S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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sich wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Friedensmittel bedienen und jene des Krieges zurückdrängen,<br />
abbauen, einschränken.<br />
Ein Blick in die Geschichte zeigt uns aber, dass die politisch handelnde Klasse<br />
darauf meist ungenügend vorbereitet war, weil auch das militärische Denken<br />
an<strong>der</strong>e Prämissen setzte. In <strong>der</strong> Regel war es so: Der Aufbau <strong>der</strong> Militärmacht,<br />
über eine mögliche Mobilmachung bis zu seiner jeweiligen Präsenz –<br />
o<strong>der</strong> gar zum Einsatz –, geschah langfristig und den Umständen entsprechend<br />
planvoll, oft freilich überzogen; <strong>der</strong> Abbau hingegen meist planlos, viele Male<br />
chaotisch. 1<br />
Nicht nur im deutschen militärtheoretischen Denken ist die Einheit von<br />
Schaffung, Erweiterung, Verän<strong>der</strong>ung – zum Beispiel Umstrukturierung – <strong>der</strong><br />
Militärmacht – zum Beispiel <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> – und Abbau o<strong>der</strong> Rückführung<br />
unterschätzt worden. Mitunter wurde darin ein Wi<strong>der</strong>spruch an sich gesehen.<br />
<strong>Konversion</strong>, o<strong>der</strong> in welchen Kategorien die Umwandlung, Reduzierung o<strong>der</strong><br />
Rückführung des Militärischen auch jeweils wi<strong>der</strong>gespiegelt worden ist, wurde<br />
oft als eine Art Antichrist des heilig-göttlich Militärischen angesehen. Und wenn<br />
solche Aufgaben nötig waren, dann sollten dafür nur Politik und Wirtschaft<br />
zuständig sein. Man setzte auf die Selbstheilungskräfte des Marktes bzw. die<br />
Allmacht <strong>der</strong> zentralverwaltungswirtschaftlichen Planung. 2<br />
Auch hier kommt eine Unterschätzung des ökonomischen Faktors im Militärischen<br />
zum Ausdruck. Man mag darüber streiten, ob das am ungenügenden<br />
Angebot <strong>der</strong> Theoretiker, zum Beispiel <strong>der</strong> Militärökonomen, o<strong>der</strong> am ignorantenhaften<br />
Verhalten <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>, zum Beispiel <strong>der</strong> Militärs, gelegen hat,<br />
o<strong>der</strong> noch liegt. Wahrscheinlich an beidem. Ich wage eine Behauptung: Auch<br />
auf unserer heutigen Veranstaltung, auf <strong>der</strong> sicherlich sehr kontroverse Meinungen<br />
aufeinan<strong>der</strong> treffen, wird uns möglicherweise etwas einigen – über<br />
unterschiedliche Gesellschaftsvorstellungen und entgegengesetzte Denkschulen<br />
hinweg: die immer noch nicht überwundene Unterschätzung des Ökonomischen<br />
im Militärwesen, die von Nichtkenntnisnahme bis Desinteresse<br />
reicht.<br />
Eine ähnliche, eine vergleichbare Erfahrung über das Verhältnis von Aufbau<br />
und Unterhaltung sowie Abbau und Umwandlung militärischer Macht haben<br />
1<br />
Siehe u.a. D. Bald (Hrsg.), Rüstungsbestimmte Geschichte und das Problem <strong>der</strong> <strong>Konversion</strong> in<br />
Deutschland im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t, Münster 1993.<br />
2<br />
Siehe u.a. Ch. Butterwege, E. Senghaas-Knobloch (Hrsg.), Von <strong>der</strong> Blockkonfrontation zur<br />
Rüstungskonversion?, Münster 1992, S. 121 ff.