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EIN SYSTEMISCHES KONZEPT ... - Beziehungsweise

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Namen geben. Ebenso werden Emotionen des Kindes oder anderer Personen benannt.<br />

Liebevolle und der Entwicklung angemessene Erfahrungen aller Sinne fördern Kinder<br />

ebenfalls.<br />

Eltern in gewaltbetroffenen Familien fehlen häufig angenehme Körpererfahrungen und<br />

die Fähigkeit, sie in Worte zu fassen. Körperwahrnehmungsübungen, Entspannungs-<br />

übungen oder geführte Phantasiereisen unterstützen die Verankerung im Körper.<br />

Sport in vernünftigem Ausmass ist fast immer nützlich. Ebenso die Möglichkeit kreati-<br />

ven Selbstausdrucks, wobei wiederum wichtig ist, die entsprechenden Erfahrungen<br />

auch in Worte zu fassen. Ein Achtsamkeitstraining, wie es heute in der Psychotherapie<br />

zunehmend angewendet wird, kann viel zur Bewältigung von Gewalt beitragen.<br />

Wenn Gewalt im System ist, kommt es zu Vorwürfen und Lügen. Plötzlich scheint es<br />

nur noch eine Wahrheit zu geben, und die muss unter allen Umständen verteidigt<br />

werden. Die Art, wie über erlebte oder ausgeübte Gewalt gesprochen wird, entspricht<br />

tatsächlich nicht unbedingt dem Tathergang. Doch wenn jemand von erlebter Gewalt<br />

spricht, so ist sie auch vorhanden und das System soll als von Gewalt betroffenes ernst<br />

genommen werden. Auch hier ist es nützlich, das wertfreie Gewahrwerden von Me-<br />

chanismen oder Handlungsabfolgen zu unterstützen.<br />

Doch auch normale Erfahrungen werden unterschiedlich erlebt, was in gewaltbetrof-<br />

fenen Familien oft nur schwer ertragen wird. Unterschiede sind bedrohlich und lösen<br />

Angst aus. Im Hintergrund steht immer die Hypothese, die Unterschiede könnten et-<br />

was mit der geleugneten Gewalt zu tun haben. Darüber zu reden und dies zu normali-<br />

sieren ist hilfreich.<br />

Es ist daher wichtig, solche Erfahrungen zu thematisieren. Sie bieten eine Gelegenheit,<br />

Kommunikation zu üben. Abgesehen von der Tatsache der Gewalt, sind Unterschiede<br />

nützlich, um Offenheit zu lernen. Daraus entsteht Spielfreude, die verschiedene Erfah-<br />

rungsweisen zulässt. Die Exploration der Unterschiede, welche durch unterschiedliche<br />

Wahrnehmungen entstehen, kann lustvoll sein.<br />

Wird Gewalt beobachtet oder berichtet, so ist es wichtig, sie also solche zu benennen,<br />

und zwar deutlich, auch in ihren Auswirkungen, aber wertfrei in Bezug auf den Täter.<br />

Eine Gewalttat, auch wenn sie schadet, wird doch aufgrund irgend welcher ‚guten<br />

Gründe‘ ausgeübt. Das rechtfertigt die Tat keineswegs. Doch nur die Unterscheidung<br />

der Tat (welche vermieden werden soll) und des Täters, der als Mensch akzeptiert<br />

wird, ermöglicht Veränderungen.<br />

STRUKTUREN<br />

Gewalt verändert die innerfamiliären Strukturen, sodass sie chaotisch oder starr wer-<br />

den. Daher kann zur Prävention oder Intervention in einer gewaltbetroffenen Familie<br />

auch an den Strukturen gearbeitet werden. Zunächst geht es um den Aufbau klarer<br />

und flexibler Grenzen innerhalb der Familie, sowohl zwischen den einzelnen Personen<br />

als auch zwischen den Subsystemen.<br />

Das Gleiche gilt für die ausserfamiliären Grenzen gegenüber Angehörigen, Freunden<br />

und Behörden. Isolierte Familien benötigen Beziehungen zu aussenstehenden Perso-<br />

nen, was vor allem zu Anfang oft nur über Institutionen machbar ist. Manchmal ist<br />

Mediation gegenüber der weiteren Familie oder Nachbarn nötig. Wenn Behörden in-<br />

volviert sind, brauchen Familien manchmal Schutz gegen zu viel Einmischung.<br />

© Anna Flury Sorgo. www.beziehungsweise.ch<br />

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