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1 Pubertät – wenn Erziehen nicht mehr geht 1. Familie ist Beziehung ...

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<strong>Pubertät</strong> <strong>–</strong> <strong>wenn</strong> <strong>Erziehen</strong> <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> <strong>geht</strong><br />

<strong>1.</strong> <strong>Familie</strong> <strong>ist</strong> <strong>Beziehung</strong><br />

2. Die notwendigen Konflikte zwischen den Werten<br />

3. Was brauchen Jugendliche um stark zu werden?<br />

a) Bedingungslose Liebe - Genießen Sie Ihr Kind<br />

b) Neue Art von Führung - Sparring<br />

c) Vertrauen<br />

d) Verantwortung<br />

e) Interesse<br />

4. Regeln<br />

1<br />

Astrid Egger<br />

Elternberatung ‐ Sozialpädagogin<br />

Familylab‐Seminarleiterin<br />

Tel. 333.99.36.73.4 <strong>–</strong> astrid.egger@hotmail.com<br />

<strong>1.</strong> <strong>Familie</strong> <strong>ist</strong> <strong>Beziehung</strong><br />

Was <strong>ist</strong> eigentlich <strong>Familie</strong>? <strong>Familie</strong> <strong>ist</strong> <strong>Beziehung</strong>. Und wann fühlen wir uns in der <strong>Familie</strong><br />

wohl, egal wie alt wir sind? Wenn die <strong>Beziehung</strong>en eine gewisse Qualität haben.<br />

Das was zwischen den Menschen passiert, <strong>ist</strong> das Wichtigste. Wie gehen wir miteinander um?<br />

Darum <strong>geht</strong> es.<br />

Und in <strong>Familie</strong>n tragen immer die Erwachsenen die Verantwortung für die Qualität der<br />

<strong>Beziehung</strong>en. Kinder sind damit schlichtweg überfordert.<br />

Die Qualität der <strong>Beziehung</strong>en, auch als Stimmung oder Atmosphäre in der <strong>Familie</strong><br />

bezeichnet, hat direkten Einfluss auf die Entwicklung des Selbstwertgefühls der Kinder, auf<br />

die Entwicklung der persönlichen Verantwortung und auf die Entwicklung der Fähigkeit gut<br />

für sich zu sorgen.<br />

Inhalt und Prozess<br />

In der <strong>Familie</strong> reden wir auch über Inhalte: was machen wir am Sonntag, welche Regeln soll<br />

es geben, was <strong>ist</strong> für uns richtig und falsch, wann müssen die Kinder ins Bett, was gibt es zum<br />

Abendessen, wie lange darf der Jugendliche aus bleiben. Das <strong>ist</strong> auch wichtig.<br />

Aber noch viel wichtiger und entscheidend <strong>ist</strong>, WIE wir miteinander über diese Inhalte reden.<br />

Das <strong>ist</strong> in <strong>Familie</strong>n die allerwichtigste Frage, die nach dem Prozess: Wie verhalten wir uns<br />

zueinander?<br />

In der <strong>Familie</strong> gibt es Prozesse, also Verhaltensweisen, die uns leiden lassen oder die uns<br />

helfen, dass wir uns gut entwickeln.<br />

Gehorsam<br />

Wie sollen Eltern heute ihren Kindern und jugendlichen Kindern begegnen? Die Zeiten wo<br />

blinder Gehorsam verlangt wurde, sind bei uns <strong>mehr</strong> oder weniger vorbei. Aber was nun?<br />

Sollen die Kinder jetzt machen was sie wollen?<br />

Wie kann ich als Elternteil zu meinen jugendlichen Kindern eine tragfähige <strong>Beziehung</strong><br />

aufbauen, die beide befriedigt? Darum <strong>geht</strong> es heute Abend.<br />

2. Die notwendigen Konflikte zwischen den Werten<br />

Stellen Sie sich als Frau vor, man würde sie über ihren Hormonhaushalt definieren. „Ach jetzt<br />

spinnt sie ein bisschen, das <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> ernst zu nehmen, das machen nur ihre Tage.“ Oder „Sie<br />

<strong>ist</strong> in den Wechseljahren, die nächste Zeit <strong>ist</strong> sie etwas kompliziert und aufmüpfig.“


2<br />

Astrid Egger<br />

Elternberatung ‐ Sozialpädagogin<br />

Familylab‐Seminarleiterin<br />

Tel. 333.99.36.73.4 <strong>–</strong> astrid.egger@hotmail.com<br />

Wie wäre das, <strong>wenn</strong> man sie <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> als Mensch mit Gefühlen, Werten und Gedanken<br />

ernst nehmen würde, sondern ihr Verhalten nur den Hormonen zuschreiben würde?<br />

Ich finde das demütigend.<br />

Dasselbe wird aber vielfach mit so genannten Pubertierenden gemacht. Man schiebt ihr<br />

Verhalten, ihre Gedanken und Gefühle auf die Hormone, anstatt sie ernst zu nehmen.<br />

Werte überprüfen<br />

Bis zum Alter von 11-12 Jahren glaubt jedes Kind es hätte die besten Eltern der Welt. Es<br />

vertraut ihnen zu 120%. Die Kinder haben bis zum Eintritt ins Jugendalter Jahre die Werte<br />

und Anschauungen der Eltern übernommen. Nun beginnt es sich zu verändern.<br />

<strong>Pubertät</strong> bedeutet, dass sie jetzt diese prüfen und sehen müssen, ob diese für ihr eigenes Leben<br />

Bestand haben oder sie suchen nach Alternativen. Sie müssen jetzt selbst herausfinden was<br />

ihnen gut tut und was <strong>nicht</strong>. Sie müssen sozusagen die Verantwortung für ihr eigenes Leben<br />

übernehmen.<br />

<strong>Pubertät</strong> - Selbstständigkeitsalter<br />

Die <strong>Pubertät</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> eine Zeit, die Eltern stören soll. Es <strong>ist</strong> eine natürliche<br />

Entwicklungsphase, die das Kind durchlaufen muss, um ein selbstständiger Erwachsener zu<br />

werden. <strong>Pubertät</strong> bedeutet <strong>nicht</strong> unbedingt Rebellion. Das me<strong>ist</strong>e, das Jugendliche in diesem<br />

Alter tun, tun sie <strong>nicht</strong> gegen die Erwachsenen, sondern sie tun es für sich selbst. Um sich<br />

selbst zu finden, um zu einem selbständigen Erwachsenen zu werden.<br />

Im Selbstständigkeitsalter, mit drei Jahren, müssen Kinder beginnen Dinge allein zu tun (über<br />

die Treppe alleine gehen, sich die Schuhe zuknüpfen, sich anziehen…) damit sie an diesen<br />

Aufgaben wachsen können. Auch <strong>wenn</strong> diese Aufgaben oft noch zu schwierig für sie sind.<br />

Dasselbe passiert im Jugendalter. Jetzt müssen die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen<br />

machen, um daraus zu lernen und langsam die Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.<br />

Beide Phasen, das Selbstständigkeitsalter und die <strong>Pubertät</strong>, sind ganz wichtige Phasen um sich<br />

selbst zu werden.<br />

Rückzahlungszeit<br />

Wahr <strong>ist</strong> allerdings auch, dass das Jugendalter eine Art Rückzahlungszeit <strong>ist</strong>. Das heißt die<br />

Eltern werden das Verhalten zurückerhalten, das sie den Kindern 13 Jahre lang vorgelebt<br />

haben. Wenn sie die Kinder kritisiert und angebrüllt haben, werden sie diese jetzt kritisieren<br />

und anbrüllen, zumindest ein Teil von ihnen. Der andere Teil wird Kritik und Aggression<br />

nach innen kehren und selbst-destruktiv werden.<br />

Trennungsprozess<br />

Was das Jugendalter auch immer <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> ein Trennungsprozess zwischen Eltern und Kindern.<br />

Dies bedeutet, dass die Erwachsenen wieder <strong>mehr</strong> Zeit für sich selbst und für sich als Paar<br />

haben. Es <strong>ist</strong> eine Zeit dem Kind auf Wiedersehen zu sagen und Hallo zu einem angehenden<br />

Erwachsenen.


3. Was brauchen Jugendliche um stark zu werden?<br />

a) Bedingungslose Liebe<br />

b) Neue Art von Führung - Sparring<br />

c) Vertrauen<br />

d) Persönliche Verantwortung<br />

e) Interesse<br />

a. Bedingungslose Liebe<br />

Wie kann man seine Liebe dem Kind zeigen?<br />

3<br />

Astrid Egger<br />

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Genießen sie Ihr Kind<br />

Das klingt zwar banal, <strong>ist</strong> aber unbeschreiblich wichtig für ihr Kind. Sie haben ihr Kind jetzt<br />

13 Jahre lang erzogen. Sie haben ihm all ihre Liebe, Fürsorge und Zuwendung gegeben. Sie<br />

haben hart gearbeitet und ihr Bestes gegeben. Jetzt <strong>ist</strong> es an der Zeit sich zurück zu lehnen<br />

und die Frucht ihrer Arbeit zu genießen.<br />

Und sollten sie <strong>nicht</strong> ganz zufrieden sein mit ihrem Ergebnis, dann schauen sie sich selbst im<br />

Spiegel an und fragen sich ganz ehrlich ob denn sie selbst perfekt sind.<br />

Warum sollten sie ihr Kind genießen?<br />

Aus zwei Gründen. Erstens haben sie sich das redlich verdient.<br />

Und zum zweiten <strong>ist</strong> es das, was ihr Kind in den nächsten Jahren am me<strong>ist</strong>en braucht. Für den<br />

Rest seines Lebens braucht es ein oder zwei Menschen, die es so lieben und so akzeptieren<br />

wie es <strong>ist</strong>. Und man sollte dies dem Kind auch zeigen, sonst kann es dies <strong>nicht</strong> fühlen.<br />

Eine Art, wie man sich geliebt fühlt, <strong>ist</strong>, <strong>wenn</strong> man gesehen wird, so wie man <strong>ist</strong>.<br />

Den Jugendlichen sehen<br />

Jugendliche haben wie alle anderen Menschen dieser Welt das Bedürfnis so gesehen zu<br />

werden wie sie sind. Und Jugendliche sind <strong>mehr</strong> als nur Kleidung, Mode, Musik und<br />

Freundeskreise. Alle Jugendliche haben tiefe Gedanken über die Geheimnisse des Lebens.<br />

Sie denken über das Leben, den Tod, die Liebe, Freundschaft, Sexualität, Zukunft,<br />

Gerechtigkeit und über die Welt nach. Sie sollten ihren Jugendlichen in seiner Gesamtheit<br />

sehen, also auch in seiner Auseinandersetzung mit den ex<strong>ist</strong>entiellen Fragen des Lebens.<br />

Gesehen zu werden wie man <strong>ist</strong>, steigert das Selbstwertgefühl.<br />

Wie fühlt man sich noch geliebt?<br />

Wertvoll sein<br />

Wenn sie dem Kind zeigen, dass es wertvoll für sie <strong>ist</strong>, dass es ihr Leben bereichert, dann<br />

stärken sie damit sein Selbstwertgefühl am me<strong>ist</strong>en.<br />

Wir alle haben das Grundbedürfnis für die Menschen wertvoll zu sein, die uns am nächsten<br />

stehen. Das bedeutet <strong>nicht</strong>, dass das Kind wertvoll <strong>ist</strong>, weil es gut in der Schule <strong>ist</strong> oder<br />

irgendeine Le<strong>ist</strong>ung vollbringt. Es <strong>geht</strong> überhaupt <strong>nicht</strong> um Lob. Es <strong>geht</strong> darum, dass sie sich<br />

über seine pure Ex<strong>ist</strong>enz freuen, weil sein Leben ihr Leben bereichert.<br />

Wenn man erlebt, dass man für einen Menschen wertvoll <strong>ist</strong>, einfach nur weil man <strong>ist</strong> wie<br />

man <strong>ist</strong>, dann steigert das das Selbstwertgefühl.


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Astrid Egger<br />

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Im Alltag vergessen wir oft das dem anderen zu zeigen. Erst <strong>wenn</strong> das Kind plötzlich einen<br />

schweren Unfall hat, werden wir uns wieder bewusst wie sehr wir einander lieben,<br />

unabhängig von irgendwelchen Le<strong>ist</strong>ungen.<br />

Den Jugendlichen genießen, ihn in seiner Gesamtheit sehen und ihm zeigen, dass er wertvoll<br />

für einen <strong>ist</strong>, stärkt das Selbstwertgefühl am allerme<strong>ist</strong>en.<br />

b. Neue Art von Führung - Sparring<br />

Erziehung funktioniert <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong><br />

Die klassische Art von Erziehung funktioniert in der <strong>Pubertät</strong> <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong>. Das bedeutet, dass<br />

das Besserwissen, das Belehren, wie das noch beim Kind funktioniert hat, jetzt <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong><br />

ankommt. Jüngere Kinder brauchen Eltern, die <strong>mehr</strong> Erfahrung haben, als sie selbst. Ab der<br />

<strong>Pubertät</strong> nehmen die Kinder dies <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> an.<br />

Da <strong>ist</strong> eine neue Art von <strong>Beziehung</strong> gefragt. Aus Erziehung wird sozusagen eine <strong>Beziehung</strong>,<br />

die neue Qualitäten haben sollte, damit sie fruchtbringend für alle Beteiligten <strong>ist</strong>.<br />

Sie haben etwas zu bieten<br />

Ab der <strong>Pubertät</strong> müssen sich die Eltern damit abfinden, dass sie für den Jugendlichen jetzt<br />

altmodisch sind. Das heißt aber noch lange <strong>nicht</strong>, dass sie <strong>nicht</strong>s <strong>mehr</strong> zu bieten haben.<br />

Viele Eltern glauben, sie wären für den Jugendlichen jetzt <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> wichtig. Was zählt sind<br />

nur die Freunde und die Vorbilder. Aber das stimmt <strong>nicht</strong>.<br />

Die Eltern und ihre Meinungen haben weiterhin einen sehr hohen Stellenwert für die<br />

Jugendlichen. Nur werden sie dies <strong>nicht</strong> offen sagen. Ob die Jugendlichen annehmen können,<br />

was die Eltern zu bieten haben, hängt auch von der Art und Weise ab, wie Eltern dem<br />

Jugendlichen begegnen.<br />

Jugendliche wie Eltern haben me<strong>ist</strong> die gleiche Sehnsucht nacheinander, auch <strong>wenn</strong> die<br />

Jugendlichen die me<strong>ist</strong>e Zeit mit ihren Freunden verbringen.<br />

Sparringspartner<br />

Jugendliche brauchen Eltern, die wie ein Sparringspartner arbeiten. Ein Sparringspartner <strong>ist</strong><br />

ein Trainer im Boxkampf. Er bietet dem Boxer so viel Widerstand wie möglich und richtet so<br />

wenig Schaden wie möglich an. Durch diese Art und Weise macht er den Boxer fit.<br />

Sparring bedeutet dem Jugendlichen ein Maximum an Widerstand zu geben, <strong>wenn</strong> er Dinge<br />

tun will, wo sie denken, dass sie <strong>nicht</strong> gut für ihn sind. Das heißt, dass sie als Elternteil ihre<br />

Meinungen und Überzeugungen klar zum Ausdruck bringen. Dass sie sagen was und wie sie<br />

über eine Sache denken. Das heißt, dass sie sich selbst gegenüber ehrlich sind und auch das<br />

ausdrücken, was sie wirklich meinen. Dass sie also Eindruck machen mit dem was sie sagen.<br />

Aber <strong>nicht</strong> mit der Absicht den Jugendlichen zu erziehen. Es <strong>ist</strong> ein respektvoller Austausch<br />

wie mit einem erwachsenen Freund, der einen um die eigene Meinung bittet.<br />

Wenn die 14jährige ihre Mutter fragt: „Na, <strong>ist</strong> mein neuer Freund <strong>nicht</strong> süß?“, dann <strong>nicht</strong>:<br />

„Ach, der taugt doch <strong>nicht</strong>s, so wie der sich benimmt.“ Sondern: „Hm, mein Fall <strong>ist</strong> er <strong>nicht</strong>,<br />

aber ich sehe wie deine Augen leuchten.“


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Bsp: Party<br />

Wenn der Fünfzehnjährige auf eine Party gehen will, dann <strong>ist</strong> das Erste was sie machen<br />

sollten, die Details mit ihm zu klären. Wo findet die Party statt, wer kommt, wie viele, wer <strong>ist</strong><br />

verantwortlich, wie kommt er hin, wie kommt er zurück?<br />

Aufgrund dieser Informationen sollten sie sich frei fühlen ihre Gedanken und Meinung über<br />

die Teilnahme an der Party zum Ausdruck zu bringen. Vielleicht gefällt ihm <strong>nicht</strong> was sie<br />

sagen und wie sie dazu stehen, aber es <strong>ist</strong> wichtig, dass sie sich selbst ernst nehmen und dass<br />

das ihr Kind mitbekommt.<br />

Sich selbst ernst nehmen<br />

Dieses sich selbst ernst nehmen, hat eine Vorbildfunktion für ihr Kind. Es lernt, dass man sich<br />

selbst ernst nehmen und ausdrücken darf. Auch <strong>wenn</strong> ihr Kind <strong>nicht</strong> einverstanden <strong>ist</strong> mit dem<br />

was sie sagen, <strong>ist</strong> es wichtig, dass es ihren Standpunkt kennen lernt.<br />

Man kann alles sagen, solange es <strong>nicht</strong> herablassen, bevormundend, kritisierend, drohend oder<br />

flehend <strong>ist</strong>.<br />

Entscheidung überlassen<br />

Nun aber überlassen sie dem Jugendlichen die Entscheidung ob er hin <strong>geht</strong> oder <strong>nicht</strong>. Er wird<br />

ganz sicher ihre Überlegungen in seine Entscheidung mit einfließen lassen. Auch <strong>wenn</strong> sie<br />

<strong>nicht</strong> erwarten können, dass er mit einem Lächeln im Gesicht zu ihnen sagt: „Ach, ihr seid ja<br />

so weise. Danke für eure Meinung.“ Das wird eher <strong>nicht</strong> passieren und trotzdem wird er ihre<br />

Meinung wichtig nehmen.<br />

Warum soll der Jugendliche selbst entscheiden?<br />

Jugendliche müssen aus den eigenen Handlungen lernen. Nur so können sie auch<br />

Verantwortung für ihr Leben übernehmen.<br />

Sollte sich herausstellen, dass es eine Fehlentscheidung war und der Abend <strong>nicht</strong> so gelaufen<br />

<strong>ist</strong> wie erwartet, <strong>ist</strong> es wichtig, dass sie dann da sind und mit dem Jugendlichen über seine<br />

schlechten Erfahrungen sprechen. Aber bitte <strong>nicht</strong> besserwisserisch, sondern in dem Maße<br />

interessiert, wie mit einem erwachsenen Freund. „Ich hab das Gefühl die Party war <strong>nicht</strong> so<br />

toll. Möchtest du darüber reden?“ Wenn der Jugendliche Nein sagt, dann gilt es diese Grenze<br />

zu respektieren.<br />

Sicherheitsnetz<br />

Eltern sollten wie ein Sicherheitsnetz da sein, <strong>wenn</strong> Jugendliche Entscheidungen treffen, die<br />

zu ihrem Nachteil sind. Jugendliche brauchen ihre Eltern gerade dann, <strong>wenn</strong> etwas schief<br />

läuft.<br />

Die Jugendzeit besteht auch aus tausenden Experimenten. Reife entwickelt sich nur dann,<br />

<strong>wenn</strong> die Jugendlichen die Möglichkeit bekommen ihr Scheitern mit der <strong>Familie</strong> zu teilen.<br />

Je <strong>mehr</strong> sie bestraft, belehrt und kritisiert werden, desto weniger lernen sie über sich selbst,<br />

über ihre Stärken und Schwächen.<br />

Jugendliche können vieles selber, aber noch <strong>nicht</strong> alles alleine. Was sie brauchen, <strong>ist</strong> ein<br />

Gegenüber, das sagt, wie es zu den Dingen steht.


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Astrid Egger<br />

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c. Vertrauen<br />

Welche Art von Vertrauen benötigen Jugendliche?<br />

Sie benötigen von ihren Eltern das Vertrauen, dass sie das Beste aus dem machen werden,<br />

was sie bis jetzt mitbekommen haben. Sie werden nach ihren Möglichkeiten das Beste geben.<br />

Wenn sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes stärken wollen, dann vertrauen sie ihm genau in<br />

diesem Sinne.<br />

Man kann auch darauf vertrauen, dass sie <strong>nicht</strong> immer das machen werden, was Eltern für<br />

richtig halten.<br />

Man kann auch darauf vertrauen, dass sie einige Fehlentscheidungen treffen werden.<br />

Sorgen sind das Gegenteil von Vertrauen<br />

Eltern machen sich in den Jugendjahren ihrer Kinder oft viele Sorgen. Oft werden sie zum<br />

ständigen Begleiter. Darunter leidet das Selbstwertgefühl des Jugendlichen.<br />

Sich Sorgen zu machen, heißt: ich vertraue dir <strong>nicht</strong>. Ich traue dir <strong>nicht</strong> zu, dass du es schaffst.<br />

Das untergräbt das Selbstwertgefühl der Kinder.<br />

Wenn sie sich zu viele Sorgen machen, hindert sie das auch daran ihr Kind zu genießen.<br />

Wenn sie sich Sorgen machen, dann reden sie am besten mit anderen Erwachsenen darüber,<br />

damit es ihnen besser <strong>geht</strong>, aber behelligen sie ihr Kind so wenig wie möglich damit, denn das<br />

nimmt den Jugendlichen das Vertrauen in die eigenen Kräfte.<br />

Kontrolle<br />

Auch Misstrauen und Kontrolle führen dazu, dass die Jugendlichen das Vertrauen in sich<br />

selbst verlieren und dass die D<strong>ist</strong>anz in der <strong>Beziehung</strong> zu den Eltern größer wird. Wer<br />

kontrolliert wird, fühlt sich falsch. Wer sich falsch fühlt, fühlt sich schuldig. Beides zerstört<br />

das Selbstwertgefühl.<br />

Als Folge können manche auch mit Trotz darauf reagieren und nun genau das tun, was sie<br />

<strong>nicht</strong> sollen.<br />

d. Verantwortung<br />

Es gibt zwei Sorten von Verantwortung: die persönliche Verantwortung und die soziale<br />

Verantwortung. Um ein gutes Leben zu führen brauchen wir beides.<br />

Die persönliche Verantwortung wird leicht unterschätzt. Es <strong>ist</strong> die Verantwortung, die jeder<br />

für sein Leben selbst trägt. Für das eigene Wohlbefinden, für die eigenen Bedürfnisse, für die<br />

eigenen Grenzen, für die eigenen Gefühle. Ich muss lernen Verantwortung übernehmen dafür,<br />

was ich sage und was ich tue.<br />

Die soziale Verantwortung <strong>ist</strong> die Verantwortung, die ich gegenüber anderen habe, für meine<br />

<strong>Familie</strong>, für die Gemeinschaft.<br />

Fakt <strong>ist</strong>, dass es unmöglich <strong>ist</strong> soziale Verantwortung zu übernehmen, <strong>wenn</strong> man <strong>nicht</strong> gelernt<br />

hat persönliche Verantwortung zu übernehmen.<br />

Gruppenzwang<br />

Eltern wünschen sich Kinder, die keinem Gruppenzwang unterliegen, die Nein sagen können<br />

z.B. zur Frage ob sie Drogen konsumieren oder beim Ladendiebstahl mitmachen möchten.<br />

Dazu braucht es Jugendliche, die Verantwortung für sich übernehmen können und die gelernt<br />

haben, dass sie zu Menschen, die sie gern haben, auch Nein sagen dürfen.


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Wie aber lernt man persönliche Verantwortung und für was können Jugendliche<br />

persönliche Verantwortung übernehmen?<br />

Das hängt davon ab, was Eltern wollen.<br />

Viele Eltern übernehmen sehr lange die Verantwortung in Bereichen, in denen die Kinder<br />

eigentlich schon lange selbst verantwortlich sein können.<br />

Ein Zwölfjähriger kann Verantwortung für seine Kleidung übernehmen, kann sie waschen,<br />

aufhängen und bügeln. Er kann auch einkaufen und sich etwas zu essen machen. Er kann sein<br />

Zimmer in Ordnung halten und für seinen Transport sorgen. Er kann die Verantwortung für<br />

seinen Schlaf und sein Aufstehen übernehmen, genauso wie er die Verantwortung für die<br />

Schule übernehmen kann und die Wahl seiner Freunde.<br />

Für manche Eltern <strong>ist</strong> es schwer die übernommene Verantwortung den Kindern wieder<br />

zurückzugeben. Aber mit einem Rundum-Service tut man seinen Kindern keinen Gefallen.<br />

Sicherlich <strong>ist</strong> das provozierend für viele erwachsene Männer, die in vielen Dingen auch einen<br />

Service von ihren Frauen erwarten. Tatsache <strong>ist</strong> aber, dass Jugendliche ab 12 diese<br />

Verantwortung übernehmen können.<br />

Der destruktive Konflikt<br />

Es gibt ein sicheres Zeichen, das den Eltern signalisiert, dass sie dem Kind zu viel<br />

Verantwortung abgenommen haben: den destruktiven Konflikt.<br />

Das <strong>ist</strong> ein Konflikt, der sich ständig wiederholt, ohne dass eine Lösung näher rückt und in<br />

dem beide Seiten negativ, vorwurfsvoll und kritisierend werden.<br />

Bsp: Es spricht <strong>nicht</strong>s dagegen seine 13-Jährige morgens zu wecken. Aber <strong>wenn</strong> man 3 Mal<br />

nachsehen muss und es zu wiederholten Auseinandersetzungen kommt, dann <strong>ist</strong> die Zeit reif,<br />

dass der Erwachsene Verantwortung für sich selbst übernimmt und sagt: „Mir <strong>ist</strong> aufgefallen,<br />

dass ich viel zu lang die Verantwortung dafür übernommen habe, dass du am Morgen<br />

rechtzeitig aufstehst, und ich merke, dass ich immer wütender auf dich werde. Deshalb<br />

überlasse ich die Verantwortung jetzt dir, aber natürlich darfst du auch mal um Hilfe bitten,<br />

<strong>wenn</strong> du fürchtest, dass du verschlafen könntest.“<br />

Hier passieren zwei Dingen. Zum einen übernimmt der Erwachsene wieder die<br />

Verantwortung für sein Wohlergehen und <strong>ist</strong> somit ein gutes Beispiel für die Jugendliche und<br />

zum anderen gibt er den Teil an Verantwortung an die Jugendliche zurück, den er in seiner<br />

Überverantwortlichkeit übernommen hat.<br />

Es gibt als 15jähriger, als 25jähriger oder als 40jähriger zwei Möglichkeiten: entweder ich bin<br />

für mein Leben verantwortlich oder ich bin Opfer <strong>–</strong> jemand anderer <strong>ist</strong> Schuld.<br />

e. Interesse<br />

Jugendliche brauchen es, dass man sich für sie interessiert.<br />

Kaum noch Gespräche<br />

Eltern beklagen oft, dass sie mit ihren Jugendlichen kaum noch Gespräche hätten, dass es<br />

eigentlich egal sei was sie sagen, denn die Jugendlichen würden sowieso machen was sie<br />

wollen. Deshalb geben Eltern ihre Kommunikation oft ganz auf. Sie wissen einfach <strong>nicht</strong> wie<br />

sie mit ihrem Kind in ein Gespräch kommen sollen. Sie hatten keine Möglichkeit eine


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freundschaftliche Sprache zu entwickeln. Der Mangel an Kommunikation <strong>ist</strong> traurig für beide<br />

Seiten.<br />

Definitionsmacht<br />

Jugendliche hassen es, genauso wie jeder Mensch, definiert zu werden. Das heißt <strong>wenn</strong><br />

Erwachsene ihn in eine Schublade stecken: du b<strong>ist</strong> faul, dumm, unerträglich, frech,<br />

unerfahren, kindisch. Hier interessiert sich der Erwachsene gar <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> dafür wer der<br />

Jugendliche im Moment <strong>ist</strong>, wie es ihm <strong>geht</strong>, was ihn bewegt.<br />

Im Grunde wird der Jugendliche <strong>nicht</strong> ernst genommen, sondern einfach von oben herab<br />

definiert. „Ich weiß wie und wer du b<strong>ist</strong>.“<br />

Wenn Sie zu Ihrem Kind sagen wollen: „Das <strong>ist</strong> typisch für einen Jugendlichen in der<br />

<strong>Pubertät</strong>.“, stellen Sie sich doch vor es sagt zu Ihnen: „Das <strong>ist</strong> typisch für einen Vater in der<br />

Midlifecrisis.“ Da merkt man schnell wie kränkend solche Aussagen sind und wie wenig<br />

Spielraum sie dem Anderen lassen sich zu zeigen wie er <strong>ist</strong> und was in ihm vor<strong>geht</strong>.<br />

In einen gleichwürdigen Dialog treten<br />

Wenn man eine gleichwürdige <strong>Beziehung</strong> aufbauen will, sollte man damit aufhören, dass man<br />

meint zu wissen was gut für den Jugendlichen <strong>ist</strong> und zu meinen man kenne ihn besser als er<br />

sich selbst. Um eine gleichwürdige <strong>Beziehung</strong> aufzubauen, <strong>ist</strong> es besser in einen<br />

gleichwürdigen Dialog zu treten, wo man den Jugendlichen kennen lernen will. Wo man sich<br />

für seine Sicht der Dinge interessiert.<br />

Was <strong>ist</strong> Geleichwürdigkeit?<br />

In einer gleichwürdigen <strong>Beziehung</strong> werden die Wünsche, Gedanken, Bedürfnisse und<br />

Grenzen des Einzelnen ernst genommen. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder<br />

Gesundheitszustand.<br />

Man verzichtet auf physische und psychische Gewalt. Das heißt, niemand wird für das was er<br />

fühlt und denkt geschlagen, gekränkt, kritisiert oder gedemütigt oder lächerlich gemacht.<br />

Bsp: Computerspiel<br />

Wenn ihr 11jähriger Sohn ein Computerspiel kaufen möchte und sie das als keine gute Idee<br />

empfinden, setzen sie sich mit ihm auseinander. Fragen sie was so toll daran <strong>ist</strong>, wie er es<br />

finanzieren will. So bekommen sie Einblick in seine Gedanken. Das hilft ihnen, zu lernen,<br />

wer ihr Sohn <strong>ist</strong> und zu lernen wie er Entscheidungen trifft. Und gleichzeitig fühlt sich ihr<br />

Sohn gesehen und gehört.<br />

Das <strong>ist</strong> besser, als ihn zu belehren was vernünftig <strong>ist</strong> und was <strong>nicht</strong>. Das hat nur zur Folge,<br />

dass er sich ihnen gegenüber verschließt und sie <strong>nicht</strong> wissen, ob er in der Lage <strong>ist</strong><br />

vernünftige Entscheidungen zu treffen.<br />

Dem Jugendlichen mit Gleichwürdigkeit und Interesse zu begegnen, stärkt sein<br />

Selbstwertgefühl. „Aha, du hast eine fünf bekommen. Hm, wie <strong>geht</strong> es dir damit? Brauchst du<br />

vielleicht Hilfe beim Lernen?“ Anstatt: „Du warst wieder mal zu faul zu lernen, du<br />

Dummkopf“<br />

Wenn wir uns füreinander interessieren, anstatt so zu tun, als wüssten wir schon alles über den<br />

Anderen und anstatt den Anderen zu belehren und zu kritisieren, dann stärkt das das<br />

Selbstwertgefühl.


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Wie gehen wir in einen gleichwürdigen Dialog? - Mit einer persönlichen Sprache<br />

Wie können wir miteinander reden, ohne die Definitionsmacht zu gebrauchen?<br />

Wir können das ausdrücken, was in uns vor<strong>geht</strong>. „Puh, ich werde ganz nervös <strong>wenn</strong> ich daran<br />

denke, dass du so geschminkt zu dieser Party gehst. Willst du <strong>nicht</strong> mir zuliebe auf dieses<br />

Make up verzichten?“<br />

Ich sage also was ich will/<strong>nicht</strong> will, mag/<strong>nicht</strong> mag, was mir wichtig <strong>ist</strong>.<br />

Eine persönliche Sprache schafft Nähe, Kontakt und starke, ehrliche <strong>Beziehung</strong>en. Es <strong>geht</strong><br />

darum über sich selbst zu sprechen. Über das was man fühlt und denkt. Sich zu zeigen, anstatt<br />

den Anderen zu definieren, kritisieren oder drohen.<br />

„Ich will <strong>nicht</strong>, dass du ins Schwimmbad gehst ohne vorher deine Hausaufgaben gemacht zu<br />

haben. Wie denkst du darüber?“<br />

Konflikt<br />

Gerade <strong>wenn</strong> es zum Konflikt kommt, <strong>ist</strong> eine persönliche Sprache wichtig, um in Kontakt zu<br />

bleiben. Jeder spricht über sich selbst, was er denkt und meint und hört dem Anderen zu und<br />

nimmt ihn genauso ernst wie sich selbst.<br />

„Ich will, dass du die Musik jetzt leiser machst. Ich will eine halbe Stunde rasten.“<br />

Über sich selbst zu sprechen, <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> ganz einfach. Vielfach reagieren wir im Konfliktfall mit<br />

Drohungen, Kritik und Bevormundung. Aber das <strong>ist</strong> im Grunde ein Machtmissbrauch und<br />

lehrt uns <strong>nicht</strong>s über uns und den andern.<br />

Konflikte sind nie ein Zeichen dafür, dass die <strong>Beziehung</strong> <strong>nicht</strong> stimmt. Konflikte sind nur ein<br />

Zeichen dafür, dass zwei Menschen Unterschiedliches zur gleichen Zeit wollen. Je offener<br />

Konflikte angesprochen werden dürfen, desto freier bleibt die Atmosphäre in der <strong>Familie</strong>.<br />

Jeder weiß wie es sich anfühlt, <strong>wenn</strong> Konflikte unter den Tisch gekehrt werden. Die Luft wird<br />

dick und niemand fühlt sich <strong>mehr</strong> frei.<br />

Authentisch bleiben<br />

Bleiben sie im Konflikt authentisch. Zeigen sie ihre Gefühle. Man kann wunderbar wütend<br />

sein und trotzdem gleichwürdig, solange man über sich spricht und den Anderen <strong>nicht</strong> als<br />

Idioten darstellt. „Ich will verflixt noch mal, dass du die Schuhe im Hausgang ausziehst. Es<br />

mach mich wütend, <strong>wenn</strong> du das <strong>nicht</strong> tust. Ich will <strong>nicht</strong> alle Tage den Boden wischen.“<br />

Wenn ich in einem persönlichen Dialog bleibe, dann lerne ich den Anderen kennen und lerne<br />

auch mich selbst kennen und ich nehme mich und den Andern ernst. Das stärkt mein eigenes<br />

Selbstwertgefühl und auch das des Anderen.<br />

Bei einem Konflikt mit seinem Kind, sollte man sich vorstellen man trägt diesen Konflikt mit<br />

einem guten Freund aus.<br />

Kritik blockiert Lernen<br />

Je <strong>mehr</strong> ich Jugendliche kritisiere und verunsichere, desto weniger lernen sie. Es <strong>ist</strong><br />

mittlerweile in der Hirnforschung erwiesen, dass Lernen blockiert wird, <strong>wenn</strong> ich kritisiert<br />

werde. Da schaltet das Hirn auf aus.


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Familylab‐Seminarleiterin<br />

Tel. 333.99.36.73.4 <strong>–</strong> astrid.egger@hotmail.com<br />

Viele fragen sich, wie bleibt man mit Jugendlichen im Gespräch?<br />

Viele Eltern kennen nur das Interviewen: Wie war’s in der Schule? Hast du Hausaufgaben?<br />

Wie war die Party gestern?<br />

Das <strong>ist</strong> sicher lieb gemeint, hat aber zur Folge, dass sich der Fragende selbst <strong>nicht</strong> zeigt. Er<br />

öffnet sich <strong>nicht</strong>, verlangt aber vom Interviewten, dass er sich öffnet. Das machen Kinder<br />

<strong>nicht</strong> lange mit. Me<strong>ist</strong>ens kommen die Antworten dann eher einsilbig.<br />

Was kann ein Ausweg sein?<br />

Sich selbst öffnen<br />

Man kann beginnen von sich zu erzählen. So wie man das bei einem lieben Freund machen<br />

würde. Wie war der eigene Arbeitstag, was für Pläne habe ich für den nächsten Feierabend,<br />

wie <strong>geht</strong> es mir mit dem neuen Arbeitsplatz…<br />

Wer von sich erzählt, öffnet sich und lädt den Anderen dazu ein sich auch zu öffnen. Es<br />

entsteht eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens.<br />

Me<strong>ist</strong>ens dauert es nur ein paar Tage, bis die Kinder dann auch beginnen von sich zu<br />

erzählen.<br />

Kontakt<br />

Warum <strong>ist</strong> die persönliche Sprache noch wichtig? Weil sie hilft in Kontakt zu bleiben.<br />

Und der Kontakt <strong>ist</strong> es um den es <strong>geht</strong>. Versuchen sie immer in Kontakt zu bleiben. Lassen sie<br />

das Gespräch <strong>nicht</strong> verstummen. Hüten sie sich aber vor jeder Bevormundung, Definition und<br />

Besserwisserei.<br />

Wenn sie mit dem Jugendlichen etwas Wichtiges besprechen wollen, dann tun sie das nie im<br />

erhitzten Moment. Warten sie bis wieder Ruhe in die Gemüter eingekehrt <strong>ist</strong>, um Themen zu<br />

besprechen.<br />

Dann holen sie sich sein Einverständnis. „Ich möchte mit dir über etwas reden. Passt es jetzt?“<br />

Man muss eingeladen werden. Viele gute Absichten sind für die Katz, weil Eltern <strong>nicht</strong><br />

sicherstellen, dass die Kinder auch bereit sind zuzuhören.<br />

4. Regeln<br />

Wie <strong>geht</strong> man mit Regeln um? Wozu dienen Regeln? Eltern haben gewisse Wertvorstellungen<br />

und Grenzen, die sich als Regeln ausdrücken.<br />

Die Schuhe werden vor der Haustüre ausgezogen, um 21 Uhr soll der Jugendliche zu Hause<br />

sein, Alkohol erst ab 16 Jahren, das eigene Zimmer wird selbst in Ordnung gehalten.<br />

Jede <strong>Familie</strong> braucht ein paar Regeln, damit das Zusammenleben gut funktioniert. Den Ton,<br />

den die Eltern anschlagen, <strong>wenn</strong> sie Regeln vermitteln, hat entscheidenden Einfluss darauf<br />

wie sich die Kinder den Regeln gegenüber verhalten. Wurden die Regeln vernünftig<br />

vermittelt, werden die Kinder kaum Probleme haben sich daran zu halten. Wurden sie mit<br />

erhobenem Zeigefinger und in einem kommandierenden Befehlston vermittelt, bzw. gab es<br />

Strafen bei Nichteinhaltung, dann werden die Kinder beginnen sich aufzulehnen. Sie werden<br />

sich den Regeln widersetzen oder zu lügen beginnen.<br />

Andererseits, <strong>wenn</strong> es überhaupt keine Regeln gibt und die Eltern ein nachlässiges,<br />

gleichgültiges Verhalten an den Tag legten, dann können die Kinder den Eindruck haben, sie<br />

wären den Eltern gleichgültig.


11<br />

Astrid Egger<br />

Elternberatung ‐ Sozialpädagogin<br />

Familylab‐Seminarleiterin<br />

Tel. 333.99.36.73.4 <strong>–</strong> astrid.egger@hotmail.com<br />

Bis vor wenigen Jahren bestimmten die Eltern und die Kinder hatten sich zu unterwerfen.<br />

Nicht selten führten die Jugendlichen ein Doppelleben.<br />

Heute <strong>ist</strong> es oft so, dass die Eltern Konflikte vermeiden wollen und öfters Ja sagen, obwohl<br />

sie dies gar <strong>nicht</strong> meinen. Beides tut beiden Parteien <strong>nicht</strong> gut.<br />

Was also tun, <strong>wenn</strong> man Unterwerfung und Gehorsam vermeiden will, genauso wie ständige<br />

Machtkämpfe?<br />

Es kommt also wieder auf das WIE an. Wie vermitteln Eltern Regeln und wie verhalten sie<br />

sich bei Nichteinhaltung?<br />

Regelvermittlung mittel gleichwürdigem Dialog<br />

Es <strong>geht</strong> primär darum, wie ich mich dem Kind gegenüber verhalte.<br />

Am besten führe ich mit ihm einen gleichwürdigen Dialog: Das heißt, dass ich mich mit<br />

meinen Grenzen und Bedürfnissen genauso ernst nehme wie das Kind. Ich sage klar was ich<br />

denke und höre dem Anderen zu und nehme dazu wieder Stellung.<br />

Bsp: Pizzaessen<br />

Folgendes wäre eine gute Idee. Laden Sie ihren Jugendlichen doch zu einer Pizza ein und<br />

sagen Folgendes: „Jetzt, wo du ein gewisses Alter hast, <strong>ist</strong> uns wichtig mit dir gewisse<br />

Vereinbarungen zu treffen. Sie beziehen sich auf die Zeiten, <strong>wenn</strong> du abends zu Hause sein<br />

sollst, auf die Schule, die Partys, Alkohol, Internet und auf deine Aufgaben im Haushalt.<br />

Wir schicken dir am besten eine Email mit all unseren Vorschlägen, damit du in Ruhe deine<br />

Gegenvorschläge überdenken kannst. Danach können wir über die einzelnen Punkte reden.<br />

Wir glauben <strong>nicht</strong>, dass diese Regeln für die nächsten sechs Jahre Bestand haben sollen, also<br />

werden wir hin und wieder eine Pizza zusammen essen, um die Regeln den Gegebenheiten<br />

anzupassen. Ist das okay für dich?“<br />

Dies <strong>ist</strong> ein gleichwürdiges Gespräch wo es weder Bevormundung, noch Kritik, noch<br />

Befehlsgehabe gibt.<br />

Diese Art von Gespräche kann man jederzeit führen. Auch <strong>wenn</strong> der Jugendliche bereits 16<br />

Jahre alt <strong>ist</strong>.<br />

Was <strong>ist</strong> das Wichtige bei dieser Art von Umgang miteinander?<br />

Es wird die Eigenverantwortung oder persönliche Verantwortung des Jugendlichen gestärkt,<br />

weil er lernt, für gewisse Bereiche in seinem Leben selbst Verantwortung zu tragen.<br />

Gleichzeitig lernt er, dass die Eltern sich selbst und ihn ernst nehmen.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass Menschen, die sich ernst genommen fühlen, <strong>nicht</strong> so sehr darauf<br />

pochen „recht zu haben“ oder „ihren Willen zu bekommen“.<br />

Genauso verhält man sich mit erwachsenen Partnern oder Freunden.<br />

Ein gleichwürdiger Dialog <strong>ist</strong> das Gegenteil von Machtkampf oder aber Unterwerfung.<br />

Wie <strong>geht</strong> man sinnvoll mit Regelverstößen um?<br />

Strafen sind auf längere Sicht vollkommen wirkungslos. In meinen Augen zählen sie zu<br />

Machtmissbrauch. Sie bestrafen ja auch <strong>nicht</strong> ihren Partner, weil er <strong>nicht</strong> zur vereinbarten Zeit<br />

nach Hause gekommen <strong>ist</strong>.


12<br />

Astrid Egger<br />

Elternberatung ‐ Sozialpädagogin<br />

Familylab‐Seminarleiterin<br />

Tel. 333.99.36.73.4 <strong>–</strong> astrid.egger@hotmail.com<br />

Viele denken, wer A sagt muss auf B sagen. Wird die Vereinbarung <strong>nicht</strong> eingehalten, dann<br />

muss es Strafen oder Konsequenzen geben, damit der Jugendliche lernt, dass es seine Eltern<br />

ernst meinen und damit man verhindert, dass die Kinder einem auf der Nase herum tanzen.<br />

Bsp: Eva kommt betrunken heim<br />

Eva <strong>ist</strong> 14 und kommt von einem Fest angetrunken nach Hause. Das <strong>ist</strong> gegen die Regeln der<br />

Eltern. Am nächsten Morgen hat sie einen Kater und wird mit der Strafe konfrontiert: einen<br />

Monat lang Ausgehverbot.<br />

Der Kater <strong>ist</strong> eine natürliche Konsequenz des Trinkens. Das Ausgehverbot <strong>ist</strong> eine Strafe.<br />

Viele Eltern wissen oft <strong>nicht</strong>, wie sie mit Regelverstößen umgehen sollen und Freiheits- oder<br />

Eigentumsentzug sind oft die Folgen.<br />

Es gibt allerdings auch einen anderen Weg, ein Verhalten der Eltern, das auf Vertrauen in die<br />

Tochter und auf Vertrauen in die <strong>Beziehung</strong> aufbaut.<br />

Eva kommt angetrunken nach Hause. Am nächsten Morgen hat sie einen Kater. Da fragen die<br />

Eltern: „Ist es sehr schlimm.“ Eva nickt. Ihr sind der Kater und die Schuldgefühle<br />

anzumerken. Somit können die Eltern ganz beruhigt sein. Ihre Tochter hat zum ersten Mal<br />

erfahren, welche Folgen es hat, <strong>wenn</strong> man zuviel Alkohol trinkt und sie schämt sich, dass sie<br />

sich <strong>nicht</strong> an die Vereinbarung mit den Eltern gehalten hat.<br />

Die Eltern brauchen sie jetzt weder zu belehren noch zu bestrafen. Eva hat Erkenntnisse aus<br />

ihrem Handeln gewonnen. Wenn die Eltern jetzt da sind für Eva und ihren Gedanken zuhören,<br />

dann wird ihr Vertrauen in Evas Eigenverantwortlichkeit wachsen und ihre Sorgen abnehmen.<br />

Gleichzeitig wächst das Vertrauen Evas in ihre Eltern. Sie lernt, dass diese für sie da sind,<br />

<strong>wenn</strong> sie Schwierigkeiten im Leben hat. Dieses gegenseitige Vertrauen stärkt die <strong>Beziehung</strong><br />

zwischen Eltern und Kindern.<br />

Die Jugendzeit besteht aus tausenden von Experimenten um sich selbst und die Umwelt<br />

besser kennen zu lernen.<br />

Reife kann sich nur entwickeln, <strong>wenn</strong> die Eltern den Jugendlichen Raum geben ihr Scheitern<br />

mit ihrer <strong>Familie</strong> zu teilen.<br />

Je <strong>mehr</strong> Kinder isoliert werden, <strong>wenn</strong> sie Fehler machen, je <strong>mehr</strong> sie kritisiert werden, belehrt<br />

und bestraft, desto <strong>mehr</strong> ziehen sie sich zurück und je weniger lernen sie über ich selbst, über<br />

die eigenen Stärken und Schwächen.


13<br />

Astrid Egger<br />

Elternberatung ‐ Sozialpädagogin<br />

Familylab‐Seminarleiterin<br />

Tel. 333.99.36.73.4 <strong>–</strong> astrid.egger@hotmail.com<br />

Abschluss<br />

Das Wichtigste im Zusammensein mit Kindern und Jugendlichen, <strong>ist</strong> also die Art und Weise<br />

wie die Erwachsenen mit ihnen umgehen.<br />

Und man muss sich immer wieder fragen: <strong>ist</strong> meine <strong>Beziehung</strong> zu meinem Kind von<br />

Gleichwürdigkeit getragen, d.h. nehme ich mich mit meinen Grenzen und Bedürfnissen<br />

genauso ernst wie mein Kind?<br />

Weiters <strong>ist</strong> die Frage des Vertrauens zu klären: Vertraue ich meinem Kind, das es das Beste<br />

aus seinem Leben machen wird, was es machen kann?<br />

Zeige ich meinem Kind, dass es für mich wertvoll <strong>ist</strong> und mein Leben bereichert? Kann ich es<br />

genießen und mich an seinem Leben erfreuen?<br />

Interessiere ich mich für die Gedanken und Gefühle meines Kindes ohne ständig zu belehren<br />

und zu kritisieren?<br />

Und zu guter Letzt, bin ich für den Jugendlichen da, <strong>wenn</strong>’s in seinem Leben schwierig<br />

wird?<br />

Es <strong>geht</strong> also gar <strong>nicht</strong> so sehr darum über WAS wir reden, sondern vor allem darum<br />

WIE wir miteinander reden.<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Astrid Egger

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