VW-Gesetz - Gemeinschaft der VW-Belegschaftsaktionäre e. V.
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Das <strong>VW</strong>-GESETZ und<br />
<strong>der</strong> EG-Vertrag<br />
„Je<strong>der</strong> Laie hat doch wohl ein schlechtes Gefühl dabei, etwas <strong>der</strong>b<br />
gesagt, dass <strong>der</strong> Bund ein <strong>Gesetz</strong> beschließt, mit dem er sich das<br />
Volkswagenwerk‚ unter den Nagel reißt.“<br />
(1. Bundesjustizminister Thomas Dehler, FDP, in <strong>der</strong> Sitzung des<br />
Bundestags am 14.10.1959)
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>: Geschichte<br />
• 1934: Nazis gründen <strong>VW</strong> m. geraubtem Gewerkschaftsvermögen.<br />
• 1945-1960 (15 Jahre):<br />
- Arbeiter=Unternehmer machen „Ruinen“ zur „Goldgrube“.<br />
- Bund & Land vermeiden jedes Risiko und jeden<br />
mitunternehmerischen Kontakt zu <strong>VW</strong>.<br />
• 1960: Bund & Land eignen sich <strong>VW</strong> per <strong>Gesetz</strong> an, behalten ganz<br />
normale Aktien; Arbeitnehmer erhalten als „Rest ihres Eigentums“:<br />
Schutz gegen alleinigen Diktator (=Volksaktie).<br />
• 1960- 2003: Land Nds. stockt Aktienbesitz von 8% (Basis: heute)<br />
auf 18% durch normale Zukäufe auf.
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>: Geschichte<br />
... 43 Jahre vergehen; <strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong> gilt.<br />
(1998 <strong>VW</strong>-Betriebsrat verhin<strong>der</strong>t in letzter Minute Abschaffung<br />
des <strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>es durch die damalige CDU/FDP-BReg.)<br />
• 2003 EU-Kommissar Bolkestein behauptet, <strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong> verstosse<br />
gegen die Kapitalverkehrs- und Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit<br />
des EG-Vertrages von 1958.<br />
• 2005 geplant: EU-Kommissar McCreevy wird Klage erheben.
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>: Kritisierter Inhalt<br />
1) 20%-Stimmrechtsbeschränkung für HV-Beschlüsse;<br />
2) 80% Kapitalmehrheit für beson<strong>der</strong>s wichtige HV-Beschlüsse,<br />
für die es nach dem Aktiengesetz auf unverbindliche 75%-<br />
Kapitalmehrheit ankommt;<br />
3) Aufsichtsratsentsendemandate: 2 für Nds. und 2 (früher) für<br />
Bundesregierung.<br />
EU-Kommission: <strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong> beschränkt freien Kapitalverkehr<br />
EuGH: ca. 6 Urteile (Belgien, Frankreich, Spanien, GB, ...) für<br />
an<strong>der</strong>e Sachverhalte.
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>: „geeignet, Investoren abzuhalten“?<br />
1) konkret geeignet?<br />
• Kommission: (+) , da 1 Anzeige vorliegt (Hedgefond Liverp.).<br />
• BReg.: (-), weil: 700.000 <strong>VW</strong>-Aktionäre; 50% Ausland (incl.<br />
Anzeigeerstatter); an 20 Börsen weltweit tgl. 2,4 Mio. <strong>VW</strong>-<br />
Aktien gehandelt; übliches Kurs/Gewinn-Verhältnis.<br />
2) theoretisch geeignet?<br />
• Kommission: (+), Abschreckung „denkbar“.<br />
• BReg.: (-), s. folgende Begründung.<br />
3) Rechtfertigung?<br />
• Kommission: (-), insb. keine Grundversorgung.<br />
• BReg.:(+) Geschichte,Mitbest.,MindhSchutz,<strong>VW</strong>-Bedeutung.
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>: die einzelnen Regelungen<br />
1) 20%-StimmR-Beschränkung<br />
• AktG:1998 bei„börsennot. AG“abgeschafft; übrige EU: zulässig.<br />
• behin<strong>der</strong>t egoistische Alleinherrschaft, nicht: von an<strong>der</strong>en<br />
Aktionären geduldete o<strong>der</strong> unterstützte Alleinherrschaft o<strong>der</strong><br />
egoistische Herrschaft mehrerer.<br />
2) 80%-Kap.-Mehrheit für beson<strong>der</strong>s wichtige HV-Beschlüsse<br />
• AktG: 75% bis 100% zulässig.<br />
• stärkt Min<strong>der</strong>heiten: 20% leichter als 25% zu erlangen.<br />
• schwächt die Wirkungen <strong>der</strong> 20%-StimmR-Beschränkung ab,<br />
weil <strong>der</strong> durch die StimmR-Beschränkung negativ betroffene<br />
Aktionär leichter die Schwelle für das Veto-Recht erreicht.
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong>: die einzelnen Regelungen<br />
3) 2 AR-Entsendemandate für Land Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
• AktG: Entsendung v. 1/3 (=3) <strong>der</strong> KapEigner-V. im AR zulässig.<br />
Hintergrund: Börsen-Anreiz für Unternehmenseigner gewollt =<br />
sonst kein KapVerk..<br />
• Land Nds. hat im AR noch nicht einmal ein Veto-Recht.<br />
• entspricht im Ansatz dem demokratischen VerhältniswahlR<br />
(20% <strong>der</strong> Aktien = 20% <strong>der</strong> Mandate).
Min<strong>der</strong>heitenrechte Mehrheitsrechte<br />
EU stärkt z.Zt. Min<strong>der</strong>heitenschutz (d.h. Großaktionäre sollen die<br />
Gesellschaft nicht so behandeln, als gehöre sie ihnen allein):<br />
• EU-ÜbernRL,<br />
• OECD-Corporate-Governance-Regelungen,<br />
• Empfehlungen zur Unabhängigkeit von AR-Mitglie<strong>der</strong>n.<br />
Hier absolut entgegengesetzte Zielrichtung: EU will Großaktionär<br />
för<strong>der</strong>n (d.h. ab 40% soll <strong>der</strong> Großaktionär die Gesellschaft so<br />
beherrschen können, als gehöre sie ihm allein): deshalb: EG-<br />
Vertragsverletzungsverfahren.
Zusammenfassung<br />
1) Es gibt viele gute Gründe, die Auffassung zu vertreten, das<br />
<strong>VW</strong>-<strong>Gesetz</strong> schränke den Kapitalverkehr letztlich nicht ein,<br />
weil die kapitalverkehrsför<strong>der</strong>nden Wirkungen gegenüber<br />
eventuell kapitalverkehrsbeschränkenden Wirkungen<br />
überwiegen.<br />
2) Es gibt viele gute Gründe, die Auffassung zu vertreten, dass,<br />
selbst wenn man ein Überwiegen <strong>der</strong> kapitalmarktbeschränkenden<br />
Wirkungen annähme, dies gerechtfertigt wäre.<br />
3) Es gibt viele gute Gründe zu erwarten, dass <strong>der</strong> EuGH diese<br />
Gründe tiefgehend erörtern und ihnen dann auch folgen wird.