Brief 27-neu-b23.qxd (Page 1) - Heimatverein Laurenburg
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Rettert und Niederfischbach (im Einrich). Diese beiden Orte lagen dicht beieinander und<br />
waren rein landwirtschaftlich geprägt mit wenigen zugehörigen, kleinen Handwerksbetrieben,<br />
die in der Regel immer gleichzeitig Landwirtschaft betrieben haben. Der Klingelbacher<br />
Pfarrer Rudolf Herold erläutert 3 Hauptgründe für die Auswanderung der Niederfischbächer:<br />
18<br />
– die Folgen, die sich aus der Viehleihe ergaben;<br />
– die hypothekarische Verschuldung und<br />
– eigene Schuld.<br />
✑ Die Viehleihe von dem Viehhändler an den Bauern beschreibt Herold unter Bezugnahme<br />
auf den nassauischen Geschichtsschreiber Spielmann: „Sie erfolgte<br />
1. entweder auf eine bestimmte Zeit gegen Entgelt oder<br />
2. ohne Entgelt, worauf die Kuh bei der Kalbung verkauft und der Erlös zu gleichen<br />
oder ungleichen Teilen geteilt wurde oder<br />
3. durch Verkauf des ganzen Viehs an den Händler auf halbe Zucht oder endlich<br />
4. unter der Bedingung, dass das verliehene Vieh, wenn es dem Bauern 2 Jahre<br />
keinen Nutzen gebracht hatte, von diesem noch 2 Jahre lang unentgeltlich behalten<br />
werden durfte, dann aber dem Verleiher zurückgegeben werden musste.<br />
In allen Fällen hatte der Bauer für den Unterhalt des Viehs aufzukommen."<br />
✑ Die Hypothekenverschuldungen waren noch gravierender. Aus den Versteigerungslisten<br />
der Niederfischbacher erfahren wir, dass die 12 Häuser bzw. Höfe, die auf Abbruch<br />
versteigert wurden, mit 9.041, 56 Gulden verschuldet waren. Das sind rund 750 Gulden<br />
Schulden pro Haus/Hof, was etwa die Hälfte des etwaigen Zeitwertes gewesen sein könnte.<br />
Man kann sich also vorstellen, dass nach der Versteigerung zunächst nur Schulden<br />
blieben, es mussten also noch andere Vermögensteile dazu kommen, um allein die Schulden<br />
zu tilgen.<br />
Ein Zeitgenosse berichtet, es wären noch viel mehr ausgewandert, wenn sie nur das<br />
Geld dafür gehabt hätten.<br />
✑ Für den dritten Grund , die eigene Schuld, sei die Klingelbacher Kirchenchronik zitiert:<br />
„Die Leute waren teilweise durch eigene Schuld, schlechte Gemeindeverwaltung<br />
und Trägheit in ihren Verhältnissen zurückgekommen und wären menschlichem Ermessen<br />
nach hier immer mehr in Verarmung versunken."<br />
<strong>Laurenburg</strong> und Scheidt<br />
Hier waren die Verhältnisse etwas anders als im Einrich, da außer der Landwirtschaft<br />
noch die Grube Holzappel als Verdienstmöglichkeit bestand, wo um diese Zeit bereits etwa<br />
500 Menschen beschäftigt waren. Fast jeder Bergmann hatte nebenbei noch eine<br />
kleine Landwirtschaft und das Bestreben auszuwandern war verhältnismäßig geringer;<br />
nur 14 % der Einwohner verließen ihre Heimat.<br />
Sespenrod<br />
Die Sespenroder liefern das krasseste Beispiel für unsere Untersuchung. Ihre Ländereien