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Wenig Grund für Mieterhöhungen Tipps für die ... - Mieterverband

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Das Vorkaufsrecht <strong>für</strong><br />

Mietende würde <strong>die</strong> Eigentumsquote<br />

in der Schweiz<br />

verbessern.<br />

6 MIETEN & WOHNEN 4|06<br />

Vorkaufsrecht: gestern<br />

gefordert, heute verdammt<br />

Am Schluss war das Verdikt deutlich:<br />

Die parlamentarische Initiative<br />

der Berner Nationalrätin Margret<br />

Kiener Nellen wurde in der Frühjahrssession<br />

des Nationalrats mit 105<br />

gegen 60 Stimmen abgelehnt. Im<br />

Schweizerischen Zivilgesetzbuch sollte<br />

ein Vorkaufsrecht <strong>für</strong> Mieterinnen<br />

und Mieter eingeführt werden. Das<br />

Resultat ist ernüchternd und zeigt,<br />

dass <strong>die</strong> Initiative nur gerade vom<br />

linksgrünen Lager unterstützt wurde.<br />

Bundesrat da<strong>für</strong><br />

Dabei handelt es sich um ein altes Anliegen,<br />

das einmal breite Zustimmung<br />

genoss. Ein kleiner Rückblick zeigt,<br />

wie ein berechtigtes Anliegen im Lauf<br />

der Jahre «abserviert» wird.<br />

Das Vorkaufsrecht wurde bereits<br />

in den 1980er-Jahren im Zusammenhang<br />

mit der Bodenrechtsreform<br />

diskutiert. Probleme wie <strong>die</strong> Zersiedelung<br />

des Landes, <strong>die</strong> fehlende Steuerung<br />

der Raumplanung und nicht zuletzt<br />

<strong>die</strong> magere Eigentumsstreuung<br />

setzten eine Reformdebatte in Gang.<br />

Das Vorkaufsrecht wurde als taugliches<br />

Mittel angesehen, um <strong>die</strong> Eigentumsquote<br />

zu erhöhen. 1989 musste<br />

der Bundesrat mit Dringlichkeitsrecht<br />

<strong>die</strong> überbordende Spekulation be-<br />

rh | Der Nationalrat hat sich klar gegen ein Vorkaufsrecht <strong>für</strong> Mieterinnen<br />

und Mieter entschieden. Die Debatte macht deutlich, wie wenig<br />

Rückhalt Mieteranliegen im derzeitigen Parlament haben.<br />

kämpfen. Er schnürte ein Massnahmenpaket,<br />

das <strong>die</strong> Misere auf dem<br />

Boden- und Wohnungsmarkt an der<br />

Wurzel anpacken wollte. Unter den<br />

vorgesehenen Massnahmen war auch<br />

ein Vorkaufsrecht von Wohnraum <strong>für</strong><br />

Gemeinwesen sowie <strong>für</strong> Mieterinnen<br />

und Mieter aufgeführt.<br />

Der neoliberale Geist<br />

Doch beim Bodenrecht war es wie bei<br />

vielen reformerischen Grossvorhaben:<br />

Am Ende gebiert der Berg eine Maus.<br />

Das Vorkaufsrecht geriet mit dem Siegeszug<br />

der neoliberalen Politik in Vergessenheit.<br />

Bürgerliche sahen das<br />

Heil allein in der Liberalisierung des<br />

Mietrechts und in der Marktmiete,<br />

lies: im Abbau des Mieterschutzes.<br />

Die mieterpolitischen Auseinandersetzungen<br />

verlagerten sich ganz auf<br />

<strong>die</strong>ses Feld. Bis heute dauern sie an,<br />

und <strong>die</strong> Mieterbewegung musste und<br />

muss ihre ganze Kraft aufwenden, um<br />

dem drohenden Abbau und der damit<br />

verbundenen Mietzinsspirale entgegenzutreten.<br />

Das Vorkaufsrecht blieb auch deshalb<br />

im Schatten, weil das Hauseigen-<br />

Bild m&w<br />

tümerlager das einstige Reformthema<br />

plötzlich <strong>für</strong> sich reklamierte und unter<br />

dem Titel «Wohneigentumsförderung»<br />

politisch hochfuhr. Es ging<br />

aber lediglich um Steuererleichterungen<br />

<strong>für</strong> Hausbesitzende auf Kosten<br />

anderer Steuerzahlender. Die Unersättlichkeit<br />

der Hauseigentümerlobby<br />

führte dazu, dass das Steuerpaket in<br />

der Volksabstimmung vom Mai 2004<br />

Schiffbruch erlitt.<br />

Mieter als Spekulanten...<br />

Als Reaktion darauf kam im März<br />

2004 eine parlamentarische Initiative<br />

zur gesetzlichen Einführung des Vorkaufsrechts.<br />

Eine wirksame Massnahme,<br />

<strong>die</strong> sowohl zur Verbesserung der<br />

Rechte der Mietenden als auch zur Erhöhung<br />

der Eigentumsquote beiträgt,<br />

lautete das Argument. Es sei stossend,<br />

wenn langjährige Mietende erst<br />

nachträglich erfahren, dass <strong>die</strong> von ihnen<br />

bewohnte Liegenschaft verkauft<br />

worden ist. Das Vorkaufsrecht <strong>für</strong><br />

Mehrfamilienhäuser sollte auch Mietergemeinschaften,Wohnbaugenossenschaften<br />

und Stiftungen ermöglicht<br />

werden.<br />

Die Gegner machten nun im Nationalrat<br />

geltend, das sei eine eigentumsfeindliche<br />

Massnahme und<br />

schränke das Eigentumsrecht massiv<br />

ein. Ja, es käme einer Teilenteignung<br />

gleich, wenn man noch Vorschriften<br />

in Bezug auf den Preis machen<br />

würde. Das Problem sei eher <strong>die</strong> hohe<br />

Steuerbelastung des Wohneigentums.<br />

Vom Vorkaufsrecht könnten nur<br />

finanzkräftige Mietende Gebrauch<br />

machen. Ausserdem könnten Mietende<br />

versucht sein, mit dem Vorkaufsrecht<br />

zu handeln und damit <strong>die</strong> Spekulation<br />

anzuheizen.<br />

Dieses letzte «Argument» stellt<br />

eine geradezu perverse Umdrehung<br />

dar und zeigt, wie stark sich in fünfzehn<br />

Jahren neoliberalem Einfluss in<br />

gewissen Kreisen eine mieterfeindliche<br />

Denkweise etabliert hat. Was<br />

einst der Bundesrat selbst noch als<br />

vernünftig in Betracht zog, wird heute<br />

in Bausch und Bogen verdammt. Ein<br />

politischer Tiefpunkt, der wohl nur<br />

durch ein anders zusammengesetztes<br />

Parlament überwunden werden<br />

kann.

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