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S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

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meinsamkeiten <strong>der</strong> dort Agierenden, ihr wechselseitiges Vertrauen, die Übereinstimmung<br />

ihrer Lebensauffassungen und politischen Überzeugungen. All<br />

das sollte durch das Bild sinnlich erlebbar werden. Das war ein sehr hoher<br />

Anspruch, dem sich <strong>der</strong> Künstler stellte. Ihm war klar, dass er, um die innere<br />

Gemeinsamkeit <strong>der</strong> Personen ins Bild setzen zu können, in gewisser Weise<br />

selbst in diesen Bund einbezogen sein, die Herzen <strong>der</strong> zu Malenden gewonnen<br />

und sein eigenes Herz an diese verloren haben musste. An<strong>der</strong>s ging es<br />

nicht. Bereits die ersten Stunden im Atelier würden über den Erfolg entscheiden.<br />

Mit ihrer geradezu sprichwörtlichen Freundlichkeit und Offenheit gewannen<br />

die Vietnamesen Rudolfs Zuneigung im Fluge. Und die ungeheure Ausstrahlung<br />

seiner Persönlichkeit führte umgekehrt dazu, dass Trung, Hung und Soan,<br />

die als Modelle ausgewählt worden waren, geradezu von ihm schwärmten.<br />

Sie waren sehr glücklich, als Repräsentanten <strong>der</strong> vietnamesischen Offiziere<br />

gerade von Rudolf Nehmer gemalt zu werden.<br />

Die Arbeit ging gut voran, bis Ende Februar 1980 Oberst Krummscheidt ins<br />

Atelier kam, um sich im Auftrag <strong>der</strong> Politabteilung über den Stand des Auftragswerkes<br />

zu informieren. Er lobte zunächst die Lebensnähe des Gemäldes,<br />

um dann eine gewisse Unausgewogenheit des Bildes zu kritisieren. Diese sei<br />

<strong>der</strong> falschen Auswahl des NVA-Offiziers durch die Akademie geschuldet.<br />

„Der Genosse Oelschlägel ist zu groß und zu alt, als dass man ihn mit den<br />

jungen Vietnamesen auf ein Bild bringen könnte. Durch ihn kippt es.“ Obwohl<br />

<strong>der</strong> Maler wi<strong>der</strong>sprach, verlangte er kategorisch, das Abbild des Lehrers<br />

und Betreuers vom Gemälde zu entfernen und an dessen Stelle einen jungen<br />

Offiziershörer zu malen. Ganz offensichtlich war ich wie<strong>der</strong> einmal in Ungnade<br />

gefallen.<br />

Bei <strong>der</strong> Fortsetzung <strong>der</strong> künstlerischen Arbeit fehlte nach diesem Eklat die<br />

innere Gemeinsamkeit des Ersatzmodells, <strong>der</strong> darzustellenden Vietnamesen<br />

und des Künstlers. Das wirkte sich natürlich auch auf das Bild aus. Auf diesem<br />

erscheint das Gesicht des NVA-Offiziers im Vergleich zu den lebensvollen<br />

Gesichtern <strong>der</strong> vietnamesischen Freunde geradezu ausdruckslos. Die eigentlich<br />

angestrebte künstlerische Wi<strong>der</strong>spiegelung des menschlichen und<br />

seelischen Gleichklangs aller Agierenden blieb damit auf <strong>der</strong> Strecke.<br />

Die vietnamesischen Offiziere aber konnten nicht verstehen, warum ihr verehrter<br />

Lehrer und Freund nicht mehr auf diesem Bild erscheinen durfte. Tagelange<br />

Gespräche waren notwendig, um sie von Unüberlegtheiten abzuhalten.<br />

Immer wie<strong>der</strong> war ihnen einzuschärfen: Die NVA bezahlt dieses Bild,<br />

darum entscheidet allein sie, welcher NVA-Angehörige darauf abgebildet<br />

wird. Tut mir einen Gefallen, nehmt es stillschweigend hin. Verwendet alle

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