4/09 als PDF... - ÖZIV
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4/<strong>09</strong><br />
info<br />
hat. Wir versuchen mit unseren<br />
Objekten ein gewisses Grundlevel<br />
zu schaffen, der genug Freiraum für<br />
weiterführende Anpassungen<br />
ermöglicht.<br />
Welche Rolle spielt der Bauherr<br />
bei der Umsetzung von Barrierefreiheit?<br />
Za: Einerseits ist oft die erste<br />
Reaktion des Bauherren: „Das ist<br />
nicht mein Publikum!“ Andererseits<br />
haben wir die Erfahrung gemacht,<br />
dass beim Auftraggeber etwas<br />
Scheu herrscht, wenn wir eine<br />
Gleichstellungsberatung oder auch<br />
Projektevaluierung durch den <strong>ÖZIV</strong><br />
wünschen.<br />
Ho: In solchen Fällen stoßen wir<br />
sehr oft auf eine Mauer von Misstrauen.<br />
Die Bauherren haben Sorge<br />
sich angreifbar zu machen, weil alle<br />
Stärken und Schwächen des Projekts<br />
offen auf den Tisch kommen.<br />
Da hilft nur das Bewusstsein für das<br />
gemeinsame Ziel zu stärken! Der<br />
Bauherr muss verstehen lernen,<br />
dass diese Beratungsleistung – wie<br />
auch alle anderen Leistungen, die<br />
er einkauft – zu seinem Vorteil ist.<br />
Und nur so können gemeinsam<br />
wirtschaftliche und vertretbare<br />
Lösungen gefunden werden.<br />
Za: Ein anderer Aspekt geht in<br />
Richtung Rechtssicherheit. In einem<br />
unserer Projekte waren wir in der<br />
Planung schon relativ weit mit den<br />
taktilen Übersichtstafeln und dann<br />
hat es geheißen, dass die Normen<br />
hier keine konkreten Richtlinien<br />
beinhalten. Im Endeffekt hat der<br />
Bauherr entschieden, dass er gar<br />
nichts macht. Er vertrat den<br />
Standpunkt: „Wenn ich keine<br />
Rechtssicherheit für diese<br />
Investition bekomme, dann mache<br />
ich es nicht.“ Für den Bauherrn ist<br />
es wichtig, die Sicherheit zu haben,<br />
dass er rechtlich nicht wegen<br />
Diskriminierung belangt wird, wenn<br />
er in diese Maßnahme investiert.<br />
Dann ist er eher bereit zu investieren.<br />
Kr: Im Hintergrund spielt einfach<br />
auch immer der Kostenfaktor mit,<br />
da müssen auch wir Architekten in<br />
der Beratung noch mehr tätig sein.<br />
Das sehe ich heute schon <strong>als</strong> meine<br />
Aufgabe <strong>als</strong> Architekt – auch ohne<br />
spezielle Beratung von außen – hier<br />
von Beginn an in diese Richtung<br />
vorzudenken. Man kann nicht schon<br />
im Vorfeld ausschließen, dass das<br />
nicht meine Klientel ist. Der<br />
Anspruch auf Mehrwert in der<br />
Architektur ist im Kommen und<br />
man lernt mit Barrierefreiheit besser<br />
umzugehen.<br />
Za: Wir versuchen den Ansatz<br />
gegenüber dem Auftraggeber sogar<br />
umzudrehen: „Wenn du die<br />
Maßnahmen nicht triffst, wird und<br />
kann das sicher nicht deine<br />
Kundschaft werden.“ Und das ist<br />
eigentlich ein Argument, das besser<br />
zieht <strong>als</strong> alles andere. Aber noch ein<br />
anderes Problem – Ästhetik: Ein<br />
Bauherr von uns hatte Angst bei<br />
den geplanten Sanitärräumen all<br />
die vorgeschlagenen<br />
Einrichtungsgegenstände, die einige<br />
Gäste mit Behinderung eben brauchen,<br />
fix einzubauen, da diese<br />
andere – nicht behinderte – Gäste<br />
abschrecken könnte. Sein Wunsch<br />
war, dass wir entweder selbst etwas<br />
entwickeln oder die Produkte<br />
abnehmbar sind oder dass man<br />
etwas auswählt, das eben nicht diesen<br />
Krankenhaus-Touch hat. Wir<br />
haben dann gesehen, dass es von<br />
der Industrie relativ wenig fertige<br />
Produkte gibt.<br />
Kr: Da müsste viel mehr Druck<br />
vom Markt kommen, damit sich<br />
das alles einspielt. Auch die<br />
Bauordnung nimmt ja mittlerweile<br />
in einigen Paragraphen darauf<br />
<strong>ÖZIV</strong> ACCESS<br />
Rücksicht. Ich erlebe hier auch eine<br />
positive Gegenbewegung zum<br />
Minimalismus in der Architektur im<br />
allgemein öffentlichen Bereich an<br />
Flächen zu sparen. In unsere<br />
Objekte hat Barrierefreiheit immer<br />
eine gewisse Großzügigkeit<br />
gebracht, die Auftraggeber und<br />
Nutzer <strong>als</strong> sehr positiv beurteilten.<br />
Ho: Der Umstand, dass Rampen<br />
viel eleganter <strong>als</strong> Stiegen sind, hilft<br />
natürlich auch. Die Frage ist aber,<br />
ob man den Platz bekommt, sie<br />
umzusetzen. Bei unserem Projekt<br />
WKO CAMPUS WIEN haben wir den<br />
Ansatz umgedreht: Da wurde die<br />
Rampe zum Thema. Daher hat sich<br />
die Frage, ob sie zu viel Platz<br />
braucht, nicht gestellt. Dies nur <strong>als</strong><br />
ein Beispiel wie der Ausgangspunkt<br />
manchmal helfen kann das<br />
Selbstverständnis zu fördern.<br />
Za: Das Thema für den Entwurf<br />
war: Wie verbinde ich diese beiden<br />
Ebenen möglichst angenehm, damit<br />
ein schöner Verkehrsfluss entsteht.<br />
Die Barrierefreiheit stellte dabei<br />
einen Nebennutzen dar.<br />
Kr: Wir haben selber auch so einen<br />
Fall gehabt, wo wir Barrierefreiheit<br />
schon im Vorfeld der Planung – im<br />
Wettbewerbsentwurf – vorgeschlagen<br />
haben. Es handelte sich um<br />
eine Schule, die über Jahrzehnte in<br />
mehreren Gebäuden nebeneinander<br />
gewachsen ist und die versetzt<br />
über Stufen zugängig waren.<br />
Unsere Lösung schuf hier einen<br />
neuen zentralen Raum mit einer<br />
modernen Rampe, die diese einzelnen<br />
Bauteile miteinander verbunden<br />
hat. Wir waren bei diesem<br />
Wettbewerb eigentlich das teuerste<br />
Projekt. Aber wir haben den Zuschlag<br />
bekommen, weil wir hier ein<br />
Thema neu aufgegriffen haben, das<br />
andere nicht so aufgegriffen haben.<br />
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