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Land des Sports?<br />
Über die Wichtigkeit der Körperkultur<br />
für die Gesundheit des Kindes und<br />
der Erwachsenen schrieb bereits im<br />
17. Jahrhundert ein fulminanter Geist<br />
wie Jan Amos Komensk˘ (Comenius),<br />
der berühmte tschechische Pädagoge.<br />
Für die Entstehung des Turnwesens und<br />
dessen Verbreitung unter der Bevölkerung<br />
der böhmischen<br />
Länder zeichnete Miroslav<br />
Tyr‰ (Friedrich<br />
Emanuel Tirsch). Mit<br />
Jindfiich Fügner (Heinrich<br />
Fügner) an seiner<br />
Seite, brachte er in den<br />
1860er Jahren die Idee<br />
des Turnens und der<br />
Körperertüchtigung in<br />
das erwachende tschechische<br />
Bürgertum.<br />
Von antiken olympischen<br />
Spielen angetan<br />
und von der deutschen<br />
Turnbewegung F.L. Jahnscher<br />
Prägung ausgehend,<br />
schuf er ein tschechisches<br />
Turnsystem sui generis, das<br />
der tschechischen Sokol-Turnbewegung<br />
zugrundegelegt wurde. Die Sokolturnvereine<br />
expandierten dann nicht nur<br />
in Böhmen und Mähren, sondern auch<br />
in anderen Teilen des Habsburgerreiches<br />
– Laibach, Wien, ja sogar in den USA<br />
und dem fernen Rußland. Es wurde dort<br />
nicht nur geturnt, sondern sie wurden<br />
Miroslav Tyr‰ (Friedrich Emanuel<br />
Tirsch), Begründer des<br />
Turnvereins Sokol<br />
auch zu Zentren des tschechischen Nationallebens.<br />
Von dort aus wurden Ideen<br />
des Humanismus und der Demokratie<br />
verbreitet, dort wurden Hunderte Freiwillige<br />
herangebildet, die bereit waren,<br />
für die Freiheit in tschechoslowakischen<br />
Legionen im Ersten Weltkrieg<br />
oder im tschechoslowakischen Auslandsheer<br />
im Zweiten<br />
Weltkrieg zu kämpfen.<br />
Im Zuge der massiven<br />
Verbreitung der Sokol-<br />
Turnbewegung wurde<br />
dem Bedürfnis nach der<br />
Vereinigung der Sokoln<br />
Rechnung getragen. Tyr‰<br />
kam mit der Idee der<br />
Gemeinschaftsübungen,<br />
zu denen die Sokoln aus<br />
der ganzen Welt „zusammenfliegen“(slétat)<br />
würden. Das erste<br />
Großsportfest (slet)<br />
wurde 1882 auf der<br />
Sophieninsel (Îofín) in<br />
Prag arrangiert und<br />
begründete eine Tradition, die bis heute<br />
lebendig ist.<br />
Die Kommunisten trieben, nachdem<br />
sie im Februar 1948 die Macht ergriffen<br />
hatten, den Sokolturnverein auseinander,<br />
aber Großsportfeste auf dem Sokolvereinsstadion<br />
in Prag-Strahov wurden<br />
beibehalten. Sie wurden nach dem sowjetischen<br />
Vorbild zur „Spartakiade“ um-<br />
Sokolturnfeste (: slety – das Wort bedeutet nicht nur „Zusammenflug“, sondern in der tschech. Jagdsprache auch „Falkenschlag“,<br />
womit der wehrsportliche Charakter getarnt ist. – Anm.d.Übers.) waren beispielgebend für sozialistische Spartakiaden.<br />
Inhalt<br />
Land des Sports?<br />
Tschechiens Sportgeschichte in Skizze<br />
Seite 3 – 5<br />
Wenn die Pille fliegt, und<br />
der Außenseiter siegt<br />
Wiedereroberung eines globalen Fußballplatzes<br />
oder Wie man das verlorene<br />
nationale Selbstbewußtsein wiederherstellt<br />
Seite 6 – 11<br />
Speerhand und andere Künste:<br />
Athletik als Familiensilber<br />
In einem kleinen Land muß man den<br />
Körper tüchtig strecken, um von einem<br />
Ende zum andern zu gelangen.<br />
Seite 12 – 15<br />
Der junge weiße Sport<br />
Der Tennisschläger kommt in neue Hände.<br />
Seite 16 – 17<br />
Leute in ihrem Element<br />
Warum „Böhmen am Meer“ soviel<br />
Wassersporte betreibt: Wasserslalom,<br />
Kanurennfahren, Yachting Oder wie<br />
die Zahl der hiesigen Landratten mit<br />
friedlichen Mitteln zu verringern ist.<br />
Seite 18 – 19<br />
Fotogalerie – Pantheon<br />
Idole des tschechischen Sports<br />
Seite 20 – 21<br />
Goldene Eiszeit<br />
Geschichtliche Traumata werden<br />
hierzulande mit Sport-Erfolgen, auch mit<br />
Eishockey, kollektivmäßig therapiert.<br />
Seite 22 – 27<br />
Schneeglanz<br />
Obwohl keine Skandinavier, sehen<br />
Sportler und Sportlerinnen den OS<br />
von Turin mit Optimismus entgegen.<br />
Seite 28 – 31<br />
Einzelstars<br />
Nicht immer mit soviel Aufmerksamkeit<br />
bedacht wie Fußballer und Eishockeyspieler,<br />
doch Leistungen der Einzelsportler stehen<br />
den anderen in nichts nach.<br />
Seite 32 – 35<br />
Der Wegzu den Paralympischen Spielen<br />
– Hockey wieder anders<br />
An Paralympioniken und Paralympionikinnen<br />
gibt es im Lande nicht genug, um<br />
so mehr sind ihre Leistungen zu berücksichtigen,<br />
der Skilauf und das Sledgehockey<br />
nur als Beispiel.<br />
Seite 36 – 37<br />
Fünf Ringe über Prag?<br />
Ist die Idee, Olympische Spiele in Prag<br />
zu veranstalten, auch umzusetzen?<br />
Seite 38 – 39<br />
Die Zeitschrift Im Herzen Europas erscheint sechsmal jährlich<br />
und vermittelt auf ihren Seiten ein Bild über das Leben in<br />
der Tschechischen Republik. Die Beiträge präsentieren die<br />
Ansichten ihrer Autoren und müssen nicht mit den offiziellen<br />
Standpunkten der tschechischen Regierung übereinstimmen.<br />
Der Nachdruck der publizierten Materialien ist nur mit<br />
Zustimmung des Herausgebers gestattet. Abonnementbestellungen<br />
sind an die Redaktion der Zeitschrift zu richten.<br />
Herausgegeben vom Verlag Theo in Zusammenarbeit mit<br />
dem Außenministerium der Tschechischen Republik.<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
J. Poppera 18, 530 06 Pardubice, âeská republika<br />
Chefredakteur: Pavel ·míd<br />
Graphische Redaktion: Karel Nedvûd<br />
Vorsitzender des Redaktionsbeirats: Vít Koláfi,<br />
Leiter der Pressestelle des Außenministeriums der âR<br />
und Pressesprecher des Außenministers<br />
Redaktionsbeirat: Vûra StaÀková, Marie Kopecká,<br />
Libu‰e Bautzová, Silvie Marková, Lucie Pilipová,<br />
Alena Prouzová, Pavla Jedliãková, Eva Ocisková,<br />
Milan KníÏák, TomበPojar, Oldfiich TÛma, Martin Krafl,<br />
Petr Vágner, Vladimír Hulec, Petr Volf, Vít Kurfürst,<br />
Jan ·ilpoch, Pavel Fischer<br />
Deutsche Übersetzung: Institut für Germanistik<br />
Philosophische Fakultät der Masaryk-Universität Brno<br />
Druck: VâT Pardubice<br />
ISSN 1211–9296<br />
Theo Verlag – Internet:<br />
http://www.theo.cz<br />
E-Mail: pavelsmid@theo.cz<br />
3
4<br />
Die Auswahl der tschechischen Sokoln bei den ersten<br />
internationalen Wettkämpfen im Kunstturnen der<br />
Männer (Gruppen), Paris, 1989<br />
funktioniert und dienten der ideologischen<br />
Verherrlichung des kommunistischen<br />
Regimes und seiner Wohlfahrt<br />
für die Werktätigen. Die Spartakiaden,<br />
gründend auf den Traditionen der Sokolturnbewegung,<br />
wurden dessenungeachtet<br />
zum Vorbild für die weltweite<br />
Bewegung „Sport für alle“ und wurden<br />
vom Internationale Olympischen Komitee<br />
1976 mit seiner höchsten Auszeichnung,<br />
dem Olympiapokal, gewürdigt.<br />
Nach der Sanften Revolution im<br />
November 1989 lebte die Sokolbewegung<br />
wieder auf und ruft alle Sokoln<br />
zu Turnfesten (slety) zusammen. Das<br />
kommende Turnfest wird im Sommer<br />
2006 stattfinden.<br />
Ende des 19. Jahrhunderts begann<br />
der Sport, eine andere körperliche Betätigung,<br />
mit Wettbewerbs-<br />
und Spielfreude<br />
sowie Individualismus<br />
seine Anziehungskraft<br />
auf junge Menschen<br />
auszuüben. Auf Rudersport<br />
und Schlittschuhlaufen<br />
folgte das Radfahren,<br />
und dann plötzlich<br />
ging es mit allerhand<br />
Sportarten los:<br />
Athletik, Bandyhockey,<br />
Fußball, Skilauf, Tennis,<br />
Ringen, ja sogar<br />
Bergsteigen. Im Mai<br />
1897 wurde die allgemeine Sportorganisation<br />
Tschechische Athletik-Amateur-Union<br />
(âeská atletická amatérská<br />
unie) und zwei Jahre darauf auch<br />
das Tschechische Olympische Komitee,<br />
das erste ständige Nationalkomitee<br />
in der Welt schlechthin, ins<br />
Leben gerufen.<br />
Spartakiaden auf dem Stadion Prag-Strahov waren als Verherrlichung des kommunistischen Regimes gedacht.<br />
Auch an der Wiege der tschechischen<br />
olympischen Bewegung standen die<br />
Sokoln. Im Sommer 1889 wurden in<br />
Paris die ersten internationalen Wettkämpfe<br />
im Kunstturnen der Männer bei<br />
den Feierlichkeiten anläßlich<br />
des Jahrestages<br />
Französischen Revolution<br />
ausgetragen, und<br />
die Sokoln rissen allerhand<br />
Preise an sich.<br />
Ihre Leistungen faszinierten<br />
auch den jungen<br />
Sportfan Pierre de Coubertin.<br />
Als dieser 1894<br />
die Olympischen Spiele<br />
modernen Zuschnitts<br />
wiederzuerneuern gedachte,<br />
war es sein<br />
Wunsch, in das höchste<br />
Organ der Spiele, das Internationale<br />
Olympische Komitee, einen Vertreter<br />
der Tschechen zu berufen. Er kannte<br />
einen einzigen, den Gymnasialprofessor<br />
Jifií Guth aus Klatovy (Klattau).<br />
Guth nahm als einziger Tscheche im<br />
April 1896 an den ersten modernen<br />
Olympischen Spielen in Athen teil und<br />
Gymnasialprofessor Jifií Guth, der erste tschechische Vertreter im IOK<br />
war davon enthusiasmiert. Ihm wurde<br />
dabei die ungemeine Bedeutung der<br />
Spiele als Propaganda für den Sport<br />
und die Spiele als solche bewußt. Bewußt<br />
wurde ihm der Wert des olympischen<br />
Sieges mit der Zeremonie der<br />
Siegerehrung für das Bekanntwerden<br />
der jeweiligen Nation und ihres Landes.<br />
„Ich möchte nicht behaupten, daß ein<br />
solcher athletischer Sieg unsere Not<br />
beheben kann und daß wir auf Kunst,<br />
Wissenschaft und andere Aktivitäten<br />
verzichten sollen – aber ein unnütz<br />
Ding ist es wieder nicht“, hieß es in der<br />
zeitgenössischen Presse.<br />
Es brauchte allerdings noch ein Vierteljahrhundert,<br />
bis ein tschechischer<br />
Sportler die höchste Stufe des Siegerpodestes<br />
bestieg. Erst 1924 gewann<br />
der Kunstturner Bedfiich ·upãík bei<br />
den VIII. Olympischen Spielen in Paris<br />
Gold im Seilklettern, einer heute bereits<br />
vergessenen olympischen Disziplin.<br />
Seitdem griffen tschechische und tschechoslowakische<br />
Sportler und Sportlerinnen<br />
insg. 60mal nach einer Olympiamedaille,<br />
zuletzt der Zehnkämpfer<br />
Roman ·ebrle bei den XXVIII. Olym-
pischen Spielen. Die meisten Olympia-<br />
Goldmedaillen ergatterten Athleten,<br />
Kunstturner und Kanuten, von den Einzelsportlern<br />
Emil Zátopek, Vûra âáslavská<br />
und Jan Îelezn˘. Als die berühmteste<br />
Olympiamedaille wurde bei Meinungsumfragen<br />
die Goldmedaille der<br />
Eishockeyspieler vom Jahrhundert-Turnier<br />
bei den Olympischen Winterspielen<br />
1998 in Nagano genannt.<br />
Im Laufe der hundert Jahre seiner<br />
Existenz erfuhr der Sport einen tiefgreifenden<br />
Wandel. Die Begeisterung<br />
der Pioniere reichte schon bald nicht<br />
für einen ausgeglichenen Wettkampf<br />
aus. Dem Training und der Teilnahme<br />
an Wettbewerben und Matches mußten<br />
die Besten viel Zeit hinopfern. Der<br />
Sport um der Freude willen wurde zum<br />
bezahlten Sport, ja Fußball, Eishockey<br />
und Tennis zum Geldsport. Der Berufssport<br />
der Zwischenkriegszeit wurde<br />
zwar formell durch die kommunistische<br />
Fiskultura aufgehoben, aber in<br />
den letzen Dezennien des 20. Jahrhunderts<br />
erlebte er ein Revival. Zuerst do-<br />
minierten tschechische Tennisspieler<br />
und Tennisspielerinnen auf den Weltranglisten.<br />
Nach ihnen überschwemmten<br />
tschechische Eishockeyspieler die<br />
nordamerikanische NHL. Die besten<br />
Fußballer stärkten die<br />
europäischen Spitzenklubs<br />
und einer von<br />
ihnen, Pavel Nedvûd,<br />
wurde 2003 „Europas<br />
Fußballspieler des Jahres“<br />
(Ballon d’or). Erfahrungen<br />
und ein wiedererstarktesSelbstbewußtsein<br />
wurden hierzulande<br />
wieder heimisch<br />
durch exzellente Leistungen<br />
der Auswahlmannschaften,<br />
der Eishockeyspieler,<br />
die in<br />
den letzten zehn Jahren fünfmal den<br />
Weltmeistertitel erstritten, und der<br />
Fußballer, die zweimal bei der Europameisterschaft<br />
brillierten.<br />
Die Erfolge tschechischer Sportler<br />
und Sportlerinnen stoßen auf Begeisterung<br />
der Sportanhänger, wecken in<br />
ihnen Nationalstolz. Fans identifizieren<br />
sich mit ihren Sporthelden und wollen<br />
ihre Leistungen „mit eigenen Augen“<br />
sehen. Auch dies ist einer der Gründe<br />
dafür, daß sich das Tschechische Olympische<br />
Komitee in Gemeinschaftsarbeit<br />
mit dem Magistrat der Stadt<br />
Prag für die Initiative „Prag olympisch“<br />
stark macht. Es wurden dabei<br />
die Vorhaben aus dem Jahr 1921 und<br />
1968 aufpoliert, nämlich in der Hauptstadt<br />
des Landes Olympische Spiele<br />
durchzuführen. Der erste Versuch<br />
scheiterte an der Achtung vor dem<br />
Begründer des modernen olympischen<br />
Gedankens, Pierre Coubertin, der von<br />
den Olympischen Spielen in seiner<br />
Geburtsstadt Abschied nehmen wollte,<br />
der zweite Versuch wurde durch die<br />
Besetzung der Tschechoslowakei durch<br />
Truppen des Warschauer Paktes vereitelt.<br />
Ob die angemeldete Kandidatur<br />
von Prag für die Olympischen Spiele<br />
2016 von Erfolg gekrönt sein wird,<br />
bleibt vorerst abzuwarten.<br />
Das Augenmerk der<br />
Sportwelt richtet sich<br />
im Moment auf Turin,<br />
wo am 10. Februar<br />
2006 die XX. Olympischen<br />
Winterspiele<br />
gestartet wurden. Im<br />
Juni wird Deutschland<br />
im Zentrum des Interesses<br />
stehen, da die<br />
Fußballweltmeisterschaft<br />
dort vor sich gehen<br />
wird. Wir wollen<br />
allen Teilnehmenden<br />
Fair Play und gute<br />
Chancen und uns Zuschauenden eine<br />
Menge unvergeßlicher Erlebnisse und<br />
Freude vor allem am Erfolg unserer<br />
Sportdelegation wünschen.<br />
Franti‰ek Koláfi<br />
Tschechisches Olympisches Komitee<br />
Photos: Tschechisches Olympisches Komitee –<br />
Archiv, Redaktion – Archiv<br />
Der gegenwärtige Präsident des Tschechischen Olympischen Komitees, Milan Jirásek<br />
5
6<br />
Wenn die Pille fliegt und<br />
der Außenseiter siegt<br />
Es geschieht nur selten, daß Kunst, Kultur<br />
oder sogar Sport der politischen Wirklichkeit<br />
vorausgehen. In der Geschichte des<br />
tschechischen Fußballs konnte man geradezu<br />
das Gegenteil beobachten. Obwohl der<br />
tschechoslowakische Bund<br />
bereits aufgelöst worden<br />
war, versuchte das Gemeinschaftsteam<br />
noch, 1994<br />
für die Weltmeisterschaft<br />
in den USA sich zu qualifizieren,<br />
was allerdings mißlungen<br />
ist. Zugleich waren<br />
diese Qualifikationsspiele<br />
ein Abschiedsgruß der Auswahlmannschaft,<br />
die bei<br />
dem Weltchampionat in<br />
Italien gut abgeschnitten<br />
hatte. (Erst im Viertelfinale<br />
wurde sie durch Deutschland<br />
gestoppt.)<br />
Den Nationaldreß legten Sportler<br />
wie Chovanec, Bílek, Ha‰ek, Straka, Stejskal<br />
und viele andere ab. Im Unterschied<br />
zu den 1980er Jahren machten manche von<br />
ihnen bei diversen europäischen Leagues<br />
ihre Erfahrungen. – Dieser Umstand zeitigte<br />
seine Wirkungen auf das Niveau des<br />
Spiels wie die Ausdauer und psychische<br />
Abhärtung der Spieler selber. Fußball-Su-<br />
perstars begegneten sie nicht erst bei WM-<br />
Aufgeboten, sondern bei „gewöhnlichen“<br />
Ligaspielen. Angesichts der Tatsache, daß<br />
die Wirtschaftslage Tschechiens ziemlich<br />
anders war und ist als die Deutschlands,<br />
Englands, Italiens, bleibt<br />
kein anderer Weg, als daß<br />
bewährte tschechische<br />
Fußballer in renommierte<br />
Klubs im Ausland überwechseln.<br />
Der Auswahl<br />
kommt es zugute. Hierzulande<br />
ist in absehbarer<br />
Zeit mit der Herausbildung<br />
eines starken Klubs<br />
nicht zu rechnen, der sich<br />
Teams wie denen von<br />
Chelsea, Barcelona oder<br />
dem AC Mailand stellen<br />
könnte. Von Zeit zu Zeit<br />
schafften es Sparta oder Slavia, unter die<br />
Elite aufzusteigen, es blieben allerdings<br />
einzelne Episoden.<br />
Auch andere berühmte Kapitel der tschechischen<br />
Fußballchronik wurden vor allem<br />
bei Europachampionaten geschrieben. Es<br />
mag paradox erscheinen, daß die Spieler<br />
bei Qualifikationsturnieren für kontinentale<br />
Meisterschaften in der Regel gut<br />
abschneiden, an WM-Turnieren werden sie<br />
aber erst im Sommer kommenden Jahres<br />
wieder teilnehmen.<br />
Karel Poborsk˘ – beim Spiel der tschechischen Nationalliga<br />
England 1996 – Überrascher<br />
und böhmische Dörfer<br />
Bei Europameisterschaften 1996, die in<br />
der Wiege des Fußballspiels abgehalten<br />
wurden, sorgte die tschechische Elf unter<br />
der Anleitung des Trainers Du‰an Uhrin für<br />
die unbestritten größte Überraschung. Nicht<br />
so sehr durch das dargebotene Spiel, begründet<br />
auf einer äußerst effektiven Verteidigung,<br />
wiewohl sich der Verteidigungsstil<br />
selbst nicht gerade elegant gab. Aber die<br />
Mittel heiligten den Zweck. Uhrin führte<br />
seine Mannschaft an die Technik heran, die<br />
ihr bei der Konfrontation mit Favoriten und<br />
WM-ranglistenmäßig stärkeren Gegner<br />
lag. Bereits nach der Vorrundenauslosung<br />
wurden die Tschechen als Außenseiter angesehen.<br />
Sie kamen in die Gruppe mit<br />
Deutschland und Italien, das letzte Spiel<br />
sollte gegen das unergründliche Rußland<br />
ausgetragen werden. Bei der Begegnung
Tschechien-Deutschland trug Deutschland<br />
erwartungsgemäß den Sieg davon. Allerdings<br />
bei der Begegnung mit Italien fiel der Sieg<br />
nicht dem Favoriten zu, sondern nach den<br />
Toren von Bejbl und Nedvûd der verkannten<br />
Mannschaft. Während die Italiener gegen<br />
Deutschland remisierten, nachdem sie den<br />
ausschlaggebenden Strafstoß nicht verwandelt<br />
hatten, verstand es das tschechische<br />
Team, in dem nervenzermürbenden Drama<br />
gegen Rußland durch das Tor von ·micer<br />
zum Schluß einen Ausgleich 3 : 3 herbeizuführen<br />
und nach Italiens Niederlage wider<br />
Erwarten ins Viertelfinale aufzurücken.<br />
Du‰an Uhrin gelang es, eine Mannschaft<br />
sowohl aus alten Hasen der mittleren Fußballergeneration<br />
als auch aus jungen hungrigen Wölfen<br />
zusammenzustellen. Zu den ersteren zählten<br />
Kadlec, Kuka, Drulák, Nûmec, Látal, zu den<br />
letzteren ·micer, der während des Championats<br />
einen Abstecher nach Prag machte, um zu<br />
heiraten, Berger, Nedvûd, Bejbl, Poborsk˘.<br />
Pavel Nedvûd – Le Ballon d’or (France Football 2003)<br />
Fussball<br />
Die bunte und reiche tschechische<br />
Fußballgeschichte verzeichnet einige Entwicklungsetappen.<br />
Fußball wird in Tschechien<br />
seit etwa 1887 amateurhaft und vor<br />
allem von Studenten gespielt. Die ersten<br />
Fußballklubs wurden erst gegen Ende<br />
des 19. Jahrhunderts in erster Linie in<br />
Prag gegründet. Das erste interstaatliche<br />
Match machte die Tschechoslowakei<br />
1920 bei den Olympischen Spielen in<br />
Antwerpen mit. Die erste historische Anerkennung<br />
datiert ins Jahr 1934, wo die<br />
Auswahlmannschaft mit dem legendären<br />
Franti‰ek Plániãka bei der Weltmeisterschaft<br />
in Rom Silber erkämpfte. Auf den<br />
zweiten weltweiten Erfolg mußte der<br />
tschechoslowakische Fußball bis 1964<br />
warten. Vom Weltchampionat in Chile<br />
brachte die Elitemannschaft von neuem<br />
den Vizeweltmeistertitel heim. Die Medaillensammlung<br />
bereicherten die tschechischen<br />
Fußballer bei der Europameisterschaft<br />
1976 in Belgrad um Europagold.<br />
Olympiagold folgte 1980 in Moskau<br />
und imselben Jahr auch Bronze bei der<br />
Europameisterschaft. Als beste Leistungen<br />
der selbständigen tschechischen Auswahl<br />
lassen sich der Vizeuropameistertitel<br />
bei der Europameisterschaft 1996<br />
in England, die Bronzemedaille beim Europachampionat<br />
2004 in Portugal und<br />
der siegreiche Zug durch die Qualifikationsspiele<br />
für das Weltchampionat in<br />
Deutschland einstufen.<br />
Nicht alles gestaltete sich wunschgemäß.<br />
Patrik Berger packte nach einem Streit mit<br />
dem Coach seine Koffer, um heimzufahren,<br />
aber auch diese Differenz konnte befriedet<br />
werden, und die Mannschaft konnte sich<br />
wiederum auf den Fußball konzentrieren.<br />
Stand doch ein Match gegen Portugal im Viertelfinale<br />
bevor. Denkt einer zurück, wird<br />
ihm ein einziges Tor erinnerlich. Der Mittelfeldspieler<br />
mit damals reicher Mähne Karel<br />
Poborsk˘ überlistete den Torwart Baia mit<br />
einem frechen und geschickt gelupften Bogenball<br />
und trug sich mit goldenen Lettern<br />
in die Geschichte der Europameisterschaften<br />
ein. – Das Tor umflog dank Fernsehkameras<br />
mehrfach die Welt und war mit ein<br />
Grund dafür, daß Poborsk˘ als der erste<br />
tschechische Kicker vom Manchester United<br />
angeheuert wurde und in die englische<br />
Premier League gelangte. (Er war nicht die<br />
einzige Schwalbe, die in die Fremde zog:<br />
Kouba, ·micer, Bejbl und Nedvûd folgten<br />
7
8<br />
nach.) – Im Seminale mußte man gegen<br />
Frankreich antreten. Der Begegnung mangelte<br />
es an Eleganz: Die tschechische<br />
Mannschaft, dezimiert durch Verletzungen<br />
und Kartenstrafen, wurde in die Verteidigung<br />
gedrängt, leistete einen zähen Widerstand,<br />
zum Schluß der regulären Spielzeit<br />
und in der Verlängerung mußte sie sogar<br />
ohne einen einzigen Stürmer auskommen.<br />
Alle Tormöglichkeiten der Franzosen landeten<br />
am Torgerüst oder am Körper des<br />
Tormanns Kouba. Das Spiel endete mit dem<br />
Penaltyschießen, bei dem der siebte Schuß<br />
von Miroslav Kadlec den Ausschlag gab.<br />
Der Weg ins Finale auf dem legendären<br />
Stadion in Wembley stand offen.<br />
Das Schicksal wollte, daß Deutschland<br />
wieder gegen die tschechische Equipe antrat<br />
wie bei der Eröffnung des Championats.<br />
Das Glück wandte sich aber von Uhrins<br />
Jungen ab. Obwohl sie nach dem umstrittenen<br />
Penalty in die Führung gingen, gelang es<br />
dem Ersatzspieler Bierhoff den Vorsprung<br />
auszugleichen und Deutschland in der Verlängerung<br />
durch das Golden Goal zum Sieg<br />
zu verhelfen. Die enttäuschten Tschechen<br />
erreichten den Gipfel nicht, dennoch verbuchten<br />
sie einen beispiellosen Erfolg in der<br />
Geschichte des tschechischen Fußballs.<br />
Wie ging es weiter?<br />
In den darauffolgenden Jahren wiederholte<br />
sich das altgewohnte Szenario. Die tschechische<br />
Auswahl versuchte vergeblich für die<br />
WM in Frankreich 1998 sich zu qualifizieren,<br />
zwei Jahre später qualifizierte sie sich<br />
jedoch für die Endrunde der Europameisterschaft.<br />
In Belgien und den Niederlanden fiel<br />
die Nationalmannschaft unter der Leitung<br />
von Josef Chovanec hinter die Erfolge ihrer<br />
TomበRosick˘ – Freude nach dem Torschuß beim Spiel gegen Finnland in der WM-Qualifikationsrunde<br />
Pavel Nedvûd, Milan Baro‰ und MarekHeinz (v.l.n.r.) beim Spiel gegen Lettland, Europafußballmeisterschaft 2004<br />
Vorgänger zurück und blieb in der Vorrunde<br />
stecken. Auch bei den Weltmeisterschaften<br />
in Japan und Südkorea glänzte die Auswahl<br />
durch ihre Abwesenheit, da sie nach dem Barragespiel<br />
gegen Belgien ausscheiden mußte.<br />
Die Jahrtausendwende bescherte Tschechiens<br />
Auswahlmannschaft keine besonderen<br />
Leistungen. Tschechische Ballkünstler exzellierten<br />
hingegen in den besten europäischen<br />
Teams: unter anderen etwa Berger, ·micer<br />
und später Baro‰ im FC Liverpool, Galásek<br />
im Ajax Amsterdam, Koller und Rosick˘ im<br />
Borussia Dortmund. Tschechiens Superstar<br />
leuchtete strahlend in Italiens erster Liga<br />
auf: 1996 verließ Pavel Nedvûd den Prager<br />
Sparta und wechselte zum Lazio Rom über,<br />
in dem seine blendende Karriere diamantenen<br />
Glanz annahm. Sein erstes italienisches<br />
Engagement dauerte fünf Spielsaisons, und<br />
Nedvûd konnte den Titelsieg in der prestigereichen<br />
Seria A mitfeiern. Nach fünf Jahren
wurde er von dem Giganten Juventus Torino<br />
erworben. Pavel Nedvûd avancierte mittlerweile<br />
zum Synonym für das tschechische Fußballspiel.<br />
Der Mittelfeldspieler mit luderhafter<br />
Ausdauer verhalf dem Grand Old Man zu<br />
drei italienischen A-Ligatiteln und erkämpfte<br />
2003 für den Klub die Teilnahme an der Champions<br />
League mit. Beim Finalmatch mußte<br />
Nedvûd infolge einer Kartenstrafe aussetzen.<br />
2003 wurde er als „Europas Fußballspieler<br />
des Jahres“ (Ballon d’or) gekürt.<br />
Diese Ehrung wurde ihm als dem zweiten<br />
tschechischen Fußballer zuteil. (Vor ihm ging<br />
der Goldene Ball 1962 an Josef Masopust).<br />
Portugal 2004 – Favorit aus Europas<br />
Herzensmitte<br />
Für die Wiederherstellung des Rufes der<br />
tschechischen Nationalmannschaft zeichnete<br />
der Ex-Assistent von Josef Chovanec,<br />
Semifinale der EM 2004 – Griechenland: Tschechien,<br />
Tormann Petr âech verfolgt das Duell des griechischen<br />
Forwards Angelos Charisteas gegen den tschechischen<br />
Stürmer Jan Koller.<br />
der erfahrene Trainer Karel Brückner. Für<br />
die Euro 2004 stellte er ein konsolidiertes<br />
Team auf. Die Atmosphäre inner- wie außerhalb<br />
der Mannschaft entspannte sich, eine<br />
wichtige Rolle übernahmen etliche jüngere<br />
Spieler, die sich in den vorhergehenden<br />
Jahren im Team der Spieler bis zum 21. Lebensjahr<br />
unter Brückners Coaching profilierten:<br />
âech, Rosick˘, Ujfalu‰i, Jankulovski,<br />
Baro‰ u.a. Im Unterschied zu den angehenden<br />
1990er Jahren wurde die Auswahl<br />
fast ausnahmslos aus Auslandsfußballern<br />
rekrutiert. Die einzige weiße Krähe der<br />
Stammbesetzung war Karel Poborsk˘, der<br />
nach seiner Karriere in Manchester, im Benfice<br />
Lissabon und Lazio Rom in den Prager<br />
Klub Sparta zurückkehrte.<br />
Die Leistungen bei Qualifikationsturnieren<br />
ließen die tschechische Auswahl in<br />
Milan Baro‰ und Jan Koller (v.l.n.r.) während des Spiels gegen Rumänien<br />
einen breiteren Favoritenkreis aufsteigen.<br />
Dies stellte eine gewisse Neuigkeit dar, weil<br />
die tschechischen Auswahlmannschaften vor<br />
Beginn der Turniere eher um der Vollzähligkeit<br />
willen aufgenommen und höchstens als<br />
unerwartete und vielmehr zufällige Überraschung<br />
– wie im Falle des Englandsilbers<br />
– wahrgenommen wurden. In Portugal waren<br />
die von Brückner Gecoachten vor Beginn<br />
wesentlich besser positioniert.<br />
Bei der Vorrundenauslosung spielte das<br />
Schicksal wieder einen Streich. Es führte<br />
nämlich die Qualifikationsgegner Tschechien<br />
und die Niederlande in einer Vorrundengruppe<br />
zusammen und mischte ihr das<br />
in letzter Zeit geschwächte Deutschland<br />
und Lettland bei. Die tschechische Auswahl<br />
spielte das Turnier mit dem Match gegen<br />
Lettland an. Es war eine beinahe erstaunlich<br />
harte Arbeit, weil der Großturnierneuling<br />
knapp vor dem Schluß der ersten Halbzeit<br />
aus dem Vorstoß in die Führung ging. Abhilfe<br />
verschafften Nedvûd & Co. erst vor<br />
dem Ausgang des Spiels. Baro‰ und Heinz<br />
machten sich darum verdient, daß sich die<br />
tschechische Auswahl den ersten Sieg zuschreiben<br />
konnte.<br />
Die zweite Vorrundenbegegnung gegen<br />
die Niederlande gestaltete sich ohne Zweifel<br />
am dramatischsten und war das am<br />
meisten gelungene Spiel des Championats<br />
schlechthin. Die beiden Teams kannten<br />
einander gut, gaben sich dennoch der Verteidigung<br />
nicht hin, zu scoren war das Ziel.<br />
Anfangs zeigten sich die Niederländer erfolgreicher,<br />
indem sie bald mit zwei Toren<br />
in die Führung gingen, da sich die Verteidigung<br />
der Tschechen nicht gerade felsenfest<br />
gab. Der hervorragende Tormann und eine<br />
Portion Glück bei Torpfostenschüssen von<br />
Davids hielten den Zweitorvorsprung kon-<br />
9
10<br />
stant. Ein Wagnis unternahm der Coach<br />
Brückner. Beim Spielstand 0:2 ließ er die<br />
Mannschaft mit nur drei Verteidigern spielen<br />
und verstärkte die Offensive. Noch vor<br />
Ablauf der Halbzeit verkürzte Koller auf<br />
2:1. Das phantastische Match gipfelte in der<br />
zweiten Halbzeit. Baro‰ verstand es, auszugleichen,<br />
Nedvûd schoß den Querbalken<br />
an, âech fing van Nistelrooys echte Torchance<br />
ab. Glücklich verließ ·micer zum<br />
Schluß das Spielfeld, nachdem er, wechselnd,<br />
aus der Nähe den Sieg der tschechischen<br />
Auswahl 3:2 herbeigeführt hatte. Er brachte<br />
einen seltenen Coup zuwege, weil es ihm gelang,<br />
bei drei nacheinander folgenden Europameisterschaften<br />
zu scoren. Man stimmte<br />
verdientermaßen noch wochenlang, nachdem<br />
das Portugalturnier zu Ende gegangen<br />
war, Lobeslieder auf das Spiel gegen die<br />
Niederlande an, da ein ähnliches Drama<br />
mit Horrorelementen, zelebriert als herrliche<br />
angriffslustige Show, es bei den Europameisterschaften<br />
noch nicht gegeben hatte.<br />
In das Gruppenendspiel gegen Deutschland<br />
ging das tschechische Team nach zwei<br />
Siegen als sicherer Aufsteiger. Deshalb ließ<br />
Karel Brückner die meisten Ersatzspieler<br />
agieren, was den Niederländern ziemlich<br />
mißfiel. Dessenungeachtet schlug die tschechische<br />
Mannschaft die Deutschen 2:1 und<br />
organisierte den Aufstieg von Oranjes vom<br />
zweiten Rang.<br />
In der Viertelfinalvernetzung fanden die<br />
tschechische und die kampferprobte dänische<br />
Mannschaft zueinander. Es wurde ein ausgeglichener<br />
Kampf erwartet, auf dem Spielfeld<br />
wurde aber ein hoch überlegenes Spiel<br />
statuiert. Baro‰ mit zwei und Koller mit<br />
einem Treffer schickten die Skandinavier<br />
mit der Niederlage 0:3 heim und katapultierten<br />
das Team ins Medaillenspiel.<br />
Karel Brückner, Qualifikationsspiel gegen Norwegen in Prag<br />
Freude nach dem Torschuß von TomበRosick˘ beim<br />
Spiel gegen Norwegen bei der WM-Qualifikation<br />
Karel Brückner verfügte in Portugal über<br />
eine Mannschaft mit ausgeglichenen Reihen.<br />
Im Tor stand der zuverlässige âech, in<br />
der Verteidigung gaben Ujfalu‰i und Jankulovski<br />
den Ton an. Zum Herzeigeobjekt<br />
der tschechischen Auswahl wurde die Mittelfeldreihe.<br />
Die Trainer mußten schweren<br />
Herzens die Entscheidung treffen, wer auszuscheiden<br />
hat. Nedvûd, Rosick˘, Galásek,<br />
·micer, Poborsk˘, Heinz, Pla‰il, dies alles<br />
sind Mittelfeldspieler, die sich fast ein jeder<br />
Coach in der Auswahl wünschen würde,<br />
spielen konnten aber meistenfalls nur vier<br />
von ihnen. Das ausgezeichnete Turnier<br />
bestritt der beste Schütze des Championats,<br />
Milan Baro‰, in der Offensive griff ihm Jan<br />
Koller tüchtig unter die Arme.<br />
Im Semifinale warteten die griechischen<br />
Überrascher auf den tschechischen Favoriten.<br />
Die Griechen, beraten vom Trainer<br />
Rehhagel, bedienten sich einer ähnlichen<br />
Taktik wie Tschechiens Mannschaft in England,<br />
also einer zähen Offensive und des<br />
Hoffens auf einen erfolgreichen Vorstoß. Es bewahrheitete<br />
sich, daß der Stil nicht besonders<br />
bewundernswert, doch höchst effektiv ist.<br />
Im Semifinale selbst stand das tschechische<br />
Team besser da, es wußte sich auch Tormöglichkeiten<br />
zu schaffen, doch wurde ihm<br />
das Glück diesmal nicht beschieden. Ins<br />
Gewicht fiel Nedvûds Verletzung, der ausscheiden<br />
mußte. Es wurde nachgespielt, und<br />
in der Verlängerung brachten die Griechen<br />
den ermüdeten Gegner zur Strecke. Als<br />
es gleichsam unabwendbar ans Penaltyschießen<br />
ging, errangen die Griechen bei<br />
der letzten Aktion, aus einem Eckstoß, ihren<br />
Aufstieg ins Finale und in der Folgezeit<br />
schließlich den Weltmeistertitel.<br />
Der bittere Nachgeschmack wurde durch<br />
Anerkennung der Öffentlichkeit gemildert,<br />
die um so ungeduldiger auf Leistungen der
Petr âech, Torwart-Rekordhalter der englischen Premier League und der beste Torwart Europas nach der ESM-Top-11<br />
für Oktober 2005 (ESM: Verbund der Europäischen Sportmagazine /European Sports Magazines/)<br />
tschechischen Mannschaft bei der Qualifikation<br />
für die WM 2006 brannte.<br />
Auf in die große Welt<br />
In die Qualifikationsrunde, natürlich wieder<br />
gegen die Niederlande, traten Brückners<br />
Jungs in ähnlicher Besetzung, in der sie<br />
die Portugaltournee abgezogen hatten. Der<br />
Direktaufstieg blieb der tschechischen Auswahl<br />
verwehrt, weil sie von den insg. vier<br />
Spielen gegen einen starken Gegner nur in<br />
einem einzigen Fall (zu Hause gegen Rumänien)<br />
siegte und dreimal eine Niederlage<br />
(zweimal gegen die Niederlande und in Rumänien)<br />
erlitt. Den Aufstieg bei den Qualifikationsspielen<br />
erzielte sie erst in der<br />
letzten Gruppenbegegnung in Finnland.<br />
Viele Wochen vorher mußte sie allerdings<br />
ohne die hochgewachsenen Schützen Koller<br />
und Lokvenc auskommen, denn diese waren<br />
an aktiver Teilnahme durch zugezogene Verletzungen<br />
verhindert. Medizinische Probleme<br />
hatten aber auch andere, z.B. Jiránek,<br />
Galásek, Bolf, Rosick˘ und Jankulovsk˘.<br />
Nicht viele neue Gesichter bekam man zu<br />
sehen. Der einzige, der ohne weiteres in die<br />
engere Auswahl kam, war der Nürnberger<br />
Spieler Jan Polák. Ab und zu stiegen Jun,<br />
Skácel und Pospûch zu. Die Leistungen der<br />
Mannschaft in der Gruppe blieben hinter<br />
denen von Portugal zurück. Aber Barragespiele<br />
bewältigten die Tschechen brillant.<br />
Das Team war eingespielt und machte<br />
den Albtraum des tschechischen Fußballs<br />
das verpatzte Penaltyschießen gegen Belgien<br />
vor vier Jahren, vergessen. Der Triumph<br />
auf der Sumpffläche in Norwegen wie der<br />
auf dem Stadion Prag-Letná öffnete den<br />
Weg zur WM 2006 in Deutschland.<br />
Zum ersten Mal wird die tschechische<br />
Auswahl bei der WM spielen. In Anbetracht<br />
dessen, daß Deutschland der WM-Veranstaler<br />
ist läßt sich ein Ansturm tschechischer<br />
Fans voraussagen. Diese spekulieren bereits<br />
darüber, ob Koller und Lokvenc rechtzeitig<br />
gesund würden, ob Baro‰ seine Kondition<br />
stabilisiere, ob Verhandlungen über einen<br />
etwaigen Wechsel Rosick˘ nicht allzusehr<br />
belasten würden, und die Numero Uno, wie<br />
Nedvûd in der italienischen Presse tituliert<br />
wird, dem hoffnungsvollen tschechischen<br />
Team helfen werde an die Metallgewinnung<br />
in den Jahren 1934 und 1962 anzuknüpfen.<br />
An Denkstoff wird es in Zukunft nicht mangeln.<br />
Auch eine kleine Analogie drängt sich<br />
auf: Von der ersten Beteiligung an den Europameisterschaften<br />
brachte die tschechoslowakische<br />
Auswahlmannschaft Silber heim.<br />
Jaromír Bosák, Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: Jan Tauber, Studio Adéla<br />
(www.pavelnedved.cz), www.petr-cech.cz,<br />
Tschechische Presseagentur<br />
Vladimír ·micer, TomበGalásekund TomበUjfalu‰i (zusammen mit Kindern aus tschechischen SOS-Dörfern)<br />
treten zum Freundschaftsspiel gegen Österreich an.<br />
11
12<br />
Speerhand und<br />
andere Künste<br />
Athletik als Familiensilber<br />
Der Zehnkampf hierzulande punktet<br />
in diversen Ranglisten zuoberst. In den<br />
vergangenen dreizehn<br />
Jahren stellten es die<br />
Athleten immer wieder<br />
unter Beweis. Robert<br />
Zmûlík, Jan Podûbradsk˘,<br />
Kamil Dama‰ek,<br />
Jifií Ryba, aber vor allen<br />
TomበDvofiák und<br />
Roman ·ebrle, lauten<br />
die klangvollen Namen,<br />
die den tschechischen<br />
Zehnkampf jenseits der<br />
Landesgrenze berühmt<br />
machten. Die beiden<br />
letztgenannten halten<br />
fünf Weltrekorde. Berühmter<br />
als sie ist nur<br />
noch der Speerwerfer<br />
Jan Îelezn˘.<br />
Robert Zmûlík<br />
Beginn einer ruhmreichen Ära<br />
Als Robert Zmûlík 1992 Silber bei der<br />
Halleneuropameisterschaft in Genua erkämpfte,<br />
wurde sein Erfolg nicht ernst genommen.<br />
Kaum ein halbes Jahr später aber<br />
Robert Zmûlík, der siegreiche<br />
Zehnkämpfer bei den Olympischen<br />
Spielen, Barcelona 1992<br />
TomበDvofiák, dreifacher Zehnkampfweltmeister<br />
startete der aus der südmährischen Stadt<br />
Prostûjov (Proßnitz) Gebürtige mit seinem<br />
unerwarteten Erfolg bei<br />
den Olympischen Spielen<br />
in Barcelona eine neue<br />
Ära des tschechischen<br />
Zehnkampfes. Zmûlík<br />
hatte allerdings nicht nur<br />
mit diversen Sportarten,<br />
sondern auch mit allerlei<br />
Verwundungen zu kämpfen.<br />
Der Knöchel seines<br />
Sprungfußes und eine<br />
Schulter setzten ihm zu.<br />
Es folgten diverse medizinische<br />
Eingriffe, etliche<br />
verpatzte Wettkämpfe.<br />
Sein Ruhm schien zu<br />
verblassen. Bei der Olympiade<br />
in Atlanta (1996),<br />
bei der eine Bronze von TomበDvofiák die<br />
tschechische Medaillenserie bereicherte,<br />
arbeitete sich Zmûlík auf Platz 7 empor, ein<br />
Jahr später gewann er sogar die Hallenweltmeisterschaft<br />
in Paris. „Es ist eine Belohnung<br />
für all die Pechjahre, in denen<br />
ich mir allerhand Verletzungen zuzog und<br />
viele nicht mehr an mein Comeback glaubten“,<br />
ließ der Sportler verlauten, „ich be-<br />
trachte es als eine unheimlich große Genugtuung.“<br />
Zmûlík brach den Hallensiebenkampf<br />
praktisch für fünf Jahre lang ab.<br />
Für Paris empfahlen ihn lediglich seine<br />
Leistungen bei den Olympischen Spielen.<br />
„Ich wollte zeigen, daß ich noch nicht<br />
abzuschreiben bin“, erklärte er, nachdem<br />
er Dvofiáks tschechischen Rekord geknackt<br />
hatte. Heute besitzt er die Firma eines USamerikanischenVitaminpräparatenimporteurs<br />
und läuft um der Kondition willen bei<br />
Wettkämpfen in niedrigeren Ligen.<br />
TomበDvofiák<br />
Die verfluchten sechs Punkte!<br />
Als TomበDvofiák seine Heimatstadt<br />
Zlín verließ, um seine Karriere im Prager<br />
Sportklub Dukla zu machen, wußte er kaum,<br />
wie wichtig dieser Schritt für ihn werden<br />
sollte. Er fiel in die goldenen Hände des<br />
Trainers Zdenûk VáÀa und die Arme dessen
Tochter, die er heiratete und die ihm<br />
drei Kinder schenkte. Es war VáÀa, dessen<br />
Coaching alle hier genannten Zehnkämpfer<br />
prägte. Er brachte auch das Talent von Roman<br />
·ebrle zum Leuchten, und der Weltrekordmann<br />
zehrt bis heute davon.<br />
Nach dem ersten Medaillenerfolg in Atlanta<br />
folgte Dvofiáks Senkrechtstart. 1997<br />
siegte der Zehnkämpfer bei der Weltmeisterschaft<br />
in Athen zum ersten Mal und<br />
wußte den Titel zwei Jahre später in Sevilla<br />
zu verteidigen. Imselben Jahr bezwang<br />
Dvofiák beim Europapokal auf dem Strahover<br />
Stadion in Prag beinahe die 9000-<br />
Punkte-Traumgrenze, aber ihm fehlten –<br />
trotz des dabei aufgestellten Weltrekords –<br />
nichtige 6 Punkte. Bis heute läßt den gutgelaunten<br />
Dvofiák die Änderung des Zeitprogramms<br />
nicht ruhig, die Anforderungen<br />
der Fernsehkameras Rechnung trug, infolgedessen<br />
er auf seinen abschließenden<br />
1500-m-Lauf lange warten mußte, damit<br />
TomበDvofiák, Zehnkampf – Stabhochsprung bei dem Decastar-Wettbewerb, World Challenge IAAF in Talence (Frankreich), 2005<br />
Robert Zmûlík beim 100-m-Streckenlauf, Athletikweltmeisterschaft, Athen 1997<br />
ihn die Fernsehzuschauer live verfolgen<br />
könnten. „Ich war fix und fertig, schneller<br />
ging es damals wirklich nicht“, erinnerte<br />
er sich vor kurzem, sich selber sozusagen<br />
entschuldigend.<br />
Im Ausgang des Dezenniums leuchtete<br />
bereits auch der Stern von Roman ·ebrle.<br />
Während Dvofiák bei der Olympiade an<br />
seinen Wunden „leckte“, errang sein Nachfolger<br />
Silber und besserte Tschechiens<br />
olympischen Besitzstand auf 3 Medaillen<br />
auf. Und als er ein Jahr später in Götzis,<br />
dem Zehnkampf-Mekka, erreichte, was<br />
Dvofiák um sechs Punkte verfehlt hatte,<br />
konnte der tschechische Zehnkampf mit<br />
zwei athletischen Megastars aufwarten.<br />
- Wie man aber sagt, zwei Hähne vertragen<br />
sich schlecht auf einem Misthaufen.<br />
Imselben Jahr fuhr ·ebrle als frischgebackener<br />
Bezwinger der Traumgrenze zur<br />
13
14<br />
Weltmeisterschaft nach Edmonton den<br />
dritten Weltmeistertitel aber gewann dort<br />
wieder Dvofiák. Der damals verletzte silberne<br />
Olympia-Medailleninhaber wollte<br />
nicht mehr in Dvofiáks Schatten stehen und<br />
organisierte sich einen neuen Coach, Dalibor<br />
Kupka. Seitdem kam er seinem persönlichen<br />
Rekord bei den Olympischen<br />
Spielen 2004 in Athen (133 P.) am nächsten.<br />
Roman ·ebrle<br />
Oder wie man Geschichte schreibt<br />
Die erste große Medaille erbeutete ·ebrle<br />
1999 bei der Hallenweltmeisterschaft in<br />
Maebash, als mit Bronze um den Hals zum<br />
ersten Mal bei einem erstrangigen Wettkampf<br />
Dvofiák (Platz 4) hinter sich ließ. Bei der<br />
Halleneuropameisterschaft 2002 in Gent<br />
standen sie beide auf dem Siegerpodest. Dvofiák<br />
errang den absoluten Sieg, ·ebrle plazierte<br />
sich als zweiter. Während Dvofiák – von<br />
kleinen Pausen abgesehen – beinahe seit vier<br />
Jahren von medizinischen Problemen geplagt<br />
wird, erfreut sich ·ebrle zur Zeit bester Form.<br />
Aus Dvofiáks Schatten trat er endgültig<br />
bei der Weltmeisterschaft 2003 in Paris. Gesundheitlich<br />
war er zwar nicht ganz auf dem<br />
Damm, und er verlor gegen den US-Amerikaner<br />
TOM Pappas, aber er verfolgte unbeirrt<br />
und konsequent seinen Gipfel – olympisches<br />
Gold, das er um Haaresbreite verpaßte.<br />
„Hol der Teufel den Weltmeistertitel,<br />
wenn ich bei der Olympiade siege“, ließ er<br />
Der „Eiserne Johann“ – Jan Îelezn˘ bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona<br />
Roman ·ebrle, Zehnkampfsieger bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen<br />
vermelden. Gesagt, getan. In den letzten<br />
Jahren kämpfen tschechische Zehnkämpfer<br />
in der Hauptsache gegen US-amerikanische<br />
Athleten. Auch in Athen verhielt es sich<br />
nicht anders. Bryan Clay machte ·ebrle zu<br />
schaffen, aber dieser ließ sich das ersehnte<br />
Gold nicht entgehen und wurde zum einzigen<br />
tschechischen Olympiasieger. „Gut,<br />
und jetzt möchte ich bei der Olympiade in<br />
Peking siegen“, gab er sofort von sich.<br />
Ist ·ebrle genügend motiviert, kann er<br />
seine letzten Kräfte mobilisieren. Als er 2001<br />
in Götzis die Geschichte der Athletik im<br />
Sturm nehmen, nämlich die 9000-Punkte-<br />
Grenze brechen wollte, schaffte er es bei<br />
dem 3 3 /4 – Rundenschlußlauf nach zweitägiger<br />
Schufterei seinen hervorragenden per-<br />
sönlichen Rekord aufzustellen. Zusammengerechnet<br />
ergab es 9026 Punkte und an<br />
dieses Ergebnis reichte seitdem keiner heran.<br />
Der tschechische Athlet profiliert sich bei<br />
Veranstaltungen ersten Ranges als „Edelmetallist“,<br />
Weltrekordler, Europameister,<br />
Hallenwelt- und -europameister. 2004 wurde<br />
er hierzulande zum Sportler des Jahres gekürt<br />
und nahm eine Verdienstmedaille aus<br />
den Händen des Staatsoberhauptes entgegen.<br />
Zur vollen Zufriedenheit fehlt ihm nur<br />
noch der Weltmeistertitel und der Hallenweltrekord.<br />
„Ich trainiere auf die Olympiade<br />
in Peking hin“, sagte er noch vor Beginn<br />
der Saisonvorbereitung. Im April wird aber<br />
die Hallenweltmeisterschaft stattfinden,<br />
und ·ebrle macht kein Hehl daraus, daß er<br />
dort die Hälfte von den gewünschten Resultaten<br />
unter Dach und Fach bringen<br />
könnte. Und die Weltmeisterschaft? Diese<br />
wird in Osaka vom Stapel laufen. Ob ·ebrle<br />
bei beiden den Gewinn zieht?<br />
Jan Îelezn˘<br />
Der König aus Gold und Eisen<br />
Ist man an einer wirksamen Medizin gegen<br />
das Altern interessiert, soll man sie
sich bei dem Speerwerfer Jan Îelezn˘<br />
holen. Hierzulande gibt es wohl keinen<br />
Sportfan, der diesen Namen nicht kennt.<br />
Der Eiserne Johann (so lautet der Name<br />
in der Übersetzung) ist schon seit zwanzig<br />
Jahren auf dem Damm und wird es wohl<br />
noch mindestens ein Jahr bleiben. Er ist<br />
nicht nur ein Weltrekordler, dreifacher<br />
Olympiasieger und Weltmeister, sondern<br />
auch die Kämpfer für Rechte der Sportler<br />
in der Diplomatie. Als Mitglied des Internationalen<br />
Olympischen Komitees (IOK)<br />
und dessen Sportlerkommission ist er bei<br />
der Auswahl des Olympiaschauplatzes<br />
wahlberechtigt.<br />
Der neununddreißigjährige Sportler von<br />
Leib und Seele debütierte im Ausland vor<br />
zweiundzwanzig Jahren, als er auf Platz<br />
sechs bei der Junioreneuropameisterschaft<br />
rangierte. 1987 heimste er die erste Medaille,<br />
eine Bronze bei der Weltmeisterschaft<br />
in Rom, ein. In Stuttgart (1993) und<br />
Göteborg (1995) schnitt er golden ab, den<br />
drittel Titel fügte er 2001 in Edmonton<br />
hinzu. Gäbe es den letzten Versuch von Tapio<br />
Korjus nicht, der 1998 beim letzten<br />
Speerwurf bei der Olympiade in Soul 16<br />
cm überwarf, hätte er eine außerordent-<br />
Seit Mai 1996 gilt Îelezn˘s Speerwurfweltrekord – 98,48 m.<br />
liche vierzählige ununterbrochene Olympiamedaillenserie<br />
verbuchen können. Der<br />
Eiserne Johann versuchte es noch bei der<br />
Olympiade in Athen, weswegen er für eine<br />
Wahlperiode aus dem IOK ausschied, doch<br />
seine schmerzende Achillesferse ließ ihn<br />
nur den Platz neun belegen.<br />
Der Umstand, daß Îelezn˘ unter die<br />
IOK-Funktionäre zurückkehrte, signalisiert,<br />
daß seine Karriere sich dem Ende<br />
zuneigt. Keine einzige europäische Medaille<br />
wurde ihm beschieden, obwohl er es<br />
viermal probierte. Die nächste Europameisterschaft,<br />
Îelezn˘s letzte Chance, wird<br />
dieses Jahr in Göteborg abgehalten.<br />
In die Annalen der Athletik fand Îelezn˘<br />
1987 zum ersten Mal in Nitra mit seinem<br />
Speerwurf von 87,66 m Eingang. Weltrekorde<br />
verbesserte er noch fünfmal,<br />
seit Mai 1996 bleibt seine Leistung von<br />
98,48 unübertroffen.<br />
Sein Schwung entging auch dem Blick<br />
der Baseballscouts von der Major League<br />
Baseball (MLB) nicht – das Profiteam Atlanta<br />
Braves versuchte ihn 1996 als Pitcher<br />
einzusetzen. Trotz seiner Glanzleistungen<br />
bleibt Îelezn˘ ein Normaler ohne Allüren<br />
und Extravaganzen. Er möchte bei guter<br />
Gesundheit bleiben und das letzte Gold<br />
in Göteborg berühren!<br />
Tibor Alföldi<br />
Tschechische Presseagentur (âTK)<br />
Photos: Tschechisches Fernsehen – Archiv,<br />
Tschechisches Olympisches Komitee,<br />
Tschechische Presseagentur (âTK)<br />
15
16<br />
Der junge weiße Sport<br />
Es war ein Idyll. Die Tenniswelt<br />
hegte und pflegte sie – die Racket-<br />
Künstler und -künstlerinnen mit Namen<br />
wie Tomበ·míd, Ivan Lendl, Petr<br />
Korda, Hana Mandlíková, Helena Suková,<br />
Jana Novotná, Martina Navrátilová.<br />
Alle haben mittlerweile ihr Handwerk<br />
an den Nagel gehängt (die ewig<br />
junge Navrátilová bleibt natürlich eine<br />
Ausnahme!) Man gab sich der Illusion<br />
einer natürlichen spontanen Entwicklung<br />
hin. Legenden gehen, und es werden<br />
Junge, Unverbrauchte kommen und den<br />
Stapellauf fortsetzen.<br />
Der Glaube ging nicht in Erfüllung.<br />
Das Tennis sollte für zehn Jahre<br />
in eine tiefe Krise geraten. Aber auch<br />
in dieser Dekade gab es lichte Momente.<br />
Über Wasser wurde das Tennis<br />
hierzulande vor allem von Jifií Novák<br />
gehalten: Er gewann ein paar Turniere<br />
der Association of Tennis Professio-<br />
Pavel SloÏil, Tomበ·míd, der nicht spielende Kapitän Antonín Bolart, Ivan Lendl<br />
und Jan Kode‰ – Champions des Daviscup 1980<br />
nals (ATP), fand sogar Aufnahme in<br />
dem Tennis Masters Cup für die acht<br />
besten Tennisspieler der Welt. Einige<br />
Mal hielt er dem tschechischen Daviscup<br />
die Stange. Novák ist aber dreißig<br />
und scheidet aus dem internationalen<br />
Tennis aus. Wo sind die neuen Talente<br />
zu haben? Man fragt seit zehn Jahren,<br />
und konkrete Antworten erhält man<br />
erst heutzutage, an der Wende des<br />
Jahres 2005. Die Stars der inländischen<br />
Szene heißen TomበBerdych<br />
und Nicole Vaidi‰ová. Der Schluß der<br />
vorjährigen Saison (2005) fiel äußerst<br />
positiv aus.<br />
Während der 20jährige Berdych sich<br />
als ruhiger „Totschläger“ von Assen gibt,<br />
bekam die langgewachsene 16jährige<br />
das Etikett des größten Talents, das<br />
den Gipfel erklimmen will. „Bald gelangt<br />
er unter die zehn Weltbesten“,<br />
äußerte sich Berdychs Trainer Jaroslav<br />
Návratil über seinen Schüler nach<br />
dem November-Erfolg bei dem Tur-<br />
nier der Masters Series in Paris. Leistungsmäßig<br />
gehört sie dorthin, nur<br />
braucht er mehr Erfahrungen“, behauptete<br />
Ale‰ Kodat, der Stiefvater<br />
und Trainer der Vaidi‰ová, als sie im<br />
Oktober drei Titel in Asien, in Soul,<br />
Tokio und Bangkok, hintereinander<br />
erwarb. Vaidi‰ová steht der Elite-Zehn<br />
der Weltbestenliste näher, derzeit ist<br />
sie die sechzehnte, Berdychs Erfolg in<br />
Paris ließ ihn auf Platz 25 aufrücken.<br />
Unter die zehn Weltbesten gelangte<br />
zum letzten Mal Jifií Novák, der fünfte<br />
in der ATP-Rangliste von 2002. Das<br />
tschechische Damentennis wartet seit<br />
1999, als Jana Novotná ihre Karriere<br />
aufgab, auf ein ähnliches Ergebnis.<br />
Berdych und Vaidi‰ová streben danach,<br />
das gleiche Ziel auf verschiedenen<br />
Wegen zu erreichen. Vaidi‰ová<br />
wurde in Nürnberg geboren und ihre<br />
Künste entwickelt sie in der Akademie<br />
des Tennisgurus Nick Bolletieri auf<br />
Florida. Der aus der mährischen Stadt<br />
Hana Mandlíková, Jana Nováková und Helena Suková mit dem Pokal, der ihnen bei den<br />
Feierlichkeiten des hundertjährigen Bestehens des tschechischen Tennisspiels überreicht wurde<br />
Ivan Lendl, Ex-Nr. 1 des Welttennis Die legendäre Tennisspielerin tschechischer Abstammung Martina Navrátilová
Tennisspielerin Nicole Vaidi‰ová im Semifinale des WTA-Turniers in Philadelphia<br />
Vala‰ské Mezifiíãí gebürtige Berdych<br />
lebt und trainiert hierzulande, unterstützt<br />
von seiner Freundin Lucie ·afáfiová,<br />
der auf der WTA (Women’s<br />
Tennis Association)-Rangliste fünfzigstbesten<br />
Tennisspielerin der Welt.<br />
Von Vorteil sind seine stählernen Nerven.<br />
„Er sackt nicht in neuralgischen<br />
Momenten zusammen“, meint der<br />
Trainer Navrátil.<br />
Berdych ist neben dem Slowaken<br />
Dominik Hrbat˘ der einzige<br />
Spieler, der in den vergangenen zwei<br />
Jahren den ranglistenersten Tennisspieler<br />
der Welt, den Schweizer Roger<br />
Federer, und den Spanier Rafael Nadal<br />
zu schlagen vermochte. „Das lädt einen<br />
mit Energie voll. Dank der Erfahrung weiß<br />
ich, daß jeder zu schlagen ist“, bemerkte<br />
Berdych. Den Sieg über die weltweite<br />
Nummer 1, Federer, bei den Olympischen<br />
Spielen bezeichnete Berdych als<br />
einen Umbruch in seiner Karriere. Er<br />
selber wurde dann im vergangenen Jahr<br />
von Roland Garros Nadala in der ersten<br />
Runde in Cincinnati geschlagen.<br />
Nicole Vaidi‰ová will in Wimbledon<br />
siegen und die Nummer 1 werden.<br />
„Ich habe einfach Vertrauen in mich“,<br />
sagt die Spielerin, die mit Maria Scharapowa<br />
verglichen wird. „Sie hat star-<br />
ken Willen, Spiellust und Passion“,<br />
kommentierte Kodat, der ihre Tennislaufbahn<br />
seit ihrem achten Lebensjahr<br />
begleitet. „Sie ist arbeitsam, nervenstark<br />
und besitzt alles, was eine richtige<br />
Tennisspielerin besitzen soll“,<br />
charakterisierte Jaroslav Bala‰, Kapitän<br />
des Teams der Weltmeisterinnen<br />
bis vierzehn Jahre von 2003, Vaidi‰ová.<br />
Die Spielerin ist über 180 cm hoch,<br />
ihre Bewegungen sind dessenungeachtet<br />
schnell. Mit Berdych hat sie<br />
auf dem Court eins gemeinsam: Ihr<br />
Aufschlag gehört bei Turnieren zu<br />
Härteren. „Es ist meine Hauptwaffe“,<br />
führte Vaidi‰ová aus. „Ich kann mich<br />
auf meinen Aufschlag verlassen“, be-<br />
TomበBerdych beim Daviscup gegen Deutschland in Liberec<br />
Tennis<br />
Die tschechoslowakischen bzw. tschechischen<br />
Tennisspieler und Tennisspielerinnen<br />
zählten von jeher zu gefürchteten Gegnern<br />
bei Weltturnieren. Alles startete an der<br />
Wende der 1940er zu den 1950er Jahren<br />
Jaroslav Drobn˘. Der Zwittersportler, Tennisspieler<br />
und Eishockeyspieler, gewann zweimal<br />
beim Grandslam Roland Garros (1951,<br />
1952) und 1954 sogar in Wimbledon. Jan<br />
Kode‰, Ivan Lendl, Tomበ·míd und Pavel<br />
SloÏil bildeten ein Daviscupteam, das 1980<br />
die „hässlichste Salatschüssel der Welt“ gewann.<br />
Nach Kode‰ ging das Szepter an Ivan<br />
Lendl. Der aus der nordmährischen Eisenhüttenstadt<br />
Ostrava (Ostrau) Gebürtige<br />
stammt aus einer Tennisspielerfamilie. Auf<br />
dem Konto hat er insg. 94 Turniertitel im<br />
Einzel, 6 im Doppel. Er gewann sämtliche<br />
Grand-Slam-Turniere, abgesehen von dem<br />
in Wimbledon. Lendls Nachfolger, der ununterbrochen<br />
157 Wochen (1985-1988) lang<br />
als Ranglistenbester figurierte, war Petr<br />
Korda. Der leidenschaftliche Golfspieler<br />
brachte es zum Zweitbesten der Welt und ist<br />
zur Zeit der letzte tschechische Tennisspieler,<br />
der bei einem Grandslam (Australian<br />
Open 1998) gewann. Im Damentennis profilierte<br />
sich Martina Navrátilová als unvergleichliche<br />
Siegerin: 9mal Sieg in Wimbledon,<br />
3mal bei den Australian Open, 2mal bei<br />
den French Open, 4mal bei den US Open.<br />
Nach ihr ist es nur einer einzigen Tennisspielerin<br />
aus Tschechien gelungen, aus<br />
Wimbledon einen Sieg davonzutragen: Jana<br />
Novotná freute sich 1998 über den Sieg<br />
auf dem Gras im All England Club.<br />
teuert Berdych, bei dem die Geschwindigkeit<br />
des Aufschlags mit 220<br />
km/h gemessen wurde.<br />
Das gute Spieljahr von Vaidi‰ová<br />
und Berdych spiegelt sich auch in der<br />
hierlands angesehenen Umfrage Zlat˘<br />
kanár (Goldener Kanarienvogel) wider.<br />
Im Duell um den landesweit besten<br />
Tennisspieler ist Berdych besser weggekommen.<br />
Von den insgesamt 143 abzugebenden<br />
Stimmen bekam er 79 und<br />
schlug bei diesem Kopfrennen Vaidi-<br />
‰ová. „Ich bin ein wettbewerbsfreudiger<br />
Typ, so daß es mich ärgern würde,<br />
selbst wenn ich beim Mensch-ärgeredich-nicht-Spiel<br />
gegen Tomበverlieren<br />
würde“, faßte die Tennisspielerin<br />
zusammen. „Man sieht, wie hoch das<br />
Niveau des tschechischen Tennisspiels<br />
ist, wenn die weltweit fünfzehntbeste<br />
Spielerin nicht die beste in ihrem Land<br />
ist“, formulierte Vaidi‰ová treffend.<br />
Es bleibt zu hoffen, daß die sechzehnjährige<br />
Vaidi‰ová und der zwanzigjährige<br />
Berdych sich genauso erfolgreich<br />
in der Welt durchsetzen, wie es unsere<br />
einheimischen Stars in der Vergangenheit<br />
vermochten.<br />
Marek Svaãina, Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: Tschechische Presseagentur (âTK),<br />
Jan Tauber, Franti‰ek Kreuz – Archiv<br />
17
18<br />
An Flüssen gibt es hierzulande von<br />
A‰ bis Ostrava genug. Sommers werden<br />
sie von vielen mit Vorliebe befahren.<br />
Die Leute füllen dabei Camps,<br />
ruhen sich im Freien aus und sammeln<br />
Energie für die nächsten Monate in<br />
Büro und Schule. Eine ideale Erholung<br />
bietet unter anderem ein Urlaub,<br />
verbunden mit Yachting, Windsurfing<br />
oder das in letzter Zeit immer häufiger<br />
geübte Kajak-Wildwasserfahren oder<br />
Riverrafting.<br />
Obwohl die meisten Wassersporttreibenden<br />
hierzulande Amateure<br />
sind, kann mit patenten Berufssportlern<br />
und -sportlerinnen aufgewartet werden.<br />
Manchmal bezwangen sie auch die<br />
große Welt.<br />
Der Kanurennfahrer Martin Doktor<br />
erregte bei den Olympischen Spielen<br />
in Atlanta 1996 Aufsehen. Der blonde<br />
dämonenhafte Nobody mit schwarzem<br />
Piratentuch um die Stirn errang<br />
mit zweiundzwanzig zweimal Gold<br />
für sich und sein Land. Und sein Talent,<br />
Fleiß und Geschick ernteten auch<br />
weiterhin Erfolg. Gegen Ende des vergangenen<br />
Jahrhunderts sammelte er<br />
bei internationalen Sportveranstaltungen<br />
in einem Zug Medaillen. In dem<br />
extrem labilen Boot brachte der subtile<br />
Tscheche Wunder zuwege.<br />
Das Flagschiff des tschechischen<br />
Wasserfahrsports ist und bleibt allem<br />
Anschein nach für lange Zeit der<br />
Wasserslalom. Die goldene Ära der<br />
Wasserslalomfahrer leitete 1992 Luká‰<br />
Leute in ihrem<br />
Element<br />
Kanurennfahrer Martin Doktor, zweifaches Gold bei den Olympischen<br />
Spielen 1996 in Atlanta<br />
Pollert auf der Olympiade in Barcelona<br />
ein. Er sollte ins allgemeine Bewußtsein<br />
eindringen durch ein Sakrileg: er<br />
veräußerte seine Olympia-Medaillen.<br />
„Es ist nur schlichtes Metall, auf dem<br />
etwas englisch geprägt steht, hie und<br />
da spanisch. Den Sieg verwahre ich in<br />
mir, und dies ist mir bei weitem wertvoller“,<br />
kommentierte der kontroverse<br />
Wasserslalomfahrer seine Geste. Außer<br />
hartem Training schaffte er es auch,<br />
sein Medizinstudium hinter sich zu<br />
bringen, und betätigt sich gegenwärtig<br />
als renommierter Arzt im Krankenhaus<br />
in Prag-Stfie‰ovice.<br />
Seine Kollegin vom wilden und<br />
schäumenden Wasser, Kanufahrerin<br />
LukበPollert, Enfant terrible des tschechischen<br />
Wassersports, Gold beim Wasserslalom bei<br />
den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona<br />
·tûpánka Hilgertová, fiel nicht nur<br />
bei den Olympischen Spielen 1996<br />
in Atlanta auf, sondern sie wußte<br />
auch ihren Sieg zu behaupten, was alle<br />
Sportler und Sportlerinnen für das<br />
Schwierigste in jeder Disziplin halten.<br />
Aus den Wellen des Flusses Ocoee in<br />
Atlanta fischte Hilgertová Gold und<br />
ein Da Capo lancierte sie vier Jahre<br />
später in Australien (Sydney). Die stets<br />
lächelnde und ambitionierte Mutter<br />
des talentierten und hoffnungsvollen<br />
Sohnes Lubo‰, eines Wassersportlers,<br />
stand bei den Antipoden auf der höchsten<br />
Stufe des Siegerpodestes. Zur Freude<br />
ihrer Landsleute, die sich vielmehr als<br />
Landratten geben.<br />
Auf stehendem Wasser rudert Skiff<br />
Václav Chalupa seit Jahren „unter<br />
Tschechiens Flagge“. Seit zehn Jahren<br />
hielt er sich an der Spitze und erst<br />
seit dem vorigen Jahr sitzt er im K 4.<br />
Miroslava Knapková und Ondfiej Synek<br />
setzen den Erfolg fort.<br />
Eine Ungestüme ist Michala Strnadová.<br />
Die subtile Kajakfahrerin hat<br />
zur Zeit im Wildwasserfahren keine<br />
Konkurrenz. Glaubt man es nicht, wird<br />
man alljährlich beim Weltpokal in<br />
Karlsbad des besseren belehrt. Ohne<br />
Probleme vermag sie zum Kanurennfahren<br />
überzuwechseln und dank ihrem<br />
Allroundtalent war sie bei den Olympischen<br />
Spielen 2004 in Athen dabei.<br />
Das Wildwasserfahren ist – was für ein<br />
Pech für sie und den tschechischen Sport!<br />
– kein olympischer Wettbewerb.<br />
Kajakfahrerin ·tûpánka Hilgertová, mehrfache Olympiamedaillengewinnerin
Yachtfahrerin Lenka ·mídová bei der Wettfahrt bei den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen – Silber in der<br />
Schiffsklasse Europa<br />
Das Yachting als Hochleistungssport<br />
betreiben kann man im Böhmischen<br />
Becken wohl nur auf dem Lipno-Stausee<br />
und genauso wie bei anderen<br />
Waspos handelt es sich um eine<br />
saisonale Angelegenheit. Wer es mit<br />
dem Yachting ernst meint, muß Wasser<br />
und Klima jenseits der Landesgrenze<br />
suchen. Und einen Beweis, daß<br />
alles bei einigem guten Willen machbar<br />
ist, liefert Lenka ·mídová aus<br />
Neratovice. Ihr Können feilte sie im<br />
Segelboot bis zur Perfektion aus. In<br />
ihrer Klasse holte sie Silber heraus. Ein<br />
Mädel aus Böhmen am Meer steckte<br />
viele andere in die Tasche.<br />
Die allseitig begabte Kajak- und Kanadierfahrerin Michala Strnadová<br />
Wassersport<br />
Wasserfahrsport wird hierzulande seit<br />
Mitte des vergangenen Jahrhunderts als<br />
Hochleistungssport getrieben. Auf hiesige<br />
Wassersportler machte der Kanurennfahrer<br />
Josef Holeãek aufmerksam, indem er<br />
auf dem stehenden Wasser auf der 1000-m-<br />
Strecke zweimal hintereinander bei den<br />
Olympischen Spielen, 1948 in London und<br />
1952 in Helsinki, gewann. An seine goldene<br />
Zeit knüpfte Skiff/Zweier Václav Kozák-<br />
Pavel Schmidt an. Stehendes Wasser bekommt<br />
tschechischen Rennfahrern gut, was<br />
auch das Silber des Zweiers Oldfiich und<br />
Pavel Svojanovsk˘ mit Steuermann Vladimír<br />
Petfiíãek von den Olympischen Spielen<br />
1972 bestätigt. In Barcelona wurde ein anderer<br />
Ruderer, Skiff Václav Chalupa, mit<br />
Silber dekoriert. Außer LukበPollert und<br />
·tûpánka Hilgertová setzten sich beim<br />
Wildwasserfahren auch Zweierkajak Miroslav<br />
·imek-Jifií Rohan (Silber bei den<br />
Olympischen Spielen in Atlanta, 1996).<br />
In ihre Fußstapfen trat das Tandem Marek<br />
Jiras-TomበMáder, die sich 2000 auf dem<br />
olympischen Kanal in Sydney Bronze erfuhr.<br />
Diesen Erfolg wiederholte das Tandem<br />
Jaroslav Wolf-Ondfiej ·tûpánek, das<br />
von den letzten Olympischen Spielen in<br />
Athen ebenfalls Bronze heimbrachte.<br />
Noch in einer anderen Disziplin profilierten<br />
sich Inlandswassersportler und<br />
-sportlerinnen: im Rafting. Bei der vorjährigen<br />
Weltmeisterschaft in Ecuador<br />
war die Paddelführung der Tschechen<br />
im wilden Strom Quijos effektiv und<br />
hatte zwei Titel zur Folge. Die Rennmannschaft<br />
William Delvin Prostûjov<br />
erlangte den Vizeweltmeistertitel und<br />
die Frauen vom Regattaklub Stan Trója<br />
brachten den Weltmeisterinnentitel an<br />
sich. – Ehre, wem Ehre gebührt.<br />
Jifií Rejman<br />
Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: Lubo‰ Hilgert, Josef Doktor, Michala<br />
Strnadová Archiv, Eduard Erben, Tschechisches<br />
Olympisches Komitee – Archiv<br />
19
Franti‰ek Janda-Suk (1878-1955)<br />
Athlet-Diskuswerfer, Weltrekordhalter,<br />
erster tschechischer Olympiamedaillengewinner<br />
schlechthin (Platz 2 bei<br />
den OS 1900 in Paris)<br />
Josef Masopust (1931)<br />
Fußballer, Vizeweltmeister (1962,<br />
Chile), Ballon d’or (1962)<br />
Milena Duchková-Neveklovská (1952)<br />
Wasserspringerin, jüngste tschechische<br />
Olympiasiegerin par excellence bei<br />
den OS 1968 in Mexico-City, zweitbeste<br />
bei den OS 1972 in München,<br />
Europameisterin (1970), Silber<br />
bei den WM 1973<br />
20<br />
Robert Zmûlík (1969)<br />
Athlet-Zehnkämpfer, Olympiasieger<br />
von Barcelona (1992), Siebenkampf-<br />
Hallenweltmeister (1997)<br />
Bedfiich ·upãík (1898-1957)<br />
Kunstturner, erster tschechischer und<br />
tschechoslowakischer Olympiasieger<br />
schlechthin (1924, Paris), Doppelweltmeister<br />
(1926, 1930) im Riegenturnen<br />
Ludvík Danûk (1937-1998)<br />
Athlet-Diskuswerfer, Olympiasieger<br />
von München (1972), Silber bei<br />
den OS 1964 in Tokio, Bronze bei<br />
den OS 1968 in Mexico-City.<br />
Mehrfacher Weltrekordhalter<br />
Martina Navrátilová (1956)<br />
Die weltweit erfolgreichste Tennisspielerin<br />
aller Zeiten. Neunfache Wimbledon-<br />
Einzelsiegerin (1978, 1979, 1982-1987,<br />
1990), siebenfache Siegerin im Doppel,<br />
Dreifachsiegerin im Gemischtdoppel,<br />
Siegerin anderer neun Grand-Slam-Turniere.<br />
Seit 1981 USA-Staatsbürgerschaft<br />
Jaromír Jágr (1972)<br />
Eishockeystürmer, für den gegenwärtig besten<br />
Spieler der Welt gehalten.<br />
Olympiasieger von Nagano (1998),<br />
zweifacher Inhaber des Stanley Cups<br />
(1991, 1992, Pittsburgh Penguins),<br />
Weltmeister (2005). Inhaber des<br />
Goldenen Kleeblatts: Stanley Cup,<br />
OS, WM<br />
Josef Holeãek (1921-2005)<br />
Wassersportler, Kanurennfahrer,<br />
Doppelolympiasieger (C 1, 1000 m;<br />
1948, London 1952, Helsinki)<br />
Ivan Lendl (1960)<br />
Der erfolgreichste Tennisspieler aller<br />
Zeiten. Sieger von acht Grand-Slam-<br />
Turnieren – French Open (1984, 1986,<br />
1987), US Open (1985-1987),<br />
Australian Open (1989, 1990).<br />
Seit 1982 USA-Staatsbürgerschaft<br />
TomበDvofiák (1972)<br />
Athlet-Zehnkämpfer, Dreifachweltmeister<br />
(1997, 1999, 2001), Siebenkampf-<br />
Halleneuropameister (2000),<br />
Bronzemedaillengewinner bei den OS<br />
1996 (Atlanta), Ex-Weltrekordhalter
Emil Zátopek (1922-2000)<br />
Athlet-Ausdauersportler, vielfacher<br />
Weltrekordler, vierfacher Olympiasieger<br />
(10-km-Lauf bei den OS 1948 in London,<br />
5-km-, 10-km- und Marathonlauf bei<br />
den OS 1952 in Helsinki)<br />
Vûra âáslavská (1942)<br />
Kunstturnerin, siebenfache<br />
Olympiasiegerin. Dreimal Gold bei<br />
den OS 1964 in Tokio, viermal Gold<br />
bei den OS 1968 in Mexico City.<br />
Mehrfache Welt- und Europameisterin<br />
Pavel Nedvûd (1972)<br />
Fußballer, Vizeeuropameister<br />
(1996), Ballon d’or für Europas<br />
Jifií Ra‰ka (1941)<br />
Skispringer, erster tschechischer und<br />
tschechoslowakischer Olympiasieger<br />
bei den Olympischen Winterspielen<br />
(1968, Grenoble, auch Silber)<br />
Jan Îelezn˘ (1966)<br />
Athlet-Speerwerfer, dreifacher<br />
Olympiasieger von Barcelona (1992),<br />
Atlanta (1996), Sydney (2000), dreifacher<br />
Weltsieger (1993, 1995, 2001).<br />
Derzeitiger Weltrekordhalter<br />
(98,48 m)<br />
Dominik Ha‰ek (1965)<br />
Eishockeytorhüter, Olympiasieger von<br />
Nagano (1998). Inhaber des Stanley Cups<br />
(2002, Detroit Red Wings)<br />
Martin Doktor (1974)<br />
Wassersportler-Kanurennfahrer,<br />
zweifacher Olympiasieger von<br />
Atlanta (1996 500 m, 1000 m)<br />
Dana Zátopková (1922)<br />
Athletin-Speerwerferin, Olympiasiegerin<br />
(1952, Helsinki), Europameisterin (1954),<br />
Silber bei den OS 1960 in Rom<br />
Jindfiich und Jan Pospí‰il<br />
(1942, 1945)<br />
Radpolospieler, zwanzigfache<br />
Weltmeister<br />
·tûpánka Hilgertová (1968)<br />
Wasserslalomfahrerin, zweifache<br />
Olympiasiegerin von Atlanta (1996) und<br />
Sydney (2000), zweifache Weltmeisterin<br />
(1999, 2003), Europameisterin (1999)<br />
Roman ·ebrle (1974)<br />
Athlet-Zehnkämpfer. Olympiasieger<br />
von Athen (2004). Zweifacher<br />
Hallenweltmeister (2001, 2004). Silber<br />
bei den OS 2000 (Sydney) und bei der WM<br />
2003, 2005. Derzeit Zehnkampf-<br />
Weltrekordhalter (9026 Punkte – der<br />
weltweit einzige jenseits der 9000-<br />
Punkte-Traumgrenze)<br />
besten Fußballer (2003) 21
22<br />
Goldene Eiszeit<br />
Der Gott des Eishockeyspiels sei<br />
offensichtlich Tscheche, stand in der<br />
slowakischen Wochenzeitung Nov˘<br />
ãas, die dpa titelte „Tschechien schrieb<br />
Geschichte“ und in der Novyje izvestija<br />
faßte man den Sachverhalt bündig zusammen:<br />
Nicht ohne Berechtigung sagt<br />
man, das Eishockey sei<br />
ein einfaches Spiel, in<br />
dem immer die Tschechen<br />
siegen müssen.<br />
Dahingehend wurde hie<br />
und da der in Serie dritte<br />
Sieg der tschechischenAuswahlmannschaft<br />
bei der Weltmeisterschaft,<br />
diesmal in<br />
Deutschland (2001), in<br />
internationalen Blättern<br />
und Agenturen interpretiert.<br />
Die Equipe gewann<br />
die Eishockeywelt<br />
an der Jahrtausendwende<br />
völlig für sich.<br />
Das unterschätzte Team,<br />
das vor allem von Überseeexperten<br />
für einen Outcast gehalten wurde,<br />
dominierte 1998 das olympische Turnier<br />
in Nagano. Auch in den Jahren 1999-<br />
2001 gab es bei der Weltmeisterschaft<br />
keinen anderen Sieger die als Tschechen.<br />
Die russische Tageszeitung Novyje izvestija<br />
wertete die Lage folgendermaßen,<br />
Tschechien sei der unangefochtene He-<br />
Jaromír Jágr, fünffacher Ranghöchster<br />
bei der NHL-Wertung<br />
gemon des Eishockeyspiels von heute“.<br />
Anders gesagt: das gegenwärtig beste<br />
Team des Planeten.<br />
Eine ähnliche Vormachtstellung hatte<br />
in der modernen Eishockeygeschichte<br />
nur die legendäre sowjetische sbornaja<br />
komanda inne, und das in den Zeiten<br />
einer weit geringeren<br />
Konkurrenz. Die gegenwärtige<br />
Weltspitze<br />
umfaßt weitere sechs<br />
Teams, von denen ein<br />
jedes auf den Weltmeistertitel<br />
ins Auge<br />
fassen kann. In der Reserve<br />
bleiben Länder,<br />
die jedes Jahr Fortschritte<br />
aufweisen und<br />
die imstande wären<br />
einem Favoriten den<br />
Rang abzulaufen.<br />
Die Öffentlichkeit im<br />
Lande wartete nur drei<br />
Jahre auf den ersten Titel<br />
in der verselbständigten<br />
Geschichte. Der Trainer Ludûk<br />
Bukaã mußte den Grundstock des Teams<br />
aufbauen, auf das sich die Auswahlmannschaft<br />
in der Folgezeit stützen<br />
konnte. Aussichtsreich sah bereits 1995<br />
der Einsatz der Generation um Reichel,<br />
Dopita, Patera und Martin Procházka<br />
in Stockholm aus, aber das erste Gold<br />
kam erst 12 Monate später, in der dem<br />
Präsident Václav Havel begrüßt die Helden von Nagano (1998) – den Torwart DominikHa‰ek<br />
und den Kapitän der Equipe, Vladimír RÛÏiãka.<br />
tschechischen (tschechoslowakischen)<br />
Eishockey gelobten Stadt – in Wien.<br />
Die fetten Jahre an der Jahrtausendwende<br />
bei den Meisterschaften in Norwegen,<br />
Rußland und Deutschland wurden<br />
durch magere Jahre abgelöst. Bei den<br />
Olympischen Winterspielen 2002 verloren<br />
die Tschechen im Viertelfinale<br />
gegen Rußland. Ein Jahr später wurde<br />
der Bann der verlorenen Schlüsselspiele<br />
gegen Rußland zwar gebrochen, aber im<br />
Semifinale wurden sie von Kanada schändlich<br />
geschlagen und beim Kampf um den<br />
dritten Platz reichten sie zum ersten in<br />
einer Gipfelrunde nicht an die Slowaken<br />
heran. Drei Jahre ohne Medaillensiege<br />
wurden 2004 durch ein Versagen<br />
in Prag besiegelt, die Auswahlmannschaft<br />
wurde den Erwartungen in der Heimat<br />
nicht gerecht und mußte sich im Viertelfinale<br />
durch die US-Amerikaner auf<br />
ein Abstellgleis rangieren lassen.
Altstädter Ring – Kultstätte der Eishockeyliturgie: visuelle Kommunion auf dem Riesenbildschirm<br />
Zurück zu Erfolgen sollte die Auswahl<br />
vom Coach Ivan Hlinka herangeführt<br />
werden. In seinem Amt konnte<br />
er sich nicht behaupten, konnte seine<br />
Qualitäten weder beim Spiel noch<br />
beim Trainingsaufenthalt vor Augen<br />
führen, denn er verunglückte bei einem<br />
Autounfall. Die Neuwahl fiel auf<br />
seinen fleißigen Schüler Vladimír RÛ-<br />
Ïiãka. Der Aufbruch der tschechischen<br />
Eishockeyspieler machte sich bereits<br />
bei dem Weltpokal bemerkbar, die<br />
Auswahl, großenteils aus den NHL-<br />
Spielern bestehend, wurde bei ihrem<br />
Aufstieg erst im Semifinale durch Kanada<br />
gestoppt.<br />
Die Tschechen haben ihre Revanche<br />
am Ort vorgeplant, an dem sie jedes<br />
Mal große Erfolge feierten – bei der<br />
Weltmeisterschaft 2005 in Wien. Bei<br />
Eishockey<br />
Medaille des selbständig gewordenen<br />
Tschechien bei der Weltmeisterschaft:<br />
5 Gold und 3 Bronze<br />
Franti‰ek Kaberle und David V˘born˘<br />
standen allen 5 Weltmeistertiteln Pate.<br />
David V˘born˘ betätigte sich bei der<br />
Weltmeisterschaft 10mal hintereinander<br />
(1996-2005).<br />
Jaromír Jágr und Jifií ·légr zählen zu<br />
den Inhabern des „Goldenen Hattricks“<br />
– sie waren bei den Olympischen Spielen,<br />
der Weltmeisterschaft und beim Stanley-<br />
Cup mit dabei.<br />
Die Weltmeisterschaft 2004 in Prag und<br />
Ostrava wurde von den meisten Zuschauern<br />
in der Geschichte besucht: 552 097<br />
Turnieren, an denen hinsichtlich der<br />
Pause in der National Hockey League<br />
die Weltspitzen starten konnten, wurden<br />
sie mit allen Hindernissen fertig und<br />
im Finale kriegten sie auch die stolzen<br />
Dominatoren der letztvergangenen<br />
Jahre, die Kanadier, klein. Den Titel<br />
widmeten die neuen Weltmeister ihrem<br />
verschiedenen Coach.<br />
Jedes erfolgreiche Team braucht die<br />
Gunst der Fortuna. Wiewohl die Tschechen<br />
meistenfalls ihr Bestes gaben und<br />
besondere Effekte erzielten, zog manches<br />
Mal Fortuna kräftig am Strang mit.<br />
War es der Torpfosten, von dem Reichels<br />
Schuß beim Penaltyschießen im<br />
olympischen Semifinale gegen Kanada<br />
zurückstieß, die Hilfeleistung der Slowaken,<br />
deren unerwartetes Remis gegen<br />
Rußland 1999 in Lillehammer die<br />
bereits abgeschriebene tschechische<br />
Auswahl nach vorne, unter die besten<br />
23
Jaromír Jágr bei der Begegnung gegen die USA auf der WM in Wien<br />
24<br />
vier, schob, oder die unbeholfene Aktion<br />
des Tormanns Nurminen, unter<br />
dessen Leib hindurch David Moravec<br />
2001 das Golden Goal im Finale in<br />
Hannover plazierte.<br />
Die Tschechen kehrten auch ihre<br />
starke Charaktereigenschaften – Zähigkeit,<br />
Willen zum Sieg, Teamgeist und<br />
Widerstandskraft – hervor. In die Auswahl<br />
fanden immer mehr NHL-Spieler,<br />
die sich hinterm Großen Teich hart zu<br />
spielen angewöhnten und ein dazugehöriges<br />
Selbstbewußtsein entwickelten<br />
– an beidem mangelte es den Tschechen<br />
früher, so daß ihnen das harte<br />
und manches Mal auch heimtückische<br />
Spiel der Kanadier und US-Amerikaner<br />
Schwierigkeiten bereitete.<br />
Bei entscheidenden Matches und vor<br />
allem bei schlechter Wetterlage machten<br />
sich Festigkeit und Siegeslust bemerkbar.<br />
In Nagano etwa wurde die<br />
Mannschaft in der Pause des Viertelfi-<br />
Torwart DominikHa‰ekim Trainingscamp für die Olympischen Winterspiele 2006 in Turin<br />
nalspieles von ihrem Kapitän Vladimír<br />
RÛÏiãka aufgeputscht. Bei der Weltmeisterschaft<br />
2001 stand das Spiel<br />
im Finale gegen die Finnen nach zwei<br />
Dritteln 0:2 zugunsten letzterer, die<br />
Tschechen kehrten das Ergebnis zuletzt<br />
um. Diese moralische Kraft wandte das<br />
Team von RÛÏiãka im Mai 2005 in<br />
Wien im Play-off gegen die Amerikaner<br />
zum Ausgleich eines Verlustes von<br />
zwei Toren an.<br />
Der Generalnenner für den Erfolg<br />
heißt Korpsgeist. Die Tschechen rücken<br />
im rechten Augenblick zusammen und<br />
die Worte von der wunderbaren Kameradschaft<br />
scheinen nicht zu übertreiben.<br />
Was mit einer Mannschaft passiert, die<br />
nicht zusammenhält und sich von Konflikten<br />
zwischen einzelnen Spielern<br />
bzw. ihren Gruppierungen treiben läßt,<br />
demonstrierte der Flopp der Nationalmannschaft<br />
beim Worldcup 1996. Dieser<br />
Mißerfolg lockerte die angespannte Atmo
sphäre und die gegenseitigen Beziehungen,<br />
so daß bei der Olympiade in Nagano<br />
ein anderes, verjüngtes Team startete.<br />
Die nominierten Spieler werden sich<br />
immer mehr ihrer Rolle in der Gemeinschaft<br />
bewußt und sind imstande, sich<br />
auch Forderungen anzupassen, die von<br />
ihnen im Klub keiner verlangt. Einer<br />
trägt des anderen Last. „Wissen Sie, z.B.<br />
Jágr spielte die letzten zehn Minuten in<br />
so einem starken Maß zurück wie nie<br />
sonst zuvor. – So was machte er nicht<br />
einmal in der Juniorenmannschaft. Unglaublich!“<br />
erklärte der Trainer Hlinka<br />
nach dem siegreichen Olympia-Finale<br />
gegen Rußland an die Adresse des<br />
offensivsten tschechischen Stürmers.<br />
Die Aufbauer der Nationalmannschaft<br />
konnten sich immer auf starke Persönlichkeiten<br />
und prononcierte Individualitäten<br />
verlassen. Für jeden Erfolg<br />
zeichnet ein profilierter Spieler mit<br />
dem C-Dress: Dreimal hob Robert Rei-<br />
Jaromír Jágr beim Training<br />
chel in seiner Eigenschaft als Kapitän<br />
den Pokal über den Kopf, für das Turnier<br />
in Nagano bestellte der Trainer<br />
Hlinka Vladimír RÛÏiãka, der dabei in<br />
den vorherigen Saisons überhaupt nicht<br />
in den Plänen der Auswahl-Coachs vorgesehen<br />
war. Zu den Zugpferden gehörten<br />
bzw. gehören z.B. Jifií Dopita,<br />
Pavel Patera und sein „Zwilling“ Martin<br />
Procházka, Petr âajánek, Franti‰ek<br />
Kaberle oder David V˘born˘.<br />
Zum Trio der größten Persönlichkeiten,<br />
eines legendären Coachs, eines<br />
erfolgreichen Spielers und eines nicht<br />
weniger erfolgreichen Trainers und<br />
Spielers, in der kurzen Geschichte des<br />
selbständigen tschechischen Eishockeys<br />
Ivan Hlinka, Eishockeytrainer der Auswahlmannschaft beim Spiel gegen die USA<br />
auf der Eishockeyweltmeisterschaft 2004 in Prag<br />
dürften Ivan Hlinka – Vladimír RÛÏiãka<br />
– Jaromír Jágr gerechnet werden.<br />
Das Trio beteiligte sich in den letzten<br />
Jahren an den glänzendsten und ruhmvollsten<br />
Erfolgen. Leider ist einer von<br />
ihnen bereits verschieden.<br />
Das Leben von Ivan Hlinka wurde<br />
vorzeitig ausgelöscht. Dieser Mann aus<br />
Litvínov setzte sich bereits als Spieler<br />
durch, er war dreifacher Weltmeister.<br />
Respekt wurde ihm auch in der NHL gezollt,<br />
obwohl man in den 1980er Jahren<br />
auf Europäer in Übersee zumeist despektierlich<br />
herabsah. In das allgemeine<br />
Bewußtsein drang er vor allem als<br />
Trainer der Olympia-Sieger und Weltmeister<br />
und als erster europäischer<br />
Hauptcoach der NHL ein. Seine Verdienste<br />
um das tschechische Eishockey<br />
und den tschechischen Staat wurden<br />
auch von Präsident Václav Klaus gewürdigt:<br />
„Er leistete für unser Land eine<br />
außerordentliche Menge anständiger<br />
Arbeit, zu Hause wie im Ausland. Sein<br />
Platz – nicht nur in der Welt des Eishockeys<br />
– bleibt für lange Zeit leer und<br />
ein Ersatz wird schwer zu finden sein.“<br />
Hlinka designierte Vladimír RÛÏiãka,<br />
der wie Hlinka selbst bereits als Spieler<br />
zur Führung neigte, zu seinem Nachfolger.<br />
Auch ihr Spiel sah ähnlich aus:<br />
natürliche Schützen und Erfolgmacher.<br />
Ihr Tandem zeitigte seine Wirkungen<br />
am besten bei den Olympischen Spielen<br />
in Nagano. Trotz mißliebiger kritischer<br />
Stimmen nominierte Hlinka RÛÏiãka<br />
und trug ihm das Amt des Kapitäns auf,<br />
nachdem das Team bei der vorherigen<br />
Großveranstaltung, dem Worldcup 1996,<br />
25
26<br />
durch Zwietracht gescheitert war. RÛ-<br />
Ïiãka erbrachte überdurchschnittliche<br />
Leistungen und sein Wort galt auch in<br />
der Umkleidekabine. Beinahe Legenden<br />
kursieren über seine laute Rede in<br />
der Pause des Spiels gegen die USA.<br />
Der beinahe 35jährige Center hielt<br />
der Mannschaft beim Erwerb des historisch<br />
ersten Eishockey-Olympia-<br />
Goldes die Stange. Sein Auftrag, dank<br />
dem er nach neun Jahren in die Auswahlmannschaft<br />
zurückgekehrt war, ging<br />
damit in Erfüllung.<br />
Durch die Eigenschaften, derentwegen<br />
er auch bei den Mitspielern<br />
Achtung genoß, zeichnete sich auch<br />
sein Trainer- und Führungsstil aus – totale<br />
Passion, ein Gefühl fürs Spiel und<br />
natürliche Autorität. Von seinen Jungs<br />
verlangte er absoluten Gehorsam der<br />
Mannschaft gegenüber: „Ich lasse<br />
mich von der Intuition führen. Ich erkenne<br />
es, wenn der Spieler mit Leib<br />
und Seele dabei ist. Die Jungs machen<br />
Unmögliches für einen Teamerfolg und<br />
pfeifen auf personenbezogene, persönliche<br />
Leistungstabellen“, lautet das Bekenntnis,<br />
das RÛÏiãka oft wiederholt.<br />
In der Nationalmannschaft begann er<br />
als Assistent des Trainers Augusta und<br />
später Lener. Als nach einem Ersatz für<br />
Hlinka gesucht wurde, fiel die Wahl<br />
auf ihn. RÛÏiãkas Hand leistete gleich<br />
Weltmeister – Lillehammer, Norwegen 1999<br />
ihren Beitrag. Für die Weltmeisterschaft<br />
2005 in Wien stellte er ein unzertrennliches<br />
Team, in dem jedem<br />
eine genaue Rolle zugewiesen wurde<br />
und in dem auch etlichen NHL-Stars<br />
schwarze Arbeit zur Pflicht gemacht<br />
wurde. Und die Tschechen setzten die<br />
goldenen Jahre von 1999 bis 2001 fort.<br />
Zum Superstar der Weltmeister von<br />
Wien avancierte Jaromír Jágr. Der<br />
fünffache Sieger der NHL-Punkte-<br />
Übersichten und nach Meinung mancher<br />
der beste Spieler des letzen Dezenniums<br />
brachte der Auswahl bei erstrangigen<br />
Wettbewerben Pech (abgesehen von<br />
Nagano). Obwohl er zumeist zu den<br />
nützlichsten Turnierspielern zählte und<br />
die Zuschauer sich an seinen Streichen<br />
weideten, blieb die Auswahl mit Jágr<br />
jedes Mal ohne Medaille.<br />
In Wien wurde alles anders. Auf die<br />
tschechische Nummer 68 wurde das<br />
Augenmerk der Medien vor allem<br />
wegen seines gebrochenen Fingers gelenkt.<br />
Aber nicht einmal dieses Malheur<br />
entmutigte Jágr. Er ließ seinen<br />
Finger fixieren, und seine Leistungen<br />
wurden dadurch keineswegs geschmälert.<br />
Der phänomenale Stürmer bekam<br />
vom Coach RÛÏiãka freie Hand und<br />
begeisterte die Tribünen. Er war auch<br />
ein anderer als Jágr in Nagano, reifer,<br />
verantwortungsbewußter, obwohl er vor<br />
dem Turnier auf den Buchstaben C auf<br />
dem Dreß verzichtete.<br />
Der aus Kladno stammende Spieler<br />
stellt seine einzigartigen Eigenschaften<br />
auch in der erneuerten NHL unter Beweis.<br />
Kein anderer überragt gegenwärtig<br />
seine Gegner dermaßen wie Jágr.<br />
Und allem Anschein nach wird diese<br />
Lage noch ein paar Jahre andauern.<br />
Sobald die Zeit einer Weltmeisterschaft<br />
bzw. der Olympischen Spiele<br />
heranrückt, verwandelt sich der heimische<br />
Erdstrich in ein Eishockeyland<br />
und die Tschechen in eine Spielernation.<br />
Außer Gunst, die den Spielern<br />
seitens ihrer Fans direkt vor Ort oder<br />
seitens der Fernsehzuschauer gewährt<br />
wird, erhalten sie auch Fernunterstützung.<br />
Bei den Turnieren in Nagano,<br />
auch in Salt Lake City sandte man<br />
Dutzende von Faxnachrichten, E-Mails<br />
und anderweitigen Zusprüchen aus der<br />
Heimat zu. „Hierzulande, in Tschechien,
sieht es wie bei dem Generalstreik nach<br />
der Wende aus. Fast niemand arbeitet und<br />
alle sehen fern“, lautete eine Nachricht<br />
für die Olympioniken in Nagano.<br />
Die letzten zwei Winterolympiaden<br />
wurden auf Kontinenten in anderen<br />
Zeitzonen abgehalten, so daß die Fernsehzuschauer<br />
etwas früher aufstehen<br />
oder später zu Bett gehen mußten, um<br />
die Kämpfe der tschechischen Mannschaft<br />
in Direktübertragung verfolgen<br />
zu können. Die Euphorie, die um das<br />
Turnier in Nagano herum wütete, ging<br />
so weit, daß relevante Spiele massenhaft<br />
verfolgt wurden, in Unternehmen, Schulen<br />
und Krankenhäusern. Pfarrer verschoben<br />
die Meßzeiten oder vermeldeten<br />
bei der Predigt durchgehend Ergebnisse.<br />
Die Eishockeyspieler gaben mehrfach<br />
zu, daß die Fernhilfe sie noch<br />
mehr anspornte. „Ohne ihre Hilfe hätten<br />
wir nicht gewonnen“, bemerkte der<br />
Kapitän Robert Reichel nach der Rückkehr<br />
von der Weltmeisterschaft 2000<br />
in Rußland. Auf der anderen Seite<br />
verpflichteten die großen Erwartungen.<br />
Jaromír Jágr bekannte vor Beginn des<br />
Turniers in Salt Lake City: „Die Leute<br />
zu Hause leben in großen Erwartungen,<br />
sie glauben uns und wünschen, daß<br />
wir wieder möglichst gut abschneiden.<br />
Es ist eine Freude, wenn Sie wissen,<br />
daß sie nicht nur für sich selber spielen,<br />
sondern für weitere zehn Millionen<br />
Landesbewohner.<br />
Das besondere Augenmerk der<br />
ganzen Nation war auf die Weltmeisterschaft<br />
im Frühling 2004 hierzulande<br />
gerichtet. Die ausverkaufte Sazka Aréna,<br />
das Wechselbad der Meinungen, erhitzte<br />
Eishockey-Debatten von Fans, Eintracht<br />
und Zusammenhalt der Nation<br />
vervollständigten das Bild. Die Nationalmannschaft<br />
löste zwar nicht ein,<br />
was allgemein geglaubt wurde, aber<br />
die Anhänger verdammten sie nicht.<br />
Nach dem verlorenen Viertelfinale gegen<br />
die US-Amerikaner belohnten sie<br />
die Anstrengungen mit langanhaltendem<br />
Beifall. Die Nation wußte zu<br />
schätzen, daß ihre Auswahl für ihr<br />
Land eine mehr als hundertprozentige<br />
Leistung hingab. Dies ist auch eine<br />
Erscheinung des Zusammenstehens<br />
von Eishockey und Anhängern und<br />
Anhängerinnen hierzulande.<br />
Einen besonderen Platz in der Tradition<br />
der landesweiten Feierlichkeiten<br />
der Eishockey-Erfolge nimmt der Altstädter<br />
Ring ein. Man kann die meisten<br />
wichtigen Spiele auf einem Riesenbildschirm<br />
verfolgen. Es ist ein Platz,<br />
an den sich die Eishockeyfreunde<br />
spontan begeben, um Erfolge zu zelebrieren<br />
und wohin auch die siegreiche<br />
Eishockeymission gleich vom Flughafen<br />
Prag-Ruzynû unterwegs ist. Der<br />
Altstädter Ring war Zeuge einer Menge<br />
ausgelassener Feierlichkeiten, war<br />
Zeuge, als hunderttausend Männer<br />
(und Frauen) mit Stolz die Nationalhymne<br />
sangen und die goldigen Jungs<br />
bewunderten.<br />
Das Eishockey ist hierzulande ein<br />
unvergleichliches Phänomen. Es versteht<br />
die Leute närrisch zu machen, sie zu<br />
vereinen, patriotische Gefühle in ihnen<br />
zu stärken, zu unterhalten, bei ihnen<br />
Hochstimmung zu wecken oder sie<br />
schlimmere Zeiten vergessen zu machen.<br />
Es ist allgemein beliebt. Kaum jemand<br />
konnte sich seinerzeit einer solchen<br />
Gunst des Publikums rühmen wie der<br />
Torschütze Dominik Ha‰ek, die im Slogan<br />
„Ha‰ek auf die Burg!“ zum Ausdruck<br />
kam. Alles dies fußt auf einer<br />
unabdingbaren Voraussetzung: das Tschechische<br />
Eishockey erfreut sich unbestrittener<br />
Erfolge. In den letzten Jahren<br />
weltweit am erfolgreichsten.<br />
Ondfiej Zamazal, Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: Jan Tauber, Michal RÛÏiãka,<br />
Tschechische Presseagentur (âTK)<br />
Eishockeyspieler Jaroslav ·paãek hält den Weltmeisterpokal nach dem siegreichen Match gegen Kanada<br />
in Händen, Weltmeisterschaft 2005 (15. Mai) in Wien.<br />
27
28<br />
Schneeglanz<br />
Mit einem aussichtsreichen, keineswegs<br />
übertriebenen Optimismus sehen tschechische<br />
Skisportler und Skisportlerinnen<br />
den Olympischen Spielen in Turin entgegen.<br />
Das Winterfest unter den fünf Ringen<br />
stellt das Land ins Rampenlicht, wegzudenken<br />
sind nicht behelmte Männer auf<br />
Schlittschuhen, gesammelt<br />
um den Eishockeyschläger<br />
von Jaromír Jágr,<br />
aber auch die Skisport<br />
Treibenden. Tonangebend<br />
sind die Skiläuferin Katefiina<br />
Neumannová und der<br />
raketenhaft aufsteigende<br />
Springer Jakub Janda in<br />
den Fußstapfen von Jifií<br />
Ra‰ka und Pavel Ploc.<br />
Die Eroberungder Welt<br />
vom Böhmischen aus<br />
Auf den Loipen in Pragelat findet die<br />
olympische Karriere von Katefiina Neumannová<br />
wohl ihre Vollendung. In die<br />
olympische Spur begibt sich die Sportlerin<br />
bereits zum fünften Mal mit dem Ziel,<br />
Gold an sich zu bringen. Es glänzen bislang<br />
in ihrer Sammlung vier Medaillen von<br />
Olympischen Spielen, dreimal Silber (aufgewertet<br />
auch dank Änderungen in Ergebnislisten<br />
nach Ausschluß von Doping-<br />
sünderinnen) und einmal Bronze. „Ich tu<br />
alles dafür, daß ich bei der Olympiade um<br />
Gold kämpfen kann, aber ein Abonnement<br />
gibt es natürlich für niemand“, sagte die<br />
Sportlerin, die in Italien ihren Dreiunddreißigsten<br />
begeht.<br />
Für den künftigen Erfolg will Neumannová<br />
alles unternehmen.<br />
Sie nahm sich einen schwedischen<br />
Serviceman, und<br />
ihre Saison kostet dementsprechend<br />
6 Mio. Tschechische<br />
Kronen. Die Vorbereitung<br />
ist mehr oder<br />
weniger einwandfrei. „Ich<br />
kann mich nicht beschweren.<br />
Ich habe nicht den Eindruck,<br />
etwas Wichtiges zu<br />
vermissen. Für tschechische<br />
Verhältnisse bedeutet<br />
es fast Perfektion“, umriß<br />
die Skiläuferin die Lage.<br />
Daß sie es in Turin schaffen könnte,<br />
zeigte die Weltmeisterschaft im Februar<br />
2005 in Oberstdorf. Ihren goldenen Traum<br />
von der Weltmeisterschaft erfüllte sie<br />
auf der 10-km-Strecke im Freistil. „Es ist<br />
meine stärkste Seite“, sagte die Läuferin,<br />
die noch zwei Bronzemedaillen von der<br />
Weltmeisterschaft mit heimbrachte.<br />
Schon seit Beginn ihrer Karriere wird<br />
Neumannová vom Trainer Stanislav Früh-<br />
Katefiina Neumannová träumt ihren olympisch goldenen Traum im Skilaufen.<br />
auf, einem Böhmerwald-Original, betreut,<br />
dem sie manches verdankt. Er brachte sie<br />
dazu, die Tiefen des Böhmerwaldes liebzugewinnen.<br />
So begibt sich Neumannová<br />
vor jedem Unterfangen an den U Matesa<br />
(: Zum Matthei) genannten Ort. An diesem<br />
wunderschönen Fleck genieße sie, so<br />
steht es in ihrer Autobiographie, die Schönheit<br />
der Natur, beichte sozusagen, schöpfe<br />
Energie und nehme Abschied vor der<br />
Reise. „Der Hohe Böhmerwald (·umava)<br />
ist für mich eine Herzenssache, und er ist<br />
für mich ein Ort der Ruhe“, bekennt sie.<br />
Der erste Abschnitt von Neumannovás<br />
Laufbahn fand im November 2002<br />
sein Ende, als sie vorzeitig aus dem Trainingscamp<br />
zurückkehrte und ihre Schwangerschaft<br />
preisgab. Den Namen des Vaters<br />
verriet sie aber nicht, und bat die Journalisten,<br />
nicht nach ihm zu recherchieren.<br />
„Ich wäre froh, wenn sie meine private<br />
Sphäre respektierten, zu der auch mein Part-
ner zählt, weil ich der Ansicht bin, daß es<br />
ein anderes Kapitel ist. Ich bin Skisportlerin,<br />
und auch ich habe das Recht, auf ein bißchen<br />
Privatleben“, appellierte sie an Massenmedien.<br />
Sechs Monate nach der Niederkunft<br />
betrat die Teilnehmerin an den Olympischen<br />
Sommerspielen 1996 in Atlanta in<br />
der Disziplin Mountainbikes wieder die Spur.<br />
Der Wiedereinstieg gestaltete sich imposant.<br />
Gleich beim ersten Wettrennen nach der<br />
Geburt der Tochter Lucie in Ramsau siegte<br />
sie mit einer ganzen Klasse Vorsprung. „In<br />
der Spur steht eine neue, glücklichere<br />
Lady“, lachte Neumannová, und die Parolen<br />
der Fans verkündeten der Welt: „So<br />
läuft eine tschechische Hausmutter!“ Eine<br />
Bezwingerin fand sie in der Folgezeit nicht<br />
einmal im schwedischen Falun, wo sie mit<br />
dem neunten Sieg beim Wettbewerb um<br />
den Weltpokal den vieljährigen tschechischen<br />
Rekord von Kvûta Jeriová knackte.<br />
Neumannová steht in der Heimat für<br />
harten Fleiß und erfolgversprechenden<br />
Verzicht. Sie versteht es, sich in der Lauf-<br />
Katefiina Neumannová erhascht den Sieg im 10-km-Langlauf (Damen) beim Worldcup, 27. November 2005, Ruka, Kuusamo, Finnland.<br />
Skiläufer LukበBauer, Weltpokalsieger im 15-km-Langlauf, Lahti, Finnland, 2005<br />
spur durchzusetzen, aber sie weiß sich auch<br />
als Marketingprodukt gut zu vermarkten.<br />
Ihr Gesicht ist gefragt. Sie denkt aber auch<br />
an spätere Zeiten: auf ChuráÀov ließ sie sich<br />
eine Pension bauen, in der die Gäste sich<br />
selber Bier zapfen, falls es sie Durst befällt.<br />
Der eisige Phönix<br />
Es wollte bereits scheinen, als sei das<br />
Skispringen hierzulande bereits im Abflauen<br />
begriffen, aber der Sport fand zuletzt<br />
doch seine Fortsetzung. Bei Nachfolgern<br />
von Ra‰ka, Ploc, Parma, Sakala<br />
und JeÏ mußten sich die tschechischen<br />
Fans allerdings zehn lange Jahre gedulden.<br />
Jakub Janda besitze Talent, hieß es. Der<br />
spindeldürre Knabe mit Wohnsitz in Fren-<br />
‰tát pod Radho‰tûm (Beskiden) war eine<br />
lange Zeit eher ein Nervenbündel als ein<br />
Mann der Tat. Manchmal machte er einen<br />
tappenden Versuch, aber für gewöhnlich<br />
gab er sich mit 30 Punkten zufrieden. „Ich<br />
hatte viele schlechte Jahre, in denen ich in<br />
29
30<br />
Ungnade fiel und viele Streitigkeiten hatte,<br />
dies hat mich aber gestärkt“, behauptet<br />
heutzutage die Nummer 1. Zukunftsängste<br />
kennt er nicht. Wenn es nicht mehr weitergeht,<br />
verlasse ich die Sprungschanze erhobenen<br />
Hauptes“, beteuerte der Springer.<br />
Am Weltpokal nahm der aus dem Ort âeladná<br />
stammende Sportler zum ersten Mal<br />
1996 teil. Das Siegerpodest (Bronze) bestieg<br />
er aber zum ersten Mal 2003 beim Worldcup<br />
in Liberec (Reichenberg). Dies war jedoch<br />
erst das erste Anzeichen dafür, was er zu<br />
leisten vermag. Beim Wettbewerb in Planice<br />
stellte er mit der Weite von 209 m den<br />
tschechischen Skiflugrekord auf. Den Durchbruch<br />
schaffte er erst in der Saison 2004-<br />
2005 nach Antritt des Trainers Vasja Bajc.<br />
„Ohne ihn wäre ich nicht so weit gekommen“,<br />
wiederholt Janda oft zu Ehren<br />
von Bajc. Der anerkannte slowenische<br />
Experte stieß tschechischen Springern<br />
das Fenster nach Europa auf. Er bügelte<br />
das zerknautschte Selbstbewußtsein glatt,<br />
vermittelte das Backgroundwissen und<br />
die nötige Ausrüstung. Er umsorgt die<br />
Springer, sie üben sich im Fallschirmspringen,<br />
im Tauchen (Tauchkurs) und<br />
Autowettrennen auf einem Ring. „Der<br />
Kopf gehört entrümpelt“, verkündet Bajc.<br />
Janda griff nach dem ersten Gold beim<br />
Weltpokal im Januar 2005 in Neustadt<br />
und stellte seine Kondition mit Silber und<br />
Bronze bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf<br />
erneut unter Beweis. „Ich habe eine<br />
Traummeisterschaft hinter mir. Es ist perfekt,<br />
und der Plan weitaus übererfüllt“,<br />
wertet Janda seine Erfolge auf der Sprungschanze,<br />
auf der Parma 1987 den letzten<br />
tschechischen Weltmeistertitel erwarb. Die<br />
Jakub Janda beim Trainingsprung, Vierschanzenturnier Garmisch-Partenkirchen<br />
Jakub Janda beim ersten Wettbewerb des diesjährigen Vierschanzenturniers in Oberstdorf, 29. Dezember 2005<br />
Olympiasaison begann für Janda brillant.<br />
Er siegte bei drei von insg. sechs Wettbewerben,<br />
auch hierzulande in Harrachov<br />
und ist nach achtzehn Jahren der erste<br />
tschechische Springer, der in der Weltpokalliste<br />
zu oberst rangiert. Vor ihm brachte<br />
es 1987 Pavel Ploc fertig. „Er ist dermaßen<br />
in Form, daß er springt und gewinnt, selbst<br />
wenn er die Anlaufbahn rückwärts befahren<br />
würde“, witzelte Ploc über Janda. „Er<br />
überraschte mich ungemein, er leistete an<br />
sich selber, seiner psychischen Konditionierung<br />
viel und wird endlich reif“, faßte<br />
der legendäre Jifií Ra‰ka, Sieger bei der Vierschanzentournee,<br />
Jandas Wende zum Besseren<br />
lapidar zusammen. „Heute werde ich<br />
gerühmt, aber morgen?“ bleibt Janda nach<br />
dem Telemark fest am Boden und lehnt die<br />
Lobhudelei ab. „Dieser Sport ist eine prekäre<br />
Angelegenheit“, fügt er hinzu.<br />
Seine Bescheidenheit ändert nichts daran,<br />
daß er für die Olympischen Spiele in Turin<br />
eine große Hoffnung ist, und die Erwartun-
gen mit jedem neuen Sieg hochgeschaukelt<br />
werden. Er könne dominieren und es sehe<br />
so aus, daß er der Favorit der Saison sei,<br />
bemerkte der zweifache Olympiasieger<br />
Jens Weißflog, heute Fernsehkommentator,<br />
an Jandas Adresse.<br />
Der fünffach geschraubte Mann<br />
In der Luft bringen die Tschechen manches<br />
zuwege. In die Weltgeschichte gingen<br />
sie vor allem durch ihre Heldentaten bei<br />
der Luftunterstützung der Briten im Zweiten<br />
Weltkrieg und später in Sportdisziplinen<br />
ein. Es nahm beim Sprunglauf<br />
seinen Anfang und Vollendung fand es mit<br />
Ale‰ Valenta und dessen Skiakrobatik.<br />
Ohne Valentas Olympiagold von Salt Lake<br />
City hätte man in dem etwas faulen Heimatidyll<br />
von Saltos und Drehungen des Trickskispringens<br />
so gut wie nichts gewußt.<br />
Valenta eignete sich das insgesamt vierte<br />
tschechische (tschechoslowakische) Gold<br />
Der Finne Janne Ahonen feiert mit Jakub Janda<br />
den gemeinsamen Sieg im Vierschanzenturnier,<br />
Bischofshofen, Österreich, 6. Januar 2006<br />
in der Geschichte der Olympischen Winterspiele<br />
zu. Zudem erkämpfte er den Sieg<br />
mit einem Sprung, den noch niemand vorher<br />
gewagt hatte. Valentas fünffach geschraubtes<br />
Dreifachsalto (Valenta-Salto) in<br />
der zweiten Runde gab den Ausschlag und<br />
ließ die anderen Skiakrobaten nachhinken<br />
und in der Rolle der erstaunten Beobachter<br />
verharren. „Jetzt, nachdem der Sprung<br />
gelungen ist, habe ich ein gutes Gefühl.<br />
Freude stellt sich später ein“, gab der<br />
Akrobat damals zu wissen.<br />
Er wettete um eine Ohrfeige, sollte er<br />
sich, so berühmt, verändert haben, aber die<br />
Ohrfeige konnte ausbleiben. Er blieb sich<br />
treu, zeigte jedoch tschechischen Sportlern,<br />
wie ein Erfolg zu vermarkten ist. An der<br />
Werbung verdiente er wie kein anderer,<br />
wurde auf einer Briefmarke abgebildet,<br />
und ließ sich an der Seite des Staatsoberhauptes<br />
auch beim Entertainment sehen. „Ich<br />
bin Realist, der Sport bedeutet für mich<br />
auch Busineß. Ich bin mir dessen bewußt,<br />
daß ich heute dank der Medaille außerordentliche<br />
Vorteile habe“, stellte Valenta fest, der<br />
in ·títy im ·umperk (Mährisch Schönberg)<br />
-Land dank dem Erfolg seine Sportanlage<br />
fertigstellen ließ. Nach Turin wird er als<br />
Titelverteidiger fahren, aber er sieht es<br />
wohl anders. „Es gibt wieder die Olympiade?<br />
– Das ging aber schnell!“ spottet er.<br />
„Es ist nur ein neuer Wettbewerb, dieselben<br />
Teilnehmer, nur drum herum so viel Humbug“,<br />
stuft er das Unternehmen zurück.<br />
Seine Karriere kam vor einem Jahr<br />
ins Wanken. Er hatte Probleme mit dem<br />
Rücken. Und dann folgte ein „Schlag“. Bei<br />
der Weltmeisterschaft in Ruka fiel er anstatt<br />
auf die Aufsprungbahn auf das Plateau<br />
hinter der Schanze. Die Untersuchung ergab,<br />
daß ein Auswuchs an der Wirbelsäule<br />
das Rückenmark drückte. „Es genügte<br />
wenig, und ich hätte nicht mehr gehen<br />
können. Es war Glück für mich, denn mit<br />
dem Absturz hatte es gar nichts zu tun“,<br />
führte Valenta aus. Durch eine Operation<br />
wurde die Gefahr gebannt, und Valenta ist<br />
wieder bereit, die Welt zu schockieren. Er<br />
möchte bei der Olympiade zwei Sprünge<br />
mit fünffacher Schraube vorführen. Den<br />
alten (Valenta-Salto) und einen neuen, den er<br />
Ledov˘ dech (Eisiger Atem) nannte. „Warum<br />
denn nicht?“ sagt der zweifache Vater. Es<br />
hänge nur von jeweiligen Bedingungen ab,<br />
Mut brauche er sich nicht zuzusprechen.<br />
Radek Stejskal, Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: Martin Sidorják, www.eventconcept.cz,<br />
Tschechische Presseagentur (âTK)<br />
Ale‰ Valenta, Olympiasieger in der Skiakrobatik bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City<br />
31
32<br />
Einzelstars<br />
Wettfahrer, die sich für einen Individualsport<br />
entschieden haben,<br />
sind Einzelfahrer, Einzelstars. Auch<br />
wenn sie über ganze Teams um sich<br />
herum verfügen, in entscheidenden<br />
Augenblicken bleiben sie nur auf<br />
sich selbst gestellt. Über Erfolg oder<br />
Mißerfolgentscheidet häufignur die<br />
Fähigkeit zum Fertigwerden<br />
mit dem<br />
Alleinsein.<br />
Pavel Padrnos<br />
Er zählt zu den erfahrensten<br />
Kämpen des<br />
Weltpelotons. Er ist bereits<br />
35 (geb. am 17.<br />
Dezember 1970 in Tfiebíã),<br />
aber machte bereits<br />
als Schüler und<br />
Nachwuchssportler auf<br />
sich aufmerksam.<br />
Mit dem Radrennen<br />
fing Padrnos mit zehn<br />
als Mitglied des Radfahrersportvereins<br />
in Tfiebíã an, wo er<br />
bis 1988 blieb. Bis zur Mitte der<br />
1990er Jahre repräsentierte er vorwiegend<br />
den Sportklub Dukla Brno. 1995<br />
gewann er bei der Friedensfahrt und<br />
triumphierte auch bei der Etappenfahrt<br />
durch Niedersachsen. Im darauffolgenden<br />
Jahr wurde er Profisportler. Zuerst<br />
fuhr er für den Stall Tico Praha, dann<br />
Der tschechische Radfahrer Pavel<br />
Padrnos am Start der 12. Etappe<br />
der Tour de France<br />
für den russischen Roslotto und die<br />
italienischen Teams Saeco und Lampre-Daikin<br />
Rad. Von 2002 an fuhr er<br />
für den US-amerikanischen Stall US<br />
Postal Service Rad, in dessen Dress der<br />
aufsehenerregende Lance Armstrong<br />
sieben Mal hintereinander (1999-2005)<br />
die Tour de France gewann. An den<br />
letzten vier Triumphen<br />
von Armstrong hatte<br />
Pavel Padrnos einen<br />
beträchtlichen Anteil.<br />
Obwohl seit Schülerjahren<br />
unheimlich ehrgeizig<br />
und bestrebt, zu<br />
siegen, fand er sich<br />
nach seinem Dreißigsten<br />
als Mitglied von<br />
Armstrongs Team in<br />
die neue Lage ein. Er<br />
selber sagt: Ich wußte<br />
im voraus, daß der US<br />
Postal mich als Arm-<br />
strongs Helfer angeheuert<br />
hat. Ich konnte<br />
also nicht damit rechnen,<br />
daß mein Name auf der Ergebnisliste<br />
nach oben rückt.“<br />
1996 war er der Zweitbeste bei<br />
der Kärnten-Tour (das Gesamtergebnis<br />
betreffend), bei der er vier Etappen<br />
gewann. Ein Jahr später erreichte er die<br />
viertbeste Zeit beim Zeitfahren beim<br />
Giro d’Italia und 1999 belegte er bei<br />
der Gesamtwertung den Platz 18.<br />
Martina Sáblíková, Weltrekordhalterin im Juniorinneneisschnellauf<br />
Die letzten vier Jahre fuhr Padrnos<br />
im Schatten einer ihn streifenden<br />
Dopingaffäre Rad. Der Verdacht auf<br />
Doping wurde allerdings nicht erhärtet.<br />
Im Gegenteil. Im Oktober 2003<br />
fällte das Gericht ein befreiendes Urteil<br />
über Padrnos. Kurz darauf bestätigte<br />
der Radfahrer, einen Vertrag<br />
mit dem US-amerikanischen Stall<br />
Discovery Channel, dessen Farben er<br />
in der Saison 2006 vertreten wird,<br />
abgeschlossen zu haben.<br />
Martina Sáblíková<br />
Wohl nicht einmal die mittlere Generation<br />
der Tschechen kann die Zeiten<br />
erlebt haben, in denen das tschechische<br />
(tschechoslowakische Eisschnellaufen)<br />
ein anständiges europäisches Niveau<br />
hatte. Denn seit solchen Zeiten sind<br />
einige Jahrzehnte verflogen. In ihrem
Der siebenfache Sieger der Tour de France, der US-Amerikaner Lance Armstrong (rechts) prostet seinem tschechischen Mitfahrer vom Stall Discovery Channel,<br />
Pavel Padrnos, mit dem Champagner zu.<br />
Verlauf fristete dieser Sport ein kümmerliches<br />
Dasein.<br />
Heute sieht natürlich alles anders<br />
aus, und der Eisschnellauf hierzulande<br />
hat einen aufsteigenden Stern, Martina<br />
Sáblíková aus Îìár nad Sázavou (Saar).<br />
Sie stellte alle Theorien, daß dieser<br />
Sport in einem so kleinen Land aussterben<br />
muß, auf den Kopf. Sáblíková<br />
reichte nicht nur an die Leistungen<br />
ihrer einstigen Schlittschuhvorläufer<br />
und -vorläuferinnen ·tastná, Koláfi, Doubek,<br />
Schöppe und Jauris heran, sondern<br />
sie übertraf sie auch angesichts ihrer<br />
Stellung im europäischen und internationalen<br />
Kontext. Dabei steht sie erst<br />
am Anfang ihrer Sportkarriere.<br />
Die 18jährige Schülerin des Gymnasiums<br />
in Nové Mûsto na Moravû (Neustadtl<br />
in Mähren, geb. am 27. Mai 1987)<br />
fällt noch immer unter die Juniorinnenklasse.<br />
Nach Erfolgen in den vorherge-<br />
Auf der Weltmeisterschaft der Erwachsenen erkämpfte Martina Sáblíková Platz 7 im Eisschnellauf (5000 m).<br />
henden Saisons gewann sie 2005 beim<br />
der Weltjuniorenmeisterschaft auf der<br />
3000-m-Laufstrecke Bronze, und kurz<br />
darauf brach sie auch den Juniorenweltrekord.<br />
Bei der Weltmeisterschaft<br />
der Erwachsenen errang sie auf der<br />
5000-m-Laufstrecke Platz 7 (Auf dieser<br />
Strecke hält sie auch die beste Juniorinnenzeit<br />
auf offener Bahn.)<br />
Tschechien kann dank der Eisläuferin<br />
und ihrem Coach Petr Novák<br />
in dem Sport, dessen Traditionen hierzulande<br />
fast in Vergessenheit geraten<br />
sind, große Erwartungen die kommenden<br />
Olympischen Winterspiele 2006<br />
betreffend hegen. Einen Olympia-<br />
Erfolg wünscht sie sich sehnlichst, nur<br />
weiß sie, daß ihre Zeit unter den fünf<br />
Ringen eigentlich erst vier Jahre später,<br />
in Vancouver, kommt.<br />
33
34<br />
Kvûtoslav Svoboda<br />
Olympische Fahnenträger findet man<br />
unter Sportlern nur wenige. Der tschechische<br />
Schwimmer Kvûtoslav Svoboda (geb.<br />
am 25. August 1982) aus Znojmo (Znaim)<br />
ist und bleibt einer von ihnen. Er führte<br />
2004 auch die tschechische Olympia-<br />
Mission in das Athener Olympiastadion ein.<br />
Svoboda widmete sich dem Schwimmen<br />
bereits als Kleinkind. Anderes ist<br />
wohl kaum denkbar, soll man in diesem<br />
Sport besondere Leistungen erbringen.<br />
Die harte Arbeit in der Kindheit und<br />
der Adoleszenz mit tausend- und abertausendfach<br />
bewältigter Beckenlänge<br />
und oft langweiligem Trockentraining<br />
zeitigte nach und nach ihre Früchte. Er<br />
tat sich auf Schwimmstrecken als Sieger<br />
und Rekordhalter nicht nur hierzulande,<br />
sondern auch international, hervor.<br />
Seine Schwerpunkte wurden die 200-mund<br />
400-m- Kraulstrecke, die sich in<br />
Tschechien bzw. der Tschechoslowakei<br />
einiger Tradition erfreuen und in denen<br />
das Land auch in der Vergangenheit<br />
manch einen hochkarätigen Schwimmer/<br />
Schwimmerin vorzuweisen hatte.<br />
Kvûtoslav Svoboda löschte in Rekordtabellen<br />
ab und zu fremde Namen,<br />
dann aber auch die bei seinem Namen<br />
stehenden Leistungen. Immer erfolgreicher<br />
gab er sich auch bei Zweikämpfen<br />
mit den besten ausländischen<br />
Rivalen. Von idealer Schwimmerstatur<br />
(194 cm, 88 kg) brachte der Wettschwimmer<br />
des TJ-Sportvereins Znoj-<br />
Die Skiakrobatin Nikola Sudová ergriff 2005 Besitz von Silber auf der Weltmeisterschaft.<br />
mo und leidenschaftlicher Fan des Eishockey-Teams<br />
seiner Geburtsstadt Medaillen<br />
von Europa- wie Weltmeisterschaften<br />
heim, und schnitt auch bei den<br />
Olympischen Spielen in Athen gut ab.<br />
Im Dezember 2004 ist Svoboda bei<br />
der Europameisterschaft in Wien kollabiert.<br />
Der überlastete Organismus des<br />
begnadeten tschechischen Schwimmers<br />
der letzten Dekade, der 1999 eine<br />
Herzoperation und kurz vor der Meisterschaft<br />
Mononukleose unbehandelt<br />
überstand, setzte sich zur Wehr. Eine<br />
negative Rolle spielten auch Differenzen<br />
zwischen ihm und dem Trainer Kynûra.<br />
Es folgten lange Monate der Unsicherheit,<br />
erwogen wurde auch der<br />
vorzeitige Abbruch der Karriere. Svoboda<br />
wurde dann schließlich seiner medizinischen<br />
Probleme Herr, und Ende<br />
2005 startete er im Becken bei der<br />
Europameisterschaft in Triest. Die Ergebnisse<br />
entsprachen zwar nicht seinen
Erwartungen, mit Platz 6 (200 m Kraul)<br />
war er nicht so recht zufrieden. An die<br />
Elite der Alten Welt fand er allerdings<br />
wieder Anschluß. Er kann seine Ziele<br />
hochstecken wie früher.<br />
Nikola Sudová<br />
Man nennt sie auch Fräulein Hubschrauber.<br />
Nach dem Trick, mit dem<br />
sie Zuschauer und Schiedsrichter beim<br />
Buckelpistenfahren immer wieder<br />
überrascht. Der Streich, mit dem sie<br />
ihre Fahrt zu garnieren weiß, besteht<br />
darin, daß sie von der Schanze springt<br />
und sich mit hinterm Rücken überschlagenen<br />
Beinen dreht.<br />
Die 23jährige Studentin der Pädagogischen<br />
Fakultät in Liberec (geb.<br />
am 17. März 1982 in Jablonec nad<br />
Nisou/Gablonz an der Neiße) zählt zu<br />
denen, von denen man sagt, daß sie mit<br />
Skiern an den Füßen geboren wurden.<br />
Von klein auf fühlte sie sich von verschneiten<br />
Hügeln angetan. Nur der Abfahrtslauf<br />
auf der zurechtgelegten Piste<br />
machte ihr keinen besonderen Spaß. Zur<br />
vollen Befriedigung verlangte es sie<br />
nach mehr Adrenalin. Die Skiakrobatik<br />
war der Sport, dem sie sich hingab.<br />
Unter dem Coaching ihres Vaters,<br />
der zu Pionieren dieses Sports gerechnet<br />
wird, beschäftigte sie sich mit der<br />
Skiakrobatik, die damals drei gleichwertige<br />
Disziplinen, Ballett (Akro-Ski),<br />
Buckelpistenfahren und Springen umfaßte,<br />
seit ihrem 8. Lebensjahr. Im<br />
Laufe der Zeit konzentrierte sie sich<br />
immer mehr auf das Buckelpistenfahren,<br />
wo die olympische Anerkennung<br />
in Aussicht stand. Seit 2001 repräsentiert<br />
sie den Klub Dukla Liberec (Reichenberg),<br />
in dem sie die nötigen finanziellen,<br />
trainingsmäßigen und Rehabilitationsbedingungen<br />
findet.<br />
Den ersten großen (goldenen) Medaillengewinn<br />
erzielte sie bereits 1997<br />
bei der Juniorenweltmeisterschaft im<br />
Kombinationsspringen. Beim Buckelpistenfahren<br />
war sie 2001 bei der gleichen<br />
Meisterschaft die Zweitbeste und<br />
imselben Jahr fiel ihr der Platz 3 in der<br />
Gesamtwertung des Europapokals zu.<br />
Bei ihren ersten Olympischen Spielen<br />
in Salt Lake City belegte sie Platz 19.<br />
Der bisher größte Erfolg wurde ihr 2005<br />
bei der Seniorenweltmeisterschaft beschieden,<br />
bei der sie Silber ergatterte.<br />
Der Schwimmer Kvûtoslav Svoboda siegte beim Meeting des Weltpokals im Kurzbecken<br />
in Shanghai auf der 200-m-Strecke, Freistil<br />
Petr Feldstein<br />
Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: www.gsma.cz, Petr Novák,<br />
Tschechische Presseagentur (âTK)<br />
35
36<br />
Der Weg zu den<br />
Paralympischen Spielen<br />
Der tschechische paralympische<br />
Sport hatte in seinen Anfängen vor<br />
allem winters „ein schweres Leben“.<br />
Bedenkt man die Lage des Landes, die<br />
Skibedingungen und die Pflege des<br />
Skisports hierzulande, nimmt dies<br />
kaum wunder. Eine Ausnahme von<br />
der Regel stellt die Abfahrtsläuferin<br />
Katefiina Teplá, und einige Jahre<br />
später das Sledgehockey dar.<br />
Die Paralympionikin Katefiina<br />
Teplá, mit Sehfehler geboren, arbeitete<br />
sich vor allem dank ihrem Vater<br />
hoch, der in den angehenden 1970er<br />
Jahren mit anderen einen Körperbehindertensportverband<br />
in der Tschechoslowakei<br />
aus der Taufe hob und<br />
den Abfahrtslauf intensiv betrieb.<br />
Seine Tochter lehrte er seit ihrem dritten<br />
Lebensjahr Ski laufen und wurde<br />
später ihr Vorläufer und Trainer. Den<br />
Durchbruch schafften die beiden bei<br />
der Europameisterschaft 1991, bei der<br />
sie gemeinsam 3mal Gold gewannen.<br />
Seitdem beteiligten sie sich regelmäßig<br />
an allen Sehbehindertenwettbewerben.<br />
Bei den V. Paralympischen<br />
Winterspielen 1992 in Tignes (Frankreich)<br />
erliefen sie zwei Silbermedaillen,<br />
zwei Jahre später, bei den Paralympischen<br />
Spielen in Lillehammer<br />
(Norwegen) konnten sich infolge einer<br />
zu geringen Zahl der Angemeldeten<br />
in der Klasse nicht starten. Der wohl<br />
größte Wurf von Pavel und Katefiina<br />
Tepl˘ war der Gewinn von drei Goldund<br />
einer Silbermedaille bei den VII.<br />
Paralympischen Spielen 1998 in Nagano<br />
(Japan). Ihre Gemeinschaftskarriere<br />
beendeten sie mit vier Goldmedaillen<br />
bei der Europameisterschaft<br />
in der Slowakei. In der Folgezeit setzte<br />
Katefiina ihre Karriere mit der neuen<br />
Vorläuferin Renata Karamonová fort,<br />
der Vater förderte sie nur noch als<br />
Trainer. Ihre Rennkarriere beendete<br />
sie bei den Paralympics 2002 in Salt<br />
Lake City mit dem höchsten Gewinn<br />
Katefiina Teplá beim Skislalom auf der Paralympiade<br />
2002 in Salt Lake City<br />
im Riesen- und Superriesenslalom und<br />
Silber beim Abfahrtslauf.<br />
Hockey wieder einmal anders<br />
Das Sledgehockey, eine Form von<br />
Eishockey für Behinderte, unterscheidet<br />
sich vom klassischen Eishockey<br />
durch Schlittschuhe und Schläger.<br />
Auch wird der Sport sitzend betrieben,<br />
in Bewegung geraten die Spieler, indem<br />
sie sich mit Schlägern abstoßen,<br />
ähnlich wie die Langläufer mit Skistöcken<br />
beim Langlauf. Ein Drittel dauert<br />
15 Minuten, und die Spieler sind verpflichtet,<br />
sich mit Helmen, die das ganze<br />
Gesicht beinahe verdecken, zu schützen.<br />
Zum ersten Mal wurde dieser Sport<br />
von etlichen Ex-Spielern Anfang der<br />
1960er Jahre in einem Reha-Zentrum<br />
in Stockholm probiert. An metallene<br />
Schlitten brachten sie Schlittschuhkufen,<br />
an die Schläger kamen Fahrradgriffe,<br />
und auf einem See bei Stockholm<br />
ging es los. Damals noch ohne<br />
Torwarte. 1969 gab es bereits ein reguläres<br />
fünfköpfiges Team, das noch<br />
in demselben Jahr das erste internationale<br />
Match gegen ein Team aus Oslo<br />
austrug. Es entstanden Mannschaften<br />
in Kanada, Großbritannien, den USA<br />
und anderswo. Zugelassen wurde das<br />
Turin 2005 – Bei der Qualifikation für die Paralympischen Spiele 2006 in Turin blieb der einheimischen Sledgehockeymannschaft der Erfolg versagt.
Sledgehockey offiziell erst auf der Paralympiade<br />
1994 in Lillehammer. Für<br />
die tschechischen Sledgehockeyspieler<br />
war der Triumph der tschechischen<br />
Equipe bei den Olympischen Winterspielen<br />
1998 in Nagano und der dreifache<br />
Weltmeistertitelgewinn in den<br />
Jahren 1999-2001 eine Ermutigung<br />
ohnegleichen. Die erste dokumentierte<br />
Probefahrt auf hausgebastelten Schlitten<br />
mit Schlittschuhkufen erfolgte im<br />
April 1999 in Zlín. Dort wurde auch<br />
das erste Exhibitionsspiel vor Fernsehkameras<br />
gegeben.<br />
Es wurden Annalen der tschechischen<br />
Sledgehockeygeschichte angelegt,<br />
bis 2002 die Geschichte eines<br />
Teams, zu dem Interessierte aus allen<br />
Ecken des Landes angefahren kamen.<br />
Training wurde zu extremen Tageszeiten<br />
durchgeführt – in aller Herrgottsfrühe<br />
oder zu später Nachtstunde.<br />
2002-03 gab es bereits soviel Spieler,<br />
daß die Landesmeisterschaft „Tschechien-Pokal“<br />
mit drei Klubs, Kohouti<br />
Olmütz (Olomouc), Draci Kolín und<br />
Hamé sedící medvûdi Zlín abgewickelt<br />
werden konnte. Im darauffolgenden<br />
Sledgehockeyeuropameisterschaft 2005 in Zlín (Tschechien)<br />
Jahr kamen noch zwei weitere Teams,<br />
Králové aus Budweis (âeské Budûjovice)<br />
skv nowaco sharks Karlsbad (Karlovy<br />
Vary) hinzu, und man begann einen<br />
regelmäßigen Ligawettbewerb durchzuführen.<br />
Die dritte Saison 2005-6<br />
wurde sogar mit sechs Teams begonnen,<br />
es bildete sich der Sledgehockeyklub<br />
Sparta Prag und Tschechien wird<br />
nach fünf Jahren das Land mit der<br />
höchsten Dichte der Sledgehockeyteams.<br />
Von der Teilnahme an Auslandsturnieren<br />
konnte das tschechische<br />
Team anfangs mangels finanzieller<br />
Ressourcen nur träumen, dennoch<br />
ging der Zlíner Klub nach verlegenen<br />
Anfängen daran, Turniere mit Incomern<br />
zu veranstalten. Treue Teams kamen<br />
aus Deutschland, Estland und Schweden,<br />
es fehlten allerdings auch Spieler<br />
aus Großbritannien und den Niederlanden<br />
nicht. Das Zlíner Turnier avancierte<br />
im Laufe von den vier Jahren zu<br />
einem der beiden großen europäischen<br />
Turniere. Sein Ruf gipfelte in der Einreichung<br />
der Kandidatur für die überhaupt<br />
erste Europameisterschaft. Diese<br />
fand im April 2005 in Zlín statt, wo<br />
ein Sledgehockeystadion unter Verwendung<br />
einer Investition von über<br />
100 Mio. Tschechischen Kronen errichtet<br />
wurde. Dieses wurde vom<br />
Präsidenten der Sledgehockeysektion<br />
des Internationalen Paralympischen<br />
Komitees (IPC), Sten Dummel aus<br />
Schweden, für Europas beste Anlage<br />
dieser Art bezeichnet. Die tschechische<br />
Equipe, die in einer Auswahl<br />
aller fünf Klubs bestand, erlebte dort<br />
ihre internationale Premiere. Drei<br />
Niederlagen und zwei Siege brachten<br />
im Endergebnis Platz 4 in Europa.<br />
Jakub BaÏant<br />
Tschechisches Fernsehen<br />
Photos: Redaktion Archiv, Tschechisches<br />
Fernsehen Archiv<br />
37
38<br />
Fünf Ringe über<br />
Prag?<br />
Der Gedanke, Olympische Spiele<br />
in der Goldenen Stadt abzuhalten, ist<br />
mehr als hundert Jahre alt. Bereits<br />
1900 wurde er von einem der Pioniere<br />
des tschechischen Sports, Josef Rössler-Ofiovsk˘,<br />
als erstem ausgesprochen.<br />
Auch in der Zwischenkriegszeit, in<br />
den Jahren des Bestehens der tschechoslowakischen<br />
Republik, wurde<br />
Prag als olympische Stadt, vor allem<br />
im Zusammenhang<br />
mit dem Jahr 1924,<br />
ernstlich in Betracht<br />
gezogen. In der zweiten<br />
Hälfte der 1960er<br />
Jahre, kurz vor dem<br />
sogenannten Prager<br />
Frühling 1968, wurde<br />
zum Ärger der Parteiund<br />
Staatsführung der<br />
Vorschlag veröffentlicht,<br />
daß die Olympischen<br />
Sommerspiele<br />
1980 in Prag stattfinden<br />
könnten. Hätte<br />
es den Einmarsch der<br />
Truppen des Warschauer<br />
Paktes im August<br />
1968 nicht gegeben,<br />
hätte es auch<br />
nicht so utopisch geklungen wie heute.<br />
Die Ironie der Geschichte wollte es,<br />
daß die Organisation dieser Spiele<br />
der Hauptstadt des Landes aufgetragen<br />
wurde, die die Besetzung der<br />
Tschechoslowakei zu verantworten<br />
hatte, nämlich Moskau.<br />
2003 wurde der einstige und mutige<br />
Wunsch vom Oberbürgermeister Pavel<br />
Bém anhand der Materialien der<br />
Vertreter des Tschechischen Olympischen<br />
Komitees und einer Reihe anderer<br />
involvierter Stellen wiederaufgegriffen.<br />
Es gab spontane, bis stürmische<br />
Reaktionen, sie fielen jedoch unterschiedlich<br />
aus. Von der begeisterten<br />
und vorbehaltlosen Zustimmung über<br />
einige Verlegenheit und Skepsis bis<br />
hin zur puren Ablehnung.<br />
Es steht außer Zweifel, daß Prag<br />
mit seinem Flair, seiner unverwechselbaren<br />
Geschichte, Denkmälern und<br />
anderen Sehenswürdigkeiten einen<br />
überaus würdigen Rahmen für das<br />
massivste und bedeutendste Kräftemessen<br />
abgeben würde und daß Prag<br />
und die Spiele miteinander harmonieren<br />
würden. Die Gegner wandten ein,<br />
die Olympischen Spiele würden nicht<br />
zu Prag passen, Prag sei eine zu intime<br />
Stadt, eine geschlossene Metropole,<br />
die die Olympiade raummäßig und<br />
Tennisplätze auf der Hetzinsel (·tvanice) in Prag<br />
auch in anderer Hinsicht nicht aufnehmen<br />
könne. Übrigens, und dies sei der<br />
springende Punkt, sei die Volkswirtschaft<br />
Tschechiens durch ein halbes<br />
Jahrhundert währendes Regiment der<br />
totalitären Regime überstrapaziert, so<br />
daß eine dermaßen anspruchsvolle<br />
und komplizierte Großveranstaltung<br />
wirtschaftlich kaum zu verkraften sei.<br />
Das Projekt als solches sei ein völlig<br />
unrealistisches, ja ein Größenwahn.<br />
Die Verfechter der Idee führen an,<br />
daß seit 1992, als Sportler aus aller<br />
Herren Ländern in Barcelona zusammenkamen,<br />
die Spiele keine roten<br />
Zahlen mehr geschrieben hätten. Es<br />
handele sich um eine einmalige Propaganda<br />
für das ganze Land, einen<br />
natürlichen Impuls für den Nationalstolz,<br />
eine Möglichkeit, die Beschäftigungsquote<br />
zu potenzieren, außerdem<br />
ließen sich alle Hochrechnungen, das<br />
Follow-up, optimistisch an. Auch das<br />
Internationale Olympische Komitee<br />
ist der Kandidatur Prags gewogen.<br />
Diesbezüglich besuchte im November<br />
2004 der Direktor des Komitees, Gilbert<br />
Felli, Tschechiens Landeshauptstadt,<br />
ließ sich über das Vorhaben ausführlich<br />
unterrichten und einige ausgewählte<br />
Lokalitäten für künftige<br />
Sportstätten präsentieren. Er erklärte<br />
unter anderem, daß<br />
er froh sei, daß Prag<br />
die Kandidatur in Erwägung<br />
zieht. Er sei<br />
des weiteren erfreut,<br />
daß Prag viele Fragen<br />
stelle. Gern habe er<br />
auf sie geantwortet.<br />
Das Vorhaben, in<br />
dem u.a. steht, daß Prag<br />
alle Investitionen in Infrastruktur,Verkehrsinfrastruktur,Sportstätten<br />
usw. ohnehin<br />
benötige und diese erhalten<br />
bleiben würden,<br />
(eine der Bedingungen<br />
des IOK für jedwede<br />
Kandidatur), ist als ein<br />
umfangreiches wirtschaftliches<br />
und Marketinggutachten<br />
(Ekonomická a marketingová studie<br />
pofiádání letních olympijsk˘ch her…)<br />
für die Kandidatur im Jahr 2016 bzw.<br />
2020 erarbeitet.<br />
Die Jahreszahl 2016 kommt<br />
höchstwahrscheinlich nicht mehr in<br />
Frage, da bei der Abstimmung des<br />
IOK 2005 in Singapore beschlossen<br />
wurde, die Spiele 2012 in einer anderen<br />
europäischen Stadt, in London, abzuhalten.<br />
Daraus ist zu schließen, daß<br />
2016 ein anderer Erdteil als Europa<br />
zur Auswahl stehen wird. Aus dieser<br />
Sicht erscheint das Jahr 2020 für die<br />
Prager Kandidatur erfolgreicher.<br />
Inwieweit Prags Olympiade-Kandidatur<br />
reale Gestalt annimmt, wird sich<br />
wohl in nächster Zukunft herausstellen.<br />
Petr Feldstein<br />
Photos: CzechTourism, Sazka – Archiv<br />
(Karel ·vec)