Fungizidresistenz im Getreide â Aktuelle Situation in Bayern
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<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong><br />
<strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
von Stephan Weigand<br />
Institut für Pflanzenschutz<br />
März 2011
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 2 / 8<br />
In der Praxis hat nicht jede M<strong>in</strong>derwirkung e<strong>in</strong>es Fungizids ihre Ursache <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beg<strong>in</strong>nenden<br />
Resistenz des Krankheiterregers. Auch ungünstige Term<strong>in</strong>ierung, Anwendungsbed<strong>in</strong>gungen<br />
(z.B. zu ger<strong>in</strong>ge Luftfeuchte) oder Ausbr<strong>in</strong>gtechnik (z.B. Abdrift) können zu mangelhaften<br />
Bekämpfungserfolgen führen. Zweifelsfrei lässt sich e<strong>in</strong>e <strong>Fungizidresistenz</strong> nur durch entsprechende<br />
Untersuchungen <strong>im</strong> Labor nachweisen. Zur gezielten Anpassung von Behandlungsempfehlungen<br />
führt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />
den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten e<strong>in</strong> jährliches Resistenzmonitor<strong>in</strong>g<br />
durch. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse für die verschiedenen Wirkstoffgruppen<br />
der <strong>Getreide</strong>fungizide dargestellt.<br />
1. Strobilur<strong>in</strong>e<br />
Die Untersuchungen zur <strong>Fungizidresistenz</strong> konnten bereits <strong>in</strong> den vergangenen Jahren e<strong>in</strong>en<br />
raschen Anstieg des Resistenzniveaus von Weizen- und Gerstenmehltau sowie von<br />
Septoria tritici gegen Strobilur<strong>in</strong>-Fungizide zeigen. Verantwortlich dafür ist die Punktmutation<br />
G143A des Pilzes, die e<strong>in</strong>en vollständigen Wirkungsverlust (qualitative Resistenz) der<br />
gesamten Wirkstoffgruppe der Strobilur<strong>in</strong>e zur Folge hat.<br />
Resistenzniveau von Weizenmehltau gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Anteil resistenter Isolate (%)<br />
Routen 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Schwe<strong>in</strong>furt-Rothenburg 0 7 31 60 35 60 70 40 33<br />
Hof-Nürnberg 0 14 10 20 35 35 10 0 20<br />
Hof-Regensburg 0 20 18 50 55 55 0 0 13<br />
Nürnberg-Freis<strong>in</strong>g 0 19 46 40 65 75 20 70 47<br />
Ulm-Freis<strong>in</strong>g 2 23 46 80 95 80 40 30 73<br />
Niederbayern 0 24 24 70 70 85 60 30 60<br />
Stichprobengew<strong>in</strong>nung aus der Luft mit e<strong>in</strong>er fahrzeuggebundenen Sporenfalle entlang ausgewählter<br />
Routen und Untersuchung durch Epilogic GmbH<br />
Abb. 1: Resistenzniveau von Weizenmehltau gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 1999 bis 2007
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 3 / 8<br />
Resistenzniveau von Gerstenmehltau gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Anteil resistenter Isolate (%)<br />
Routen 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Schwe<strong>in</strong>furt-Rothenburg 0 0 15 0 7 3 15 30 0<br />
Hof-Nürnberg 0 0 0 0 7 15 33 21 15<br />
Hof-Regensburg 0 0 0 0 3 5 10 33 20<br />
Nürnberg-Freis<strong>in</strong>g 0 0 0 3 9 28 23 10 15<br />
Ulm-Freis<strong>in</strong>g 0 0 5 3 7 33 25 35<br />
Niederbayern 0 0 0 5 12 8 25 13 18<br />
Stichprobengew<strong>in</strong>nung aus der Luft mit e<strong>in</strong>er fahrzeuggebundenen Sporenfalle entlang ausgewählter<br />
Routen und Untersuchung durch Epilogic GmbH<br />
Abb. 2: Resistenzniveau von Gerstenmehltau gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 1999 bis 2007<br />
Resistenzniveau von Septoria tritici gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Resistenzniveau %<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Oschwitz/Ofr.<br />
Schesslitz/Ofr.<br />
2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Helmstadt/Ufr.<br />
Ehlhe<strong>im</strong>/Mfr.<br />
Koefer<strong>in</strong>g/Opf.<br />
Buxhe<strong>im</strong>/Obb.<br />
Penzl<strong>in</strong>g/Ndb.<br />
Guenzburg/Schw.<br />
Hausen/Obb.<br />
Osterseeon/Obb.<br />
Stichproben aus Weizenbeständen der Versuchsstandorte <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> nach e<strong>in</strong>er Strobilur<strong>in</strong>behandlung,<br />
prozentualer Anteil der Mutation G143A an der Pilz-DNA, Untersuchung durch Epilogic GmbH<br />
Abb. 3: Resistenzniveau von Septoria tritici gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 2005 bis 2010
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 4 / 8<br />
Gegen diese Schaderreger ist daher <strong>in</strong> ganz <strong>Bayern</strong> nur noch von e<strong>in</strong>er unzureichenden<br />
Bekämpfungsleistung der Strobilur<strong>in</strong>e auszugehen. Stattdessen müssen Mehltau-Spezialfungizide<br />
und Morphol<strong>in</strong>haltige Präparate gegen Mehltau sowie die Azole und der Kontaktwirkstoff<br />
Chlorthalonil gegen Septoria tritici e<strong>in</strong>gesetzt werden. Zusätzliche Entlastung <strong>in</strong> der<br />
Bekämpfung von Septoria tritici br<strong>in</strong>gt aktuell die neue Wirkstoffgruppe der Carboxamide.<br />
Wesentlich langsamer breitet sich dagegen die Strobilur<strong>in</strong>resistenz von Drechslera triticirepentis,<br />
dem Erreger der DTR-Blattdürre des Weizens <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> aus. Das mittlere<br />
Resistenzniveau hat zwar <strong>im</strong> Jahr 2010 bereits 38 % erreicht und an mehreren Standorten ist<br />
daher, <strong>in</strong>sbesondere bei starkem Befall, mit entsprechenden Wirkungsverlusten <strong>im</strong> Feld zu<br />
rechnen. Allerd<strong>in</strong>gs zeigt sich sowohl regional als auch von Jahr zu Jahr e<strong>in</strong>e starke Streuung<br />
des Resistenzniveaus. Für e<strong>in</strong>e sichere Bekämpfung sollte daher <strong>in</strong> der Praxis auf leistungsstarke<br />
Azol-Wirkstoffe gesetzt werden, vorzugsweise Propiconazol, Epoxiconazol oder<br />
Prothioconazol, die jedoch nicht die gewohnte Dauerwirkung der Strobilur<strong>in</strong>e erreichen<br />
können.<br />
Resistenzniveau von DTR gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 2008 - 2010<br />
2008<br />
Mittel: 18,1<br />
0 bis 10 ke<strong>in</strong>e bis sehr ger<strong>in</strong>ge Resistenz<br />
> 10 bis 20 ger<strong>in</strong>ges Resistenzniveau<br />
> 20 bis 50 mittleres Resistenzniveau<br />
> 50 hohes Resistenzniveau<br />
Klassene<strong>in</strong>teilung nach Felsenste<strong>in</strong><br />
2010<br />
Abb. 4: Resistenzniveau von DTR gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 2008 bis 2010<br />
Mittel: 38,2<br />
Quelle: Untersuchungen<br />
Epilogic GmbH
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 5 / 8<br />
Bei e<strong>in</strong>em entsprechenden Resistenzniveau gegen Strobilur<strong>in</strong>-Fungizide an e<strong>in</strong>em Standort<br />
ist folgende Fungizidwirkung der Strobilur<strong>in</strong>e <strong>im</strong> Feld zu erwarten:<br />
0 - 10 % sehr gute bis gute Wirkung<br />
> 10 - 20 % noch gute bis deutliche, jedoch bei hohem Infektionsdruck<br />
bereits e<strong>in</strong>geschränkte Wirkung<br />
> 20 - 50 % mäßige, aber noch merkliche Wirkung<br />
> 50 % nur noch ger<strong>in</strong>ge, oftmals unzureichende bis kaum mehr<br />
feststellbare Wirkung<br />
Die Gruppe der Strobilur<strong>in</strong>e wirkt weiterh<strong>in</strong> sehr gut gegen die Rostpilze, hier s<strong>in</strong>d bislang<br />
europaweit noch ke<strong>in</strong>e Resistenzen aufgetreten, sowie gegen die Rhynchosporium-Blattflecken.<br />
Auch gegen die Netzflecken <strong>in</strong> der Gerste zeigen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Regel noch e<strong>in</strong>e<br />
sehr gute Bekämpfungsleistung. Wie <strong>in</strong> anderen Regionen Europas, werden bei diesem Erreger<br />
jedoch auch <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> seit 2007 erste E<strong>in</strong>zelisolate mit e<strong>in</strong>er verm<strong>in</strong>derten Sensitivität<br />
gefunden. Diese Teilresistenz wird wahrsche<strong>in</strong>lich durch die weit verbreitete Mutation F129L<br />
ausgelöst, lässt aber bei den bisher vorherrschenden niedrigen Anteilen <strong>in</strong>nerhalb der Populationen<br />
noch ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derwirkungen <strong>im</strong> Feld erwarten.<br />
Resistenzniveau von Netzflecken gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Routen<br />
Anzahl<br />
Isolate<br />
2005 2006 2007 2008<br />
resist.<br />
[%]<br />
Anzahl<br />
Isolate<br />
resist.<br />
[%]<br />
Anzahl<br />
Isolate<br />
resist.<br />
[%]<br />
Anzahl<br />
Isolate<br />
resist.<br />
[%]<br />
Anzahl<br />
Isolate<br />
2009<br />
Schwe<strong>in</strong>furt-Rothenburg 12 0 20 0 10 0 6 0 30 7<br />
Hof-Regensburg 11 0<br />
Nürnberg-Freis<strong>in</strong>g 14 0 15 0 7 0<br />
Ulm-Freis<strong>in</strong>g 5 0 6 0<br />
Niederbayern 6 0 15 0 5 0<br />
resist.<br />
[%]<br />
Anzahl<br />
Isolate<br />
2010<br />
resist.<br />
[%]<br />
15 0<br />
20<br />
20 15<br />
5<br />
15 20<br />
Routenplan Stichprobengew<strong>in</strong>nung aus der Luft mit e<strong>in</strong>er<br />
fahrzeuggebundenen Sporenfalle entlang<br />
ausgewählter Routen und Analyse von E<strong>in</strong>zelsporen-<br />
Nachkommenschaften; Teilresistenz, wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
ausgelöst durch F129L-Mutation; Untersuchung<br />
durch Epilogic GmbH<br />
Abb. 5: Resistenzniveau von Netzflecken gegen Strobilur<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 2005 bis 2010
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 6 / 8<br />
2. Azole<br />
Bei der Gruppe der Azole f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e grundsätzlich andere Anpassungsreaktion statt. Da für<br />
die Resistenzentstehung hier mehrere Gene verantwortlich s<strong>in</strong>d, führen e<strong>in</strong>zelne Mutationen<br />
nicht zu e<strong>in</strong>em vollständigen Wirkungsverlust, sondern allenfalls zu e<strong>in</strong>er schrittweisen,<br />
wesentlich langsameren Sensitivitätsverschiebung, dem sogenannten „Shift<strong>in</strong>g“ (quantitative<br />
Resistenz). Dieser Anpassungsprozess lässt sich auch <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> nachweisen, wie Laboruntersuchungen<br />
für den Wirkstoff Epoxiconazol zeigen:<br />
ED50 <strong>in</strong> mg/l<br />
1<br />
0,1<br />
0,01<br />
Epoxiconazol-Sensitivität von Septoria tritici <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 2001 - 2010<br />
(mittlere ED50-Werte und deren Streubreite <strong>in</strong> mg/l)<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />
Jahre (2001, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009,2010)<br />
Jährliche Stichprobe aus etwa 20 Weizenbeständen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>,<br />
ED 50 = Effektivdosis mit 50 % Wirksamkeit <strong>im</strong> Labor,<br />
Untersuchung durch Epilogic GmbH<br />
ED50max<br />
ED50m<strong>in</strong><br />
MED50<br />
Abb. 6: Wirksamkeitsverschiebung („Shift<strong>in</strong>g“) bei Azolen am Beispiel Epoxiconazol von 2001<br />
bis 2010<br />
Mit dem Wegfall der Strobilur<strong>in</strong>e tragen gerade die Azole seit e<strong>in</strong>igen Jahren die Hauptlast bei<br />
der Bekämpfung von Septoria tritici. Bislang lassen sich bei den Septoria-stärksten Azolwirkstoffen<br />
Prothioconazol (z. B. <strong>in</strong> Input, Prosaro, Input Xpro, Aviator Xpro), Epoxiconazol<br />
(z.B. <strong>im</strong> Capalo, Champion, Osiris oder Opus Top) und Fluqu<strong>in</strong>conazol (<strong>im</strong> Flamenco FS), bei<br />
zugelassener Aufwandmenge, noch ke<strong>in</strong>e Wirkungsverluste <strong>im</strong> Feld erkennen. Damit ist auch<br />
mittelfristig nicht zu rechnen. Allerd<strong>in</strong>gs ist seit e<strong>in</strong>igen Jahren der Nachweis best<strong>im</strong>mter<br />
Septoria-Stämme <strong>in</strong>nerhalb der Pilzpopulation von besonderem Interesse, da diese <strong>im</strong> Labor<br />
e<strong>in</strong>e unterschiedliche Empf<strong>in</strong>dlichkeit gegenüber den verschiedenen Azol-Wirkstoffen zeigen.<br />
Auch wenn hier noch weitere Untersuchungen nötig s<strong>in</strong>d, weist zum Beispiel der, <strong>in</strong> der<br />
Gesamtleistung eher schwächer e<strong>in</strong>gestufte, Imidazol-Wirkstoff Prochloraz (z. B. <strong>im</strong> Flamenco<br />
FS, Cirkon, Mirage 45 EC oder Sportak 45 EW) offenbar Vorteile gegen best<strong>im</strong>mte, schwerer<br />
bekämpfbare Septoria-Typen auf. Mittlerweile ist e<strong>in</strong>e Vielzahl von Mutationen und deren<br />
Komb<strong>in</strong>ationen als Ursache für diese R-Stämme von Septoria tritici beschrieben. Besonders<br />
be<strong>im</strong> E<strong>in</strong>satz des stets gleichen Azolwirkstoffes besteht die Gefahr, dass best<strong>im</strong>mte Stämme<br />
e<strong>in</strong>seitig selektiert werden. Daher sollte <strong>in</strong> Spritzfolgen vorbeugend e<strong>in</strong> Wechsel der Azole<br />
erfolgen.
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 7 / 8<br />
3. Carboxamide<br />
Wie die Strobilur<strong>in</strong>e greifen auch die Carboxamid-Wirkstoffe (Bixafen, Boscalid, ab 2012:<br />
Xemium, Isopyrazam) an nur e<strong>in</strong>em Ort <strong>in</strong> der Atmungskette des Pilzes an. Der Wirkort ist<br />
zwar e<strong>in</strong> anderer als bei den Strobilur<strong>in</strong>en, so dass zwischen beiden Gruppen ke<strong>in</strong>e Kreuzresistenz<br />
besteht. Aber <strong>in</strong> beiden Fällen genügt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Punktmutation des Pilzes, um die<br />
Wirkung vollständig auszuschalten. Dies verlangt von Beg<strong>in</strong>n an e<strong>in</strong> konsequentes<br />
Resistenzmanagement. Hier gilt es aus den Fehlern bei der Markte<strong>in</strong>führung der Strobilur<strong>in</strong>e<br />
zu lernen. Die wichtigste Vorsorge wird bereits firmenseitig getroffen durch Fertigformulierungen<br />
mit Wirkstoffen anderer Wirkmechanismen. Vor allem mit ausreichend hohen<br />
Azolmengen (Prothioconazol <strong>in</strong> den Xpro-Produkten, Epoxiconazol <strong>in</strong> Champion, ab 2012 <strong>in</strong><br />
Adexar) erhalten die Mischungen dadurch zudem e<strong>in</strong>en kurativen Partner, da Carboxamide<br />
solo <strong>im</strong> Wesentlichen die Sporenke<strong>im</strong>ung hemmen und damit vor allem vorbeugend wirken.<br />
Effektiv vermeiden lässt sich die Resistenzentstehung allerd<strong>in</strong>gs, wie bei den Strobilur<strong>in</strong>en<br />
auch, nur über die Anwendungshäufigkeit. Ziel sollte daher se<strong>in</strong>, Carboxamid-haltige<br />
Mischungen möglichst nur e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Saison e<strong>in</strong>zusetzen.<br />
4. Weitere Wirkstoffe<br />
Bei dem Mehltau-Wirkstoff Metrafenone (Flexity, Capalo) werden seit 2009 schwerpunktmäßig<br />
<strong>im</strong> Norden und Westen Deutschlands e<strong>in</strong>zelne Isolate des Weizenmehltaus gefunden,<br />
die e<strong>in</strong>e verr<strong>in</strong>gerte Empf<strong>in</strong>dlichkeit aufweisen. In den allermeisten Fällen handelt es sich um<br />
moderate Resistenzfaktoren, so dass der Erreger <strong>im</strong> Feld noch vollständig bekämpfbar ist.<br />
E<strong>in</strong>zelisolate mit deutlich höheren Resistenzfaktoren haben offenbar e<strong>in</strong>e verr<strong>in</strong>gerte Überlebensfähigkeit<br />
und können sich daher <strong>im</strong> Freiland nicht durchsetzen. Erste moderat angepasste<br />
Isolate wurden mittlerweile auch für den Wirkstoff Proqu<strong>in</strong>azid (Talius) <strong>im</strong> Labor<br />
nachgewiesen. In <strong>Bayern</strong> wurden jedoch bislang für beide Wirkstoffe noch ke<strong>in</strong>e angepassten<br />
Isolate nachgewiesen. Um die Wirksamkeit dieser sehr leistungsfähigen Präparate möglichst<br />
langfristig zu sichern, sollten, <strong>im</strong> Rahmen e<strong>in</strong>es vorbeugenden Resistenzmanagements, die<br />
Wirkstoffe regelmäßig gewechselt und, besonders bei stärkerem Befall, auch Teilmengen<br />
kurativ wirksamer Morphol<strong>in</strong>partner (z.B. Corbel, Pronto Plus, Gladio) oder das Produkt Vegas<br />
ergänzt werden.<br />
5. Gezieltes Resistenzmanagement<br />
Am Anfang jeder effektiven Anti-Resistenz-Strategie stehen sämtliche acker- und pflanzenbauliche<br />
Maßnahmen, die schon das Entstehen und die Ausbreitung von Pilzerkrankungen<br />
vermeiden. Durch die dadurch oftmals mögliche E<strong>in</strong>sparung zusätzlicher Behandlungen wird<br />
der Selektionsdruck verm<strong>in</strong>dert und die Resistenzentstehung und – ausbreitung verzögert. Zu<br />
nennen s<strong>in</strong>d hier besonders die Fruchtfolge, das Strohmanagement, die Bodenbearbeitung,<br />
die Sortenwahl und der Saatterm<strong>in</strong>.
<strong>Fungizidresistenz</strong> <strong>im</strong> <strong>Getreide</strong> – <strong>Aktuelle</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 8 / 8<br />
Be<strong>im</strong> Fungizide<strong>in</strong>satz sollten zusätzlich folgende Grundsätze beachtet werden:<br />
• gezielte Anwendung nach Bekämpfungsschwellen, unter Nutzung des amtlichen<br />
Warndienstes und der Prognosemodelle<br />
• Mittelwahl nach dem vorherrschenden Schaderreger und den Resistenzeigenschaften<br />
der Sorte ausrichten<br />
• Anzahl der Anwendungen auf das notwendige Maß beschränken<br />
• <strong>in</strong> Spritzfolgen oder Mischungen stets verschiedene Wirkstoffgruppen (Wirkmechanismen)<br />
e<strong>in</strong>setzen<br />
• zur Septoria-Bekämpfung auch <strong>in</strong>nerhalb der Gruppe der Azole/Imidazole auf<br />
Wirkstoffwechsel achten und bei hohem Infektionsdruck zusätzlich nicht-resistenzgefährdete<br />
Kontaktwirkstoffe (z.B. Chlorthalonil) <strong>in</strong> die Strategie e<strong>in</strong>bauen<br />
• Azole stets <strong>in</strong> ausreichender Aufwandmenge e<strong>in</strong>setzen (m<strong>in</strong>d. 70 % der zugelassenen<br />
Aufwandmenge)<br />
• ke<strong>in</strong>e Soloanwendung von Strobilur<strong>in</strong>en oder Carboxamiden, sondern stets <strong>in</strong><br />
Mischung mit e<strong>in</strong>em nicht kreuzresistenten Partner (z.B. Azole oder Kontaktwirkstoffe)<br />
• Strobilur<strong>in</strong>- und carboxamidhaltige Fungizide möglichst nur e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Vegetation<br />
e<strong>in</strong>setzen<br />
• durch rechtzeitigen, <strong>in</strong>fektionsnahen E<strong>in</strong>satz ausgeprägte Kurativsituationen<br />
vermeiden<br />
• Applikation nur bei günstiger Witterung mit opt<strong>im</strong>aler Technik (jede Abdrift, mangelnde<br />
Verteilung oder Verdunstung der Wirkstoffe stellt e<strong>in</strong>e unnötige Erhöhung des Selektionsdruckes<br />
dar)