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Book of Abstracts. - Sound und Performance

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Rosemarie Brucher<br />

Sonntag, 07.10.2012, 10.30-12.00<br />

S 125 (GW I)<br />

Erhabenes Schweigen: Zum stummen<br />

Schmerz in der <strong>Performance</strong> Art<br />

Selten findet sich eine solch konsequente Dramaturgie der Stille<br />

wie in der selbstverletzenden Body Art. KünstlerInnen wie<br />

VALIE EXPORT, Günter Brus, Chris Burden, <strong>und</strong> Stelarc ,verbeißen‘<br />

sich meist nicht nur demonstrativ ,Klagen <strong>und</strong> Tränen‘,<br />

sondern der Verletzung <strong>und</strong> der Präsentation des verw<strong>und</strong>eten<br />

Körpers scheint jede Form von <strong>So<strong>und</strong></strong> geradezu entgegenzustehen.<br />

Mit diesem stummen Ertragen von Schmerz reihen sich<br />

die KünstlerInnen in eine Tradition ein, die sich von dem antiken<br />

Stoizismus über die christliche Askese bis hin zum Pathos<br />

des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts erstreckt, welches in der ästhetischen Figuration<br />

des pathetisch-Erhabenen seinen programmatischen<br />

Höhepunkt findet. Allen Bereichen gemein ist, dass sich das<br />

Individuum erst durch den ,erhabenen‘ Widerstand gegen das<br />

Leiden, <strong>und</strong> damit gegen die eigene Sinnlichkeit, als Subjekt<br />

zu setzen vermag. Dieses Moment der Gegenwehr darf jedoch<br />

nicht als ein Entziehen aus der Situation verstanden werden,<br />

sondern vielmehr als ein affirmatives Standhalten, ohne sich<br />

dabei aber überwältigen zu lassen. Erst in dieser radikalen<br />

Distinktion von der leidenden Physis, welche am deutlichsten<br />

im ,stummen Schmerz‘ signalisiert werden kann, soll sich das<br />

<strong>of</strong>fenbaren, was ,über alle Natur hinausliegt‘: Die Freiheitsfähigkeit<br />

des Subjekts. Das Schweigen wird somit zur conditio<br />

sine qua non, um sich von seiner sinnlichen ,Tierheit‘ distanzieren<br />

<strong>und</strong> seiner Autonomie versichern zu können. Proportional<br />

zur Präsenz der ,schreienden W<strong>und</strong>e‘ muss der Mensch<br />

folglich verstummen. Der Vortrag setzt die in der Body Art vorherrschende<br />

Dramaturgie der Stille in Analogie zur Ästhetik des<br />

Erhabenen, wie sie insbesondere Kant elaborierte <strong>und</strong> Schiller<br />

für die tragische Kunst adaptierte. Dabei werden insbesondere<br />

Fragen nach dem Subjekt gestellt.<br />

Rosemarie Brucher ist Promotions-Stipendiatin der österreichischen<br />

Akademie der Wissenschaften (Promotion im Fach Theaterwissenschaft/Universität<br />

Wien; Juni 2012) <strong>und</strong> assoziiertes<br />

Mitglied des Graduiertenkollegs „InterArt”, FU, Berlin.<br />

Barbara Büscher<br />

Freitag, 05.10.2012, 10.30-12.00<br />

S 123 (GW I)<br />

<strong>So<strong>und</strong></strong> <strong>und</strong> Bewegung – <strong>So<strong>und</strong></strong><br />

in Bewegung. Zum Verhältnis<br />

zweier <strong>Performance</strong>-Systeme<br />

In der Zusammenarbeit von John Cage <strong>und</strong> weiteren Composer-<br />

Performern der 1960er Jahre – wie David Tudor, Alvin Lucier,<br />

Pauline Oliveros – mit der Merce Cunningham Dance Company<br />

tritt ein Phänomen zutage, das der Beitrag zum Anlass nimmt,<br />

über methodische Akzentuierungen in der Beschreibung von<br />

Aufführungen nachzudenken.<br />

Die live, in der Aufführung aus wenigen Handlungsanweisungen<br />

entstehenden Kompositionen erfordern raumgreifende <strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />

fokussierende Aktionen der Composer-Performer.<br />

Die <strong>Performance</strong> der TänzerInnen trifft hier auf die <strong>Performance</strong><br />

der MusikerInnen, die nicht mehr den überlieferten<br />

Anordnungen im Raum folgen. Die Beziehung der beiden <strong>Performance</strong>-Systeme<br />

nimmt unterschiedliche Formen an – von<br />

Simultaneität <strong>und</strong> Überlagerung bis hin zu technischen Kopplung.<br />

Was bedeutet es für eine über das historische Beispiel<br />

hinausgehende Betrachtung des Verhältnisses von <strong>So<strong>und</strong></strong>- <strong>und</strong><br />

Bewegungs-Generierung in einer Aufführung, wenn man diese<br />

als unterschiedene <strong>Performance</strong>s beschreibt? Wie kann in<br />

diesem Zusammenhang ‚Interface‘ – über die technische Definition<br />

hinaus – verstanden werden? Welche Aspekte sollten<br />

aus der Sicht der <strong>Performance</strong> Studies/Theaterwissenschaft<br />

in die Untersuchung der <strong>So<strong>und</strong></strong>-<strong>Performance</strong> eingehen? Einige<br />

Aspekte, die aus diesen Fragen resultieren, möchte der Beitrag<br />

darlegen.<br />

Barbara Büscher ist Pr<strong>of</strong>essorin für Medientheorie <strong>und</strong> -geschichte/Intermedialität<br />

(Dramaturgie) an der Hochschule für<br />

Musik <strong>und</strong> Theater in Leipzig. Ihre Forschungsschwerpunkte<br />

umfassen die Verschränkung von performativen <strong>und</strong> medialen<br />

Strategien in den Künsten, die Geschichte von „art & technology“,<br />

mediale Aspekte der Historiographie von <strong>Performance</strong> <strong>und</strong><br />

deren Archivprozesse. Sie ist Initiatorin <strong>und</strong> Mitherausgeberin<br />

des Online-Journals MAP media – archive – performance, deren<br />

dritte Ausgabe sich dem Thema Performing <strong>So<strong>und</strong></strong>. Hören/<br />

Sehen widmet. Zurzeit bereitet sie einen Band unter dem Titel<br />

Raumverschiebung: black box white cube vor. Seit September<br />

2012 arbeitet sie gemeinsam mit Franz Anton Cramer am<br />

von der DFG geförderten Forschungsprojekt „Verzeichnungen“.

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