S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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Die militärisch-politischen Rahmenbedingungen<br />
Das vielfältige Bedingungsgefüge soll an nur zwei Merkmalen gezeigt werden.<br />
Erstens: Die militärdoktrinären Vorgaben an die DDR durch die UdSSR waren<br />
auf die sowjetischen Kriegsbildvorstellungen in Mitteleuropa gestützt.<br />
Das erzeugte verschiedene Wirkungen bzw. Begrenzungen. Die Militärdoktrin<br />
und Militärstrategie (Gegenstand, Bestandteile, Ergebnisse) wurden in <strong>der</strong><br />
DDR gut übersetzt und editiert 6 – hieran waren Wissenschaftler <strong>der</strong> Militärakademie<br />
maßgeblich beteiligt. Diese Umsetzung <strong>der</strong> sowjetischen Vorgaben<br />
in <strong>der</strong> DDR führte durchaus zu eigenständigen Lösungen für die Landesverteidigung.<br />
Ein Beispiel war die Eröffnung einer einzigen Militärakademie, mit<br />
Einbindung aller Teilstreitkräfte <strong>der</strong> Nationalen Volksarmee. Die Versuche<br />
<strong>der</strong> DDR-Militärführung zur schrittweisen öffentlichen Formulierung von<br />
Leitsätzen einer DDR-Militärdoktrin ab Mitte <strong>der</strong> 60er Jahre wurden von <strong>der</strong><br />
obersten politischen Führung <strong>der</strong> UdSSR als Alleingang zurückgewiesen. 7 Aus<br />
Bündnisloyalität und Selbstbeschränkung auf eine spezifische DDR-Militärdoktrin<br />
zu verzichten, wirkte sich auch in <strong>der</strong> Militärwissenschaft an <strong>der</strong> Militärakademie<br />
aus. Militärstrategische Grundsätze wurden an <strong>der</strong> Militärakademie<br />
kaum diskutiert. Aus dem militärwissenschaftlichen Gesichtsfeld waren<br />
Potenzial und Fähigkeiten <strong>der</strong> UdSSR als globale militärische Supermacht zu<br />
Land, zu Wasser, in <strong>der</strong> Luft und im Kosmos ausgeblendet. Erst Mitte <strong>der</strong><br />
80er Jahre wurde die Debatte wie<strong>der</strong> aufgenommen.<br />
Zweitens: Die Einbindung <strong>der</strong> NVA in die militärstrategische Koalition <strong>der</strong><br />
Staaten des Warschauer Vertrages war verbunden mit dem realen Führungsanspruch<br />
<strong>der</strong> sowjetischen <strong>Streitkräfte</strong>, insbeson<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> strategischen<br />
und operativ-strategischen Ebene. Zu beachten war auch <strong>der</strong> zahlenmäßig geringe<br />
Anteil <strong>der</strong> Truppen und Kräfte <strong>der</strong> NVA an <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>-Gruppierung<br />
auf DDR-Territorium und im Ostsee-Raum.<br />
Das zeigte entsprechende Wirkungen, die zu wi<strong>der</strong>sprüchlichen Lösungen<br />
führten. Einerseits bedeutete das strikt koalitionspassfähige operativ-taktische<br />
Ausbildungs- und Führungskonzepte mit Kommunikation in Russisch. Die<br />
operativ-taktische Ausbildung blieb dabei beschränkt auf die möglichen mili-<br />
6 Siehe W. D. Sokolowski (Hrsg.), Militärstrategie, Berlin 1965; Militärische Theorie und<br />
militärische Praxis. Methodologische Probleme, Berlin 1972; V. G. Kulikow, Doktrin<br />
des Friedens, Über die Militärdoktrin <strong>der</strong> Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages,<br />
Berlin 1988.<br />
7 Ausführlicher bei W. Wünsche, Sowjetische Militärdoktrin – DDR-Militärdoktrin –<br />
Landesverteidigung <strong>der</strong> DDR, in: <strong>der</strong>selbe (Hrsg.), Rührt Euch! Zur Geschichte <strong>der</strong> NVA,<br />
Berlin 1998.<br />
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