Feuchtigkeitsschäden beim Innenausbau und an Fassaden – wer ...
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Gr<strong>an</strong>ol Bauseminar vom 16., 17. <strong>und</strong> 18. November 2011<br />
<strong>Feuchtigkeitsschäden</strong> <strong>beim</strong> <strong>Innenausbau</strong> <strong>und</strong> <strong>an</strong> <strong>Fassaden</strong><br />
<strong>–</strong> <strong>wer</strong> haftet?<br />
Dr. Anton Egli, Rechts<strong>an</strong>walt <strong>und</strong> Notar, Luzern<br />
Schadenfall Nr. 1: W<strong>an</strong>dplattenablösungen wegen Untergr<strong>und</strong>feuchte<br />
2. Konsequenz:<br />
1. Ursache:<br />
Der Putz wurde <strong>an</strong>gebracht, obwohl der Untergr<strong>und</strong> (Betonw<strong>an</strong>d)<br />
eine zu hohe Feuchtigkeit aufwies. Offenbar wurde die<br />
Feuchtigkeit der Betonw<strong>an</strong>d vor Arbeitsbeginn nicht gemessen.<br />
�<br />
Ausführungsfehler<br />
Nach Art. 364 OR haftet der Unternehmer für eine sorgfältige Ausführung seiner Arbeit,<br />
wie sie von einem gewissenhaften Vertragspartner erwartet <strong>wer</strong>den k<strong>an</strong>n <strong>und</strong> ihm zumutbar<br />
ist. In Fragen der konkreten Werkausführung ist er die „besonders sachk<strong>und</strong>ige Partei“.<br />
Einzelheiten muss er besser wissen als der Architekt / die Bauleitung.<br />
3. Rechtliche Aspekte:<br />
Wer sagt, was sorgfältig ist? � Die <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Regeln der Bauk<strong>und</strong>e, die im Zeitpunkt<br />
der Ausführung massgeblich sind. Hier:<br />
<strong>–</strong> SIA-Empfehlung V 242/1 (1994) über Verputz- <strong>und</strong> Gipserarbeiten<br />
Ziff. 5.22: „Der Feuchtigkeitsgehalt mittels DARR-Methode <strong>an</strong> Proben aus mindestens<br />
30 mm Tiefe bestimmt, darf bei Beton den Richt<strong>wer</strong>t von 3,0 Massenprozent nicht überschreiten“.
Weitere Regeln, die für die Ausführung von Gipserarbeiten massgeblich sind:<br />
<strong>–</strong> SIA-Empfehlung V 242/2 (1994) über Gipserarbeiten-Trockenbau<br />
<strong>–</strong> SIA Norm 118/243 (2008), Allgemeine Bedingungen für verputzte Aussenwärmedämmung<br />
<strong>–</strong> SIA Norm 243 (2008), Verputzte Aussenwärmedämmung<br />
2<br />
<strong>–</strong> SIA Norm 118 (1977/91), Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten mit zahlreichen allgemeinen<br />
Angaben über die Rechte <strong>und</strong> Pflichten von Bauherr <strong>und</strong> Unternehmung.<br />
<strong>–</strong> Die Merkblätter des smgv z.B. über Haftschichten, Pl<strong>an</strong>ung <strong>und</strong> Ausführung von Trennschnitten,<br />
Bewegungs- <strong>und</strong> Schattenfugen, Untergründe für W<strong>an</strong>dbelege, Anwendung<br />
von Aussenputzen <strong>und</strong> der verputzten Wärmedämmung in Sockelzonen etc.<br />
Neue Normen sind in der Vernehmlassung (Vorbereitung):<br />
<strong>–</strong> SIA 118/242, Allgemeine Bedingungen für Verputz <strong>und</strong> Trockenbauarbeiten, Vertragsbedingungen<br />
zur Norm SIA 242 (z.B. welche Angaben in der Ausschreibung zu machen<br />
sind � wichtig für Architekten, Rechte <strong>und</strong> Pflichten von Bauherrn unter Unternehmer,<br />
Vergütungsregeln, Ausmassbestimmungen)<br />
<strong>–</strong> SIA-Norm 242 „Verputz- <strong>und</strong> Trockenbauarbeiten“<br />
Die Vernehmlassung enthält folgenden Hinweis: „Dieser Entwurf hat keine Gültigkeit <strong>und</strong><br />
darf nicht <strong>an</strong>gewendet <strong>wer</strong>den.“ Dieser Hinweis ist so nicht richtig:<br />
<strong>–</strong> Die SIA Normen sind, soweit sie allgemeine Vertragsbedingungen enthalten, (SIA<br />
118/…) keine Gesetze, sie gelten nur, wenn sie von den Parteien vereinbart <strong>wer</strong>den.<br />
<strong>–</strong> Soweit sie aber eigentliche Regeln der Technik enthalten, gelten sie auch ohne Vereinbarung<br />
zwischen den Parteien, wenn sie<br />
� „allgemein <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt sind“: D.h., wenn sie von der Wissenschaft oder aufgr<strong>und</strong><br />
h<strong>an</strong>d<strong>wer</strong>klicher Erfahrung als richtig erk<strong>an</strong>nt sind <strong>und</strong> sie sich nach der Mehrheitsmeinung<br />
der Anwender in der Praxis bewährt haben.<br />
� Wenn also die in Vernehmlassung gegebenen SIA 118/242 <strong>und</strong> 242 Regelungen<br />
enthalten, die bereits heute allgemein <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt <strong>und</strong> sich bewährt haben, d<strong>an</strong>n gelten<br />
sie bereits heute trotz dem vorgen<strong>an</strong>nten Vermerk des SIA. Dies gilt m.E. z.B. für<br />
die folgenden Bestimmungen der neuen SIA 242:
� Merke:<br />
<strong>–</strong> Bauherr = Bauleitung<br />
3<br />
<strong>–</strong> Der Unternehmer ist verpflichtet, die Arbeit des Vorunternehmers vor Beginn der<br />
eigenen Arbeit zu prüfen.
Schadenfall Nr. 3: Feuchtigkeitseintritt von Aussen � Risse <strong>und</strong><br />
Verformung der W<strong>an</strong>dplatten einer Dusche<br />
1. Ursachen:<br />
1. Wassereintritt von Aussen<br />
4<br />
2. Klebemörtel nicht gekämmt auf den Gr<strong>und</strong>putz appliziert, sondern direkt auf die Platten-<br />
rückseite<br />
3. Fehlender Klebemörtelauftrag im Plattenr<strong>an</strong>dbereich<br />
4. Unvollständig abgedichtete Bewegungsfuge hinter der Seifenschale
2. Konsequenz:<br />
Es liegt ein Baum<strong>an</strong>gel vor, <strong>an</strong> dem zwei Unternehmer beteiligt sind.<br />
<strong>–</strong> Für die Ursachen 1 <strong>und</strong> 4 haftet der Gipser.<br />
<strong>–</strong> Für die Ursachen 2 <strong>und</strong> 3 haftet der Plattenleger.<br />
3. Rechtliche Aspekte:<br />
1. Wer hat, was zu beweisen (Beweislast)<br />
5<br />
<strong>–</strong> Der Bauherr hat den Ist-Zust<strong>an</strong>d zu beweisen. � dokumentieren, evtl. gerichtliche<br />
Beweisaufnahme durch Experten<br />
<strong>–</strong> Haben die Parteien die SIA Norm 118 vereinbart.<br />
� so hat während der zweijährigen Rügefrist („Gar<strong>an</strong>tiefrist“) der Unternehmer zu<br />
beweisen, dass kein M<strong>an</strong>gel vorliegt (Art. 174 Abs. 3 der SIA 118).<br />
� nach Ablauf der Rügefrist muss der Bauherr beweisen, dass ein M<strong>an</strong>gel vorliegt<br />
<strong>und</strong> der Unternehmer (Gipser/Plattenleger) ihn zu vertreten hat.<br />
Haben die Parteien nicht die SIA Norm 118 vereinbart, so hat der Bauherr das Vorliegen<br />
eines M<strong>an</strong>gels zu beweisen.<br />
2. Im vorliegenden Fall haben zwei Unternehmer den Schaden unabhängig vonein<strong>an</strong>der<br />
durch Ausführungsfehler verursacht. Beide Unternehmer haften nach Massgabe ihres<br />
Haftungs<strong>an</strong>teils am entst<strong>an</strong>denen Schaden.<br />
Kommt keine aussergerichtliche Einigung mit den Beteiligten zust<strong>an</strong>de, weil sich z.B.<br />
der Gipser weigert, nachzubessern, lösen die Juristen den Fall wie folgt:<br />
Die m<strong>an</strong>gelhafte Arbeit des Gipsers (Vorunternehmer) wird dem Plattenleger als Mitverschulden<br />
des Bauherrn <strong>an</strong>gerechnet. D.h.: Der Plattenleger, der nachbessert, k<strong>an</strong>n<br />
vom Bauherrn verl<strong>an</strong>gen, dass er ihm den auf den Gipser entfallenden Haftungs<strong>an</strong>teil<br />
<strong>an</strong> den Nachbesserungskosten vergütet. Allenfalls muss der Bauherr einen <strong>an</strong>deren<br />
Gipser beiziehen. Daraufhin nimmt der Bauherr für den dem Plattenleger bezahlten Anteil<br />
sowie für die Kosten des beigezogenen Gipsers Regress auf den Gipser.
Schadenfall Nr. 5: Nichtbeachten der Austrockungszeit<br />
� ähnlich ist Schadenbild Nr. 12 betreffend Trockenbau<br />
1. Ursachen:<br />
<strong>–</strong> Badezimmer wird vor Austrocknung der Betonw<strong>an</strong>d verkleidet.<br />
<strong>–</strong> Es <strong>wer</strong>den keine Dehn- <strong>und</strong> Stauchzonen bei den W<strong>an</strong>dbelägen <strong>an</strong>geordnet.<br />
<strong>–</strong> Die Montage der Küchenmöbel vor Ablauf der Austrocknungszeit verschlimmert die<br />
Situation.<br />
2. Konsequenzen:<br />
<strong>–</strong> Für das Bautempo, das Fehlen der Dehn- <strong>und</strong> Stauchzonen, Materialwahl haftet der<br />
Pl<strong>an</strong>er/Bauleiter.<br />
6<br />
<strong>–</strong> Hätte der Plattenleger die zu feuchte Betonw<strong>an</strong>d feststellen <strong>und</strong> das zu frühe Anbringen<br />
der W<strong>an</strong>dplatten hätte feststellen können, hätte er abmahnen müssen.<br />
3. Rechtliche Aspekte:<br />
<strong>–</strong> Ist ein Bauherr durch einen Pl<strong>an</strong>er/Bauleiter vertreten, so ist dieser für die Konstruktionsweise,<br />
Materialwahl <strong>und</strong> die Reihenfolge der verschiedenen Arbeitsgattungen ver<strong>an</strong>twortlich.<br />
Stellt der Unternehmer fest, dass ein ihm übergebenen Pl<strong>an</strong>, eine Beschreibung<br />
im Leistungsverzeichnis oder eine Weisung der Bauleitung falsch ist (er<br />
muss allerdings die Ausschreibungsunterlagen nicht prüfen), so hat er eine Abmahnungspflicht.<br />
D.h., der Unternehmer muss dem Pl<strong>an</strong>er/Bauleiter (evtl. dem Bauherrn)<br />
mitteilen, dass der ihm übergebene Pl<strong>an</strong>/die ihm erteilte Weisung fehlerhaft ist, das Arbeitstempo<br />
zu Schäden führt, <strong>und</strong> zu einem Werkm<strong>an</strong>gel führen könne. Dies geschieht<br />
am besten schriftlich. Der Hinweis, dass er die Ver<strong>an</strong>twortung dafür nicht übernehme,<br />
ist nicht erforderlich, aber sinnvoll.<br />
Mahnt der Unternehmer ab <strong>und</strong> beharrt der Architekt/Bauleitung trotzdem auf der Weisung,<br />
so ist der Unternehmer von seiner Haftung befreit. Arbeitet der Unternehmer darüber<br />
hinaus unsorgfältig <strong>und</strong> setzt er eine Mit-Ursache für den Baum<strong>an</strong>gel, so trifft ihn<br />
(wenn auch dem Architekten/Bauherrn eine Unsorgfalt <strong>an</strong>gelastet <strong>wer</strong>den k<strong>an</strong>n) ein<br />
Mitverschulden. � Er hat sich <strong>an</strong> den Kost der Nachbesserung/Schaden zu beteiligen.
Schadenfall Nr. 6: Plättliablösungen in 112 Nassräumen<br />
7<br />
Erste Ursachen: M<strong>an</strong>gelhafte Anschlussfuge zwischen Duschentasse <strong>und</strong> keramischem<br />
W<strong>an</strong>dbelag � Duschwasser wird vom Gr<strong>und</strong>putz <strong>und</strong> Mauer<strong>wer</strong>k aufgesogen <strong>und</strong> führt zu<br />
Ablösungen der Plättli.<br />
Gemäss SIA Norm 274 darf eine Fuge mit Dichtstoffen eine Breite von 10 mm nicht unterschreiten.<br />
Fugen, die keine Dichtstoffe aufweisen, gewährleisten keine Dichtigkeit (SIA<br />
248, Art. 2.4.2).<br />
a. Konsequenz:<br />
Es liegt ein Ausführungsfehler vor. � Der Unternehmer haftet.<br />
b. Rechtliche Aspekte:<br />
Falls der Architekt / Bauleiter eine Fugenbreite von 5 mm oder aus ästhetischen Gründen<br />
noch kleiner <strong>an</strong>geordnet hat, stellt sich die Frage, ob ihn eine Haftung trifft.<br />
<strong>–</strong> Bei einer solchen Weisung hat der Unternehmer eine Abmahnungspflicht, vgl. Schadenfall<br />
Nr. 5.
<strong>–</strong><br />
8<br />
Dieser Haftungsausschluss gilt aber nur, wenn der Unternehmer dem Bauherrn darauf<br />
aufmerksam gemacht hat, dass die Fugen von Zeit zu Zeit erneuert <strong>wer</strong>den müssen.<br />
Das B<strong>und</strong>esgericht hat wiederholt festgehalten, dass der Unternehmer verpflichtet ist,<br />
den Bauherrn über die richtige Pflege <strong>und</strong> Wartung zu instruieren.<br />
Zweite Ursache:<br />
Fehlstellen im Fugenmörtel<br />
Die Fehlstelle ist entweder auf eine unsorgfältige Ausfugearbeit <strong>und</strong>/oder auf ein untaugliches<br />
Reinigungsmittel zurückzuführen.
2. Rechtliche Aspekt:<br />
<strong>–</strong> Beweislast: Der Unternehmer hat die fehlerhafte Reinigung zu beweisen (das sogen<strong>an</strong>nte<br />
Selbstverschulden des Bauherrn (Nutzers))<br />
<strong>–</strong> In der neuen SIA 118/242, Art. 6 heisst es:<br />
9<br />
„Der Unternehmer haftet nicht für Mängel, die ausschliesslich darauf zurückzuführen<br />
sind, dass der Bauherr die Anleitung für die Inst<strong>an</strong>dhaltung nicht befolgt“. Das gilt<br />
schon heute so, auch ohne Vereinbarung der neuen SIA 118/242.
10<br />
Schadenfall Nr. 11: Gipsplattendecke sind aufgeweicht <strong>und</strong> ausser<br />
Form<br />
2. Rechtliche Aspekte<br />
1. Ursachen:<br />
<strong>–</strong> Die Reihenfolge der verschiedenen Arbeitsgattungen wird vom Bauleiter festgelegt.<br />
Dass die Gipsplattendecke vor dem Unterlagsboden montiert wird (bei einer Luftfeuchtigkeit<br />
von 92 % <strong>und</strong> 17° C Raumtemperatur), ist falsch. Hat der Unternehmer von der<br />
Bauleitung dazu Weisung erhalten � der Unternehmer muss abmahnen (sonst trifft ihn<br />
eine Haftung).<br />
<strong>–</strong> Auch wenn die Bauleitung den Unternehmer <strong>an</strong>weist, die Gipsplatten vor Einbringen<br />
des Unterlagsbodens zu montieren, gehört es zur Sorgfaltspflicht des Unternehmers,<br />
die Bauleitung darauf aufmerksam zu machen, dass bei ungünstigen bauklimatischen<br />
Bedingungen die feuchte Betonw<strong>an</strong>d (feuchte Mauer<strong>wer</strong>k bzw. die Gipsplatten bzw. der<br />
Verputz) hinreichend durch effizientes Querlüften ausgetrocknet <strong>wer</strong>den muss, bevor<br />
weitere Arbeiten erfolgen. Der Unternehmer darf sich nicht darauf verlassen, die Bauleitung<br />
wisse das (was sie tatsächlich auch wissen müsste). Stellt der Unternehmer eine<br />
unzulängliche Abfolge der verschiedenen Arbeiten fest, muss er den Bauleiter (evtl.<br />
dessen Vorgesetzten) abmahnen. Tut er es nicht, so trifft ihn eine Haftung (ausschliesslich<br />
oder teilweise).Vgl. Schadenfall Nr. 5. Die m<strong>an</strong>gelhafte Überwachung durch die<br />
Bauleitung entlastet den Unternehmer nicht von seiner Haftung. Dies gilt jedoch nicht<br />
für die Koordination der verschiedenen Unternehmer.
Schadenfall Nr. 13: Schäden am Sockel der Fassade<br />
1. Ursachen:<br />
2. Rechtliche Aspekte:<br />
11<br />
Bei diesem Schadenfall sind mehrere Beteiligte <strong>an</strong>zutreffen:<br />
<strong>–</strong> Der Architekt, der das Sockeldetail nicht detailliert gepl<strong>an</strong>t, <strong>und</strong> allenfalls den Feuchtigkeitsschutz<br />
<strong>und</strong> die Noppenfolie nicht vorgegeben hat.<br />
<strong>–</strong> Die Bauleitung, die die Ausführung dieser wichtigen Schnittstelle unzulänglich überwacht<br />
<strong>und</strong> gegen die m<strong>an</strong>gelhafte Ausführung nicht eingeschritten ist.<br />
<strong>–</strong> Möglicherweise der Baumeister oder Gärtner, der die Noppenfolie, obwohl vorgegeben,<br />
nicht <strong>an</strong>gebracht hat.<br />
<strong>–</strong> Der die Aussenwärmedämmung <strong>an</strong>bringende Gipser, der die Bauleitung nicht darauf<br />
hingewiesen hat, dass die Sockellinie nicht vorgegeben worden <strong>und</strong> den Feuchtigkeitsschutz<br />
nicht <strong>an</strong>gebracht hat.<br />
Wer wie viel für den Schaden haftet, hängt von den konkreten näheren Umständen ab.<br />
Allgemein k<strong>an</strong>n gesagt <strong>wer</strong>den:<br />
<strong>–</strong> Die m<strong>an</strong>gelhafte Pl<strong>an</strong>ung durch den Architekten ist dem Bauherrn als Mitverschulden<br />
<strong>an</strong>zurechnen <strong>und</strong> reduziert die Haftung der übrigen Verursacher.
12<br />
<strong>–</strong> Die m<strong>an</strong>gelhafte Überwachung durch die Bauleitung führt nicht zu einer Reduktion der<br />
Haftung der beteiligten Unternehmer. Der Bauherr k<strong>an</strong>n vom Architekten wegen Pl<strong>an</strong>ungs-<br />
<strong>und</strong>/oder Bauleitungsfehler Schadenersatz verl<strong>an</strong>gen. Der Architekt k<strong>an</strong>n auf<br />
den Unternehmer Regress nehmen.<br />
<strong>–</strong> Die Unternehmer können sich d<strong>an</strong>n von einer Haftung befreien, wenn sie rechtzeitig<br />
abgemahnt haben.<br />
Zusammenfassung der wichtigsten rechtlichen Aspekte der vorgeführten<br />
Schadenfälle<br />
1. Der Unternehmer haftet kausal (ohne dass ihm ein Verschulden vorgeworfen <strong>wer</strong>fen<br />
k<strong>an</strong>n), wenn er seine Arbeit unsorgfältig ausführt <strong>und</strong> diese zu einem Werkm<strong>an</strong>gel<br />
führt. � Der Bauherr hat Mängelrechte (Nachbesserung, Minderung, W<strong>an</strong>delung, Ersatz<br />
des M<strong>an</strong>gelfolgeschadens).<br />
Ob der Unternehmer unsorgfältig geh<strong>an</strong>delt hat, bestimmt sich nach den im Zeitpunkt<br />
der Arbeitsausführung <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Regeln der Bauk<strong>und</strong>e (z.B. SIA-Normen, Merkblätter).<br />
2. Merkt der Unternehmer (oder müsste er merken), dass ein ihm übergebener Pl<strong>an</strong>, eine<br />
ihm seitens des Pl<strong>an</strong>ers/Bauleiters erteilte Weisung (bezüglich Material, Konstruktionsweise,<br />
zeitliche Abfolge der Arbeit) <strong>und</strong>/oder die Arbeit eines Vorunternehmers fehlerhaft<br />
ist <strong>und</strong> zu einem Baum<strong>an</strong>gel führen k<strong>an</strong>n, so hat er die Bauleitung, evtl. den Bauherrn<br />
(am besten schriftlich) abzumahnen. Ist die m<strong>an</strong>gelhafte Weisung die einzige Ursache<br />
für den Baum<strong>an</strong>gel, so ist der Unternehmer von seiner Haftung befreit. Ist sie nur<br />
eine Teilursache, so wird seine Haftung reduziert. Das fehlerhafte Verhalten des Pl<strong>an</strong>ers/Bauleiters<br />
wird dem Bauherrn als sogen<strong>an</strong>ntes Selbst- oder Mitverschulden <strong>an</strong>gerechnet.<br />
3. Ist die Überwachung der Werkausführung durch die Bauleitung m<strong>an</strong>gelhaft (sie ist nicht<br />
auf der Baustelle), so entlastet dies den Unternehmer nicht von seiner Haftung. Die<br />
Bauleitung wird aber gegenüber dem Bauherrn schadenersatzpflichtig, wenn sie die<br />
Ausführung technisch schwieriger baulicher Schnittstellen (Baumeister/Gipser/Maler)<br />
nicht überwacht.
Nachtrag vom 18. November 2011<br />
13<br />
Nachtrag zur Abmahnung des Unternehmers<br />
Verschiedene Seminarteilnehmer haben mir im Gespräch gesagt, eine Abmahnung bei unrichtigen<br />
Weisungen des Architekten/Bauleitung „nütze eigentlich nichts“. Der Unternehmer<br />
müsse sich weigern (bzw. vom Vertrag zurücktreten), falls der Bauherr/Architekt nach erhaltener<br />
Abmahnung auf der Einhaltung seiner Weisung beharre. In vielen Fällen würde der<br />
Unternehmer von der Bauleitung faktisch gezwungen, die Weisung zu befolgen mit dem Resultat,<br />
dass bei Eintreten eines Schadenfalls der Unternehmer, obwohl er abgemahnt habe,<br />
ver<strong>an</strong>twortlich gemacht <strong>wer</strong>de. So es sei es ihnen in der Ausbildung gelehrt worden. Diese<br />
Meinung ist meines Erachtens falsch. Folgendes ist dazu zu bemerken:<br />
1. Erhält der Unternehmer vom sachverständigen Bauherrn bzw. sachverständigen Architekten/Bauleiter<br />
eine Weisung, die gegen die <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Regeln verstösst, so muss der<br />
Unternehmer oder ein Mitglied der Geschäftsleitung (der Polier ist dafür nicht zuständig)<br />
den Bauherrn bzw. den Architekten abmahnen. Hat ein Angestellter des Architekturbüros<br />
die Bauleitung inne, so muss der Unternehmer den Architekten abmahnen. Abnahmen<br />
heisst: Er muss bestimmt, klar <strong>und</strong> deutlich sagen, dass seine Weisung falsch ist <strong>und</strong> zu<br />
einem Baum<strong>an</strong>gel führen <strong>wer</strong>de. Um es später beweisen zu können, tut er dies am besten<br />
mit eingeschriebenem Brief. Dasselbe gilt auch für einen dem Unternehmer übergebenen<br />
Pl<strong>an</strong> oder eine Leistungsbeschreibung, bei der der Unternehmer feststellt, dass sie<br />
m<strong>an</strong>gelhaft ist. Ferner auch bei einer m<strong>an</strong>gelhaften Arbeit des Vorunternehmers. Mahnt<br />
der Unternehmer ab, so wird er von seiner Haftung befreit (sofern er im Übrigen sorgfältig<br />
gearbeitet hat). Der Bauherr bzw. der Architekt trägt hiernach das Risiko eines Baum<strong>an</strong>gels<br />
<strong>und</strong> muss die entsprechenden Folgen selber tragen. Es ist daher für den Unternehmer<br />
unerlässlich, bei m<strong>an</strong>gelhaften Weisungen abzumahnen.<br />
2. Hält der Bauherr bzw. Architekt/Bauleiter <strong>an</strong> der abgemahnten Weisung fest, so empfehle<br />
ich jedem Unternehmer, dass er verl<strong>an</strong>gt, dass der Bauherr/Bauleiter ihm dies schriftlich<br />
bestätigt. Tut er es nicht, so empfehle ich dem Unternehmer, dass er das Festhalten <strong>an</strong><br />
der mündlich erhaltenen Weisung dem Bauherrn/Architekten schriftlich bestätigt. Nahmen<br />
Drittpersonen <strong>beim</strong> Gespräch teil, so können sie später als Zeugen befragt <strong>wer</strong>den. Das<br />
ist aber nicht selten problematisch. Es ist sehr wichtig, dass der Unternehmer das Festhalten<br />
des Bauherrn/Architekten <strong>an</strong> der falschen Anweisung später beweisen k<strong>an</strong>n.<br />
3. Nur wenn eine falsche Weisung des Bauherrn/Architekten zur Folge haben könnte, dass<br />
bei deren Befolgung am Bau Beteiligte, spätere Bewohner, Mieter oder aussenstehende<br />
Dritte am Leib <strong>und</strong> Leben gefährdet <strong>wer</strong>den könnten, so muss der Unternehmer sich weigern,<br />
diese Arbeit auszuführen. Das gilt auch, wenn die Weisung gegen öffentlichrechtliche<br />
Vorschriften (z.B. Umweltschutzvorschriften) verstösst. So z.B. bei Weisungen<br />
zum Einbau von Materialien, von denen der Unternehmer weiss, dass sie ges<strong>und</strong>heitsschädliche<br />
Wirkungen haben (verboten sind). In diesem Falle riskiert nämlich der Unternehmer,<br />
dass er wegen Verletzung der Regeln der Bauk<strong>und</strong>e bestraft wird (Art. 229<br />
StGB). In allen übrigen Fällen hat der Bauherr bzw. der Architekt (<strong>und</strong> seine Hilfspersonen)<br />
sämtliche Folgen einer falschen <strong>und</strong> vom Unternehmer abgemahnten Weisung zu<br />
tragen. Diese Risikoverteilung sieht das Gesetz nämlich in Art. 365 Abs. 3 OR so vor.<br />
Dr. Anton Egli