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EIN SYSTEMISCHES KONZEPT ... - Beziehungsweise

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Für das Auftreten und Bewältigen einer innerfamiliären Gewaltdynamik sind die famili-<br />

ären Ressourcen von grosser Bedeutung. Dazu gehören die persönlichen Fähigkeiten<br />

jedes Familienmitglieds, inklusive Resilienz, Gesundheit und körperlicher Unversehrt-<br />

heit. Ausserdem gehören das soziale Umfeld und die materiellen Möglichkeiten der<br />

Familie dazu.<br />

Ist das System erst von Gewalt betroffen, so setzt sich diese auch aufgrund der fehlen-<br />

den Ressourcen fort. Gewalt zerstört Ressourcen besonders radikal. Gewaltgeprägte<br />

Systeme sind daher ressourcenarme Systeme. Ihre Mitglieder verfügen über vermin-<br />

derte Handlungsmöglichkeiten und ein geringes Selbstwertgefühl. Sie erleben die Welt<br />

als unsicheren Ort, was gewalttätiges Handeln begünstigt.<br />

Gewaltbetroffene Systeme haben fast immer einen massiven Verlust von Ressourcen<br />

auf einer oder mehreren Ebenen erlebt. Das kann durch äussere, oft strukturelle Ge-<br />

walt erfolgen, z.B. in Form von Arbeitslosigkeit, Verarmung oder Krieg. Auch Naturka-<br />

tastrophen oder belastende Umstände innerhalb der Familie können zu einer Überlas-<br />

tung führen. Solche Erfahrungen können ein System traumatisieren. Manche Systeme<br />

sind widerstandsfähiger, in anderen etabliert sich unter dem Druck die gewalttätige<br />

Systemdynamik.<br />

Armut und Krankheit kommen als Ursache oder Folge der Gewalt häufig vor, sind aber<br />

keineswegs zwingend. Gewaltbetroffene Systeme haben entscheidende Ressourcen<br />

verloren, aber nicht jede ressourcenarme Familie ist von Gewalt betroffen.<br />

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ST AR REN BEW ER TUNG<br />

Der emotionalen Wirkung von Gewalt kann sich niemand ohne weiteres entziehen.<br />

Wer sie ausübt, löst Wut aus. Das Mitleid wendet sich der Person zu, welche Unrecht<br />

erleidet. Dies geschieht in besonderem Mass, wenn das Opfer schwächer ist oder ein<br />

Kind und noch einmal, wenn es sich um sexuelle Gewalt handelt. Dann kommt fast<br />

zwingend Abscheu dazu.<br />

Die Frage nach der Schuld wird meist sofort gestellt, wenn eine Gewalthandlung be-<br />

kannt wird. Den Personen werden die Rollen von Täter und Opfer, zudem auch Mitwis-<br />

ser, Mittäter und Retter zugeschrieben. Es entstehen Bewertungen. Beschreibungen<br />

werden häufig als Vorwurf zurückgewiesen. Zuhören ist nicht mehr möglich. Verteidi-<br />

gung wird zum Selbstzweck.<br />

Wer Gewalt ausübt ist der Systemlogik zufolge böse. Täter, Mittäter, Mitwisser sind<br />

böse Menschen, Opfer und Retter hingegen sind gute. Aufgrund der Gewaltlogik sind<br />

Täter immer die anderen und werden ausgestossen.<br />

Diese Bewertungen sind so absolut, dass sie ihrerseits gewalttätig wirken und eine Lö-<br />

sung des Problems verhindern. Es entsteht eine seltsame Dynamik, wenn jemand einer<br />

Tat bezichtigt wird. Im gewaltgeprägten System erfährt sie damit als Person eine Ab-<br />

wertung und muss die Tat leugnen. Sie definiert sich selber als Opfer (einer Verleum-<br />

dung). Somit ist sie schuldlos und ein guter Mensch. Das ganze System schwingt mit<br />

und teilt sich in Befürworter und Gegner, welche vehement für oder gegen die Person<br />

© Anna Flury Sorgo. www.beziehungsweise.ch<br />

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