AA Tivoli Echo #06-1112 - Alemannia Aachen
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der Wayne rooney asiens<br />
Beim VfL Bochum schlug Chong Tese ein wie eine Bombe. Nach einem fulminanten Start in der vergangenen Saison folgte<br />
mit vielen Verletzungen eine Zeit des Leidens. Seit zwei Wochen ist der 27-Jährige wieder auf dem Vormarsch, und damit<br />
der VfL auch.<br />
Die Bilder gingen um die Welt. Es war der 15. Juni<br />
2010, als ein bis dato noch unbekannter junger<br />
Mann namens Chong Tese bei der Fußball-WM in<br />
Südafrika während der nordkoreanischen Nationalhymne<br />
in Tränen ausbrach. Ein sehr emotionaler<br />
Moment für den 27-Jährigen, der während<br />
des Turniers auf dem Platz jedoch nur selten die<br />
Aufmerksamkeit auf sich zog. Keine drei Monate<br />
später sollte sich das schlagartig ändern: Zumindest<br />
in der Zweiten Liga war Chong Tese plötzlich<br />
auch dem letzten Innenverteidiger ein Begriff. Für<br />
den VfL Bochum war die Verpflichtung des bulligen<br />
Angreifers von der ersten Sekunde an ein<br />
Volltreffer.<br />
In Nordkorea ist Tese längst ein Superstar, in<br />
Bochum war er diesbezüglich auf einem ebenso<br />
guten Weg. Schnell wurde dem kritischen Beobachter<br />
klar: Dieser Junge ist besonders. Für diese<br />
Behauptung gibt es gleich mehrere Indizien.<br />
Tese ist kein normaler Stürmer, er ist ein Quälgeist<br />
für jede Abwehr. Leidenschaftlich, dynamisch<br />
und nicht zuletzt ausgestattet mit einem<br />
besonderen Torriecher. Nicht wenige haben dem<br />
27-Jährigen bereits das Etikett mit der Aufschrift<br />
„Wayne Rooney Asiens“ verpasst. Doch anders als<br />
der echte Rooney ist Tese ein Spätzünder. Erst mit<br />
22 Jahren wurde er Profi, mit 26 schaffte er den<br />
Sprung nach Europa. „Es war immer mein Ziel, in<br />
Europa zu spielen. Dass es Deutschland geworden<br />
ist, ist fantastisch“, sagt er.<br />
Dabei musste Tese, der 2010 vom japanischen<br />
Klub Kawasaki Frontale zum VfL wechselte,<br />
anfangs einen echten Kulturschock verkraften.<br />
Anderer Fußball, eine völlig andere Sprache und<br />
nicht zuletzt anderes Essen. Für viele Asiaten ist<br />
dieser Sprung zu groß, nicht für den ersten nordkoreanischen<br />
Fußballer im deutschen Profigeschäft.<br />
Schnell entwickelte sich Tese zum Musterschüler.<br />
Er verinnerlichte die neue Spielweise, gibt<br />
mittlerweile Interviews auf Deutsch und gönnt sich<br />
zwischen den Trainingseinheiten des Öfteren sein<br />
Lieblingsgericht Currywurst mit Pommes.<br />
Dass der Fußball jedoch nicht nur Lichtblicke<br />
bereithält, lernte er ebenso schnell. Viele kleinere<br />
Verletzungen warfen den schnellen Angreifer<br />
zum Ende der vergangenen Saison immer wieder<br />
zurück, so richtig in Tritt kam er nicht mehr. Und<br />
das galt in dieser Saison anfangs auch für den VfL<br />
Bochum. Nach dem knapp verpassten Aufstieg auf<br />
Deutschlands größte Fußballbühne folgten zahlreiche<br />
erfolgslose Auftritte auf dem Platz, die<br />
gleich mit einem Tabellenrang in der unteren<br />
Region bestraft wurden. Auch für Tese war das in<br />
den vergangenen Wochen eine ungewohnte Situation.<br />
„Ich habe mich doch ab und zu gewundert,<br />
dass die Fans bei schlechten Spielen pfeifen. Das<br />
kannte ich nicht, aber es zeigt einfach, dass die<br />
Zuschauer Erfolg haben wollen, und das ist gut“,<br />
meint er.<br />
Gut, oder besser gesagt herausragend ist auch<br />
die Leistung von Tese in den letzten zwei Wochen.<br />
Besonders beim 5:3-Sieg in Ingolstadt gab es<br />
die „Tese-Show“. Nach einem zwischenzeitlichen<br />
1:3-Rückstand sorgte der Nordkoreaner<br />
mit seinem ersten Dreierpack fast im Alleingang<br />
für den zweiten Sieg in Folge unter Neu-Coach<br />
Andreas Bergmann. „Das ist mein schönster Tag,<br />
seit ich in Bochum bin“, strahlte er nach der Partie.<br />
Der Pfeil zeigt damit also wieder nach oben –<br />
sowohl für Tese als auch für den VfL. Für den<br />
27-Jährigen geht der Blick jedenfalls wieder nach<br />
vorne. „Letzte Saison haben wir nach dem Hinrundenspiel<br />
gegen Ingolstadt acht Siege in Folge<br />
geholt. Ich hoffe, das klappt wieder“, wünscht sich<br />
Tese, und mit Sicherheit auch der VfL Bochum.<br />
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