Deutscher Bundestag Zweiter Zwischenbericht - CDU Deutschlands
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Drucksache 14/7546 – 22 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode<br />
klinische Praxis“ 111 und die sog. CIOMS-Guidelines. 112<br />
Die Deklaration von Helsinki beschreibt besonders die<br />
Schutzmaßnahmen für die Versuchspersonen, so z. B. die<br />
freiwillige Einwilligung nach Aufklärung (informed consent),<br />
die Tätigkeit von Ethikkommissionen oder die Forschungstransparenz.<br />
Die Revision der Deklaration von<br />
Helsinki aus dem Jahre 2000 bezieht zum erstenmal „die<br />
Forschung an identifizierbarem menschlichen Material<br />
oder identifizierbaren Daten“ ein. Damit fällt auch die Verwendung<br />
menschlicher (embryonaler) Stammzellen unter<br />
den Regelungsbereich der Deklaration von Helsinki.<br />
1.2.1.2 Europarat<br />
Das „Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte<br />
und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung<br />
von Biologie und Medizin – Übereinkommen über Menschenrechte<br />
und Biomedizin des Europarates“ vom<br />
4. April 1997113 stellt Mindeststandards für die nationale<br />
Gesetzgebung zur Begrenzung medizinischer Eingriffe und<br />
Forschungsvorhaben auf. Das Übereinkommen ist inzwischen,<br />
beschränkt auf die Staaten, die es ratifiziert haben114 ,<br />
im Sinne einer völkerrechtlichen Verpflichtung zur innerstaatlichen<br />
Umsetzung“ in Kraft getreten. Die Bundesrepublik<br />
Deutschland hat nach kontroversen Diskussionen in<br />
der Öffentlichkeit noch nicht über die Unterzeichnung und<br />
Ratifikation des Übereinkommens entschieden.<br />
Nach Artikel 18 Abs. 1 des Übereinkommens liegt es im Ermessen<br />
der einzelnen Staaten, ob sie Embryonenforschung<br />
zulassen oder nicht. Diejenigen, die die Forschung an Embryonen<br />
zulassen, haben in ihren Rechtsordnungen einen<br />
„angemessenen Schutz“ des Embryos zu gewährleisten. Die<br />
Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken<br />
ist verboten (Artikel 18 Abs. 2). Nach Artikel 27<br />
ist es den Vertragsstaaten erlaubt, über den Schutzstandard<br />
des Übereinkommens hinausgehende nationale Regelungen<br />
zu erlassen. Nach Artikel 36 können Vertragsstaaten auch<br />
andere vom Übereinkommen abweichende Regelungen<br />
beibehalten, wenn sie bei der Unterzeichnung oder der Ratifikation<br />
des Übereinkommens einen entsprechenden Vorbehalt<br />
erklären. 115<br />
111 Europäisches Parlament 2000.<br />
112 World Health Organization 2000.<br />
113 Europarat 1997.<br />
114 Bisher wurde das Übereinkommen von 30 Staaten unterzeichnet;<br />
von diesen haben es 10 bereits ratifiziert (Tschechische Republik,<br />
Dänemark, Georgien, Griechenland, Portugal, Rumänien, San Marino,<br />
Slowakei, Slowenien, Spanien). – Stand: 10. Oktober 2001 (Europarat<br />
2001).<br />
115 Dies hat Bedeutung z. B. für die Zulassung des „therapeutischen“<br />
Klonens in Großbritannien, das aufgrund von Artikel 18 Abs. 2 des<br />
Übereinkommens verboten ist (Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken).<br />
Neben den vertraglichen Vorbehalten ist hier noch<br />
das Instrument der Interpretationserklärung zu erwähnen. Während<br />
vertragliche Vorbehalte den Regeln des Wiener Übereinkommens<br />
über das Recht der Verträge (Artikel 19 bis 23) sowie den spezielleren<br />
Regeln des jeweiligen Vertragswerkes unterliegen (in diesem Fall<br />
Artikel 36), bieten Interpretationserklärungen weiteren Spielraum für<br />
die Signatare (zur Orientierung Artikel 31 des Wiener Übereinkommens<br />
zum Recht der Verträge). Im vorliegenden Fall ist insbesondere<br />
auf die Interpretationserklärung der Niederlande zum Zusatzprotokoll<br />
zum Klonen vom 4. Mai 1998 zu verweisen. Hierin wird festgehalten,<br />
dass die Niederlande unter „human being“ lediglich „human individual,<br />
i. e. a human being who has been born“ verstehen.<br />
Nach Artikel 31 können zur Weiterentwicklung der<br />
Grundsätze des Übereinkommens Zusatzprotokolle erarbeitet<br />
werden, deren Unterzeichnung und Ratifikation<br />
jedoch nur nach Unterzeichnung und Ratifikation des<br />
Übereinkommens erfolgen kann. Derzeit werden u. a. Zusatzprotokolle<br />
zur medizinischen Forschung und zum Embryonenschutz<br />
erarbeitet. Ein Zusatzprotokoll über das<br />
Verbot des Klonens von menschlichen Lebewesen wurde<br />
bereits am 12. Januar 1998 vom Ministerkomitee des Europarates<br />
verabschiedet. 116 Nach seinem Artikel 1 ist jede<br />
Intervention, die darauf gerichtet ist, ein menschliches Lebewesen<br />
zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder<br />
toten menschlichen Lebewesen genetisch identisch ist, verboten.<br />
Genetische Identität ist nach Artikel 1 bei Vorliegen<br />
eines gemeinsamen Kerngenoms gegeben. Artikel 2 untersagt<br />
– anders als im Übereinkommen festgelegt – jegliche<br />
Abweichung von den Bestimmungen des Zusatzprotokolls.<br />
Artikel 3 stellt fest, dass das Zusatzprotokoll als Zusatzartikel<br />
zu dem Übereinkommen anzusehen ist.<br />
1.2.1.3 Europäische Union<br />
Nach Artikel 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen<br />
Parlamentes und des Rates über den rechtlichen<br />
Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998117 ,<br />
der sog. EU-Biopatentrichtlinie, sind Erfindungen, deren<br />
gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung<br />
oder die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit<br />
ausgenommen. In diesem Sinne sind insbesondere<br />
nicht patentierbar (Artikel 6 Abs. 2): Verfahren zum Klonen<br />
von menschlichen Lebewesen, Verfahren zur Veränderung<br />
der genetischen Identität der Keimbahn menschlicher Lebewesen<br />
und die Verwendung von menschlichen Embryonen<br />
zu industriellen oder kommerziellen Zwecken.<br />
Die „Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften<br />
und der neuen Technologien bei der Europäischen<br />
Kommission“ verlangt in ihrer Stellungnahme<br />
vom 14. November 2000 für die Staaten, in denen die Forschung<br />
mit embryonalen Stammzellen zugelassen ist,<br />
strenge öffentliche Kontrollen durch eine zentralisierte<br />
Einrichtung. Außerdem sei zu gewährleisten, dass Genehmigungen<br />
für derartige Forschungsarbeiten in privaten<br />
wie in öffentlichen Einrichtungen nur im Einzelfall<br />
und unter Wahrung größtmöglicher Transparenz erteilt<br />
werden können.<br />
1.2.2 Übersicht über rechtliche Regelungen in<br />
ausgewählten Staaten<br />
Im europäischen Rechtsvergleich ergibt sich Folgendes:<br />
Das deutsche ESchg setzt im europäischen und internationalen<br />
Vergleich beim Schutz von Embryonen in vitro einen<br />
sehr hohen Schutzstandard. In Anbetracht der sehr unterschiedlichen<br />
gesetzlichen Regelungen der europäischer<br />
Staaten lässt sich grob eine Abstufung in drei verschiedenen<br />
Schutzniveaus vornehmen: 118<br />
116 Europarat 1998.<br />
117 Europäisches Parlament und Europarat 1998.<br />
118 Nach einer Aufstellung der Forschungsstelle Bioethik an der Universität<br />
Münster.