Elegante Herren, elegante Weinhandlung: Rudi Bindella und Bruno ...

Elegante Herren, elegante
Weinhandlung: Rudi Bindella
und Bruno Orlandi in der neuen
Vinoteca di Bindella in Zürich.
Schweizerische Weinzeitung — 38

Fotos: Daniel Boschung
Gute Weinhandlungen: Bindella
«Wir orientieren uns
an den Gesetzen der Natur»
SHORT FACTS
BINDELLA
ADRESSE Vinoteca di
Bindella, Bindella Weinbau-
Wein handel AG, Hönggerstrasse
115, 8037 Zürich
FON 044 276 62 62
INTERNET
www.bindellaweine.ch
ÖFFNUNGSZEITEN Montag bis
Freitag 10–18.30,
Samstag 9.30–16 Uhr
SORTIMENT Rund 600 Weine
von renommierten Produzenten
vor allem aus Italien
(auch vom eigenen Weingut)
sowie aus Spanien und
Frankreich, dazu Grappas,
weitere Spirituosen,
Olivenöle und Essig
GESCHÄFTSLEITUNG Karin
Fuhrer, Andreas Bisig,
Walter Fuchs
ANZAHL MITARBEITER 62
(ganze Wein-Gruppe)
39 — Schweizerische Weinzeitung
Ein hoher, weiter Raum. Viel edles, dunkles Holz. An der
Wand neben dem Eingang ein farbiges Gemälde. Und
dann natürlich Flaschen, Flaschen, Flaschen – ein paar
hundert sind da ausgestellt: ein wesentlicher Teil des
Bindella-Sortiments. Eine elegante Weinhandlung. Erst
Ende Mai dieses Jahres wurde die Vinoteca di Bindella
im Stammhaus der Bindella-Unternehmungen im Zürcher
Quartier Wipkingen eröffnet. Zuvor kauften Privatkunden
vor allem über den Katalog, der sich als veritables
Weinbuch präsentiert.
Das Geschäft ist gut angelaufen im neuen «Laden»
an der Hönggerstrasse. Rudi Bindella und Bruno Orlandi,
die in den letzten 30 Jahren den Weinbereich zielstrebig
um- und ausgebaut haben, sind sehr zufrieden. Schon die
Eröffnung Ende Mai mit einem Tag der offenen Tür war
ein Grosserfolg: Statt der erwarteten einigen hundert Leute
kamen 1400.
Rund zwei Drittel des gesamten Bindella-Sortiments,
das etwa 700 Produkte umfasst, werden in der neuen Vinoteca
präsentiert. Allen voran natürlich die Weine vom
eige nen Gut Vallocaia in der Toskana. «Wir sind klar auf
Italien fokussiert», sagt Bruno Orlandi. Etwa 85 Prozent
der jährlich annähernd 3 Millionen Flaschen kommen aus
Italien. Viele von bekannten und renommierten Produzenten.
Aus der Toskana zum Beispiel von Antinori, Castello
Banfi, Ornellaia und San Guido (Sassicaia), aus dem Piemont
von Braida, Bruno Giacosa und Prunotto, aus Südtirol
von Lageder, aus dem Trentino von Elisabetta Foradori
und San Leonardo, aus dem Veneto von Masi, aus
Sardinien von Sella & Mosca und aus Sizilien von Tasca
d’Almerita. «Wir sind eher traditionell ausgerichtet», erklärt
Orlandi, «uns ist Kontinuität wichtig. Wir setzen auf
einen langfristigen Aufbau der Produkte.»
Die erste Nebenrolle spielt Spanien: Bindella vertritt
exklusiv die Weine des grossen Produzenten Torres in der
deutschen und italienischen Schweiz. Ergänzt wird das
Angebot durch einige französische Weine vor allem aus
den Regionen Burgund, Côtes du Rhône und Bordeaux.
Die wenigen Übersee-Weine stammen ausschliesslich von
Italienische Weine von bekannten Produzenten,
darunter das eigene Weingut, dominieren
Bindellas Sortiment. Vor Kurzem wurde in Zürich
die neue Vinoteca di Bindella eröffnet.
Text: Hanspeter Eggenberger
Produzenten, mit denen Bindella schon in Europa zusammenarbeitet:
Antinori, Masi und Torres.
Mit etlichen Produzenten pflegt Bindella langjährige,
enge Beziehungen. Nicht ohne Stolz weist Rudi Bindella
etwa darauf hin, dass er den Sassicaia seit 1976 im
Sortiment hat und den Ornellaia auch schon seit 1988. Die
Verbindung mit dem Florentiner Traditionshaus Antinori
besteht sogar schon seit 60 Jahren; sie wurde von Rudi
Bindellas Vater geknüpft.
Schon Grossvater Jean Bindella hatte mit Wein gehandelt:
Er war Anfang des 20. Jahrhunderts der erste
Chianti-Importeur in der Schweiz. In 50-Liter-Korbflaschen
kam der Wein nach Zürich, wo er für den Verkauf
in 1,5-Liter-Fiascos abgefüllt wurde. Nach dem frühen
Tod von Jean Bindella verkaufte seine Witwe die Weinhandlung
und konzentrierte sich auf zwei Liegenschaften
mit Restaurants in Zürich. Ihr Sohn Rudolf Bindella
baute dann nach dem Zweiten Weltkrieg die Bindella-
Unternehmungen mit den vier Betriebszweigen, wie sie
auch heute noch bestehen, aus: Weinbau-Weinhandel,
Handwerk (Gipser- und Malergeschäft), Gastronomie und
Immobilien. Den Weinhandel nahm er in den 1940er
Jahren mit dem Kauf einer Weinfirma wieder auf, später
erwarb er mehrere Weingüter in den Kantonen Waadt,
Wallis und Neuenburg.
Rudi Bindella, 1948 geboren, ist im Familienbetrieb
aufgewachsen. Schon als Bub half er regelmässig mit,
etwa beim Flaschenwaschen. Nach seinem Doktorat in
Betriebswirtschaft (Dissertation: «Die Einführung einer
Schweizer Baulandsteuer als Mittel zur Bekämpfung der
Bodenhortung») stieg er 1975 ins väterliche Geschäft ein
und übernahm nach dem Tod des Vaters 1982 die Leitung
des Unternehmens. Seither entwickelte er die vier Bereiche
zielstrebig weiter. So umfasst etwa der Gastronomiebereich
heute rund drei Dutzend Lokale vorwiegend in der
deutschen Schweiz; rund tausend Leute arbeiten in den
Bindella-Betrieben.
Natürlich werden in den Restaurants, die sich bis auf
ganz wenige der italienischen Küche verschrieben haben,

Von teils über 100 Jahre alten Reben:
Salmos, der Priorat-Wein der Familie Torres.
Bestseller bis 25 Franken
2006 MARCHESE ANTINORI,
CHIANTI CLASSICO RISERVA
Marchesi Antinori, Firenze
90 % Sangiovese plus
10 % Cabernet und
ergänzende Sorten; Fr. 25.–
Dunkles Rubinrot. In der Na se
reife Kirschen, ein Hauch
Tabak. Am Gaumen rote
Früchte, dezente Schokoladennoten,
weiche Tannine.
16 / 20 trinken –2018
Bestseller 25 bis 30 Franken
2008 SALMOS, PRIORAT
Miguel Torres
40 % Garnacha, 40 % Cariñena,
20 % Syrah; Fr. 29.–
Dichtes Purpurrot. Bouquet
von schwarzen Beeren,
Röst- und Raucharomen. Am
Gaumen würzig-fruchtig,
Cassis, opulent und elegant.
17 / 20 trinken –2020
Bestseller über 30 Franken
2007 VALLOCAIA, TOSCANA
Bindella, Montepulciano
45 % Sangiovese, 33 % Syrah,
22 % Cabernet; Fr. 37.50
Intensives Rubinrot. Bouquet
von dunklen Beeren, Waldboden.
Wuchtig-fruchtig am
Gaumen, kompakte Tannine,
Entwicklungspotenzial.
18 / 20 trinken –2017
Gute Weinhandlungen: Bindella
die Flaschen aus der eigenen Weinhandlung entkorkt.
Bruno Orlandi stellt für die einzelnen Betriebe je nach
ihrem Profil die Weinkarten zusammen. Aber auch viele
andere Restaurants im Land schenken Bindella-Weine aus:
Etwa 45 Prozent des Jahresumsatzes von rund 60 Millionen
Franken macht die Weinhandlung (mit den Tochtergesellschaften)
in der Gastronomie, 15 bis 20 Prozent tragen
Privatkunden bei, den Rest der Handel.
«Bis 1986 haben wir hier in Zürich noch selbst Wein
abgefüllt», erzählt Orlandi, «heute machen wir nur noch
Flaschenimporte.» Der Markt habe sich in den letzten Jahrzehnten
«gewaltig verändert», sagt Bindella: Die Fachkompetenz
sei gewachsen, sei viel professioneller geworden.
Das Angebot habe stark zugenommen, und das Marketing
sei enorm wichtig geworden. Und die Grossverteiler hätten
eine führende Stellung im Markt erlangt. Bei einigen italienischen
Weinen seien die Preise in den letzten Jahren
teils stark gestiegen, analysiert Orlandi. Mit den hochpreisigen
Weinen werde es in der Gastronomie zunehmend
schwierig; er beobachtet bei den teuren Weinen eine Verlagerung
von der Gastronomie zum privaten Konsum.
«Die Nähe zum Konsumenten ist wichtig», sagt Orlandi,
und die neue Vinoteca trage dazu bei. «Wir haben in den
letzten Jahren das Marketing stark ausgebaut», ergänzt
Bindella. «Mit Erfolg.» Viele Informationen über Winzer
und Weine bekommen die Kunden im «Vinario», dem
jährlichen Weinkatalog, der mit seinen fast 300 Seiten viel
mehr als eine Preisliste darstellt. Aktuellere Informationen
gibt es im sechsmal jährlich verschickten Mailing
«Selezione» und im 14-täglichen elektronischen Newsletter
«Gazzettino».
Heisst wie das Weingut: Vallocaia, der Bindella-Blend
aus Sangiovese, Syrah und Cabernet.
Marchese Antinori: ein eleganter, zwölf Monate
in Barriques gereifter Chianti Riserva.
Zusammen mit Bruno Orlandi hat Rudi Bindella,
der schon früh eine Passion für Italien entwickelt hatte,
den Weinbereich ganz auf Italien ausgerichtet – nicht nur
im Handel, sondern auch im Weinbau. Anfang der
1980er Jahre begann mit dem Kauf der ersten Parzellen
der Aufbau des eigenen Weingutes Vallocaia in der Nähe
von Montepulciano. Die Weingüter in der Westschweiz
wurden nach und nach verkauft, das Weingut in der Toskana
dagegen Schritt für Schritt ausgebaut. Heute werden
jährlich rund 120 000 Flaschen eigener Wein abgefüllt.
Und das auf Vallocaia gepresste Olivenöl reicht
für alle eigenen Restaurants, in denen es schon lange
Sitte ist, dass mit dem Brot feines Olivenöl auf den Tisch
kommt.
Der Weinbau macht Rudi Bindella Freude. «Wenn
man selbst Wein macht, hat man eine ganz besondere Beziehung
dazu.» Das Gut Vallocaia ist für ihn «ein irdisches
Paradies», diese Landschaft habe «eine mystische Ausstrahlung»,
schwärmt er. Er, seine Frau Barbla und Bruno
Orlandi besuchen das Gut regelmässig, um persönlich am
Entstehen der Weine mitzuwirken. Der Slogan «Wir übernehmen
die Verantwortung. Vom Rebstock bis ins Glas»
ist für ihn nicht einfach irgendein gut klingender Spruch,
sondern eine Philosophie, die er auch lebt. Aus der intensiven
Auseinandersetzung mit dem Weinbau ist denn
auch der Leitsatz der Bindella-Unternehmungen entstanden:
«Wir orientieren uns an den Gesetzen der Natur»,
heisst es da, «und üben uns in der bewussten Massfindung.
Was für den Weinbau gilt, hat grundsätzliche Bedeutung:
Wir verlangen vom Boden nicht mehr, als er aus
eigenen Kräften hervorbringt.»
Schweizerische Weinzeitung — 40