Anbaufläche hafer
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62 ST.GEORG 1/2008<br />
gutes heu ist wichtig<br />
für den Erhaltungsbedarf,<br />
zusätzliche<br />
Energie liefert<br />
Kraftfutter.<br />
Foto: Stuewer<br />
vor allem in der dunklen Jahreszeit<br />
zu Buche schlagen, hat der wirtschaftliche<br />
Aufschwung auch erhöhte<br />
Personalkosten gebracht.“<br />
Dem Pferdehalter wird schwarz<br />
vor Augen – auch wenn er nicht<br />
wie die meisten erst abends zum<br />
Reiten kommt.<br />
Auf der Suche nach<br />
Alternativen<br />
Ein Anstieg der Getreidepreise<br />
macht die Pferdefütterung teurer –<br />
egal ob man sich an die „klassische<br />
Variante“ aus Hafer hält oder<br />
zur Fertig-Mischung aus Industrie-Produktion<br />
in Form von Müsli<br />
oder Pellets greift. Dem Kostendruck<br />
begegnen, das will demnach<br />
jeder – aber wie? Die Preisexplosion<br />
auf dem Futtersektor ist bereits<br />
mehrfach Gegenstand von<br />
Gesprächen der Fachberaterin Dr.<br />
Christa Finkler-Schade gewesen.<br />
„Die Betriebe versuchen schon<br />
lange, Kosten zu reduzieren, aber<br />
weil alle Ergänzungsfuttermittel<br />
betroffen sind, gibt es eigentlich<br />
kaum Ausweichmöglichkeiten“,<br />
köpft die Fütterungs-Expertin Erwartungen<br />
an Wunder gleich im<br />
Ansatz.<br />
„Das Pferd ist kein Huhn, das unbedingt<br />
Körner braucht“, beruhigt<br />
Graf Merveldt Verarmungsängste<br />
bei Pferdehaltern. Entscheidend<br />
ist der Einsatz des Pferdes und das<br />
Ziel, das sein Besitzer im Auge hat.<br />
Bei einer Vermarktung teurer<br />
Sportpferde gelten andere Maßstäbe<br />
als beim Unterhalt eines Pferdes,<br />
das seinen Reiter gelegentlich<br />
bei gemütlichen Ausritten spazieren<br />
trägt. „Wenn das Pferd top aussieht,<br />
kommt der Mehraufwand<br />
für das Futter mit dem guten Verkaufspreis<br />
auch wieder herein.“<br />
Durchschnitt<br />
2001 bis 06<br />
Dr. Finkler-Schade: „Für ein Freizeitpferd<br />
mit leichter Beanspruchung<br />
reicht unter Umständen viel<br />
Heu oder Grassilage mit Mineralzusatz<br />
bei wenig Kraftfutter. Aber<br />
die zusätzliche Energie, die ein<br />
Sportpferd benötigt, muss aus<br />
Kraftfutter kommen. Anders ist<br />
das nicht zu machen.“ Beide Pferdeleute<br />
raten: Grundfutter mit verbesserter<br />
Qualität einsetzen. „Gutes<br />
Heu aus hochwertiger Ernte<br />
und richtiger Lagerung spart bis<br />
zu 25 Prozent Kraftfutter.“ Und<br />
ST.GEORG-Fütterungsexperte Otfried<br />
Lengwenat fügt hinzu:<br />
„Mehr Grundfutter bedeutet nicht<br />
nur eine Preissenkung, es ist auch<br />
besser für das Pferd.“<br />
Vor der Festlegung auf Alternativen<br />
ist eine Besinnung auf das Wesentliche<br />
angesagt. Wie verwertet<br />
ein Pferd sein Futter, wie funktioniert<br />
sein Verdauungsapparat? Der<br />
Fachbuchautor Dr. Hans-Peter<br />
Karp fasst die entscheidenden Faktoren<br />
zusammen: Das Pferd hat<br />
kein stärkespaltendes Enzym im<br />
Speichel und insgesamt wenig Verdauungskapazität<br />
für Stärken<br />
durch geringe Amylaseaktivität<br />
(stärkeabbauende Enzyme) im<br />
Dünndarm. Die Verdauung im<br />
Dickdarm ist stark abhängig vom<br />
Rohfasergehalt des Futters. Was<br />
schon die Alten wussten, das gilt<br />
auch noch heute: so viel Raufutter<br />
wie möglich – so viel Kraftfutter<br />
wie nötig.<br />
Was ist das am besten geeignete<br />
Kraftfutter für Pferde? Die gezielte<br />
Mischung aus mehreren Bestandteilen<br />
macht’s. Hafer erzielt<br />
die besten Werte als Energie-Lieferant.<br />
Die Stärkeverdaulichkeit im<br />
Dünndarm ist gut bei Hafer, ob<br />
ganz oder gequetscht, und bei gepopptem<br />
(aufgeschlossenem)<br />
225 184 175 -22 -4,5<br />
Quelle: Karp<br />
<strong>Anbaufläche</strong> <strong>hafer</strong><br />
2006<br />
2007<br />
vorläufig<br />
2007<br />
vorläufig<br />
gegen<br />
2001/06<br />
2007<br />
vorläufig<br />
gegen<br />
2006<br />
1000 Hektar Veränderungen in %<br />
Foto: Slawik<br />
Mais. Sie ist schlecht bei Gerste<br />
und gebrochenem Mais, am<br />
schlechtesten bei geschrotetem<br />
Mais. Aus einem Kilogramm Mais<br />
wandern 420 Gramm unverdaut<br />
in den Dickdarm, aus einem Kilogramm<br />
Hafer dagegen nur 80<br />
Gramm.<br />
Geheimnisvoller<br />
Schwarz<strong>hafer</strong><br />
Kenner schwören auf Schwarz<strong>hafer</strong>,<br />
Avena Strigosa, der nach<br />
Deutschland zumeist aus Skandinavien<br />
oder Frankreich geliefert<br />
wird. Als Korn mache schwarz<br />
Pferde nicht schlank sondern setze<br />
ganz im Gegenteil sehr gut an,<br />
heißt es. Zwar hat der Vielseitigkeitsreiter<br />
Kai Rüder den Eigen-<br />
Schwarz<strong>hafer</strong> ist ertragssicherer<br />
als Weiß- oder Gelb<strong>hafer</strong>.<br />
anbau auf Fehmarn im Auftrag<br />
der Saatenunion wieder aufgegeben,<br />
aber er füttert das Gewächs<br />
weiter als Bestandteil der bei ihm<br />
verwendeten Müsli-Mischung.<br />
„Ich bin hier oben einfach zu weit<br />
weg vom Markt.“ Anders der<br />
Landwirt Harald Küfe, der mitten<br />
in Niedersachsen zu Hause ist. In<br />
Borstel bei Sulingen baut er auf<br />
40 Hektar neben Mais vor allem<br />
Schwarz<strong>hafer</strong> ausschließlich für<br />
Pferde an. „Für Pferde gibt es<br />
nichts Besseres“, findet er. Zwar<br />
sind die diätetischen Unterschiede<br />
zum Weiß- oder Gelb<strong>hafer</strong> bisher<br />
wissenschaftlich nicht schlüssig<br />
nachgewiesen, aber die Vorteile<br />
liegen in der Ertragssicherheit.<br />
Schwarz<strong>hafer</strong> bringt bis zu 20 Prozent<br />
weniger Ertrag als Weißoder<br />
Gelb<strong>hafer</strong>, aber die Pflanze<br />
ist widerstandsfähiger gegen Wetterkapriolen<br />
und stabiler in der<br />
Qualität. „Schwarz<strong>hafer</strong> liegt zwischen<br />
56 Kilogramm pro Hektoliter<br />
in schlechten und 60 in guten<br />
Jahren. Gelb<strong>hafer</strong> kann runtergehen<br />
bis auf 40“, betont Küfe, der<br />
„aus der Region für die Region“<br />
verschiedene Vollkornmischun-<br />
gen anbietet. Schwarz<strong>hafer</strong> ist immer<br />
enthalten. Die Erhöhung des<br />
Gerste-Anteils ist eine Möglichkeit,<br />
um teuren Hafer zu ersetzen.<br />
Aber auch Gerste ist im Preis gestiegen<br />
und liegt mittlerweile nur<br />
noch knapp unter Hafer. Öl als<br />
Energielieferant für Leistungssportler<br />
ist ebenfalls nur eine begrenzte<br />
Optimierungsmöglichkeit.<br />
„Höchstens 300 Milliliter am Tag“,<br />
rät Dr. Christa Finkler-Schade. Interessanter<br />
geworden ist wieder<br />
die Zufütterung auf Schnitzelbasis,<br />
die so lange in Vergessenheit geraten<br />
war. Wegen der Quellfähigkeit<br />
ist der Anteil in Fertigmischungen<br />
allerdings auf zwölf Prozent<br />
am Gesamt-Inhalt begrenzt.<br />
Wer mehr Rübenschnitzel geben<br />
will, muss selbst einweichen und<br />
dabei die entsprechenden zeitlichen<br />
und hygienischen Vorgaben<br />
peinlich beachten.<br />
Königin Alfalfa<br />
Im Zuge der Energie-Debatte unter<br />
Pferdehaltern rückt vermehrt<br />
Luzerne (Alfalfa) ins Visier. Die<br />
„Königin der Futterpflanzen“ ist<br />
die ertragsstärkste der kleeartigen<br />
Pflanzen. Die blauviolett blühende<br />
Leguminose erträgt auch längere<br />
Frostperioden und ist besonders<br />
geeignet für kontinentale Gebiete.<br />
Nur Staunässe mag sie nicht<br />
und keinen schweren Boden oder<br />
Moor. Die wichtigen Nährstoffe<br />
befinden sich in den zarten dreigliedrigen<br />
Blättern. Deshalb muss<br />
die Mahd (= das Abmähen) bei<br />
trockenem Wetter möglichst ohne<br />
weitere Wendearbeit erfolgen, um<br />
den hohen Bröckelverlust abzufangen.<br />
Als Pferdeheu ist Luzerne<br />
in Deutschland meistens durch<br />
Melassierung haltbar gemacht<br />
oder wird als Heulage angeboten.<br />
Luzerne bietet einen hohen Eiweißgehalt<br />
und gute Qualität an<br />
essentiellen Aminosäuren, aber<br />
einseitig sehr hohen Gehalt an<br />
Calcium, der langfristig negativ<br />
wirken kann, wenn er nicht mit<br />
anderen Mineralstoffen kenntnisreich<br />
abgefangen wird. „Kann gutes<br />
Grasheu nicht ersetzen“, warnen<br />
die Experten. Anders als Ergänzer<br />
in der Pellet-Produktion.<br />
Dort ist Luzerne ein hochwillkommener<br />
Inhaltsstoff, der anstelle<br />
von Getreide verwendet<br />
werden könnte – wenn nicht die<br />
Preisspirale auch hier angezogen<br />
hätte. „Was noch vor vier Wochen<br />
ein Vorteil war, ist heute auch auf-<br />
1/2008 ST.GEORG 63