.2003,<br />
**** Zahlen tlw. 31.12.1999 und 31.12.2000, ***** exklusive Nie<strong>der</strong>österreich<br />
Quelle: Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 39<br />
Tabelle 5: Aufwand, E<strong>in</strong>nahmen und Anzahl <strong>der</strong> BewohnerInnen <strong>in</strong><br />
Alten- und <strong>Pflege</strong>heimen 2004<br />
Verbleiben<strong>der</strong> Anzahl Anzahl<br />
Bundesland Aufwand (Vollkosten) E<strong>in</strong>nahmen (<strong>Kosten</strong>ersätze <strong>der</strong> KundInnen) öff. Aufwand Personen <strong>Pflege</strong>plätze<br />
<strong>Kosten</strong>beiträge davon Sonstige<br />
<strong>der</strong> KundInnen <strong>Pflege</strong>geld E<strong>in</strong>nahmen<br />
Burgenland 20.206.100,0 k.A. 2.057.912,2 k.A. k.A. 1.494* 1.698<br />
Kärnten 42.513.023,8 33.596.584,7 k.A. 381.000,0 3.582.097,0 2.788 2.900<br />
Nie<strong>der</strong>österreich 209.471.053,0 128.673.946,0 6.246.500,0 10.436.500,0 73.954.400,0 10.974 k.A.<br />
Oberösterreich 263.307.500,0 116.451.600,0 k.A. k.A. 23.706.745,0 11.197 10.894<br />
Salzburg 39.021.547,0 15.314.802,0 k.A. 234.935,0 80.981.548,0 3.049 5.082<br />
Steiermark 172.953.946,0 91.737.463,0 k.A. k.A. 33.145.428,0 8.720 10.380**<br />
Tirol 79.071.252,0 k.A. k.A. k.A. 21.849.549,0 4.733 k.A.<br />
Vorarlberg 49.141.292,0 21.066.652,0 53.942.039,5 k.A. 324.448.913,0 2.710 1.982<br />
<strong>Wien</strong> 445.375.509,0 66.984.556,5 2.057.912,2 k.A. k.A. 11.176 7.918<br />
Summe 1.321.061.222,8 473.825.604,2 62.246.451,7 11.052.435,0 561.668.680,0 56.841 40.854<br />
* zum Stichtag Oktober 2004 ** Stand 1.6.2005<br />
Quelle: BMSG 2006 und eigene Berechnungen<br />
27
Kapitel 5 Anhang<br />
Tabelle 6: <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonal <strong>in</strong> den mobilen <strong>Die</strong>nsten <strong>in</strong> VZÄ (per 31.12.2002)<br />
DGKP AP/PH/AFB HH Gesamt<br />
Burgenland 48 27 112 187<br />
Kärnten 89 189,1 122,7 400,8<br />
Nie<strong>der</strong>österreich 492 312 1.122 1926<br />
Oberösterreich 179 390 0 569<br />
Salzburg 168 102 270 540<br />
Steiermark 252 239 300 791<br />
Tirol 133 150 90,8 373,8<br />
Vorarlberg 116 12,5 200 328,5<br />
<strong>Wien</strong> 257 243 2193,8 2694,5<br />
<strong>Österreich</strong> 1.734 1.665 4.411 7810,6<br />
Quelle: Schaffenberger und Pochobradsky 2004: 10<br />
Tabelle 7: Aufwand und E<strong>in</strong>nahmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mobilen <strong>Die</strong>nste 2004<br />
Aufwand<br />
Verbleiben<strong>der</strong> geleistete<br />
Bundesland (Vollkosten) E<strong>in</strong>nahmen<br />
öff. Aufwand* E<strong>in</strong>heiten<br />
<strong>Kosten</strong>beiträge davon Sonstige<br />
<strong>der</strong> KundInnen <strong>Pflege</strong>geld <strong>Kosten</strong>beiträge*<br />
Burgenland 3.544.800 128.000<br />
werden beim Anbieter<br />
k.A. 1.258.900** 2.157.900 260.300<br />
Kärnten<br />
Nie<strong>der</strong>österreich<br />
12.662.597 direkt vere<strong>in</strong>nahmt k.A. 3.449.879 9.212.700 765.600<br />
(Normkosten) 90.117.336 38.573.679 k.A. 19.692.867 23.226.537 5.559.870<br />
Oberösterreich 39.105.419 6.717.403 k.A. k.A. 32.388.016 1.030.011<br />
Salzburg 11.424.501 6.732.000 0 3.412.211 8.012.290 638.639<br />
Steiermark*** 10.514.839 k.A. k.A 1.000.000 k.A. 866.875<br />
Tirol *** k.A. 14.524.443 k.A 11.729.450 13.153.266 1.247.584<br />
Vorarlberg 23.035.697 k.A. k.A 1.903.255 23.035.697 963.146<br />
<strong>Wien</strong> 254.304.748 27.579.166 21.530.560 k.A. 183.664.463 38.886.323<br />
Summe 444.709.937 94.254.691 21.530.560 42.446.562 294.850.869 50.218.348<br />
* <strong>in</strong>klusive Landesfondmittel ** davon Pauschale d. Krankenkassen f. med. HKP iHv 45.300 €<br />
Quelle: BMSG 2006 und eigene Berechnungen<br />
Tabelle 8: Maximaler <strong>Kosten</strong>beitrag für KundInnen/E<strong>in</strong>satzstunde (= Selbstzahlerbeitrag) bei<br />
den mobilen <strong>Die</strong>nsten (Stand 2004)<br />
Bundeslän<strong>der</strong> Dipl. Gesundheits- und<br />
Alten- und<br />
HeimhelferInnen<br />
KrankenpflegerInnen<br />
<strong>Pflege</strong>helfer<strong>in</strong>nen<br />
Burgenland 24,8 €<br />
19,7 € Max. 14,2€; bis dazu<br />
med. HKP bis 8,8 € pro Tag entgeltfrei.<br />
kalkulieren Orgs. selbst<br />
Kärnten 40€ (<strong>in</strong>kl. 5,82€ <strong>Pflege</strong>geldanteil);(med.HKP) 29,1€ (<strong>in</strong>kl. 5,82€ 18,66€<br />
29,1€ (<strong>in</strong>kl. 5,82€ <strong>Pflege</strong>geldanteil);(HKP) <strong>Pflege</strong>geldanteil)<br />
Nie<strong>der</strong>österreich 27,00€ (<strong>in</strong>kl. 5,45€ <strong>Pflege</strong>geldanteil) 22,00€ (<strong>in</strong>kl. 5,45€ 19,00€ (<strong>in</strong>kl. 5,45€<br />
<strong>Pflege</strong>geldanteil) <strong>Pflege</strong>geldanteil)<br />
Oberösterreich 22,41€ (<strong>in</strong>kl. 3,85 € <strong>Pflege</strong>geldanteil) für Personen, die über 1.743,19 € bzw. Ehepaare o<strong>der</strong><br />
Lebensgeme<strong>in</strong>schaften, die über 2.105,00 € monatliches E<strong>in</strong>kommen haben<br />
Salzburg 23,98 € 23,98 € k.A.<br />
Steiermark 42,26€ (<strong>in</strong>kl. 6€ <strong>Pflege</strong>geldanteil)<br />
31,28€ (<strong>in</strong>kl. 4,9€ 20,3€ (<strong>in</strong>kl. 3,8€<br />
(<strong>in</strong> Graz etwas<br />
an<strong>der</strong>e Sätze)<br />
<strong>Pflege</strong>geldanteil) <strong>Pflege</strong>geldanteil)<br />
Tirol/Vorarlberg Unterschiedlich je nach Träger<br />
<strong>Wien</strong> 22,13€ 22,13€ 16,86€<br />
Quelle: Simsa et al. 2004: 231.<br />
28
Anhang Kapitel 5<br />
Tabelle 9: Prognose <strong>der</strong> Zahl betreuungsbedürftiger Personen bei gleich bleiben<strong>der</strong><br />
Bedürftigkeitsquote<br />
Intensität des Betreuungsbedarfes 1992 2010 2030<br />
Leicht betreuungsbedürftig 358.223 430.783 589.011<br />
Mittel betreuungsbedürftig 78.215 94.058 128.606<br />
Schwer betreuungsbedürftig 56.890 68.414 93.543<br />
Gesamt 493.328 593.256 811.159<br />
Quelle: Badelt et al. 1996: 106<br />
Tabelle 9: Prognose <strong>der</strong> Zahl betreuungsbedürftiger Personen bei erhöhter Lebenserwartung<br />
Intensität des Betreuungsbedarfes 1992 2010 2030<br />
Leicht betreuungsbedürftig 358.223 465.748 678.313<br />
Mittel betreuungsbedürftig 78.215 107.932 160.865<br />
Schwer betreuungsbedürftig 56.890 80.363 120.673<br />
Gesamt 493.328 654.043 959.851<br />
Quelle: Badelt et al. 1996: 108<br />
Tabelle 10: Prognose <strong>der</strong> Zahl betreuungsbedürftiger Personen bei verbesserter mediz<strong>in</strong>ischer<br />
Prävention<br />
Intensität des Betreuungsbedarfes 1992 2010 2030<br />
Leicht betreuungsbedürftig 358.223 378.580 449.225<br />
Mittel betreuungsbedürftig 78.215 89.705 111.125<br />
Schwer betreuungsbedürftig 56.890 67.228 84.704<br />
Gesamt 493.328 535.513 645.054<br />
Quelle: Badelt et al. 1996: 110<br />
29
Kapitel 5 Anhang<br />
Tabelle 11: Vergleich <strong>der</strong> unterschiedlichen Szenarien nach Streissler<br />
2005 2010 2020 2030<br />
Basisszenario<br />
Wachstum <strong>Pflege</strong>fälle 5,01% 15,33% 34,09% 66,46%<br />
Wachstum <strong>Kosten</strong> re<strong>in</strong> formell 6,99% 22,01% 54,43% 109,85%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell 9,60% 33,62% 89,84% 185,36%<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> % des BIP re<strong>in</strong> formell 1,42% 1,47% 1,53% 1,70%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell<br />
Besserer Gesundheitszustand<br />
1,56% 1,72% 2,00% 2,47%<br />
Wachstum <strong>Pflege</strong>fälle -7,81% -2,48% 4,17% 27,99%<br />
Wachstum <strong>Kosten</strong> re<strong>in</strong> formell -6,34% 3,17% 19,98% 61,63%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell -3,79% 12,99% 47,48% 119,42%<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> % des BIP re<strong>in</strong> formell 1,25% 1,24% 1,19% 1,31%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell<br />
Erhöhung des ambulanten Bereiches<br />
1,37% 1,45% 1,56% 1,90%<br />
Wachstum <strong>Pflege</strong>fälle 5,01% 15,33% 34,09% 66,46%<br />
Wachstum <strong>Kosten</strong> re<strong>in</strong> formell 12,56% 46,32% 134,09% 292,13%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell 12,53% 45,78% 129,69% 276,55%<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> % des BIP re<strong>in</strong> formell 1,50% 1,76% 2,32% 3,18&<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell<br />
„Vollversorgung“ ambulant<br />
1,60% 1,87% 2,42% 3,26%<br />
Wachstum <strong>Pflege</strong>fälle 5,01% 15,33% 34,09% 66,46%<br />
Wachstum <strong>Kosten</strong> re<strong>in</strong> formell 15,64% 59,07% 175,88% 387,74%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell 12,11% 44,09% 124,57% 265,73%<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> % des BIP re<strong>in</strong> formell 1,54% 1,92% 2,74% 3,97%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell<br />
„Verteuerung des stationären Bereichs“<br />
2,40% 2,79% 3,57% 4,76%<br />
Wachstum <strong>Pflege</strong>fälle 5,01% 15,33% 34,09% 66,46%<br />
Wachstum <strong>Kosten</strong> re<strong>in</strong> formell 10,99% 32,39% 68,44% 130,04%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell 13,63% 43,36% 102,98% 204,29%<br />
<strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> % des BIP re<strong>in</strong> formell 1,48% 1,60% 1,67% 1,87%<br />
Inklusive <strong>in</strong>formell<br />
Quelle: Streissler 2004: 32<br />
1,61% 1,84% 2,14% 2,63%<br />
30
Das Institut für Sozialpolitik veröffentlicht "Forschungsberichte" sowie "Work<strong>in</strong>g paper", um<br />
neue Forschungsergebnisse Fachkollegen wie auch e<strong>in</strong>er breiten Öffentlichkeit rasch zugänglich<br />
zu machen.<br />
Forschungsberichte stellen überwiegend Design, Methodik und Datenmaterial empirischer<br />
Untersuchungen des Instituts vor. Sie <strong>in</strong>formieren För<strong>der</strong>geber, ProjektpartnerInnen und die<br />
<strong>in</strong>teressierte Öffentlichkeit sehr detailliert über den Fortschritt von Forschungsprojekten bzw.<br />
dokumentieren <strong>der</strong>en Ergebnisse <strong>in</strong> ausführlicher Form. Auch diese Papiere wurden nicht<br />
extern begutachtet. Doch s<strong>in</strong>d die Forschungsprojekte, aus denen berichtet wird, häufig über<br />
e<strong>in</strong> kompetitives Verfahren zur Vergabe von Drittmitteln f<strong>in</strong>anziert. In den Forschungsberichten<br />
f<strong>in</strong>den sich entsprechende För<strong>der</strong>h<strong>in</strong>weise.
I nstitut für<br />
S O Z I AL P O L I T I K<br />
N ordbe r gstraße 15, A-1090 Wie n , Tel 0043(0)1/31336-5871, F ax 0043(0)1/31336-5879, e-mail: sp@ w u -wi en.ac .a t