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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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S. 145). 32 Beim Ges<strong>und</strong>heitsverhalten tritt dieser Zusammenhang noch stärker<br />

hervor: In der durch die B<strong>und</strong>eszentrale für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung in<br />

Auftrag gegebene Studie über das Ernährungsverhalten Jugendlicher im<br />

Kontext ihre Lebensstile konnte festgestellt werden, dass die Eltern ihre<br />

Lebensstile in hohem Maße an ihre Kinder weitergeben <strong>und</strong> der jeweilige<br />

Schultypus 33 (vgl. Gerhards/Rössel 2003, S. 94) <strong>und</strong> das Wohnumfeld (vgl.<br />

Brettschneider/Brandl-Bredenbeck 2010) diesen Prozess weiter verstärken<br />

können.<br />

(2) Daneben ist das Freizeitverhalten durch unterschiedliche Praxen im<br />

Umgang mit der zeitlichen Strukturierung der Freizeit gekennzeichnet<br />

(Zeitmanagement): Während die Freizeit der einen stark reglementiert ist,<br />

d.h. durch außerschulische Angebote terminlich geregelt ist <strong>und</strong> häufig unter<br />

Aufsicht Erwachsener stattfindet (wie z.B. im Sportverein 34 ), können die<br />

anderen tendenziell ungeplanter <strong>und</strong> in Eigenregie ihre Freizeit gestalten,<br />

wenn auch der Autonomie finanzielle Grenzen gesetzt sind: „Working class<br />

and poor children had long stretches of free time during which they<br />

watched television and played with relatives and friends in the<br />

neighbourhood, creating ways to occupy themselves. In these acitivities,<br />

there was more of a separation between adults‟s worlds and children‟s<br />

worlds.” (Lareau 2003, S. 36; siehe dazu ähnliche Ergebnisse für Deutschland:<br />

Büchner/Krüger 1996; Krüger/Kötters 2000, S. 121; Büchner/Koch<br />

2001, S. 137). Demgegenüber sind die Freizeitwelten von Eltern <strong>und</strong> Kindern<br />

der Mittelschicht stärker miteinander vernetzt, sodass sich nicht selten<br />

die Freizeitaktivitäten der Eltern nach den Freizeitaktivitäten der Kinder<br />

richten müssen (vgl. Lareau 2003, S. 35).<br />

(3) Weitere Unterschiede zeigen sich auch mit Blick auf die Lerneffekte,<br />

die das organisierte Freizeitverhalten der Kinder mit sich bringt: „In their<br />

organizational style, many of the activities in which middle class children<br />

routinely participate replicate key aspects of the workplace.” (ebd., S. 62).<br />

Sie entwickeln Selbstbewusstsein sowie Kompetenzen in der Selbstdarstellung<br />

<strong>und</strong> in Umgang mit Erwachsenen (vgl. ebd., S. 241f.). Freizeit <strong>und</strong><br />

Bildung sind damit aus der Perspektive der Mittelschichtseltern nicht nur<br />

eigenlogisch miteinander vernetzt, sondern begünstigen auch Entwicklungsprozesse,<br />

die nützlich für das spätere Erwachsenendasein sind: kompetentes<br />

Zeitmanagement, Organisationswissen, Planungs- <strong>und</strong> Konfliktlösungskompetenzen<br />

(Teamwork), Umgang mit Informationssystemen <strong>und</strong><br />

Beratungsangeboten (vgl. Büchner 1996, S. 171). Kindheit aus der Sicht der<br />

unteren sozialen Schichten wird dagegen als Moratorium betrachtet, das die<br />

Kinder vor den Anforderungen des Erwachsenenlebens schützt (vgl. ebd.,<br />

32 Da in der Wahl der Sportart soziale Unterschiede über die Schulformen nachweisbar sind (z.B.<br />

Fußball wird eher an Haupt- <strong>und</strong> Realschulen gespielt, wohingegen Realschüler <strong>und</strong> Gymna-<br />

siasten eher Radfahren bevorzugen), bleibt zu fragen, ob darüber Sozialisationseffekte e r-<br />

kennbar werden.<br />

33 Am Beispiel des Ernährungswissens kann gezeigt werden, dass es insofern vom Schultypus<br />

beeinflusst ist, als Gymnasiasten mehr über Ernährung erfahren als Mittelschüler (vgl. Ge-<br />

rhards/Rössel 2003, S. 95f.). Die Wahl des Schultypus wiederum hängt aber wiederum von<br />

den Eltern ab – insbesondere von deren Bildungsabschlüsse <strong>und</strong> Lebensstilen (vgl. ebd., S.<br />

104f.).<br />

34 Sport wird von ca. 80% der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen im Verein getrieben <strong>und</strong> das für ca. acht<br />

Jahre im Laufe ihrer Schulzeit (vgl. Hoom et al. 2010, S. 34).<br />

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