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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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3 Schule als spezifischer Kontext jugendlicher<br />

Lebenswelten<br />

Ein zentraler Bildungsort moderner Gesellschaften ist die Schule. Durch die<br />

Schulpflicht ist die Vermittlung systematisierten Wissens an nachfolgende<br />

Generationen institutionell geregelt mit dem Ziel, die Partizipation am gesellschaftlichen<br />

Leben zu gewährleisten. Damit ist die Sozialisationsfunktion<br />

der Schule immer zugleich auch mit ihrer Selektionsfunktion verb<strong>und</strong>en.<br />

Obwohl die gesetzliche Schulpflicht die Stellung der Schule monopolisiert,<br />

ist auch sie, „um ihre Funktionen erfüllen zu können, implizit oder explizit<br />

auf andere Bildungsorte <strong>und</strong> Lernwelten angewiesen“ (BMFSFJ 2006, S.<br />

92).<br />

Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Schule im Bewusstsein der<br />

Jugendlichen den Gegenpol zu ihrer Lebenswelt <strong>und</strong> ihren Lernmöglichkeiten<br />

markiert (vgl. Tully/Wahler 2006, S. 73). D.h. obwohl sich die Schulen<br />

im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr liberalisieren <strong>und</strong> öffnen, Betreuung<br />

vor <strong>und</strong> nach der Unterrichtszeit sowie Freizeitangebote bieten,<br />

kurz: eine Entwicklung der „Entscholarisierung von Schule“ eingetreten ist,<br />

gehen Jugendliche heute weniger gern zur Schule als in den 1960er Jahren<br />

(vgl. Fölling-Albers 2000, S. 123). Im Sinne dieser Perspektive haben sie<br />

eher ein strategisches, erfolgs- <strong>und</strong> nutzenorientiertes Verhältnis zur Schule<br />

entwickelt (vgl. Düx/Sass 2006, S. 216) oder eine Anti-Haltung zur Schule<br />

eingenommen als Ausdruck jugendlicher Inszenierung (vgl. Lyng 2009). Ein<br />

strategisches Verhältnis zur Schule meint dabei, die Schule zwar als notwendige<br />

Instanz des Erwerbs formaler Bildungsabschlüsse, aber nicht hinreichende<br />

Instanz zu sehen, um sich für den Ausbildungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarkt<br />

zu qualifizieren <strong>und</strong> Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Von zunehmendem<br />

Interesse sind daher außerschulische Bildungsangebote, die jedoch<br />

schulnahe Inhalte vermitteln, <strong>und</strong> wie die Schule räumlich <strong>und</strong> zeitlich begrenzt<br />

sind sowie teilweise von Personen mit pädagogischer Ausbildung<br />

betreut werden. Die Entwicklung zeugt dann im Gegensatz zur<br />

Entscholarisierung der Schule von einer „Scholarisierung der Freizeit“ (Fölling-Albers<br />

2000, S. 124). Unabhängig von dieser Entwicklung der<br />

Entgrenzung <strong>zwischen</strong> schulischer <strong>und</strong> außerschulischer Freizeit ist die<br />

Schule immer auch ein Ort der Vergemeinschaftung <strong>und</strong> Peerbildung geblieben.<br />

Hier können Erfahrungen mit Gleichaltrigen geteilt, schulische <strong>und</strong><br />

biografische Anforderungen gemeinsam bewältigt werden (vgl. Tully 2007,<br />

S. 407).<br />

Im Rahmen der <strong>Ganztagsschule</strong> wird die Verschränkung <strong>zwischen</strong> informellen<br />

<strong>und</strong> formalen Bildungsorten <strong>und</strong> Freizeitwelten konzeptionell<br />

aufgegriffen <strong>und</strong> im Schulalltag umgesetzt. Es bleibt jedoch zum einen die<br />

Frage, wie diese Verschränkung geleistet werden kann – sowohl auf pädagogischer<br />

Ebene (3.1) als auch organisatorischer Ebene (3.2). Zum anderen<br />

ist von Interesse, welche Wirkung diese konzeptionelle Verschränkung von<br />

Freizeit <strong>und</strong> Schule, informeller <strong>und</strong> formeller Bildung in den außerschulischen<br />

Bereichen zu erreichen vermag. Mittels erster Bef<strong>und</strong>e aus quantitativen<br />

Studien zu dieser Frage sollen mögliche Potenziale <strong>und</strong> Grenzen, identifiziert<br />

werden (3.3).<br />

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