Die äussere Welt als Geistesschule Das Wort Gottes - Geist und ...
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40 Von der Einswerdung<br />
GL 5/2005<br />
Von der Einswerdung<br />
Frankfurter Deutschherr (14. Jahrh.)<br />
Wenn ich sage - <strong>und</strong> auch Christus sagt so -: um zur Einswerdung zu<br />
gelangen, muss man alles „lassen“ <strong>und</strong> von sich tun - so heißt das nicht,<br />
dass Du nun nichts mehr tun <strong>und</strong> Dich um nichts mehr bekümmern sollst.<br />
Denn solange der Mensch lebt, muss er wirken <strong>und</strong> tätig sein. Sondern es<br />
heißt, dass des Menschen Vermögen, sein Tun <strong>und</strong> Lassen, sein Erkennen<br />
<strong>und</strong> Wissen nicht das ist, worauf es für die Einswerdung ankommt. Was<br />
aber ist diese Einswerdung dann? Nichts anderes, <strong>als</strong> dass Du <strong>als</strong> ein jeder<br />
Bestimmung barer, innerlich eins Gewordener wahrhaft eins wirst mit dem<br />
einigen ewigen Willen <strong>und</strong> Wesen <strong>Gottes</strong>, dass Du selbst ohne Willen bist,<br />
weil Dein Ichwille in den <strong>Gottes</strong>willen eingeflossen <strong>und</strong> darin<br />
verschmolzen <strong>und</strong> zu nichts geworden ist, so dass der Wille <strong>Gottes</strong> hinfort<br />
allein Dein Tun wie Dein Lassen bestimmt.<br />
Und wie gelangt man dazu? Kein Tun führt dahin, sondern allein das<br />
Lassen <strong>und</strong> Von-sich-Tun. Denke nicht, dass irgendwelche Werke, <strong>Wort</strong>e<br />
<strong>und</strong> Weisen oder noch so hohe Kunst <strong>und</strong> Meisterschaft oder was sonst in<br />
den Bereich des Erschaffenen <strong>und</strong> Vergänglichen gehört, Dir hierbei<br />
helfen kann. All dies musst Du lassen <strong>und</strong> Dich gänzlich hingeben <strong>und</strong><br />
eingehen in die Einung. Wenn diese Einswerdung zustande kommt <strong>und</strong><br />
Wesensbesitz wird, dann steht hinfort der innere Mensch in der Einung<br />
unbeweglich, <strong>und</strong> nur den äußeren Menschen bewegt Gott zu diesem <strong>und</strong><br />
jenem, das gerade geschehen muss. Es ist der Zustand, in dem der äußere<br />
Mensch spricht: „Ich will - von mir aus - weder sein noch nichtsein, weder<br />
leben noch sterben, weder wissen noch nichtwissen, weder tun noch<br />
lassen, sondern lasse mich von innen her bewegen zu dem, was<br />
geschehen muss.“ Der äußere Mensch hat kein Warum <strong>und</strong> Wozu mehr,<br />
kein Ziel <strong>als</strong> allein das: dem ewigen Willen Werkzeug zu sein. Er hat<br />
erkannt, dass der innere Mensch unbewegt in Gott verharrt, dass es aber<br />
dem äußeren Menschen bestimmt ist, vom Willen <strong>Gottes</strong> bewegt zu<br />
werden.<br />
Wo immer die Einswerdung erlangt ward, wo immer Gott Mensch<br />
ward oder ist, da stehen die Dinge so, wie es das Beispiel Christi beweist.<br />
Und wo das göttliche Licht am Werke ist, da gibt es weder geistigen<br />
Hochmut noch hemmungslose Freiheit, sondern nur schrankenlose<br />
Hingabe, ein in Gott versunkenes Gemüt <strong>und</strong> ein williges sich Einordnen<br />
<strong>und</strong> Fügen unter den Ewigen Willen - <strong>und</strong> zugleich sind Wahrhaftigkeit<br />
<strong>und</strong> Ehrfurcht vor allem Lebendigen da, Friede <strong>und</strong> Genügsamkeit. Wo es<br />
anders ist, ist die Einswerdung noch nicht erlangt.