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Demokratieförderung in der Deutschen Außenpolitik - Bibliothek der ...

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widrig verurteilte die UNO-Generalversammlung<br />

1989 die Intervention <strong>der</strong> USA <strong>in</strong> Panama,<br />

die ebenfalls mit <strong>der</strong> Wahrung und Verteidigung<br />

<strong>der</strong> Demokratie dort legitimiert wurde. 96 Nach<br />

1989 hat <strong>der</strong> UNO-Sicherheitsrat dann „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Reihe von Fällen zum<strong>in</strong>dest den Versuch unternommen,<br />

Staaten zu e<strong>in</strong>er demokratischen Verfasstheit zu<br />

verhelfen.“ 97 Der Auftakt war die Resolution <strong>der</strong><br />

Generalversammlung zum Pr<strong>in</strong>zip regelmäßiger<br />

und freier Wahlen. 98 Zwei Jahre später, 1992,<br />

konnte nach jahrzehntelanger Konfliktlage <strong>in</strong><br />

Kambodscha dieses Pr<strong>in</strong>zip erstmals implementiert<br />

werden. 19 Vertragsstaaten und die UNO<br />

hatten auf <strong>der</strong> Basis e<strong>in</strong>es Comprehensive Settlement<br />

Agreement „e<strong>in</strong> System repräsentativer, pluralistischer<br />

Demokratie für e<strong>in</strong> Land vorgesehen, das e<strong>in</strong>e<br />

solche Regierungsform noch nicht gekannt hat... Der<br />

Fall Kambodscha ist damit <strong>der</strong> erste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kette, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Staatengeme<strong>in</strong>schaft das Demokratiepr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em failed state implementiert wurde.“ 99<br />

Nach dem totalen Zerfall aller staatlicher Autorität<br />

und <strong>der</strong> Entstehung e<strong>in</strong>er humanitären<br />

Katastrophe <strong>in</strong> Somalia 1991 legitimierte <strong>der</strong> Sicherheitsrat<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Resolutionen 794/1992 und<br />

814/1993 die Bildung e<strong>in</strong>er unter US-militärischer<br />

Führung operierenden peace enforc<strong>in</strong>g Truppe<br />

(UNITAF) sowie die Rehabilitierung <strong>der</strong> Sicherheit<br />

und Ordnung im Land (UNSOM II) und for<strong>der</strong>te<br />

mit <strong>der</strong> Resolution 897/1994 dezidiert die<br />

Etablierung e<strong>in</strong>er demokratisch gewählten Regierung.<br />

„Der Fall Somalia kann somit als Ausdruck <strong>der</strong><br />

op<strong>in</strong>io iuris <strong>der</strong> Staatengeme<strong>in</strong>schaft gelesen werden,<br />

dass bei e<strong>in</strong>er Intervention <strong>der</strong> UN zur Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

staatlicher Strukturen das Demokratiepr<strong>in</strong>zip<br />

implementiert werden muss.“ 100 Konsequent billigte<br />

<strong>der</strong> Sicherheitsrat h<strong>in</strong>sichtlich Haiti (1994) 101 und<br />

Sierra Leone (1997) 102 entsprechend auch <strong>in</strong>ternationale<br />

militärische Zwangsmaßnahmen zur<br />

Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>setzung <strong>der</strong> durch Putsche abgesetzten<br />

demokratisch legitimierten Regierungen und verdeutlichte<br />

damit, „dass <strong>der</strong> gewaltsame Sturz e<strong>in</strong>er<br />

96 Ved P. Nanda, The Validity of United States Intervention <strong>in</strong> Panama,<br />

<strong>in</strong>: American Journal of International Law 84/1990, S. 494-503<br />

97 Christian B. Fulda, (Fußnote 47), S. 11<br />

98 Resolution 45/150 (1990)<br />

99 Christan B. Fulda, ebenda, S. 41<br />

100 Ebenda, S. 43<br />

101 Resolution 940 des UN-Sicherheitsrats vom 31. Juli 1994<br />

102 Resolution 1132 des UN-Sicherheitsrats vom 8. Oktober 1997<br />

DeMokratieförDerung <strong>in</strong> Der <strong>Deutschen</strong> aussenpoLitik<br />

demokratisch gewählten Regierung durchaus den Tatbestand<br />

e<strong>in</strong>er Friedensbedrohung erfüllen kann.“ 103<br />

Resümierend soll hier festgehalten werden: Die<br />

Kritik am Export von Demokratie richtet sich<br />

wesentlich weniger auf den Zweck, son<strong>der</strong>n die<br />

damit oftmals e<strong>in</strong>gesetzten untauglichen Instrumente<br />

und Mittel – zumal, wenn es sich um e<strong>in</strong>en<br />

gewaltsamen/militärischen Export handelt. Denn<br />

damit werden immer wie<strong>der</strong> auch die demokratischen<br />

Verhältnisse im „Ausfuhrland“ selbst<br />

demontiert, wie sich dies <strong>in</strong> den USA durch die<br />

Kriegsführung <strong>in</strong> Afghanistan, vor allem jedoch<br />

im Irak, offenbart. Mit Krieg Frieden schaffen und<br />

mit Zwang und Gewalt Demokratie etablieren, da<br />

bieten die Beispiele Italien, Japan und Deutschland<br />

„eher die Ausnahme, als die Regel. Vertraut man<br />

den Daten, die im Rahmen e<strong>in</strong>er Studie des Carnegie<br />

Endowment for International Peace gesammelt wurden,<br />

so zeigt sich: Fast immer, wenn die Vere<strong>in</strong>igten<br />

Staaten versucht haben, mit militärischen Mitteln die<br />

Demokratie zu exportieren, s<strong>in</strong>d sie gescheitert. In <strong>der</strong><br />

ersten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts betraf dieses Scheitern<br />

benachbarte und sche<strong>in</strong>bar leicht zu beherrschende<br />

Län<strong>der</strong> wie Panama (1903 bis 1936), Nicaragua (1909<br />

bis 1933), Haiti (1915 bis 1934), die Dom<strong>in</strong>ikanische<br />

Republik (1916 bis 1924) und trotz dreier Anläufe<br />

auch Kuba (1898 bis 1902, 1906 bis 1909 und 1917 bis<br />

1922). Ebenso versagte die Strategie im Südkorea, Südvietnam<br />

und Kambodscha <strong>der</strong> fünfziger, sechziger und<br />

siebziger Jahre. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges<br />

blieb e<strong>in</strong>e Intervention <strong>in</strong> Haiti erfolglos. Panama<br />

(1989) und Grenada (1983), zwei w<strong>in</strong>zige, wirtschaftlich<br />

und sozial eng an die Vere<strong>in</strong>igten Staaten gebundene<br />

Län<strong>der</strong>, s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen Gegenbeispiele.“ 104<br />

Insbeson<strong>der</strong>e von amerikanischen Völkerrechtlern<br />

geht seit geraumer Zeit die For<strong>der</strong>ung aus, dass <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Ära liberaler Staaten eigentlich nur noch jene<br />

mit liberal-demokratischer Verfasstheit legitimes<br />

Mitglied <strong>der</strong> UNO se<strong>in</strong> sollten. 105 Diesem Ans<strong>in</strong>nen<br />

sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> fast vergessenes „mo<strong>der</strong>nes“ regional-völkerrechtliches<br />

Pr<strong>in</strong>zip zu Beg<strong>in</strong>n des<br />

20. Jh. zu Grunde zu liegen: „1907 schlug <strong>der</strong> ehemalige<br />

Außenm<strong>in</strong>ister von Ecuador, TOBAR, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

103 Christian Pippan, Demokratie aus dem Kanonenrohr? (Fußnote 93),<br />

S.4<br />

104 Daniele Archibugi, Demokratie exportieren?, <strong>in</strong>: Lettre International<br />

75, W<strong>in</strong>ter 2006, S. 12<br />

105 So z.B. Anne-Marie Slaughter, die vormalige Präsident<strong>in</strong> <strong>der</strong> Amerikanischen<br />

Gesellschaft für Völkerrecht. Vgl. hierzu ihren Artikel <strong>in</strong>:<br />

International Law <strong>in</strong> a World of Liberal States, <strong>in</strong>: European Journal of<br />

International Law Nr. 4/1995, S. 503-538<br />

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