S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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schlossenen Aktion bedeutet. Lenin sagte bekanntlich: „Nur eine solche Disziplin<br />
ist <strong>der</strong> demokratischen Partei <strong>der</strong> fortgeschrittensten Klasse würdig.“ 3<br />
Auf Entscheidung des Lehrstuhlleiters musste dieser Gedanke ohne weitere<br />
Diskussion fallen gelassen werden. Im Studienmaterial wurde dann dazu einfach<br />
nur das Parteistatut zitiert. Obendrein wurde im Text unter Bezugnahme<br />
auf den Bericht an den XI. Parteitag <strong>der</strong> SED betont, dass <strong>der</strong> demokratische<br />
Zentralismus „alle Bedingungen und Vorzüge enthält, durch einheitliches<br />
Handeln vom Zentralkomitee bis zu den Grundorganisationen (also von<br />
oben nach unten, d. A.) die Kräfte zu vervielfachen und sie auf die Lösung<br />
jener Fragen zu konzentrieren, die im Interesse <strong>der</strong> ganzen Gesellschaft notwendig<br />
sind“. 4 Das bedeutete, dass die Praxis <strong>der</strong> Partei, mit dem demokratischen<br />
Zentralismus eine harte bürokratische Disziplin zu rechtfertigen und<br />
durchzusetzen, nicht angetastet wurde.<br />
Mit <strong>der</strong> Entwicklung ab Herbst 1989 wurde uns immer deutlicher, dass eine<br />
<strong>der</strong> wesentlichen Ursachen <strong>der</strong> Krise <strong>der</strong> DDR und <strong>der</strong> SED im überzogenen<br />
Zentralismus und in mangeln<strong>der</strong> Demokratie auf allen Ebenen und in allen<br />
Bereichen zu suchen war.<br />
Viertens: Das Lehrgebäude des Lehrstuhls blieb neben den Erfahrungen aus<br />
<strong>der</strong> Truppenpraxis auf die Werke von Marx, Engels und Lenin, auf die Beschlüsse<br />
und Dokumente <strong>der</strong> SED und auf die Reden <strong>der</strong> Spitzenfunktionäre<br />
<strong>der</strong> KPdSU und <strong>der</strong> SED beschränkt. In dieser Reihenfolge waren ganz offiziell<br />
auch die Literaturverzeichnisse <strong>der</strong> gesellschaftswissenschaftlichen Diplom-<br />
und Doktorarbeiten anzufertigen. Sie hatten den Status unantastbarer<br />
Wahrheiten und begründeten die Unfehlbarkeit <strong>der</strong> Partei. Und so wurde am<br />
Bestehenden nicht gerüttelt, eine schöpferische Weiterentwicklung gab es in<br />
den einzelnen Fachgruppen des Lehrstuhls im Grunde nicht.<br />
Dem allgemeinen Trend <strong>der</strong> Parteischulen in <strong>der</strong> DDR folgend, beschäftigten<br />
auch wir uns nicht mit den einschlägigen Ansichten von Rosa Luxemburg,<br />
Antonio Gramsci o<strong>der</strong> mit den Schriften <strong>der</strong> aktuellen Theoretiker <strong>der</strong> westeuropäischen<br />
Kommunistischen Parteien, geschweige gab es eine Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit Eduard Bernstein, Karl Kautsky o<strong>der</strong> Leo Trotzki. Auch sie<br />
waren bei uns tabu. So schwammen wir bezüglich <strong>der</strong> theoretischen Grundla-<br />
3<br />
W. I. Lenin, Der Kampf gegen die kadettisierenden Sozialdemokraten und die Parteidisziplin,<br />
in: Werke, Bd. 11, Berlin 1966, S. 314 f.<br />
4<br />
Stichwörter zur Unterstützung <strong>der</strong> Ausbildung im Ausbildungsfach Führung <strong>der</strong> politischen<br />
Arbeit, Studienmaterial, Dresden 1987, S. 10.