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MAscHinenBAu<br />

Holzernte mit<br />

Traktionswinden<br />

Immer mehr Forstmaschinenhersteller bieten ihre Forwarder, Harvester<br />

und Skidder mit Traktionshilfswinden an. Die Meinungen über diese<br />

Technik gehen allerdings weit auseinander. Forst & Technik fasst zusammen,<br />

was für einen sinnvollen und sicheren Betrieb wichtig ist.<br />

20<br />

Johannes Sebulke<br />

An leistungsverzweigte Getriebe<br />

hatte sich die Forstbranche schon<br />

gewöhnt. Aber auch die Antriebsleistung<br />

verzweigen auf die Räder<br />

einerseits und auf ein Zugseil andererseits,<br />

das gab es noch nicht. So war es schon eine<br />

kleine forsttechnische Sensation, als die<br />

Firma <strong>Herzog</strong> im Jahr 2004 den ersten so<br />

angetriebenen Forwarder in die Hänge der<br />

Schweizer Alpen schickte.<br />

Leider sind die gängigen Ausdrücke<br />

„Traktionshilfswinde“ oder „Seilunterstützung“<br />

wenig hilfreich. Hier wird nicht geholfen<br />

oder unterstützt. Technisch wird<br />

einfach ein Anteil der Vortriebsleistung<br />

von den Rädern auf das Seil verlagert. Dadurch<br />

wird der Radantrieb entlastet und<br />

der Boden geschont. Es entsteht ein neues<br />

forstliches Ernte- und Rückeverfahren,<br />

welches – wie alle anderen Ernteverfahren<br />

auch – seine sinnvollen Einsatzschwerpunkte<br />

und Einsatzgrenzen hat. Wenn ein<br />

Anwender diese Grenzen überschreitet, so<br />

spricht das noch keineswegs gegen das Verfahren<br />

an sich. Man ist ja auch nicht gegen<br />

das ABS, bloß weil einige Raser damit auf<br />

dem Glatteis herum schlittern.<br />

Je mehr ein Fahrzeug gezogen wird,<br />

desto geringer ist die Spurarbeit. Man vergleiche<br />

nur einmal die Fahrspuren eines<br />

Anhängers mit denjenigen seines Zugfahrzeugs.<br />

Das gilt auch schon in der Ebene.<br />

Bei einer Traktionshilfswinde, (im Folgenden<br />

Traktionswinde genannt), geht es<br />

um die Verringerung oder Vermeidung der<br />

Grabarbeit durch den Radvortrieb. Und die<br />

Grabarbeit ist am Hang naturgemäß besonders<br />

groß, wo der Kontakt zwischen Rad<br />

und Boden auf Grund der Hangabtriebskräfte<br />

ganz besonders beansprucht wird.<br />

In Tab. 1 kann man die wichtigsten<br />

Zahlenwerte für den Hangbetrieb nachschlagen:<br />

Ausgangspunkt ist die unterste<br />

Zeile, die Ebene. Hier hat man 0 % Steigung,<br />

0 Gad Steigung, 0 kN Hangabtrieb<br />

und 100 % an Bodendruck. Rot liniert ist<br />

dann die häufig genannte „Steigung 50 %“.<br />

Diese sieht in der Grafik weniger steil aus<br />

wie an einem wirklichen Hang (Abb. 1).<br />

Der Grenzwert „50 % Steigung“ kommt<br />

denn auch weniger von der Maschinentechnik<br />

als aus der forstlichen Erfahrung:<br />

Bei dieser Hangneigung kann ein voll beladener<br />

Tragschlepper bei guten Bodenverhältnissen<br />

auch ohne Seil noch sicher<br />

anhalten. Sicher wollen einige steiler oder<br />

gar 100 % befahren. Klaus <strong>Herzog</strong> hat in<br />

einem Interview dagegengehalten, dass<br />

sogar der Hörnligrat des Matterhorns im<br />

Durchschnitt weniger als 100 % Steigung<br />

hat! Und wer möchte da noch hinauffahren.<br />

Oft würden einfach die Begriffe Prozent<br />

und Grad verwechselt, sagt <strong>Herzog</strong>.<br />

Man beachte auch, dass die Hangabtriebskraft<br />

bei 50 % Steigung schon fast<br />

das halbe Gesamtgewicht des Fahrzeugs<br />

ausmacht (45 %).<br />

Ein positiver Nebeneffekt soll nicht ver-<br />

Tab. 1: Hangneigungen,<br />

die mit Hangforwardern<br />

mit Traktionswinde<br />

befahren werden<br />

schwiegen werden: Der Bodendruck sinkt,<br />

wenn der Hangabtrieb durch das Traktionsseil<br />

voll ausgeglichen wird, bei 50 %<br />

Steigung um ca. 11 %.<br />

Dies ist aber nicht der primäre Zweck<br />

des Traktionsseils. Zur Verringerung des<br />

Bodendrucks ist das bekannte Repertoire<br />

einzusetzen wie in der Ebene auch, von<br />

leichteren Fahrzeugen, acht Rädern, Breitreifen,<br />

Bändern, Luftdrucksenkung bis hin<br />

zur Rückegassenaufbereitung,.<br />

Es geht also um die Verringerung der<br />

Traktionsarbeit an den Rädern. In jedem<br />

Fall soll beim normalen Betrieb der Schlupf<br />

Hangneigung<br />

in %<br />

Hangneigung<br />

in Grad<br />

Hangabtrieb<br />

in % des Gesamtgewichtes<br />

Bodendruck<br />

in % des Gesamtgewichtes<br />

70 35 57 82<br />

60 31 51 86<br />

50 26 45 89<br />

40 22 37 93<br />

30 17 29 96<br />

20 11 20 98<br />

10 6 10 99<br />

0 0 0 100<br />

Forst & Technik 3 / 2011 www.forstpraxis.de


steigung in %<br />

der Räder ausgeschlossen werden. Aus<br />

Gründen der Bodenschonung, aus Gründen<br />

der Sicherheit und aus vielen anderen<br />

guten Gründen mehr.<br />

Eine gute Traktionswinde kompensiert<br />

Zusatzbeanspruchungen am Hang auf<br />

Grund des Hangabtriebes, damit das Fahrzeug<br />

den Boden nicht unangemessen beansprucht.<br />

Das bedeutet,<br />

•dass<br />

man höhere Hangneigungen befah-<br />

Tab. 2: Hangabtriebskräfte für handels-<br />

übliche Tragschlepper mit Traktionswinde<br />

bei verschiedenen Hangneigungen.<br />

Erklärung im Text.<br />

Tragschlepper 9 t Tragschlepper 14 t<br />

Traglast in t 9<br />

Lehrgewicht t 14<br />

Gesamtgewicht<br />

beladen t 23<br />

Traglast in t 14<br />

Leergewicht t 20<br />

Gesamtgewicht<br />

beladen t 34<br />

Hangabtriebskraft in kn<br />

leer beladen leer beladen<br />

0 0 0 0 0<br />

10 14 23 20 34<br />

20 27 45 39 67<br />

30 40 66 57 98<br />

40 52 85 74 126<br />

50 63 103 89 152<br />

60 72 118 103 175<br />

70 80 132 115 195<br />

80 87 144 125 212<br />

90 94 154 134 227<br />

100 99 163 141 240<br />

•<br />

•<br />

ren kann, eben weil sich die (zusätzliche)<br />

Bodenbeanspruchung technisch kompensieren<br />

lässt<br />

dass das Traktionsseil kein „Hilfsmittel“<br />

oder „Sicherungsseil“ ist, sondern ein<br />

Betriebsmittel wie Räder, Getriebe oder<br />

Bänder<br />

dass man mit einer guten Traktionswinde<br />

die Maschine am Hang bei richtigem<br />

Einsatz ähnlich fahren und bedienen<br />

kann wie in der Ebene.<br />

sinnvoller einsatzbereich<br />

Grobe Richtwerte für den sinnvollen Einsatz<br />

von Maschinen mit Traktionsseil sind<br />

durchschnittliche Hangneigungen von 20–<br />

50 % (Tab. 1). Die örtlichen Bodenverhältnisse<br />

sind aber sicher die wichtigere Einflussgröße<br />

als die obigen Richtwerte. Bei<br />

Hangneigungen unter 20 % wird man das<br />

Seil sicher noch nicht für das Bremsen bei<br />

Talfahrt brauchen; Hangneigungen über<br />

50 % werden durch die übergeordnete Forderung<br />

des KWF begrenzt, dass es jederzeit<br />

möglich sein muss, ein Fahrzeug auch ohne<br />

Seil noch sicher zum Stehen zu bringen.<br />

Die Dimensionierung<br />

In Tab. 2 sind die Hangabtriebskräfte für<br />

zwei handelsübliche Tragschlepper mit<br />

Traktionswinde angegeben worden, jeweils<br />

für den leeren und für den beladenen<br />

Tragschlepper. Spalte 1 gibt die zugehörige<br />

Hangneigung in % an. Die Hangabtriebs-<br />

kräfte sind naturgemäß bei der Bergauffahrt<br />

und bei der Bergabfahrt gleich groß.<br />

Bei 50 % Hangneigung fallen also in<br />

diesem Beispiel für die leeren Tragschlepper<br />

schon 63 bzw. 89 kN an Hangabtriebkraft<br />

an, und für den beladenen Tragschlepper<br />

schon 103 bzw. 152 kN. Diese Kräfte<br />

beanspruchen den Rad-Bodenkontakt am<br />

Hang zusätzlich.<br />

Um die notwendige Vortriebskraft in<br />

der Praxis zu erhalten, ist zusätzlich der<br />

Fahrwiderstand zu berücksichtigen. Dieser<br />

addiert sich bei der Bergauffahrt zur<br />

Hangabtriebskraft, bei der Bergabfahrt<br />

hilft er beim Bremsen und ist von dieser<br />

abzuziehen. Der Fahrwiderstand hängt natürlich<br />

von vielem ab, allem voran von den<br />

Bodenbeschaffenheiten. Er wird sich auch<br />

im Betrieb oft ändern, z. B. beim Überfahren<br />

eines Hindernisses oder an einer rutschigen<br />

Stelle. In jedem Fall gelten folgende<br />

Sachverhalte:<br />

Auch, wenn ein Fahrzeug vom Radan-<br />

trieb her auch ohne Seil 50 % und mehr<br />

schaffen könnte, die Höherbeanspruchung<br />

von Antrieb und Bodenkontakt<br />

bleibt. Als Folge wird der Boden Verwundungen<br />

aufweisen.<br />

Mit der Traktionswindentechnik kann<br />

man jedoch noch bei 50 % Steigung und<br />

bei voller Beladung durch den Einsatz<br />

von nur ca. 58 bzw. 85 kN zusätzlicher<br />

Seilkraft die Rad-/Bodenbeanspruchung<br />

auf das Niveau eines 20 %-Hanges<br />

Forst & Technik 3 / 2011 www.forstpraxis.de 21<br />

•<br />

•<br />

Traktionswinde<br />

HSW 9 der Firma<br />

<strong>Herzog</strong>, funktionell<br />

wie vom KWF<br />

geprüft, hier jedoch<br />

in Anbauform für<br />

die Motorseite von<br />

Harvestern. Die<br />

hohe Anbauform<br />

gewährt einen<br />

großen Böschungswinkel.


MAscHinenBAu<br />

senken, was im Normalfall ein nahezu<br />

schlupffreies Fahren und somit eine Minimierung<br />

der Bodenschäden bedeutet.<br />

Bei der Talfahrt kann das Seil naturgemäß<br />

auch den voll beladenen Tragschlepper<br />

erst dann bremsen, wenn das Fahrzeug<br />

brems- und antriebslos von selbst ins Rollen<br />

kommen würde. Diese Eigenbremsung<br />

ist durchaus erheblich. Daraus dürften die<br />

erstaunlich niedrigen vom KWF gemessenen<br />

Seilkräfte bei der Talfahrt resultieren.<br />

Auf alle Fälle muss man das Traktionsseil<br />

bei der Talfahrt auch bei geringen<br />

Hangneigungen immer vorgespannt halten,<br />

damit Schlaffseil und ruckartige Beanspruchungen<br />

vermieden werden.<br />

Die Konstruktion<br />

Traktionsseilwinden werden sowohl als<br />

Trommelwinden (z. B. <strong>Herzog</strong>, HSM) als<br />

auch als Spillwinden (z. B. Haas, Komatsu<br />

Forest) angeboten. Beide Bauformen haben<br />

ihre Vor- und Nachteile.<br />

Bei Spill- oder Treibscheibenwinden<br />

läuft das Seil immer über den gleichen<br />

Wirkdurchmesser aus. Dafür muss das Seil<br />

über mehrere Treibscheiben umgelenkt werden,<br />

was die Lebensdauer des Seils sicher<br />

nicht erhöht. Zudem ist eine separate Speichertrommel<br />

für das Seil nötig, welche auch,<br />

wenn auch weniger, vorgespannt werden<br />

muss. Für Rettungs- und Bergewinden, welche<br />

naturgemäß nicht im Dauerbetrieb laufen,<br />

sind Treibscheibenwinden seit langem<br />

Stand der Technik. Als Traktionswinde muss<br />

sich diese Technik, wie jede andere neue<br />

Technik auch, noch in der Praxis bewähren.<br />

Trommelseilwinden (z. B. <strong>Herzog</strong>,<br />

HSM) haben nur eine Trommel, deren Kapazität<br />

die Seillänge bestimmt. Sie sind sehr<br />

kompakt als Einbau- und als Anbauwinde.<br />

Es ist aber eine Regelung erforderlich, die<br />

den sich verändernden Füllgrad der Trommel<br />

ausgleicht, etwa so, wie es bei den<br />

forstlichen Konstantzugwinden der Fall ist.<br />

Bei kurzem Seileinlauf ist eine Spulvorrichtung<br />

ein Muss.<br />

Die regelbare Bremskraft von Traktionsseilwinden<br />

ist ein herausragender Unterschied<br />

gegenüber Forstseilwinden. Forstseilwinden<br />

brauchen nur einen Freigang<br />

zum Ausspulen des Seils. Ansonsten reicht<br />

eine starke Haltebremse. Traktionswinden<br />

dagegen müssen das beladene Fahrzeug<br />

bergab dosiert, entsprechend den Vorgaben<br />

des Fahrers, abbremsen. Bei Winden<br />

mit nicht selbsthemmenden Zahnradgetrieben<br />

gibt es dafür hydromotorische Lösungen<br />

(z. B. Mooring-Winden).<br />

Kombiwinden im Trend?<br />

Kombiwinden sind Winden, die sowohl<br />

als Traktionswinden als auch als Forstseil-<br />

22<br />

Hangforwarder<br />

Ponsse-Buffalo mit<br />

<strong>Herzog</strong> Traktionswinde<br />

HSW 9. Die<br />

Traktionswinde<br />

ist in den hinteren<br />

Rahmenteil integriert.<br />

winden angepriesen werden. Sicher kann<br />

man im Prinzip mit einer Winde beides<br />

machen, die Tab. 3 zeigt aber die rein praktischen<br />

Grenzen auf: Die Seillängen der üblichen<br />

Forstwinden sind zu kurz für einen<br />

wirtschaftlichen Traktionsbetrieb, bzw. die<br />

Traktionswinden mit ihrer hohen Seilkapazität<br />

und den starken Seilen sind zu<br />

groß und zu schwer für das Rücken von<br />

Stammholz. Nicht zuletzt bedarf es zweier<br />

komplett unterschiedlicher elektronischer<br />

Ansteuerungen. In Tab. 3 sind die Hauptunterschiede<br />

zwischen Traktionswinden<br />

und Forstwinden aufgezeigt.<br />

Zur Seilkrafteinstellung bei Traktionswinden<br />

gibt es verschiedene Konzepte.<br />

Am einfachsten ist die direkte Seilkraftvorwahl<br />

(<strong>Herzog</strong>). Ausgehend von den<br />

Tab. 3 Unterschiede zwischen Forstseilwinden und Traktionswinden<br />

Nachdem Firma<br />

<strong>Herzog</strong> Traktionswinden<br />

einige Jahre nur<br />

für Forwarder<br />

gebaut hat, kam<br />

2009 auch eine<br />

für Harvester<br />

auf den Markt<br />

Richtwerten in Tab. 2 wählt der Fahrer die<br />

Seilkraft so an, dass er in der Rückegasse<br />

am Hang mit normalem Gas geben oder<br />

Bremsen auskommt. Dies ist die direkteste<br />

und einfachste Steuerung. Auch kann der<br />

Fahrer direkt auf örtliche Gegebenheiten<br />

reagieren, z. B. auf steile, flache oder rutschige<br />

Stellen oder Hindernisse. Bei manchen<br />

Herstellern kann man auch ein bestimmtes<br />

Verhältnis zwischen Rad-und<br />

Seilantrieb vorwählen (HSM). Das hat den<br />

Vorteil, dass sich die Seilkraft automatisch<br />

anpasst, z. B. an die zunehmende Beladung.<br />

Dafür kann der Fahrer nicht mehr<br />

direkt die Seilkraft anwählen.<br />

Die restliche Bedienung sollte nur wenige<br />

Knöpfe umfassen: Seil manuell ausstoßen,<br />

einziehen, anspannen, alles möglichst<br />

Kriterium Forstseilwinde Traktionsseilwinde<br />

Zugkraft Meist Ein/Aus. Maximale Zugkraft Direkt oder indirekt vorwählbar, dann<br />

voreingestellt<br />

automatisch synchronisiert<br />

Bremskraft Nur Freigang oder Haltebremse Direkt oder indirekt anwählbar, dann<br />

automatisch geregelt<br />

Seilgeschwindigkeit anwählbar Automatisch synchronisiert<br />

Seilbefestigung<br />

auf der Trommel<br />

Leicht lösbar<br />

„Abrauschen der Last“ muss im Notfall<br />

möglich sein.<br />

Fest verbunden<br />

Fahrzeug muss immer absolut sicher<br />

mit dem seil verbunden sein<br />

Risiko bei Seilriss Gefährlich, meist ist aber nur die Last<br />

betroffen<br />

Gefährlich für Maschinen<br />

und Personen<br />

Üblich: Seillängen 80 –150 m<br />

250-450 m<br />

Seilkräfte 60 kN – 200 kN<br />

80 kN-150 kN<br />

Seilmaterial Stahl- oder Polyethylenseile<br />

In der Regel Stahlseile<br />

Seilkraftbegrenzung Eingestellte Reibkupplung Hydrodruckregelung oder/und elektron.<br />

Seilkraftüberwachung<br />

Forst & Technik 3 / 2011 www.forstpraxis.de


feinfühlig regelbar. Während des Traktionsbetriebs<br />

müssen die Windenfunktionen automatisiert<br />

sein.<br />

Die Regelung<br />

Seilkraftregelung, Seilkraftbegrenzung.<br />

Die sichere Regelung dieser Größen ist das<br />

A und O jeder Traktionswinde. Leider sieht<br />

man diese Funktionen nicht. Zudem müssen<br />

alle drei oben genannten Funktionen<br />

im Paket betrachtet werden. Für den Fahrer<br />

ist daher nur eines wichtig: alles muss abgeklärt,<br />

eingestellt, abgesichert sein, bevor es<br />

in den Hang geht. Im Hang müssen diese<br />

Funktionen im Hintergrund verlässlich arbeiten,<br />

und zwar bei allen bei der Hangarbeit<br />

absehbaren Situationen.<br />

Alle folgenden Überlegungen müssen<br />

also vor dem ersten Einsatz vollständig geklärt<br />

sein.<br />

Geschwindigkeitssynchron oder kraftsynchron?<br />

Geschwindigkeitssynchron arbeiten<br />

z B. Kettenförderer in einem Sägewerk:<br />

wenn dieser einen Stamm erfasst,<br />

dann wird er diesen synchron fortbewegen,<br />

egal was der Stamm für Reibungswiderstände<br />

entgegensetzt.<br />

Kraftsynchron ist z. B., wenn wir ein<br />

Auto anschieben: wir schieben immer mit<br />

der gleichen Kraft (kraftsynchron), egal,<br />

ob das Auto noch steht oder schon immer<br />

schneller anrollt.<br />

Jede aktuelle Traktionswinde muss<br />

beide Elemente aufweisen: die Seilgeschwindigkeit<br />

muss auch großen Fahrgeschwindigkeitsänderungen<br />

folgen können.<br />

Wegen unterschiedlichen Bodenschlupfs,<br />

vor allem vor und nach Hindernissen, gehört<br />

nach heutigem Stand der Technik aber<br />

immer auch eine Seilkraftregelung dazu.<br />

Sicherung gegen Überlast. Ob Schlaffseil<br />

oder Seilüberlast, beides muss sicher vermieden<br />

werden. Die größte Überlastgefahr<br />

besteht, wenn die Räder des voll beladenen<br />

Fahrzeugs bei der Talfahrt plötzlich mehr<br />

Schlupf haben, z. B. beim plötzlichen Anhalten<br />

oder beim Abrutschen auf einem<br />

Steilstück. Hier dürfen Seil und Ankerbaum<br />

auf keinen Fall überlastet werden,<br />

lieber soll das Fahrzeug ein paar Zentimeter<br />

weiter schlupfen.<br />

Elektronische Überlastsicherungen<br />

messen die Seilkraft direkt oder indirekt<br />

und regeln den Hydraulikmotor der Traktionswinde<br />

entsprechend ab. Diese Regelungen<br />

müssen sicher und schnell reagieren.<br />

Hydraulische Druckbegrenzungsventile<br />

können, so sie überhaupt noch möglich<br />

sind, nur der letzten Systemabsicherung<br />

dienen.<br />

KWF­Prüfungen<br />

Hangforwarder HSM 208F 14 t<br />

Steilhang. Die Traktionswinde<br />

HSW-15 ist unter dem tiltbaren<br />

Kran angeordnet.<br />

Traktionswinde<br />

HSW-15 in<br />

Anbauform<br />

in der Endmontage<br />

bei HSM in<br />

Neukupfer<br />

Die Firma<br />

Haas stellte<br />

im September<br />

2010 eine Traktionswinde<br />

für<br />

JohnDeere-<br />

Forstmaschinen<br />

vor<br />

Der wichtigste Teil von Traktionswinden<br />

– eine sichere elektronische Regelung – ist<br />

für den Kunden sichtbar. Auch kann ein<br />

Forstwirt unmöglich alle denkbaren Betriebs-<br />

und Gefahrenzustände ausprobieren.<br />

Wegen dieser weitgehenden Nicht-<br />

Nachprüfbarkeit durch den Kunden sind<br />

die Gebrauchswertprüfungen des Forsttechnischen<br />

Prüfungsausschusses (FPA) des<br />

Kuratoriums für Waldarbeit und <strong>Forsttechnik</strong><br />

(KWF) bei Traktionswinden besonders<br />

wichtig. Begriffe wie „Kaskadenregelung“,<br />

Sicherheitsstufen, Ausfallstrategien einer<br />

gänzlich neuen Windenelektronik sind<br />

sicher auch für die KWF-Experten eine<br />

Herausforderung. Aber der Kunde muss<br />

einfach darauf vertrauen können, dass die<br />

Steuerung so ausgelegt ist, dass sie bei Versagen<br />

eines Bauteils grundsätzlich in den<br />

einen sicheren Zustand zurückfällt. Dazu<br />

sind Kenntnisse der Forstpraxis genauso<br />

notwendig wie Kenntnisse der Elektroniksicherheit.<br />

Bisher haben zwei Traktionswinden das<br />

FPA-Prüfzertifikat erhalten, beide sind von<br />

der Firma <strong>Herzog</strong>. Im Jahr 2005 wurde<br />

der Forcar 200 mit <strong>Herzog</strong>-Traktionshilfswinde<br />

geprüft und ausgezeichnet. Im Jahr<br />

2010 wurde die FPA-Prüfung der „Traktionshilfswinde<br />

<strong>Herzog</strong> HSW 9 für Forwarder“<br />

erfolgreich abgeschlossen.<br />

Die eben erst veröffentlichte Prüfurkunde<br />

befasst sich mit derjenigen Bauform<br />

der HSW 9, welche in das Heck von Forwardern<br />

integriert werden kann (Abb. 1<br />

u. 7). Gleich zu Anfang nennt die Ur-<br />

Forst & Technik 3 / 2011 www.forstpraxis.de 23


FMAscHinenBAu<br />

kunde den Einsatzschwerpunkt: „Hanglagen<br />

bis zu einer durchschnittlichen Neigung<br />

von 50 %“. Nach einer sorgfältigen<br />

Beschreibung, welche die gute Spulqualität<br />

auf der Winde besonders würdigt, wird<br />

auch ein Sicherheitsfaktor von 2,0 der maximalen<br />

Zugkraft zur Mindestbruchkraft<br />

festgeschrieben. Die wichtigste Aussage des<br />

Prüfberichtes ist sicher das Messprotokoll<br />

der Seilkraft einer Bergauf- und Bergabfahrt,<br />

laut <strong>Herzog</strong> durchgeführt mit einem<br />

voll beladenen Forwarder mit 32 t Gesamtgewicht.<br />

Die Messtrasse enthielt auch talseitige<br />

Böschungen, teilweise Felsplatten<br />

und hohe Wurzelstöcke. Der Boden war<br />

trocken. Der Forwarder hielt während der<br />

Messung auch einmal an. Unter diesen Bedingungen<br />

wurde eine (jeweils voreingestellte)<br />

Seilkraft von ca. 55 kN bergauf und<br />

ca. 22 kN bergab recht genau eingehalten.<br />

Auch die größten Lastspitzen überschritten<br />

nie 70 kN.<br />

Dem KWF ging es also nicht darum,<br />

zu prüfen, ob die Hangabtriebskraft vollständig<br />

kompensiert wurde. Die FPA-Prüfung<br />

ist eine technische Prüfung. Es ging es<br />

hauptsächlich darum, technische Aussagen<br />

zu Seilkraftkonstanz und Bedienungskom-<br />

Tab. 4: Traktionswinden einiger renommierter Hersteller<br />

24<br />

fort zu machen. Es wurde aber bestätigt,<br />

dass der Hangbetrieb bei den Messbedingungen<br />

einwandfrei funktionierte, und dass<br />

im Verlauf der Prüfung keine sichtbaren<br />

Schlupferscheinungen auftraten.<br />

Laut KWF haben zwei weitere Firmen<br />

die Prüfung ihrer Traktionswinde beantragt,<br />

und zwar HSM und Komatsu Forest.<br />

Bauformen<br />

Die ersten Traktionswinden waren in den<br />

Rahmen des Trägerfahrzeugs integriert<br />

(<strong>Herzog</strong> Forcar 200, <strong>Herzog</strong>-Ponsse-Buffalo).<br />

Integrierte Winden sind auch jetzt<br />

Hersteller <strong>Herzog</strong> HsM Haas Komatsu<br />

Forest<br />

Typ HSW 9 Force Synchro Konstantzug-<br />

Synchronisch Drive Traktionshilfs-<br />

für Forwarder<br />

seilwinde<br />

Markteinführung im Jahr 2008 2010 2010<br />

FPA-Prüfung ja (2010) beantragt nein<br />

Integrierter Einbau ja ja<br />

Als Anbauwinde verfügbar? ja ja ja<br />

Max. Seillänge<br />

280 (15) 450 (16)<br />

300<br />

(Seildurchmesser)<br />

300 (20)<br />

Seilkraft maximal zulässig 100 150 0 – 90<br />

Seilbruchkraft [kN] 200 195 (16)<br />

300 (20)<br />

Seilmaterial Stahl Stahl Stahl<br />

Max. Geschwindigkeit [m/min] 42/78 65<br />

Seilkraft stufenlos [kN] 0 – 70 / 0 – 100 0 – 150<br />

Spill / Trommel Trommel Trommel Spill<br />

Konstantzugregelung ja ja ja<br />

Seilkraftbegrenzung hydraulisch ja ja<br />

Seilkraftbegrenzung elektronisch Kraftmesssensor<br />

Erfassung der<br />

Lagenzahl<br />

Spulvorrichtung ja bei 208 F: nein<br />

Seilausstoß / Seilstraffer ja ja<br />

Schlaffseilwächter ja nein<br />

Seilüberwachung per Kamera ja ja<br />

Hersteller des Trägerfahrzeugs diverse HSM John Deere<br />

Typ des Tragschleppers diverse 208 F Steilhang diverse<br />

Taglast [t] 12 – 14 12, 14<br />

Leergewicht incl. TRW ca. [t] 18 – 20 20<br />

Max. Rad-Vortriebskraft [kN] ca. 170–210 210<br />

Richtwert max. Hangneigung [%] 50 50<br />

Ritter-Traktionswinde<br />

an Valmet-<br />

Harvester<br />

im Einsatz<br />

noch so lieferbar, und sie geben Sinn für<br />

reine Hangforwarder, also für Tragschlepper,<br />

die überwiegend im Hang arbeiten.<br />

Aktuell bieten alle Hersteller Traktionsseilwinden<br />

auch in anbaubarer Ausführung an,<br />

geeignet für nicht ständigen Hangbetrieb<br />

sowie zum nachträglichen Anbau an Harvester<br />

und Tragschlepper. In Tab. 4 sind<br />

Daten von Traktionswinden einiger renommierter<br />

Hersteller zusammengestellt.<br />

Zwei Hersteller haben Forst & Technik ihre<br />

Konzepte erläutert.<br />

Klaus <strong>Herzog</strong> ist sozusagen der Erfinder<br />

der Traktionsverzweigung auf Seil und<br />

Rad. Er hat sowohl den Ruhm als auch,<br />

nach eigenen Angaben, die Last eines<br />

Trendsetters ausführlich erlebt. Aktuell ist<br />

die Firma <strong>Herzog</strong> die einzige Firma, welche<br />

auf bestandene KWF-FPA-Prüfungen<br />

zurückgreifen kann, und das gleich zweifach.<br />

Man setzt mit der aktuellen Traktionswinde<br />

HSW 9 auf eine Synchronregelung<br />

kombiniert mit einer Seilkraftregelung<br />

mit elektronischer Seilkraftmessung direkt<br />

vor der Trommel. Die Regelung richtet<br />

besonderes Augenmerk auf das Anhalten<br />

bei Talfahrt und an Böschungen – beides<br />

besonders kritische Situationen bezüglich<br />

eines möglichen Seilkraftanstiegs. Da<br />

beide Bauformen, sowohl die integrierte als<br />

auch die Anbauform, kurz bauen, hat man<br />

viel Sorgfalt auf die Seilspulung gelegt, mit<br />

elektronisch/hydraulischer Wickelvorrichtung,<br />

Seilspanner und Seilausstoßer. Das<br />

Funktionieren dieses Verfahrens ist bestätigt,<br />

sowohl vom KWF als auch bei Praxiseinsätzen<br />

„draußen“.<br />

<strong>Herzog</strong> ist von seiner Ausbildung her<br />

auch Forstmann. Daher liegt ihm viel<br />

daran, dass das Verfahren auch richtig<br />

eingesetzt wird. So kann man in seiner<br />

Betriebsanleitung auch zu einem guten<br />

Teil forstliches Verfahrenswissen nach<strong>lesen</strong>.<br />

Man könne mit dem Hangforwarder<br />

durchaus neue Hangflächen erschließen,<br />

aber zu einem großen Teil sollte die Seiltraktionstechnik<br />

dazu eingesetzt werden,<br />

derzeit unsachgemäß bearbeitete Bestände<br />

am Hang schonender zu behandeln. <strong>Herzog</strong><br />

setzt auf direkte Vorwahl der Seilkraft<br />

Forst & Technik 3 / 2011 www.forstpraxis.de


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Forst & Technik 3 / 2011 www.forstpraxis.de 25<br />

TMS 12/2010


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durch den Fahrer, welchem die aktuelle<br />

Seilkraft auch permanent direkt angezeigt<br />

wird. „Die Einflussgrößen vor Ort sind<br />

so mannigfaltig, dass dieses Vorgehen am<br />

sinnfälligsten vom Fahrer beherrscht wird“,<br />

berichtet <strong>Herzog</strong>. Eine Erhöhung der maximalen<br />

Seilkraft über 100 kN hinaus sieht<br />

<strong>Herzog</strong> sehr skeptisch. Es gebe nicht nur<br />

keinen Bedarf, die Ankerbäume gäben in<br />

der Regel auch nicht mehr her. „Bei der<br />

Talfahrt muss der Zug gestreckt werden,<br />

die Hinterachse muss am Boden gehalten<br />

werden, und dafür reichen oft schon 20 kN<br />

aus. Dann hat man auch noch jede Menge<br />

Leistungsreserve für die Böschung. Und bei<br />

der Bergauffahrt reicht es aus, ein Eingraben<br />

oder einen zu hohen Schlupf zu vermeiden“.<br />

Bezüglich des Antriebs hält er einen<br />

separaten geschlossenen Kreislauf mit<br />

einer eigenen Pumpe am Pumpenverteilergetriebe<br />

für optimal, so wie es bei den<br />

Posse-Maschinen realisiert werden konnte.<br />

„Dann hat man alle Möglichkeiten der Regelung<br />

und kann zudem die Bremsenergie<br />

in das System zurückspeisen, um Treibstoff<br />

zu sparen.“<br />

Bei der Seillänge ist <strong>Herzog</strong> der Meinung,<br />

dass mit Seillängen von max. 300 m<br />

die sinnvollen Einsatzgebiete abzudecken<br />

sind. Nach jetzigem Stand wird der Hangforwarder<br />

nämlich das Holz direkt dort lagern,<br />

wo die Gasse auf den Fahrweg trifft.<br />

Liegt der Polterplatz weiter entfernt, so<br />

sollte eine zweite Maschine für den Weitertransort<br />

eingesetzt werden. Wo die Erschließung<br />

dafür nicht ausreiche, müsse<br />

man einen Seilkran einsetzen. „Der Hangforwarder“,<br />

so <strong>Herzog</strong>, ersetzt den Seilkran<br />

nicht, sondern er bildet ein angrenzendes<br />

Verfahren, mit anderen Möglichkeiten und<br />

anderen Vorteilen“.<br />

Viel Augenmerk richtet <strong>Herzog</strong> auch<br />

auf ein forstliches Faktum, von welchem<br />

kaum jemand redet, von welchem aber das<br />

gesamte Verfahren abhängt, den Ankerbaum.<br />

Es gibt Richtwerte, und es gibt persönliche<br />

Erfahrungen. Aber niemand kann<br />

in einen Ankerbaum und sein Wurzelwerk<br />

hineinschauen. Schon von daher empfiehlt<br />

der Forstmann in ihm, den Ankerbaum nur<br />

so viel zu belasten, wie eben nötig, damit<br />

ein schlupffreies Auf- und Abfahren in der<br />

Hanglinie möglich wird.<br />

Die Firma Haas hat auf den KWF-Thementagen<br />

Bodeschutz im September 2010<br />

erstmals seine Traktionswinde an einem<br />

John Deere Harvester vorgeführt. Viel Wert<br />

legt er auf sein Paket zur Bodenschonung,<br />

bei welchem die neue Traktionswinde mit<br />

seinen neu entwickelten, formschlüssig angetriebenen<br />

Gummi-Elementbändern, welche<br />

auf der Interforst 2010 mit dem KWF-<br />

Innovationspreis ausgezeichnet wurden,<br />

26<br />

kombiniert werden. Die Traktionswinde<br />

wird grundsätzlich angebaut, sie ist heb-<br />

und senkbar und dadurch an die jeweilige<br />

Hangsituation anpassbar. Kennwerte der<br />

ersten Haas-Traktionswinde sind Spillprinzip,<br />

ein 14 mm Seil mit 90 kN max. Betriebszugkraft<br />

bei 300 m Seillänge. Weitere<br />

Infos waren von Haas noch nicht zu bekommen,<br />

vielleicht möchte man erst eine<br />

gewisse Zeit lang praktische Einsatzerfahrungen<br />

mit der neuen Traktionswinde sammeln.<br />

Komatsu Forest hat laut KWF im<br />

Dez. 2009 die Prüfung der Traktionswinde<br />

Valmet SPW 248/253 beantragt. Diese<br />

wird von der Firma Ritter hergestellt. Sie<br />

hat 80 kN maximale Zugkraft, ein Seil von<br />

14 mm, und sie arbeitet nach dem Spillprinzip.<br />

Die Prüfung läuft noch, deshalb<br />

sollen Einzelheiten lt. KWF noch nicht genannt<br />

werden.<br />

HSM befasst sich auch schon seit vielen<br />

Jahren mit Ernteverfahren im Hang. Man<br />

hat offensichtlich stärkeres Holz im Blickfeld.<br />

Die aktuelle Traktionswinde HSW-<br />

15 von HSM ist für eine Seilkraft bis zu<br />

150 kN ausgelegt. Damit könnte man noch<br />

bei 50 % Hangneigung die Hangabtriebskraft<br />

eines Fahrzeugs mit 34 t Gesamtgewicht<br />

voll kompensieren (Tab. 2). An den<br />

Rädern erreicht der Hangforwarders HSM<br />

208F 14 t Steilhang“ eine Zugkraft von<br />

210 kN. Auch HSM baut seine Traktionswinde<br />

in zwei Versionen, einmal integriert<br />

in den eigenen Tragschlepper, und einmal<br />

als Anbauwinde für den Harvester und/oder<br />

für sonstige Fahrzeuge. Das Hauptmerkmal<br />

von HSM ist aber die Eigenentwicklung<br />

der Steuerung der Traktionswinde, „Force<br />

Synchro Drive“ genannt. Wie der Name<br />

schon sagt, ist es eine kraftsynchrone Steuerung.<br />

„Die Entwicklung der Steuerung war<br />

nicht einfach“, bekennt Felix Prinz zu Hohenlohe-Waldenburg,<br />

um dann das Prinzip<br />

wie folgt zu erklären: Bei Force Synchro<br />

Drive wählt der Bediener mit einem<br />

Potentiometer in der Kabine eine fixe Aufteilung<br />

der Kräfte an den Rädern und am<br />

Seil vor, z. B. 50:50 oder 40:60. Bei einem<br />

Anstieg der Zugkräfte z. B. vor einem Hindernis<br />

steigen Rad- und Seilkraft zeitgleich<br />

an und sinken danach wieder ab. Dadurch<br />

werden sowohl der Seilantrieb als auch der<br />

Waldboden wesentlich geschont.<br />

Die maximale Seilkraft wird überwacht<br />

und elektronisch abgeregelt, wenn<br />

deren Maximum erreicht ist. Welche Maximalkraft<br />

überhaupt als zulässig eingestellt<br />

werde, orientiere sich natürlich an der Aufnahmefähigkeit<br />

des Ankerbaumes vor Ort.<br />

Bei der Force Syncro Drive handelt es<br />

sich um eine reine Verdrängersteuerung<br />

ohne drosselnde Elemente zwischen Hydropumpe<br />

und Hydromotor, daher ist der<br />

Wirkungsgrad bergauf und bergab gleich<br />

gut. Sowohl Rad-als auch Windenantrieb<br />

stützen sich beim Bremsen auch auf den<br />

Dieselmotor ab, dessen Bremsleistungsaufnahme<br />

man ja durch diverse Maßnahmen<br />

anpassen könne. Auf alle Fälle wird zum<br />

Ableiten überschüssiger Bremsenergie das<br />

vorhandene Kühlsystem herangezogen.<br />

Die Funktion des Fahrantriebes und<br />

der Winde werden elektronisch gesteuert<br />

und auch überwacht. „Wir haben in ausreichendem<br />

Maße Überwachungen eingebaut,<br />

welche das System bei einer Störung<br />

sofort herunterfahren“, so Felix Prinz zu<br />

Hohenlohe. „Ferner haben wir bereits die<br />

Prüfung durch das KWF beantragt“.<br />

Forstlich favorisiert HSM ein Dreimaschinenkonzept:<br />

ein Hangharvester,<br />

ein Hangforwarder und ein normaler Forwarder<br />

sollten zusammenarbeiten. Dann<br />

braucht der Hangforwarder nie seine Spur<br />

zu verlassen, ein grabendes Einbiegen in<br />

die Rückegasse entfällt. Das Umladen auf<br />

einen Normal-Forwarder, der dann bis zum<br />

Polterplatz fährt, falle weit weniger ins Gewicht<br />

als das Manövrieren am Seil. Und<br />

nur beide Forwarder zusammen können<br />

den Harvester auslasten. Dafür hat HSM<br />

seiner Traktionswinde eine besonders große<br />

Seillänge spendiert: Bis 450 m kann die<br />

Rückegasse des Hangforwarders lang sein.<br />

Alles in allem ist das Verfahren der<br />

Traktionsverzweigung auf Räder und Seil<br />

technisch beherrschbar geworden, und es<br />

zeichnen sich bereits differenzierte Einsatzschwerpunkte<br />

ab. Was als „Traktionshilfswinde“<br />

begonnen hat, hat sich zu einem<br />

eigenen forstlichen Verfahren entwickelt,<br />

welches sein wirtschaftliches und bodenschonendes<br />

Einsatzsegment behaupten<br />

wird.<br />

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