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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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Wie Ulich (1993) beschreibt, beruhen Eltern-Lehrer-Konflikte zu einem<br />

großen Teil auf mangelnden Informationen <strong>und</strong> Vorurteilen: „Eltern überschätzen<br />

häufig die pädagogisch-didaktische Qualifikation der Lehrer, haben<br />

zu hohe Erwartungen, die viele Lehrer nicht erfüllen können [H.i.O.];<br />

Lehrer unterschätzen eher die erzieherischen Kompetenzen der Eltern <strong>und</strong><br />

fühlen sich deswegen ihnen gegenüber meist überlegen.“ (ebd., S. 98).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> manifester Vorurteile <strong>und</strong> wechselseitiger Verantwortungszuschreibung<br />

erscheint die Elternbeteiligung als permanentes<br />

Kräftemessen. Entscheidend für den schulischen Erfolg ist jedoch gerade<br />

nicht der Umfang der elterlichen Beteiligung in <strong>und</strong> außerhalb der Schule,<br />

sondern der Prozess des Austausches im Sinne einer die kulturelle Praxis der<br />

<strong>Familie</strong> berücksichtigenden Verständigung, wie Pomerantz et al. (2007) aufgr<strong>und</strong><br />

einer umfassenden Übersicht zum amerikanischen Forschungsstand<br />

hervorheben (vgl. dazu auch Ulich 1993, S. 204). Entscheidend für den<br />

Schulerfolg ist daher wiederholt die Gestaltung des Verhältnisses <strong>zwischen</strong><br />

<strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Schule. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieses Verhältnis mit<br />

zunehmendem Alter der SchülerInnen auch einem Wandlungsprozess unterworfen<br />

ist. Das hat für die Elternbeteiligung in der Sek<strong>und</strong>arstufe Konsequenzen<br />

wie folgt.<br />

2.3.2 Elternbeteiligung in der Sek<strong>und</strong>arstufe<br />

Im Hinblick auf die Elternbeteiligung in der Sek<strong>und</strong>arstufe zeigen erste<br />

Untersuchungen Differenzen in einer als angemessen erachteten Elternbeteiligung<br />

auf: Im Unterschied zur primary school ist für die secondary school<br />

nicht eindeutig klar, worin die Elternbeteiligung bestehen soll (vgl. Crozier<br />

1999). Das hat nicht nur zur Folge, dass Elternbeteiligung mit zunehmenden<br />

Alter der Kinder sinkt, wie eine amerikanische Langzeitstudie zeigt (vgl.<br />

Epstein/Lee 1995), sondern auch dass die Eltern in späteren Jahren oft<br />

unsicher über die Art <strong>und</strong> Weise sind, wie sie ihrem Kind helfen können<br />

(vgl. Fagnano 1994). Das deutlich komplexere Umfeld – mehr Lehrer, mehr<br />

Schüler, mehr Fächer – stellt der Elternbeteiligung nicht zu unterschätzende<br />

Hürden entgegen <strong>und</strong> führt beispielsweise im häuslichen Kontext dazu,<br />

dass Eltern immer weniger bereit sind, sich den schwieriger werdenden<br />

Schulstoff anzueignen, um Unterstützung bieten zu können. 38<br />

Eine Meta-Analyse der im Zeitraum von 1985-2006 veröffentlichten USamerikanischen<br />

Studien zur Elternbeteiligung in der middle school 39 fokussier-<br />

38 Im Alltag leisten vor allem die Mütter die Bildungsarbeit. In ihrer Rolle Hilfslehrerin geraten sie<br />

42<br />

dabei in den Dauerkonflikt von Ohnmacht <strong>und</strong> dem Gefühl, für die schulische Unterstützung<br />

des Kind nicht genug getan zu haben, eben weil damit die Anforderungen verb<strong>und</strong>en sind, ei-<br />

nerseits den Schulstoff zu verstehen <strong>und</strong> andererseits über die notwendigen Zeitressourcen zu<br />

verfügen (vgl. Henry-Huthmacher 2008, S. 13). Faktisch zeigen sich jedoch keine negativen<br />

Effekte der mütterlichen Berufstätigkeit auf die Schulleistungen ihrer Kinder (vgl. Röhr -<br />

Sendlmeier 2009). Vielmehr wirkt sich die Berufstätigkeit der Mutter in Verbindung mit einem<br />

höheren Bildungsniveau sowohl günstig auf eine anregende familiäre Lernumwelt <strong>und</strong> Frei-<br />

zeitgestaltung aus als auch auf die Zufriedenheit der Kinder hinsichtlich einer zwar zeitlich g e-<br />

ringeren, aber intensiveren elterlichen Zuwendung (vgl. ebd.).<br />

39 Die Bezeichnung „middle school“ wird nicht einheitlich verwendet. Sie betrifft aber im Allge-<br />

meinen das Pubertätsalter, das heißt die Klassenstufen 6-9 oder Teile davon, in Ausnahmefäl-<br />

len auch die Klasse 5.

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