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Wolf-Rüdiger Klare, Annette Koggel, Jürgen Stumpf und

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M E D I Z I N & T E C H N I K<br />

Zusammenfassung:<br />

Die fachgerechte W<strong>und</strong>behandlung, die<br />

Therapie eventuell vorhandener Weichteil-<br />

oder Knocheninfektionen <strong>und</strong> eine<br />

konsequente Druckentlastung sind die<br />

drei Säulen bei der Behandlung diabetischer<br />

Fußulzera. Insbesondere der<br />

Druckentlastung kommt eine zentrale<br />

Funktion zu.<br />

Im Beitrag wird eine in Deutschland<br />

bislang noch wenig eingesetzte Methode<br />

zur Druckentlastung mit einem Total<br />

Contact Cast in Zwei-Schalen-Technik<br />

beschrieben.<br />

Der Cast wird individuell für den Patienten<br />

gefertigt. Durch die spezielle Modellierung<br />

der Fußsohle wird der Druck<br />

von den besonders belasteten <strong>und</strong> gefährdeten<br />

Stellen auf andere Bereiche<br />

des Fußes verteilt. Zudem wirkt der feste<br />

Unterschenkelverband wie ein Schaft, der<br />

unerwünschte Scherkräfte – ein Hin- <strong>und</strong><br />

Herrutschen des Fußes im Cast – durch<br />

Fixierung des Unterschenkels reduziert.<br />

Anschrift für die Verfasser:<br />

Dr. <strong>Wolf</strong>-<strong>Rüdiger</strong> <strong>Klare</strong>,<br />

Internist/Diabetologe<br />

Oberarzt <strong>und</strong> Leiter des Diabeteszentrums<br />

am Hegau-Bodensee-<br />

Klinikum Radolfzell<br />

Hausherrenstr. 12<br />

78315 Radolfzell<br />

16 Orthopädieschuhtechnik 5/2007<br />

<strong>Wolf</strong>-<strong>Rüdiger</strong> <strong>Klare</strong>, <strong>Annette</strong> <strong>Koggel</strong>, <strong>Jürgen</strong> <strong>Stumpf</strong> <strong>und</strong> Herrmann Trentmann:<br />

Total Contact Cast:<br />

Effektiv in der Behandlung<br />

Diabetischer Fußulzera<br />

Diabetische Fußulzera gehören<br />

weltweit zu den häufigsten Ursachen<br />

für Amputationen im Bereich<br />

der unteren Extremitäten. Alleine<br />

in Deutschland sind nach Schätzungen<br />

der AOK für das Jahr 2001 zirka 29 000<br />

Diabetiker betroffen, das sind fast 70<br />

Prozent aller nicht-traumatischen Amputationen<br />

(1).<br />

Säulen der Therapie dieser W<strong>und</strong>en<br />

sind ein fachgerecht ausgeführtes, regelmäßiges<br />

W<strong>und</strong>debridement, die stadiengerechte<br />

lokale W<strong>und</strong>behandlung,<br />

die Therapie eventuell vorhandener<br />

Weichteil- oder Knocheninfektionen<br />

<strong>und</strong> eine konsequente Druckentlastung.<br />

Auch eine Revaskularisation <strong>und</strong><br />

damit die Wiederherstellung oder Verbesserung<br />

der Durchblutungssituation<br />

am Fuß kann angezeigt sein.<br />

Insbesondere der Druckentlastung<br />

kommt in diesem Behandlungsschema<br />

eine ganz entscheidende Rolle zu. Nur<br />

so können die Druckspitzen an den<br />

durch andauernde mechanische (Fehl-)<br />

Belastung entstandenen W<strong>und</strong>en wirkungsvoll<br />

minimiert werden. Durch<br />

spezielle druckentlastende Maßnahmen<br />

können darüber hinaus Scherkräfte<br />

vermieden werden. Denn der Patient<br />

selbst spürt aufgr<strong>und</strong> der Nervenschädigung<br />

den als Warnung funktionierenden<br />

Schmerz nicht mehr <strong>und</strong> hat keine<br />

Chance, die notwendigen Druckentlastungen<br />

selbst durchzuführen.<br />

Druckentlastung<br />

Die Möglichkeiten der Druckentlastung<br />

sind vielfältig. Sie reichen von Bettruhe,<br />

Zuhilfenahme von Gehstützen<br />

<strong>und</strong> Rollstühlen über Entlastungsschu-<br />

he bis hin zu Ein- <strong>und</strong> Zweischalenentlastungsorthesen,<br />

die unter Verwendung<br />

verschiedener Materialien von<br />

spezialisierten Fachleuten angefertigt<br />

werden.<br />

Eine Methode, der bisher in<br />

Deutschland nur in wenigen Fußbehandlungseinrichtungen<br />

Beachtung<br />

geschenkt wird, obwohl sie in der Nationalen<br />

Versorgungsleitlinie zu Präventions-<br />

<strong>und</strong> Behandlungsstrategien<br />

für Fußkomplikationen bei Typ II-Diabetes<br />

empfohlen wird, ist der Total<br />

Contact Cast. Bei dieser Art der Druckentlastung<br />

werden Fuß <strong>und</strong> Unterschenkel<br />

mit einem rigiden Steifverband<br />

aus Gips- oder Glasfasermaterial<br />

versorgt.<br />

Durch eine spezielle Modellierung<br />

der Fußsohle wird erreicht, dass das<br />

Gewicht des Patienten von den druckexponierten<br />

Stellen des Fußes auf andere<br />

Bereiche des Fußes verteilt wird.<br />

Zudem wirkt der feste Unterschenkelverband<br />

wie ein Schaft, der Teile des<br />

Gewichtes bereits am Unterschenkel<br />

abfängt <strong>und</strong> unerwünschte Scherkräfte,<br />

das heißt ein Hin- <strong>und</strong> Herrutschen<br />

des Fußes im Cast, durch Fixierung des<br />

Unterschenkels reduziert.<br />

Der Total Contact Cast<br />

In der Ausführung eines Voll-Kontaktgipses<br />

wurde der Total Contact Cast<br />

(TCC) bereits in den 30er Jahren in Indien<br />

zur Behandlung von Leprakranken<br />

mit neuropathischen Fußgeschwüren<br />

eingesetzt (2). In den 60er Jahren<br />

fand die Methode in den USA Einzug in<br />

die Therapie neuropathischer Ulzera.<br />

Die Applikation des TCC wurde dort


1984 erstmalig in einer Fachzeitschrift<br />

beschrieben (3). So wird zunächst das<br />

Anbringen eines Baumwoll-Polsters<br />

oder PU-Schaums im Zehenzwischenraum<br />

empfohlen, um interdigitale<br />

Mykosen während der Tragedauer<br />

des Gipsverbandes zu verhindern.<br />

Anschließend wird ein Baumwoll-<br />

Schlauchverband über Fuß <strong>und</strong> Unterschenkel<br />

gestreift <strong>und</strong> am Zehenende<br />

zugenäht oder mit Klebeband bündig<br />

verschlossen. Die Malleolen <strong>und</strong> die Tibiakante<br />

werden mit speziell zugeschnittenen<br />

Filzplatten separat geschützt,<br />

in der Zehenregion dient ein<br />

Schaumstoffpolster dem Schutz der Zehen.<br />

Zwei bis drei Lagen Gipsbinden<br />

werden zirkulär an Fuß <strong>und</strong> Unterschenkel<br />

locker angelegt <strong>und</strong> sehr vorsichtig<br />

an die knöchernen Prominenten<br />

<strong>und</strong> den Fuß anmodelliert.<br />

Die so angefertigte sogenannte „innere<br />

Hülle“ des TCC lässt man abbinden,<br />

bevor im Fußsohlen- <strong>und</strong> Wadenbereich,<br />

sowie an beiden Seiten des<br />

Unterschenkels Gips-Longuetten zur<br />

Erhöhung der Festigkeit des TCC eingearbeitet<br />

werden. Unter Verwendung<br />

Eine hervorragende<br />

Verbindung:<br />

Verb<strong>und</strong>platte<br />

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Lunatec combi 4<br />

von drei bis vier weiteren Gipsbinden<br />

wird nun der Zehenbereich geschlossen,<br />

weitere zirkuläre Touren gewickelt<br />

<strong>und</strong> ein Gehstollen über einer den<br />

Plantarbereich des Fußes zusätzlich<br />

versteifenden Sohle (zurechtgeschnittene<br />

Spanplatte) fixiert.<br />

Dieser TCC wird gewöhnlich nach 3<br />

bis 7 Tagen erneuert, da insbesondere<br />

in den ersten Tagen eine Entödematisierung<br />

des Unterschenkels die Passgenauigkeit<br />

beeinträchtigt. Tragezeiten<br />

des zweiten TCC sind abhängig von der<br />

Art <strong>und</strong> Größe des Ulkus <strong>und</strong> werden in<br />

der Literatur mit durchschnittlich 7 bis<br />

14 Tagen angegeben (4).<br />

Bis heute hat dieser klassische Total<br />

Contact Cast viele Modulationen erfahren.<br />

So wurde beispielsweise zur<br />

Gewichtsreduktion der Versorgung das<br />

Gipsmaterial durch Glasfasermaterial<br />

(Kunststoffsteifverband) ersetzt (5).<br />

Bei beiden Materialien (Gips <strong>und</strong><br />

Glasfaser) wurde zeitweise mit Fensterungen<br />

im Bereich der W<strong>und</strong>e gearbeitet<br />

(6), um eine W<strong>und</strong>versorgung unabhängig<br />

vom Erneuerungsintervall<br />

des TCC zu gewährleisten. Wegen der<br />

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(keine Blasenbildung oder Verhärtung)<br />

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der unterschiedlichen Materialien<br />

■ Ein höherer Volumenerhalt<br />

■ bei 120˚–130˚C thermisch formbar.<br />

Provozierung von Fensterödemen wurde<br />

diese Technik von vielen Arbeitsgruppen<br />

wieder aufgegeben.<br />

Die Verwendung des Glasfasermaterials<br />

eröffnet eine interessante Variante<br />

der Druckentlastung: Der TCC in<br />

Zwei-Schalen-Technik. Hier wird der<br />

zirkuläre Verband aufgetrennt, so dass<br />

zwei Schalen entstehen (7). Diese werden<br />

mit Klettverschlüssen wieder zusammengeführt<br />

<strong>und</strong> fixiert. So kann<br />

jederzeit der Verbandwechsel erfolgen<br />

<strong>und</strong> meist bis zur vollständigen Abheilung<br />

mit einem einzigen Steifverband<br />

gearbeitet werden.<br />

Die Technik zur Anlage eines TCC in<br />

Zwei-Schalen Technik soll hier vorgestellt<br />

werden.<br />

Die Zwei-Schalen-Technik<br />

Die Versorgung des Patienten beginnt<br />

mit der Anpassung eines 5 Millimeter<br />

dicken, klebenden Filzpolsters („Cellona“-Polster,<br />

s. Abb. 1). Dieses wird in<br />

doppelter Stärke über die gesamte<br />

Fußsohle des Patienten platziert, unter<br />

Aussparung des W<strong>und</strong>bereiches<br />

(s. Abb. 2). Um genügend Raum für die<br />

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M E D I Z I N & T E C H N I K<br />

Orthopädieschuhtechnik 5/2007<br />

17


M E D I Z I N & T E C H N I K<br />

Herstellung des Total Contact Cast<br />

1 Ein Filzpolster wird nach den Maßen <strong>und</strong><br />

der Form des Fußes ausgeschnitten.<br />

4 Der Fußrücken wird mit einem Polster<br />

geschützt.<br />

7 Das Fibulaköpfchen wird markiert als Anhaltspunkt,<br />

wie weit der Cast reichen darf.<br />

10 Das genaue Anmodellieren der Fußsohle<br />

bestimmt die Wirkung der Druckentlastung.<br />

18 Orthopädieschuhtechnik 5/2007<br />

2 In das Filzpolster werden Aussparungen<br />

für die zu entlastenden Stellen geschnitten.<br />

5 Ein Schlauchverband deckt Fuß <strong>und</strong> Bein<br />

ab.<br />

8 Der Cast wird angewickelt.<br />

11 Nach dem Sägen werden beide Teile mit<br />

Klettbändern fixiert.<br />

3 Zum Schutz der Zehen wird eine Spitzenzugabe<br />

fixiert.<br />

6 Als Polster werden Fuß <strong>und</strong> Bein halbüberlappend<br />

mit Synthetikwatte umwickelt.<br />

9 Drei Schlaufen werden als Führungslaschen<br />

für Klettbänder eingearbeitet.<br />

12 Ein Verbandschuh über dem Cast dient<br />

der besseren Mobilität.


Zehen zu schaffen, wird mit einer handelsüblichen<br />

Spitzenzugabe gearbeitet,<br />

die mit klebenden Polsterstreifen<br />

(„Cellona“-Randpolster) fixiert wird<br />

(s. Abb. 3).<br />

Soll der TCC nach Anlage zunächst<br />

für einige Tage am Patienten belassen<br />

werden, kann dieser Raum auch mit<br />

6 bis 8 Lagen Synthetikwatte („Cellona“-Synthetikwatte)<br />

geschaffen werden.<br />

Der Fußrücken wird ebenfalls mit<br />

„Cellona“-Polster geschützt (s. Abb.<br />

4), der Schutz der Tibiakante <strong>und</strong> der<br />

Malleolen kann bei Bedarf mit den<br />

klebenden Filzprodukten erfolgen.<br />

Ein Schlauchverband („tg“-Schlauchverband)<br />

dient der Abdeckung von Unterschenkel<br />

<strong>und</strong> Fuß (s. Abb. 5).<br />

Gepolstert wird mit einer Lage<br />

halb-überlappend gewickelter Synthetikwatte<br />

(„Cellona“-Synthetikwatte,<br />

s. Abb. 6), die anschließend mit dem<br />

am Fuß überstehenden Schlauchverband<br />

bedeckt wird.<br />

Als weitere Schutzlage wird über<br />

diese Schlauchverband-Watte-Schlauchverband-Kombination<br />

ein weicher<br />

Frotteeschlauch („tg“-soft Polsterschlauchverband)<br />

angelegt, der sich<br />

gut mit dem Glasfasermaterial verbindet<br />

<strong>und</strong> später den TCC innen auskleidet.<br />

Eine Markierung des Fibulaköpfchens<br />

erleichtert es, beim Anlegen den<br />

nötigen Abstand von zirka 2 Zentimeter<br />

zwischen Castabschluss <strong>und</strong> Fibulaköpfchen<br />

einzuhalten (s. Abb. 7).<br />

Je nach Größe <strong>und</strong> Gewicht des Patienten<br />

wird der Unterschenkelcast mit<br />

5 bis 6 Glasfaser-Castbinden („Cellacast“-Xtra,<br />

10 cm x 3,6 m) angelegt.<br />

Mit einer letzten 5 Zentimeter „Cellacast“-Xtra-Binde<br />

werden drei Schlaufen<br />

als Führungslaschen für die zum<br />

Verschluss benötigten Klettbänder<br />

eingearbeitet (s. Abb. 8 <strong>und</strong> 9).<br />

Wichtig ist das korrekte Modellieren<br />

der Fußsohle, bei dem das Fußgewölbe<br />

<strong>und</strong> die späteren drei Auflagepunkte<br />

(Ferse, Großzehen- <strong>und</strong> Kleinzehen-<br />

Gr<strong>und</strong>gelenk) gut herausgearbeitet<br />

werden müssen (s. Abb. 10).<br />

Nach Aushärtung des Casts wird<br />

mithilfe einer Castsäge der TCC geöffnet,<br />

die Spitzenzugabe entfernt <strong>und</strong><br />

die Castränder mit einem Kantenschutz<br />

(„Porotape“) versehen. Die beiden<br />

Schalen werden mit Klettbändern fixiert<br />

(s. Abb. 11) <strong>und</strong> ein Verbandschuh<br />

(„Cellona“-Shoe Verbandschuh)<br />

zur besseren Mobilität angelegt (s.<br />

M E D I Z I N & T E C H N I K<br />

Abb. 12).<br />

Die hier beschriebene Zwei-Schalen-Technik<br />

des TCC ermöglicht eine<br />

individuelle W<strong>und</strong>kontrolle, ohne den<br />

TCC bei jeder W<strong>und</strong>versorgung erneuern<br />

zu müssen. Es muss nur zwingend<br />

darauf geachtet werden, dass das unter<br />

der Fußsohle klebende Polster immer<br />

in gleicher Weise angebracht wird.<br />

Alle für die Anfertigung eines TCC<br />

benötigten Verbrauchsmaterialien werden<br />

in dem Therapiesystem „Cellacast“-TCC<br />

(Lohmann & Rauscher GmbH<br />

& Co. KG) angeboten.<br />

Studienlage<br />

In den USA wird der Total Contact Cast<br />

mittlerweile als Goldstandard zur Behandlung<br />

plantarer Ulzera der Wagnergrade<br />

1 <strong>und</strong> 2 angesehen (8). Dies ist<br />

unter anderem mit der guten Studienlage<br />

in den USA zu erklären. So wird in<br />

einer Übersicht, die 11 Studien mit<br />

389 Fußgeschwüren berücksichtigt,<br />

von einer Abheilrate bei der Anwendung<br />

des TCC von 91 Prozent innerhalb<br />

von 43 Tagen berichtet, bei einer<br />

durchschnittlichen Bestandsdauer der<br />

Ulzera von 9 Monaten vor Behandlungsbeginn<br />

mit TCC (9).<br />

Ähnliche Ergebnisse zeigt eine randomisierte,<br />

kontrollierte Studie, in der<br />

bei 40 Patienten mit neuropathischem<br />

Fußulkus der TCC mit konventionellen<br />

Druckentlastungsmaßnahmen (Verbandschuhe,<br />

Schuhe mit adaptiertem<br />

Fußbett) verglichen wird. Die Geschwüre<br />

hatten vor Behandlung mit<br />

TCC 155 – 195 Tage (Interventionsgruppe)<br />

beziehungsweise 175 – 200<br />

Tage (Kontrollgruppe) bestanden.<br />

In der mit TCC behandelten Gruppe<br />

wurde bei 90 Prozent der Patienten innerhalb<br />

von 42 ± 29 Tagen eine Abheilung<br />

beobachtet, während in der Kontrollgruppe<br />

innerhalb von 65±29 Tagen<br />

nur 32 Prozent der W<strong>und</strong>en abgeheilt<br />

waren (10).<br />

Eigene Erfahrungen<br />

Der hier vorgestellte TCC in Zwei-Schalen-Technik<br />

ist im Rahmen von Anwendungsbeobachtungen<br />

an der DDG-zertifizierten<br />

Diabetesfußambulanz des<br />

Hegau-Bodensee-Klinikums in Radolfzell<br />

getestet worden (11). 16 Diabetiker<br />

mit 17 Fußläsionen (max. Wagner<br />

2, keine klinisch bedeutsame Ischämie,<br />

kein Infekt, W<strong>und</strong>größe: 0.06 –<br />

9.60 cm²) wurden konsekutiv mit dem<br />

Unterschenkel-TCC versorgt. Die Anla-<br />

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M E D I Z I N & T E C H N I K<br />

13 + 14 Ausgangsbef<strong>und</strong> einer W<strong>und</strong>e <strong>und</strong> der Zustand nach 14 Tagen Tragezeit des Total<br />

Contact Cast.<br />

ge des TCC erfolgte in diesen Fällen<br />

durch einen speziell geschulten zertifizierten<br />

W<strong>und</strong>manager oder eine W<strong>und</strong>assistentin<br />

DDG.<br />

Bei 14 der behandelten Patienten<br />

stagnierte die W<strong>und</strong>heilung vor TCC-<br />

Behandlung unter Verwendung eines<br />

Vorfußentlastungsschuhs beziehungsweise<br />

individueller Schuhzurichtung<br />

über einen Zeitraum von 42 Tagen bis<br />

48 Monaten.<br />

Nach Anlage des TCC wurde die lokale<br />

W<strong>und</strong>versorgung nach den Regeln<br />

der feuchten W<strong>und</strong>behandlung unverändert<br />

beibehalten, die Verbandwechselintervalle<br />

betrugen 3 – 7 Tage.<br />

Die Patienten wurden angehalten, den<br />

TCC nicht eigenständig abzunehmen.<br />

Nach durchschnittlich 41 (+/-25)<br />

Tagen waren 16 der 17 Ulzera abgeheilt.<br />

Nur bei einem Patienten musste<br />

die Behandlung nach 60 Tagen abgebrochen<br />

werden. Die Ulkusgröße stagnierte,<br />

da der Patient entgegen der<br />

ärztlichen Anweisung den TCC nur zeitweise<br />

angelegt hatte. Neue Druckläsionen<br />

traten während der Anwendung<br />

des TCC nicht auf.<br />

Abbildung 13 zeigt exemplarisch<br />

den Ausgangsbef<strong>und</strong> eines Patienten<br />

der Studie vor TCC Behandlung, sowie<br />

den Bef<strong>und</strong> nach 14 Tagen konsequenten<br />

Tragens des TCC (Abb. 14).<br />

Fachgerechte Anwendung<br />

wichtig<br />

Die Anlage eines TCC sollte nur nach<br />

fachgerecht durchgeführter Schulung<br />

durch erfahrene Spezialisten erfolgen.<br />

Kenntnisse über die Pathophysiologie<br />

des Diabetischen Fußes <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

in der Behandlung des Diabetischen<br />

Fußsyndroms sind unbedingt erforderlich.<br />

Ein TCC sollte nicht bei Patienten<br />

verwendet werden, die eine klinisch<br />

bedeutsame Ischämie aufweisen. Als<br />

20 Orthopädieschuhtechnik 5/2007<br />

Richtwert für eine Ischämie wird ein<br />

Knöchel-Arm-Druck-Index < 0,8 oder<br />

die Abwesenheit tastbarer Fußpulse<br />

angesehen. Eine akute Infektion mit<br />

klinischen Infektionszeichen ist ebenfalls<br />

eine Kontraindikation für den TCC.<br />

Da es sich um eine gelenkübergreifende<br />

Immobilisation handelt, ist eine<br />

Thromboseprophylaxe zu empfehlen,<br />

insbesondere wenn der TCC Tag <strong>und</strong><br />

Nacht getragen wird.<br />

Für den Behandlungserfolg ist eine<br />

gute Compliance, das heißt ein gutes<br />

Verständnis des Patienten für seine Erkrankung<br />

<strong>und</strong> eine entsprechende Mitarbeit<br />

bei der Behandlung, sehr wichtig.<br />

Gemäß den bisherigen Erfahrungen<br />

hat es sich bewährt, den Patienten<br />

eine eigenständige Abnahme des TCC<br />

nicht zu gestatten. Dies sollte nur in<br />

der Fußbehandlungseinrichtung oder<br />

durch den zuvor im Abnehmen <strong>und</strong><br />

Wiederanlegen des TCC geschulten<br />

W<strong>und</strong>behandler (z. B. ambulante Pflegedienste,<br />

Homecarer) erfolgen. Bei<br />

Compliance-Problemen kann eine „Verplombung“<br />

des TCC, zum Beispiel<br />

durch Überwickeln einer Haftbinde<br />

(z. B. „Mollelast“-Haft) über die geöffneten<br />

Schalen, hilfreich sein.<br />

Die bisherigen Erkenntnisse aus den<br />

15<br />

Der Effekt des Gipses<br />

auf die plantare<br />

Druckbelastung<br />

kann mit Hilfe der<br />

Druckverteilungsmessungdokumentiert<br />

werden.<br />

Anwendungsbeobachtungen zeigen,<br />

dass der TCC in Zwei-Schalen-Technik<br />

für die ambulante Behandlung von Patienten<br />

sehr gut geeignet ist. Auch<br />

erste Erfahrungen von Orthopädieschuhmachern,<br />

die in der Anlage<br />

des TCC geschult wurden, sind durchaus<br />

positiv. Als Partner im interdisziplinären<br />

Team der zertifizierten Fußbehandlungseinrichtungen<br />

sind Orthopädieschuhmacher<br />

ohnehin schon<br />

heute der kompetente Ansprechpartner<br />

für das Thema Druckentlastung.<br />

Vor allem das Know-how in den Bereichen<br />

Biomechanik <strong>und</strong> Gipstechnik<br />

lässt sich bei der Anwendung des TCC<br />

sinnvoll integrieren. Das Anfertigen<br />

eines Gipsabdruckes zum Beispiel für<br />

eine Unterschenkelinnenschuhversorgung<br />

oder eine Therapieentlastungsorthese<br />

stellt an den Orthopädieschuhtechniker<br />

ähnliche Anforderungen<br />

bezüglich der korrekten Fußstellung<br />

<strong>und</strong> der Anmodellierung der Fußplastik<br />

wie das Anlegen eines TCC.<br />

Ein weiteres Element zur Qualitätssicherung<br />

<strong>und</strong> Risikominimierung im<br />

Rahmen der TCC-Versorgung ist die Beurteilung<br />

der Druckentlastungswirkung<br />

unter Zuhilfenahme eines Druckverteilungsmesssystems<br />

(Abb.15).<br />

Zudem ist die Analyse des Gangbildes<br />

unter Einsatz eines computergestützten<br />

Bewegungsanalysesystems<br />

(Abb. 16) wichtig, um bei Bedarf notwendige<br />

Stellungskorrekturen oder Abrollmaßnahmen<br />

am Überschuh vornehmen<br />

zu können. Somit können negative<br />

Folgen für das Gangbild aber auch<br />

Auswirkungen auf die Gelenke zum<br />

Beispiel das Kniegelenk vermieden<br />

werden.<br />

Der TCC stellt eine sehr gute Ergänzung<br />

zu den bisher von der Orthopädieschuhtechnik<br />

hergestellten Hilfsmitteln<br />

dar, da er die Notwendigkeit


von handwerklichen Fertigkeiten <strong>und</strong><br />

theoretischen Kenntnissen im Bereich<br />

der diabetischen Fußversorgung ideal<br />

verbindet.<br />

Literatur:<br />

1. Heller G, Günster C, Schellschmidt H: Wie<br />

häufig sind Diabetes-bedingte Amputationen<br />

unterer Extremitäten in Deutschland? Eine<br />

Analyse auf Basis von Routinedaten. Dtsch<br />

med Wochenschr 2004; 129: 429 – 433.<br />

2. Laing, PW, Cogley DI, Klenerman L: Neuropathic<br />

foot ulcerations treated by total<br />

16 Bewegungsanalysen<br />

mit angelegtem<br />

TCC <strong>und</strong> Verbandschuh<br />

sind<br />

sinnvoll, um Stellungskorrekturen<br />

vorzunehmen oder<br />

die Abrollung zu<br />

verbessern.<br />

contact casts. J Bone Joint Surgery 1991;<br />

74B (1): 133 – 136.<br />

3. Coleman WC, Brand PW, Birke JA: The<br />

Total Contact Cast, A Therapy for Plantar Ulceration<br />

on Insensitive Feet. J Am Pod Assoc<br />

1984; 74(11): 548 – 52.<br />

4. Myerson M, Papa J, Eaton K, Wilson K: The<br />

total contact casting for management of<br />

neuropathic ulceration of the foot. J Bone<br />

Joint Surg 1992 74-A (2): 261 – 269.<br />

5. Caravaggi C, Faglia E, de Giglio R, Mantero<br />

M, Quarantiello A, Sommariva E, Gino M, Pritelli<br />

C, Morabito A: Effectiveness and safety<br />

of a nonremovable fiberglass off-bearing cast<br />

versus a therapeutic shoe in the treatment of<br />

neuropathic foot ulcers- a randomized study.<br />

Diabetes Care 2000; 23: 1746 – 1751.<br />

M E D I Z I N & T E C H N I K<br />

6. Ha Van G, Siney H, Hartmann-Heurtier A,<br />

Jacqueminet S, Greau F, Grimaldi A: Nonremovable,<br />

Windowed, Fiberglass Cast Boot in<br />

the Treatment of Diabetic Plantar Ulcers: Efficacy,<br />

safety, and compliance. Diabetes Care<br />

2003, 26(10): 2848 – 2852.<br />

7. Nabuurs-Franssen MH, Sleegers R, Huijberts<br />

MSP, Wijnen W, Sanders AP, Walenkamp<br />

G, Schaper NC:Total Contact Casting of the<br />

Diabetic Foot in Daily Practice. Diabetes Care<br />

2005; 28 (2): 243 – 247<br />

8. American Diabetes Association. Consensus<br />

Development Conference on Diabetic Foot<br />

Wo<strong>und</strong> Care. Diabetes Care 1999; 22:1354 –<br />

1360<br />

9. 12. Sinacore DR: Total contact casting for<br />

diabetic neuropathic ulcers. Phys Ther 1996;<br />

76 (3): 296 – 301<br />

10. Mueller MJ, Diamond JE, Sinacore DR,<br />

Delitto A, Blair VP 3rd, Drury DA, Rose SJ:<br />

Total Contact Casting in Treatment of Diabetic<br />

Plantar Ulcers, Diabetes Care 1989; 12<br />

(6): 384 – 388<br />

11. <strong>Klare</strong> WR, Ledermüller A, Krenmayer H,<br />

<strong>Koggel</strong> A: Druckentlastung mittels Unterschenkel-Total<br />

Contact Cast (TCC) in der Behandlung<br />

diabetischer Fußulzera - Ergebnisse<br />

einer Anwendungsbeobachtung. ZfW 2007, 1:<br />

58.<br />

12. Nationale Versorgunsleitlinie Typ-2 Diabetes<br />

– Präventions- <strong>und</strong> Behandlungsstrategien<br />

für Fußkomplikationen (Langfassung,<br />

Version 2.2, März 2007). http://www.diabetes.versorgungsleitlinien.de

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